Die CEO-Bewerbung - Jürgen Nebel - E-Book

Die CEO-Bewerbung E-Book

Jürgen Nebel

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Beschreibung

Rund 80 Prozent aller vakanten Positionen werden unter der Hand besetzt - dies gilt gerade für die Positionen des oberen Managements. Die Karriereberater Jürgen und Nane Nebel haben eine Bewerbungsmethode entwickelt, um genau diesen verdeckten Stellenmarkt zu erschließen. Kern des Buches ist die Anleitung zur Entwicklung individueller Unterlagen, die so aufmerksamkeitsstark sind, dass sie nicht in der Personalabteilung landen, sondern von den Entscheidern selbst gelesen und beantwortet werden. Nun erscheint das Buch in einer komplett überarbeiteten Auflage.

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Über das Buch

Rund 80 Prozent aller vakanten Positionen werden unter der Hand besetzt - dies gilt gerade für die Positionen des oberen Managements. Die Karriereberater Jürgen und Nane Nebel haben eine Bewerbungsmethode entwickelt, um genau diesen verdeckten Stellenmarkt zu erschließen. Kern des Buches ist die Anleitung zur Entwicklung individueller Unterlagen, die so aufmerksamkeitsstark sind, dass sie nicht in der Personalabteilung landen, sondern von den Entscheidern selbst gelesen und beantwortet werden. Nun erscheint das Buch in einer komplett überarbeiteten Auflage.

Vita

Dr. Jürgen Nebel war Geschäftsführer eines Konzern-Tochterunternehmens und General Manager Germany eines globalen Dienstleistungsunternehmens und hat als Headhunter für eines der international führenden Executive-Search-Unternehmen gearbeitet. Er ist heute als Berater, Coach, Management-Trainer und Rechtsanwalt auf die Zielgruppe der oberen Führungskräfte spezialisiert.Nane Nebel ist Marketingspezialistin und Karriereberaterin mit umfassender Praxiserfahrung als Inhouse-Consultant eines DAX-Konzerns und in verschiedenen operativen Führungsfunktionen direkt unterhalb des Vorstands oder für mittelständische Eigentümerunternehmer. Ihr Kommunikations- und Direktmarketing-Know-how setzt sie heute als Coach und Berater für obere Führungskräfte ein.

Für Benedikt und Amelie

Inhalt

Kapitel EinleitungIhre Strategie ist falsch

Teil 1Für CEOs gelten andere Bewerbungsregeln

Mit neuer Strategie zum Erfolg!

Teil 2Die sieben Prinzipien der CEO-Bewerbung

Kapitel Prinzip 1Souveränität, Autonomie, Wahlfreiheit

Kapitel Prinzip 2Performance: Erfolgsdarstellung

Kapitel Prinzip 3Transparenz

Kapitel Prinzip 4Ehrlichkeit, Wahrhaftigkeit, Authentizität

Kapitel Prinzip 5Emotionalität

Kapitel Prinzip 6Augenhöhe

Kapitel Prinzip 7 Strategie & Kybernetik

Teil 3Schritt-für-Schritt-Anleitung zur völligen Neuentwicklung Ihres CV

Literatur

Register

Die Autoren

Jürgen NebelNane Nebel

Die CEO-Bewerbung

Karrierebeschleunigung ohne Netzwerk und Headhunter

Campus VerlagFrankfurt/New York

Zur besseren Lesbarkeit werden in diesem Buch personenbezogene Bezeichnungen, die sich zugleich auf Frauen und Männer beziehen, nur in der männlichen Form angeführt, also etwa Leser statt Lesende oder Leserinnen und Leser oder LeserInnen oder Leser*innen oder Leser:innen oder Leser_innen. Uns hat es das Schreiben erleichtert, und Ihnen wird es das Lesen vereinfachen.

Die Autoren hoffen daher auf Ihr Verständnis und bitten, den Gleichheitsgrundsatz bezüglich der Geschlechtergleichrangigkeit als gewahrt zu betrachten.

Kapitel EinleitungIhre Strategie ist falsch

Ganzseitige Anzeigen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung titelten schon vor Jahren: »Ihre Strategie ist falsch!« Etwas plakativ vielleicht, aber zutreffend. Dahinter verbarg sich die EKS – die Engpasskonzentrierte Strategie von Wolfgang Mewes, die später von den FAZ-Informationsdiensten publiziert wurde und heute vom Malik Management Zentrum St. Gallen fortentwickelt wird. Diese Strategie ist es unter anderem, auf der dieses Buch basiert – aber vor allem basiert es auf der Praxis! Denn dieses Buch ist ein reines Praxisbuch: entstanden aus mehr als 15-jähriger Beratung von CEOs, CFOs und all den anderen C-Level-Funktionsbezeichnungen, den General Managern, Heads of und Vice Presidents oder ihren deutschsprachigen Pendants, den Vorständen, Geschäftsführern oder Geschäftsfeld- und Bereichsleitern, gleichviel, ob mit Gesamt- oder Funktionsverantwortung. Es ist also ein Buch aus der Praxis für die Praxis, geschrieben insbesondere aus den Erfahrungen eben jener Manager der ersten und zweiten Führungsebene. Ihnen allen sei hierfür herzlich gedankt, denn ausschließlich durch die Diskussionen mit all diesen Männern und Frauen, die in der Unternehmenshierarchie weit oben oder zuoberst stehen, konnten wir unsere Methode Jahr um Jahr verfeinern, sie viele Male jährlich den realen Marktreaktionen aussetzen und von ihnen bestätigen oder verbessern lassen.

Voraussetzung dafür, dass wir all diesen Praktikern als wirkungsvolle Sparringspartner und Berater dienen konnten, die wissen, wovon sie sprechen und aus eigener Erfahrung die Herausforderungen auf dieser Hierarchieebene kennen, war und ist freilich unsere persönliche Biografie. Ich, Jürgen Nebel, war jahrelang operativ tätig als General Manager Deutschland und gesamtverantwortlicher Geschäftsführer der Tochtergesellschaft eines US-amerikanischen Konzerns, als Practice Group Leader einer internationalen Executive-Search-Beratung sowie als selbstständiger Managementtrainer in und für Unternehmen unterschiedlicher Größen und Branchen. Zusätzlich prägten mich meine Stammhauslehre zum Industriekaufmann bei Siemens, meine juristischen Ausbildungen, die Zulassung zum Rechtsanwalt und insbesondere meine mich in fast all diesen Zeiten begleitende Vertriebsverantwortung!

Ich, Nane Nebel, war operativ und strategisch als Marketing- und Franchisemanagerin von Handelsunternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern und 80 Franchisepartnern direkt unterhalb des Vorstands verantwortlich. Hinzu kommen viele Jahre als Inhouse-Consultant eines DAX-Konzerns sowie als Unternehmens-, Kommunikations- und Marketingberaterin für Unternehmen unterschiedlichster Branchen, bei denen ich auch Start-ups, Neupositionierungen, Sanierungen, Unternehmensankäufe und -verkäufe inklusive Due Diligence erfolgreich begleitet oder umgesetzt habe. Bei all diesen Aufgaben habe ich immer eng mit Vorständen, Geschäftsführern, Eigentümern und C-Level-Managern von Konzernen und mittelständischen Unternehmen zusammengearbeitet. Ich weiß also, wie Führungskräfte denken, handeln und entscheiden – aus eigener Erfahrung und aus der engen Zusammenarbeit.

Dieses Buch ist also kein Werk der Wissenschaft, aber geschrieben unter Berücksichtigung der einschlägigen Literatur. Zur relevanten Literatur gehört dabei aber gerade nicht die Flut der Bewerbungsratgeber: Denn viele wiederholen ohnehin nur sattsam Bekanntes, rezipieren lediglich fremdes Gedankengut, schon allein, weil erstaunlich viele Autoren, gar Bestsellerautoren, keinerlei Management- und erst recht keine Führungserfahrung haben, ja niemals einen Betrieb von innen gesehen haben, also nie persönliche Erfahrungen in der Welt mittelständischer, internationaler oder globaler Unternehmen sammeln konnten. Zur relevanten Literatur gehören dagegen sowohl Werke aus der Hirnforschung, der forensischen Vernehmungspsychologie, der Werteforschung, der Unternehmensstrategie, aber auch unmittelbar erfolgsbezogene Werke aus der Werbung und besonders dem Direktmarketing. Ferner wurde Literatur aus Fachgebieten berücksichtigt, wo in Ermangelung eigener Forschung empirische Erkenntnisse dieser Wissenschaften auf die Karriereentwicklung des C-Level-Managements übertragen werden können.

Das Buch versteht sich als Strategiemanagementlehrbuch für C-Level-Karrieren – geschrieben sowohl für Manager, die diese Hierarchieebene bereits erreicht haben, als auch für diejenigen, die dorthin gelangen wollen. Auch wenn dies kein wissenschaftliches Buch ist, stellt es vielleicht eine Anregung für die Wissenschaft dar, hier weiter und vertieft zu forschen, wo der Praktiker nur induktive Schlussfolgerungen ziehen kann.

Der Verlag und wir sind überzeugt, dass dieses Buch eine Lücke schließt, denn es weicht in vielerlei Hinsicht ab vom Mainstream – durch Vermittlung neuer und vor allem wirksamer Methoden zur Verfolgung und zum Ausbau von C-Level-Karrieren. In unserer vieljährigen Beratungspraxis waren wir selbst häufig überrascht, wie oft sich außergewöhnliche Erfolge einstellten, trotz oder gerade weil sehr viele der in diesem Buch beschriebenen Methoden deutlich von der herrschenden Meinung der kaum überschaubaren Ratgeberliteratur abweichen oder ihr gar diametral gegenüberstehen.

Beispielhaft seien hier zwei der scheinbar unumstößlichen Behauptungen genannt: zum einen die allgegenwärtige Forderung, der Bewerber müsse sich »verkaufen«, zum anderen die Empfehlung, Bewerber sollten ihre Kompetenzen darstellen. Meist werden beide Behauptungen apodiktisch unter Verzicht auf jegliche Begründung vorgetragen, selten werden Argumente für diese Empfehlungen angeführt, und scheinbar Heerscharen von Bewerbern folgen diesen Empfehlungen. Manch einer kennt oder erkennt zwar die Fragwürdigkeit, traut sich aber nicht, in so grundlegenden Fragen von der herrschenden Gepflogenheit abzuweichen.

CEO-Tipp

CEO-TIPP

Das Auflisten gleichförmiger Kompetenzkataloge wie »strategisch, analytisch, zupackend, führungs- und verhandlungsstark« in der schriftlichen Bewerbung ist in Wirklichkeit ermüdend, weil nichtssagend, das unreflektierte Befolgen der allgegenwärtigen Empfehlung, sich in der mündlichen Bewerbung »gut zu verkaufen«, ist dagegen sogar gefährlich.

Nach unserer und der Überzeugung vieler unserer Klienten ist es nicht nur falsch, sondern nachgerade gefährlich, sich »zu verkaufen«. Denn hierunter ist meist eine einseitige Darstellung der eigenen Person im Vorstellungsgespräch gemeint, die ängstlich darauf bedacht ist, sich stets von seiner vermutet »besten Seite« zu zeigen. Gebetsmühlenartiges und offenkundig unreflektiertes Wiederholen dieser allenthalben gemachten Empfehlung macht die Behauptung nicht richtiger. Eine weitere weitverbreitete Empfehlung, die der Kompetenzdarstellung, ist ebenso unsinnig. Viel Druckerschwärze wird aufgewandt für das vorgestanzt wirkende Kompetenzeinerlei: verhandlungsstark, durchsetzungsfähig, kommunikativ, begeisterungsfähig, führungsstark, strategisch, analytisch, pragmatisch und so weiter und so fort. Für Manager sind diese Eigenschaften ohnehin obligatorisch, zumindest wird einem erfolgreichen C-Level-Manager das kaum jemand absprechen! Sehr viele unserer Klienten sind froh, dass sie auf die Darstellung dieser nichtssagenden, weil inflationär gebrauchten Kompetenzfloskeln verzichten können – und mit dem Verzicht darauf sogar größere Wirkung erzielen als bislang, denn es schafft Platz und Aufmerksamkeit für die real vorhandenen, besonderen Kompetenzen.

Dennoch wird die Kompetenzdarstellung allenthalben gefordert und auch praktiziert. Sicherlich auch deshalb, weil von (internen und externen) Personalverantwortlichen in Stellenbeschreibungen und Stellenausschreibungen fast immer mit genau diesen Begriffen solche Kompetenzen gefordert werden. Die hier dargestellte Methode ist aber unter anderem deshalb wirksam, weil sie sich nicht in erster Linie an Headhunter und Personalchefs richtet, sondern vorrangig an Vorstände und Aufsichtsräte.

Wir haben in all den Jahren zusammen mit den C-Level-Managern, die wir begleiteten, erkennen können, dass die Erfolgsdarstellung, die Performance also, wesentlich mehr über die Eignung und Fähigkeiten eines Managers aussagt als stereotyp wiederholte Kompetenzkataloge, die zudem naturgemäß selbst beigemessene Kompetenzen auflisten.

Diese beiden zentralen und vielfach praktisch bewährten abweichenden Erkenntnisse destillierten wir zusammen mit etlichen anderen zu sieben Prinzipien. Sie sind nach unserer Erfahrung für den CEO-Bewerbungsprozess entscheidend, denn ihre Umsetzung führt zu entscheidenden Vorteilen. Natürlich entlarven nicht alle Prinzipien die Fragwürdigkeit vielfach wiederholter Ratschläge – aber einige stehen im Gegensatz hierzu!

Eines der tragenden Prinzipien wirksamer C-Level-Bewerbungen ist das der Erfolgsdarstellung. Nachweislich melden sich auf die hundertfach gleichlautenden Initiativbewerbungen, die unsere Klienten verschicken, bisweilen sogar DAX-Vorstände bei ihnen – persönlich auf geprägtem Vorstandsbriefbogen, telefonisch oder vom persönlichen E-Mail-Account aus. Und hierbei werden immer wieder auch deutlich verantwortungsvollere Aufgaben angeboten als bislang wahrgenommen. In keinem der hier dargestellten praktischen Beispiele haben wir mit den Managern ausgefeilte Videosessions, auswendig gelernte 90-Sekunden-Spots (mündliche Kurzdarstellung des Lebenslaufs), Einwandbehandlungstrainings oder gar Rollenspiele exerziert. Ebenso wenig waren Psychotests oder Kompetenztests erforderlich und schon gar keine »Fotoshootings«, als ginge es darum, sich mit den Bildern für einen Contest zu qualifizieren. Wer dies alles machen möchte, warum nicht? Aber sich hierauf zu beschränken wäre unklug, denn er betriebe nur Oberflächenkosmetik, die die Wirksamkeit kaum erhöht, bisweilen sogar senkt. Einer unserer Klienten berichtete uns, dass er für einen neu zu besetzenden Direct Report, eine Direktorenfunktion, mehrere Kandidaten interviewt hatte, die überwiegend erkennbar vorformulierte »Texte« vorgetragen hätten und offenbar durch die »Schule von Outplacement-Beratungen« gegangen seien.

CEO-Tipp

CEO-TIPP

Unsere Erfahrung hat uns gezeigt: Drei Kurzdokumente – ein zweiseitiger Lebenslauf, dessen Aufbau genau erklärt und begründet wird, eine zweiseitige Darstellung Ihrer »Beiträge zum Geschäftserfolg« und ein kurzes, inhaltlich gleich gestaltetes Anschreiben – sind Ihre Eintrittskarte zum Vorstellungsgespräch, wenn Sie die sieben Prinzipien berücksichtigen, die wir Ihnen in diesem Ratgeber vorstellen. Diese Prinzipien sind es auch, die Sie im darauffolgenden Bewerbungsverfahren weiterbringen!

Lassen Sie sich inspirieren von praktischen Fällen und konkreten, erfolgserprobten Ratschlägen, die zusammen eine Methode ergeben, die einen vermutlich größeren Teil des auf 80 Prozent geschätzten verdeckten Managementmarkts aufdeckt. Durch Umsetzung der hier beschriebenen Methode werden regelmäßig individuelle Erstgespräche – je nach Zielgruppengröße schwankend – bei meist zehn bis 20 Unternehmen erzielt. Sie können so schon rechnerisch Ihre Karriereoptionen etwa verfünffachen: So können Sie auswählen – und sich nicht von anderen auswählen lassen! Damit kehren Sie die psychologisch wichtige Relation um: Statt einiger weniger Gespräche in einem größeren Zeitraum, zu denen fast immer etliche weitere Kandidaten geladen werden, führen Sie eine Vielzahl von Gesprächen in vergleichsweise kurzer Zeit und sind nicht selten der Einzige oder nur einer von zwei oder drei Kandidaten.

Noch eine Anmerkung: Die in dem Buch enthaltenen Fallgeschichten entsprechen realen Managerkarrieren der von uns gecoachten Führungskräfte, die Namen und manche CV-spezifische Details wurden aber geändert.

Teil 1

Für CEOs gelten andere Bewerbungsregeln

Mit neuer Strategie zum Erfolg!

In diesem Kapitel zeigen wir Ihnen, welche eindrucksvollen Erfolge Sie mit einer völlig veränderten Bewerbungsstrategie erreichen können. Unsere Beispiele aus der Praxis illustrieren, wie drei unserer Klienten ihrer bereits beachtlichen Karriere einen weiteren Aufschwung oder gar eine völlig neue – gewünschte – Richtung gegeben haben. Im ersten Praxisfall wird die Frage geklärt, welche Karrierechancen man sich mit einer gezielten Initiativbewerbung eröffnen kann – wie kann man beispielsweise die Branche oder den Wirtschaftssektor wechseln? In einem weiteren Beispiel wird gezeigt, dass man auch nach einer längeren Phase ohne Berufstätigkeit (beispielsweise aufgrund von Sabbatical, Krankheit, familienbedingter Abwesenheit, fehlender Anschlussbeschäftigung) wieder ganz oben mitmischen kann. Und im letzten Praxisfall sehen Sie, warum es darauf ankommt, die richtigen Entscheider anzusprechen – wer kein Profil wie aus dem Lehrbuch hat, fällt bei Personalern schnell durchs Raster. Mit der richtigen Methode aber erhalten selbst außergewöhnliche Karrieren neuen Schub.

Praxisfall 1: Welche Karrierechancen sind noch drin?

Mark Sprenger, 47, hat immer alles gegeben: schulisch, sportlich, familiär und natürlich auch und gerade beruflich. Und er war belohnt worden. Mit Anfang 40 verdiente er bereits 300 000 Euro im Jahr, war Geschäftsführer Vertrieb, Marketing und Einkauf einer internationalen Handelsgruppe mit direkter Personalverantwortung für 2 000 Mitarbeiter und einem Umsatz von 800 Millionen Euro. Freunde fragten sich oft, wie er das machte, denn seiner Familie mit vier Kindern widmete er mehr Zeit, als es Manager in vergleichbaren Positionen gewöhnlich tun, und auch der Sport – früher selbstredend Leistungssport mit zwei Vize-Landesmeistertiteln – forderte noch so viel Zeit, dass bei all den Geschäftsreisen, die er unternahm, kaum fassbar war, wie er das alles managte. Sprenger war fraglos ein Manager mit besonderem Potenzial. Einem Potenzial, das selbst bei den Executive-Search-Beratern der ersten Liga immer wieder auf großes Interesse stieß – und nicht nur einmal zu der fast vorwurfsvollen Frage führte: »Wieso arbeitet ein Mann wie Sie denn im Handel?«

Ein Blick auf seine Vita gibt die Antwort: Schon an der Universität vertiefte er die Themen Handel, Banken und Versicherungen und er ließ sich auch später von seinen Interessen und seiner großen Begeisterungsfähigkeit leiten. Auch wenn er beruflich weit höher aufgestiegen war als die meisten, besaß er keinen verbissenen Ehrgeiz, war auch menschlich geschätzt, ja beliebt, und entfaltete seine Fähigkeiten nicht nur unter Maximierungsgesichtspunkten. Drohte ihn all dies jetzt im letzten Abschnitt seiner Entwicklung zu bremsen? Denn mancher Aufsichtsrat und Chef angesehener Personalberatungen hatte ihm eine Vorstandskarriere prophezeit, Verantwortungsübernahme vorausgesehen für Milliardenumsätze börsennotierter Unternehmen.

Wie kam es, dass er trotz aller gelassenen Scharfsichtigkeit, die ihn kennzeichnete, nicht dort angelangt war? Heute weiß Sprenger, woran es lag: Er hatte wie die meisten hochbegabten Manager auf Leistung und Beziehung gesetzt – schon sein Universitätsprofessor hatte ihn an ein Vorstandsmitglied einer börsennotierten Versicherung weiterempfohlen. Ehrenwert, aber nicht systematisch, wie ihm heute klar ist. Denn kaum hatte er als Vorstandsassistent begonnen, wurde sein Chef zum Vorstandssprecher eines Konkurrenten berufen – und Sprenger verließ das Unternehmen in Jahresfrist. Gute, entwicklungsfähige und -bereite Manager finden überall wieder einen Einstieg auf hohem Niveau: Nach dem ersten, fast vertanen Berufsjahr startete er erneut, dieses Mal in der internen Unternehmensberatung eines globalen Handelskonzerns. Schnell erkannte der Vorstand seine Fähigkeiten, und nach mehreren, auch praktisch erfolgreichen Beratungsprojekten wurde ihm die Vertriebsverantwortung für ein Unternehmen mit niedrigem dreistelligem Millionenumsatz anvertraut. Auch dies meisterte er bravourös, sodass er den Handelskonzern verließ, um seinem Chef in einen anderen Handelskonzern zu folgen. Nach seiner operativen Verantwortung übernahm er dort erneut eine herausragende Funktion in der Unternehmensentwicklung, unter anderem begleitete er die Fusion zweier ehemals konkurrierender Handelskonzerne.

Nach nur zwei Jahren verließ er das Unternehmen, weil wieder sein Chef und Mentor, wie damals schon bei der Versicherung, das Unternehmen verließ. Dieses Mal entschloss Sprenger sich aber, sich freizuschwimmen, nicht seinem Chef und Mentor zu folgen – und das gelang ihm auch souverän: Er übernahm eine überaus aussichtsreiche Alleingeschäftsführung für ein Joint Venture zwischen einem großen Handelskonzern und einem nicht minder bedeutenden Verlagshaus. Das Start-up-Unternehmen sollte ein bahnbrechendes Konzept in der Internet-Goldgräberzeit Anfang des Jahrtausends verwirklichen. Pech für Sprenger war nur, dass schon nach dem Startjahr der eine Joint-Venture-Partner die Zusagen nicht einhielt und sich fluchtartig aus der Partnerschaft verabschiedete. Jahre später wurde das Konzept erfolgreich realisiert – von anderen Geschäftsführern mit anderen Kapitalgebern. Sprenger fehlte ganz offensichtlich Fortune, das, was schon Friedrich der Große von seinen Offizieren forderte.

Der Rest ist schnell erzählt: Nach einer letzten kurzen Station noch einmal bei einem seiner Mentoren, der jetzt wieder in einem anderen Handelskonzern den Vorstandsvorsitz übernommen hatte, schwamm er sich nun endgültig frei und übernahm bei zwei weiteren Unternehmen eine Geschäftsführung beziehungsweise eine Bereichsleitung – das erste war im Handel aktiv, das zweite in der Dienstleistung. Schon im ersten schwoll sein Jahressalär auf die verdienten 300 000 Euro an – Glück hat auf Dauer eben nur der Tüchtige, wie gleichfalls Friedrich der Große schon wusste, weshalb von Glück nicht eigentlich gesprochen werden kann. Denn so viel Pech konnte selbst Sprenger nicht haben, dass exzellente Leistung sich nicht durchsetzen würde. Aber die mehrfach prophezeite Karriere an der Spitze eines Milliardenunternehmens hatte sich nicht bewahrheitet, zu ungünstig waren die Wechselfälle des Lebens für Sprenger gewesen.

Während auch mittelmäßige Manager am Ende einer Seilschaft den Berg auf beachtliche Höhe hochgezogen wurden, wenigstens bis zur Mittelstation, gelegentlich sogar bis zur Bergstation, schaffte es Sprenger – immerhin aus eigener Kraft – nur an die Spitze eines vergleichsweise kleinen Bergs, weil er strategisch, wie sich heute zeigt, unsystematisch vorgegangen war. Letztlich deshalb, weil er es nicht besser wusste, als das zu tun, was allenthalben geraten wurde: sich einen Mentor suchen, von ihm fördern lassen und im Übrigen die weitere Karriere über professionelle Headhunter einfädeln. Diese »Strategie« wurde ihm nicht gerade zum Verhängnis, aber genutzt hat sie ihm rein gar nichts – eher hat sie ihn in falscher Sicherheit gewiegt und seine Loyalität zu den beiden Mentoren strapaziert. Heute, wie gesagt, weiß er es besser. Und noch ist er jung genug, um sein exzellentes Potenzial entfalten zu können. Vorausgesetzt, er geht künftig strategisch bedachtsamer vor.

Sprenger begab sich daher in unsere strategische und nicht nur praktische Beratung mit ganz klaren Zielen, ja Vorgaben: Zum ersten Mal in seinem Berufsleben wollte er richtig wählen, seine Karriere nach seinen Vorstellungen fortentwickeln, und daher brauchte er viele Erstgespräche bei vielen Unternehmen – und das innerhalb eines vergleichsweise kurzen Zeitraums, um auch tatsächlich zwischen verschiedenen Alternativen wählen zu können. Und außerdem – so sehr er auch den Handel liebte, so schwer ertrug er ihn manchmal – wollte er herausfinden, ob nicht nur ein Branchenwechsel möglich wäre, sondern sogar ein Wechsel in andere Wirtschaftssektoren, beispielsweise in die Industrie, eine Bank, eine Versicherung oder in ein Dienstleistungs- oder Beratungsunternehmen. Und das zu Konditionen, die keine Einbußen gegenüber dem jetzigen Status mit sich brächten. Sprenger wollte es noch einmal wissen und zugleich herausfinden, was ihn für die nächsten 20 Jahre seines Berufslebens wirklich interessierte. Da traf er bei uns auf offene Ohren, denn wir haben schon oft erlebt, dass selbst erstklassige Manager keineswegs immer genau wissen, was sie beruflich als Nächstes wollen, oft nicht einmal, was sie als Endziel ihrer Karriereentwicklung anstreben. Wünsche und Hoffnungen, Befürchtungen und Ehrgeiz lassen sich eben nicht einfach vermessen und als klares Bild »ausdrucken«. Vieles ergibt sich erst, wenn man näher dran ist und am besten Gespräche mit Unternehmensvertretern führt. Dann weiß man überhaupt erst, was einem alles offensteht oder eben auch nicht, und nur dann kann man sich entscheiden. Und genau dieses Entscheidungsspielfeld erarbeiteten wir zusammen.

In der Zusammenarbeit kristallisierten sich mehrere Zielgruppen heraus. Neben der offensichtlichen, dem Handel, natürlich auch die Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen; mit seiner letzten Station war Sprenger immerhin ja auch schon einmal im großen Wirtschaftssektor Dienstleistung tätig gewesen, und Beratung war ihm vertraut aus der Anfangszeit der internen Unternehmensberatung. Dagegen fehlte ihm bezüglich Banken jedwede Erfahrung, und bei einer Versicherung war er nur zum Berufsstart für ein kurzes Jahr als Vorstandsassistent tätig gewesen, was nach 20 Jahren praktisch »verjährt« war.

Es war dann nicht nur erstaunlich, wie viele Unternehmen auf seine Bewerbungen reagierten, sondern insbesondere, aus welchen Branchen und Wirtschaftssektoren sie kamen – auf Vorstandsebene antworteten diesem reinen Handelsmann Banken und Versicherungen! Es zeigte sich einmal mehr, dass sorgfältig ausgearbeitete Unterlagen, die präzise und transparent darstellen, was der Manager bewegt hat, Branchen- und Wirtschaftssektorengrenzen überspringen lassen. Natürlich war außerhalb des Handels die relative Resonanz geringer, aber Sprenger wurde auch von ihnen eingeladen. Mit der ersten operativen Ebene erörterte er dort, wie er seine besondere Verantwortungserfahrung und sein spezielles Wissen zum Wohle des Unternehmens einsetzen könnte. Nur wer die Wahl hat, hat keine Qual. Und bei 58 angebotenen Einladungen zu Erstgesprächen fiel die Wahl zwar nicht leicht, aber Sprenger hatte sein erstes Ziel, frei wählen und zur selben Zeit über Alternativen entscheiden zu können, mehr als erreicht.

Und auch sein zweites hochgestecktes Ziel, die Branchen- und Wirtschaftssektorengrenzen zu überwinden, hatte er erreicht. Erstaunlich war, dass seine Chancen in der Industrie sogar fast größer waren als im angestammten Sektor Handel. Möglich war die Prüfung attraktiver und vor allem realer Angebote nur durch die gewählte Vorgehensweise der Direktansprache von Entscheidungsträgern. Via Headhunter oder Anzeige wäre Sprenger bei Industrieunternehmen kaum auch nur zu einem Gespräch gekommen – nach 20 Jahren Handelsverantwortung. Gleiches gilt sicher auch für Banken und Versicherungen. Sprenger konnte in Ruhe auswählen und sich unter Strategie- als auch Leidenschaftsaspekten für das genau für ihn Passende entscheiden. Er nutzte das selbst geschaffene Entscheidungsspielfeld für sich und traf autonom und souverän die Wahl, von der er ausgehen konnte, dass sie ein Maximum der selbst gesetzten Kriterien erfüllte.

Praxisfall 2: Überwinden der Branchengrenzen mit 53 Jahren

Maschinenbau-Ingenieur Harald Eifler, 53, Familienvater zweier noch kleiner Töchter, gehörte zum eher ruhigen Typus des gesamtverantwortlichen Geschäftsführers. Er strahlte innere Kraft und begründete Zuversicht aus und übertrug sie auf andere. Grundlage waren wohl eine außerordentliche Beobachtungsgabe und seine Fähigkeit, die vielen ihm zugänglichen Wahrnehmungen zu ordnen und diese Schlüsse und Erkenntnisse dann in verwertbare Handlungen umzusetzen. Eine der Ursachen für seine beruflichen Erfolge.

Eifler beobachtete und reflektierte aber nicht nur die Menschen, Abläufe und Strukturen in seiner Umgebung, sondern auch sich selbst. Er kam zu uns und klagte schon im Kennenlerngespräch augenzwinkernd: »Ich habe eine Schwäche für ältere Herren!« Zwei Mal schon, nämlich die letzten beiden Male, berichtete er, sei er auf die Versprechungen und Lobhudeleien desselben Typs von Eigentümerunternehmer hereingefallen. Er war es leid, offenbar gerade hier nicht dazulernen zu können: Beide Gründerunternehmer blickten in der Bewerbungsphase, so erzählte er, auf ihn wie auf einen Sohn, anerkannten seine Erfolge, beteuerten, dass er die beste Wahl für ihr Unternehmen wäre, malten ihm eine strahlende Zukunft aus – ihr eigen Fleisch und Blut sei ja leider nicht in der Lage, die große Verantwortung für Unternehmen und Mitarbeiter zu tragen, und so weiter und so fort … Sie baten ihn zu kommen. Und Eifler kam. Doch der Wind drehte sich und der nunmehr an Bord gekommene »Sohn« spürte diesen Wind jetzt aus einer anderen Richtung pfeifen. Vielleicht waren die Kinder der Selfmademen doch nicht so unbegabt, konnten oder wollten neben dem großen, starken, eigensinnigen Baum aber kein fremdbestimmtes Schattendasein fristen? Eifler wollte das auch nicht. Das erste Mal traf ihn das Unglück schon in den ersten sechs Monaten der »Probezeit«, die vertraglich aber gar nicht vereinbart worden war: Der »Unternehmensvater« stellte ihm ohne Vorwarnung nach vier Monaten den Stuhl vor die Tür, weil er einem »Angebot, das man nicht ablehnen kann« zustimmte und sein Unternehmen nach 42 Jahren verkaufte. Die ihm so wichtigen Mitarbeiter wogen nun doch nicht mehr so schwer und sein neuer »Adoptivsohn« schon gleich gar nicht. Ihm verweigerte er sogar jeglichen finanziellen Ausgleich dafür, dass Eifler von einem Tag auf den anderen kein Gehalt mehr bezog, vom Erfüllen des an sich nicht vorzeitig kündbaren Vertrages ganz zu schweigen. Der Käufer, ein Private-Equity-Investor, installierte wie meist üblich sein eigenes Management. Eifler erkannte, dass er ein Spielball und am Ende Opfer eines natürlich längst angebahnten Deals war. Denn natürlich war der Unternehmer schon zu Zeiten der Einstellungsverhandlungen längst in Verkaufsverhandlungen gewesen, nur wollte sich dieser für alle denkbaren Szenarien wappnen und sicherte sich Eiflers erwiesenes Erfolgspotenzial und seine Managementqualitäten. Da die Unternehmenszahlen weit überdurchschnittlich waren, konnte Eifler auch nicht ahnen, dass der Unternehmer Kasse machen und das Unternehmen samt Mitarbeitern verkaufen wollte.

Eifler musste schnell die nächste Gesamtverantwortung finden, denn Zeit und Geld wurden knapp. Es gelang ihm – allerdings war die neue Verantwortung deutlich schlechter dotiert. Dieses Unternehmen, so beteuerte der damals 76-jährige Unternehmensgründer, könne sich mehr nicht leisten.

Dieses zweite Mal musste Eifler lange leiden: fünf Jahre! Fast alles schien anders zu sein als vorher besprochen. Das Unternehmen befand sich schon seit gut zehn Jahren im Sinkflug. Es konnte aber fantastisch von Rücklagen aus der Pionierzeit der Branche zehren, die in ihrer schwindelerregenden Höhe alle nachdrängenden Wettbewerber der Branche hätten blass werden lassen. Eine Kriegskasse zudem, die den Markt hätte wieder auf den Kopf stellen können, so wie damals in der Goldgräberzeit der 70er Jahre. Eine Aufgabe wie für Eifler geschaffen. Denn als Brancheninsider war er prädestiniert, mit dem früheren Wegbereiter der Branche diese Wettbewerber wieder ein- und sogar zu überholen.

Doch so kam es nicht, denn der alte Gründer wusste immer alles besser und regierte als 100-Prozent-Gesellschafter unumschränkt, obschon er nicht mehr Geschäftsführer war, mit fütternder und harter Hand zugleich – direkt vorbei an seinem Alleingeschäftsführer Eifler. Denn über die Jahrzehnte hatte er – Haudegen und Menschenverführer in einem – ein Vasallensystem von sehr ergebenen, weil abhängigen Managern und Mitarbeitern errichtet, dessen Zügel er noch immer zuverlässig in seiner Hand hielt.

Eifler, dem tatkräftigen Mann, schienen die Hände gebunden, ein Befreiungsschlag ruinös, denn es kam alles zusammen: Sein Geschäftsführervertrag verpflichtete ihn für fünf Jahre, Rücklagen hatte er keine aufbauen können, weil er spät eine Familie gegründet hatte und seit Jahren seinen schwerkranken Vater finanziell unterstützte. Eine andere Position war durch seine vieljährige Einengung auf eine Branche in der strukturschwachen Region am Rande Deutschlands nicht zu bekommen und das Einfamilienhaus war in dieser Region nur mit hohen Verlusten verkäuflich. Ein »Befreiungsschlag« war ja vielleicht auch gar nicht notwendig, denn es war ja keineswegs immer unerträglich. Wie bei vielen anderen Dauerschuldverhältnissen auch, raufte man sich zusammen, immer wieder: Der strenge Ersatzvater lockte mal mit Beteiligungen am Unternehmen, mal drohte er mit fristloser Kündigung. Immer wieder aber riss er die tatsächliche Geschäftsführung vorübergehend an sich. Sie konnten nicht miteinander und sie konnten nicht ohne einander.

Der Macher Eifler schien wie einst Prometheus auch von seinem Gottvater verurteilt worden zu sein, in einer Einöde festgeschmiedet auszuharren, nur eben ganz menschlich als »Allein«-Geschäftsführer auf einem großen und weiten Werksgelände in der ganz realen Provinz am Rande Deutschlands. Unentrinnbar kam ihm seine Situation vor, denn

in seiner engen Branche gab es überhaupt nur sechs Unternehmen, die dreistellige Millionenumsätze erzielten. Die Hälfte hatte er schon durch,

ein Wechsel schien aussichtslos, denn die Zahlen des Unternehmens rutschten weiter – langsam zwar, aber beständig – bergab.

Das Dilemma, aus dem er keinen Ausweg wusste, war, dass er zwar im Laufe der Jahre gleich dreimal Millionenbeträge durch modernste Lean-Management-Methoden einsparte, neue ertragsstarke Geschäftsfelder erschloss, profitable Kooperationen mit renommierten Weltmarken einging – er aber am Ende immer mit leeren Händen dastand, weil sein Eigentümerunternehmer alles durch sture und rückwärtsgewandte Anordnungen konterkarierte und so die erwirtschafteten Erträge mehr als aufzehrte. Und so erschienen in den jährlichen Bilanzen tatsächlich stetig schlechtere Zahlen, wenn auch in moderatem Abfallen.

Ein knappes Jahr vor Ablauf seines Vertrags warf der unumschränkte Eigentümerunternehmer seinen Geschäftsführer hinaus, um doch den Platz für seinen 53-jährigen Sohn frei zu machen, damit dieser in das Familienunternehmen eintreten könne. 25 Jahre zuvor hatte der Filius ein unrühmliches Intermezzo in leitender Position des väterlichen Unternehmens durchstehen müssen und lebte seither von regelmäßigen Zuwendungen des Familienunternehmers. Nun musste Eifler also handeln.

Nach monatelangem, fast verzweifeltem Bemühen, Erstgespräche mit Unternehmen führen zu können, die, fanden sie denn statt, ergebnislos blieben, kam er zu einem Kennenlerngespräch zu uns. Harald Eifler und wir entschieden uns für eine Zusammenarbeit. Fünf Monate später, nachdem er seine Bewerbungsstrategie völlig neu entwickelt und umgesetzt hatte, unterzeichnete er einen neuen Geschäftsführervertrag bei einem Tochterunternehmen eines Industriekonzerns. Immerhin konnte er dort wieder an seine alte Einkommenshöhe anknüpfen, die er schon vor seiner Odyssee erreicht hatte.

Es war ein schwerer Weg, zu dessen gutem Ende ihm die in diesem Buch beschriebene Vorgehensweise verhalf. Voraussetzung war, dass zwei Herausforderungen gemeistert werden konnten, die beide deutlich über dem lagen, was normalerweise bei sich neu orientierenden Geschäftsführern geleistet werden musste:

Das Herausarbeiten greifbarer Erfolge, die trotz anderslautender Unternehmenszahlen erzielt worden waren. Das war zwar möglich, aber anstrengend, und kam einer Slalomfahrt gleich. Denn der eherne Grundsatz, immer nur die Wahrheit zu sagen und zu schreiben, musste auch hier eingehalten werden.

Die zweite Herausforderung, nämlich die verzweifelte Gemütslage Eiflers zu drehen und positiv neu aufzubauen, war fast noch schwerer. Zu tief saßen die Verletzungen, dass er sich all das hat gefallen lassen und das Gefühl, am Ende mit leeren Händen dazustehen. Hinzu kam das Unbehagen, sich mit den Bilanzen der letzten Jahre konfrontiert zu sehen. Denn tatsächlich warf ihm einer der Aufsichtsräte, bei denen er ein Bewerbungsgespräch führte, gleich zu Beginn einen Jahresabschluss auf den Tisch, den er aus dem Unternehmensregister gezogen hatte. So drastisch war jedoch nur einer. Etliche andere waren genauso verfahren und hatten seine Bilanzen eingesehen, sie waren nur weniger auftrumpfend und einschüchternd aufgetreten.

Die vielen Erst- und Folgegespräche, die Eifler führte, enthielten noch ein Déjà-vu-Erlebnis mit einem älteren Herrn mit sehr einnehmender Art. Immerhin hätte er auch mit ihm seinen engen Branchenfokus überwinden können. Ein drittes Mal sollte es aber nicht geben. Stattdessen wechselte der 53-jährige Eifler nach drei Stationen hintereinander in derselben Branche gerade noch rechtzeitig in einen anderen, deutlich größeren Industriezweig. Zudem bot dieser dem Maschinenbau-Ingenieur, der er mit Leib und Seele war, auch in technischer Hinsicht noch größere Entfaltungsmöglichkeiten.

Eines war für Eifler während seiner beruflichen Neuorientierung mit all ihren Gesprächen besonders wichtig, wie er einige Zeit später erklärte: »Ich bin mir heute all meiner Stärken und vor allem Erfolge bewusster als in all den Jahren zuvor. Das erhöht mein Standvermögen spürbar!« Dies vor allem hält ihn auch heute noch sicher auf Kurs. Denn durch diesen Paradigmenwechsel der Bewerbungsstrategie konnte er sich aus seiner sehr bedrängten Situation herausarbeiten. Viele geschasste Manager, wenn sie nicht gar in eine Art Schockstarre verfallen und nichts mehr klar erkennen können, reduzieren ihre Wahrnehmung meist eindimensional auf einen Tunnelblick und wenden hin und her, warum ihnen das passiert ist, wie ungerecht es ist oder wie es zu vermeiden gewesen wäre. Nach einiger Zeit besinnen sich viele dann auf ihre Kompetenzen. Diese sind aber nur bedingt greifbar, führen daher kaum zu einem Vertragsangebot. Eifler konzentrierte sich dagegen konsequent auf seine zahllosen Erfolge – und natürlich nicht nur die schwer darzustellenden aus der letzten Verantwortung, sondern auch auf all die aus den Verantwortungen zuvor – und zog sich so am eigenen Schopf aus dem Sumpf der gefühlten und teilweise auch erlebten Niederlage.

Praxisfall 3: Kein Profil wie aus dem Lehrbuch

Der Deutschfranzose Reinhold Hohenhagen, 42, startete seine Bilderbuchkarriere bescheiden als Auszubildender bei einem deutschen Automobilkonzern, setzte dann aber gezielt zwei wirtschaftswissenschaftliche Studienabschlüsse bei deutschlandweit beziehungsweise weltweit renommierten Hochschulen respektive einer Grande École obenauf; den zweiten berufsbegleitend neben seiner herausragenden praktischen Managementtätigkeit. Eine DAX-Vorstandsreferententätigkeit zierte fortan seinen CV ebenso wie eine äußerst erfolgreiche Beratungstätigkeit in einer angesehenen Beteiligungsgesellschaft und eine Bereichsleiterverantwortung Finanzen beziehungsweise Vertrieb bei einem Mittelstandsunternehmen. Abgesehen von dem ungereimt erscheinenden Funktionsspagat Vertrieb und Finanzen hatten sich Hohenhagens Karrierechancen durch seine letzte Verantwortung reduziert: Er hatte sich als Head of Corporate Finance eines mittelstandsgeprägten Konzerns mit Milliardenumsätzen in eine Sackgasse manövriert, denn die schon bei Vertragsunterzeichnung zugesagte Geschäftsführerposition einer Konzerngesellschaft war ihm angeblich infolge der Finanzkrise nie angeboten worden.

Aus diesem und zahlreichen anderen Praxisfällen leitet sich der Grundsatz ab: Verlassen Sie sich nie auf vertraglich nicht festgeschriebene »nächste Entwicklungsschritte«, die nur gesprächsweise erwähnt wurden, selbst wenn Sie Ihnen mündlich zugesichert wurden. Solche Positionen sollten Sie nicht annehmen, sofern Ihnen genau dieser nächste Schritt wichtig ist. Verlass ist natürlich auch auf arbeitsvertraglich zugesicherte Klauseln nicht, aber immerhin binden sie meist moralisch und damit bisweilen tatsächlich. Wer also sichergehen will, verlässt sich nicht auf das Angebot einer mündlich oder vertraglich zugesicherten »nächsten Position«, sondern tritt nur an, wenn bereits die Startposition den gewünschten Verantwortungsumfang hat. Hohenhagen erfuhr trotz seiner Exzellenz eine spürbare Zurückhaltung bei den wenigen (internen und externen) Personalverantwortlichen, mit denen er zuvor schon Gespräche geführt hatte. Schon sein CV passte nicht auf die Stellenbeschreibungen und Stellenausschreibungen, denn sein Funktionsspagat aus Finanzen und Vertrieb erschien aus Personalersicht ungereimt. Anders oft die Reaktion der operativ Verantwortlichen, wie sich später herausstellen sollte. Denn die hier dargestellte Methode ist unter anderem deshalb so wirksam, weil sie sich nicht vorrangig an Headhunter und Personalchefs richtet, sondern an Vorstände und Aufsichtsräte. Diese verstanden auch besser, dass man Hohenhagen nach getaner erfolgreicher Umstrukturierung durch einen preiswerteren Manager ersetzt hatte, und sahen darin auch keinen Karriereknick, sondern zutreffend eine personelle Optimierung: Schließlich konnte das laufende Geschäft auch eine weniger erfahrene Führungskraft besorgen. Hohenhagen selbst hatte man, statt ihm die versprochene Geschäftsführerposition zu geben, auf seinen Wunsch hin in einer Projektleiteraufgabe geparkt, damit er sich außerhalb des Konzerns neu orientieren konnte.

Hohenhagen lief nun die Zeit davon. In seinem Alter hatten andere mit weit geringerer Qualifikation bereits erfolgreich die zweite Geschäftsführung gemeistert. Er wollte nicht länger von Wohl und Wehe der Konzernlenker, den Schwankungen der Weltwirtschaft oder auch nur individuell behindernden Branchenflauten abhängig sein. Auch er entschied sich für die systematische Auslotung seiner Chancen, wie sie durch das hier beschriebene Vorgehen möglich ist. Er wollte künftig möglichst wenig dem Zufall überlassen und so in seiner Karriere unabhängiger werden von der Gunst des Augenblicks, den natürlich begrenzten Beziehungsnetzwerken oder den positiven oder eben negativen Launen der Managervorauswahl von Personalvorständen oder Executive-Search-Beratern.

Hohenhagen, der als Finanz- und Vertriebschef gleichermaßen beschlagen war im systematischen Zahlen- wie im strategischen Zielgruppendenken, begriff die in diesem Strategiebuch beschriebene Systematik sofort und setzte sie vorbildlich für sich um. Was zuvor die CV-Leser verwirrte, also seine breite Funktionserfahrung, münzte er durch das gezielte Ansprechen der von ihm präferierten Zielgruppen zu seinem Vorteil um. Das Ergebnis gab ihm recht: Erstgespräche mit zig potenziellen Arbeitgebern, vom DAX-Konzern über eigentümergeführte Mittelstandsunternehmen und Beteiligungsgesellschaften bis hin zum Family Office mit Milliardenvermögen. Tatsächlich meldeten sich 63 Unternehmen direkt beziehungsweise über die zusätzlich angeschriebenen Executive-Search-Beratungsgesellschaften mit Gesprächsangeboten bei ihm. Mit seiner sehr breiten Erfahrung konnte er freilich auch deutlich überdurchschnittlich viele Unternehmenszielgruppen ansprechen. Die Ausbeute gab ihm recht.

Hohenhagen destillierte und priorisierte hieraus systematisch die vielversprechendsten für die Erstgespräche. Jetzt war Hohenhagen am Zug. Und entschied völlig frei und souverän, verpflichtet allein seinen persönlichen Vorlieben, Wünschen, Zielen und langfristigen strategischen Überlegungen. Er entschied sich für eine CFO-Position mit mehrjähriger festgeschriebener Geschäftsführerberufung und vor allem einem Verantwortungs- und Aufgabenumfang, der ihm voll und ganz entsprach. Diese Position konnte er unter mehreren Vertragsangeboten auswählen und nebenbei deutlich höhere feste und variable Bezüge erzielen.

Ausgangsbasis und methodische Grundlagen dieser Bewerbungserfolge

Nur etwa 20 Prozent aller Managementvakanzen werden offen ausgeschrieben. Dies ist selbstredend eine »Dunkelziffer«, die kaum empirisch überprüfbar ist, weshalb verlässliche Zahlen wohl nicht vorliegen. Mehrere der nach Quantität führenden Outplacement-Beratungen in Deutschland nennen dieses Verhältnis. Sie greifen zweifellos auf eine signifikante Datenbasis für Führungskräfte zu und ermitteln, auf welchem Weg die beratenen Führungskräfte eine neue Aufgabe gefunden haben. In der Literatur werden auch günstigere Verhältnisse genannt – jedoch beziehen sich diese nicht explizit auf das C-Level. Das Verhältnis ist nach unserer Einschätzung für C-Level-Positionen vermutlich noch ungünstiger: Deutlich weniger als 20 Prozent aller Vakanzen werden offen ausgeschrieben.

CEO-Tipp

CEO-TIPP

Höchstens 20 Prozent aller C-Level-Positionen werden überhaupt offen ausgeschrieben. Über 80 Prozent sind damit für die meisten Manager de facto nicht erreichbar und quasi für ihre Karriereentwicklung nicht existent.

Karriereoptionen verfünffachen

Die meisten C-Level-Führungskräfte und diejenigen, die dies werden wollen, berücksichtigen zwangsläufig nur diese ausgeschriebenen 20 Prozent aller Stellen bei ihrer Karriereentwicklung, weil sie nicht wissen, wie sie die verdeckten Vakanzen identifizieren können. Allenfalls stochern sie noch in ihrem Kontaktnetz nach weiteren Karrierechancen herum; auch wenn sie dies ganz systematisch und mit Eifer tun, sind Kontaktnetze endlich und oft branchenfokussiert. Oder sie kontaktieren mehr oder weniger selbstbewusst bis verschämt den einen oder anderen Headhunter. Damit verhält sich der C-Level-Manager nicht anders als der Durchschnittsmanager: Er lässt rund 80 Prozent aller offenen Managementpositionen unberücksichtigt, denn der weitaus größere, »verdeckte Stellenmarkt« – und damit die meisten Karriereoptionen – bleibt für diese Führungskräfte intransparent und damit unerreichbar.

Bewährte, aber weithin ungenutzte beziehungsweise unbekannte Methoden bringen Licht in genau diese Intransparenz. Logisch, dass aufgrund der verbreiteten Unkenntnis entscheidender Erfolgsmethoden, wie die Transparenz über Vakanzen deutlich erhöht werden kann, häufig die Glücklicheren, manchmal die Clevereren und nur hin und wieder die Geeigneteren beim Erklimmen der nächsten Karrierestufe gewinnen.

Sorgen Sie also für Transparenz: eine hochindividuelle Transparenz bezüglich Ihrer Optionen zum Zeitpunkt X. Denn all die eingangs beschriebenen Erfolgsfälle verfügten durch Aufdecken des sogenannten verdeckten Stellenmarktes über circa fünfmal so viele Erstgespräche bei für sie relevanten Vakanzen. So sorgen Sie dafür, dass vermehrt Eignung und Leistung über die Berufung in wichtige Positionen entscheiden und nicht der Zufall oder das Kontaktnetz. Ein begrüßenswerter Nebeneffekt ist, dass auch volkswirtschaftlich Nutzen gestiftet wird, denn wichtige Positionen werden so eher mit den geeigneten Führungspersönlichkeiten besetzt – die Bewerber suchen sich so diejenigen Positionen aus, in denen sie ihr Potenzial noch besser entfalten können als bisher, in denen sie im Zentrum ihrer Fähigkeiten agieren können.