Die Ballade der Fünf Paladine - Luis Rimmel - E-Book

Die Ballade der Fünf Paladine E-Book

Luis Rimmel

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Beschreibung

Ein Kronprinz, eine Regentin und die Erbin des verlorenen Kaisers - allesamt in einer Welt auf Messers Schneide. Die Föderation der Pax hat dem Königreich der Schneekrieger den Krieg erklärt! In beiden Reichen verhärten sich die Fronten, waghalsige Intrigen werden gesponnen und neue Mächte erheben sich, welche die bestehende Ordnung erschüttern. Gleichzeitig begeben sich alle Fraktionen auf die Jagd nach der alles entscheidenden Erbin des Kaisers. Doch wer wird letztendlich die Macht über sie erlangen und wer wird den ersten Schlag wagen, der die Flut des Krieges vollständig entfesselt? Der Konflikt entfaltet sich in drei Perspektiven - den beiden rivalisierenden Fraktionen und der bedrohten Welt dazwischen. Dieser Roman ist der zweite Band der Fantasy-Saga "Die Ballade der Fünf Paladine".

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Für Gepard & Sepp

Wenn sich die Zeit dem Ende neigt,

das Böse aus der Tiefe steigt,

dunkle Mächte sich vereinen,

die Paladine im Lichte erscheinen.

Wenn der Leviathan die Gezeiten lenkt,

der Syblu den schwarzen Vorhang senkt,

der Lujatin die Wahrheit erkennt,

der Ryblu in den Flammen verbrennt.

Wenn sie alle ein Opfer bringen,

die Liebe und das Leben verklingen,

Macht und Sieg im Winde verwehen,

das Wissen und die Wahrheit vergehen.

Dann wird das Erbe des Königs auferstehen,

und die Welt wird zu Ende gehen.

Doch Neues wird aus der Asche entstehen,

und das Alte wird vergehen.

Inhaltsverzeichnis

I.

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

II.

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

III.

Kapitel 1

Kapitel 2

Amtsantrittsrede

Kapitel 3

Kapitel 4

IV.

Der Reiter der Schlummernden Mulde

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Squart

Kapitel 4

V.

Ankündigung

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

VI.

Ghule

Kapitel 1

Kapitel 2

VII.

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

VIII.

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

IX.

Wystbach

Kapitel 1

Der Spielemeister

Kapitel 2

Kapitel 3

X.

Kapitel 1

Kapitel 2

Cavengrad

XI.

Kapitel 1

Squart

Morgendämmerung

Nachmittagssturm

Nachtfinsternis

Epilog

XII.

Die Völker von Menoria

Charakterverzeichnis

Die Reiche von Menoria

Weitere Informationen

Bisherige Chronologie der Fünf Paladine

Danksagung

I.

Der erste Vers

THUREN

STEIN

»We have our own way of living

And everything is done

With a southern accent

Where I come from.«

Johnny Cash – Southern Accents

Kapitel 1

Selendur Saphirion Serpur war ein Bote, doch keineswegs irgendein Bote. Gewöhnliche Boten würden nämlich gewiss keine strammen, bepanzerten Hengste reiten und sie würden auch mit Sicherheit keine langen, smaragdgrünen Mäntel aus Seide des Kaiserreiches von Aquador tragen. Ihnen würde des Weiteren auch mit höchster Wahrscheinlichkeit keine lange, prächtig geschnitzte Pfeife aus dem Mund hängen, die bis zur Brust hinabragte und in der fremde Kräuter vor sich hin glühten. Nein, so etwas konnte kein gewöhnlicher Bote sein.

Außerdem würde ein gewöhnlicher Bote auch sicher keine Nachricht von solch enormer Wichtigkeit übermitteln, dass man sie keinesfalls auf eine Pergamentrolle oder in einen versiegelten Briefumschlag schreiben durfte. Denn Papier konnte verloren gehen oder – noch schlimmer – gestohlen werden, in die Hände des wissbegierigen Feindes fallen. Eine Nachricht wie die des Boten Selendur Serpurs war eine Nachricht, die man nur im Kopfe mit sich tragen durfte. Auswendig gelernt, sodass er sie niemals vergessen konnte. Denn eine Erinnerung war für den Rest der Welt unerreichbar wie die Sonne selbst. Nicht einmal die Folter konnte die Worte seines Herrn aus dem Munde Selendur Serpurs zwingen.

Die Straßen waren gefährlich in diesen Landen. Hinter jedem Baum, jedem Stein und jedem Hügel konnte ein Bandit, ein Räuber, ein feindlicher Recke – oder schlimmer – ein schreckliches Geschöpf der Nacht auf ihn lauern. Ghule, Werwölfe und andere Missgestalten trieben in allen Teilen der sechs Reiche ihr Unwesen, besonders in den abgelegenen Wäldern und Gebirgen. Für diese Biester machte es keinen Unterschied, ob man ein Schneekrieger, ein Oger oder ein Pax war, sie trieb einfach nur der Hunger. Und wenn ein unschuldiger Landstreicher oder Wanderer des Weges kam und für sie schmackhaft aussah, gab das den Ungeheuern Grund genug, ihn ohne weiteres Nachdenken zu attackieren und auszufressen. Die Wenigsten wären dazu in der Lage, der Kraft eines ausgewachsenen Werwolfes zu trotzen oder gar den Biss eines stinkenden Ghules zu überleben. Und wenn selbst ein ausgebildeter Monsterjäger nur mit Schwierigkeiten einen Greifen oder Lindwurm bezwingen konnte, wie sollte man sich dann auf den Landstraßen des Reiches Dunkenehr fernab der großen Städte und Burgen auf sicherem Wege fühlen? Doch ein gewöhnlicher Bote würde selbst in diesen Gefilden nicht mit zwei ausgebildeten, bis an die Zähne mit teurem Stahl bewaffneten Kavalieren auf ebenso prächtigen Hengsten an seiner Seite reiten. Ein gewöhnlicher Bote trug vielleicht ein rostiges Schwert bei sich, mied als gefährlich bekannte Pfade und hoffte einfach auf das Glück, nicht von Banditen oder Ungeheuern überfallen zu werden.

Aber Selendur Serpur war kein solcher Bote, denn ein gewöhnlicher Bote würde auch nicht das Wappen eines brennenden Speeres, umwunden von einer fauchenden Schlange, auf dem Lederharnisch tragen. Dies war das Wappen seines Herrn, des ehrenwerten Bürgermeisters der Stadt Cyrian und des Herrn über die blühenden Lande des Herrenheils. Selendur Serpur war der persönliche Bote einer der mächtigsten Regenten der Föderation der Pax und so hatte er sich auch zu verhalten. Er war vor einer Woche von Cyrian aus losgeritten und hatte sich auf den Weg nach Süden gemacht, in das verfluchte Reich von Dunkenehr. Hier gab es nichts als Wälder und Sümpfe, Schluchten und steinige Bergpässe. Überall lauerten Banditen und Ungeheuer, sodass man sich jeden Tag aufs Neue nicht sicher sein konnte, ob man den nächsten Morgen noch erleben würde.

Als er und seine Gefährten noch durch ihre Heimat, die Provinz Cynien, geritten waren, hatten sie es sich jede Nacht in teuren und wohlhabenden Wirtshäusern gutgehen lassen können. Sie schmausten jeden Abend köstliche Speisen, tranken guten Wein und feierten fröhlich mit freundlicher Gesellschaft und guter Musik. Sie schliefen in warmen, weichen Betten, hatten nur selten schlechtes Wetter und waren somit fast andauernd bei guter Laune.

Doch im Reich von Dunkenehr war alles anders. Es gab nicht gerade viele Gaststätten und wenn es welche gab, war das Essen trocken, der Wein geschmacklos, die Musik ohrenbetäubend, die Frauen hässlich und die Betten hart und morsch. An so manchen Abenden ging Selendur Serpur auch lieber hungernd und mit leerem Magen ins ungemütliche Bett, als den widerwertigen Fraß hinunterzuwürgen, der ihm von dem stinkenden Wirt aufgetischt wurde.

Dazu mussten sie immer darauf achtgeben, dass sie als Pax nicht aus Versehen in ein Wirtshaus der Schneekrieger marschierten. An einem regnerischen Abend widerfuhr ihnen nämlich einmal ein solches Unglück, dass sie in eine Gaststätte stapften und sogleich von zehn Schneekriegern begrüßt wurden, die beim Anblick des Wappens von Cyrian aufsprangen und ihre Schwerter zückten. Dunkenehr war ein Reich der Schneekrieger und ein Pax war hier nicht willkommen. Und so kam es auch oft, dass sie für die Nacht keine Unterkunft finden konnten und somit draußen in der Wildnis unter den Schatten der dunklen Bäume übernachten mussten. Ein Lagerfeuer war zu gefährlich, da es Banditen, Ungeheuer oder andere Tiere anlocken konnte. Also blieben ihnen nur feuchte Decken gegen die Kälte der Winternächte und Gebete zum Schutz gegen alles Böse. Bis auf einen einzigen Zwischenfall mit einem Ghul, bei dem sie fast einen der Ritter verloren hätten, war bisher so alles gut gegangen.

Nach dem düsteren Tayrenwald ging es nun für Selendur Serpur und seine Gefährten den ebenso mit dicken Bäumen bewachsenen Hang des Gebirges von Barbos hinauf. Hier gab es vielleicht weniger Ghule und Mantikore, dafür jedoch umso mehr Greife und Lindwürmer und auch Gaststätten waren überhaupt nicht mehr vorzufinden. Wo es vorher noch im Tal weite und größtenteils ebene Straßen gegeben hatte, ließen sich in den Bergen nur noch steinige und rutschige Pässe finden. Hier herrschte schlichtweg keine Zivilisation mehr. Man konnte förmlich spüren, wie das noch mehr verfluchte Reich von Wyros immer näher rückte. Der einzige Lichtblick war es wohl, dass es weniger regnete, was jedoch auch nicht dem Gebirge zu verdanken war.

Nach dreizehn langen und anstrengenden Tagen endete ihre schier endlos scheinende Reise dann schließlich, als sie aus dem Dickicht der Bäume ritten und auf einen steilen, mit grünem Gras bewachsenen Hang trafen, auf welchem hier und da eine kleine Fichte wuchs oder ein großer Stein fest im Boden verankert lag. Am Ende des Hanges ragte eine Felsmauer beinahe schon senkrecht dem wolkenfreien Himmel entgegen und am Fuße dieser Mauer, zwischen zwei Felsspalten, konnte man bereits von hier unten aus die Burg Thurenstein erkennen. Eine steinerne Ruine mit zwei heruntergekommenen Türmen neben dem kleinen Burgtor und einem winzigen Bergfried dahinter. Es war fast schon beschämend, sich diese verfallene Festung anzusehen. Ein bekümmerndes Bauwerk, welches man schon vor Jahrzehnten hätte abreißen sollen. Und dafür hatte er den weiten beschwerlichen Weg durch Wälder, Sümpfe und über Berge auf sich genommen. Für dieses Drecksloch.

Selendur Serpur musterte wehleidig den steinernen Pfad, der sich zwischen blökenden Ziegen den steilen Hang zur alten Burg hinaufwand, da erblicke er plötzliche eine Person. Eine junge Dame, vielleicht von achtzehn oder neunzehn Jahren, in einer dreckigen, blauen Latzhose gekleidet, die da barfuß auf einem kleinen Felsen saß und ein fröhliches Lied pfiff. Ihr rot-braunes Haar hatte sie über ihre Schulter zu einem Zopf geflochten und kleine Blumen mit weißen Blüten hineingesteckt. Immer wieder nahm sie einen kräftigen Zug aus einer kleinen Pfeife, um damit zauberhafte Ringe aus Rauch in die Luft zu blasen und neben ihr kauerte ein alter Rüde, der schnaufend ein Schläfchen hielt. Was Selendur Serpur aber an ihr überraschte, war, dass es sich bei ihr nicht um eine Pax, sondern um einen waschechten Menschen handelte. Ihm war bewusst gewesen, dass in dieser Burg fernab jedweder Zivilisation noch Menschen lebten – der amtierende Graf war immerhin auch einer – doch überwältigte ihn dennoch dieser Anblick. Er hatte seit achtzehn Jahren keinen Menschen mehr zu Gesicht bekommen, denn in seiner Heimat und den umliegenden Provinzen und Königreichen waren sie eine ausgestorbene Rasse, ein seltener Anblick – wie ein einsames Edelweiß.

Selendur Serpur trieb sein Pferd vorsichtig an und trabte auf das Mädchen auf dem Felsen zu, seine zwei Gefährten hielten etwas Abstand. Als sie den Reiter erblickte, nahm die junge Dame langsam die Pfeife aus ihrem Mund und starrte den Ankömmling misstrauisch an. Ihre Beine hielten in der Luft an und langsam verschränkte sie die Arme vor ihrer kleinen Brust.

»Guten Tag, junge Dame!«, säuselte Selendur Serpur und schwang sich von seinem Pferd herab, als dieses vor dem Felsen zum Stehen kam. Er verbeugte sich einmal schwungvoll und präsentierte freundlich seine gelben Zähne.

Das Mädchen hingegen machte jedoch keinerlei Anstalten, ihm zu antworten, und starrte den unbekannten Gast nur weiter verwirrt an. Der alte Rüde war inzwischen aus seinem Schlummer erwacht, hatte sich aufrecht neben sein Frauchen gestellt und drohend zu knurren begonnen.

»Mein Name ist Selendur Serpur«, stellte der Bote sich vor und nahm sich die weite Kapuze seines Umhangs vom Kopf, wodurch er dem Mädchen sein schief grinsendes Gesicht offenbarte. »Ich bin ein Bote aus einem fernen Lande und ich bringe wichtige Kundschaft für deinen Herrn!«

Wieder keine Antwort. Dieses kleine Gör war wirklich unverschämt hartnäckig. Aber um ehrlich zu sein, etwas anderes hatte er auch an einem Ort wie diesem nicht erwartet.

»Kannst du sprechen?«, versuchte Selendur Serpur es ein letztes Mal, bevor er das Mädchen wohl von dem Fels herunterziehen würde. »Oder hat man dir etwa die Zunge herausgeschnitten? Wie ist dein Name, Mädchen?«

Kein Ton kam aus dem Mund des Mädchens. Dann, gerade als der Bote die Hand nach ihr ausstrecken wollte, ergriff sie plötzlich doch das Wort. »Wer seid Ihr?«, fragte sie unhöflich und nickte ihrem Gegenüber einmal zu. »Und was wollt Ihr hier?«

Der Bote grinste breit und schief. »Mein Name ist Selendur Serpur, junge Dame«, wiederholte er mit aufgesetzter Höflichkeit. »Aus der wunderbaren Stadt Cyrian am Ufer des blühenden Flusses Herrenheil. Ich bin ein Bote seiner hohen Regentschaft Elendur Dhorn. Und ich bin hier, um deinem Herrn eines äußerst wichtige Nachricht zu übermitteln.«

Das Mädchen starrte ihn für einen Moment wortlos an, zuckte dann aber einfach unbeeindruckt mit den Schultern und steckte sich ihre Pfeife wieder zwischen die Zähne. »Tut mir wirklich schrecklich leid, Herr Serpur, aber davon habe ich noch nie gehört. Weder von einer Stadt namens Cyrian noch von einem Mann namens Elendur Dhorn.«

Selendur Serpur zog ungläubig eine Augenbraue hoch. »Du hast noch nie etwas von Cyrian gehört? Der Hauptstadt des glorreichen Cyniens am Ufer des blühenden Flusses Herrenheil? Dem ehemaligen Sitz des Hauses Salazcar, des größten Adelsgeschlechts der Incynen und der Kaiser des vergangenen Reiches der Menschen? Dem Geburtsort der Föderation der Pax?!«

Nach einem Moment des irritieren Schweigens blies das Mädchen eine tanzende Rauchschwade in den Himmel und schüttelte nur unbeeindruckt den Kopf. »Nein, tut mir leid. Noch nie davon gehört. Muss also wohl entweder weit von hier entfernt liegen oder zu klein sein, als dass irgendjemand auf Thurenstein es kennen könnte.«

Der Bote schnaubte mehrfach. »Du bist also der Auffassung«, begann Selendur Serpur, während er demonstrativ den Finger anhob, »dass keine einzige Seele dieser Festung die Namen der großen Könige Salazcar oder das Bild des großen Revoluzzers Larus Dhorn kennt, wie er mit der roten Fahne im Thronsaal Cyrians die Föderation der Pax ausruft?«

»Ich wiederhole«, sprach das Mädchen und paffte schmunzelnd ein paar Ringe aus. »Korrekt.« Sie zuckte mit den Mundwinkeln. »Was erwartet Ihr denn auch? Das ist Thurenstein! Bei uns gibt es keine blühenden Flüsse, keine großen Könige, keine Kaiser vergangener Reiche und auch keine Revolutionen. Wir sind nur … Thurenstein. Eine kleine Festung am Rande der Welt. Wir haben nur unsere Mauern, nur unsere Berge und nur unsere Weiden. Größere Namen oder Dinge gibt es an diesem Ort nicht. Eure Namen haben für uns also genauso viel Bedeutung wie unsere für Euch.«

Selendur Serpur lachte spottend. Er befand sich wahrhaftig am Rande der Welt, außerhalb jedweder Zivilisation. Ein jedes Kind in allen zehn Reichen, von den Sonnenstädten Sarthaans bis nach Zentron und von Venorcar bis Karzas, kannte die Erzählungen der glorreichen Stadt Cyrian und die Geschichten der legendären Könige des Geschlechtes Salazcar. Sie wurden ihnen von ihren Ammen zum Einschlafen erzählt, standen in zahlreichen Geschichtsbüchern und ein jeder Barde, der etwas von sich hielt, sang in seinen Balladen davon. Doch hier draußen kannte niemand die Geschichten der Könige der Incynen. Hier draußen kannten die Leute nichts als Fels, Weide und Wald. Nichts als Ackerbau und Viehhaltung. Jede Stadt der Reiche hatte etwas, das sie einzigartig machte. Doch was hatte Thurenstein? Nichts als moosüberzogenen Stein und morsches Holz.

»Also, Mädchen, wie lautet dann dein Name?«, fragte er schließlich ein weiteres Mal, nun da er glaubte, dass sie etwas offener ihm gegenüber sein würde.

Wieder machte das Mädchen jedoch keinerlei Anstände, seinen Manieren entgegenzukommen. Sie zog einfach nur etwas an ihrer Pfeife, blies einige Wölkchen in den Himmel und fragte dann: »Sagt mir, was genau wollt Ihr eigentlich von meinem Herrn?«

Selendur Serpur starrte sie fassungslos an. Wie es sich für einen Pax seiner Stellung gehörte, fand er seine Fassung aber gleich wieder, räusperte sich und sprach vornehm: »Wie bereits gesagt, ich bin ein Bote aus der Hoheitsstadt Cyrian und habe eine äußerst wichtige Nachricht an deinen Herrn zu übermitteln.«

»Die da wäre?«

Der Bote kniff die Augen zusammen. »Meine Nachricht ist ausschließlich an den Herrscher Thurensteins adressiert, Mädchen. Ich kann sie nicht einfach einem Gör wie dir übermitteln. Ich bin ein angesehener Bote und habe gewissen Standards zu entsprechen! In meiner Berufung arbeitet man mit Diskretion!«

»Und dann schicken diese Leuten in Cyrian ihren angesehensten Mann nach Thurenstein?«, meinte das Mädchen lachend und schnaubte spottend. »Nach Thurenstein? Das sind ja mal Standards, die Euer König da von Euch erwartet.«

Selendur Serpur blies sich entrüstet auf. »Bei allen Göttern, mein Herr ist kein König, Mädchen! Er ist ein Regent!«

»Wo liegt da der Unterschied?«

»Der Unterschied?«, wiederholte der Bote entgeistert. »Zwischen einem König und einem Regenten liegen Welten! Ein König wird ohne Qualifikationen durch reine Willkür in sein Amt geboren, ein Regent hingegen wird aus einer Riege an den besten Männern dieses Kontinents durch die mächtige Stimme des Volkes erwählt. Und die Föderation der Pax ist eine Demokratie! In unserem Reich entscheiden keine Aristokraten, sondern einzig das Volk!«

»Ich sehe trotzdem noch keinen Unterschied«, meinte das Mädchen und zuckte mit ihren Schultern. »Könige, Regenten, Grafen – letztendlich geht es doch sowieso nur darum, wer regiert. Aber egal, was genau ist jetzt Eure Nachricht?« Sie fuhr sich nachdenklich über ihr Kinn. »Was könnte ein Bote wie Ihr aus einer so fernen Stadt nur vom Grafen von Thurenstein wollen?«

»Vergib mir, Mädchen, aber meine Nachricht ist von alles verändernder Wichtigkeit für diese gesamte Gegend«, zischte Selendur Serpur und schnaufte belustigt. »Sie hat jemanden wie dich nichts anzugehen.«

Das Mädchen schnaufte ebenfalls – jedoch mit weitaus mehr Spott in ihrem Ton als in dem des Boten. »Wenn es doch diese gesamte Gegend alles verändernd betrifft, sollte es mich dann nicht auch etwas angehen? Vor allem wenn Ihr anscheinend aus einem Land kommt, in dem eigentlich einzig das Volk das Sagen kann. Wenn ich mich nicht ganz irre, sollte ich doch auch zu diesem Volk gehören, oder etwa nicht?« Während der Bote für einen Moment in seinem Denkprozess stecken blieb, rieb sich das Mädchen weiter nachdenklich ihr Kinn. »Also, warum könnte ein so angesehener Bote den ganzen beschwerlichen Weg von Cyrian bis nach Thurenstein auf sich nehmen? Ihr sagtet, Ihr habt eine Nachricht von Euren Herrn an meinen – heißt also, Euer Herr will etwas von meinem Herr. Doch was könnte der Herr einer so glorreichen Stadt wie Cyrian von einer Festung wie Thurenstein wollen, die doch eigentlich gar nichts hat?«

»Es geht nicht um das, was dein Herr hat«, schnaufte der Bote. »Sondern um das, was er sich weigert, zu geben.«

»Ah!« Erregt schoss ihr Finger in die Höhe und begeistert klopfte sich sie sich einige Male mit ihrem Pfeifenkopf auf den Oberschenkel. »Also kann es nichts Materielles sein. Keine Schätze, keine Waren, keine Steuern. Es muss etwas weniger Greifbares sein … Hach, was könnte er denn sonst wollen?«

Selender Serpur schüttelte lachend den Schädel. »Jemand wie du würde das niemals verstehen, Mädchen, vertrau mir.«

»Oh, ich denke aber, dass ich es verstanden habe.«

»Bitte? Wie meinst du?«

Das Mädchen schmunzelte hämisch, hob ihrer Arme vornehm an verkündete mit dramatisch aufgesetztem Ton: »Liebe! Ist doch ganz einfach. Euer Herr sucht eine verlorene Romanze in meinem!«

Selendur Serpur, der hohe Bote aus Cyrian, kniff die Augen zusammen und fauchte das junge Mädchen an: »Denkst du etwa, du könntest hier mit mir spielen, Kleine?!«

»Spielen? Nein!« Das Mädchen schüttelte energisch den Kopf. »Auf keinen Fall! Als Mitglied des Volkes stelle ich nur eine berechtige Frage an einen meiner Herrscher. Ich bin ja nur jemand, der von alledem nichts versteht.« Sie grinste breit.

Zur Hölle mit ihr, dachte Selendur Serpur sich schließlich. Sollte sie doch heißen, wie sie wollte, und sein, wer sie wollte – er hatte genug von dem frechen Verhalten dieses Mädchens. Denn wer war sie schon im Vergleich mit ihm? Nichts als ein namenloses Bauernmädchen. Er hingegen hatte einen höchstwichtigen Auftrag und den galt es für ihn zu erfüllen. Kleine Gören wie sie vergeudeten nur seine wertvolle Zeit. Und diese wollte er so wenig wie möglich an einem Ort wie diesem verbringen.

»Ist Valerian Vitor noch der amtierende Herrscher Thurensteins?«, fragte Selendur Serpur schließlich.

Überrascht von dem plötzlichen Themenwechsel starrte das Mädchen den Boten ratlos an und platzierte das Mundstück ihrer Pfeife auf ihren offenen Lippen. »Graf Vitor?«, stotterte sie. »Selbstverständlich, ja, er ist immer noch unser Herr. Aber …«

»Danke«, unterbrach der Bote sie. Er hatte genug gehört. Während er sich flatternd wegdrehte, zog er sich die Kapuze wieder über den Schädel und stapfte rasch davon.

»Maya.«

Selendur Serpur blieb im Marsch stehen und warf nochmal einen zischenden Blick über seine Schulter. »Wie bitte?«

»Maya«, wiederholte das Mädchen und nickte ihm mit ihrer Pfeife freundlich lächelnd zu. »Mein Name lautet Maya. Hat mich gefreut, Eure Bekanntschaft gemacht zu haben, Selendur Serpur, Bote der Stadt Cyrian. Willkommen auf Thurenstein – dem Haus von Stock und Stein!«

Der smaragdgrüne Bote zog sich die Kapuze noch tiefer über sein Gesicht, fauchte einmal kaum hörbar in sich hinein und stieg, ohne ein weiteres Wort zu sagen, auf seinen Hengst zurück. Dann trieb er sein Reittier an, worauf dieses rasch und dicht gefolgt von den zwei Kavalieren davontrabte.

Das Mädchen blieb allein auf dem Felsen zurück und starrte dem Boten noch lange fragend nach. Denn auch wenn sie es sich nicht hatte anmerken wollen, ließen ihr all die Fragen keine Ruhe. Wer war dieser Pax? Woher war er gekommen? Und welche Schrecken würden seine Ankunft wohl mit sich bringen?

Kapitel 2

Langsam hob Greg das schwere Beil an, hob es hoch in die Luft, atmete einmal tief durch und ließ es dann wie eine Klinge herabsausen. Das Holzscheit teilte sich in der Mitte wie zwei Felsen bei einem Erdbeben, die zwei Hälften fielen zu Boden und landeten polternd im hohen Gras.

Mühevoll bückte Greg sich, dass ihm der Rücken schmerzte, hob die beiden Holzscheitel auf und warf sie zu den anderen auf den Karren. Dann legte er sein Beil zur Seite, stützte sich auf den Baumstamm, auf welchem er zuvor noch das Holz geschlagen hatte, und wischte sich den Schweiß von der kahlen Stirn. Sein Herz klopfte wie wild und ihm wurde sogar etwas schwarz vor Augen. Langsam rutschte er an dem Baumstamm herab und ließ sich ins weiche Gras fallen. Er schloss seine müden Augen und lauschte dem Zwitschern der singenden Vögel in den hohen Baumkronen und dem Rascheln der verbliebenen Blätter, durch die der kühle Abendwind leise wehte.

Jeder Knochen seines Körpers tat ihm weh, selbst im Sitzen. Er wurde einfach zu alt für all das. Mehr als sechzig harte Jahre trug er nun schon auf seinen gebrechlichen Schultern und das war ein Alter, mit dem sich nicht sonderlich viele Leute rühmen konnten. Erst recht nicht jene, die ein Leben gelebt hatten, wie er es gelebt hatte. Ja, die meisten anderen starben früh an Krankheiten oder wurden von irgendwem oder irgendetwas getötet, doch er hatte das Glück gehabt, all das zu überleben. Er hatte Kriege, Epidemien und noch viel mehr überstanden, doch für was?

Eine Weile blieb er regungslos liegen und ließ sich von den schönen Klängen der Natur berieseln, dann rappelte er sich mühevoll wieder auf und richtete den Blick gen Himmel, wo er durch die Baumkronen die Mauern einer einsamen Festung erkannte. Und dann wusste er auch gleich wieder, für was.

Mit einem Schnaufen legte Greg das Beil auf den Karren und zog diesen aus dem Wald und auf die Weide hinaus, auf der die Ziegen fröhlich blökten. Es war ein schöner, fast schon wolkenfreier Tag. Die Sonne stand schon tief, lugte aber noch in beinahe voller Gänze hinter den grauen, schneebedeckten Bergen im Westen hervor, während gleichzeitig von Osten her dunkle Wolken immer näher rückten – ein Sturm zog auf. Das angenehme Wetter würde vielleicht noch eine Stunde anhalten, maximal zwei. Die Jahreszeiten befanden sich im Wandel. Doch wenn er sich beeilte, sollte er es noch rechtzeitig zu seiner Hütte schaffen können, um den Sonnenschein zumindest noch etwas genießen zu können. Eine schöne Vorstellung, für die sich ein wenig mehr Eile durchaus rentierte. Er gab sich also einen letzten Ruck, packte seinen Karren etwas fester und marschierte weiter.

Nach einer Weile des Schnaufen den Umherwanderns war er so in Gedanken versunken und von der Schönheit seiner Umwelt in Trance versetzt, dass ihm das plötzliche »Guten Tag!« zu seiner Rechten beinahe einen Herzinfarkt verpasste. Er zuckte einmal kurz zusammen, ließ den Karren mit einem Scheppern aus den Fingern gleiten, fing sich aber dann gleich wieder und blickte in die Richtung, aus der soeben die Stimme gekommen war.

Dort neben ihm, auf einem kleinen Felsen, saß eine junge Dame mit rot-braunem Haar in einer etwas abgenutzten Latzhose, deren Träger sie mit einer Hand locker umklammerte. Langsam ließ sie ihre nackten Füße vor sich hin baumeln, während sie den alten Pax freundlich anlächelte und zur Begrüßung einmal nickte.

»Bei Nequin!«, keuchte Greg, sein Herz immer noch vom Schock rasend pochend. Mit aller Mühe wollte er sich jedoch nichts allzu Ernstes anmerken lassen. »Da hast du mir aber einen Schrecken eingejagt, Kleine.«

Sofort verwandelte sich der Gesichtsausdruck des Mädchens von fröhlich zu bestürzt. »Oh, entschuldigt bitte«, stotterte sie. »Ich … ich wollte Euch nicht erschrecken. Ihr seid einfach nur direkt an mir vorbeigelaufen und da wollte ich Euch begrüßen. Verdammt, das tut mir wirklich leid.«

»Oh, keine Sorge, Kleine«, winkte Gregor lächelnd ab und stützte sich auf den Griff seines Karrens. »Nein, nein, alles halb so wild. Es war auch meine Schuld. Ich war einfach zu sehr in Gedanken versunken, habe mich vom Eigentlichen ablenken lassen. Dich trifft keine Schuld.«

Das Mädchen nickte erleichtert und begann wieder zu grinsen, doch auf einmal verfinsterte sich Gregs freundliche Miene. Denn als sie gerade eine flüchtige Bewegung ihres Armes machte, erspähte er in ihrer Hand einen braunen Ansatz, welchen sie zuvor flott hinter ihrer Hüfte zu verstecken versucht hatte. »Was hast du da in der Hand?«, fragte er sofort forsch und zog seine buschigen Augenbrauen zusammen.

»Nichts«, gab das Mädchen überrascht von sich und schob ihre Faust instinktiv etwas weiter hinter ihre Hüfte.

Greg streckte fordernd seine Hand aus. »Gib es besser her, bevor ich es mir nehme. Sofort.« Er kniff seine Augen zusammen und starrte das Mädchen so lange in ihr unschuldig verzogenes Gesicht, bis sie endlich nachgab, einmal schwer seufzte und ihre rechte Hand offen präsentierte. Greg nahm ihr das braune Utensil aus den Fingern und analysierte es sorgsam in seinen eigenen. »Das ist gute Schnitzkunst«, meinte er, während er den Blick vom runden Kopf über den kunstvoll geschnitzten Körper bis hin zum Mundstück wandern ließ. »Die hast du dir von deiner Tante gestohlen, habe ich Recht?« Er schüttelte enttäuscht den Kopf und schob die Pfeife tief in seine Jackentasche. »Eine junge Dame wie du sollte nicht solche Dinger rauchen.«

»Ach, warum denn nicht?«, protestierte das Mädchen gleich, zog ihre Augenbrauen ebenfalls zusammen und verschränkte ihre Arme. »Tante Vio sitzt von morgens bis abends auf ihrer Terrasse und zieht an ihrem Tabak. Aus welchem Grund sollte ich es dann nicht tun?«

Greg schüttelte weiter den Kopf und ließ sich auf seinem Karren nieder. Seine Beine konnten ihn langsam nicht mehr tragen. Er deutete mit seinem Finger demonstrativ auf das Mädchen. »Deine Tante hat ihre Tage bereits abgesessen. Du aber, Kleine, solltest dein Schicksal nicht verkennen. Glaub mir, du hast noch sicherlich Großes vor dir, das du dir nicht mit so etwas zerstören solltest.«

»Großes?«, wiederholte das Mädchen und gluckste einmal belustigt. »Was soll ich denn bitte Großes an einem Ort wie diesen vor mir haben? Mein Schicksal ist doch das Gleiche wie das eines jeden anderen Bewohners Thurensteins!«

Beide richteten simultan ihre Blicke den Hang hinauf, wo zwischen zwei beinahe senkrecht gen Himmel ragenden Felsenmauern die Burg Thurenstein thronte. Wie ein stiller Wächter bewachte sie dort den Pass, welcher durch die Felswand hindurch auf die andere Seite des Gebirges nach Wyros führte, wie sie es seit Jahrhunderten nun schon getan hatte. Die vielen Jahre hatten es jedoch nicht allzu gut mit dem alten Gemäuer gemeint. Die zwei steinernen Türme neben dem Pförtnerhaus, die das Burgtor wie zwei hochgewachste Soldaten bewachten, waren schon etwas heruntergekommen und drohten vielleicht sogar einzustürzen. Unwetter hatten sie in den letzten Tagen demoliert, doch das Volk von Thurenstein war fleißig und würde die größten Schäden schon bald wieder beseitigt haben. Gleiches galt auch für den Bergfried, der weiter hinten in der Felsspalte versteckt lag. Er war vielleicht schon etwas bejahrt und verkommen, doch bot er im Winter den Bewohnern Thurensteins stets Schutz vor der Kälte. Alles zusammen war die Burg trotz all ihrer Makel jedes Mal aufs Neue ein wunderbarer Anblick.

Greg nahm als erster den Blick von den grauen Mauern, ließ ihn für einen Moment noch über das atemberaubende Panorama der schneebedeckten Gipfel wandern und legte ihn dann wieder zurück auf die junge Dame, die immer noch verträumt ihr Zuhause betrachtete. »Heimat ist etwas schönes«, meinte er, wodurch er ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich zog. »Doch was die Götter für uns im Sinn haben, können wir meistens erst verstehen, wenn es soweit ist. Vielleicht hat diese Welt mehr für dich geplant als diesen einsamen Ort. Vielleicht bist du noch zu Großem bestimmt. Bevor du das weißt, solltest du keine voreiligen Schlüsse ziehen.«

Das Mädchen gluckste wieder belustigt, ließ sich vorsichtig zurückfallen und starrte mit beiden Händen hinter dem Kopf zufrieden gen Himmel. »Nein, das glaube ich nicht. Warum sollte ich jemals von hier weg wollen? Ich würde lieber sterben, als diesen Ort zu verlassen. Wisst Ihr, ich brauche in meinem Leben keine sagenreichen Abenteuer, weite Reisen oder die Bestimmung, irgendetwas Großes zu vollbringen – mir genügen einfach nur diese Berge, diese Wälder und diese Weiden. Mehr will ich gar nicht. Denn wer bin ich schon? Nichts als eine einfache Bauerstochter, die zum Ziegenhüten bestimmt ist.« Während Greg den Kopf senkte, hielt sie für einen Moment den Atem an, sagte dann aber: »Wollt Ihr ein kleines Geheimnis wissen?«. Sie richtete sich wieder auf und zeigte auf einen kleinen Berg hinter ihnen. »Seht Ihr den Gipfel da? Der Aufstieg ist nicht sonderlich schwer, aber oben gibt es einen kleinen Felsvorsprung, von dem aus man eine noch bessere Aussicht als vom großen Turm hat. Ist sehr empfehlenswert für eine gemütliche Mahlzeit mit einem unglaublich beeindruckenden Ausblick.« Sie schnaubte belustigt. »Also, Ihr seht es selbst – mehr kann man sich gar nicht wünschen.«

Greg hob den Kopf wieder an und schenkte ihr ein weiteres Lächeln, doch innerlich wusste er, dass – auch wenn sie es sich anders wünschte – dieses Leben wohl nicht für immer so bleiben würde. Dass diese Berge, Wälder und Weiden, komme was wolle, nicht ihre Zukunft waren. Dass es nicht nur die Jahreszeiten waren, die sich schon bald verändern würden. »Ich bin mir sicher, es wird irgendwann alles so ausgehen, wie es für dich bestimmt ist«, versprach er ihr. Er zögerte eine Sekunde, dann stieß er sich aber wieder zurück auf seine Beine und griff erneut nach dem Karren. »Nur … wenn du mich jetzt bitte entschuldigst, ich muss zurück zu meiner Hütte, bevor es dunkel wird. Und mit dem Karren im Schlepptau brauche ich leider etwas länger.«

»Oh, kann ich Euch helfen?«, fragte das Mädchen sogleich und sprang auf.

»Oh, nein, alles gut, Kleine«, winkte Greg sofort ab. Er war zwar alt, aber noch nicht so alt, dass man ihm bei seiner Arbeit helfen musste. Das Mädchen lächelte zufrieden, worauf Greg ihr ein leichtes Schmunzeln zurückschenkte und sich dann weiter auf den Heimweg machte. Seine Hütte stand etwas weiter südlich auf einer Anhöhe am Rande des nächsten Waldes. Von dort aus konnte er gerade so noch die zwei Türme Thurensteins hinter den hohen Tannen und Fichten erkennen, doch auf die große Weide mit den zahlreichen umherspringenden Ziegen hatte er freies Sichtfeld.

Auf halbem Wege drehte er sich noch einmal um und blickte den Hang hinab. Da saß Maya auf ihrem kleinen Felsen und zog verschmitzt eine weitere Pfeife aus ihrer blauen Latzhose. Sie mochte ihn vielleicht nur vom Sehen oder als den Holzfäller vom Hang kennen, doch wusste Greg genau, wer sie war. Sie war der Grund, warum er hier war, an genau diesem Ort. Der Grund, warum er nicht schon lange in seinem wohl verdienten Grab lag. Die Antwort auf die Frage Für Was? – Sie und ihre Bestimmung waren seine letzte Verpflichtung.

Als er seine Hütte schließlich erreicht hatte, stellte er den Karren hinter dem Haus ab und ließ sich müde in den Schaukelstuhl auf seiner Veranda sinken. Eigentlich hätte er die Scheitel noch neben den anderen aufrichten müssen, doch war er nun zu müde dafür. Hauptsache er brachte sie vor dem aufkommenden Sturm in Sicherheit, den Rest konnte er auch einfach am darauffolgenden Tag erledigen.

Alles, war er jetzt wollte, war eine Tasse warmen Jagertees und danach eine Pfeife mit guten Kräutern. Beides war so weit draußen wie hier schwer zu bekommen. Man musste dafür bis in die nächste Stadt reiten, was ein langer, beschwerlicher und vor allem gefährlicher Weg war, den nur alle paar Monate ein kühner Jungspund auf sich nahm. Doch von denen gab es leider auf Thurenstein nicht mehr allzu viele. Aber auch das war Greg am heutigen Tage egal, er wollte es sich einfach einmal wieder gut gehen lassen. Und genau das tat er auch mit vollstem Genuss, während er dem Zwitschern der Vögel und dem Singen des Windes lauschte und glücklich auf die spitzen, schneebedeckten Berge und das bewaldete Tal blickte. Er liebte diese Idylle fernab jedweder Zivilisation einfach, denn hier gab es für ihn fast nichts anderes mehr als Ruhe und Frieden.

Doch dann sah er ihn. Langsam trabte sein dunkler, strammer Hengst den Hang hinauf, hinter ihm zwei schwer bepanzerte Kavaliere. Sein dünner Leib war in einen langen, grünen Mantel mit silbernen Nähten gekleidet, der bis zu den Knien seines Pferdes reichte. Seine Hände waren in dunkelstes Leder gehüllt und aus seinem Mund hing eine gigantische grüne Pfeife, die so lang war, dass sie erst auf Höhe seiner Brust endete. Und dort thronte auch das Zeichen eines brennenden Speeres, um den sich eine fauchende Schlange wand. Greg kannte dieses Emblem nur zu gut. Er hatte es zuletzt vor achtzehn Jahren gesehen und es brachte Erinnerungen hoch, an die er sich eigentlich lieber nicht erinnern wollte. Die Schlange und der brennende Speer erzeugten in ihm nämlich die Bilder von blutigem Tod, brennender Angst und, am schlimmsten von allem, feigen Verrat. Doch wirkte der Reiter nicht wie ein Assassine oder dergleichen. Meuchelmörder ritten stets allein und im Geheimen. Dieser Pax, der sich dort mit seiner schicken, teuren Kleidung, seinem strammen Hengst, seiner bepanzerten Eskorte und dazu noch ganz unbewaffnet präsentierte, war nichts weiter als ein Bote. Doch konnten Boten anders als Mörder oftmals leider auch schlimmeres als den einfachen Tod bringen.

Der Bote hielt vor dem Stein mit dem Mädchen an und schwang sich von seinem Hengst, wodurch sein Mantel wie die Flügel einer blutsaugenden Fledermaus durch die Luft flatterte. Langsam und bedrohlich kreuchte er auf das Mädchen zu, als wäre sie seine Beute. Instinktiv sprang Greg von seinem Stuhl auf, wollte schleunigst nach seiner Axt greifen und damit den Hang hinunterstürmen. Oder noch besser – er sollte einen Bogen nehmen und damit der verruchten Natter einen Pfeil in den verräterischen Kopf schießen. Doch ehe er sich für eine der beiden Methoden entscheiden konnte, hatte der Bote sich schon wieder auf sein Pferd geschwungen und war mit seinen Begleitern weitergeritten. Das Mädchen blieb verwirrt auf dem Stein sitzen und blickte den Dreien nach.

Doch trabten sie nun den Hang zwischen den kleinen Tannen und Fichten hinauf, der sie zur Burg Thurenstein führte. Und dort stellten sie wahrhaftig die weitaus größere Gefahr als hier unten dar. Ohne lange zu zögern, schnallte Greg sich die Axt um seinen alten Rücken, ließ alles andere – den noch heißen Jagertee, seine dampfende Pfeife und die frisch gehackten Holzscheite – stehen und folgte den Reitern des Unheils den Hang hinauf.

Als er jedoch schließlich keuchend zwischen den beiden alten Türmen in die Festung stapfte, hatte der Bote bereits vor ihm das Pförtnerhaus hinter sich gebracht und war in die Mitte des Burghofes getrabt, seine zwei Kavaliere hinter ihm und das Volk von Thurenstein in einem Halbkreis um ihn herum versammelt.

»Was geht hier vor sich?«, donnerte es von hinter der Menge aus Richtung des Bergfriedes.

Das Volk teilte sich, die schmutzigen Köpfe senkend, und zwischen ihnen stapfte ein alter, etwas dickerer Mann hervor. Seine Kleidung aus eigentlich weinrotem Stoff war übersäht mit zahlreichen Ruß-, Dreck- und Fettflecken und das lange Breitschwert an seinem Gürtel quietschte wie ein rostiges Türscharnier. Gleiches galt auch für die zerkratze Krone, die auf dem rundlichen Kopf mit der porigen Nase und dem grauen Haar und Bart schief thronte. Dieser Mann war Valerian Vitor, der Graf von Thurenstein.

Ihm folgte ganz leise und den Kopf gesenkt seine Tochter. Ein zierliches und schüchternes Mädchen von siebzehn Jahren, deren Schönheit es im Gegensatz zu ihrem Vater an nichts fehlte. Sie hatte langes, kastanienbraunes Haar, eine dünne Stupsnase, funkelnde, grüne Augen und ihr langer Körper war in ein welliges, violettes Kleid gehüllt, welches mit aller Mühe versuchte, nicht zu viel ihrer Haut preiszugeben. Viele junge und alte, arme und reiche, schöne und unschöne Männer hatten bereits um ihre Hand angehalten, doch Graf Vitor hatte sie alle zornig fortgeschickt. Seine Tochter war sein Ein und Alles, sein letztes, noch lebendes Kind und das einzig verbliebene Mitglied seiner Familie. Sie war sein unbezahlbarer Schatz und seine wertvollste Lebensessenz. Als der Graf demnach den Boten auf seinem Burghof erblickte, stellte er sich sofort schützend vor seine Tochter, runzelte zornig die faltige Stirn und rieb den Knauf seines Schwertes.

»Schert Euch zurück in Euer Tal, Schlangenmaul!«, mahnte er den Boten in seiner gewohnt tiefen und bedrohlichen Stimme.

»Wohl kaum«, säuselte dieser unbeeindruckt und schwang sich von seinem Pferd herab. Langsam glitt er auf den Grafen zu, die Arme hinter seinem Mantel versteckt. Er blieb vor ihm stehen und nahm seine weite Kapuze ab, ohne dabei jedoch den Anstand einer Verbeugung zu machen.

»Euresgleichen ist hier oben nicht erwünscht!«, ermahnte Vitor ihn ein weiteres Mal. »Wir sind arm und haben kaum das Geld, um Euch Eure Steuern zu bezahlen.«

Der Pax grinste breit und zeigte dabei seine gelben Zähne. »Ich bin nicht hier, um Steuern eintreiben. Ich bin ein Bote, entsandt von seiner hohen Regentschaft Elendur Dhorn, dem Bürgermeister Cyrians und Regent des Herrenheils.«

Vitor schnaubte verächtlich. »Was dieser Bruder eines Dämons zu sagen hat, interessiert mich nicht! Steigt zurück auf Euer Pferd und verlasst mein Land, oder ich lasse meine Männer Euch den vorlauten Kopf abhacken!«

»Das wage ich stark zu bezweifeln«, erwiderte der Mann. »Sollten seine Bedingungen nicht erfüllt werden, so sagte Regent Dhorn, würde er seine Streitmächte gen Westen ins Gebirge schicken und Euch und Euren Untertanen Eure Heimat gewaltsam entreißen.«

In Vitors Augen sammelte sich so viel Weißglut an, wie Greg es selten zuvor bei ihm gesehen hatte. Eine Weile schien er nachzudenken, ließ jedoch den zornigen Blick von seinem Gegenüber nicht ab. Greg war sich bewusst, welchen Groll Vitor gegen den Boten hegen musste, doch wusste der Graf sicherlich auch, dass Thurenstein trotz seiner Makel schwer zu erreichen und daher auch schwer einzunehmen war.

Schließlich beugte er sich jedoch trotzdem widerwillig dem Willen des Boten. »Also gut, sprecht«, raunzte er ihn mit so viel Aversion wie nur irgend möglich an. »Was verlangt Euer Herr? Aber hütet Eure gespaltene Zunge vor weiteren Unverschämtheiten, bevor ich sie Euch noch herausschneiden lasse!«

Der Bote grinste wieder breit. »Laut dem Gesetz gehören alle ehemaligen Burgen, Städte und Hochburgen der Incynen, Renyier und Solier im menorischen Bund und die dazugehörigen Ländereien der Föderation der Pax an. Dazu besagt die Verfassung der Föderation aber auch, dass in allen Teilen des Reiches die Monarchie ohne Ausnahmen verboten ist. Doch Ihr, mein Herr, lebt mit dem Titel eines Monarchen und das ist verfassungswidrig und wird daher mit dem Tode bestraft.«

»Und was verlangt Euer Herr nun von mir?«, fragte Vitor.

»Dass Ihr Land und Titel auf der Stelle von Euch ablegt«, antwortete der Bote zischend. »Die Verfassung besagt, dass der Vorsitzende einer Burg, einer Stadt oder einer Hochburg stets mit einer Mehrheit des Volkes erwählt worden sein muss. Doch wurdet Ihr von Eurem Volke gewählt?«

»Thurenstein ist mein!«, brüllte Vitor mit so Erdbeben-gleichem Ton, dass selbst Greg davon zusammenzuckte. »Diese Burg ist mein Geburtsrecht! Lieber würde ich sterben, als dass ich den Sitz meiner Familie in die Hände von Mördern und Dieben gebe! Der Dämon der Hölle, Larus Dhorn, Euer hoher Kanzler, sorgte dafür, dass mein Volk und meine Familie abgeschlachtet wurden, bis niemand mehr übrig war und er sich an unserem Besitz vergreifen konnte! Ich würde ihn also lieber töten, als dass…«

»Der hohe Kanzler Larus Dhorn ist tot«, unterbrach der Bote ihn. »Er verstarb vor wenigen Monaten an der Pest. Eine neue Regierung ist nun unter Kanzler Lucius Forell an der Macht in Zentron und deren Absichten könnten Euch durchaus interessieren. Sie möchten ein vereintes Menoria, in welchem Menschen und Pax wie in den alten Zeiten in Frieden und Harmonie zusammenleben können.« Er breitete offen seine Arme aus.

»Wie in den alten Zeiten?«, fauchte Vitor ihn an. »Meint Ihr die Zeiten, als die Menschen den Pax Obdach vor dem Krieg gaben oder doch etwa die, als die Schneekrieger und Oger die letzten Menschen überrannten, während Larus Dhorn alle Festungen besetzte und die Tore verschloss? Ich war dort, müsst Ihr wissen, beim Massaker von Cyrian. Genauso wie Ihr, nehme ich an, jedoch nicht innerhalb der Mauern. Ihr habt Euch wie Feiglinge verschanzt, tatenlos, genau wie Larus Dhorn und all die anderen Pax!«

»Das liegt achtzehn Jahre zurück«, säuselte der Bote. »Genau wie all die anderen Missetaten, die in der Vergangenheit geschehen sind. Doch der hohe Kanzler Larus Dhorn ist nun bei den Göttern und mit ihm seine Sünden. Lebt nicht in vergangen Tagen, sondern beugt Euch dem Fortschritt. Ein neues Zeitalter ist angebrochen!«

Für eine Weile sagte Vitor nichts. Er starrte den Boten nur weiter zornig an und rieb mit seiner dicken Hand am Knauf seines Langschwertes. Für einen Moment sah es so aus, als würde er seinem Gegenüber den Kopf abschlagen, dann entschied er sich wohl doch anders. »Ich beuge mich niemanden«, knurrte er, drehte sich um und stapfte davon.

Als er schließlich hinter den Mauern seiner Burg verschwunden war, drehten sich alle Anwesenden in Richtung des Boten. Gespannt starrte jeder ihn an und wartete darauf, dass er das Wort ergriff. Dieser erkannte seine Gelegenheit.

»Volk von Thurenstein!«, rief er, jedoch immer noch in seinem schlangenhaften Ton. »Wollt ihr so etwas wirklich akzeptieren? Einen absoluten Herrscher, dem ihr wie ein Hund Gehorsam leisten müsst? Die Entscheidung liegt in eurer Hand! Die Worte dieses Despoten sind nicht die euren. Seine Verbrechen sind nicht die euren! Ihr seid das Volk, ihr solltet auch regieren! Verweilt in der alten Welt und geht mit ihr unter oder kommt mit mir in die neue.« Er breitete seine spindeldürren Arme aus und blickte in Menge. Kurze Zeit wagte niemand einen Schritt, dann trat jedoch ein junger Mann hervor. Langsam und zögerlich ging er auf den Boten zu. »Ein junger Bursche wie du ist in Cyrian immer gut zu gebrauchen«, schleimte dieser hämisch. »Ein Handwerker vielleicht? Ein Schmied? Oder vielleicht sogar ein Soldat?«

»Schluss damit!«, brüllte jemand aus der Menge und drängte sich zwischen den schweigenden Zuschauern hindurch. Es war ein alter Mann, mit langem grauem Haar und Bart, aber dennoch kahlem Haupt. Sein breiter Körper steckte in einer dunklen Rüstung, die von allerlei Schrammen, Rost und Kratzern übersät war, und im Marsch zog er gerade sein ebenso marodes Schwert hervor. Fluchend ging er auf den Jungen zu und drückte ihn grob zurück in die Menge.

»Mit Euch hatte ich noch nicht die Ehre«, säuselte der Bote. »Wie ist Euer Name?«

»Ser Gerold Nerengrad«, antwortete der alte Mann und hob sein rostiges Schwert an. »Und Ihr…«

»Selendur Serpur«, unterbrach der Bote ihn kurzerhand.

Der alte Ser Gerold blickte ihn verdutzt an. »Wie bitte?«

»Ihr habt mir Euren Namen gesagt«, meinte der Bote mit gespielter Verwirrung. »Da war doch sicherlich Eure Frage auch, wie denn mein Name lautet. Und dieser lautet Selendur Serpur.«

»Mir egal, wie du Schlangenmaul heißt!«, brüllte Ser Gerold und hob sein Langschwert unter des Botens Kinn. »Sag deinem Herrn, dass wir dem nächsten Pax mit gespaltener Zunge, der sich in die Nähe unserer Burg wagt, den Schlangenkopf abschlagen werden! Und jetzt dreh dich um und steig auf deinen verdammten Hengst.«

Langsam hob der Bote seine dünnen Arme in die Luft. »Ich ergebe mich Euch, Ser!«, säuselte er. »Ihr werdet doch nicht einem Mann die Kehle durchschlitzen, der sich Euch ergibt? Das wäre doch nicht anständig für einen Ritter. Ihr seid doch ein Ritter, nicht wahr? Der letzte auf dieser Burg, wage ich sogar anzunehmen.«

»Ehre ist heutzutage nichts mehr wert«, spuckte Ser Gerold den Boten an. »Ihr und Euer Herr seid dafür das beste Beispiel. Genau wie Graf Vitor war ich damals vor den Mauern von Cyrian. Ich habe zugesehen, wie meine Männer von den Ogern abgeschlachtet wurden. Ich habe gegen das Tor gehämmert, habe um Gnade gebettelt. Doch niemand hat mich erhört. Wie könnt Ihr von Ehre sprechen, wenn Ihr die Eure an die Schatten verschenkt habt?«

Der Bote antwortete dem nicht. Er grinste nur breit und zeigte dabei erneut seine gelben Zähne.

»Also gut«, schlussfolgerte Ser Gerold und packte den Boten an seinem Kragen. »Ihr schert Euch jetzt sofort zurück in Eure Stadt und bestellt Eurem Herrn meine Nachricht.« Er warf den Boten von sich, worauf dieser mit dem Rücken im Matsch des Burghofes landete.

Langsam rappelte er sich wieder auf und rückte hastig seine Kleidung zurecht. »Wie Ihr wollt, Ser«, fauchte er wie eine aufgebrachte Viper. »Ihr habt Euer Schicksal und das Eures Volkes besiegelt.« Er wandte sich an die Menge. »Volk von Thurenstein, ich hatte euch alle vor die Wahl gestellt! Entweder ihr entscheidet euch für den Vorschritt oder das Verderben. Doch ihr habt das Verderben gewählt! Lebt nun mit den Konsequenzen.« Eilig trieb er seinen Hengst an und galoppierte aus dem Burghof.

Für lange Zeit herrschte absolute Stille. Alle standen wie angewachsen da und starrten den anscheinend nachdenkenden Ser Gerold unsicher an. Nach einer Weile fing sich dieser aber schließlich wieder. »Was glotzt ihr mich so blöd an?«, raunzte er die Menge an. »Habt ihr keine Arbeit zu erledigen? Der Sturm hat die Burg demoliert. Kümmert euch gefälligst darum!«

Die Leute hörten auf ihn und zogen sich langsam murrend wieder zurück. Greg beobachtete, wie sie alle einer nach dem anderen wieder in ihre kleinen Hütten oder an ihre Karren zurückkehrten, bis nur noch Ser Gerold selbst angespannt in der Mitte des matschigen Burghofes stand, den Kopf gesenkt und die Finger aneinander reibend. Dann blickte Greg langsam hoch auf die Burgmauer, wo die junge Dame vom Felsen saß, die Beine über dem Abgrund baumelnd und die Pfeife in ihren Handflächen. Maya musste wohl alles mitgehört haben und nun blickte sie abwechselnd Gerold und dann wieder Greg irritiert an und in ihren Augen erkannte er die gleiche Furcht und Unsicherheit wie die des alten Ritters. Für sie musste das alles wohl Nonsens sein. Sie wusste weder, wer Larus Dhorn oder Lucius Forell noch was Cyrian oder die Föderation der Pax waren. Dieses unschuldige, nichts wissende Ding. Mit einem Augenzucken signalisierte Greg ihr, zu verschwinden. Sie schien es anfangs nicht zu begreifen, doch als sie sah, wie die Sonne schon beinahe hinter den hohen Bergen verschwunden war, sprang sie erschrocken auf und rannte davon, durch das Burgtor hindurch und den Hügel hinauf. Ihre Tante würde sonst sicherlich bald nach ihr suchen.

Greg versicherte sich noch einmal, dass niemand ihn beobachtete – alle Bewohner der Burg hatten sich wieder an die Arbeit gemacht – dann ging er langsam Schritt für Schritt auf den alten Ser Gerold zu.

»Sieh mich nicht so an, Greg«, sagte dieser, nachdem er sich mit einem kurzen Blick nach rechts vergewissert hatte, wer da auf ihn zukam. »Ich weiß, dass ich es vermasselt habe.«

»Vermasselt?«, meinte Greg und legte besorgt eine Hand auf die rostig bepanzerte Schulter Ser Gerolds. »Was bei allen Göttern sollst du bitte vermasselt haben?«

»Stell dich nicht so dumm, Greg!«, raunzte dieser sogleich und schüttelte die Hand des Pax‘ von sich. »Du solltest das besser wissen. Ich habe uns alle zum Tode verurteilt. Dieses dreckige Schlangenmaul wird zurück in seine Hauptstadt reiten und seinem Herrn erzählen, wir hätten ihn angegriffen. Dieser Elendur Dhorn – bei Gott, warum muss es nur zwei von denen geben? – braucht nur einen einzigen winzigen Grund und er schickt seine Armeen ins Gebirge, um uns alle zu vernichten. Nichts wäre ihm lieber als das. Lucius Forell als neuer Kanzler hin oder her, es liegt im Blute dieser Dhorns, die Gier nach uns toten Menschen. Du bist ein Pax, Greg. Verschwinde, solange du noch kannst. Geh nach Cyrian, Salzberg oder vielleicht sogar Zentron, da fällst du nicht auf. Du kannst ein neues Leben beginnen, heiraten, vielleicht sogar noch Kinder zeugen.«

Greg lachte belustigt und klopfte dem alten Gerold auf den Rücken. »Nein, gegen dieses Leben habe ich mich vor Jahren entschieden, das weißt du. Ich gehöre hier her, nach Thurenstein, denn ich habe eine Aufgabe zu erfüllen, genau wie du.« Sein Blick wurde ernst. »Sie.«

Gerold seufzte einmal lautstark. »Ach, bei Gott, welche Bürde haben wir uns da nur auferlegt, Greg? Ich werde alt, im Körper als auch im Geiste. Ich kann kein Schwert mehr führen, ich kann kein Schild mehr anheben und erst recht kann ich sie nicht mehr beschützen. Würde mich nun ein incynischer Meuchelmörder angreifen, ich hätte nicht die geringste Chance.«

»Wir haben es versprochen!«, ermahnte Greg den alten Mann sogleich mit drohender Stimme. »Wir haben einen Eid geschworen! Sie zu beschützen, auch wenn es uns das Leben kostet. Du hast es geschworen, ich habe es geschworen und auch Vitor hat es geschworen!«

»Vitor!«, schnaubte Gerold verächtlich und ballte seine Fäuste zusammen. »Der Mann ist alt, genau wie ich. Und genau wie ich liegt auch er schon bald bleich in einem hölzernen Sarg, zehn Fuß unter der Erde. Ich spüre bereits die kalten, eisigen Finger des Sensenmannes um meinen Nacken. Er ruft mich zu ihm. Und auch Vitor. Wir beide können sie nicht mehr beschützen. Greg, sie muss fort von hier, so schnell wie möglich. Wenn die Pax von Cyrian hier eintreffen – und das werden sie bald – dann ist sie verdammt. Bring sie nach Sarthaan oder Khanaan oder besser noch nach jenseits der Meerenge. Nach Aquador, in die Galeerenstädte oder weiß der Eine wohin. Einfach weit weg von diesem verfluchten Kontinent, auf dass sie niemals jemand finden kann. Sie ist hier nicht mehr sicher.«

»Dies ist nun meine Heimat, genau wie die ihre«, meinte Greg. »Ich gehöre hier her, genau wie sie es tut. Sollen diese verdammten Incynen doch kommen! Ihre Armeen sind vielleicht Wälder, Sümpfe und Felder gewohnt und denken, Thurenstein wäre leicht einzunehmen. Doch dieses Gebirge ist unser Territorium. Wir kennen es so gut wie ein Oger es kennen würde. Wir kennen jeden noch so verstecken Pfad und jeden noch so geheimen Pass. Die Incynen können nichts gegen uns anrichten. Wir werden hier bleiben und wir werden sie weiterhin beschützen, so wie es unsere Pflicht ist.«

»Nein.«

Greg und Ser Gerold blickten beide automatisch in die Richtung, aus welcher die Stimme gekommen war.

»Nein«, wiederholte die alte Dame im rußigen Kleid und nahm einen erneuten, verbitterten Zug der Zigarette in ihrer zitternden Hand. »Das werdet ihr nicht tun.«

Als sie zu ihnen trat, fiel Greg augenblicklich auf die Knie und senkte unterwürfig sein Haupt. »Verzeiht mir, meine Herrin Tonth«, sprach er. »Ich habe Euch nicht kommen sehen.«

»Verdammte Hölle, Greg«, fluchte die Dame, gab dem alten Pax einen leichten Tritt mit ihrem Stiefel und hustete einige Mal nach einem weiteren frustrierten Zug an ihrer Zigarette. »Wie oft haben wir das jetzt schon durchgekaut? Meine Familie ist seit achtzehn Jahren tot, ich bin nicht weiter eine Adlige. Nur ein verbittertes, altes Weib. Als eine Tonth kann ich mich schon lange nicht mehr bezeichnen. Ich bin Vio und niemand anders – also lass gefälligst diesen unterwürfigen Unsinn!«

»Natürlich«, entschuldigte Greg sich und erhob sich wieder. »Verzeihung … Vio.«

»Verzeihung erteilt«, hustete Frau Tonth mit ihrer rauchigen Stimme. »Also zurück zum Wichtigen: Nein, du und die Kleine werdet nicht auf Thurenstein bleiben. Das ist zu gefährlich.«

»Aber Frau Tonth«, widersprach Greg empört. »Wo soll sie denn sonst hin? Hier auf Thurenstein ist sie doch am sichersten.«

Frau Tonth lachte bitter. »Oh Greg, mein Freund, bist du wirklich so naiv? Gerold hat Recht, dieser dreckige Incyne wird heulend vor seinen Herrn treten und sich darüber ausweinen, wie wir ihn behandelt haben. Dann wird dieser Wichser von Cyrian seine Männer zu uns ins Gebirge schicken und uns ein letztes Ultimatum stellen. Aber Vitor wird in seinem blinden Stolz ihren Forderungen niemals zustimmen, weswegen sie uns mit Gewalt erobern werden. Und sobald die Incynen herausfinden, wer die Kleine wirklich ist, werden sie sie sich schnappen. Deswegen muss sie hier weg. Auf der Stelle. Und du wirst sie begleiten!« Sie steckte sich ein weiteres Mal die Zigarette zwischen ihre Lippen und zog einige Sekunden daran, während sie sich energisch an der Schläfe kratzte. »Greg, sieh es so, es ist genau wie damals vor siebzehn Jahren. Als ich erfuhr, dass ich eine Großnichte habe, die in Lavenhof aufgetaucht ist, bat ich dich darum, sie über welchen Weg auch immer nach Thurenstein zu bringen … weil es zu dieser Zeit in Lavenhof schlichtweg einfach nicht sicher für sie war. Und jetzt stehen wir wieder an so einem Punkt, an dem das Mädchen in zu großer Gefahr schwebt, in die Hände böswilliger Hundesöhne zu fallen, die sie missbrauchen könnten. Deswegen muss sie jetzt an einen anderen Ort.«

»Aber wohin dann mit ihr?«, fragte Greg erneut ratlos.

Frau Tonth verdrehte die Augen, während sie unnachgiebig an ihrer Zigarette sog. »Die Welt ist groß, Greg, mein Freund. Wie Gerold bereits sagte, steig mit ihr auf irgendein Schiff und segle nach Irkan, Northano, Saltano oder weiß der Geier wohin. Dort wird sich keiner einen Dreck um sie scheren. Doch was uns anbelangt.« Sie wandte sich mit ernstem Blick an Ser Gerold. »Wir müssen leider hierbleiben. Denn sobald wir Thurenstein verlassen, flieht auch der ganze Rest. Und wenn der Rest flieht und die Incynen irgendwann hier ankommen und niemanden vorfinden, dann werden sie uns suchen und somit letztendlich auch das Mädchen finden. Das können wir nicht zulassen.«

Der alte Ser Gerold schluckte. »Aber Vio«, protestierte er entsetzt. »Damit verdammst du viele dieser Leute hier zum Tode! Du hast es selbst gesagt, Vitor wird dem Ultimatum der Incynen nicht entgegenkommen. Und wenn die Incynen ihren Willen nicht erfüllt bekommen, wird es Blutvergießen geben. Wir haben es schon einmal erlebt und es wird wieder geschehen.«

Frau Tonth strich sich nachdenklich über ihre faltige Stirn und gab einen schmerzerfüllten Atemzug von sich. »Wir müssen die Wahrheit anerkennen, Gerold«, sagte sie kalt. »Wir haben unsere Zeit abgedient. Das Zeitalter der Menschen ist vorüber. Für uns ist kein Platz in dieser neuen Welt, also müssen wir mit der alten untergehen. Du, ich, Vitor und all die anderen armen Schweine hier. Doch für das Mädchen besteht noch Hoffnung! Die Hoffnung darauf, dass das Erbe des Kaisers irgendwann eine neue Welt der Menschen aus unserer Asche erschafft – stärker und größer als je zuvor. Und diese Hoffnung müssen wir beschützen! Die Incynen werden kommen, ja. Und wir beide, wir werden kämpfen. Ja, wir werden Thurenstein mit unseren Leben verteidigen, um sie vor Schlimmerem zu bewahren. Dieses Schicksal müssen wir akzeptieren.«

Ser Gerold senkte zustimmend das Haupt. »Wie Ihr wünscht, meine Herrin.«

»Und du«, meinte Frau Tonth wieder an Greg gewandt. »Du wirst gleich heute noch aufbrechen, denn wir dürfen keine Zeit verlieren und ihr werdet den Vorsprung brauchen. Es ist Winter. Ihr solltet besser schleunigst nach Süden kommen, bevor euch der Schneefall einholt. Ich weiß, es wird nicht leicht für Maya sein, aber sie hat keine andere Wahl. Dies ist ihr Schicksal.«

Alle drei hoben sie die Häupter und blickten den Hang hinauf bis an die steile Felswand, in dessen Schatten eine kleine Hütte ruhte. Dort, auf einem kleinen Vorsprung, saß das Mädchen gemütlich Pfeife rauchend, die Beine entspannt in der Luft baumelnd, und blickte dem zauberhaft roten Sonnenuntergang entgegen, während sie sachte ihren geliebten Rüden streichelte. Thurenstein war ihr Zuhause, welches sie über alles vergötterte. Von den Türmen und Mauern, in denen sie früher immer gespielt hatte, bis hin zu den steilen Weiden, wo sie nun stundenlang den Ziegen beim Grasen und Herumtollen zusah. Die zauberhaften Schneeglöckchen im Frühling, der magische Herbstwind, welcher sich klangvoll durch die Spitzen der Tannen wand und die atemberaubende Aussicht auf das weite Tal mit den mächtigen Bergen dahinter. Greg wusste genau, wie sehr sie das Wandern zwischen den Gipfeln, das Klettern in den Baumwipfeln und das Baden in den Bergquellen erfüllte. Wie sehr sie den Geruch des wehenden Grases, den Gesang der Vögel und das Echo der unendlichen Weite genoss. Das war für sie Heimat. Doch all das würde bald nicht mehr sein.

»Sie ist das Erbe des Kaisers«, sprach Frau Tonth. »Und sie wird unser Vermächtnis sein.«

Thurenstein, 21. AI 1000

Absender:

Selendur Serpur

Bote der Stadt Cyrian

Empfänger:

Regent Elendur Dhorn

Bürgermeister der Stadt Cyrian

Hochgeschätzter Regent Elendur Dhorn,

wie Ihr es mir bei meiner Wiederankunft in Cyrian aufgetragen habt, machte ich mich nach der ablehnenden Reaktion Graf Valerian Vitors von Thurenstein auf Euer entgegenkommendes Angebot am 07. AI 1000 vierzehn Tage später in Begleitung von dreißig Soldaten auf die erneute Reise in das Gebirge, um die Unterzeichnung Eures Vertrages mit Militärmacht zu erzwingen.

Als wir jedoch die Festung Thurenstein erreichten, fanden wir dort nichts als Schutt und Asche vor. Unglücklicherweise kann meine Wenigkeit der hochgeschätzten Regentschaft keinerlei Auskunft darüber geben, wer genau aus welchen Motiven die Burg angegriffen hat, doch mit Sicherheit kann man aus dem abartig brutalen Vorgehen der Angreifer schließen, dass es sich hierbei keineswegs um eine strategisch geplante Eroberung gehandelt haben kann – vielmehr um einen Überfall durch eine Horde Oger oder einen anderen Bergstamm.

Fakt jedoch ist, dass sowohl der amtierende Graf Valerian Vitor als auch seine einzige Tochter mitsamt der gesamten Bevölkerung Thurensteins bei dem Angriff ums Leben kamen. Die Leichname wurden zwar allesamt auf einem Scheiterhaufen verbrannt, doch konnten meine Männer die Überbleibsel des Grafes und seiner Tochter identifizieren. Des Weiteren wurde die Festung von den Angreifern größtenteils niedergebrannt, Wertgegenstände wurden jedoch aus einem mir unerklärlichen Grunde keine entwendet.

So tragisch dieses Ereignis auch sein mag, ist in meinen unbedeutenden Augen damit die Problematik um die volle Einbindung Thurensteins in das Territorium der Provinz Cynien erledigt. Deswegen werde ich mich auch unmittelbar nach Verfassen dieses Briefes auf den Rückweg nach Cyrian begeben, um mich wieder voll und ganz in Euren Dienst stellen zu können. Eure hochgeschätzte Regentschaft wird wohl selbst am besten wissen, wie Ihr weiter mit der Festung Thurenstein verfahren wollt.

Obwohl die Meinung eines unbedeutenden Mannes wie mir selbstverständlich nicht von Bedeutung ist, möchte ich dennoch bescheiden empfehlen, dem unerklärlichen Angriff auf Thurenstein noch weiter auf den Grund zu gehen. Vielleicht waren es nur plündernde Oger, doch möglicherweise kann dahinter auch ein Angriff auf die Föderation der Pax durch die tyrannischen Schneekrieger stecken. Nichtsdestotrotz ist das ohne Frage natürlich nur die Sorge eines ungelehrten Tors, die Eure hochgeschätzte Regentschaft nicht zu stark beeinflussen sollte.

Ich mache mich sogleich wieder auf den Rückweg nach Cyrian!

mit respektvollen Grüßen,

Selendur Serpur

Bote der Stadt Cyrian

Kapitel 3

Nygel erhob sich langsam und blickte seufzend den steinigen Hang hinab. Dort wo die Steigung langsam abzuflachen begann, ruhte die finstere Front eines dichten Waldes, dessen Baumkronen sich bis zum Horizont erstreckten. »Und, habt ihr irgendetwas gefunden?«, fragte er widerstrebend und drehte sich herum.

Als Darius seine Stimme vernahm, löste er sich sofort von den anderen Ogern und stapfte auf den jungen Schneekrieger zu. »Ich denke, ja«, brummte er und wischte sich die Nase ab. »Wir haben ihre Fährte aufspüren können. Sie sind so schnell wie möglich den Hang hinab gereist und dann hinein … in das Dickicht des Waldes.«

Nygels seufzte schwer und rieb sich die Stirn. »Bist du dir da ganz sicher? Zu einhundert Prozent, Darius? Ich vertraue dir, aber wie können uns jetzt wirklich keine falsche Abzweigung erlauben.«

»Ganz sicher«, nickte der Oger ernst. »Sie sind auf dem Weg Richtung Süden. Und das heißt, sie …«

»Ja, ich weiß, was das heißt.« Nygel schüttelte zähneknirschend den Kopf. Dann winkte er den Ogern zu und führte widerwillig seinen Marsch weiter den Hang hinab fort. »Also gut, gehen wir weiter, Männer! Wir haben keine Zeit zu verlieren. Auf in die finsteren Abgründe von Dunkenehr!«

II.

Der zweite Vers

DIE KRONE DES

SKORPIONS

»Enttäuschung schmerzt am meisten, wenn sie vorhersehbar war, denn dann hatte man sich selbst getäuscht.«

André Brie

Meister,

ich habe nun erfolgreich und ohne weitere Komplikationen Taranth und Perenor hinter mich gebracht. Am gestrigen Abend bin ich in Vida Neive angekommen und werde dort die Vereinbarungen zwischen der Stadt und Venoros nutzen, um mich hier eine Weile vor den Fängen Scorpions zu verstecken. Danach werde ich mich hoffentlich unbemerkt auf den Weg zu Euch machen können.

gez. Seth von Forstharrn

Kapitel 1