Der Totentanz - Ludwig Bechstein - E-Book

Der Totentanz E-Book

Ludwig Bechstein

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Beschreibung

Im Jahre 1831 schuf der große deutsche Märchensammler Ludwig Bechstein ein Meisterwerk der sogenannten Schauerromantik: Er dichtete eine völlig neue Geschichte zu dem bekannten Totentanz des Hans Holbein d. J.. In einem dichterischen Erzählstrang wird von einem Pilger berichtet, der von alters her durch die Welt zieht, und jeden Menschen von dieser abberuft. Der Pilger ist niemand anderes als der Tod ...

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DER TOTENTANZ

Ernst ist mein Lied; kein heitres Märlein tönt

Zu sanften Lautenklängen, süß und weich;

Ernst ist mein Lied; der Scherze ganz entwöhnt

Ist meine Muse, und die Nacht ihr Reich.

Die Harfe rauscht, von dunklem Flor verhängt,

Gedämpften Tones nur im dumpfen Moll,

Und der Gestalten Wunderfülle drängt

Um mich, wie sie dem Meister einst entquoll.

Das heitre Leben, seine Lenzespracht,

Wird oft gefeiert, ich besang es auch;

Jetzt aber sing’ ich einer andern Macht,

Starr ist ihr Blick und eiseskalt ihr Hauch.

„Und wirst du Hörer finden solchem Sang?

Die Menschen lieben jenen Mahner nicht!

Sie wenden sich von deinen Bildern bang

Und grausend weg, verwerfen dein Gedicht!“

Ich werde Hörer finden meinem Sang,

Des tröst’ ich mich mit froher Zuversicht,

Und folge ruhig meinem innern Drang;

Und mit den Bildern lebt auch mein Gedicht.

Inhalt.

Die Schöpfung

Die verbotne Frucht

Das verlorne Paradies

Geburt und Tod

Triumpf der Todesengel

Der Papst

Der Kaiser

Der König

Der Kardinal

Die Kaiserin

Die Königin

Der Bischof

Der Kurfürst

Der Abt

Die Priorin

Der Graf

Der Domherr

Der Richter

Der Anwalt

Der Ratsherr

Der Prädikant

Der Weltgeistliche

Der Mönch

Die Nonne

Die Greisin

Der Arzt

Der Sterndeuter

Der Wucherer

Der Kaufmann

Der Schiffer

Der Ritter

Der Edelmann

Der Greis

Die Braut

Fürst und Fürstin

Die Gräfin

Der Krämer

Der Pflüger

Das Kind

Der Krieger

Die Spieler

Die Schlemmer

Der Schalksnarr

Der Räuber

Der Blinde

Der Fuhrmann

Der Bettler

Das Gericht

1. DIE SCHÖPFUNG.

Der Weltenkönig rief aus Nacht das Licht,

Gehorsam trat es vor sein Angesicht.

Er rief die Sonnen fern und nah,

Und Sonnen standen strahlend da.

Er rief den Cherubim und Seraphim,

Die schwebten her, und sanken hin vor ihm,

Anbetend demutvoll und tief

Ihn, den Allmächtigen, der sie berief.

Gott aber war im ew’gen Lichtes Schein,

War bei den Cherubim und Seraphim allein;

Er sah die Sonnen tönend Kreise drehn,

Doch das war schon Jahrtausende geschehn,

Und einsam war der Herr. Vor ihren goldnen Stühlen

Lag knieend noch der Engel Schar,

Und ihre Harfen rauschten wunderbar,

Gott aber wollte neue Vaterfreuden fühlen.

Und durch die Himmel donnerte sein Werde!

Das jubelten die Sphären alle nach,

Das jauchzte durch der Engel Harfenschlag,

Und unter’m Äther wölbte sich die Erde.

Das jüngste Kind der ew’gen Schöpfermacht

Lag schlummernd noch im stillen Schoß der Nacht,

Wie Rosen ruhn in grüner Knospen Hülle;

Da weckte sie des Lichtes Fülle.

Von Gottes Vaterkuß war eine Welt erwacht. –

Der Weltenkönig flog von seinem Wolkensitze

Herab auf einem siebenfarbnen Blitze;

Der Allerbarmer stand in Edens Wonnetal,

Und – wurde Mensch zum erstenmal.

Der ganze Himmel mit der Engelschar

Zur Erde sanft herabgesunken war,

Und grüßte sie, und hielt, gleich einem lieben Gast,

Die blühende Gestalt umfaßt.

Und Leben, Leben quoll aus allen Räumen,

Es jubelte von Edens grünen Bäumen,

Belebte Lüfte rauschten durch die Wipfel,

Lebend’ges Grün umarmte starre Gipfel,

Lebendig sprang aus hartem Fels die Quelle,

Es kos’t und murmelte der Bäche Silberwelle;

Und Leben scherzte fröhlich in der Flut,

Und Leben wiegte sich in Sonnenstrahlenglut.

Der Herr war Mensch geworden, königlich

Stand er, ein Bild, das keinem Bilde glich.

Zum Himmel schlug er auf den Vaterblick;

Sein Strahlenantlitz lächelt Engeln Glück.

Es spiegelt zauberhaft, wie im Kristall

In Gottes Vaterauge sich das All.

Da schuf der Herr, der ewig Gnadenreiche,

Ein Wesen, daß es seinem Bilde gleiche,

Sein Hauch belebte weichen Ton.

So ward der Mensch, und atmete das Leben;

Zur Wohnung ward der Erdball ihm gegeben,

Des Gottesgeistes und des Staubes erstem Sohn. –

Der erste Mensch, zum heitern Sein erwacht,

Sah um und neben sich der jungen Schöpfung Pracht;

Den Schattenhain, die bunte Blumenflur,

Das Leben rings der frohen Kreatur,

Und hob die Arme hoch mit kindischem Verlangen,

Die Sonne, wie die Wolken zu umfangen.

Der Vater sprach: „Du sollst der Erde Herrscher sein,

Doch einsam nicht, gleich mir, und nicht allein;

Ich will dir die Gefährtin bringen!“ –

Wie Schlummerbanden nun den ersten Mann umfingen,

Erweckte Gott das Weib, der Schöpfung Meisterstück,

Und segnend trat der Herr von seinem Werk zurück.

Das Weib, erwachte unbewußt,

Und wollte sinken an des Schöpfers Brust,

Zum Unnahbaren kindlich hingezogen;

Doch wie die Blicke himmelaufwärts flogen,

Da schien sein Bild in lichten Ätherhöh’n,

– Es war die Sonne – strahlenhell zu stehn.

Und wie geblendet sie die Blicke senkt,

Und ahnungsvoll des Daseins Wonnen denkt,

Sieht sie den Mann, der schlummereingewiegt

So hehr und schön an ihrer Seite liegt,

Auf grünen Kräutern an des Waldes Saum,

Und träumt des jungen Lebens ersten Traum;

Da weilt auf ihm ein sehnsuchtvoller Blick;

Ihn liebte Gott, und gab im Schlummer ihm das Glück.

2. DIE VERBOTNE FRUCHT.

Der Lebensbaum des Paradieses blühte

In wunderreicher Pracht; des Weltenschöpfers Güte

Streut’ allen Schmuck auf seine junge Welt.

Die Tiere waren traulich schon gesellt,

Und lagerten im kühlen Waldesschatten,

Und streiften über die smaragdnen Matten,

Und sangen froh im grünen Blätterzelt. –

Wie nun die Neugeschaffne sinnend stand,

Und ansah den Verwandten unverwandt,

Da regte sich in ihr ein süßer Trieb,

Sie fühlte schon: der Schläfer war ihr lieb.

Sie tritt ihm zögernd näher, leis und sacht,

Und kniet dann neben ihm, erfreut und lächelnd,

Ihr Odem weht an seine Wangen fächelnd,

Ihr Busen hebt sich höher – er erwacht.

O Himmelsanblick, wie nun Aug’ in Auge strahlt,

Entzücken höher beider Wangen malt,

Wie sie sich selig ansehn, sich umfassen,

Und nicht mehr von einander lassen,

Und Engeln gleich, so schuldlos und so schön,

Umschlungen durch den Garten Gottes gehn!

Die Schöpfung jauchzt, wie sich der Mensch, ihr König, zeigt;

Der Löwe kommt, und blickt ihn an – und schweigt;

Verwundert steht der Elefant von fern,

Und ahnt in jenen beiden seine Herr’n;

Und friedlich kommt die Kreatur herbei,

Die Taube gurrt, es kreischt der bunte Papagei,

Mit Affen spielt der Hund, und die Gazelle lauscht

Aus dem Gebüsch hervor, das schlankes Wild durchrauscht.

Und Edens Blumen hauchen Balsamduft,

Und Schmetterlinge gaukeln in der Luft,

Lebend’ge Blüten, reich an Farbenglanz,

Herabgefallen aus der Engel Kranz.

Und süß und labend bietet ungesucht

Den jugendlichen Wandrern sich die Frucht,

Und weich und schwellend ladet grünes Moos,

Am Rand der Quellen in der Ruhe Schoß.

Da neigt die Sonne sich dem Westen zu,

Und die Geschöpfe suchen schon die Ruh.

Zur stillen Meerbucht schwimmt der weiße Schwan,

Und purpurflammend glüht der Ozean.

Das Menschenpaar, das sich umschlungen hält,

Umarmt sich fester, stiller wird die Welt.

Die Sonne sinkt – ach! jener Hände breiten

Sich nach dem holden Schein, der dort verglüht,

Sie lassen übers Meer die Sehnsuchtblicke gleiten,

Und Wehmut zieht in ihr Gemüt.

Der Baum des Lebens rauscht im Abendwehen,

In Purpurtinten glänzen ferne Höhen,

Und wie der Menschheit erste Zähre fließt,

Wird sie vom ersten Liebeskuß versüßt.

Noch keine Sprache tut in Tönen kund

Der wonnevollen Herzen heil’gen Bund;

Sie haben sich, nur sich, und halten sich so treu,

Als ob die Nacht das Grab des Lebens sei.

Die Jungfrau kos’te sanft ein weißes Lamm,

Und dachte den Gedanken: Bräutigam.

Der Jüngling hat sie lächelnd angeschaut,

Und in der Seele klang’s ihm: Meine Braut!

Und ihrer Lieb’ unausgesprochner Gruß

Vereinte sie zum flammenheißen Kuß;

Sie sanken hin, ein treuvereinter Leib,

Und waren – Mann und Weib.

Gebrochen war die Frucht vom Lebensbaume,

Durch dessen Laub sich eine Schlange wand;

Die Schlange hieß Genuß, und gab im schönen Traume

Die Himmelsfrucht in Menschenhand.

Ein neuer Lebenskeim entstand im Mutterschoß;

Entschieden war der Menschheit Los.

Wo sich fortbildend Leben selbst erschafft,

Stirbt im Genuß die gottgeborne Kraft;

Das ist der Spruch des Ewigen: Entstehen,

Sich gatten, Gleiches zeugen, und vergehen!

Was Leben atmet auf der Erdenbahn,

Ist des Gebotes Untertan.

Ob auch ein Paradies verblüht,

Wenn Leben sich in Leben tauchend glüht,

Der Allmacht Wille zeichnet unsern Lauf,

Und Elternfreude wiegt ein Eden auf

3. DAS VERLORNE PARADIES.

O Rosentraum voll Paradieseswonnen,

Den Unschuld, Jugend, Liebe selig träumt,

Den Wolken gleichst du, abendgoldumsäumt,

Ein Augenblick – dann ist der Glanz zerronnen.

Wer trat sie an des Lebens Pilgerschaft,

Und wurde nicht vom Zeitsturm fortgerafft?

Er reißt uns aus dem warmen Blütenzelt

Der Kindheit grausam in die kalte Welt.

Er stößt uns aus der Jugend stillem Haus

In das Gewühl des lauten Markts hinaus,

Er wirft uns in ein wogenrollend Meer,

Wir schiffen dort auf morschem Kahn umher,

Und keiner fragt, ob uns ein Rettungssteuer blieb?

Ob uns der Sturm auf Felsenklippen trieb? –

Der Hauch der Zeit ist ein vernichtend Wehen,

Von dem die Frühlinge vergehen;

Er ist der Cherub mit dem Flammenschwert,

Der unser Lebensparadies verheert. –

Das Leben war ein Kind, das unter Blumen spielte,

Harmlos, im Morgenrot, und kannte nicht den Schmerz;

Noch gab es keinen Schmerz; der Engel Unschuld kühlte

Mit Rosen ihm die Stirn’, und trug es himmelwärts.

Zur Jungfrau nun erwuchs das Leben bald, und fühlte,

Und sehnte liebend sich an Gottes großes Herz.

Da kam die Zeit, ein alter, grauer Greis,

Der schloß in seinen Arm das jugendliche Leben;

Vergebens strebt’ es, ihm zu widerstreben,

Es blieb in seiner Macht, und gab ihm alles preis.

Und fort und fort erneut sich dieser Raub;

Der Zeit Gigantenschritt zermalmt zu Staub

Was er auf seinen Pfaden findet,

Und Monumente, für die Ewigkeit gegründet,

Bricht er, wie von dem Baum ein welkes Laub. –

Das Leben stöhnte bang im Mutterschmerz,

Ein krampfhaft Zittern wühlt in seinem Schoß,

Und kroch herauf, und griff ihm kalt ans Herz;

Da rang sein Kind, da rang der Tod sich los.

Mit Hohngelächter trat er an das Licht,

Das Leben bebte vor dem starren Angesicht,

Und reicht’ ihm keine Brust, und stieß ihn aus,

Entsetzen sah aus ihm, und Nacht und Graus.

Und wie das Leben kummerahnend weint,

Flucht’ ihm sein Kind, und blieb der Mutter ewig feind.

In eine Wüste floh die schreckliche Gestalt;

Trostloser Öde war sie ja verwandt,

Sie bleichte sich am glüh’nden Sonnenbrand,

Und blieb doch eiseskalt. – –

Das erste Menschenpaar, das noch umschlungen lag,

Begrüßt’ erwachend einen unheilvollen Tag.

Gewitterschwangre Wolken türmten sich,

Und Donner rollten fürchterlich.

Verzagend sanken jene nieder,

Und zitterten, erhoben, dann sich wieder,

Und irrten weinend, ohne Ziel umher.

Vom Himmel stürzte sich ein Regenmeer,

Glührote Blitze fuhren in die Palmen,

Geknickt zu Boden neigten sich die Halmen,

Des Meeres Wogen grollten dumpf und fern,

Und übern Erdkreis flog der Ruf des Weltenherrn.

Die Wolken senkten sich herab zum Wald,

Durchflammt von einer zürnenden Gestalt,

Die schön und schrecklich anzusehen war,

Vor ihrem Anblick floh das erste Menschenpaar,

Entsetzt, verwirrt, in tiefen Finsternissen,

Vom Sturmeswehn gewaltsam fortgerissen.

Der Boden bebt von des Gewitters Macht,

Der Sonne Licht birgt sich in Wolkennacht. –

Du armes Paar, warum so bitteres Leid

Auf dich gehäuft nach kurzer Seligkeit?

Was war dein Sündigen, was dein Verschulden? –

Wem früh das Glück gelacht, muß oft am Abend dulden;

Das reinste Glück vernichtet die Begier,

Und dieser Fluch ward schon erfüllt an dir. –

Und wie sie jammernd fliehn, die unglücksel’gen Gatten,

Hängt sich an ihren Schritt ein fürchterlicher Schatten,

In dessen grause Macht sie nun gegeben sind;

Es ist des Lebens ausgestoßnes Kind.

Doch noch ein Trostesstern in ihren Jammer scheint,

Was sie auch trifft, sie dulden, es – vereint.

4. GEBURT UND TOD.

Gott kann nicht zürnen! Gleich dem treuen Hirten

Folgt sein Erbarmen liebend dem Verirrten.

Wie seine Sonne scheint mit gleichem Segensstrahl

Auf Lybiens glüh’nden Sand, auf Kaschmirs Wonnetal,

So breitet segnend über Meer und Land,

Selbst über Wüsten sich die treue Vaterhand.

Verzage nicht, du junges Menschenpaar,

Die Wetterwolke weicht, der Himmel lächelt klar.

Und ob die Flamme dich aus Eden zürnend stieß,

Wo treue Liebe weilt, da blüht das Paradies. –

Wo drückt so sehr ein Schmerz, der nicht allmählig heilt,

Wenn eine Seele nur ihn mit uns trägt, ihn teilt?

O Mitgefühl, du Menschheitgenius!

Du bist für Seelenwunden Balsamkuß,

Du bist im Dornenkranz des Leids die Liebesrose,

Herabgesunken von des Allerbarmers Schoße,

Du bist die Träne, die des Seraphs Auge füllt,

Wenn sich der Menschen Glück in Donnerwolken hüllt! –

Der Mangel weckt die Kraft, Ruh wird zum Überdruß,

Und für ein holdes Weib wird Arbeit selbst Genuß.

Das Glück begleitet sanft der ersten Menschen Schritte,

Von Palmenzweigen wölbt sich bald die Schattenhütte;

Die Felsengrotte, blätterüberstreut,

Vor Elementenwut die sichere Zuflucht beut.

Und immer inniger und fester schließt dem Mann

Das Weib, das zärtlichliebende sich an.

Sie nimmt aus seiner Hand die Jägerbeute,

Und froher wird er, wenn er sie erfreute.

Er ruht in ihrem Arm, und doppelt süß erquickt

Die Frucht, die sie für ihn gepflückt.

Bald fühlt das Weib sich wunderbar bewegt,

Als sich in ihrem Schoß das neue Leben regt.

Sie weiß es nicht, was sie geheimnisvoll erschüttert,

Das Beben ist ihr fremd, das sie durchzittert,

In ahnungsvollen Träumen, licht und zart,

Wird ihr vielleicht die Zukunft offenbart. –

Die heil’ge Stunde kam, hoch schlug des Weibes Herz –

Ein Schauer – und ein heißer Schmerz –

Und als sie hilflos lag, in bangen Wehen,

Da stiegen Engel nieder, ungesehen,

Und dienten ihr, und legten leis und lind

An seiner Mutter Brust das erste Menschenkind. –

Wer malt das Staunen, wer ermißt die Wonnen,

Die hohe Lust der Gatten, Brust an Brust?

Nun hat ihr Leben erst begonnen,

Nun sind sie sich des Glücks, des Daseins erst bewußt.

Und ob sie kaum den Weltenlenker ahnen,

Sie jubeln doch, sie segnen ihr Geschick,

Und selig froh fliegt zu den Wolkenbahnen

Voll warmen Dankgefühls ihr feuchtverklärter Blick.

Nun wird die Mühe doppelt süß;

Des Kindleins Lächeln weckt ein neues Paradies,

Weckt eine neue Welt voll fröhlicher Gedanken;

Wie um den Ulmenbaum sich junge Reben ranken,

So schlingt das Zauberband der Sympathie

Sich um die drei vereinten Herzen,

Sie wissen schon den Harm hinweg zu scherzen,

Und Liebe fesselt sie mit göttlicher Magie.

Ach, daß kein Glück hienieden dauernd blüht

Daß jede Rose welkt, und jede Lust entflieht!

Die Jahre kommen und entschwinden,

Und jegliches verheißt uns Glück;

Ihr dürft euch nicht an die Verheißung binden,

Sie nehmen treulos stets ihr Wort zurück.

„Im Schweiße deines Angesichts“ –

So klang der Spruch des zürnenden Gerichts:

„Sollst du die Nahrung dir gewinnen!“

Der Mensch gehorcht dem Spruch, und manche

Tropfen rinnen.

Da gilt es Wälder auszuroden,

Urbar zu machen einen rauhen Boden;

Der Jahre werden mehr, die Kräfte sinken,

Und lauernd steht, mit schauerlichem Winken

Der bleiche Schatten – nah und näher schleicht

Er sich heran, bis er sein Ziel erreicht.

In seiner Wurzel wird das Leben untergraben;

Der starke Baum soll sich nicht mehr am Lichte laben,

Soll weichen einer jüngern Welt,

Die kräftig grünend sich um ihn gestellt.

Die Zeit ist um, sie will ihr Opfer haben,

Es stirbt der erste Mensch, die Rieseneiche fällt. –

5. TRIUMPF DER TODESENGEL.

Das Opfer fiel. – Der Seher sieht es fallen,

Und sieht nach einem hochgewölbten Haus

Die bleiche Schar der Todesengel wallen.

Da löschen alle Lebensflammen aus,

Mit Moder übertünchen sich die Mauern,

Aus ihnen duftet der Verwesung Graus.

Das Leben zittert unter Grabesschauern;

Der Fürchterlichen werden mehr und mehr;

Wenn sie frohlocken, muß die Menschheit trauern.

Durch alle Räume wogt das grause Heer,

Farblos, leblos, und doch bewegt, wie Schatten,

Graunvollen Anblicks, augenhöhlenleer.

Und kommen sie, das Opfer zu bestatten,

Um das die jugendliche Menschheit weint?

Den ersten Raub, den sie erbeutet hatten?

Den Sieg zu feiern, kommen sie vereint,

Den sie dem Leben endlich abgerungen;

Kaum faßt das Haus die Zahl, die hier erscheint.

Noch hat kein Ton den Riesenbau durchdrungen,