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Der 16. Band der Rougon-Macquard-Reihe erzählt die Geschichte der unehelichen Tochter Sidonies, Angelique.
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Seitenzahl: 366
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Der Traum
Emile Zola
Inhalt:
Emile Zola – Biografie und Bibliografie
Der Traum
Erstes Kapitel
Zweites Kapitel
Drittes Kapitel
Viertes Kapitel
Fünftes Kapitel
Sechstes Kapitel
Siebentes Kapitel
Achtes Kapitel
Neuntes Kapitel
Zehntes Kapitel
Elftes Kapitel
Zwölftes Kapitel
Dreizehntes Kapitel
Vierzehntes Kapitel
Der Traum, Emile Zola
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
Loschberg 9
86450 Altenmünster
ISBN:9783849618278
www.jazzybee-verlag.de
Namhafter franz. Romanschriftsteller, geb. 2. April 1840 in Paris, gest. daselbst 28./29. Sept. 1902, Sohn eines italienischen Ingenieurs, der den Bau des »Kanals Zola« in der Provence leitete, aber schon 1847 in Aix starb, verbrachte seine Jugend in Aix, besuchte seit 1858 das Lycée St.-Louis in Paris und trat dann, um sich dem Buchhandel zu widmen, in das Geschäft von Hachette ein. Seine Mußestunden zu schriftstellerischen Arbeiten benutzend, schrieb er literarische und theatralische Kritiken für verschiedene Zeitungen und versuchte sich bald auch auf dem Gebiete des Romans mit: »Les mystères de Marseille« und »Le vœu d'une morte«. Mehr Beachtung als diese Werke fanden schon seine »Contes à Ninon« (1864) und die »Confession de Claude« (1865), während »Thérèse Raquin« (1867) die Richtung des Autors sowie sein Talent, die Nachtseiten der menschlichen Natur mit grausamer Wahrheit zu schildern, unzweifelhaft bekundete. Nachdem er darauf »Madeleine Férat« (1868), eine Studie über die Fatalität der ererbten Anlagen, gleichsam als Vorspiel vorausgeschickt, begann er 1869 seinen berühmten, dasselbe Thema in systematischer Weise behandelnden Romanzyklus »Les Rougon-Macquart«, den er selbst als die »psychologisch-soziale Geschichte einer Familie unter dem zweiten Kaiserreich« bezeichnet. Derselbe umfaßt 20 Bände, nämlich: »La fortune des Rougon« (1871), »La curée« (1872), »Le ventre de Paris«, »La conquête de Plassans«, »La faute de l'abbé Mouret«, »Son Excellence Eugène Rougon«, »L'Assommoir«, die Folgen der Trunksucht in Pariser Arbeiterkreisen meisterhaft schildernd und Zolas Weltruhm begründend (1876), »Une page d'amour«, »Nana« (1880), »Pot-Bouille«, »Au Bonheur des dames«, »La joie de vivre«, »Germinal«, Roman der Kohlenminen (1885), »L'Œuvre«, »La Terre«, »Le Rêve«, »La bête humaine«, »L'Argent«, »La Débâcle«, Kriegsgeschichte von 1870 (1892), und »Le Docteur Pascal« (1893). Vom »Assommoir« an erlebten alle Romane der Serie erstaunliche Auflagen, die stärksten der eben genannte (162,000 Exemplare bis 1908 verkauft), »Nana« (203,000 Exemplare), »La Terre« (150,000 Exemplare) und »La Débâcle« (224,000 Exemplare). Über den leitenden Gedanken, der durch das Werk hindurchgehen soll, spricht sich Z. in der Vorrede zum ersten Band selbst aus. Er wolle, sagt er, durch Lösung der doppelten Frage des angebornen Temperaments und der umgebenden Welt den Faden zu verfolgen suchen, der mit mathematischer Genauigkeit von einem Menschen zum andern führe. Wie die Schwerkraft, so habe auch die Erblichkeit ihre bestimmten Gesetze. Die Art, wie Z. diese Aufgabe gelöst, hat ihm ebenso heftige Angriffe wie unbegrenzte Bewunderung eingetragen und ihn jedenfalls zum Chorführer der Naturalisten gemacht. Allein er hat die Anwendung des Grundsatzes der Realisten, daß der Schriftsteller alles solle darstellen dürfen, was die menschliche Handlungsweise bestimmt, daß er es der Wahrheit schuldig sei, nichts zu verschweigen und nichts zu beschönigen, fast mit jedem neuen Gliede der Kette gesteigert. Bei der Kurtisanengeschichte »Nana« glaubte man, er sei jetzt an der äußersten Grenze des Widerwärtigen angelangt; aber man irrte sich, wie »Pot-Bouille«, »Germinal« und namentlich »La Terre« bewiesen; im »Rêve« machte der Verfasser immerhin einige Anstrengung, um eine »weiße Symphonie« für sein junges Patenkind, die Tochter seines Verlegers Charpentier, zu schreiben. 127,000 abgesetzte Exemplare zeigen, daß Z. auch ohne Naturalismen im engern Sinne des Wortes zu interessieren versteht. Der Kritiker Z., der für den »Voltaire«, den »Figaro« und den in Moskau erscheinenden »Europäischen Boten« schrieb, solange der Roman ihm nicht ein hinreichendes Auskommen bot, zeichnete sich durch Rücksichtslosigkeit gegen alle anerkannten Größen und etwas einseitige Empfehlung der eignen neuen Richtung aus. Charakteristisch genug nannte er den ersten Band seiner gesammelten Abhandlungen über lebende Schriftsteller und ihre Werke »Mes haines« (1866, neue Ausg. 1879). Die übrigen Bände sind: »Le roman expérimental« (1880), »Les romanciers naturalistes«, »Le naturalisme an theâtre«, »Nos auteurs dramatiques«, »Documents littéraires« (1881), »Une campagne« (1880–81), »Nouvelle campagne« (1896). Z. hielt sich für berufen, wie dem Roman, so auch dem Theater neue Bahnen zu weisen, drang aber damit nicht durch, ob er seine Romane allein für die Bühne zustutzte oder mit Hilfe William Busnachs dem großen Publikum abschwächende Zugeständnisse machte. »Thérèse Raquin« und »Bouton de rose«, die er ohne fremde Mitwirkung ausführen ließ, wurden ausgezischt; »L'Assommoir« hingegen, »Le ventre de Paris« und »Nana« behaupteten sich lange auf dem Theaterzettel, während »Germinal«, bei dem Z., wie er hatte verkündigen lassen, das meiste tat, nach 17 Vorstellungen einging und »Renée« (Bearbeitung der »Curée«), für die er ganz allein verantwortlich war, nicht einmal einen Achtungserfolg erzielte. Als Z. sein Hauptwerk, die Geschichte der »Rougon-Macquart«, vollendet hatte, unternahm er die Städtetrilogie: »Lourdes«, »Rome«, »Paris« (1894 bis 1898), worin ein schwärmerischer junger Priester zum Sozialisten und Freidenker wird. 1898 griff Z. durch den Artikel »J'accuse« in der »Aurore« mit Wucht in die Dreyfusaffäre ein. Er wurde deshalb als Verleumder des Kriegsgerichts, das den wahren Verräter Esterhazy freigesprochen, von den Pariser Geschwornen verurteilt, appellierte und wurde in Versailles nochmals verurteilt, entzog sich aber durch die Flucht nach England der Haft. Er kehrte 1899 nach dem Revisionsbeschluß des Kassationshofes nach Paris zurück, lebte meist auf seinem Landgut in Médan und starb in Paris im Schlafe durch Kohlenoxydvergiftung, da der Ofen seines Schlafzimmers beschädigt war. Seine Leiche wurde 4. Juni 1908 im Panthéon beigesetzt und ein großes Denkmal wird in Paris 1909 enthüllt werden. Infolge der Dreyfusaffäre nahm auch Zolas Dichtung einen politisch lehrhaften, meist optimistischen Charakter an. Er kündigte »Les quatre Evangiles« an, vollendete aber nur drei: »Fécondité« (1899), »Travail« (1901), »Vérité« (1902). »Justice« blieb Projekt. Die Artikel zur Dreyfusaffäre vereinigte der Band »La Véritéen marche« (1899). Nachdem der Komponist A. Bruneau aus »Le Rêve« eine erfolgreiche Oper (1891) gemacht, schrieb Z. eigens für ihn die Opernbücher »Messidor« (1897), »L'Ouragan« (1901) und »L'Enfant-Roi« (1905 ausgeführt), die geringern Erfolg hatten. Drei Bände »Correspondance« erschienen 1907–08. Zu dem Sammelwerk »Les Soirées de Médan« (1882), das die Namen von Céard, Hennique, Huysmans, Alexis und Maupassant vereinigte, steuerte Z. die Novelle »L'attaque du moulin« bei, aus der Bruneau ebenfalls eine Oper (1892) machte. Zolas Bildnis s. Tafel »Medaillen VI«, Fig. 6. Vgl. P. Alexis, Émile Z., notes d'un ami (Par. 1882); J. ten Brink, Emil Z. und seine Werke (deutsch, Braunschw. 1887); die Schmähschrift von Ant. Laporte, Z. contre Z. (Par. 1896); Toulouse, Emile Z., enquête medico-psychologique (das. 1896); »Les personnages des Rougon-Macquart«, mit Vorrede von Ramond (1901); Vizetelly, Emile Z., novelist and reformer (Lond. 1904; deutsch, Berl. 1905); Brulat, Histoire populaire d'Émile Z (Par. 1907); Massis, Comment Émile Z. composait ses romans (das. 1906); M. G. Conrad, Émile Z. (Berl. 1906); Grand-Carteret, Z.en image (Par. 1908).
Während des strengen Winters des Jahres 1860 fror die Oise zu; heftige Schneefälle ließen die weiten Ebenen der unteren Picardie unter einer hohen weißen Decke verschwinden, und ein am Weihnachtstage plötzlich sich erhebender Schneesturm begrub fast die Stadt Beaumont unter der ungeheuren Schneelast. Vom frühen Morgen an fiel der Schnee; er nahm gegen Abend an Dichtigkeit zu und häufte sich während der ganzen Nacht an. In der in der oberen Stadt gelegenen Goldschmiedestraße, deren Ende der nördliche Teil des Querschiffes der Kathedrale einklemmt, sah sich der Schnee wie in einem Sacke gefangen. Vom Winde gepeitscht schlug er gegen das Tor der heiligen Agnes, diese alte römische, fast gotische Kirchentür, die unterhalb des nackten Frieses reiche Bilderei schmückt. Hier lag am ersten Weihnachtsmorgen der Schnee beinahe drei Fuß hoch.
Die Straße ruhte noch von der Anstrengung des heiligen Abend aus. Sechs Uhr schlug es. In der Dunkelheit, die der leise und beharrliche Fall der Schneeflocken mit einem bläulichen Schimmer übergoß, zeigte nur eine einzige unbestimmte Gestalt etwas Leben: ein kleines Mädchen von neun Jahren, das unter den Wölbungen der Kirchentür Schutz gesucht und sich dort während der Nacht, vor Frost zitternd, so gut es ging, geborgen hatte. Das Kind bedeckte ein dünnes, von vielem Gebrauche durchlöchertes, wollenes Kleid, den Kopf hüllte ein Fetzen von Umschlagetuch ein, und die nackten Füße steckten in groben Männer stiefeln. Das kleine Wesen hatte zweifellos hier erst ein Unterkommen gesucht, nachdem es lange, lange in der Stadt umhergeirrt und vor Mattigkeit fast umgesunken war. Für dieses Kind hörte hier die Welt auf; seiner harrte weder Mensch noch Ding mehr, nur dieser letzte Zufluchtsort, der nagende Hunger, die tötende Kälte. Die dumpfe Schwere des Herzens hatte es während seiner Wanderung fast des Atems beraubt und seine Schwäche den Kampf gegen das entfesselte Element aufgegeben. Nur das Fortarbeiten der körperlichen Maschine, das unwillkürliche Empfinden, vor etwas Furchtbarem flüchten zu müssen, hatten das Mädchen in den alten Steinhaufen der Kathedrale getrieben, als ein jäher Windstoß den Schnee umherwirbelte.
Stunde auf Stunde verrann. Lange lehnte sie an dem Pfeiler zwischen der Doppeltür der beiden nachbarlichen Eingänge, dessen Wandpfeiler eine Bildsäule der heiligen Agnes krönt, der dreizehnjährigen Märtyrerin, dieses kleinen Mädchens, wie sie selber eines war, mit dem Palmzweige und dem Lämmlein zu Füßen. Im Giebelfelde oberhalb des Kreuzes entrollte sich die ganze Geschichte der Braut Christi, der kindlichen Jungfrau in erhabener Arbeit, wie ein einfältiger Glaube sie sich vorgestellt hat. Da sah man, wie ihre Haare länger und länger wurden und sie einhüllten, als der Statthalter, dessen Sohn sie verschmähte, sie zur Strafe nackt in ein verrufenes Haus sandte; man sah, wie die von ihren Gliedmaßen weichenden Flammen des Scheiterhaufens die Henkersknechte erfaßten, die den Holzstoß angezündet hatten; das Wunder ihrer Gebeine; Konstanze, des Kaisers Tochter, vom Aussatze geheilt, und das Wunder des einen der von ihr gemalten Gesichter: den Priester Paulinus, welcher der Versuchung, ein Weib zu ehelichen, zu unterliegen drohte; er sollte auf des Papstes Rat einen mit Smaragd geschmückten Ring der ihn versuchenden Erscheinung auf den ihm hingestreckten Finger stecken; diese würde dann den Ring behalten, aber von ihm ablassen, wie man noch sah: das befreite den Paulinus. Hoch oben im Giebelfelde aber öffneten sich Agnes in voller Glorie die Tore des Himmels; Jesus selbst freite sie, so jung und klein sie war, und gab ihr den Kuß der ewigen Seligkeit.
Da fegte plötzlich der Wind in die Straße hinein und der Kleinen den Schnee ins Gesicht; ganze Haufen von Schnee drohten die Schwelle zu versperren. Das Kind drückte sich fester an die Heiligen an seiner Seite, die auf den Säulenstühlen der Türnische stehen. Es waren die Genossinnen der Agnes, die Heiligen ihres Gefolges: drei zu ihrer Rechten, Dorothea, die sich im Gefängnisse von dem wundertätigen Brote nährte; Barbara, die in einem Turme hauste, und Genoveva, deren Jungfräulichkeit Paris rettete. Und drei zu ihrer Linken: Agathe mit den verstümmelten Brüsten; Christine, die ihr eigener Vater folterte, und der er von ihrem Fleische Stücke ins Antlitz schleuderte; Cäcilie, die ein Engel liebte. Über ihnen stiegen noch andere Jungfrauen, drei dichtgefüllte Reihen Jungfrauen mit den Schlußbögen der Kirchentür empor und schmückten die drei Wölbungen mit einem Blütenmeer jubelnder, keuscher Leiber; unten gepeinigt und aufgerieben durch Folterqualen, oben von einer Schar Cherubim empfangen und vor dem himmlischen Throne in Freuden schwelgend.
Als es acht Uhr schlug und der Tag erwachte, hatte die Verirrte schon längst jeden Schutz verloren. Hätte sie nicht den Schnee festgetreten, bis zu den Schultern wäre er ihr gegangen. Die altertümliche Pforte hinter ihr war von ihm überzogen, als spanne sich ein Mantel von Hermelin darüber aus, hier am Fuße der grauen Fassade so nackt und glatt, daß nicht ein Flöckchen Schnee daran haften blieb. Die großen Heiligen des Bogenganges waren von oben bis unten von ihm bedeckt; die weißen Füße und die weißen Köpfe erglänzten in unschuldsvoller Reinheit. Weiter oben traten die Szenen im Giebelfelde, die kleinen Heiligen in den Wölbungen in deutlichen Zügen hervor; wie helle Pünktchen hoben sie sich von dem dunklen Hintergrunde ab. So ging es fort bis zur höchsten Freude, der himmlischen Hochzeit der Agnes, welche die Erzengel unter einem Regen weißer Rosen zu feiern schienen. Aufrecht auf seinem Pfeiler mit der weißen Palme und dem weißen Lämmlein stand das Bildnis der ländlichen Jungfrau; den keuschen Leib bedeckte der Schnee, inmitten dieser starrenden Kälte ein mystisches Sinnbild siegreicher Auferstehung der unbefleckten Jungfräulichkeit. Zu der Heiligen Füßen ein elendes, in Schnee gehülltes Kind, so starr und weiß, als sei es selbst zu Stein geworden; in nichts unterschied es sich mehr von den erhabenen Jungfrauen.
Ein längs der in Schlaf versunkenen Häuserreihen mit lautem Geklapper auffliegender Fensterladen ließ es die Augen aufschlagen. Zu seiner Rechten war es im ersten Stockwerke des Hauses, das an die Kathedrale grenzte. Eine sehr schöne, kräftige, brünette Frau von ungefähr 40 Jahren, deren Antlitz die tadellose Reinheit des Marmors aufwies, neigte sich hinaus. Trotz der furchtbaren Kälte ließ sie ihre nackten Arme wohl eine Minute draußen, denn sie hatte die Bewegungen des Kindes gesehen. Ein mitleidiges Staunen trübte die ruhigen Züge ihres Gesichtes. Dann schloß sie unter der Eingebung eines plötzlichen Schauders das Fenster. Wie eine flüchtige Erscheinung war das blonde Köpfchen der Kleinen mit den veilchenblauen Augen unter dem Fetzen von Kopftuch vor ihr aufgetaucht; das schmale Gesicht, der weit vorgestreckte Hals von der Schönheit einer Lilie auf den schmalen Schultern; aber die vor Kälte blau angelaufenen Händchen und die kleinen Füße waren bereits halb abgestorben; der leise Hauch aus dem Munde nur wies die einzige Spur noch vorhandenen Lebens auf.
Das Kind hatte ganz unwillkürlich seine Blicke nach aufwärts gerichtet; seine Augen richteten sich auf das Haus, ein schmales, einstöckiges Gebäude, dessen Aussehen ein hohes Alter verriet. Es war gegen Ende des 15. Jahrhunderts erbaut. Zwischen zwei Gegenpfeiler der Kathedrale selbst eingeklemmt, ähnelte es einer Warze zwischen zwei Zehen eines Riesen. So gestützt hatte es sich vorzüglich erhalten; seine steinerne Grundmauer, sein auf Fachwerk bestehender Oberstock, den ungetünchte Ziegel füllten, sein Dach dessen Balkengerüst zu dem einen Meter hohen Giebel zusammenlief, sein Türmchen in der linken Ecke mit hervorspringender Treppe, wo das kleine Fenster noch die Bleieinfassungen jener Zeit aufwies – alles war noch vorhanden, wie es vor Jahrhunderten geschaffen wurde. Des Hauses Alter hatte trotzdem wiederholte Ausbesserungen notwendig gemacht; so konnte das Ziegelwerk des Daches nur aus der Zeit Ludwigs XIV. stammen. Man erkannte mit Leichtigkeit die Arbeiten an dem Häuschen, die aus jener Zeit stammten: ein im Aufsatze des Türmchens ausgebrochenes Dachfenster, die dünnen hölzernen Fensterrahmen, die überall die ursprünglichen Einfassungen verdrängt hatten, und die Umgestaltung der drei Fenster des ersten Stockwerkes in zwei – das mittelste hatte man mit Ziegeln ausgefüllt – wodurch die Vorderseite in größere Übereinstimmung mit den anderen aus einer jüngeren Zeit stammenden Baulichkeiten der Straße gebracht war. Die Neuerungen im Erdgeschosse waren ebenso schnell zu erkennen. Eine eichene Tür nebst Gesims war an die Stelle des alten, mit Beschlägen verzierten Tores getreten, und von der einstigen spitzbogig sich wölbenden Öffnung, die direkt auf das Pflaster geführt hatte, war nur der große mittlere Bogengang geblieben, dessen unteren Teil, Seiten und Spitze man ausgemauert hatte, um nur einen einzigen rechtwinkligen Ausgang, eine Art breiten Fensters zu haben.
Gedankenlos betrachtete das Kind noch immer diese ehrwürdige, sauber erhaltene Behausung des Handwerkermeisters und las gerade das links von der Tür aufgenagelte gelbe Schild, das in alten, schwarzen Buchstaben die Worte: » Hubert, Meßgewandmacher« zeigte, als das abermalige Geräusch eines aufgestoßenen Fensterladens seine Aufmerksamkeit erregte. Diesmal war es der Laden des viereckigen Fensters im Erdgeschosse: jetzt lehnte ein Mann mit bestürztem Gesichte heraus, ein Mann mit einer Adlernase und einer höckerigen Stirn, die dichte weiße Haare krönten, trotzdem er höchstens 45 Jahre zählte; auch er vergaß sich fast eine Minute in der Kälte, um mit Falten schmerzlichen Empfindens um den großen, erwartungsvoll gespannten Mund das Kind zu betrachten. Dieses sah ihn dann hinter den kleinen grünlichen Scheiben stehen, sich umdrehen und jemand herbeiwinken; seine schöne Frau erschien. Beide rührten sich nicht mehr von der Stelle und verwandten, Seite an Seite stehend, tiefbetrübten Antlitzes keinen Blick von dem kleinen Mädchen.
Vier Jahrhunderte hindurch bewohnte schon das Geschlecht der Hubert, ihres Zeichens Kunststicker, vom Vater auf den Sohn dieses Haus. Ein Meßgewandmacher hatte es unter Ludwig XI. erbauen, ein anderer es unter Ludwig XIV. ausbessern lassen. Der gegenwärtig lebende Hubert stickte in ihm die Meßgewänder genau so, wie es alle seine Vorfahren getan hatten. Im Alter von zwanzig Jahren hatte er ein sechzehnjähriges Mädchen, Namens Hubertine, so heiß geliebt, daß er es entführte und dann heiratete, weil ihre Mutter, eine Beamtenwitwe, ihn abgewiesen hatte. Hubertine war ein Wunder an Schönheit; ihr Glück und ihr Unglück – ein ganzer Roman. Als sie acht Monate später mit einem Kinde unter dem Herzen an das Sterbebette ihrer Mutter trat, enterbte diese sie und fluchte ihr. Das noch am selben Abend geborene Kind starb. Über das Grab auf dem Kirchhofe hinaus wirkte der Fluch der hartköpfigen Bürgersfrau: die Ehe blieb entgegen den heißen Wünschen des Paares kinderlos. Noch nach 24 Jahren beweinten sie das verlorene Kind, sie hatten die Hoffnung aufgegeben, jemals den Sinn der Toten zu ändern.
Verwirrt durch die Blicke der Hubert, zog sich das Kind hinter den Pfeiler der heiligen Agnes zurück. Auch beunruhigte sie das Geräusch der erwachenden Straße; die Läden öffneten sich, und Menschen traten aus den Türen. Die Goldschmiedestraße, deren Ende an die Seitenwand der Kirche stößt, würde eine vollkommene Sackgasse sein, die auf der Seite der Apsis das Haus Hubert schloß, wenn nicht die Sonnenstraße, mehr ein schmaler Gang als eine Straße, diesem gegenüber längs der Seitenwand der Kirche bis zum Hauptteil auf dem Klosterplatz ihr einen Ausgang schüfe. Zwei Betschwestern benutzten ihn gerade, sie warfen einen überraschten Blick auf die kleine Bettlerin, die man in Beaumont nicht kannte.
Leise und andauernd fiel der Schnee weiter, und mit dem fortschreitenden, bleichen Tage schien die Kälte zu wachsen; man hörte nur ein fernes Gesumme von Stimmen aus dem schweren, dicken Leichentuche heraus, das die Stadt bedeckte.
Verwildert und seiner Verlassenheit sich schämend wie eines Verbrechens, zog sich das Kind noch weiter zurück, als es plötzlich Hubertine vor sich stehen sah, die in Ermangelung einer Magd das Frühstück holen ging.
Was machst du da, Kleine? Wer bist du?
Keine Antwort, das Kind verbarg sein Gesicht. Es spürte seine Glieder nicht mehr, das Leben entwich, als wenn das zu Eis gewordene Herz zum Stillstehen gekommen wäre. Als die gute Frau mit einer Bewegung heimlichen Mitleides den Rücken gewandt hatte, sank die Kleine in die Knie; sie war am Ende ihrer Kräfte und glitt wie ein Stückchen Abfall in den Schnee, dessen Flocken sie still einhüllten. Die Frau kam mit dem noch heißen Brote zurück, sah das Kind am Boden liegen und näherte sich ihm von neuem.
Du kannst hier nicht bleiben, Kleine.
Hubert, der ebenfalls an die Tür getreten war, stand auf der Schwelle seines Hauses, nahm seiner Frau das Brot ab und sagte:
Nimm sie und bring sie her!
Hubertine erwiderte kein Wort; sie bückte sich und nahm das Kind in ihre kräftigen Arme. Das Mädchen sträubte sich nicht mehr; wie ein lebloses Ding mit fest aufeinander gebissenen Zähnen und geschlossenen Augen, wie ein Stück Eis und leicht, als sei es ein aus dem Nest gefallenes Vögelchen, trug man es davon.
Man trat hinein, und Hubert schloß die Tür, während Hubertine mit ihrer Last das nach der Straße gelegene, als Salon dienende Zimmer durchschritt, wo vor dem großen viereckigen Fenster einige Stickereien als Muster aushingen. Sie betrat von dort die Küche, das einstige, gemeinsame Zimmer der Familie, das mit seinen vorstehenden Balken, dem an zwanzig Stellen ausgepflasterten Steinboden und dem mächtigen Kamine mit steinernem Mantel fast unversehrt erhalten war. Die Gebrauchsgegenstände selbst, die Töpfe, Kessel und Schüsseln auf den Brettern stammten noch aus dem vorigen oder vorvorigen Jahrhundert, ebenso das alte Porzellan, das Steingut und das Zinngeschirr. Den alten Feuerherd jedoch ersetzte ein neuzeitiger Ofen, ein breiter Ofen aus Gußeisen, dessen kupferne Beschläge nur so leuchteten. Er glühte rot und man hörte das Wasser des Kessels kochen. Auf einer Ecke wurde ein mit Milchkaffee gefüllter Topf heiß gehalten.
Teufel! Hier drinnen ist's besser als da draußen, sagte Hubert und stützte die Hand auf einen Tisch im Stile Ludwigs XIII., der die Mitte des Raumes einnahm. Bringe das kleine Wesen dicht an den Ofen, damit es auftaut.
Hubertine war schon dabei, das Kind niederzusetzen, und beide sahen zu, wie es allmählich zu sich kam. Der in den Falten des Kleides liegende Schnee schmolz und fiel in schweren Tropfen zu Boden. Durch die Löcher der groben Männerstiefel sah man die geschundenen, kleinen Füße, während das dünne Wollgewand das Eckige der Gliedmaßen, dieses jämmerliche Stückchen Elend erkennen ließ. Nach einem langanhaltenden Schaudern öffnete das Kind die bestürzt umherblickenden Augen; sie spiegelten den Schrecken eines Tieres wider, das sich plötzlich gefangen sieht. Sein Gesicht senkte sich auf das unter seinem Kinn zusammengebundene Kopftuch. Die Hubert glaubten seinen rechten Arm abgestorben, so fest drückte es ihn unbeweglich an die Brust.
Fasse dich! Wir wollen dir nichts Böses tun ... Woher kommst du? Wer bist du?
Je mehr man zu der Kleinen sprach, desto bestürzter wurde sie. Sie wandte scheu den Kopf, als stehe jemand hinter ihr, der sie schlagen wolle. Sie musterte mit scheuem Blicke die Küche, die Diele, die Balken, die funkelnden Geschirre, dann schweifte ihr Auge durch die beiden unregelmäßigen Fenster, die in ihrer alten Lage gelassen waren, in das Freie; es durchforschte den Garten bis zu den Bäumen des Bischofssitzes, deren weiße Linien sich über den hinteren Mauern des Grundstückes abhoben; es schien erstaunt, dort zur Linken längs eines Baumganges die Kathedrale mit den romanischen Kapellenfenstern ihrer Apsis wiederzufinden. Abermals durchschüttelte das arme Wesen unter Einwirkung der sich fühlbar machenden Wärme ein starkes Frösteln. Es senkte den Blick wieder zu Boden und rührte sich nicht mehr.
Bist du aus Beaumont? ... Wie heißt dein Vater?
Da das Kind hartnäckig schwieg, kam Hubert auf den Gedanken, die Kehle könne ihm so zugeschnürt sein, daß es keinen Ton hervorzubringen imstande sei.
Anstatt zu fragen, täten wir viel besser, ihr eine gute Tasse Kaffee mit heißer Milch zu reichen, sagte Hubert.
Das war vernünftig gesprochen. Sofort gab Hubertine dem fremden Wesen die eigene Tasse. Sie machte zwei große Brotschnitten zurecht, doch das mißtrauische Kind schob alles zurück. Aber der Hunger quälte sehr, und schließlich aß und trank es mit wahrem Heißhunger. Um es bei seinem Genießen nicht zu stören, schwieg das Ehepaar; es rührte sie, die kleine Hand zittern zu sehen, so daß sie kaum den Mund fand. Das Kind bediente sich nur der linken Hand, der rechte Arm lag nach wie vor fest am Körper an. Als es fertig mit der Mahlzeit war, hätte es fast die Tasse fallen lassen; schnell schob es das Geschirr mit dem Ellbogen zurück auf den Herd in der ungeschickten Weise von Krüppeln.
Bist du am Arm verwundet, Kleine? fragte Hubertine. Fürchte dich nicht, zeige einmal.
Doch kaum berührte die Frau das Kind, als es heftig aufsprang und sich jeder Annäherung widersetzte. Bei diesem Kampf lüftete es unwillkürlich den rechten Arm, und ein kleines Buch, welches das Mädchen am nackten Körper verborgen gehalten hatte, fiel durch einen Riß des Leibchens zu Boden. Es wollte schnell zugreifen, doch ballten sich seine kleinen Fäuste, als es sehen mußte, wie die Fremden bereits das Heft öffneten und lasen.
Es war ein Zöglingsbuch, wie sie die Verwaltung der Armenpflege im Departement der Seine ausstellt. Auf der Seite unterhalb des Amtszeichens mit dem Saint-Vincent de Paul standen gedruckt die verschiedenen Rubriken. Die Stelle des Namens des Zöglings füllte ein einfacher Tintenstrich aus; unter der Rubrik »Vornamen« las man Angelika-Marie; unter Daten: geboren den 22. Januar 1851, aufgenommen am 23. desselben Monats unter Nummer 1634. Vater und Mutter also unbekannt; kein Schriftstück, kein Geburtszeugnis, nur dieses amtsmäßig kühle Buch mit verblaßtem rosafarbenem Deckel! Das Kind – ein Nichts in der Welt, nur eine numerierte Ausgestoßene, eine bloße Eintragung in die Liste.
Ein Findelkind! rief Hubertine.
Ich bin mehr wert als alle anderen! Ja, ich bin besser, besser, besser! schrie da mit einemmal in einem Anfalle wahnsinnigen Jähzorns Angelika auf. Ich habe den anderen nichts gestohlen, und mir nehmen sie alles ... Gebt mir wieder, was ihr mir gestohlen habt!
So stark war der ohnmächtige Zorn, so will durchbebte die Leidenschaft diese schwächliche Kindergestalt, daß die Hubert vor Staunen sich nicht rührten. Sie erkannten die blonde Kleine mit ihren Veilchenaugen und dem Halse von lilienhafter Anmut gar nicht wieder. Die Augen in dem boshaft sich verzerrenden Gesicht hatten eine schwarze Farbe angenommen, und den zarten Hals blähte ein Blutstrom. Jetzt war der Kleinen heiß; sie wand sich und zischte wie eine aus dem Schnee aufgelesene Natter.
Du taugst also nichts? sagte sanft der Sticker. Umso besser ist es für dich, wenn wir erst wissen, wer du bist.
Über die Schulter seiner Frau blickend, durchflog sein Auge das Buch, das Hubertine umblätterte. Auf Seite 2 stand der Name der Nährmutter: »Das Kind Angelika-Marie wurde am 25. Januar 1851 der Nährmutter Franziska, Frau des Herrn Hamelin, von Beruf Landwirt, wohnhaft in der Gemeinde Soulanges, Bezirk Nevers, übergeben; die genannte Nährmutter hat bei ihrer Abreise das Pflegegeld für den ersten Monat nebst Ausstattung erhalten.« Es folgte ein vom Geistlichen des Armenpflegewesens unterzeichnetes Taufzeugnis; sodann las man die Zeugnisse des Arztes bei der Abfahrt und Ankunft des Kindes; die Bescheinigungen über den Erhalt der vierteljährlich entrichteten Pflegegelder in Gestalt der regelmäßig wiederkehrenden unleserlichen Unterschrift des Steuereinnehmers füllten die folgenden vier Seiten aus.
Wie, Nevers? fragte Hubertine, du bist in der Nähe von Nevers erzogen?
Ganz rot vor Wut, jene am Lesen nicht hindern zu können, war Angelika wieder in ihr verstocktes Schweigen zurückgefallen. Der Zorn aber löste ihre Lippen, sie erzählte von ihrer Nährmutter.
Hätte Mutter Nini euch geprügelt! Mich nahm sie stets in Schutz, wenn ich auch mitunter Schläge erhielt ... Ich war dort gewiß nicht so unglücklich bei den Tieren ...
Ihre Stimme versagte, sie fuhr in abgebrochenen, zusammenhanglosen Sätzen zu erzählen fort, wohin sie die rote Kuh führte, von der großen Straße, auf der man spielte, von den Brotkuchen, die gebacken wurden, von einem großen Hunde, der sie gebissen hatte.
Hubert unterbrach sie, indem er laut las:
Im Falle schwerer Krankheit oder schlechter Pflege ist der Unteraufseher ermächtigt, die Nährkinder anderweitig unterzubringen.
Darunter stand, daß das Kind Angelika-Marie am 20. Juni 1860 einer Therese, Frau des Ludwig Franchomme, beide Blumenmacher, wohnhaft in Paris, anvertraut wurde.
Ich verstehe, sagte Hubertine, du bist krank gewesen, und da hat man dich nach Paris gebracht.
Die Sache verhielt sich indessen nicht so, und die Hubert erfuhren den richtigen Verlauf der Angelegenheit erst, nachdem sie der Kleinen Stück für Stück aus dem Munde gezogen hatten. Ludwig Franchomme war der Vetter der Mutter Nini und hatte einen Monat lang in dem Dorfe gewohnt, um sich von den Folgen eines Fiebers zu erholen. Seine Frau Therese hatte damals für das Kind eine große Zuneigung gefaßt und durchgesetzt, daß man es ihr nach Paris mitgab; sie wollte die Kleine anhalten, dort die Blumenmacherei zu erlernen. Drei Monate später starb ihr Mann, und da sie selbst sehr leidend war, sah sie sich genötigt, zu ihrem Bruder zu ziehen, einem in Beaumont ansässigen Lohgerber. Hier starb sie in den ersten Tagen des Dezember; zuvor jedoch vertraute sie Angelika ihrer Schwägerin an, und seit dieser Zeit wurde das kleine Wesen gestoßen, geschimpft und geschlagen; es machte eine wahre Leidenszeit durch.
Die Rabiers, murmelte Hubert, die Rabiers? Ja, ja, richtig, Lohgerber, sie wohnen in der unteren Stadt am Ufer des Ligneul ... der Mann trinkt, und die Frau führt einen bösen Lebenswandel.
Sie behandelten mich wie ein zugelaufenes Kind, fuhr Angelika empört mit dem Stolze der ungerecht Leidenden fort. Sie sagten, die Gosse sei noch zu schade für mich. Wenn ich meine Schläge weg hatte, warf mir die Frau das Essen vor die Füße, als sei ich ihre Katze. Oft genug mußte ich hungrig zu Bett gehen ... Ich hätte mich schließlich getötet!
Sie machte eine Gebärde der Wut und Verzweiflung.
Gestern am Weihnachtsmorgen haben sie sich betrunken; sie warfen sich auf mich und drohten, mir die Augen zum Zeitvertreibe mit dem Daumen auszubohren. Da das nicht so leicht ging, bearbeiteten sie sich gegenseitig mit Faustschlägen, bis sie wie tot auf dem Boden lagen. Ich glaubte auch, sie seien tot ... Ich wollte schon längst mich flüchten, aber ohne mein Buch ging ich nicht. Mutter Nini zeigte mir es öfter und sagte jedesmal: »Siehst du, das ist dein ganzes Hab und Gut; wenn du das Buch nicht mehr hättest, besäßest du gar nichts.« Ich wußte, wo sie es seit dem Tode von Mutter Therese verbargen, nämlich in der obersten Schublade der Kommode ... Ich schritt also über sie fort, nahm mir mein Buch, drückte es an meine Brust und lief davon. Es war aber zu groß, ich bildete mir ein, jeder müsse es sehen und mir es fortnehmen wollen Wie bin ich gelaufen, gelaufen! Als es schwarze Nacht war, wie fror ich unter jener Tür! So kalt war es, daß ich glaubte, ich sei gar nicht mehr lebendig. Aber das schadet nichts, denn ich habe mein Buch nicht verloren. Da ist es!
Mit einem Ruck riß sie es den Hubert fort, gerade als diese es schließen wollten, um es ihr zurückzugeben. Sie setzte sich und widmete sich ganz ihrem Schatze; sie nahm es in ihre Arme und schluchzte, die Wange an den Deckel aus rosafarbener Leinwand lehnend. Eine rührende Demut dämpfte den Zorn, ihr ganzes Wesen schien in dem Schmerze über die wenigen Blätter mit den abgenutzten Ecken, über dieses armselige Etwas aufzugehen, das ihr höchstes Gut, der einzige Faden war, der sie noch mit dem weltlichen Leben verband. Das kleine Herz konnte gar nicht Herr der grenzenlosen Verzweiflung werden, die Tränen flossen und flossen ohne Ende. In diesem Ausbruche gewaltigen Schmerzes erhielt Angelika ihr niedliches, klares Gesicht eines Blondköpfchens mit dem etwas länglichen Oval wieder mit den Veilchenaugen, denen die Zärtlichkeit einen weichen Ausdruck gab, und diese köstliche Schlankheit des Halses, die ihr eine Ähnlichkeit mit einer der kleinen Jungfrauen in den Kirchenfenstern verlieh. Urplötzlich ergriff sie die Hand Hubertines, drückte ihre nach Zärtlichkeit verlangenden Lippen darauf und küßte sie leidenschaftlich.
Den Hubert drehte sich das Herz im Leibe um, die Tränen standen auch ihnen bereits in den Augen.
Liebes, liebes Kind, stotterten sie.
Das Mädchen war also doch nicht ganz verdorben? Vielleicht konnte man es noch von den erschreckenden Wutanfällen heilen.
Ich bitte Sie, bringen Sie mich nicht zu den anderen zurück, schluchzte Angelika, bringen Sie mich nicht zu den anderen zurück!
Mann und Frau hatten sich angesehen. Seit dem Herbst schon beabsichtigten sie, ein Lehrmädchen ins Haus zu nehmen, irgendein junges weibliches Wesen, das in das kinderleere, traurige Heim fröhliches Leben bringen sollte. Man war sich sofort einig.
Willst du? fragte Hubert.
Gern, antwortete Hubertine ohne Überstürzung mit ihrer ruhigen Stimme.
Sie hielten sich nicht bei der Vorrede auf. Der Sticker verließ das Haus, um den Vorfall dem Friedensrichter des Stadtbezirks von Beaumont, Herrn Grandsire zu erzählen, einem Vetter seiner Frau, dem einzigen Verwandten, mit dem sie in Verkehr stand. Dieser nahm die Erledigung der Angelegenheit vollständig auf sich. Er schrieb an die Armenpflege, die dank der Matrikelnummer Angelika ohne Schwierigkeiten fand und erhielt die Erlaubnis, daß das Kind bei den Hubert, die sich des Rufes großer Ehrbarkeit erfreuten, als Lehrmädchen bleiben durfte. Der Unterinspektor des Bezirks kam, um die notwendigen Vermerkungen im Buche vorzunehmen, und schloß mit dem neuen Brotherrn den Kontrakt ab, kraft dessen dieser das Kind sanft behandeln, es sauber halten, die Schule und die Kirche besuchen lassen und ihm ein Bett zur alleinigen Benutzung stellen mußte. Die Verwaltung dagegen verpflichtete sich, ihn für alles schadlos zu halten und ihm auch gemäß der Vorschrift die Kleidungsstücke für das Kind zu stellen.
Nach zehn Tagen war alles in Ordnung. Angelika schlief oben im Giebelzimmer neben dem Boden, das auf den Garten hinausführte; auch hatte es schon den ersten Unterricht im Sticken erhalten. Am Sonntag morgen, ehe Hubertine sie zur Messe führte, öffnete sie vor des Kindes Augen die in der Werkstatt stehende alte Truhe, in der das Feingold verschlossen wurde. Sie legte das Buch, das sie in der Hand hatte, auf den Boden eines Schiebfaches und sagte:
Passe auf, wohin ich das Buch lege ... Ich will es nicht verstecken, damit du es dir nehmen kannst, wenn du willst. Es ist viel besser, daß du es siehst und dich seiner erinnerst.
Als sie an jenem Morgen die Kirche betraten, stand Angelika abermals unter der Pforte der heiligen Agnes. Es war während der Woche Tauwetter eingetreten; doch hatte es nicht angehalten, sondern sich ein so rauher Frost eingestellt, daß der halbgeschmolzene Schnee auf den Bildereien ein wahres Blütenfeld von Eisnadeln erzeugt hatte. Die Jungfrauen schmückte jetzt eine vollständige Eisfläche; sie hatten durchsichtige Gewänder mit gläsernen Spitzen angelegt. Dorothea hielt eine Fackel, deren durchsichtiges Wachs ihr aus den Händen tropfte; Cäcilie trug eine silberne Krone, von der lebendige Perlen herniederrieselten; Agathe hatte über den mit Zangen gezwickten Busen eine kristallene Rüstung gezogen. Auch die Darstellungen im Giebelfelde, die Jungfrauen in den Wölbungen schienen im Laufe der Jahrhunderte zu Juwelen eines riesigen Reliquienschreines geworden zu sein. Agnes selbst schleppte einen Krönungsmantel nach, der aus Licht gewoben und mit Sternen bestickt war. Ihr Schäfchen hatte ein diamantenes Vlies erhalten und ihre Palme die Farbe des Himmels angenommen. Die ganze Kirchentür strahlte von der Klarheit starker Kälte wider.
Angelika erinnerte sich der Nacht, die sie dort unter dem Schutze der Jungfrauen verbracht hatte. Sie erhob den Kopf und lächelte ihnen zu.
Beaumont setzt sich aus zwei vollständig getrennten und unterschiedlichen Städten zusammen: dem Kirchenviertel auf der Höhe mit seiner alten Kathedrale aus dem 12. Jahrhundert, seinem Bischofssitze, der erst im 17. Jahrhundert entstand, und mit kaum tausend Bewohnern, die dicht gedrängt im Innern der schmalen Gassen halb ersticken; und der Stadt am Fuße des Hügels und am Ufer des Ligneul, ursprünglich nur einer Vorstadt, die indessen durch ihre flottgehenden Spitzen- und Batistfabriken an Reichtum und Ausdehnung gewann, so daß sie fast 10 000 Einwohner zählt, luftige Plätze, eine stattliche Unterpräfektur hat, überhaupt ganz zeitgemäßen Geschmack entwickelt. Die beiden Stadtteile also, der nördliche und der südliche, haben im Grunde genommen höchstens die Verwaltung betreffende Beziehungen gemeinsam. Obwohl nur knapp 30 Meilen von Paris entfernt, wohin man in zwei Stunden gelangt, scheint das Kirchenviertel noch innerhalb seiner alten Wälle festgekeilt zu sitzen, von denen indessen nur noch drei Tore übrig sind. Dort wohnt noch ein seßhafter, ganz besonderer Menschenschlag und führt dasselbe Leben, das seine Vorfahren seit 500 Jahren von Vater auf den Sohn geführt haben.
Das Vorhandensein der Kathedrale erklärt alles, sie ist es, die alles das erzeugt und erhalten hat. Sie ist die Mutter, die Königin; wie eine Riesin überragt sie die niedrigen Häuser, die einer fröstelnd unter die steinernen Flügel niederkauernden Brut ähneln. Man haust dort nur für sie und durch sie; die Gewerke arbeiten, die Läden verkaufen nur, um sie zu erhalten, zu kleiden, zu beköstigen, sie und ihre Geistlichkeit; wenn man dort noch einige andere Bürger antrifft, sind es eben nur die letzten Getreuen untergegangener Geschlechter. Sie pulsiert in der Mitte, denn jede Straße ist eine ihrer Adern, die Stadt kennt keinen anderen Atem als den ihren. Diese Seele einer anderen Zeit, diese weihevolle Anklammerung an die Vergangenheit, diese klösterliche, altvaterische Stadt, welche die Kathedrale einrahmt, strömt daher noch jetzt einen ehrwürdigen Duft von Frieden und Glauben aus.
Von dieser ganzen geheimnisvollen Stadt stand das Haus Huberts, wo Angelika fortan leben sollte, der Kathedrale zunächst, war ein Stück Fleisch von ihrem Fleische. Die Erlaubnis, dort zwischen zwei Strebepfeilern bauen zu dürfen, mußte wohl von einem früheren Pfarrer erteilt sein, der den Urahn dieser Stickerfamilie als Meßgewandmacher und Lieferer der Sakristei an sich zu fesseln wünschte. Nach Süden zu sperrte der wuchtige Aufbau der Kirche den schmalen Garten ab: zunächst der Umkreis der seitlichen Kapellen, deren Fenster auf die Gartenbeete führten; ferner der schlanke Körper des Schiffes mit seinen ihn schützenden Strebepfeilern und ganz oben die mächtige Kuppel mit ihren Bleiplatten. Nie drang die Sonne bis auf den Boden dieses Gartens, daher gedieh nur Efeu und Buchsbaum dort. Aber trotzdem weckte der ewige Schatten, den die riesige Höhe der Wölbung dort schuf, nur angenehme Empfindungen; es war ein frommer, gruftartiger, reiner Schatten, der einen guten Geruch ausströmte. Kein anderer Ton als das Glockengeläut von den beiden Türmen der Kathedrale drang in dieses grüne, eine ruhige Frische aushauchende Halbdunkel. Der Nachklang der Glocken aber durchbebte das ganze Haus, das mit den alten Steinen der Kirche wie aus einem Stück gegossen schien und von ihrem Blute lebte. Es erzitterte schon bei der geringsten kirchlichen Feier; die großen Messen, das Grollen der Orgel, die Stimmen der Sänger bis zum unterdrückten Seufzer der Gläubigen, tönten in jedem seiner Steine wider, durchdrangen es wie mit einem heiligen Hauche des Unsichtbaren. Ja, durch die kühle Mauer hindurch drang es oft wie duftiger Hauch der Weihrauchkessel.
Dort wuchs Angelika wie in einem Kloster, abgeschieden von der Welt, fünf Jahre hindurch auf. Sie verließ das Haus nur des Sonntags, um die Sieben-Uhr-Messe anzuhören. Hubertine hatte die Erlaubnis erhalten, daß Angelika der Schule fernbleiben durfte, weil die vorsorgliche Frau daselbst schlechten Verkehr für das Kind fürchtete. Dieses altertümliche Haus in seiner Abgeschlossenheit und mit seinem friedhofsstillen Garten bildete daher Angelikas ganze Welt. Sie bewohnte unter dem Dache eine Kammer mit abgetünchten Wänden. Des Morgens stieg sie zum Frühstück nach der Küche hinunter, dann zur Arbeit wieder in das in dem ersten Stockwerke gelegene Arbeitszimmer hinauf. Diese Räume nebst der Wendeltreppe im Türmchen waren die einzigen Ecken, in denen Angelika ihr tägliches Leben verbrachte; gerade sie aber waren die von Geschlecht zu Geschlecht erhaltenen, ehrwürdigen Orte. Das Zimmer der Hubert betrat Angelika nie, kaum daß sie den Salon zur ebenen Erde durchschritt – beides Räume, die nach dem Geschmacke der Neuzeit umgewandelt waren. Im Salon hatte man die Balken übergipst, ein Kranz von palmenzweigartigem Stuck mit einer Mittelrosette schmückte die Decke. Die großblumige gelbe Tapete stammte aus der Zeit des ersten Kaiserreichs, ebenso der Kamin aus weißem Marmor und die Mahagonimöbel, ein Leuchterstuhl, ein Sofa und vier mit Utrechter Samt überzogene Sessel. Selten kam Angelika hierher, nur wenn die Auslage verändert werden mußte und neue Stickereien vor das Fenster gehängt werden sollten. Dann warf sie wohl einen hastigen Blick nach außen, um in der engen, an der Kirchentür der heiligen Agnes auslaufenden Straße immer wieder dasselbe sich nie verändernde Bild in sich aufzunehmen; sie sah eine Andächtige den sich geräuschlos schließenden Türflügel aufstoßen, die scheinbar stets leeren Läden des Goldschmiedes und des Wachshändlers gegenüber mit ihren Hostiengefäßen und den dickleibigen Wachskerzen. Der klösterliche Friede, der über dem ganzen Kirchenviertel ruhte, über der Magloire-Straße hinter dem Bischofssitze, über der Großen Straße, in welche die Goldschmiedestraße mündete, über dem Klosterplatz, an dem die beiden Türme in die Lüfte stiegen, machte sich in der trägen Luft fühlbar, die mit dem bleichen Tage zusammen langsam auf das einsame Pflaster niedersank.
Hubertine hatte sich die Vervollständigung der Erziehung von Angelika zur Aufgabe gemacht. Auch sie pflichtete nämlich der althergebrachten Meinung bei, daß eine Frau genug weiß, wenn sie richtig schreiben und die vier Hauptrechnungsarten kann. Sie hatte jedoch stark gegen die Abneigung des Kindes anzukämpfen, das seine Augen gern durch das Fenster nach dem Garten schweifen ließ, trotzdem es nur ein mittelmäßiges Vergnügen war, und daher dem Unterricht unaufmerksam folgte. Angelika entwickelte keine Leidenschaft für das Lesen. Trotz der aus einer klassischen Auswahl hervorgegangenen Diktate brachte sie es nie fertig, auch nur eine Seite ohne einen orthographischen Fehler zu schreiben. Dabei hatte sie eine niedliche, dünne, feste Handschrift, die unregelmäßigen Schriftzüge der großen Damen von ehedem. In den übrigen Gegenständen, in der Länderkunde, der Geschichte und dem Rechnen blieb ihr Wissen gleich Null. Was sollte auch die Wissenschaft? Sie war vollständig überflüssig. Später, vor dem ersten Abendmahl, lernte sie Wort für Wort ihre Glaubenslehre mit einem solchen Überzeugungseifer auswendig, daß sie jedermann durch die Sicherheit ihres Gedächtnisses überraschte.
Im ersten Jahre verzweifelten die Hubert trotz ihrer Sanftmut oft genug. Angelika versprach eine sehr geschickte Stickerin zu werden, brachte aber nach Tagen beispiellosen Eifers durch plötzlichen Rückfall in eine unerklärliche Trägheit ihre Lehrer zu grenzenloser Verzweiflung. Sie wurde mit einemmal schlaff, ein Leckermaul und stahl mit niedergeschlagenen Augen in ihrem feuerroten Gesicht Zucker. Wenn man sie ausschalt, gab sie ungezogene Antworten. Wenn an manchen Tagen die Hubert sie zu strafen versuchten, bekam sie Anfälle einer ganz fürchterlichen Wut; sie stieß mit Händen und Füßen und war imstande, alles zu zerreißen und zu zerbeißen. Eine Art Furchtgefühl trieb das Ehepaar bei solchen Gelegenheiten von dem kleinen Ungetüm fort; sie scheuten den Teufel, der sich in dem Kinde regte. Wer mochte es sein? Woher war es gekommen? Diese Findelkinder entstammten fast immer dem Laster und dem Verbrechen. Zweimal waren sie schon auf dem Sprunge, sich des Kindes zu entledigen und mit dem Bedauern, es zu sich genommen zu haben, es tiefbetrübt der Anstalt zurückzugeben. Aber jedesmal endeten die abscheulichen Auftritte, von denen das Haus nachzitterte, mit denselben Tränenströmen, mit derselben tiefen Reue. Das Kind warf sich dann auf den Fußboden mit einer solchen Gier nach Züchtigung, daß man ihm wohl oder übel vergeben mußte.
Nach und nach gewann Hubertine die Herrschaft über Angelika. Sie mit ihrem gutmütigen Herzen, ihrem zugleich starken und milden Wesen, ihrem rechtschaffenen Sinn und dem steten Gleichgewicht ihrer Seele war zu dieser Erziehung wie geschaffen. Sie lehrte Angelika Pflicht und Gehorsam und daß der Leidenschaft und dem Zorn gegenüber gehorchen leben heiße. Man müsse Gott, den Eltern, den Vorgesetzten gehorchen, kurz sie führte dem Kinde ein ganzes Register von zu achtenden Persönlichkeiten vor; ein Ungehorsam gegen diese heiße ein entartetes und lasterhaftes Leben führen. Um sie Demut zu lernen, befahl Hubertine ihr bei jeder Auflehnung als Strafe eine untergeordnete Beschäftigung an; sie ließ sie das Geschirr reinigen und die Küche ausscheuern. Dann blieb sie dabei stehen und hielt sie über die Dielen gebeugt, bis die Wut, die hatte aufschäumen wollen, sich vollständig gelegt hatte, die Leidenschaftlichkeit dieses Kindes beunruhigte sie, ebenso sehr aber das Feuer und die Heftigkeit seiner Liebkosungen. Mehrmal hatte sie Angelika dabei angetroffen, wie sie sich selbst die Hände küßte. Sie sah sie für Bilder, kleine Darstellungen von Heiligen, für Jesusbilder, die sie sammelte, erglühen. Eines Abends fand sie sie in Tränen und bewußtlos, der Kopf ruhte auf dem Tische und der Mund auf den Bildern. Es gab einen fürchterlichen Auftritt, als man sie ihr nahm, Tränen und Geschrei, als ziehe man ihr die Haut vom Leibe. Von da an hielt Hubertine sie streng, sie litt nicht mehr ihr Alleinsein, überlud sie mit Arbeiten, ließ Stillschweigen und Kühle um sie her entstehen, sobald sie Angelika sich aufregen und ihre Augen glänzen, ihre Wangen sich röten sah.
Hubertine hatte übrigens in dem Buche der Armenpflege einen wirksamen Helfer entdeckt. Alle drei Monate, wenn der Steuereinnehmer seinen Namen darin unterschrieb, blieb Angelika bis zum Abend verstimmt. Das Blut schoß ihr zum Herzen, wenn sie eine Spule Goldfäden aus der Truhe nahm und das Buch dort bemerkte. An einem Tage wildester Wut, wo man ihr durch nichts beikommen konnte, blieb sie wie leblos vor dem unansehnlichen Hefte stehen, das sie erblickte, als sie in der Schublade alles von oben nach unten kehrte. Heftiges Schluchzen erstickte sie fast, sie warf sich den Hubert zu Füßen, demütigte sich und stotterte, sie hätten unrecht getan, sie aufzunehmen, sie verdiene nicht, ihr Brot zu essen. Von jenem Tage an hielt sie oft die Erinnerung an ihr Buch vor Ausbrüchen des Zornes zurück.