Der Verstoßene - J. R. Ward - E-Book

Der Verstoßene E-Book

J. R. Ward

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Beschreibung

Die Liebe zwischen der Auserwählten Layla und dem Verräter Xcor droht die Bruderschaft der Black Dagger zu spalten. Doch selbst wenn es einen Weg für die beiden geben könnte – der Preis dafür ist zu hoch. Denn als ein uralter und gefährlicher Feind nach Caldwell zurückkehrt und ein neuer Feind aus den Schatten tritt, ist nichts mehr sicher in der Welt der Vampire. Nicht einmal mehr wahre Liebe … oder Schicksale, die einst in Stein gemeißelt schienen.

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Seitenzahl: 406

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Das Buch

Die Liebe zwischen der schönen Auserwählten Layla und dem ehemaligen Verräter Xcor droht die Bruderschaft der BLACK DAGGER zu spalten: Während Vampirkönig Wrath Xcors Treueschwur akzeptiert, wollen die Krieger Qhuinn und Tohr endlich Vergeltung an ihm üben. Doch selbst, wenn es Xcor gelingen sollte, der Rache der Bruderschaft zu entgehen, hat seine Beziehung zu Layla keine Chance. Als Gegenleistung dafür, dass er seinen Treueschwur annimmt und sein Leben verschont, verlangt Wrath von Xcor ins Alte Land zurückzukehren – ohne Layla! So bleiben den beiden nur wenige Tage, um ihre Liebe zu genießen und gemeinsame Erinnerungen für eine Zukunft zu sammeln, die sie getrennt voneinander verbringen müssen. Doch als ein Geheimnis aus Xcors Vergangenheit aufgedeckt wird und ein uralter Feind der Bruderschaft erneut angreift, ist nichts mehr sicher in der Welt der Vampire. Nicht einmal mehr wahre Liebe … oder Schicksale, die einst in Stein gemeißelt schienen.

Die Autorin

J. R. Ward begann bereits während des Studiums mit dem Schreiben. Nach dem Hochschulabschluss veröffentlichte sie die BLACK DAGGER-Serie, die in kürzester Zeit die amerikanischen Bestsellerlisten eroberte. Die Autorin lebt mit ihrem Mann in Kentucky und gilt seit dem überragenden Erfolg der Serie als Star der romantischen Mystery.

Ein ausführliches Werkverzeichnis aller von J. R. Ward im Wilhelm Heyne Verlag erschienenen Bücher finden Sie am Ende des Bandes.

Mehr über Autorin und Werk erfahren Sie unter:

www.jrward.com

J.R.Ward

Der Verstoßene

Ein BLACK DAGGER-Roman

Wilhelm Heyne Verlag

München

Titel der Originalausgabe:

THE CHOSEN (Part 2)

Aus dem Amerikanischen von Corinna Vierkant

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Deutsche Erstausgabe 04/2018

Redaktion: Bettina Spangler

Copyright © 2017 by Love Conquers All, Inc.

Copyright © 2018 der deutschen Ausgabe

und der Übersetzung by

Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlaggestaltung: Animagic, Bielefeld

Autorenfoto © by John Rott

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN 978-3-641-21527-9V002

www.heyne.de

Gewidmet:

Euch.

Nach all der Zeit

endlich auserwählt.

Willkommen zu Hause.

Danksagung

Ein großes Dankeschön allen Lesern der Bruderschaft der Black Dagger!

Vielen Dank für all die Unterstützung und die Ratschläge an: Steven Axelrod und Kara Welsh. Danke auch allen Mitarbeitern von Ballantine – diese Bücher sind echte Teamarbeit!

Alles Liebe an das Team Waud – ihr wisst, wer gemeint ist. Ohne euch käme die Sache gar nicht zustande.

Nichts von alledem wäre möglich ohne: meinen liebevollen Ehemann, der mir mit Rat und Tat zur Seite steht, sich um mich kümmert und mich an seinen Visionen teilhaben lässt; meine wunderbare Mutter, die mir mehr Liebe geschenkt hat, als ich ihr je zurückgeben kann; meine Familie (die blutsverwandte wie auch die frei gewählte) und meine liebsten Freunde.

Ach ja, und meinem WriterAssistant Naamah.

Glossar der Begriffe und Eigennamen

 Ahstrux nohtrum– Persönlicher Leibwächter mit Lizenz zum Töten, der vom König ernannt wird.

 Die Auserwählten– Vampirinnen, deren Aufgabe es ist, der Jungfrau der Schrift zu dienen. Sie werden als Angehörige der Aristokratie betrachtet, obwohl sie eher spirituell als weltlich orientiert sind. Nachdem sie aus dem Heiligtum befreit wurden, gehen sie zunehmend eigene Wege und lösen sich von den kultartigen Einschränkungen ihrer traditionellen Rolle. In der Vergangenheit dienten sie alleinstehenden Brüdern zum Stillen ihres Blutbedürfnisses. Diese Praxis wurde von den Brüdern wieder aufgenommen.

 Bannung– Status, der einer Vampirin der Aristokratie auf Gesuch ihrer Familie durch den König auferlegt werden kann. Unterstellt die Vampirin der alleinigen Aufsicht ihres Hüters, üblicherweise der älteste Mann des Haushalts. Ihr Hüter besitzt damit das gesetzlich verbriefte Recht, sämtliche Aspekte ihres Lebens zu bestimmen und nach eigenem Gutdünken jeglichen Umgang zwischen ihr und der Außenwelt zu regulieren.

 Die Bruderschaft der Black Dagger– Die Brüder des Schwarzen Dolches. Speziell ausgebildete Vampirkrieger, die ihre Spezies vor der Gesellschaft der Lesser beschützen. Infolge selektiver Züchtung innerhalb der Rasse besitzen die Brüder ungeheure physische und mentale Stärke sowie die Fähigkeit zur extrem raschen Heilung. Die meisten von ihnen sind keine leiblichen Geschwister; neue Anwärter werden von den anderen Brüdern vorgeschlagen und daraufhin in die Bruderschaft aufgenommen. Die Mitglieder der Bruderschaft sind Einzelgänger, aggressiv und verschlossen. Sie pflegen wenig Kontakt zu Menschen und anderen Vampiren, außer um Blut zu trinken. Viele Legenden ranken sich um diese Krieger, und sie werden von ihresgleichen mit höchster Ehrfurcht behandelt. Sie können getötet werden, aber nur durch sehr schwere Wunden wie zum Beispiel eine Kugel oder einen Messerstich ins Herz.

 Blutsklave– Männlicher oder weiblicher Vampir, der unterworfen wurde, um das Blutbedürfnis eines anderen zu stillen. Die Haltung von Blutsklaven wurde vor Kurzem gesetzlich verboten.

 Chrih– Symbol des ehrenhaften Todes in der alten Sprache.

 Doggen– Angehörige(r) der Dienerklasse innerhalb der Vampirwelt. Doggen pflegen im Dienst an ihrer Herrschaft altertümliche, konservative Sitten und folgen einem formellen Bekleidungs- und Verhaltenskodex. Sie können tagsüber aus dem Haus gehen, altern aber relativ rasch. Die Lebenserwartung liegt bei etwa fünfhundert Jahren.

 Dhunhd– Hölle.

 Ehros– Eine Auserwählte, die speziell in der Liebeskunst ausgebildet wurde.

 Exhile Dhoble– Der böse oder verfluchte Zwilling, derjenige, der als Zweiter geboren wird.

 Gesellschaft der Lesser– Orden von Vampirjägern, der von Omega zum Zwecke der Auslöschung der Vampirspezies gegründet wurde.

 Glymera– Das soziale Herzstück der Aristokratie, sozusagen die »oberen Zehntausend« unter den Vampiren.

 Gruft– Heiliges Gewölbe der Bruderschaft der Black Dagger. Sowohl Ort für zeremonielle Handlungen als auch Aufbewahrungsort für die erbeuteten Kanopen der Lesser. Hier werden unter anderem Aufnahmerituale, Begräbnisse und Disziplinarmaßnahmen gegen Brüder durchgeführt. Niemand außer Angehörigen der Bruderschaft, der Jungfrau der Schrift und Aspiranten hat Zutritt zur Gruft.

 Hellren– Männlicher Vampir, der eine Partnerschaft mit einer Vampirin eingegangen ist. Männliche Vampire können mehr als eine Vampirin als Partnerin nehmen.

 Hohe Familie– König und Königin der Vampire sowie all ihre Kinder.

 Hüter– Vormund eines Vampirs oder einer Vampirin. Hüter können unterschiedlich viel Autorität besitzen, die größte Macht übt der Hüter einer gebannten Vampirin aus.

 Jungfrau der Schrift– Mystische Macht, die dem König als Beraterin dient sowie die Vampirarchive hütet und Privilegien erteilt. Existierte in einer jenseitigen Sphäre und besaß umfangreiche Kräfte. Gab ihre Stellung zugunsten einer Nachfolge auf.

 Leahdyre– Eine mächtige und einflussreiche Person.

 Lesser– Ein seiner Seele beraubter Mensch, der als Mitglied der Gesellschaft der Lesser Jagd auf Vampire macht, um sie auszurotten. Die Lesser müssen durch einen Stich in die Brust getötet werden. Sie altern nicht, essen und trinken nicht und sind impotent. Im Laufe der Jahre verlieren ihre Haare, Haut und Iris ihre Pigmentierung, bis sie blond, bleich und weißäugig sind. Sie riechen nach Talkum. Aufgenommen in die Gesellschaft werden sie durch Omega. Daraufhin erhalten sie ihre Kanope, ein Keramikgefäß, in dem sie ihr aus der Brust entferntes Herz aufbewahren.

 Lewlhen– Geschenk.

 Lheage– Respektsbezeichnung einer sexuell devoten Person gegenüber einem dominanten Partner.

 Lhenihan– Ein mystisches Biest bekannt für seine sexuelle Leistungsfähigkeit. In modernem Slang bezieht es sich auf einen Vampir von übermäßiger Größe und Ausdauer.

 Lielan– Ein Kosewort, frei übersetzt in etwa »mein Liebstes«.

 Lys– Folterwerkzeug zur Entnahme von Augen.

 Mahmen– Mutter. Dient sowohl als Bezeichnung als auch als Anrede und Kosewort.

 Mhis– Die Verhüllung eines Ortes oder einer Gegend; die Schaffung einer Illusion.

 Nalla oder Nallum– Kosewort. In etwa »Geliebte(r)«.

 Novizin– Eine Jungfrau.

 Omega– Unheilvolle mystische Gestalt, die sich aus Groll gegen die Jungfrau der Schrift die Ausrottung der Vampire zum Ziel gesetzt hat. Existiert in einer jenseitigen Sphäre und hat weitreichende Kräfte, wenn auch nicht die Kraft zur Schöpfung.

 Phearsom– Begriff, der sich auf die Funktionstüchtigkeit der männlichen Geschlechtsorgane bezieht. Die wörtliche Übersetzung lautet in etwa »würdig, in eine Frau einzudringen«.

 Princeps– Höchste Stufe der Vampiraristokratie, untergeben nur den Mitgliedern der Hohen Familie und den Auserwählten der Jungfrau der Schrift. Dieser Titel wird vererbt; er kann nicht verliehen werden.

 Pyrokant– Bezeichnet die entscheidende Schwachstelle eines Individuums, sozusagen seine Achillesferse. Diese Schwachstelle kann innerlich sein, wie zum Beispiel eine Sucht, oder äußerlich, wie ein geliebter Mensch.

 Rahlman– Retter.

 Rythos– Rituelle Prozedur, um verlorene Ehre wiederherzustellen. Der Rythos wird von dem Vampir gewährt, der einen anderen beleidigt hat. Wird er angenommen, wählt der Gekränkte eine Waffe und tritt damit dem unbewaffneten Beleidiger entgegen.

 Schleier– Jenseitige Sphäre, in der die Toten wieder mit ihrer Familie und ihren Freunden zusammentreffen und die Ewigkeit verbringen.

 Shellan– Vampirin, die eine Partnerschaft mit einem Vampir eingegangen ist. Vampirinnen nehmen sich in der Regel nicht mehr als einen Partner, da gebundene männliche Vampire ein ausgeprägtes Revierverhalten zeigen.

 Symphath– Eigene Spezies innerhalb der Vampirrasse, deren Merkmale die Fähigkeit und das Verlangen sind, Gefühle in anderen zu manipulieren (zum Zwecke eines Energieaustauschs). Historisch wurden die Symphathen oft mit Misstrauen betrachtet und in bestimmten Epochen auch von den anderen Vampiren gejagt. Sind heute nahezu ausgestorben.

 Trahyner– Respekts- und Zuneigungsbezeichnung unter männlichen Vampiren. Bedeutet ungefähr »geliebter Freund«.

 Transition– Entscheidender Moment im Leben eines Vampirs, wenn er oder sie ins Erwachsenenleben eintritt. Ab diesem Punkt müssen sie das Blut des jeweils anderen Geschlechts trinken, um zu überleben, und vertragen kein Sonnenlicht mehr. Findet normalerweise mit etwa Mitte zwanzig statt. Manche Vampire überleben ihre Transition nicht, vor allem männliche Vampire. Vor ihrer Transition sind Vampire von schwächlicher Konstitution und sexuell unreif und desinteressiert. Außerdem können sie sich noch nicht dematerialisieren.

 Triebigkeit– Fruchtbare Phase einer Vampirin. Üblicherweise dauert sie zwei Tage und wird von heftigem sexuellem Verlangen begleitet. Zum ersten Mal tritt sie etwa fünf Jahre nach der Transition eines weiblichen Vampirs auf, danach im Abstand von etwa zehn Jahren. Alle männlichen Vampire reagieren bis zu einem gewissen Grad auf eine triebige Vampirin, deshalb ist dies eine gefährliche Zeit. Zwischen konkurrierenden männlichen Vampiren können Konflikte und Kämpfe ausbrechen, besonders wenn die Vampirin keinen Partner hat.

 Vampir– Angehöriger einer gesonderten Spezies neben dem Homo sapiens. Vampire sind darauf angewiesen, das Blut des jeweils anderen Geschlechts zu trinken. Menschliches Blut kann ihnen zwar auch das Überleben sichern, aber die daraus gewonnene Kraft hält nicht lange vor. Nach ihrer Transition, die üblicherweise etwa mit Mitte zwanzig stattfindet, dürfen sie sich nicht mehr dem Sonnenlicht aussetzen und müssen sich in regelmäßigen Abständen aus der Vene ernähren. Entgegen einer weitverbreiteten Annahme können Vampire Menschen nicht durch einen Biss oder eine Blutübertragung »verwandeln«; in seltenen Fällen aber können sich die beiden Spezies zusammen fortpflanzen. Vampire können sich nach Belieben dematerialisieren, dazu müssen sie aber ganz ruhig werden und sich konzentrieren; außerdem dürfen sie nichts Schweres bei sich tragen. Sie können Menschen ihre Erinnerung nehmen, allerdings nur, solange diese Erinnerungen im Kurzzeitgedächtnis abgespeichert sind. Manche Vampire können auch Gedanken lesen. Die Lebenserwartung liegt bei über eintausend Jahren, in manchen Fällen auch höher.

 Vergeltung– Akt tödlicher Rache, typischerweise ausgeführt von einem Mann im Dienste seiner Liebe.

 Wanderer– Ein Verstorbener, der aus dem Schleier zu den Lebenden zurückgekehrt ist. Wanderern wird großer Respekt entgegengebracht, und sie werden für das, was sie durchmachen mussten, verehrt.

 Whard– Entspricht einem Patenonkel oder einer Patentante.

 Zwiestreit– Konflikt zwischen zwei männlichen Vampiren, die Rivalen um die Gunst einer Vampirin sind.

1

Als der Morgen graute – zumindest war es laut Digitaluhr auf dem Nachttisch dafür an der Zeit –, zuckte ein letzter Rest von Schmerz durch Xcors geschundenen Körper.

Kaum vorstellbar, wo er noch vor vierundzwanzig Stunden gewesen war.

Wäre ihm zu dem Zeitpunkt ein Engel erschienen und hätte ihm prophezeit, dass er in der nächsten Nacht nicht mehr an der Schwelle zum Tod stehen, sondern in einem sicheren Haus der Bruderschaft neben Layla im Bett liegen würde, er hätte es nicht für möglich gehalten.

Auch nicht, wenn die Jungfrau der Schrift persönlich es ihm verkündet hätte.

Er betrachtete die Auserwählte. Sie lag auf seine Brust gebettet, die beste Decke, die man sich vorstellen konnte. Und das Schönste daran? Mal abgesehen davon, dass er sexuell restlos befriedigt war, genau wie sie?

Sie schlief tief und fest. Seine Geliebte war völlig entspannt, ihr Körper träge und gelöst, ihr Atem gleichmäßig, die Lider geschlossen, als wäre es eine ganze Weile her, seit sie sich das letzte Mal anständig ausgeruht hatte.

Dass sie so gut schlief, war aus mehreren Gründen von Bedeutung für ihn, vor allem, weil sie niemals so friedlich schlummern hätte können, hätte sie sich in seiner Obhut nicht sicher gefühlt. Beschützt. Gegen alle Gefahren und Bedrohungen gefeit.

Für einen gebundenen Vampir hatte die Sicherheit der Geliebten oberste Priorität, ihr Vertrauen in ihn war sein größter Stolz, ihr Wohlergehen das höchste Ziel.

Ihr zu dienen war der heiligste und schönste Zweck seines Daseins, und es schmerzte, dass er sich nicht lang an dieser Aufgabe würde erfreuen können.

Doch Wrath hatte recht mit seiner Forderung, Xcors Krieger auf den königlichen schwarzen Diamanten schwören zu lassen, wie es ihr Anführer getan hatte, bevor er die gesamte Bande per Dekret ins Alte Land verbannte. Xcors Kämpfer waren Diebe und Verbrecher mit Prinzipien. Wenn er ihnen befahl, dem Blinden König Gefolgschaft zu schwören, würden sie sich fügen und ihr Wort auch halten, wenngleich sie nicht der Schwur an Wrath band. Sie würden es aus Loyalität gegenüber Xcor tun.

Für ihn allein würden sie ihr Leben geben.

Doch das würden ihm die Brüder nicht glauben. Die Bruderschaft ließ sich nur überzeugen, wenn Xcors Krieger Wrath die Treue schworen – und selbst dieser Friede wäre ein wackliges Konstrukt.

Deshalb mussten Xcor und seine Bande die Neue Welt verlassen.

Aber wie sollte er seine Männer finden? Caldwell war eine große Stadt, es war schon schwer, jemanden zu treffen, der nichts dagegen hatte, gesehen zu werden. Aber eine Gruppe von Vampirkriegern aufzuspüren, die sich Nacht und Tag im Verborgenen hielten, war so gut wie unmöglich.

Wenn sie nicht ohnehin längst über den Atlantik zurückgereist waren.

Mit einem leisen Seufzen wechselte Layla die Position und legte den Kopf auf seinen Arm. Um sie zu beruhigen, streichelte er langsam über ihren Rücken.

Er wusste, dass er die Augen schließen und ihrem Beispiel folgen sollte, doch das war aussichtslos. Glücklicherweise war er es gewohnt, ohne Schlaf auszukommen.

Als er so mit seiner Geliebten im Dunkeln lag, staunte Xcor erneut darüber, wie tiefgreifend sie ihn verwandelt hatte. Seine Gedanken wanderten zurück in die Vergangenheit.

Es fiel ihm schwer, sich auszumalen, was aus ihm geworden wäre, hätte er in jener Nacht in jenem Wald nicht versucht, diese Gruppe von Kriegern am Feuer zu bestehlen. Noch schwerer war es, diese folgenschwere Entscheidung nicht zu bereuen.

Denn etwas Böses hatte ihn aufgespürt …

Der Bloodletter.

Gütige Jungfrau der Schrift, hatte Xcor gedacht und zu dem riesenhaften Vampir aufgeblickt, der wie aus dem Nichts im Wald erschienen war und ihn zu Boden gestoßen hatte. Allem Anschein nach waren die Vampire, die Xcor bestehlen wollte und letztlich töten musste… ein Trupp des Bloodletters gewesen.

Dafür würde er mit dem Leben bezahlen.

»Hast du mir gar nichts zu sagen«, herrschte ihn der Krieger an, der bedrohlich vor ihm aufragte. »Möchtest du dich nicht dafür entschuldigen, dass du mir solchen Schaden verursacht hast?«

Der Wind hatte aufgefrischt. Der Bloodletter wandte sich ab und sammelte den Kopf ein, den Xcor mit der Sense vom Rumpf seines Besitzers getrennt hatte. Als er ihn bei den Haaren hochhob, schaukelte er im Wind, und Blut troff aus dem offenen Hals.

»Hast du eine Ahnung, wie lange es dauert, einen wie ihn auszubilden?« Er klang in erster Linie verärgert. »Jahre. Du hast in einer Nacht– in einem einzigen Kampf– zunichtegemacht, was mich eine Menge Zeit und Aufwand gekostet hat.«

Damit warf er den Kopf wieder von sich, und Xcor sah erschaudernd zu, wie er ins Unterholz hüpfte.

»Du«, der Bloodletter deutete auf ihn, »wirst mich dafür entschädigen.«

»Nein.«

Einen Augenblick wirkte der Bloodletter verblüfft. Doch dann lächelte er und zeigte dabei alle Zähne. »Was sagst du?«

»Es gibt keine Entschädigung.« Xcor stand auf.

Der Bloodletter warf den Kopf in den Nacken. Sein Lachen hallte durch den Wald und schreckte eine Eule über ihnen und einen Hirsch in der Nähe auf.

»Bist du am Ende verrückt? Ist es der Wahnsinn, der dir solche Kräfte verleiht?«

Xcor beugte sich langsam zur Seite und hob die Sense wieder auf. Seine Hände waren verschwitzt, und der Griff war rutschig, aber er hielt sich mit aller Kraft an der Waffe fest.

»Ich weiß, wer du bist«, flüsterte Xcor.

»Ach, ja? Dann erzähl doch mal.«

Wieder grinste der Bloodletter blutrünstig, und der Wind fuhr in sein langes geflochtenes Haar. »Ich vernehme gern von meinen Heldentaten aus den Mündern anderer– bevor ich sie töte und ihre Leichen ficke. Sag mir, ist es das, was du von mir gehört hast?« Der Bloodletter kam einen Schritt auf ihn zu. »Na? Ist es das, was du so fürchtest? Keine Sorge, du wirst nichts mehr fühlen. Es sei denn, ich nehme dich doch noch atmend. Dann erfährst du den Schmerz der Kapitulation, das verspreche ich dir.«

Er war eine Ausgeburt des Bösen, ein fleischgewordener Dämon, der auf die Erde gekommen war, um unbefleckte Seelen zu foltern und zu quälen.

»Du und deine Männer seid selber Diebe.« Xcor verfolgte jede kleinste Regung an seinem Gegenüber, wie sich seine Hände schlossen, wie er das Gewicht von einem Bein aufs andere verlagerte. »Ihr schändet Frauen und lebt nach eigenen Gesetzen, ihr dient nicht dem einzig wahren König.«

»Glaubst du, Wrath wird dir zu Hilfe eilen? Wirklich?« Demonstrativ blickte sich der Bloodletter um. »Glaubst du, dein gütiger Herrscher erscheint hier im Wald, setzt sich für dich ein und schützt dich vor mir? Deine Loyalität ist lobenswert– doch sie wird dich nicht vor mir bewahren.«

Das metallische Knirschen hallte wie ein Schrei durch die Nacht, als der Bloodletter eine Klinge zog, die fast so lang war wie das Blatt seiner Sense.

»Immer noch der treue Gefolgsmann?«, höhnte er. »Ist dir eigentlich bewusst, dass niemand weiß, wo der König steckt? Dass er verschwunden ist, seit seine Eltern abgeschlachtet wurden? Ich fürchte also, es kommt kein König zu deiner Rettung.« Ein pulsierendes Knurren drang aus seiner Kehle. »Und auch sonst niemand.«

»Ich rette mich selbst.«

In dem Moment verloren die Wolken den Kampf, und der Wind riss ein Loch in die schwere Decke. Helles Mondlicht fiel durch die Öffnung, so hell wie das Tageslicht, das Xcor seit seiner Transition nicht mehr gesehen hatte.

Der Bloodletter hielt inne. Dann neigte er den Kopf.

Eine Weile war es still, und nichts rührte sich, außer den Zweigen der Bäume und Büsche.

Schließlich… steckte er den Dolch wieder weg.

Xcor senkte seine Waffe nicht. Er verstand nicht, was geschah, doch er wusste, dass man keinem Feind trauen durfte– und dieser gefürchtete Krieger war sein Feind, dafür hatte Xcor gesorgt, indem er sich so erfolgreich gegen seine Männer verteidigt hatte.

»Dann komm mit mir.«

Erst meinte Xcor, sich verhört zu haben. Die Worte ergaben keinen Sinn. »Lieber sterbe ich, als dir zu folgen. Das kommt ohnehin aufs Gleiche hinaus.«

»Nein, du kommst mit. Ich bringe dir die Kriegskunst bei, und du wirst an meiner Seite dienen.«

»Warum sollte ich das tun?«

»Weil es dein Schicksal ist.«

»Du kennst mich doch gar nicht.«

»Ich weiß genau, wer du bist.« Der Bloodletter deutete mit dem Kinn auf den geköpften Krieger. »Das erklärt auch, was hier geschehen ist.«

Xcor runzelte die Stirn. Sein Herz schlug plötzlich schneller, aber nicht aus Angst. »Was erzählst du für Lügen.«

»Dein Gesicht lässt keinen Zweifel. Ich habe dich für ein Gerücht gehalten, für Weibergeschwätz. Aber nicht mit diesem Kampfgeschick und dieser Lippe. Du kommst mit mir. Ich werde dich ausbilden und gegen die Gesellschaft der Lesser einsetzen.«

»Ich bin… ein gewöhnlicher Dieb. Kein Krieger.«

»Ich kenne keinen Dieb, der sich gegen meine Männer behaupten kann. Der Beweis liegt auf der Hand. Versuche nur, es abzustreiten, aber du wurdest zum Krieger geboren, für den Kampf gezüchtet. Du warst verschollen, doch jetzt habe ich dich wiedergefunden.«

Xcor schüttelte den Kopf. »Ich gehe nicht mit dir, niemals… ich werde nicht…«

»Du bist mein Sohn.«

Jetzt ließ Xcor die Sense sinken. Tränen schossen ihm in die Augen, doch er blinzelte dagegen an, entschlossen, keine Schwäche zu zeigen.

»Du kommst mit«, wiederholte der Bloodletter. »Ich unterrichte dich in der Kriegskunst. Ich werde dich härten, wie man Stahl im Feuer härtet, und du wirst mich nicht enttäuschen.«

»Kennst du meine Mahmen noch?«, fragte Xcor kraftlos. »Wo ist sie?«

»Sie will nichts mit dir zu schaffen haben. Sie wollte dich noch nie.«

Das stimmt, dachte Xcor. So hatte es ihm das Kindermädchen erzählt.

»Deshalb kommst du jetzt mit. Ich werde den Weg für dein Schicksal ebnen. Du wirst mein Nachfolger sein… wenn du die Ausbildung überlebst.«

Xcor kehrte in die Gegenwart zurück, indem er die Augen aufschlug, die er unbewusst geschlossen hatte. In vielen Dingen hatte der Bloodletter recht behalten, in einigen nicht.

Die Ausbildung im Kriegerlager war grausamer gewesen, als Xcor auch nur hatte ahnen können. Die Kämpfer stritten sich erbittert um das wenige Essen und die kargen Wasservorräte und wurden zur Belustigung aufeinandergehetzt. Es war ein von Brutalität bestimmtes Dasein, und im Laufe der Nächte, Wochen und Monate bewirkte es genau das, was der Bloodletter vorhergesagt hatte.

Nach fünf Jahren war Xcor hart wie Stahl, seine Fähigkeit zur Anteilnahme war verkümmert, seine Gefühle waren verroht. Die Grausamkeiten, erst beobachtet, dann selbst verübt, türmten sich zu einem Berg, der seine wahre Natur unter sich begrub.

Sadismus kann man lernen. Xcor war der lebende Beweis dafür.

Und Sadismus überträgt sich von einer Person auf die andere. Xcor tat Throe das Gleiche an, was ihm der Bloodletter angetan hatte, und quälte den Aristokraten mit Demütigungen, Prüfungen und Beleidigungen – mit ganz ähnlichen Folgen: Auch Throe bestand die Proben, doch er wurde ebenfalls dadurch verdorben.

So pflanzte sich das Muster fort, aber anders als Xcor wurde Throe durch keine ausgleichende Kraft gemäßigt. Sein Ehrgeiz bestand uneingeschränkt fort.

Zumindest war es vor Xcors Gefangennahme so gewesen – und nichts wies darauf hin, dass es sich inzwischen geändert hatte.

Darum hatte Xcor den König vor Throe gewarnt.

Er streichelte Laylas Schulter und staunte erneut darüber, welche Wirkung sie auf ihn hatte. Wie sie seinen Panzer aus Aggression und Feindseligkeit durchdrang und den Mann darunter erreichte, den wahren Xcor.

Den Xcor, der ihm schon vor so langer Zeit abhandengekommen war.

Sie verwandelte ihn in sein altes Ich, sie war der Rücksetzmechanismus, der ihn wieder zu dem Vampir machte, der er vor seiner schicksalhaften Begegnung mit dem Bloodletter gewesen war.

Plötzlich stand ihm das Bild dieses furchterregenden Kriegers vor Augen, als hätte er ihn erst vergangene Nacht gesehen. Die wulstige Stirn, die stechenden Augen, das hervorspringende Kinn, der Stiernacken, die Leibesfülle und Kraft dieses mächtigen Vampirs. Er war von riesenhafter Gestalt gewesen, eine Naturgewalt, die das Donnern eines Sommergewitters genauso in den Schatten gestellt hatte wie das eisige Toben eines Schneesturms.

Und er war ein Lügner gewesen.

Xcor wusste nicht, wer sein Vater war, aber der Bloodletter war es nicht. Das hatte er von der wahren Nachfahrin des Bloodletter erfahren.

Er schüttelte den Kopf auf dem weichen Kissen, um seine Gedanken zu klären.

Wie die meisten Waisen hatte er sich immer gefragt, wer seine Eltern waren. Selbst wenn sie nichts mit ihm zu tun haben wollten und er keine Beziehung zu ihnen aufbauen konnte, wollte er zumindest ihre Namen kennen.

Es war nicht leicht zu erklären, aber er hatte immer das Gefühl gehabt, dass ihn die Erdanziehungskraft nicht ganz erfasste, dass seinem Körper die Schwere fehlte. Im Rückblick erkannte er, dass er durch den fehlenden Halt ein leichtes Opfer für den Bloodletter und seine zerstörerische Ideologie von Chaos und Tod gewesen war.

Wer keinen eigenen inneren Kompass besitzt, orientiert sich eben an dem eines anderen.

Doch kein Lehrmeister war so niederträchtig und gemein gewesen wie das Monster, dem er sich angeschlossen hatte.

Das bereute er zutiefst.

Der Bloodletter hatte behauptet, seine Kämpfer zum Schutz der Vampire zu stählen, doch es hatte sich schnell offenbart, dass er vor allem seinen eigenen Blutdurst stillte. Dennoch hatte Xcor alles mitgemacht. Nachdem er ein erstes Mal väterlichen Stolz zu spüren bekommen hatte, so pervers er sich auch manifestierte, konnte er nicht genug davon bekommen. Die Anerkennung des Bloodletter war seine Droge geworden, der Stoff, den er brauchte, um seine innere Leere zu füllen.

Dabei war die Vaterschaft bloß ein Lügengespinst gewesen, wie sich später herausgestellt hatte. Ein Betrug, der durch ein unerwartetes Ereignis ans Licht gekommen war.

Als sich diese Illusion in Luft auflöste, hatte Xcor das Gefühl gehabt, ein drittes Mal verlassen worden zu sein: erst von seiner Mahmen bei der Geburt, dann von seinem Kindermädchen und schließlich von dem Krieger, der sich einzig und allein aus dem Grund als sein Vater ausgegeben hatte, um ihn in sein Lager zu locken. Dass er nicht sein Vater war, hatte Xcor aus sicherer Quelle erfahren.

Von einem seiner wahren Kinder, Vs Zwillingsschwester Payne. Sie hatte den Bloodletter getötet.

Und die Lüge aus der Welt geschafft.

Aber das war in Ordnung, dachte Xcor. Seit er seine große Liebe gefunden hatte, waren all diese Fragen nicht mehr von Belang. Er wollte nicht länger nach einer Familie suchen, die ihn nie gewollt hatte – und die es deshalb für ihn auch nicht gab. Er suchte nicht mehr nach äußeren Quellen, um seine innere Zisterne zu füllen. Er wollte sich wieder an seinem eigenen Wertesystem orientieren.

Und indem er die Suche nach etwas aufgegeben hatte, das nicht existierte, hatte er aus sich selbst heraus zum richtigen Weg gefunden, und das war … schön.

Es war schön, ganz zu sein.

Es war schön, sich ohne Einschränkungen oder Zögern einer Frau von Wert hinzugeben, die er aus tiefstem Herzen liebte.

Xcor runzelte die Stirn. Gütiger Schleier, wie sollte er Layla verlassen? Doch sein Schicksal war besiegelt. Auch wenn er sich gebessert hatte und auf dem richtigen Weg war, seine Verbrechen aus der Vergangenheit ließen sich nicht ungeschehen machen, seine Schulden nicht tilgen. Er musste bezahlen.

Außerdem war er Laylas unwürdig und würde es immer sein. Hätte ihn der König nicht verbannt, wäre er freiwillig gegangen.

Sie würden einfach das Beste aus der Zeit machen, die ihnen noch vergönnt war.

Und das musste für den Rest seines Lebens reichen.

2

Als sich am darauffolgenden Abend die Nacht über Caldwell senkte, wollte Blay auf die Veranda, um die erste Zigarette nach dem Aufwachen zu rauchen. Er war bestens organisiert. Er hatte seinen Thermobecher dabei, gefüllt mit Dunkin-Donut-Kaffee, den seine Mahmen über das Internet bezog, und die Dunhills – die er rationieren musste, weil nur noch sechs übrig waren. Außerdem steckten in seinem Parka mehr Daunen als in sämtlichen Kissen des Haushalts.

Ja, es war ein guter Plan. Koffein und Nikotin waren von entscheidender Bedeutung, wenn man über den Tag hinweg nie länger als fünfzehn Minuten am Stück geschlafen hatte und seine miese Laune nicht an seiner Umwelt auslassen wollte.

Leider bekam er die Tür nicht auf und musste sich mit der Schulter dagegenstemmen.

Im nächsten Moment fegte ihm der Schnee ins Gesicht.

Fluchend wich er zurück und zog die Tür wieder zu. »Wahnsinn, was für ein Wetter …«

In der Küche schepperte es laut, und irgendeine Pfanne oder ein Blech hallte wider wie ein Beckenschlag.

»Mom?«, rief er. Er vergaß seinen chemischen Kickstart und eilte in die Küche.

Seine Mahmen lag vor dem Herd, und ihr Fuß war in unnatürlichem Winkel verdreht. Der Nusszopf, den sie in den Backofen hatte schieben wollen, lag auf den Fliesen, einen Meter von dem Backblech entfernt, von dem er gerutscht war.

Blay deponierte Kaffee und Zigaretten neben der Spüle und ging neben seiner Mutter in die Hocke. »Mahmen? Hast du dir den Kopf angeschlagen? Was ist passiert?«

Lyric setzte sich mit einer Grimasse auf und stützte sich auf den Ellbogen ab. »Ich wollte nur eben den Zopf in den Ofen schieben, bevor dein Vater zum Ersten Mahl herunterkommt.«

»Dein Kopf, hast du dir den Kopf gestoßen?« Blay strich ihr das Haar aus dem Gesicht und hoffte, dass darunter keine Platzwunde lauerte. »Wie viele Finger zeige ich dir?«

Sie stieß seine Hand weg. »Mir ist nichts passiert, Blay. Himmel noch mal, meinem Kopf geht es gut.«

Blay setzte sich auf die Hacken. Seine Mahmen trug wie üblich Jeans und einen roten Pullover mit einer weißen Stehkragenbluse darunter, sodass sie wie eine Mischung aus dem Weihnachtsmann und Mrs. Taylor aus Hör mal, wer da hämmert aussah. Und sie schien wirklich in Ordnung zu sein, ihre Augen waren wach, sie sah nicht übermäßig blass aus und wirkte verlegen, nicht traumatisiert.

»Blay, ich bin einfach nur auf dem Läufer ausgerutscht. Es ist nichts passiert.«

»Gut, dann darf ich schimpfen. Wo ist deine Beinschiene? Warum trägst du sie nicht?«

Auf einmal tat seine Mutter, als wäre ihr schwindlig. Sie blinzelte und streckte die Hände aus, als könnte sie nicht sehen. »Sind das zehn Finger? Oder zwölf?«

Als Blay sie vorwurfsvoll ansah, seufzte sie kleinlaut. »Die Schiene ist so unbequem, und hier ist es so eng. Zum Eierbraten wollte ich sie anziehen.«

»Bist du ausgerutscht, oder bist du umgeknickt?«

Ihr Schweigen verriet ihm, dass es Letzteres war. Blay sah sich ihren Fuß an, doch als er auch nur den Hausschuh berühren wollte, fauchte sie und wurde leichenblass. »Es geht mir gut«, sagte sie gepresst.

Er betrachtete ihre dünnen Lippen und die zitternden Hände. »Ich befürchte, du hast dir den Knöchel noch einmal verrenkt. Vielleicht ist auch etwas gebrochen, ich weiß es nicht.«

»Das wird schon wieder.«

»Weißt du, wie wütend mich dieser Satz macht? Qhuinn sagt das auch immer, wenn er …« Blay unterbrach sich und ignorierte den Blick seiner Mahmen. »Kannst du dich dematerialisieren? Ich denke, Doc Jane sollte sich das ansehen. Nein, besser Manny, er ist der Knochenspezialist.«

»Blay, das ist doch nicht nötig.«

»Warum fragen wir nicht Dad, was er davon hält?« Als sich ihre Augen weiteten, sagte er gedehnt: »Oder du bist vernünftig und kommst widerspruchslos mit.«

Lyric sah verärgert aus, aber Blay wusste, dass er gewonnen hatte. Seit den Plünderungen war sein Vater überbesorgt, was seine Shellan betraf, und reagierte hysterisch auf die kleinsten Zipperlein – winzige Papierschnitte, Niednägel, angestoßene Zehen. Dementsprechend hatte es ihn beinahe um den Verstand gebracht, als Lyric vor ein paar Tagen beim Zeitungholen auf den Stufen vor der Haustür gestolpert war.

Und nun schien sie sich noch schlimmer verletzt zu haben als beim ersten Mal.

»Kannst du dich dematerialisieren?«, fragte Blay noch einmal.

»Hältst du das wirklich für nötig?«

»Die Frage kannst du dir selbst beantworten. Möchtest du versuchen aufzustehen?«

Seine Mutter blickte wütend auf ihren Fuß. »Ich wünschte, ich hätte die blöde Schiene getragen.«

»Ich auch.«

Sie runzelte die Stirn. »Wie soll ich zur Klinik im Trainingszentrum kommen? Selbst wenn ich mich dematerialisieren kann, weiß ich nicht, wo ich hinmuss.«

»Wir könnten uns an einen Punkt in der Nähe dematerialisieren und uns abholen lassen.« Blay stand auf und blickte zur Zimmerdecke. Im Stockwerk über ihnen ging sein Vater umher und zog sich an. »Was meinst du, sollen wir ihm Bescheid sagen?«

»Wir können ihm ja eine Nachricht schicken. Wir könnten schreiben, dass wir gleich zurück sind. Dass wir … nur schnell was einkaufen.«

Seine Mahmen hasste Lügen, aber sie hasste es noch mehr, wenn ihr Hellren sich Sorgen machte. Ausnahmsweise musste Blay ihr recht geben. Sein Vater würde ein Riesendrama daraus machen.

»Gehen wir.« Blay zückte sein Handy und schrieb eine Nachricht an Doc Jane. »Kennst du den Gemüseverkaufsstand an der Route 9? Den in der Scheune?«

Doch noch während er das sagte, fiel ihm ein, dass er kaum die Tür zur Veranda aufbekommen hatte. Er hätte sich ohrfeigen können, als ihm bewusst wurde, was für einen Unsinn er redete. Seine Mahmen musste sich mit ihrem Knöchel an einen warmen, trockenen Ort dematerialisieren. Die Scheune war nicht beheizt und vermutlich abgeschlossen. Sie war besser als der verdammte Wald, aber das war auch schon alles.

Was für eine Schnapsidee.

Er ließ das Handy mit dem zur Hälfte geschriebenen Text sinken und musterte seine Mahmen. Sie hatte die Augen geschlossen und den Kopf auf die Fliesen gelegt, eine Hand lag auf dem Bauch, die Finger verkrampft.

Die andere ruhte zitternd auf dem Boden neben ihr, und die Finger vollführten einen kleinen Stepptanz.

»Du kannst dich nicht dematerialisieren«, sagte er matt. »Ausgeschlossen.«

»Doch, doch.«

Aber ihr Widerspruch war schwach.

In diesem Moment betrat sein Vater die Küche, eine Krawatte halb um den Hals gebunden, das Haar noch nass und im Stil von Barbies Ken zurückgekämmt, jede Strähne akkurat und wie zementiert.

»… Videokonferenz mit meinen Kunden und … Lyric! Gütige Jungfrau der Schrift, Lyric!«

Als sein Vater an die Seite seiner Shellan eilte, fiel Blays Blick auf die Tür, die zur Garage führte. Seine Eltern fingen an zu streiten, doch er unterbrach sie. »Dad, bitte sag mir, dass euer Wagen Allradantrieb hat.«

Im Haus der Bruderschaft tat Qhuinn das Unbegreifliche: Er befüllte eine schwarze Sporttasche mit Fläschchen, Milchpulver und destilliertem Wasser. Windeln. Wundsalbe. Rasseln und Schnullern.

Natürlich war es keine große Sache, eine Tasche zu packen, wobei er für gewöhnlich Gerätschaften zusammenstellte, die man mit Patronen und Laserzielfernrohren bestückte, Produkte von Smith & Wesson, Glock und Beretta, nicht von Pampers und Milupa.

Vor allem konnte er nicht glauben, dass er die Tasche für seine Kinder packte. Damit sie das verdammte Haus verlassen konnten. Ohne ihn. Um vierundzwanzig Stunden mit der Auserwählten zu verbringen. Dabei waren sie noch viel zu klein dafür. Außerdem wollte er nicht, dass sie etwas mit dieser Vampirin zu schaffen hatten.

Er weigerte sich, Layla weiter als ihre Mahmen zu bezeichnen. Er war mit Amalya im Heiligtum gewesen und hatte sich umgesehen. Die Directrix der Auserwählten hatte ihn durch die pastorale Landschaft geführt, ihm das Spiegelbecken und die Tempel gezeigt, die Schlafsäle, die Eremitage der Jungfrau der Schrift.

Den Ort, an dem sich Layla mit seinen Kindern einrichten würde.

Am Heiligtum war schwerlich etwas auszusetzen. Es war sicherer als das Haus der Bruderschaft, verdammt noch mal. Darüber hinaus hatte Amalya beteuert, dass seine Kinder ohne Probleme hin- und zurückgelangen würden.

Auf sein Drängen hin hatte sie ihm sogar versprochen, seine Kinder persönlich zurückzubringen, sollte Layla Probleme machen.

Es klopfte leise an der Tür, und er sah von seiner Tasche auf. »Herein.«

Es war Beth. Sie trat viel sanfter auf als beim letzten Mal, aber sie hatte ja auch ihren Willen bekommen. »Sieht aus, als hättest du alles fertig.«

Er sah auf die Tasche. »Ja.«

Langes Schweigen machte sich breit.

»Alles wird gut, Qhuinn. Ich bin stolz, dass du …«

»Sei mir nicht böse, aber du hast deinen Sohn rund um die Uhr um dich – weil sein Vater kein Lügner und Verräter ist. Also hab bitte Verständnis, dass ich die Regelung alles andere als gut finde.« Er trat vom Fußende des Bettes zurück. »›Alles gut‹ hieße für mich, dass die beiden in diesem Zimmer bleiben, solange ich im Einsatz bin. Stattdessen verteidige ich da draußen unsere Spezies und bin nur halb bei der Sache, weil ich mir Sorgen mache, ob Layla die Kinder auch wieder zurückbringt. ›Alles gut‹ hieße für mich, dass sie überhaupt keinen Kontakt zu ihnen hat. Also spar dir dein künstliches Mitgefühl, und du brauchst auch nicht stolz auf mich zu sein. Von dir will ich nur, dass du verdammt noch mal auf die beiden aufpasst, wenn ich aus dem Haus bin.«

Beth verschränkte die Arme vor der Brust und schüttelte langsam den Kopf. »Was ist nur mit dir passiert, Qhuinn?«

Sie sagte es so leise, dass er sie kaum verstehen konnte.

»Ernsthaft? Das fragst du noch?«

Qhuinn wandte sich von ihr ab und ging zu den beiden Stubenwagen. Er warf einen Blick auf Lyric, dann wandte er sich Rhamp zu und steckte ihm den Schnuller zurück in den Mund.

»Sei tapfer da oben, kleiner Mann.« Qhuinn strich ihm das dunkle Haarbüschel aus dem Gesicht. »Wir sehen uns in vierundzwanzig Stunden. Das schaffen wir mit links, okay?«

Falsch.

Es war verdammt schwer, sich von ihm abzuwenden. In seiner Brust brannte ein Schmerz, der bis in seine DNA ging … besonders, als sein Blick ein letztes Mal Lyric streifte. Er wollte zu ihr gehen, aber er konnte ihr nicht ins Gesicht sehen. Sie war Layla so ähnlich.

Das ertrug er im Moment einfach nicht.

Also richtete er den Blick starr nach vorn und ging an Beth vorbei. Er sparte sich jede Verabschiedung, aus Angst, ausfallend zu werden. Es hatte keinen Zweck, die Königin anzupflaumen.

Er nahm seine Waffen und die Lederjacke von einem Stuhl, trat in den Flur und zog leise die Tür hinter sich zu. Er wusste nicht genau, wann Layla kommen würde – natürlich nach Sonnenuntergang, aber das war schon eine Weile her. Sie konnte jede Minute …

»Bereit für das Treffen?«

Qhuinn sah sich um. Z kam gerade aus seinem Zimmer heraus, mit Waffen behängt, bereit für den Einsatz. Seine gelben Augen waren schmal und durchtrieben. Die Narbe, die sich über seine Wange zog und seine Oberlippe entstellte, erinnerte Qhuinn an die hässliche Visage von Xcor.

»Was für ein Treffen?«, fragte Qhuinn und zog sein Handy aus der Tasche.

Er hatte in den letzten Stunden nur darauf geachtet, ob Blay anrief oder eine Nachricht schickte. Ein Bild. Ein verdammtes Emoji.

Fehlanzeige. Alles andere hatte er ignoriert.

Doch siehe da, Nachricht an alle: Die Bruderschaft traf sich im Arbeitszimmer von Wrath. Jetzt.

»Tatsächlich«, brummte er, steckte das Ding zurück in die Tasche seiner Lederjacke und folgte Z.

Auf dem Weg zu Wraths Arbeitszimmer unterhielten sie sich kaum, was Qhuinn nur recht war. Dort angekommen hielt er den Kopf gesenkt und stellte sich in die hinterste Ecke, weit weg vom Kamin. Denn das Letzte, was er jetzt noch brauchte, war, dass die anderen die Ereignisse der vorletzten Nacht aufwärmten, als ihm das Heldenstück gelungen war, Xcor aus der Gruft entkommen und sich selbst von ihm einsperren zu lassen. Sie alle kannten die Fakten, und ihre Meinung hatten sie auch schon kundgetan.

Es gab also keinen Grund, warum sie die Angelegenheit nicht als großen Spaß für alle zu den Akten legen sollten.

Scheiße, sie hatten noch nicht darüber gesprochen, dass er eine Waffe im Haus abgefeuert hatte. Vielleicht war das heute Thema des Tages.

Oder es ging um etwas ganz anderes, etwas, das nichts mit ihm zu tun hatte.

Wrath saß hinter seinem mächtigen, kunstvoll verzierten Schreibtisch, auf dem Thron, der vor ihm seinem Vater gehört hatte. Neben ihm war Vishous, eine selbst gedrehte Zigarette in der behandschuhten Hand, und ließ seinen eisigen Blick über die Versammelten streifen. Butch und Rhage saßen auf dem zarten französischen Sofa, das aussah, als würde es gleich unter ihrem Gewicht zusammenbrechen. Z stand neben Phury vor dem Bücherregal. Sogar Rehv war da.

Schließlich kam John Matthew herein, sah sich um, entdeckte Qhuinn und schlenderte zu ihm. Er gebärdete nichts, sondern lehnte sich einfach neben ihm an die Wand und steckte die Hände in die Taschen seiner Lederhose.

Qhuinn schielte zu seinem Freund hinüber. »Wir beide sind heute gemeinsam eingeteilt.«

John nickte und zog die Hände wieder aus den Taschen. Ich glaube nicht, dass wir heute rausgehen.

»Ich darf nicht in den Einsatz?«

Nein, der Blizzard. Rekord-Schneefälle. So viel wie noch nie zu dieser Jahreszeit.

Qhuinn ließ den Kopf in den Nacken fallen, sodass er gegen die Wand stieß. Na super. Er konnte unmöglich die ganze Nacht im Haus hocken, während seine Kinder bei dieser Verräterin waren, Blay nicht mit ihm sprach und seine Brüder angepisst waren, weil er Xcor hatte entkommen lassen.

Ohne mich, dachte er. Er war hier nicht im Gefängnis. Er musste nicht …

Wrath unterbrach Qhuinns Gedankengang, als er sagte: »Bringen wir es hinter uns.«

Qhuinn verschränkte die Arme und machte sich bereit für den nächsten öffentlichen Anschiss.

»Wir wissen, wo Xcor ist«, verkündete der König, »und er wird seine Bande zu mir bringen.«

Ein vielstimmiger Chor aus Flüchen und Zwischenrufen erklang, die Brüder stampften mit den Springerstiefeln, alle waren auf den Beinen – auch Qhuinn war fassungslos. War der Kerl in Gewahrsam? Aber davon hätte er doch erfahren … Doch dann dachte er an das Chaos, das er in der Gruft verursacht hatte. Nein, die Bruderschaft hatte fürs Erste genug von ihm und Xcor.

»Er gehört mir!«, rief Tohr über den Lärm hinweg. »Ich habe das Recht, ihn zu töten!«

Darüber lässt sich streiten, dachte Qhuinn – doch das behielt er lieber für sich. Wer zuerst kommt, killt zuerst und der ganze Scheiß.

»Nein, hast du nicht«, presste Wrath hervor. »Keiner von euch wird ihn töten.«

Die Brüder verstummten, und V trat hinter Tohr, als machte er sich bereit, ihn in den Würgegriff zu nehmen.

Wie bitte, was?, dachte Qhuinn.

»Ihr habt richtig verstanden«, polterte der König. »Keiner von euch wird ihn töten.«

Dabei richtete er den Blick auf Tohr, wie um seinen Befehl zu bekräftigen … und dann auf Qhuinn.

3

In der kleinen Ranch stand Xcor unter der Dusche, das Gesicht in den Wasserstrahl gerichtet, und spürte, wie er von Minute zu Minute an Kraft gewann. Sobald es Nacht geworden war, hatte er die schlafende Layla im Bett zurückgelassen, war hoch in die Küche gegangen und hatte alles verschlungen, was er an Essbarem fand. Dabei hatte er nicht auf die Zusammenstellung geachtet: Er trank Orangensaft zu Schokoladeneis, aß kaltes Chili con Carne aus der Dose, einen Laib Brot und ein Viertel Pfund Butter, beides am Stück, den gesamten Wurst- und Käseaufschnitt und die zwei Pizzen aus dem Eisschrank.

Die er erst im Ofen hatte erhitzen müssen, weil er es anders nicht geschafft hatte, davon abzubeißen.

Die Vorräte würde er wieder auffüllen müssen, obwohl er nicht wusste, wovon. Er hatte nie das Vermögen der Bande verwaltet und keinen Zugang zu irgendwelchen Konten oder Depots. Und er war kein Dieb mehr.

Throe hatte sich immer um das Finanzielle gekümmert. Er konnte auch am besten mit Menschen umgehen …

Xcor spürte es sofort, als Layla in der offenen Tür zum Bad erschien, und als er sich zu ihr umdrehte, wäre er beinahe auf die Knie gesunken. Sie stand da in prächtiger Nacktheit – ihre hohen Brüste mit den rosa Knospen und ihre wundervollen Hüften und ihre langen Beine und das perfekt geformte Geschlecht, all das war nur für seine Augen bestimmt.

Sein Schwanz wurde auf der Stelle hart.

Aber er verbarg ihn vor ihr. Obwohl sie sich den ganzen Tag über geliebt hatten, legte er die Hände über seine Erektion und drückte sie gegen den Bauch.

Wortlos trat Layla zur Duschkabine, öffnete die Glastür und schlüpfte zu ihm hinein. Ihr Blick senkte sich auf seine Hände. »Warum darf ich dich nicht sehen?«

Xcor hatte den ganzen Tag über Kleidung getragen und die Jogginghose nur ein Stück hinuntergezogen, wenn er in sie eingedrungen war. Nach dem Liebesspiel hatte er sie dann wieder hochgezogen und Layla in die Arme geschlossen.

»Xcor?«, flüsterte sie, während Dampf um sie herum aufstieg und Wassertröpfchen auf ihrer Haut schimmerten. »Warum willst du nicht, dass ich dich sehe?«

Er schüttelte den Kopf und schwieg. Er konnte nicht in Worte fassen, wie schwer es ihm fiel, sich von ihr betrachten zu lassen. Sein Makel schien sie nicht zu stören, sie beachtete ihn nicht und schätzte ihn darum nicht geringer – dennoch verbarg er sich in ihrer Gegenwart lieber unter Kleidung. Ganz anders hatte es ausgesehen, als er sie noch hatte vertreiben wollen, als er versucht hatte, sie durch seine Hässlichkeit abzuschrecken, in der Hoffnung, sie würde von ihm ablassen und ihrer quälenden Beziehung ein Ende setzen. Doch jetzt …

Man hatte ihn sein Leben lang zurückgewiesen. Es kümmerte ihn nicht, doch sollte sie sich von ihm abwenden …

Layla sank auf die Knie, so anmutig wie Mondlicht, das auf die Erde fällt. Sein erster Impuls war, ihr wieder aufzuhelfen, weil er nicht wollte, dass sie auf den harten Fliesen saß. Doch als er sich nach ihr bückte, hielt sie ihn davon ab.

Beugte sich auf seine Hände zu.

Streckte die Zunge heraus …

… und leckte langsam über den Mittelfinger seiner rechten Hand.

Ihre Zunge war glitschig, so glitschig wie das Wasser, und weich, samtweich. Xcor sank gegen die Duschwand.

Layla blickte zu ihm auf und wiederholte die Bewegung – bevor sie seinen Finger in den Mund nahm und saugte. Jetzt umkreiste sie ihn mit der Zunge, und ihr Mund war heiß, so heiß wie ihr Inneres …

»Layla«, sagte er flehend.

Einen nach dem anderen saugte sie seine Finger in den Mund, löste die Barriere vor seiner Erektion, schwächte ihn, bis seine Hände herabsanken, nicht weil er es wollte, sondern weil ihm die Kraft in den Armen fehlte.

Aus seinem Gefängnis befreit stand sein Schwanz stolz und imposant von seinen Hüften ab, feucht glänzend vom Wasser, das auf sie herabperlte. Beim Schleier, er wollte, dass sie ihr Vorhaben endlich in die Tat umsetzte, sehnte sich danach, ihre Lippen auf seiner Spitze zu fühlen, seinem Schaft, wollte den Sog und die …

»Fuck«, stöhnte er, als sie die Lippen um ihn schloss.

Sie nahm ihn nicht ganz in den Mund, sondern konzentrierte sich auf die Eichel, neckte ihn, zog sich zurück, nahm ihn wieder ein Stück weit auf – und gerade als er dachte, er müsste den Verstand verlieren, streckte sie die Zunge hinaus und ließ sie um seine Spitze kreisen. Langsam, ganz langsam. Und die ganze Zeit über blickte sie aus ihren grünen Augen zu ihm auf, während das Wasser auf sie fiel, von ihren Knospen tropfte, an ihrem Bauch herabrann und zwischen ihren gespreizten Schenkeln verschwand.

Xcor musste sich festhalten, um auf den Beinen zu bleiben, seine Hände rutschten quietschend an den gläsernen Duschwänden ab, fanden jedoch irgendwie Halt am Marmor.

»Gütiger Schleier, Layla …« Er schloss die Augen. »Zu viel …«

Doch sie hörte nicht auf. Schließlich nahm sie ihn ganz in den Mund, obwohl er ihr bis tief in den Rachen ragen musste.

Er öffnete die Augen wieder. Sobald er sah, wie sich ihre Lippen um ihn spannten, brach ein Orgasmus über ihn herein.

»Ich … oh, fuck …«

Er wollte sie von sich schieben, falls sie nicht wusste, was mit ihm geschah, doch sie ließ es nicht zu. Sie saugte in rhythmischen Zügen an ihm und schluckte seinen Erguss, während ihre Hände zwischen seine Beine glitten und seine Hoden umschlossen.

Xcor landete auf dem Hintern. Buchstäblich.

Seine Knie gaben nach, und er konnte nur mit Not verhindern, sie unter sich zu begraben. Und immer noch verwöhnte sie ihn, indem sie ihm in die neue Position folgte, sodass er gleich ein zweites Mal kam, direkt nach dem ersten, die Beine weit gespreizt, um ihr Platz zu verschaffen. Er griff in ihr nasses Haar, während sein Kopf und sein Nacken in die Ecke der Dusche gedrängt wurden.

Als sie schließlich fertig war, erhob sie sich und leckte sich die Lippen. Xcor saß einfach nur da, schnappte nach Luft und blickte sie an, während sein Kopf wackelig auf der Wirbelsäule saß, die Arme schlaff herabhingen und ihn das Wasser der Dusche mit warmem Regen benetzte wie einen Felsen im Wald.

»Ich möchte das Gleiche für dich tun«, presste er kehlig hervor.

Sie setzte sich zurück und lächelte ihn an. »Tatsächlich?«

Er nickte. Wie ein Idiot.

»Du wirkst ein wenig erschöpft, Krieger«, schnurrte sie. »Habe ich dich zu sehr strapaziert?«

Xcor wollte schon widersprechen, da lehnte sie sich zurück, schmiegte sich mit den Schultern in die andere Ecke der Dusche und nahm die gleiche Haltung ein wie er. Sie senkte die Lider, zog die Knie an … und spreizte die Beine, sodass er einen atemberaubenden Blick auf sie bekam.

»Was möchtest du mit mir tun?«, fragte sie gedehnt. »Möchtest du mich vielleicht küssen? Hier?«

Sie fuhr mit ihrer eleganten Hand seitlich an ihrem Hals entlang. Und als er wie ein Simpel nickte, lächelte sie. »Oder hier?«

Jetzt befingerte sie ihr Schlüsselbein, und er nickte erneut.

»Oder vielleicht … lieber hier?«

Als sie eine ihrer Knospen streifte, biss er die Zähne so fest zusammen, dass die Kiefer knackten.

»Hier, mein Krieger? Küsst du mich auch hier?«