Deutsche Geschichte in 100 Objekten - Hermann Schäfer - E-Book

Deutsche Geschichte in 100 Objekten E-Book

Hermann Schäfer

0,0
14,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Was haben diese Objekte sowie eine Ritterrüstung, die Tabakdose Friedrichs des Großen und der WM-Fußball von 1954 gemeinsam? Es sind drei von 100 Mosaiksteinen der deutschen Geschichte, stumme Zeugen der Vergangenheit. Hermann Schäfer, einer der führenden Vertreter der deutschen Museumsszene, fügt sie in diesem opulent ausgestatteten Band zusammen. Anschaulich und gut verständlich bringt er die Objekte zum Sprechen und macht zugleich auch ihre erstaunliche Umdeutung im Dienst politischer Interessen und gesellschaftlicher Umbrüche deutlich. Für den interessierten Laien leicht zugänglich, eine Schatzkiste für immer neue Entdeckungen: Aus 100 fesselnden Geschichten wird eine große historische Erzählung. Ein farbiges Panorama der vergangenen über zwei Jahrtausende, von den vorgeschichtlichen Anfängen bis in die jüngste Gegenwart.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Mehr über unsere Autoren und Bücher:

www.piper.de

Um einer unerlaubten Verbreitung vorzubeugen, hat der Freistaat Bayern als Rechteinhaber die Genehmigung für das Foto der Erstausgabe von

Mein Kampf

(Kapitel 68) nicht erteilt. In der gedruckten Ausgabe ist dieses Foto auf Seite 418 abgebildet.

ISBN

978-3-492-97233-8 November 2015 ©

Piper Verlag GmbH, München/Berlin 2015 Litho: Lorenz & Zeller, Inning am Ammersee Covergestaltung: Büro Jorge Schmidt, München Covermotiv: Varusschlacht im Osnabrücker Land, Christian Grovermann (Römische Gesichtsmaske);

DB

Museum, Nürnberg (Adlerlock);

KHM

-Museumsverband (Trierer Marktkreuz); Wehrgeschichtliches Museum Rastatt (Pickelhaube); Germanisches Nationalmuseum (Behaims »Erdapfel«); Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bonn, Foto: Axel Thünker (Geheimkamera) Datenkonvertierung: CPI books GmbH, Leck

Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken. Die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ist ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.

Vorwort

Deutsche Geschichte anhand von 100Objekten zu erzählen ist – schon allein aufgrund des immensen Umfangs eines solchen Projekts– eine gewaltige Herausforderung: Jahrtausende sind in den Blick zu nehmen, in jeder Epoche Erinnerungswürdiges, möglichst Geschichtsträchtiges, vielleicht Überraschendes aufzufinden und am Ende die vielen Einzelteile zu einem großen Ganzen zusammenzufügen– wie farbige Mosaiksteinchen, die jedes für sich, aber erst recht als Gesamtbild ihre magische Wirkung auf den Betrachter entfalten.

Tatsächlich besitzt die Zahl 100 für viele Menschen etwas Magisches: Sei es, weil Zahlen bis 100 noch überschaubar und darum leichter zu merken sind; sei es, weil 100Grad Celsius den Siedepunkt markieren, weil wir von 100Punkten als Maximum oder von 100Tagen Schonzeit sprechen, weil das kleine Einmaleins bei 100 endet oder weil uns der Hundertjährige Kalender manchmal verlässlicher scheint als der Wetterdienst.

Allerdings gibt es weder einen themen- noch einen objektbezogenen Grund, sich auf exakt die Zahl von 100Objekten zu beschränken. Doch ähnlich wie die interessanteste Ausstellung nur dann besucherfreundlich ist, wenn ihr Spannungsbogen zu überblicken ist und Anfang wie Ende absehbar sind, dient hier die Begrenzung dazu, einen Rahmen für die Auswahl abzustecken– auch wenn dadurch ersichtlich wird, was fehlt, was ausgelassen und in der Darstellung übergangen wurde. Aufgrund seiner eigenen Interessen wird jeder Leser andere Leerstellen sehen, und all diese verweisen darauf, dass unsere Geschichte, ihre Themen wie ihre Objekte, in Herkunft und Zukunft unendlich sind.

Die Relikte aus den vergangenen 300000Jahren werden an vielen verschiedenen Orten aufbewahrt, gepflegt, interpretiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Sie alle verlangen die ganze Sorgfalt, Pflege und Hingabe der Museums-, Bibliotheks- sowie Archivmitarbeiter ebenso wie der Ausstellungsmacher. Nicht von ungefähr zieht es allein in Deutschland jährlich mehr als 100Millionen Besucher in die Museen. Historische Themen, die am Beispiel von Menschen, Orten, Bauwerken oder eben meist von Objekten dargestellt werden, erfreuen sich dabei besonderer Beliebtheit. Vor allem Originale besitzen häufig eine Aura, der sich kaum jemand entziehen kann oder will. Wer sie betrachtet, sich auf sie einlässt, nimmt diese Eindrücke im Kopf und im Herzen mit. Aus diesem Umfeld heraus hat sich auch die Idee für dieses Buch entwickelt: Im Lauf eines langen und spannenden Berufslebens reifte der Gedanke. Zahlreiche Publikationen über einzelne Exponate und Objektgeschichten erscheinen im Rückblick wie der Testlauf für das vorliegende Buch. Das Echo auf sie war Ermutigung, sich auf das Projekt einzulassen, ein solches Mammutunternehmen in Angriff zu nehmen.

Das Projekt sollte möglichst alle Epochen abbilden: die Antike und das Mittelalter, Spätmittelalter und Frühe Neuzeit, die neuere und neueste Geschichte bis hin zur jüngsten Zeitgeschichte; seine regionale Begrenzung findet es im heutigen Deutschland. Es sollte eine zeitliche Spanne umfassen, die von den ersten Speeren der Menschheit bis zur Energiewende und zum heutigen Selbstverständnis der Deutschen reicht. Langfristige strukturgeschichtliche Veränderungen waren wichtiger als kurzfristige politische Wechsel. Zu den Themen zählen technische Neuerungen ebenso wie Industrialisierung und sozialer Wandel, Erster und Zweiter Weltkrieg, beide Diktaturen auf deutschem Boden und ihre Folgen, schließlich die Vereinigung des geteilten Deutschlands bis hin zum europäischen Einigungsprozess und den Problemen des 21.Jahrhunderts– dies sind nur einige der Facetten, aus denen sich die einzelnen Teile zusammensetzen.

Manche Objekte – vielleicht den Käfer, die Pille, ein Carepaket oder ein Westpäckchen– wird der Leser wie alte Bekannte begrüßen, weil er an sie eigene Erinnerungen knüpft. Oft sind es auch Überraschungsfunde, von denen die wenigsten hätten sagen können, dass sie tatsächlich zur deutschen Geschichte gehören, wie der erste Computer oder auch die Aspirin-Tablette. Jedes einzelne der 100Objekte wird in den historischen Zusammenhang gestellt, seine Herkunft und individuelle Geschichte beschrieben. Manche können als Leitobjekte exemplarisch für ganze Phasen historischer Entwicklungen gesehen und interpretiert werden, andere werfen Schlaglichter auf kürzere oder längere Prozesse, prägende Strukturen und besondere Ereignisse. Trotz aller gesellschaftlichen Umbrüche und Veränderungen lässt sich doch über die Jahrhunderte auch eine – sicherlich nicht auf deutsche Geschichte beschränkte– Konstante erkennen: die beharrlichen Versuche der Herrschenden, Geschichte zu instrumentalisieren und für ihre Zwecke zu vereinnahmen. Das fängt bei der römischen Gesichtsmaske an und hört bei Angela Merkels Handy längst nicht auf.

Wie aber wählt man am Ende aus der Fülle des Materials aus, welche historischen Überreste sind geeignet, Deutsche Geschichte in 100Objekten zu repräsentieren? Schließlich gibt es keinen Kanon der deutschen Geschichte und schon gar nicht einen, der sich konkret auf die Exponate beziehen würde. Manches ist Pflicht, anderes ist Kür, aber jede Auswahl ist subjektiv geprägt und hat zwangsläufig viel mit den Vorlieben sowie biografischen Erfahrungen des Autors zu tun. Das Neumagener Weinschiff etwa vermochte ihn schon als Jugendlicher zu fesseln und stand ihm wieder vor Augen, als er dieses Buch zu schreiben begann. Anderen Objekten begegnete er in späteren Jahren in seinem Berufsleben, wieder andere fielen durch ihre besondere Provenienz auf. In jedem Fall sollten die Objekte anziehen, fesseln und zur Kommunikation anregen. Gesucht wurden mehr dreidimensionale als flache Objekte– selbst wenn diese Vorgabe bei manchen Themen langwierige und nicht immer erfolgreiche Recherchen nach sich zog. Beispielsweise existieren die 1834 beseitigten Zollschranken heute nicht mehr, während Teile der Berliner Mauer in unendlicher Zahl zu besichtigen sind. Aus ebendiesen Gründen wurden weder die Zollschranken noch Mauerüberreste in diese Auswahl aufgenommen, andere Exponate zur deutschen Kleinstaaterei und zum Mauerfall aber sehr wohl.

In der Zusammenschau aller Objekte und Themen kann und will das Buch weder Geschichtsbücher noch Überblicksdarstellungen oder Speziallektüre ersetzen und erst recht nicht den Besuch von Ausstellungen und Museen. Vor allem anderen möchte es neugierig machen auf die Auseinandersetzung mit der Geschichte und dem Leser durch das emotionale Erfahren der Objekte einen weniger abstrakten, konkreteren Zugang zu unserer Vergangenheit eröffnen. Es möchte ein breites, historisch interessiertes Publikum ansprechen. Wer sich eingehender informieren will, dem bietet es Hinweise auf weiterführende Literatur, die auch der Arbeit an diesen Texten zugrunde lag. Wenn der Leser hinschaut, hinterfragt, Zusammenhänge nachvollzieht und auf diese Weise aus den Objekten und ihren Kontexten eine Art Netz von Erinnerungen zu spannen vermag, dann fügen sich Zusammenhänge zu einem Gesamtbild, und das Buch hat eines seiner Ziele erreicht. Ein anderes Ziel ist die Sensibilisierung für die Objekte, ein weiteres die Auseinandersetzung mit den Themen und vielleicht sogar mit den Leerstellen, die es aus eigenem Interesse und eigener Neugier zu füllen gilt. Denn die Vergangenheit ist ja nicht gänzlich vergangen, sondern bleibt immer auch Entstehungsgeschichte, also Grundlage unserer Gegenwart.

Meinen Dank für die vielfältige Unterstützung, die ich während der Arbeit an diesem Projekt immer wieder erfahren konnte, habe ich an anderer Stelle zum Ausdruck gebracht. Neben den Kolleginnen und Kollegen in den Museen, Archiven, Bibliotheken und allen weiteren Einrichtungen, die sich mit Liebe und Leidenschaft der Bewahrung, Pflege und Erforschung ihrer Objekte widmen, danke ich vor allem allen Besucherinnen und Besuchern von Museen und Ausstellungen, denen ich begegnen durfte und die sich als Alltagsmenschen anziehen und faszinieren ließen, interessante Fragen stellten, meine Sensibilität schärften und so durch ihre Neugier das Entstehen dieses Buches maßgeblich förderten.

1

Die Jagd mit diesen Waffen verlangte höhere Fähigkeiten und bessere Kommunikation unserer Vorfahren, als bislang bekannt, neue Forschungsfragen stellen sich.

Die Speere von Schöningen

Homo erectus und die »deutsche« Vorgeschichte

Die ältesten auf deutschem Boden gefundenen Überreste unserer Vorfahren gehören – natürlich– zu unserer Geschichte. Und das nicht nur, weil sie überraschend einsatzfähig aussehen: acht Speere, sieben aus Fichten-, einer aus Kiefernholz, 1,80 bis 2,50Meter lang, drei bis fünf Zentimeter dick, beidseits angespitzt, sorgfältig von Menschenhand gefertigt und bearbeitet. In Bauform und Wurfeigenschaften ähneln sie sogar heutigen Speeren und lassen sich 70Meter weit werfen. Sensationsfunde aus dem Oktober 1994, die allen wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge die weltweit ältesten bisher gefundenen Jagdwaffen der Menschheit sind und deren Erforschung das Bild der kulturellen Entwicklung des frühen Menschen nachhaltig verändert.

Als 1983 der Abbau im Helmstedter Braunkohlerevier an der innerdeutschen Grenze bei Schöningen begann, ahnte niemand, welche archäologischen Schätze hier Jahrtausende überdauert hatten. Die Entdeckungen sprengten selbst die kühnsten Erwartungen aller Experten. Archäologen begleiteten den Tagebau und fanden anfangs dicht unter der Oberfläche viele Spuren der jüngeren Vergangenheit. Nach neun Jahren kamen schließlich – gut zehn Meter unter der Oberfläche und aufbewahrt in Jahrmillionen alten Torfschichtungen über die Abfolge zweier Eiszeiten hinweg– acht hölzerne Speere aus der Altsteinzeit zum Vorschein. Nach allen bisherigen Erkenntnissen dienten sie den hier lebenden Urmenschen – Homo erectus– zu Jagd- oder auch Verteidigungszwecken und sind unfassbare 300000 bis 400000Jahre alt.

Neben den Wurfspeeren legten die Archäologen in angrenzenden Schichtpaketen weitere Artefakte frei, die dem Urmenschen dieser Region vermutlich als Distanzwaffen dienten. So die als Lanze, als Wurfstock bzw. -holz und als Klemmschäfte interpretierten menschlichen Jagd- und Arbeitsgeräte, etwa 20 bis 30Steinwerkzeuge (Schaber) sowie einen angekohlten, auf den Gebrauch von Feuer verweisenden Holzstab, möglicherweise in der Funktion eines Bratspießes. Diese menschlichen Hinterlassenschaften wiederum befanden sich inmitten einer Ansammlung von etwa 12000Tierknochen, die von mehr als 20Wildpferden, vereinzelt von Rothirsch, Wisent, Nashörnern und Elefanten stammen. Die Spuren an den Skelettresten der Pferde sowie aufgeschlagene Knochen weisen auf gezielte menschliche Bearbeitung, vermutlich Schlachtung durch Steinwerkzeuge, hin, wie sie der afrikanische Urmensch bereits vor 1,5Millionen Jahren etwa mit dem Faustkeil praktizierte.

Alles in allem liegt mit dem Fundensemble die beinahe eine halbe Million Jahre alte Momentaufnahme menschlicher Frühgeschichte vor, im luftdichten Boden des Tagebaus konserviert für die Gegenwart. Was sagt sie uns für das Verständnis unserer Vorfahren, über ihre Intelligenz, das Sozialverhalten und die Anpassungsfähigkeit des Homo erectus im Nordwesten des heutigen Deutschland?

Der mittlerweile gut dokumentierte Fund der Schöninger Speere, dem mit dem »Paläon« am Entdeckungsort seit 2013 ein Besucherzentrum und Museum gewidmet ist, schließt eine große Lücke im archäologischen Geschichtsbuch der frühen Menschheitsgeschichte, auch wenn noch viele Mutmaßungen bleiben. Etwa 800000Jahre ist es nach bisherigem Erkenntnisstand her, dass die ersten Vertreter der vom Menschenaffen und Frühmenschen unterschiedenen Menschenart Homo erectus von Afrika aus Europa erreichten. Als nomadisierender Jäger und Sammler fand dieser aufrecht gehende Urmensch auch im Norden des heutigen Deutschland gute Lebensgrundlagen. Das belegen die ältesten hierzulande gefundenen Überreste von Menschen wie der 1907 entdeckte Unterkiefer des »Homo erectus heidelbergensis« von Mauer bei Heidelberg (600000Jahre) und der 1933 gefundene Schädel des »Urmenschen von Steinheim« an der Murr (250000 bis 300000Jahre alt). Der 1856 bei Düsseldorf entdeckte Neandertaler ist demgegenüber viel jünger (40000Jahre), und noch jünger ist das 1914 bei Bonn-Oberkassel gefundene Paar mit dem ältesten Haushund Europas (14000Jahre).

Dabei bedurfte das Überleben des altsteinzeitlichen Menschen in dieser Region ausgebildeter Anpassungsfähigkeiten an wechselvolle Lebensverhältnisse und das entsprechende Klima. Sein Lebensraum im geologischen Eiszeitalter, dem mittleren Pleistozän, wurde über Jahrhunderttausende bestimmt durch den Wechsel von Warm- und Kaltzeiten, den Vorstoß gigantischer skandinavischer Gletschermassen, die in der Zeit vor 400000 bis 320000Jahren auch den niedersächsischen Mittelgebirgsrand erreichten.

Auch die Schöninger Jagdrelikte stammen aus einer Warmphase zwischen zwei Eiszeiten, der Elster- und der Saale-Eiszeit. Am Speere-Fundort, davon geht die Forschung heute aus, entstand im Verlauf eiszeitlicher Ablagerungen aus einer Senke ein See und damit ein vom Menschen häufig aufgesuchter Rast- und Jagdplatz. In der Folge wurde dieses Gebiet wiederum über Jahrhunderttausende hinweg (bis vor etwa 150000Jahren) von bis zu 100Meter hohen Gletschern übertürmt und am Übergang zum Holozän vor etwa 11700Jahren mit einer viele Meter starken Schicht aus Löss bedeckt. Auf diese Weise konnten die Speere wie in einem Magazin ungestört lagern und zum Zeitpunkt ihrer Entdeckung wie »frisch vergraben« erscheinen.

Das Eiszeitalter oder Quartär ist der jüngste Abschnitt der Erdgeschichte; darin findet die Entwicklung des Menschen, der Gattung »Homo«, statt. Sie begann vor 2,6Millionen Jahren und dauert bis heute an. Das Quartär wird in zwei geologische Zeitabschnitte unterteilt, das Pleistozän und das Holozän, die Jetztzeit. Die altsteinzeitlichen Funde von Schöningen stammen aus dem mittleren Pleistozän, sind also 320000 bis 300000Jahre alt. Tausende von Generationen vor der Bildung erster Zivil- und Staatsgemeinschaften in Mesopotamien (ca. 4000v.Chr.) und den ältesten Hochkulturen der Menschheit in Ägypten, Babylonien, Mexiko und Kreta erscheint also der Mensch im Pleistozän. Im nördlichen Mitteleuropa beginnt er als Homo erectus mit seiner Herrschaft über widrige Naturbedingungen, auf heutigem deutschem Boden bewährt er sich als mutiger und listiger Jäger von Wasserbüffel, Auerochse oder Wildpferd, und er tritt bewaffnet den Giganten des Eiszeitalters wie dem Eurasischen Altelefanten, der Säbelzahnkatze oder dem Steppenmammut gegenüber.

Der Schatz von Schöningen fügt sich in dieses archäologische Bild ein und ergänzt es zugleich, denn er wirft Fragen zum Entwicklungsgrad dieses europäischen Homo erectus im Allgemeinen und zum Heidelbergmenschen im Besonderen auf. Fragen, die nicht nur den Archäologen bewegen. Umso spannender, wie die moderne Forschung die »Schöninger Jagdszene« aus der Altsteinzeit interpretiert.

Da die Jagdgeräte, der »Bratspieß« und die steinernen Werkzeuge zum Zerlegen inmitten einer Fläche lagen, die von Tausenden Tierknochen bedeckt war und erwiesenermaßen nicht durch nachträgliche Seebewegungen entstand, lassen sich diese Relikte tatsächlich als Beleg für die – mutmaßlich häufiger stattfindende– systematische Jagd des steinzeitlichen Jägers und Sammlers deuten. Der Homo erectus wie später der Neandertaler ernährte sich sehr fleischreich; nördliches Klima und Lebensraum verlangten viel Energie bei einem nomadisch geführten Leben. So wurden wohl auch hier an dem ehemaligen Ufer eines Sees gemeinsam Wildpferde gejagt und vermutlich Strategien der Großwildjagd in der sozialen Gemeinschaft verabredet. »Wer glaubt«, so der Speere-Entdecker Hartmut Thieme, »dass das mit Grunzlauten und Armfuchteln möglich war, der irrt! Eine subtile Kommunikation war nötig, mit Sicherheit gab es bereits eine Form von Sprache.« Zu den kognitiven Fähigkeiten (bewusst und vorausschauend planen, strategisch denken, sozial kommunizieren und koordinieren) kommen also handwerkliche Fertigkeiten und ein technologisches Wissen hinzu, wie das gezielte handwerkliche Bearbeiten von Rohmaterial (Holz, Stein) zur Werkzeug- oder Waffenherstellung für den gemeinschaftlichen Jagdzweck. Zu solchen Intelligenzleistungen sind nur Wesen aus der Familie der Hominiden befähigt. Sie setzen ein großvolumiges, hoch organisiertes Gehirn voraus, aber auch von Generation zu Generation weitergegebene Erfahrungen.

Die Speere belegen, dass die Schöninger Jäger bereits eine Jagdtechnik besaßen, denn sie sind nicht nur sorgfältig bearbeitet und mit ihren unterschiedlichen Längen vermutlich der Konstitution ihrer Werfer angepasst. Sie sind auch ballistisch optimal austariert, geformt wie heutige Wettkampfspeere und als Distanzwaffen gebaut. Unbeantwortet bleibt bislang die Frage, weshalb die Speere am Schöninger Jagdgrund zurückgelassen wurden. Sind sie eventuell Relikte ritueller Handlungen (H.Thieme), Bestandteil eines frühen Opferkults des Homo erectus?

Ungeachtet der Vielzahl von Deutungsmöglichkeiten und noch ausstehender Detailuntersuchungen korrigieren die Speere von Schöningen bereits heute eine lange verbreitete Auffassung der Evolutionstheorie, wonach der kräftig gebaute Mensch des Pleistozäns noch kein Jäger gewesen sei, trotz seines starken Kiefers hauptsächlich vegetarisch gelebt und sich wie Tiere von Aas ernährt habe. Wenn aber bereits der Vorfahre des europäischen Neandertalers, der Homo erectus von Schöningen, in großem Stil Wildtiere angegriffen, erbeutet und in der Gruppe unterschiedliche Waffen und Angriffstechniken (Wurfspeere, Lanze) verwendet hat, dann muss das erste Auftreten menschlichen Jagdverhaltens »um mindestens ein Vierfaches an Zeit« (Thieme) zurückdatiert werden. Bereits der Schöninger Homo erectus war also Großwildjäger und Fleischesser, planender Denker und sprachlicher sozialer Kommunikator mit Anpassungsstrategien für die Klima- und Umweltverhältnisse im nördlichen Harzvorland. Insofern rückt der Schöninger Speerfund den Homo erectus der Altsteinzeit mit seiner menschlichen Intelligenz dem Homo sapiens evolutionsgeschichtlich so nah wie noch nie. Solchen detaillierten Aufschluss über den europäischen »Prä-Neandertaler« konnten bisherige Knochen-, Schädel- und Siedlungsfunde wie 1908 und 1972/73 im thüringischen Bilzingsleben (400000Jahre alt) bislang nicht gewähren.

Auch die Besiedlungsgeschichte Nordeuropas erhält mit dem Speere-Schatz einen neuen Mosaikbaustein, denn sie sind der bisher älteste Siedlungsnachweis des Menschen in Niedersachen– wiederum gut 14000Generationen, bevor der moderne Homo sapiens auch auf dem Boden des heutigen Deutschland sesshaft wurde, Ackerbau betrieb und menschliche Kulturlandschaften wie Siedlungen und Großsteingräber schuf (um 5600v.Chr.).

Dank der altsteinzeitlichen Jagdspeere ist das Braunschweiger Land rund um den Elm heute eine weltweit bedeutsame archäologische Fund- und Untersuchungslandschaft. Sie umfasst inzwischen rund sechs Quadratkilometer und verspricht auch nach 30Jahren intensiver Forschung noch weitere Erkenntnisse: so zum Beispiel zu urgeschichtlichen Siedlungen, zu Befestigungsanlagen sowie zu Gräbern aus der Jungsteinzeit, der Bronze- und Eisenzeit. Auf diese Weise ergeben sich immer wieder überraschende »Kurzschlüsse« der modernen Zivilisation mit ihren Ursprüngen, die wesentlich erst durch die Schaufelradbagger des industriellen Fortschritts ermöglicht wurden.

»Es gibt nicht nur Schätze aus Silber und Gold, sondern auch Schätze der Erkenntnis«, sagen Archäologen mit Bezug darauf, dass sich »über 99

2

Die rund 4000 Jahre alte Darstellung des Nachthimmels gibt viele Rätsel auf und diente vielleicht als astronomische Erinnerungsstütze.

Die Himmelsscheibe von Nebra

Weltsicht in der Bronzezeit

Die Himmelsscheibe von Nebra gilt als der bedeutendste archäologische Fund der letzten 100Jahre. Es ist die weltweit älteste bisher bekannte Darstellung des Kosmos in einer Abbildung des Nachthimmels. Auf ihr haben vor etwa 3700 bis 4100Jahren die Menschen eines vorgeschichtlichen Kulturkreises in der Mitte des heutigen Deutschland ihre astronomischen Vorstellungen verewigt. Doch bis dies nachgewiesen und das Objekt erstmals der Öffentlichkeit präsentiert werden konnte, vergingen einige Jahre, die wie ein Krimi erscheinen.

Am 4.Juli 1999 stießen zwei Männer bei ihrer illegalen Schatzsuche mithilfe eines Metalldetektors auf dem Gipfel des 252Meter hohen Mittelbergs im Forst von Ziegelroda, vier Kilometer westlich der Stadt Nebra, nur wenige Zentimeter unter dem Laub der Oberfläche auf eine Steinkammer mit Bronzen. Sie gruben ihren Fund höchst unfachmännisch mit Hacke und Beil aus und beschädigten ihn dabei bereits. Dann transportierten sie ihn im Pkw Trabant nach Hause und versuchten, die geheimnisvolle Scheibe in der Badewanne mit Seifenlauge, Zahnbürste und Stahlwolle zu reinigen; dabei wurden der Scheibe weitere Schäden zugefügt. Nachdem rasch ein erstes Händlerangebot über 31000 DM eingegangen war, begannen ihre Preisvorstellungen zwischen 200000 und einer Million DM zu geistern.

Bald kursierten aber auch bereits in Fachkreisen Fotos der grün korrodierten, erdverschmutzten Scheibe. Auch dem Landesarchäologen und Direktor (seit 2001) des Landesmuseums für Vorgeschichte von Sachsen-Anhalt in Halle, Harald Meller, blieb der spektakuläre Fund nicht verborgen. Eine zwischen Kriminalamt und Kultusministerium des Landes sorgfältig koordinierte Fahndung wurde eingeleitet, und im Februar 2002 kam es in der Bar eines Schweizer Hotels zum filmreifen Rettungsakt– mit einem Lehrer und einer Museumspädagogin als Hehler und Meller als vorgeblichem Kaufinteressenten. Die Basler Polizei verhaftete die Hehler, der in ein Handtuch eingewickelte Fund war sichergestellt. Er wurde sogar schon zwei Monate später, im April 2002, erstmals als »versehrte Kostbarkeit« von Nebra der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt– Sensation und Höhepunkt einer Ausstellung des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle.

Die annähernd kreisrunde, diskusförmige Scheibe, rund 32Zentimeter im Durchmesser, am Rand keine zwei Millimeter und in der Mitte, an ihrer stärksten Stelle, fast einen halben Zentimeter dick, wiegt 2,3Kilogramm und wurde nachweislich in alter Schmiedetechnik aus einem Bronzerohling getrieben (Bronze ist eine Legierung mit überwiegendem Kupferanteil sowie Blei und Eisen). Ihre goldenen Metalleinlagen sind Beweis handwerklichen Könnens vor Jahrtausenden und stellen vermutlich den Mond, eine Mondsichel und einen Sternenhimmel dar. Auch ursprünglich zwei seitliche sogenannte Horizontbögen sowie ein als »Sonnenbarke« gedeutetes Schiff sind Einlegearbeiten. Die Anordnung der gestalterischen Elemente auf der ursprünglich dunkel gefärbten, im Verlauf von fünf Jahrtausenden mit grüner Patina überzogenen Bronzescheibe deuten Archäologen und Astronomen übereinstimmend als älteste Darstellung dieser Art in der schriftlosen Kultur, nur in Ägypten vor 3500Jahren gibt es vergleichbare Abbildungen. Es ist dieses Zusammentreffen von handwerklichem Können, hohem Alter und astronomischem Wissen, das den unschätzbaren Wert der Himmelsscheibe von Nebra ausmacht. Ihr Herstellungsdatum wird auf die frühe Bronzezeit (circa 2100 bis 1700v.Chr.) geschätzt.

Die akribische kriminalistisch-wissenschaftliche Spurensuche der Archäologen und Astronomen umfasste die Himmelsscheibe selbst und alle Begleitfunde, zwei bronzene Prunkschwerter, zwei Beilklingen, einen Meißel und Bruchstücke spiralförmiger Armreifen; alles war zusammen vergraben worden. Bei einem solchen Fund gab es von Anfang an viele Spekulationen: War er »echt« oder eine grandiose Fälschung? Würde es möglich sein, eine wissenschaftlich fundierte und angemessene Interpretation der Darstellung der Scheibe zu geben?

Schon die Datierung allerdings stellte eine wissenschaftliche Herausforderung dar, denn das Alter von Bronze lässt sich nicht mit naturwissenschaftlich exakten Verfahren feststellen. Weil die Nebra-Bronze keine messbare Radioaktivität enthält, muss sie älter als 100Jahre sein, denn nur in diesem Zeitabstand ist in ihr enthaltenes radioaktives Blei noch nachweisbar. Dies erlaubte den Schluss, dass die Scheibe keine moderne Fälschung war. Auch die besondere chemische Zusammensetzung der Bronzescheibe, die aus einer heute nicht mehr verwendeten Legierung besteht, stützte die ersten Altershypothesen. Das weitere Fundmaterial, vier Kilogramm Bronze und 50Gramm Gold, spielt für die Gesamtdeutung eine wichtige Rolle. Das Kupfer stammt aus Erzminen in den österreichischen Ostalpen, das Gold möglicherweise aus Minen in Siebenbürgen.

Ein weiteres Indiz für Alter und Echtheit liefert die Struktur der Korrosionsschicht: Sie zeigt unter dem Mikroskop sowohl bei der Bronze als auch den Goldauflagen, dass sie über einen sehr langen Zeitraum gewachsen ist, der unmöglich imitierbar ist. Schließlich deuten Unterschiede in der handwerklichen Ausführung und der gestalterischen Überformung darauf hin, dass die Himmelsscheibe ein Werk der Schmiedekunst mehrerer Handwerker sein dürfte. Vermutlich wurde über Generationen an ihr gearbeitet, um die sich verändernden Vorstellungen über den Himmel auf der Scheibe abzubilden.

Die Beifunde aus der Steinkammer bieten weitere Anhaltspunkte, denn Armspiralen wie die von Nebra sind durch zahlreiche Funde aus der Bronzezeit belegt, die gute Vergleiche ermöglichen, wenn auch keine exakte Datierung. Die Beile von Nebra haben allerdings eine so typische Form (Randleisten und ein schwacher Absatz in der Mitte), dass eine genauere zeitliche Eingrenzung auf das Ende der Frühbronzezeit um 1600v.Chr. naheliegt. Einen nächsten Mosaikstein liefern die Schwerter des Fundes. In den Griffen der Prunkschwerter befanden sich Reste von Birkenrinde, die mithilfe des Radiokohlenstoffverfahrens (C14-Methode) auf die Zeit zwischen 1500 und 1600v.Chr. datiert werden konnten. Das Gesamtbild der insgesamt äußerst komplexen Einzelanalysen liefert also eine starke Indizienkette für die Authentizität der Himmelsscheibe und darauf, dass sie mit den anderen Bestandteilen des Fundes vor 3600Jahren auf dem Mittelberg deponiert wurde.

Doch wie sind dieses Objekt und seine Darstellung astronomischer Phänomene zu interpretieren? Was will der »geschmiedete Kosmos« auf der Bronzescheibe uns sagen? Der Hintergrund ist als abstrakter Nachthimmel deutbar, als Himmelsgewölbe mit insgesamt 32 goldenen Sternen. Auffällig zwischen Sichel und Kreis ist eine Häufung von sieben goldenen Punkten. Auf den ersten Blick könnte es sich bei den großen Goldapplikationen um Sonne, Mond und Sterne handeln. Experten sehen darin aber die Darstellung von Vollmond, zunehmendem Mond (Sichelmond) und dem Sternbild der Plejaden (Siebengestirn). Schon bei den Griechen und Babyloniern des Altertums (3500v.Chr.) werden die Plejaden als Kalendersterne benutzt zur Bestimmung der Zeit von Aussaat und Ernte; auch später orientierten Beduinen und Indianer sich an ihnen. So lassen sich Sichelmond und Vollmond in ihrem Bezug auf die Plejaden als Markierungen für jahreszeitliche Wechsel auffassen. Sie geben zwei wichtige Termine im Sonnenjahr wieder– 9.März und 17.Oktober– und lassen sich also als eine Art früher Kalenderhilfe interpretieren, ein für die Orientierung im bäuerlichen Jahr wichtiges Wissen.

Eine weitere Hypothese legt ebenfalls nahe, in der Himmelsscheibe nicht etwa eine naive Illustration des Kosmos zu sehen, sondern die Veranschaulichung eines naturwissenschaftlichen Grundsatzes: Die 32 goldenen Sterne, die Konstellation der Plejaden und der verschobene Scheibenmittelpunkt lassen sich schlüssig als Verbildlichung einer höchst komplexen Schaltregel deuten, die dazu diente, Sonnen- und Mondkalender in Einklang zu bringen. Eine Entsprechung hierfür gibt es in der Plejadenschaltregel der alten Babylonier, die als Vorbild für die Himmelsscheibe angenommen werden kann (Hansen). Solche Erkenntnisse setzen jahrzehntelange präzise Himmelsbeobachtungen voraus und ein hohes Abstraktionsvermögen, wie es den bronzezeitlichen Menschen in unseren Breitengraden bislang nicht zugeschrieben wurde.

Doch auch damit nicht genug. Die in einer nächsten Phase an der Himmelsscheibe angebrachten, einander gegenüberliegenden seitlichen Goldbögen werden von Astronomen als Verweise auf die Bahnen der Sonnenauf- und -untergangspunkte im Jahresverlauf dechiffriert, als sogenannte Horizontbögen (Schlosser). Auch sie dienten als Anzeiger für den Beginn des bäuerlichen Jahres, so wie der Mensch der Jungsteinzeit fast 4000Jahre vor der Zeit der Himmelsscheibe den Horizontdurchlauf der Sonne als Orientierung verwendete. Die Himmelsscheibe ist danach eine astronomische Erinnerungsstütze, ein »Memogramm« derer, die den Himmel in der Bronzezeit beobachteten.

Es scheint, dass die Geheimnisse der Himmelsscheibe durch die Vielzahl an unterschiedlichen Interpretationsvarianten bis heute allenfalls »solide angekratzt«, aber bei Weitem nicht erschöpfend geklärt sind (Meller 2006). Denn es gibt noch eine weitere – mythische– Deutung, die der relativ jungen, nicht unumstrittenen Wissenschaft der Archäoastronomie zu verdanken ist: Der unsymmetrische, Rillen aufweisende, gegliederte Goldbogen am unteren Rand der Scheibe wird als eine am Horizont entlangfahrende »Sonnenbarke« gedeutet. Solche Strichreihen in Bogenform sind in Nord- und Mitteleuropa tatsächlich als frühe symbolische Schiffsdarstellungen aus der Bronzezeit bekannt, die Idee einer Sonnenbarke wiederum verweist auf Funde aus Ägypten, während sich der Mythos der Sonnenreise später in den Bildprogrammen des westlichen Ostseeraums und in Mitteleuropa (Vogelsonnenbarke) wiederfindet. Die Reise der Sonne per Schiff über den Himmel, durch Tag und Nacht; oder das »Sonnenschiff« als Vehikel zwischen den Horizonten, vielleicht den Mond oder die Sonne tragend– mit dieser mythischen Interpretation des Kosmos und seiner kalendarischen Dynamik erscheint die Himmelsscheibe wie eine Verklammerung von astronomischem Wissen und mythischem Weltbild, als bronzezeitlicher, europabezogener Vorstellungshorizont kosmischer Gesetze und damit zugleich als eines der frühesten Verbindungsglieder zu den astronomischen Deutungsbildern des antiken Griechenland (Hesiod, Homer).

Auch der Fundort auf dem Mittelberg spielt für diesen Deutungsrahmen eine Rolle, sind auf dieser bewaldeten Anhöhe doch bislang keine eindeutigen Siedlungsspuren entdeckt worden. Wohl aber belegen andere Funde vom Bergplateau, dass der Mittelberg spätestens seit dem 5.Jahrtausend v.Chr. zu kultischen Zwecken immer wieder aufgesucht worden war. Dass auch die Himmelsscheibe in diesem Kontext, das heißt als vermutlich »heiliges Gerät« (Maraszek in Meller 2010), bedeutsam war, liegt nahe. Einen Hinweis auf einen längeren, wohl religiösen beziehungsweise kultischen Gebrauch liefert ein weiteres Indiz: Eines Tages wurde der Rand der Bronze durchlocht, ein möglicher Hinweis darauf, dass sich die Verwendung der Himmelsscheibe nun änderte und sie, auf einem Träger befestigt, fortan vielleicht als Standarte diente. Somit wäre sie als Teil kultisch-ritueller Handlungen zu deuten, wie sie die Menschen in diesem Kulturkreis ausübten.

3

Auf dem Oberesch im niedersächsischen Kalkriese gefundene römische Gesichtsmaske aus der Varus-Schlacht im Jahr 9n.Chr.

Eine römische Gesichtsmaske

Die Schlacht im Teutoburger Wald: Arminius contra Varus

Dieser Gesichtshelm war vor allem in der ersten Hälfte des 1.Jahrhunderts n.Chr. bei den römischen Truppen verbreitet. Er gehört zu den ältesten im römischen Heer bekannten Typen. Es war kein reiner Paradehelm, sondern er konnte auch im Kampf getragen werden; aus Eisen geschmiedet, mit Silberblech überzogen und innen gepolstert, war er mithilfe eines Scharniers in Stirnhöhe an einem zweiten Helm mit Wangenklappen befestigt und ließ sich hochklappen. Die schmalen Augenschlitze erlaubten eine relativ gute Sicht, Atmen und Hören waren schwieriger. Aber der Helm bot Schutz, weil er schräg auftreffende Geschosse und Hiebe abzuleiten vermochte, rechtwinklig waren sie schon gefährlicher.

Unter den Hunderten von mutmaßlichen Orten der Varusschlacht kristallisierte sich als einer der wahrscheinlichsten Kalkriese heraus– wo übrigens bereits 1885 Theodor Mommsen das Schlachtfeld vermutet hatte–, nachdem 1987 ein englischer Hobbyarchäologe mit seinem Magnetometer nicht nur Münzen, sondern auch römische Schleuderbleie entdeckt hatte. Seitdem wird hier – weltweit einzigartig– ein antikes Schlachtfeld aus augusteischer Zeit ausgegraben. Einer der frühen und besonders repräsentativen Funde war Ende der 1980er-Jahre die Gesichtsmaske, sie fand sich in Oberesch, in Relikten eines von den Germanen errichteten 400Meter langen Walls, der vermutlich unter den letztlich vergeblichen Gegenangriffen der Römer zusammenbrach.

Ein Engpass in einer Senke zwischen Moor und Wall beziehungsweise Kalkrieser Berg, in dem die römischen Soldaten nur einen 100 bis 200Meter breiten, trockenen Wegstreifen hatten, bedeutete einen gefährlichen Hinterhalt. An dieser Stelle wurden seit den 1880er-Jahren auch die meisten Funde ergraben: Waffen, Ausrüstung, Münzen, Sandalen und vieles mehr– ein Querschnitt dessen, was römische Armeen auf dem Marsch dabeihatten, Funde von militärhistorischer Bedeutung. Es war eine Sensation fast 2000Jahre nach den Ereignissen. Die Gesichtsmaske wurde rasch zum markanten Erkennungszeichen und geheimnisvoll wirkenden Logo der Varusschlacht.

Überreste der Germanen sind nicht nachweisbar, ihre Ausrüstung bestand aus vergänglichen Materialien, ihre Lanzenspitzen ähnelten den römischen, überhaupt benutzten sie gerne erbeutete römische Waffen, und schließlich konnten sie als Sieger ihre Toten vom Schlachtfeld bergen. Nachweisbar sind allenfalls Funde römischen Metalls, das wohl systematisch vom Schlachtfeld gesammelt, eingeschmolzen, umgegossen und weiterverarbeitet worden war.

Die Datierung all dieser Funde verweist ins Jahr 9n.Chr., das Jahr der nach dem Sieger Arminius oder dem unterlegenen Varus benannten Schlacht im Teutoburger Wald. Dass eine solche wohl drei bis vier Tage dauernde Schlacht stattgefunden hat, ist unstreitig und aus schriftlichen Quellen überliefert, wo genau, ist immer noch nicht mit letzter Sicherheit geklärt. Aber so gut wie sicher erscheint, dass Kalkriese zumindest ein – besonders gut erhaltener– Schauplatz dieser Schlacht war, bei der die Römer drei Legionen verloren mit vermutlich insgesamt 15000 bis 20000Soldaten, dazu noch 4000 bis 5000 Reit-, Zug- und Tragtiere. Hinzu kam als symbolische Schmach, dass auch die Goldadler dieser Legionen verloren waren und darum – singulär– die Ziffern XVII, XVIII und XIX dieser Legionen nie mehr neu vergeben wurden: Jede Erinnerung an diese verheerende Niederlage sollte vermieden werden. Tatsächlich befürchteten die Römer einen anschließenden Angriff auf die Rheinfront, den Abfall Galliens und ein germanisch-gallisches Bündnis gegen Rom.

Arminius war adeliger Cherusker, romfreundlich, römischer Bürger, Offizier und ursprünglich Vertrauter des Varus. Als Anführer einheimischer Hilfstruppen organisierte er einen Aufstand aus dem militärischen Apparat heraus. Ob diese Erhebung mit einem möglicherweise im Vergleich zur vorherigen Statthalterzeit von Tiberius imperial-rigoroseren Herrschaftsstil des Varus zusammenhing, ist umstritten: Die konkreten Motive für die Verschwörung und den Verrat des Arminius bleiben unbekannt. Allerdings ist das Geschehen auch vor dem Hintergrund der innerlich und äußerlich noch ungefestigten und in konfliktträchtigem Wandel befindlichen Landesherrschaft der Römer zu sehen.

Varus war als Nachfolger von Tiberius schon runde zwei Jahre Statthalter des Kaisers Augustus in Germanien und lagerte im Sommer 9n.Chr. mit drei Legionen bei den Cheruskern an der Weser, als er sich auf den Weg machte, um dieser von Arminius im Hintergrund eingefädelten Rebellion Einhalt zu gebieten. Die Lage im Land galt damals eigentlich als stabil, sodass Varus einen sicher erscheinenden Weg nahm durch das Gebiet schon weitgehend als romanisiert geltender Germanenstämme. Dieser Weg führte ihn allerdings in den Hinterhalt und die Niederlage. Sie war desaströs: Varus stürzte sich am Ende – römischer Sitte folgend– in sein Schwert, seine Offiziere folgten seinem Beispiel. Varus’ Haupt kam auf Umwegen nach Rom, Kaiser Augustus ließ es ehrenvoll in dem für ihn selbst vorgesehenen Mausoleum bestatten. Legendär wurde sein Ausruf, nachdem er von der Niederlage hörte: »Varus, Varus, gib mir meine Legionen wieder!«

Kaum zwei Tage nach der Schlacht erreichte die Nachricht von der Niederlage Mogontiacum (Mainz), von wo der dortige Legat, Stellvertreter und Neffe von Varus, mit zwei Legionen rheinabwärts eilte, um ein Ausbreiten der Unruhen, vor allem den Abfall linksrheinischer Stämme zu verhindern, während alle rechtsrheinischen Positionen ihrem Schicksal überlassen blieben. Die Germanen hatten zwar viele weitere Kastelle erobert, aber zu einer erneuten Allianz der Stämme gegen Rom kam es nicht, weil sie sich entzweiten, vor allem der Markomannenfürst Marbod sich Arminius nicht anschloss. Im Jahr 21n.Chr. wurde Arminius nach Stammesstreitigkeiten ermordet.

Mit der Niederlage des Varus waren die Römer in ihrer Germanienpolitik schlagartig um zwei Jahrzehnte zurückgeworfen, sodass zur Sicherung Galliens bis zur Rheinlinie, auch um befürchtete Invasionen abzuwehren, der erfahrene Tiberius im Frühjahr 10n.Chr. zurückkehrte, die rheinischen Legionen verstärkte und neu organisierte. Mit seinen energischen Maßnahmen war rechtsrheinisch bald wieder Ruhe hergestellt.

Während Varus von antiken ebenso wie von modernen Autoren zu Unrecht als unfähig, überheblich und geldgierig charakterisiert wird, hat man Arminius’ Rolle überhöht und verzerrt dargestellt. Seitdem Tacitus-Schriften im 15. / Anfang des 16.Jahrhunderts wiederentdeckt worden waren, wurde Arminius– nach Tacitus’ Formulierung »unzweifelhaft der Befreier Germaniens«– zum »Nationalhelden« der Deutschen; deutsche Geschichte schien mit ihm zu beginnen. Ulrich von Hutten, humanistischer Dichter, gilt mit seiner reformatorisch-antirömischen, posthum erschienenen Arminius-Schrift (1529) als Begründer des Arminiuskults. Der Name wurde »eingedeutscht« in Hermann, Luther wollte ihn poetisch »celebrieren« und hatte ihn »von herzen lib«.

Justus Möser, einflussreicher Jurist und vielseitiger »Vater der Volkskunde«, schrieb ein Trauerspiel (1749) mit Arminius als Titelgestalt, Johann Gottfried Herder rühmte die Gesetze der Germanen, Friedrich Gottlieb Klopstock machte ihn in seiner Hermanntrilogie (1769, 1784, 1787) zum Helden. Die Besetzung durch Napoleon und die Befreiungskriege gaben dem Thema neue »Nahrung«: Ernst Moritz Arndt forderte einen »neuen Hermann«, Friedrich Ludwig Jahn, der »Turnvater«, einen Nationalfeiertag für den Tag der Schlacht (bis etwa 1910 galt übrigens der 9.September als Beginn der dreitägigen Schlacht); Heinrich von Kleist machte in seiner Hermannsschlacht (1808) die Franzosen zu Römern, die Preußen zu Cheruskern, sein Werk wurde aber erst ab 1870/71 mit dem Krieg gegen Frankreich zum »nationalen Festspiel«. Im Kontext des Ruhrkampfs entstand ein Stummfilm unter diesem Titel.

Nach dem Wiener Kongress sahen preußische und österreichische Regierungen den »Arminiusmythos« als Bedrohung, Burschenschaften dieses Namens wurden verboten; Heinrich Heine widmete der nationalistischen Vereinnahmung der Varusschlacht in seinem Deutschland. Ein Wintermärchen (1844) zwar spöttische Zeilen, bekannte aber zugleich, er habe für die Errichtung des Denkmals »selber subskribieret«. Zur Realisierung der lange propagierten Idee zur Errichtung eines Hermannsdenkmals war 1838 ein Verein gegründet worden, der 1841 auf dem 386Meter hohen Berg Grotenburg bei Detmold den Grundstein legte. Es wurde 1871 fertiggestellt und 1875 eingeweiht; der anwesende Kaiser Wilhelm I. wurde vor Tausenden von Teilnehmern mit Arminius verglichen.

Auch die Historienmalerei griff das Thema gerne auf. Und in der Literatur galt bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs Arminius’ Sieg über Varus als Beginn und Grundstein deutscher Geschichte: Felix Dahn verfasste schon vier Jahre vor seinem Bestseller Kampf um Rom einen Siegesgesang nach der Varusschlacht (1872), Theodor Mommsen, späterer Nobelpreisträger (1902), nannte die Schlacht einen »Wendepunkt der Weltgeschichte« (1872) – darin folgte ihm Friedrich Engels– und lehrte, in der Varusschlacht sei erstmals deutsches Nationalgefühl aufgekommen.

Im Kaiserreich wurde das Hermannsdenkmal zu einem Wallfahrtsort für Nationalisten, Rassisten und Antisemiten. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs musste der Hermannmythos sinn- und einheitsstiftend für den Burgfrieden der Parteien herhalten, gegen Ende als Parallele für die Dolchstoßlegende. Hitler besuchte das Hermannsdenkmal 1926, sein Chefideologe Rosenberg ein Jahr später aus Anlass des 150.Geburtstags von Kleist, in der Reichskanzlei stellte einer von acht eigens angefertigten Wandteppichen die Varusschlacht dar. Hitlers Interesse galt mehr der Expansion als der Verteidigung, wobei er kaum die Meinung seines faschistischen Gesinnungsfreundes Mussolini geteilt haben dürfte, es wäre besser für die Germanen gewesen, wenn Arminius unterlegen wäre.

Während das Hermannsdenkmal, das nach seiner Erbauung mit 53Metern Gesamthöhe, davon 26Meter für die Figur, sogar für ein Jahrzehnt wohl die höchste Statue der Welt war, heute mit fast einer Million Besuchern jährlich zu den meistbesuchten Denkmälern in Deutschland zählt, liegt das zum Bimillennium eröffnete, rund 100Kilometer vom Denkmal entfernte Museum in Kalkriese – noch– im Windschatten des Besucheransturms und abseits der Touristenströme.

4

Als »Weinschiff« oder Grabmal – dieses Monument war bei seiner Erstausstellung eine Attraktion; seit 2007 gibt es sogar einen Nachbau als Schiff.

Das Neumagener Weinschiff

Die deutsche Weinkultur

Wie kann es sein, dass ein so faszinierendes, die Fantasie beflügelndes Objekt erst nahezu 1700Jahre nach seiner Entstehung und weitab von seinem ursprünglichen Platz aufgefunden wurde? 1878 wurde es aus dem Fundament der kleinen konstantinischen Festung Noviomagus, Neumagen/Mosel, ausgegraben, dem vielleicht ältesten Weinort Deutschlands. Die von Ausonius, einem Beamten aus Trier, 371n.Chr. gedichtete berühmte Reisebeschreibung Mosella erwähnt – neben anderen schriftlichen Quellen– auch Noviomagus und den Weinbau. Der Ort war Umlade- und Stapelplatz für die Schifffahrt und lag an einer Querverbindung zur Fernhandelsroute. Das Weinschiff galt seit der Ausgrabung als »Glücksfund«, war es doch ursprünglich Teil eines imposanten Grabmonuments des frühen 3.Jahrhunderts n.Chr., das entweder auf einem der römischen Friedhöfe vor den Toren Triers gestanden hatte oder auf einem größeren Landgut moselaufwärts.

Da es keinerlei Inschriften oder Bildmotive gibt, sind wir auf Mutmaßungen über den Toten angewiesen, zu dessen Grabmonument dieses Weinschiff gehörte. Zweifellos waren er und seine Familie wohlhabend, die Spekulationen reichen vom erfolgreichen Händler über Großgrundbesitzer, Militär, Reeder, Schiffs- oder Weinliebhaber bis zu der verbreitetsten Variante eines römischen Weinhändlers. Vor allem die Schiffsladung spricht dafür, und die »verklärte« Miene eines der beiden Steuerleute wird gern als »weinselig« interpretiert. Dieses und manch anderes bleibt weiterhin Gegenstand wissenschaftlicher Erörterung wie auch die Frage, um welchen Typus eines spätrömischen Kriegsschiffs es sich hier handelt, mit sechs Ruderern, Schanzkleidern an der Reling sowie martialisch wirkenden Tierköpfen an Bug und Heck. Der Steinmetz des Grabmals illustrierte jedenfalls keinen militärischen Einsatz, und die den Gesamteindruck dominierenden großen Fässer könnten Salz, Fischsoßen, aber auch Bier oder wohl am wahrscheinlichsten Wein enthalten haben– vielleicht ein ausgemustertes Kriegsschiff, das jetzt dem Transport von Wein diente.

Tatsächlich importierten die Römer ihren eigenen Wein in Weinfässern und Amphoren nach Germanien, weil der »hiesige«, seit Keltenzeiten aus Wildreben erzeugte Wein ihnen nicht schmeckte. Sie brachten über das Rhonetal auch Rebstöcke aus ihrer Heimat in die Gegend von Mosel und Rhein; deren Anbau wurde immer beliebter und zum Ende des 1.Jahrhunderts sogar eingeschränkt zugunsten des Weinimports. Bis zum letzten Viertel des 3.Jahrhunderts war der Konsum von Wein, der als Alltagsgetränk übrigens meist mit Wasser verdünnt getrunken wurde – bei besonderen Anlässen aber selbstverständlich auch unverdünnt und in besserer Qualität–, erheblich gestiegen, sodass auch der Import wieder freigegeben wurde. In konstantinischer Zeit gab es sogar das Amt eines Weinverwalters, eine staatliche Administration für die inzwischen riesigen Anbauflächen. Der Weintransport auf der Mosel dürfte also zugenommen haben– und damit auch die Zahl der Weinhändler, die sich repräsentative Grabmale leisten konnten.

Seit dem ersten Viertel des 7.Jahrhunderts ist auf deutschem Territorium Weinbau auch rechtsrheinisch belegt und seit dem 6./7.Jahrhundert auch an den Südlagen der Donau. Karl der Große regelte in der Verordnung »Capitulare de Villis« über die Verwaltung seiner Güter unter anderem die Aufbewahrung von Wein in Fässern statt Schläuchen bzw. Tierbälgen (die schwerer zu reinigen waren und Wein rascher altern ließen) und verbot aus Reinlichkeitsgründen das Entsaften mit den Füßen. Er, der selbst »während der Mahlzeiten selten mehr als drei Becher trank« (Einhard), erließ – wenn auch vergeblich wie viele Fürsten nach ihm– Verbote gegen den Trinkzwang bei Gesellschaften. Sieben Jahrhunderte später klagte Martin Luther »Wir predigen und schreien und predigen. Es hilft leider wenig«, wobei es ihm nicht um Enthaltsamkeit, sondern lediglich um Mäßigung ging.

Nach Rebsorten wurde im frühen Mittelalter nur selten unterschieden, wohl aber seit dem 13.Jahrhundert zwischen »hunnischem« und dem wertvolleren »frentschen« Wein, dem vinum hunnicum bzw. francium, was aber nichts mit der Weinfarbe zu tun hatte. Denn bis Mitte des 15.Jahrhunderts wurde überwiegend Rotwein getrunken; Weißwein kam überhaupt erst im 13.Jahrhundert stärker auf. Zentren der Weinkultur waren die Klöster, und das nicht nur, weil sie Messwein benötigten. Wein war ein Volksgetränk; der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch an Wein soll im Mittelalter in Deutschland etwa 150 bis 200Liter betragen haben, während es heute lediglich 21Liter sind. Selbst bei den bescheiden lebenden Zisterziensern schrieb die Ordenssatzung den Besitz eigener Weinberge vor. Auch weltliche Fürsten förderten den Weinbau. Wein war wegen seines Alkoholgehalts keimärmer und sauberer als Wasser und auch deswegen beliebt; gegen die zunehmende Weinpanscherei wurden zum Beispiel in der zweiten Hälfte des 15.Jahrhunderts Weingesetze erlassen. Die Rebflächen auf deutschem Boden sollen an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit insgesamt dreimal so groß gewesen sein wie heute. Es wurde mehr produziert, als der eigene Bedarf verlangte, und dementsprechend auch exportiert. Köln war das »Weinhaus der Hanse«.

Die Qualität der Weine ging – auch als Folge des Dreißigjährigen Kriegs– drastisch zurück, entsprechend auch der Absatz. Zum Ende des 18.Jahrhunderts wurden Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung notwendig, und zu dieser Zeit wurde das Gebiet an der Mosel aufgrund einer erzbischöflichen Anordnung zum Anbau dieser Reben allmählich zur Rieslingregion. Erst in der Zeit der napoleonischen Herrschaft in Deutschland – mit der Säkularisation– wurde die kirchliche Vorherrschaft im linksrheinischen Weinbau beseitigt; die großen Weingüter von Adel, Klöstern und Kirchen wurden verstaatlicht, aufgeteilt und meistbietend versteigert, oft an ihre bisherigen lehenspflichtigen Pächter. Der Wechsel von herrschaftlich gelenkter Bewirtschaftung zu eigenverantwortlichem Anbau und Vermarktung führte allerdings zu einer Stagnation von Weinbau- und Kellertechnik, was kleine Winzer an ihr Existenzminimum brachte, die Auswanderung förderte und genossenschaftliche Zusammenschlüsse entstehen ließ. Die aus Nordamerika seit dem letzten Drittel des 19.Jahrhunderts über London und Frankreich und gegen Ende des Jahrhunderts auch nach Deutschland eingeschleppte Reblaus hatte bis nach dem Ersten Weltkrieg katastrophale Folgen und brachte den Weinanbau fast zum Erliegen, bis sie mit sogenannten Pfropfreben auf resistenten amerikanischen Wurzeln seit der Jahrhundertwende erfolgreich bekämpft werden konnte.

Der Alkoholgehalt bestimmt Haltbarkeit und Geschmack und ist abhängig vom Zuckergehalt der Trauben, der wiederum natürlicherweise von Sonne und Witterung bestimmt wird. Zucker wurde erst um die Mitte des 19.Jahrhunderts so preiswert, dass es sich rentierte, ihn nicht nur Schaumwein, sondern auch Wein zuzusetzen. Die Trockenverbesserung – das Chaptalisieren– kam Anfang des 19.Jahrhunderts auf, die Messung von Oechslegraden um 1840. Louis Pasteur enthüllte die Geheimnisse der Gärung, und Sterilfiltration ermöglichte in der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts das Abfüllen süßer Weine in großem Ausmaß. Edelstahlbehälter helfen geschmackliche Nuancen besser zu erhalten als Holzfässer. Die sogenannte Weinverbesserung durch »Gallisierung« wurde Mitte des 19.Jahrhunderts erfunden und gegen Ende des Jahrhunderts als »Nassverbesserung« lebensmittelrechtlich reguliert. Sie erlaubte es, eine zu geringe Sonneneinstrahlung bis zu einem gewissen Grad mit Wasser und Zucker auszugleichen. Ein eigentliches deutsches Weinrecht gibt es heute nicht (mehr), weil seit 1970 eine immer komplizierter gewordene europäische Weinmarktordnung geschaffen wurde.

Rheinhessen, Pfalz, Baden, Württemberg und Mosel sind heute die mit Abstand größten Weinanbaugebiete in Deutschland, hier werden auf fast 100000Hektar 86Prozent des Weins erzeugt (2008). 22Prozent der produzierten Weine sind Riesling, gefolgt von Müller-Thurgau (13Prozent) und Spätburgunder (12Prozent), die weitere Sortenvielfalt ist immens. Nach Frankreich, Italien und Spanien ist Deutschland viertgrößter europäischer Weinexporteur und der achtgrößte weltweit. 14Prozent der deutschen Durchschnittsernte werden in über 100Länder exportiert, insgesamt 1,3Mio. Hektoliter, überwiegend nach den USA sowie in die Niederlande, nach Großbritannien und Norwegen.

Wein hat einen hohen Stellenwert im gesellschaftlichen Leben und damit auch in der Geschichte, Alkaios von Lesbos dichtete im 7.Jahrhundert v.Chr. vom Wein als »Spiegel für die Menschen« und dass in ihm die Wahrheit liege, woraus bei den Römern der geflügelte Satz »in vino veritas« wurde. Die Trinkkulturen der Länder sind allerdings durchaus unterschiedlich, in den Mittelmeerländern gilt Weintrinken als eher »integriert«, also ohne besondere Anlässe üblich, in anderen – auch Deutschland– nennen Soziologen es »ambivalent«, gesellschaftlich akzeptiert, aber nicht ohne jeden Anlass.

Als ältester Winzer in unserem Kulturkreis gilt Noah, weil er dem Buch Genesis der Bibel zufolge Reben in die Arche rettete, nach der Sintflut neu anpflanzte, aber sich auch am Wein berauschte. Schon bei den Römern – und nicht erst im Mittelalter– soll mehr Wein als Wasser getrunken worden sein– die Miene des fröhlichen Steuermanns auf dem Neumagener Weinschiff mag den Betrachter an den Wandel des Weinkonsums denken lassen. Sortenvielfalt und internationale Konkurrenz haben bis heute erheblich zugenommen, stärker als in der Vergangenheit ist der Weingeschmack der Mode unterworfen: Vor 100Jahren hieß es, der Weingeschmack wechsele alle 100Jahre, inzwischen geschieht das im Lauf von Jahrzehnten. Nach den Mangeljahren der unmittelbaren Nachkriegszeit waren in den 1950er-Jahren preiswerte, süße, aromatische Weine der »Renner«, in der Wirtschaftswunderzeit süße Spät- und Auslesen, seit den 1970ern wurde »trocken« getrunken, in den 1980ern brachte die Gesundheitswelle einen bis heute anhaltenden Rotweinboom. Seit den 1990er-Jahren geht der Trend global zu höheren Alkoholwerten, südlichen Reben und dem Ausbau im Barrique. Im neuen Jahrtausend wird »Lage« durch »Terroir« ersetzt, »Sorte« durch »Bodenart«. Trends der Individualisierung und der Globalisierung bzw. Vereinheitlichung stehen sich heute gegenüber, das allgemeine Qualitätsniveau hat sich deutlich verbessert, aber aus Vielfalt könnte Einfalt werden, wenn das Kulturgut Wein »nur« noch Getränk ist.

5

Aus wenigen Originalfunden (Skizzen) wurde in akribischer wissenschaftlicher Arbeit rekonstruiert, wie die Haithabu1 ausgesehen haben könnte.

Haithabu 1

Die Wikinger

Vor 1000Jahren war das wahrscheinlich im 8.Jahrhundert gegründete Haithabu vor den Toren der heutigen Stadt Schleswig am Haddebyer Noor eine der »Metropolen« Nordeuropas. Hier kreuzten sich vom 8.bis in das 11.Jahrhundert Fernhandelswege aus West- und Osteuropa, vom skandinavischen Raum bis in den arabischen, hier kamen Menschen und Waren aus aller Welt zusammen und trafen zahlreiche Kulturen und Währungen aufeinander; und es wurden hier auch Münzen geprägt. Fast 300Jahre hatte der Hafen eine Schlüsselposition im Warenumschlag zwischen Nord- und Ostsee, weil von hier nur 18Kilometer Landweg zu bewältigen waren, um über Treene und Eider die Nordsee zu erreichen. Ein großer Halbkreiswall schützte die Stadt und ihre 1000 bis 1500 Einwohner. Er war mit dem Danewerk verbunden, einem gewaltigen Bollwerk der Dänen gegen ihre südlichen Nachbarn.

Seit dieser Zeit lag im Wasser des ehemaligen Hafenbeckens ein außergewöhnliches Wikingerschiff. Zu Beginn des 20.Jahrhunderts weisen Ausgrabungen auf dem gesamten Areal auf die Bedeutung von Haithabu hin, das aber auch in einer arabischen Reisechronik aus dem Jahr 965 schon als »sehr große Stadt am äußersten Ende des Weltmeeres« beschrieben wurde. Im Dezember 1926 stießen Holmer Fischer zufällig auf ein langes Stück Holz, das sich als Teil eines Einbaums herausstellte. Seitdem wurde systematischer gegraben, weil weitere Funde, vielleicht auch Schiffe vermutet werden konnten. Weil die Nationalsozialisten »germanische Identität« suchten, erhielten die Ausgrabungen im »Dritten Reich« eine ideologische Begründung und damit besondere Priorität: Heinrich Himmler übernahm 1934 eine »Patenschaft« über die Ausgrabungsarbeiten, und die von ihm 1935 gegründete »Ahnenerbe-Stiftung« investierte in Haithabu etwa die Hälfte ihres Ausgrabungsetats.

Reste der Hafenpalisade und das Wrack des Wikingerschiffs Haithabu 1, wie es von den Wissenschaftlern genannt wurde, wurden erst 1953 entdeckt– ein sensationeller Fund; war es doch bis zur Entdeckung der Roskilde 6 in Dänemark 1996/97 das größte je gefundene Wikingerschiff. Seine Bergung war schwierig, da das trübe Wasser Probleme bereitete, auch eine Tauchaktion mithilfe der Bundesmarine 1966 blieb erfolglos. Erst nachdem 1979 im Wasser ein eigener Kasten aus Spundwänden Stück für Stück um das Wrack herumgebaut worden war, konnte das Wasser anschließend aus dem Kasten herausgepumpt und das Wikingerschiff auf diese Weise trockengelegt werden.

Der Form seines Rumpfes nach zu urteilen, diente die Haithabu 1 zu unterschiedlichen Fahrtzwecken – auch als Kampfschiff– und war nicht nur wegen ihrer Länge von etwa 30Metern und der für ihren Bau ebenso wie für erkennbare Reparaturen verwendeten wertvollen Rohstoffe ein außergewöhnliches Schiff. Den bisherigen Untersuchungen zufolge wurde es im ausgehenden 10.Jahrhundert, wahrscheinlich um das Jahr 982 gebaut und ging zwischen 990 und 1010 unter. Brandspuren deuten darauf hin, dass es vor dem Untergang Schlagseite nach Steuerbord hatte, in Flammen stand und auf seiner Backbordseite bis unter die Wasserlinie abbrannte. Es gibt verschiedene Erklärungsversuche zu Brand und Untergang. Ein Unfall wird ausgeschlossen, auch ein »heidnisches« Begräbnisritual eher für unwahrscheinlich gehalten. Plausibler erscheint die Deutung, es gebe hier einen Zusammenhang mit einer Schlacht um die Stadt Haithabu: So könnte das Kriegsschiff bei einem Angriff auf die Hafenanlage mit Brandpfeilen beschossen worden sein, bis das geteerte Segel und schließlich auch der Rumpf in Flammen aufgingen; oder es diente als »Brander«, eine Art brennender Rammbock, der – wie in nordischen Sagas beschrieben– vom Angreifer bewusst angezündet und mit gesetzten Segeln gegen die Befestigungen des Verteidigers gerammt wurde. Aber ob wirklich ein Schiff von solcher Qualität hier so genutzt wurde, muss bislang offenbleiben. Jedenfalls fiel Haithabu 1066 in einer Schlacht den Flammen zum Opfer. Die Gebäude brannten nieder, und das Gelände der einstigen Metropole des Nordens wurde nie wieder großflächig bebaut.

Wenn wir von den Menschen reden, die in Haithabu lebten und in dessen Umgebung vielleicht auch Schiffe bauten, dann sprechen wir ganz selbstverständlich von »Wikingern«– doch wer oder was sind eigentlich diese »Wikinger«? Die Franken nannten sie schlicht »nortmanni« – »Nordleute«–, und auch ihnen war bewusst, dass es sich nicht um ein einzelnes Volk handelte. In den schriftlichen Quellen findet sich zwar auch der Begriff »Vikingr«, doch ist er selten und bleibt äußerst vage. Adam von Bremen, ein zuverlässiger mittelalterlicher Chronist, beschreibt sie sinngemäß als Seeräuber, die Dänen nennten sie Wikinger, die Sachsen »Ascomannos« (»Eschenmenschen«), die vom dänischen König geduldet wurden, da sie ihm Tribut zahlten.

Die Wikinger waren eine Gruppe der skandinavischen Gesamtbevölkerung, doch ihre Taten hatten Einfluss auf ganz Europa und darüber hinaus. Ihre Bedeutung verdanken sie ihren außerordentlichen Fertigkeiten in Schiffsbau und Navigation. Die Qualität ihrer Schiffe ist legendär; diese waren zugleich auch Symbole von Prestige und Macht. Mit geringem Tiefgang und Gewicht konnten sie über Flüsse tief ins Land fahren und unabhängig von Häfen landen. Und sie konnten sogar für Reparaturen an Land gezogen werden. Zugleich waren sie hochseetauglich, da das große viereckige Segel lange Fahrten ermöglichte und ein langer Rumpf ein effektives Rudern. Schiffe wie die Haithabu 1 hatten ungefähr 30Ruderreihen, sodass auch ohne Wind erstaunliche Geschwindigkeiten möglich waren. Die Langschiffe der Wikinger – dies berichten auch die schriftlichen Quellen– waren außergewöhnlich schnell und daher besonders geeignet für überfallartige Eroberungen; ihre bauchigeren, breiteren Handelsschiffe (»Knorr«) ermöglichten große Erfolge im Fernhandel. Konnten die nordischen Schiffstypen im 11.Jahrhundert 60Tonnen Ladung aufnehmen, so waren es im 12.Jahrhundert bereits 80, im 13.Jahrhundert sogar bis zu 150Tonnen.

Das Klischee von den brutalen Wikingern existiert bis heute. Ihre Feldzüge waren eng verbunden mit ihren Wirtschafts- und Handelsinteressen, häufig waren es »räuberische Kauffahrten« (Fried): Von Luxusgütern über Sklaven bis zu Alltagsgegenständen und Nahrung reichten ihre Handelsinteressen, sie plünderten an der Nord- und Ostsee, an der Atlantikküste und im Mittelmeer. Sie fuhren die russischen Flüsse hinauf und erreichten byzantinische Gewässer. Sie überfielen Klöster, Höfe und Dörfer, nahmen Silber und Gold, verschleppten und versklavten die Besiegten. Einhard, der Chronist Karls des Großen, berichtet von der Anlage von Befestigungen und der Positionierung von Schiffen in wichtigen Flussmündungen zur Verteidigung gegen die Wikinger.

Besonders hart trafen die Überfälle das Westfrankenreich und die Britischen Inseln, aber auch im entfernteren Osteuropa zwangen die »Waräger« Slawen und andere Völker auf dem Gebiet des heutigen Russland zu Tributzahlungen, wie eine Kiewer Chronik für das 9.Jahrhundert berichtet. Aus den zunächst eher spontanen und küstennahen Plünderfahrten der Wikinger wurden im Lauf der Zeit geplante, regelmäßige und häufigere Unternehmungen mit immer mehr Kämpfern, die auch tiefer ins Landesinnere vordrangen. Schließlich besetzten die Wikinger die eroberten Gebiete, mehrfach überwinterten ihre Heere im Frankenreich, errichteten Befestigungen und blieben als Gruppe manchmal mehrere Jahre an bestimmten Plätzen, so zum Beispiel im ausgehenden 9.Jahrhundert in Friesland und England oder ab 880 am Niederrhein. 911 erhielt ein Wikingeranführer nach seinen Überfällen die Normandie als Lehen und begründete ein Herzogtum; 1016 hatten sie ganz England erobert, und ab 1020 errichteten sie Herrschaften in Süditalien.

Ihre Fahrten führten die Wikinger noch weiter in den Norden: Im 9.Jahrhundert entdeckten sie Island und besiedelten es, im 10.Jahrhundert ließen sich erste Wikinger an der Küste Grönlands nieder. Um die Jahrtausendwende erreichte Leif Eriksson mit seiner Mannschaft ein Land jenseits des Atlantiks, das er »Vinland« nannte (Neufundland), und wurde so zum ersten Europäer, der Nordamerika erreichte. Eine isländische Saga berichtet davon, und Ausgrabungen bestätigen sie zumindest teilweise. Zu dauerhaften Siedlungen von Wikingern kam es auf dem amerikanischen Kontinent jedoch nicht.

Unser Bild der Wikinger hat sich im Lauf der Geschichte verändert. Seit das aus dem 13.Jahrhundert stammende Nibelungenlied, dessen Thema bis in die Zeit der germanischen Völkerwanderung zurückreicht, im 18.Jahrhundert wiederentdeckt wurde, stieg mit der wachsenden Begeisterung für den Mythos der Germanen im 19.Jahrhundert auch das Interesse an den Wikingern. Im 20.Jahrhundert konnte der aufkommende Nationalsozialismus darauf aufbauen, es ideologisch kultivieren und die »nordische Reinheit« der Wikinger und ihre Überlegenheit über andere Völker rassistisch verklären. In der Sowjetunion hingegen wurde die Rolle der Wikinger zum Beispiel bei der Gründung Nowgorods und Kiews verleugnet.

6

Die Saufang-Glocke stammt vermutlich aus dem 9.Jahrhundert. Den Weltkriegen fielen im 20.Jahrhundert viele Glocken zum Opfer.

Der Saufang

Glocken im kulturellen Wandel

Nach der Legende wurde diese Eisenglocke von einem Schwein aus der Erde gewühlt, war also ein ganz besonderer Saufang. Tatsächlich war es nicht unüblich, Glocken zu verstecken, auch zu vergraben, wenn sich Feinde näherten; für die Jahre 881/882 sind grausame Überfälle der Normannen im Rheinland überliefert. Vielleicht seit der Gründung des Kölner Damenstifts St.Cäcilien im letzten Drittel des 9.Jahrhunderts hing die Glocke in der dortigen Kirche und kam nach über einem Jahrtausend, Ende des 19.Jahrhunderts, ins Museum. Vielleicht ist sie sogar noch älter und stammt aus der Zeit des Kölner Bischofs Kunibert im 7.Jahrhundert, der sie nach einer Legende geweiht haben soll und an dessen Todestag sie immer läutete, seitdem sie in St.Cäcilien hing; in den Stiftsstatuten aus dem 14.Jahrhundert wurde sie ausdrücklich als »sent Kunibertz clocke« erwähnt. Der Saufang ist jedenfalls ein »einzigartiges, frühes Dokument der abendländischen Glockengeschichte« (Poettgen) und zählt zu den ältesten – und zudem funktionsfähigen– Glocken im deutschsprachigen Raum.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!