Die drei !!!, 46, Filmstar in Gefahr (drei Ausrufezeichen) - Henriette Wich - E-Book

Die drei !!!, 46, Filmstar in Gefahr (drei Ausrufezeichen) E-Book

Henriette Wich

4,8
5,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Und Action! Die drei !!! sind bei einem Dreh in der Filmstadt dabei. Hinter den Kulissen geht es hoch her: Die Garderobe von Hauptdarsteller Adrian wurde durchwühlt, Maries Stiefelabsatz wird angesägt und dann tauchen auch noch Umschläge voller Bargeld auf. Kim, Marie und Franzi stürzen sich sofort in die Ermittlungen – trotz der Gefahr, die auf sie wartet … Die drei !!! sind die allerbesten Freundinnen und erfolgreiche Detektivinnen. Mutig und clever lösen sie jeden noch so kniffligen Fall und sind zusammen ein unschlagbares Team.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 162

Bewertungen
4,8 (16 Bewertungen)
12
4
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Henriette Wich

Filmstar in Gefahr

Kosmos

Umschlagillustration Römer & Osadtschij Gbr/Natascha Römer, Schwäbisch Gmünd

Umschlaggestaltung von Friedhelm Steinen-Broo, eSTUDIO CALAMAR

Unser gesamtes lieferbares Programm und viele

weitere Informationen zu unseren Büchern,

Spielen, Experimentierkästen, DVDs, Autoren und

Aktivitäten findest du unter kosmos.de

© 2014, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-440-14171-7

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Marie im Einsatz

Es war kalt, als Marie nach Hause ging. Dunkel und kalt. Die Absätze ihrer Lederstiefel hallten auf dem nassen Asphalt. Ein rätselhaftes Knistern begleitete jeden ihrer Schritte, kaum hörbar, weil der Wind immer wieder Herbstblätter über den Gehsteig fegte. Marie schloss die Finger fester um die Schlaufen ihrer Einkaufstüten. Ein feines Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Keiner der missmutig dreinblickenden Fußgänger, die ihr mit hochgestellten Mantelkragen entgegenkamen, erriet den Grund für ihr Lächeln. Einzig und allein Marie als clevere Detektivin wusste, woher das merkwürdige Knistern kam: aus ihren Einkaufstüten!

»It’s magic, our world is magic«, sang sie und schwenkte dabei die prall gefüllten Taschen. Der neue Song von den Boyzzzz passte perfekt zum heutigen Tag.

Maries Shoppingtour in der Innenstadt war ein voller Erfolg gewesen. In drei verschiedenen Spezialgeschäften hatte sie sich die Einzelteile zu einem sensationellen Halloween-Outfit besorgt: violetten Seidenstoff für ein bodenlanges Kleid, luftigen Tüll für einen Schleier, einen Zauberstab und eine glitzernde Zauberkugel. Dieses Jahr würde sie als Magierin gehen. Tessa hatte versprochen, ihr beim Nähen zu helfen. Maries Stiefmutter war hochschwanger und verbrachte die letzten Wochen vor der Geburt des Babys zu Hause. Marie freute sich schon sehr auf das Geschwisterchen – und natürlich auf die Halloweenparty in vierzehn Tagen.

»I am magic, I am magic, yes, so magic!« Marie veränderte den Text des Popsongs ein wenig und beschleunigte ihre Schritte. Der Weg war ihr bestens vertraut. In dem Stadtviertel, das sie gerade durchquerte, hatte sie früher gewohnt.

Also, wen sollte sie alles zu ihrer Halloweenparty einladen? Marie stellte in Gedanken die Gästeliste zusammen. Kim und Franzi, ihre Freundinnen vom Detektivclub Die drei !!!, mussten auf jeden Fall dabei sein. Außerdem wollte sie ein paar Freunden aus der Schule Einladungskarten schicken. Die alte Villa, in der Marie mit ihrer Patchworkfamilie lebte, war schließlich groß genug.

Marie blieb nachdenklich vor ihrem ehemaligen Haus stehen. Vielleicht hatte ja auch Adrian Lust zu kommen? Ihr Herz schlug ein paar Takte schneller, als sie an ihren früheren Nachbarn dachte. Eine Zeit lang war sie sehr verliebt in den 18-jährigen Schauspielschüler gewesen, bis sie einsehen musste, dass der Altersunterschied zwischen ihnen zu groß war. Wirklich schade.

»Hey, wie lahm schlurfst du denn durch die Gegend?«, rief plötzlich jemand.

Marie drehte sich empört um. Die Stimme kam von einem jungen Typen mit Bikerjacke und ausgefransten Jeans. Er war mit seinen Kumpels unterwegs, zwei Jugendlichen, die sich besonders cool vorkamen. Marie wollte eine bissige Bemerkung zurückgeben, als ihr klar wurde, dass der Typ gar nicht sie meinte, sondern ein Mädchen in ihrem Alter, das unsicher stehen blieb.

»Denkst du, der Gehsteig gehört dir ganz allein, oder warum machst du dich so breit?«, fragte der Typ mit der Bikerjacke angriffslustig. Er war offensichtlich der Anführer der Clique. Seine Freunde wieherten vor Lachen und schlugen sich mit den Händen auf die Oberschenkel.

Das Mädchen wich schweigend einen Schritt zurück. Bereits vorher hätte die Clique problemlos an ihr vorbeigehen können, und jetzt war mehr als genug Platz. Doch die Jungs dachten nicht daran, das Feld zu räumen.

»Lasst mich in Ruhe«, sagte das Mädchen leise. »Geht weiter.«

Ein Junge mit einer XXL-Wollmütze legte sich die Hand ans Ohr. »Hä?? Was hast du gesagt? Du musst lauter reden.«

»Richtig«, sagte der Kumpel neben ihm. »Sonst versteht dich mein Freund hier nämlich nicht.« Grinsend zeigte er auf seine Schulter.

Marie kniff die Augen zusammen. Sie brauchte eine Weile, bis sie den geduckten, schwarzen Schatten auf der Schulter identifizieren konnte. Es war ein kleines, struppiges Tier mit spitzen Zähnen, die im Licht der Straßenlaterne weiß aufblitzten. Eine Ratte!

»Jetzt reicht’s!« Marie ließ ihre Einkaufstüten fallen und lief energisch zur Clique hinüber. »Ihr habt ganz genau gehört, was das Mädchen gesagt hat. Ihr sollt sie in Ruhe lassen!«

Verblüfft wandten sich die Jungs ihr zu.

Der Anführer der Clique runzelte die Stirn. »Noch so eine kleine Kröte! Halt dich gefälligst da raus, ja? Das geht dich überhaupt nichts an.«

Marie widersprach: »Und ob mich das was angeht!« Sie winkte einem Pärchen, das in der Nähe vor einem Schaufenster stand. »Diese Jungs belästigen das Mädchen hier. Die lassen sie einfach nicht weitergehen. Kommen Sie bitte mal her!«

Das Pärchen sah kurz herüber, zögerte und lief dann hastig in die entgegengesetzte Richtung. »Danke für die Mithilfe!«, rief Marie verärgert und sah sich nach weiteren Passanten um. Ein Mann mit Aktenkoffer hatte es so eilig, dass er nicht einmal auf Maries »Hallo« reagierte. Hinter ihm tauchten zwei Frauen auf.

Marie versuchte es wieder. »Bitte bleiben Sie kurz stehen. Hier …«

Doch die Frauen schauten weg und gingen einfach weiter. Marie stampfte wütend mit dem Fuß auf. Sie wandte sich wieder der Clique zu, nahm all ihren Mut zusammen und holte tief Luft. »Lasst das Mädchen weitergehen. Sofort!«

Die Jungs bogen sich vor Lachen. »Sofort, sofort!«, äffte der Jugendliche mit der Wollmütze Marie nach. »Und was ist, wenn wir keine Lust haben? Wenn wir mit dem netten Mädchen noch ein bisschen quatschen wollen?«

»Sie will aber nicht mit euch quatschen, stimmt’s?«, gab Marie zurück.

Das Mädchen warf Marie einen dankbaren Blick zu. Sie nickte, konnte aber vor Angst nicht sprechen.

Der Typ mit der Bikerjacke baute sich vor Marie auf. »Du nervst uns total, merkst du das eigentlich nicht?«

»Fragt sich, wer hier wen nervt.« Marie versuchte, ganz cool zu wirken, was ihr zunehmend schwerfiel. Angestrengt fixierte sie einen Pickel auf der Stirn des Anführers. Sie hätte ihm auch direkt in die Augen sehen können, aber das hätte ihn womöglich noch angriffslustiger gemacht.

»Mann, ist die Kleine stur!«, stöhnte der Jugendliche mit der Wollmütze. »Da hab ich echt keinen Bock drauf.«

Sein Freund streichelte die Ratte. »Ich auch nicht. Cinderella friert. Die Arme holt sich noch eine Lungenentzündung.«

»Ihr bleibt hier!«, sagte der Anführer. Er hatte den Befehlston gut drauf, und der Blick, mit dem er Marie fixierte, war eisig.

Marie war bestimmt kein Feigling, aber jetzt fühlte sie sich immer unwohler in ihrer Haut. Jeder Teil ihres Körpers wollte fliehen, doch ihr Wille war stärker. Mutig machte sie einen Schritt auf den Anführer zu. »Lasst das Mädchen gehen oder ich laufe ins nächste Polizeipräsidium und erstatte Anzeige gegen euch!«

Sie hatte ihn doch tatsächlich für einen Augenblick aus dem Konzept gebracht. »Das … das … du spinnst wohl!«, presste er wütend hervor.

»Nein, sie spinnt ganz sicher nicht!«, mischte sich plötzlich ein junger Mann ein.

Marie stieß einen leisen Schrei aus. »Adrian!«

Er war es tatsächlich. Die schwarzen Laufklamotten und das neongelbe Stirnband standen ihm richtig gut. Adrian überragte die Jugendlichen mit seiner hochgewachsenen, schlanken Figur. »Verzieht euch!«, knurrte er.

Der Anführer hob beschwichtigend die Arme. »Immer mit der Ruhe, Alter, wir haben heute noch was Spannenderes vor.« Er gab seinen Kumpels ein Zeichen und die Clique dampfte ab.

Das Mädchen lehnte den Kopf gegen die Hausmauer und stöhnte leise. Marie war sofort bei ihr. »Alles okay?«

»Hmm … geht schon wieder«, murmelte sie und schlang zitternd die Arme um ihren Oberkörper.

Adrian sagte: »Die sind weg und kommen garantiert nicht wieder. Du bist in Sicherheit.«

Das Mädchen sah bewundernd zu Marie auf. »Ihr habt mich gerettet. Ich weiß gar nicht, wie ich euch danken soll. Vor allem dir … äh …«

»Marie. Und das ist Adrian, ein guter Freund von mir. Das haben wir doch gern gemacht. Anderen zu helfen, sollte eigentlich selbstverständlich sein – dachte ich zumindest bis heute.« Marie erinnerte sich grimmig an die verantwortungslosen Fußgänger, die sie im Stich gelassen hatten. Es wäre so viel einfacher gewesen, wenn sich mehrere Leute zusammengetan und der Clique ordentlich Stress gemacht hätten. Das wäre Zivilcourage gewesen.

»Trotzdem noch mal tausend Dank!« Das Mädchen schüttelte Marie die Hand. »Ich heiße übrigens Emma. Wenn ich das nächste Mal in so einer Situation bin, denke ich einfach an dich. Bestimmt kann ich dann viel mutiger auftreten, so wie du.«

Marie wurde verlegen. »Oh … du übertreibst. Die Ratte hätte mir fast den Rest gegeben, das schwör ich dir. Ich hasse Ratten!«

Emma musste lachen, als Marie übertrieben die Augen aufriss.

»Können wir sonst noch was für dich tun?«, erkundigte sich Adrian. »Sollen wir dich nach Hause begleiten?«

Emma schüttelte energisch den Kopf. »Nicht nötig. Mein Bus fährt gleich an der nächsten Kreuzung ab, und an der Endstation holt mich meine Mutter ab.«

»Wir bringen dich gerne zur Haltestelle«, bot Marie an.

Emma war einverstanden. Der Schreck saß ihr bestimmt immer noch in den Knochen. Zu dritt gingen sie bis zur nächsten Kreuzung. Sie mussten nur wenige Minuten warten, dann kam auch schon der Bus. Emma sprang hinein, ließ sich auf den nächstbesten Fensterplatz fallen und winkte Adrian und Marie zum Abschied.

Der Bus bog um die Ecke und auf einmal fing Maries Puls an zu rasen. »Das war … echt … hart!«, stöhnte sie. Marie atmete durch den offenen Mund ein. Eiskalte Luft strömte in ihre Lungen. Das tat weh und gleichzeitig unglaublich gut. »Diese Typen wollten einfach nicht abhauen. Ich weiß nicht, was ich gemacht hätte, wenn du nicht zufällig aufgetaucht wärst.«

Adrian grinste. »Zufällig? Von wegen! Du weißt doch, ich bin Superman und hab mein Lauftraining extra so gelegt, dass ich dich genau im richtigen Moment retten konnte.« Als er merkte, dass Marie noch nicht richtig lachen konnte, meinte er: »Hör mal: Du hättest mich gar nicht gebraucht. Du hast die Situation doch voll im Griff gehabt. Du kannst stolz auf dich sein.«

»Meinst du wirklich?« Marie hakte sich bei Adrian unter, weil ihre Knie plötzlich zitterten. Oder hatten sie das schon vorher getan und sie hatte es nur nicht bemerkt?

Adrian drückte ihren Arm. »Ja, das meine ich wirklich. Sag mal, hast du Lust, auf einen Sprung zu mir zu kommen? Ich koche uns eine große Kanne Gute-Laune-Tee.«

»Eine super Idee«, sagte Marie. »Schönen heißen Tee – den haben wir uns jetzt echt verdient.«

Kurz darauf saß sie mit einer Wolldecke auf dem gemütlichen, alten WG-Sofa und wärmte ihre eiskalten Hände an der Teetasse auf.

Adrian, der sich einen Strickpulli übergezogen hatte, nahm in einem der beiden kugelrunden Sessel Platz. »Schokokekse für die Heldin des Tages?«

Marie griff gerne zu. »Heldin des Tages«, so hatte sie noch niemand genannt.

Da kam Lola ins Wohnzimmer, Adrians Mitbewohnerin. »Hey, schön dich zu sehen, Marie!«

»Ich freu mich auch«, sagte Marie. »Du ahnst nicht, was mir gerade passiert ist.«

Neugierig setzte Lola sich und lauschte gebannt Maries Erzählung. Adrian streute immer wieder Komplimente für Marie ein und machte die Jugendlichen so lebendig nach, dass Lola schwer beeindruckt war. Als er schließlich auch noch täuschend echt die Ratte imitierte, lachten sich alle schlapp. Der letzte Rest Kälte zog sich aus Maries Körper zurück. Der Schreck war überstanden, sie saß hier im warmen Wohnzimmer und hatte es geschafft.

»Du bist echt mutig«, sagte Lola. »Ich weiß nicht, ob ich mich das getraut hätte. Auf der Bühne oder im Film kann ich fast alles spielen, aber im richtigen Leben …«

Marie winkte ab. »Du hättest das auch gekonnt, ganz sicher.« Sie stellte die Tasse auf dem Couchtisch ab und wechselte das Thema. »Apropos Film: Als ich euch das letzte Mal im Sommer getroffen habe, hast du doch gerade den Vertrag für einen Kinofilm unterschrieben, Adrian. Weißt du schon, wann der Dreh beginnt?«

Adrian schlug lässig die Beine übereinander. »Wir sind mittendrin. Kaum hatte ich meinen Abschluss an der Schauspielschule in der Tasche, ging’s los. Der erste Teil auf der Insel Mykonos ist schon abgedreht.«

»Was?«, rief Marie. »Und das erzählst du mir erst jetzt?«

Lola knuffte Adrian mit dem Ellbogen in die Seite. »Dieser Mann ist viel zu bescheiden. Dabei wird er in Filmkreisen schon als der neue Star des deutschen Kinos gehandelt.«

»Hör bloß auf damit.« Adrian hielt sich die Ohren zu. »Das macht mich ganz nervös. Es ist meine erste Kinoproduktion, vergesst das nicht.«

»Worum geht es denn eigentlich in dem Film?«, fragte Marie aufgeregt. Sie liebte Filme und wollte später selbst Schauspielerin werden, wie ihr Vater.

»Es geht um eine Flirtwette«, erzählte Adrian. »Ich spiele Raffael, der es sich in den Kopf gesetzt hat, in einem Sommer mindestens zwölf Frauen zu küssen und gleich danach wieder zu verlassen. Auf der Partyinsel Mykonos klappt alles super, er sammelt elf Frauen. Aber als er zurück in Deutschland ist, verliebt er sich in Kirsten, die zwölfte Frau. Tja, dreimal darfst du raten, was dann passiert.«

Marie lehnte sich lächelnd zurück. »Also … die beiden küssen sich, aber die Flirtwette fliegt auf. Kirsten ist stinksauer und Raffael muss um seine Liebe kämpfen, was ihm schließlich gelingt. Die beiden kommen zusammen, Happy End.«

»Ja, genau«, sagte Lola verblüfft.

Adrian zwinkerte Marie zu. »Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind natürlich rein zufällig.«

Marie räusperte sich. »Äh … klar.« Bildete sie sich das ein oder flirtete Adrian gerade mit ihr? Verflixt, sein Charme wirkte immer noch ziemlich gut. »Und, wie war es denn so auf Mykonos?«, lenkte sie das Gespräch in ungefährlichere Bahnen.

»Toll!« Adrian schob die Ärmel seines Strickpullis hoch und zeigte seine braun gebrannten Arme. »Wir hatten jeden Tag Sonne, sind ganz oft im Meer geschwommen und ich bin Wasserski gefahren.«

Wie gerne wäre Marie auf Mykonos dabei gewesen! Sie kannte die griechische Insel noch nicht, hatte aber schon viel von ihr gehört. »Und jetzt dreht ihr hier in Deutschland weiter?«

Adrian nickte. »Ja. Luc, unser Regisseur, bereitet gerade alles vor. In ein paar Tagen starten wir in der Filmstadt.«

»Ich beneide dich«, gab Lola offen zu. »Mit Luc zu arbeiten, ist ein großer Traum von mir.«

»Mein Vater schwärmt auch von ihm«, erzählte Marie. »Er hat mit Luc vor einem Jahr eine Folge der Vorstadtwache gedreht.« Plötzlich kam ihr eine verrückte Idee. »Meinst du, Kim, Franzi und ich könnten mal bei euren Dreharbeiten zusehen?«

Adrian zögerte. »Hm, ich weiß nicht, da müsste ich Luc fragen. Er braucht immer viel Ruhe am Set, aber vielleicht macht er ja eine Ausnahme, wenn ich ihm von deinem Vater erzähle, dem genialen Hauptkommissar Brockmeier.«

»Oh ja, bitte frag ihn!«, rief Marie.

Tolle Neuigkeiten

Zwei Tage später stand Marie ratlos vor ihrem Kleiderschrank, der eine komplette Wand ihres Zimmers einnahm. Was sollte sie bloß zum Clubtreffen anziehen? Die neue Bluse mit dem Blumenprint oder doch lieber das weiße Wollkleid? Im Hauptquartier, einem alten Pferdeschuppen zu Hause bei Franzi, konnte es im Oktober bereits empfindlich kalt sein. Marie hielt sich abwechselnd die beiden Kleiderbügel vor den Körper.

Plötzlich schallte ein lauter Hilferuf durch die Villa. »Hallo?? Hat jemand Zeit von euch? Bitte kommt mal ganz schnell!«

Marie warf die Kleider aufs Bett und stürmte los. Tessa – die Wehen fingen an – das Baby kam zur Welt!

Marie rannte in den Flur hinaus, am Bad und an Linas Zimmer vorbei. Ihre zwölfjährige Stiefschwester riss die Tür auf. »Das Baby!«, rief sie ängstlich. »Wo ist Mama?«

»Ich glaube, oben«, sagte Marie. »Komm!«

Seite an Seite hechteten sie die Treppe hoch. Sie nahmen immer zwei Stufen auf einmal und hatten trotzdem das Gefühl, viel zu langsam zu sein.

»Wo bleibt ihr denn?«, drängte Tessa. Ihre Stimme kam von der Mitte des Flurs. Sie klang seltsam hoch und zittrig.

Marie zog an Lina vorbei. »Halte durch, Tessa!«, keuchte sie.

An der Schwelle des neuen Kinderzimmers stieß Marie mit ihrem Vater zusammen. Er schwang den Bund mit den Autoschlüsseln wie ein Lasso. »Wir können sofort in die Klinik fahren, Liebling, ich nehme deinen Koffer.«

»Ich stütze dich«, bot Marie an.

Lina keuchte: »Du schaffst das, Mama, alles wird gut.«

Marie wagte einen Blick ins Kinderzimmer hinein. Tessa stand vor der Wickelkommode, sah in die panischen Gesichter ihrer Familie und verdrehte die Augen. »Ach Kinder, ihr macht mich noch verrückt! Es sind doch noch zehn Tage bis zum Geburtstermin.«

»Was … was heißt das?«, stammelte Herr Grevenbroich. »Es ist noch gar nicht so weit?«

Tessa streichelte ihren kugelrunden Bauch. Dann ging sie zu Maries Vater und küsste ihn. »Nein. Armer Schatz, du hast dich völlig umsonst aufgeregt.«

»Das ist jetzt schon der dritte Fehlalarm!«, stöhnte Lina. »Beim vierten drehe ich durch. Dann musst du mich von der Schule befreien, Mama.«

Tessa lachte. »Das werde ich garantiert nicht tun, meine Süße.«

»Dir geht es wirklich gut?«, erkundigte sich Marie vorsichtig. Sie traute dem Frieden immer noch nicht ganz.

»Jahaaa!«, versicherte Tessa. »Mir geht es blendend, bis auf die nervigen Schwangerschafts-Wehwehchen. Dass ich ständig aufs Klo rennen muss, weil das Baby auf die Blase drückt, und dass ich meine Schuhe nicht mehr selber zubinden kann.«

Helmut Grevenbroich schlang liebevoll den Arm um Tessa. »Das übernehme ich doch gern für dich.«

Marie seufzte. »Okay, dann ist ja alles in Ordnung. Nur eins interessiert mich noch: Warum hast du vorhin so laut um Hilfe gerufen?«

Tessa ging zurück zur Wickelkommode. »Ich finde, die Kommode sollte näher am Fenster stehen. Dann kann die Sonne dem Baby auf den Bauch scheinen, wenn wir es wickeln. Dafür müssten wir aber das Bettchen verrücken.«

Herr Grevenbroich zog sein Jackett aus. »Wird sofort gemacht, kein Problem.«

Marie und Lina packten mit an. Tessa dirigierte die Aktion und zupfte am Schluss den weißen Himmel zurecht, der als schützender Vorhang über dem Babybett angebracht war. »Vielleicht sollten wir noch ein extra Kissen ins Bettchen legen?«, überlegte sie.

Helmut Grevenbroich schüttelte den Kopf. »Das Kinderzimmer ist perfekt. Mach dir keine Sorgen. Du hast alles rechtzeitig vorbereitet.«

Beim Wort »rechtzeitig« wurde Marie nervös. »Ich muss sofort los, wir haben Clubtreffen. Tschüss!«

Als Marie eine Stunde später abgehetzt den Pferdeschuppen betrat, hatte Franzi den Kirschkuchen bereits angeschnitten. Das bedeutete nichts Gutes.

»Kim und ich haben gerade abgestimmt«, sagte Franzi statt einer Begrüßung. »Wir sind sauer, weil du schon wieder zu spät bist, und finden, du musst dafür was in die Clubkasse zahlen.«

Kim, die Gründerin der drei !!!, saß auf ihrem Stuhl wie eine strenge Richterin. »Das ist nur fair. Selbstverständlich gilt diese Regel für uns alle. Wenn sich jemand anderes in Zukunft verspätet, muss er auch zahlen. Bist du mit dieser Regel einverstanden?«

Manchmal waren Kim und Franzi schlimmer als die Lehrer in der Schule. Normalerweise hätte Marie sich jetzt furchtbar aufgeregt, doch heute war sie die Ruhe in Person. Sie zog ihren Mantel aus, breitete ihn sorgfältig über die Stuhllehne und setzte sich. »Ich bin einverstanden, dass die Regel ab dem nächsten Mal gilt. Sonst ist es ungerecht.«

Franzi wollte widersprechen, aber Kim kam ihr zuvor: »Da hast du recht. Trotzdem würden wir gerne wissen, welcher wichtige Termin dich diesmal aufgehalten hat: Aerobic, Gesangsstunde, Ballett, Yoga? Oder bist du mit dem Styling nicht rechtzeitig fertig geworden?«

»Nichts von alldem.« Marie nahm sich ein Stück Kuchen und biss genüsslich hinein. »Hmm, sehr lecker! Ich liebe den Kirschkuchen deiner Mutter, Franzi. Also, ich war superpünktlich, aber Tessa hat mich aufgehalten.«

»Das Baby!«, riefen Kim und Franzi wie aus einem Mund.

Marie entfernte einen Kuchenkrümel von ihrem Kleid. »Das dachten wir zu Hause auch. Es war wie bei der Feuerwehr. Wir sind alle ausgerückt, um Tessa so schnell wie möglich in die Klinik zu bringen. Dabei wollte sie nur, dass wir im Kinderzimmer die Möbel umstellen.«

Franzi konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Typisch Tessa! Sie muss immer aktiv sein. Wahrscheinlich macht sie noch im Kreißsaal Skizzen für eine neue T-Shirt-Kollektion.«