Die drei ??? Brainwash (drei Fragezeichen) - Peter Lerangis - E-Book

Die drei ??? Brainwash (drei Fragezeichen) E-Book

Peter Lerangis

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Beschreibung

Brain Wash – Gefangene Gedanken: Verschollen, gefunden, endlich veröffentlicht: Eine Geschichte aus dem Jahr 1989 von dem amerikanischen Die drei ???-Autor Peter Lerangis. Jetzt in deutscher Übersetzung! Als in einer Woche gleich zwei Bekannte der drei ??? verschwinden, vermuten die Jungen, dass die Sekte SynRea dahinter stecken könnte. Um die Vermissten zurückzuholen, fliegen die drei Detektive nach New York und treten in einer Undercoveraktion der Sekte bei. Schon bald stellt sich heraus, dass die vermissten Jugendlichen tatsächlich dort sind. Was jedoch als einfache Rückholaktion geplant war, entpuppt sich zunehmend als unlösbare Mission – denn die Mächte der SynRea-Gruppe scheinen auch von Justus, Peter und Bob Besitz zu ergreifen...

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Seitenzahl: 171

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Brainwash – Gefangene Gedanken

erzählt von Peter Lerangis

Aus dem Amerikanischen übertragenvon Kari Erlhoff

Kosmos

Für TK

Umschlagillustration von Silvia Christoph, Berlin

Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage

der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)

Unser gesamtes lieferbares Programm und viele

weitere Informationen zu unseren Büchern,

Spielen, Experimentierkästen, DVDs, Autoren und

Aktivitäten findest du unter kosmos.de

© 2016, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

Based on characters by Robert Arthur

ISBN 978-3-440-15059-7

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Ziel: Nordamerika > Kalifornien > Rocky Beach, Jahr 1989

Erneut ein Wort zuvor – für alle jungen Leser und jene Erwachsenen, die es geschafft haben, die 80er zu vergessen.

Leser mit Kenntnis des Jahrzehnts können ihre Lektüre sogleich auf Seite 11 fortführen.

Seid erneut gegrüßt, junge Freunde der drei ???

Wahrscheinlich habt ihr den Fall »House of Horrors« bereits gelöst und wollt euch nun ins nächste Abenteuer stürzen. Daher findet ihr an dieser Stelle noch ein paar Informationen über unser Ziel: das Jahr 1989.

Unsere Reise führt uns dieses Mal geradewegs in die späten 80er-Jahre – zu einem bislang unveröffentlichten Fall der drei ???. Ihr seid also bei einer echten Weltpremiere dabei und werdet damit bei den Ersten sein, die erfahren, was damals wirklich geschah!

Die Technik entwickelt sich:

1989 gab es bereits Handys und Computer, die sahen allerdings anders aus als heute. Nur reiche Leute konnten sich mobile Telefone leisten. Die waren dann ziemlich groß und hatten auch noch eine Antenne. Und die Computer waren bernsteinfarbene Klötze, mit denen man längst nicht so viel machen konnte wie heute.

Computerspiele waren zu dieser Zeit auch schon erfunden und es gab einige lustige Games. Die Grafik war aber ziemlich einfach und man lenkte die Figuren über sogenannte Joysticks – Geräte, die aussahen wie Steuerknüppel.

Und das Internet? Das gab es auch schon. Es war Ende der 80er allerdings noch etwas Besonderes, das nicht jeder nutzte – und es war extrem laaaaaaaaangsam!

MP3-Player, USB-Sticks, WLAN-Netze, Bluetooth oder gar DVDs gab es damals noch nicht. Wer so richtig cool war, lief mit einem batteriebetriebenen Kassettenrekorder auf der Schulter durch die Gegend.

Voll im Trend!

Ende der 80er eroberten erste Hip-Hop-Stücke die Charts. Außerdem war Popmusik (zum Beispiel von Madonna) voll der Renner.

Die Mode war gar nicht mal so anders als heute. Nur die Jacketts mit den dicken Schulterpolstern und die auftoupierten Dauerwellen haben es nicht ins heutige Zeitalter geschafft.

In den späten 80ern war übrigens auch Tennismode besonders angesagt. Tennis war damals nämlich weltweit die absolute Trendsportart – nicht zuletzt dank der beiden deutschen Tennis-Stars Steffi Graf und Boris Becker.

Gute Unterhaltung?

Fernseher und Videorekorder gab es 1989 mittlerweile nicht mehr nur in wohlhabenden Haushalten: So gut wie jeder Amerikaner hatte einen Farbfernseher im Haus (oder auch zwei). Außerdem gab es durch das Kabel- und Satellitenfernsehen eine ganze Reihe von Sendern, die die Zuschauer rund um die Uhr versorgten. Neben Sitcoms wie ALF konnte man damals in den USA auch erstmalig schon Folgen von Die Simpsons sehen. Andere Kanäle wiederum lieferten nur Nachrichten oder zeigten Dauerwerbesendungen. Und wieder andere Kanäle zeigten Sendungen, in denen TV-Priester ihre Botschaften unter das Volk brachten. Eine solche Sendung werdet ihr gleich auch in Brainwash erleben.

Die Zeit des Wandels:

Große Veränderungen bahnten sich in der Weltpolitik an. Der »Kalte Krieg«, eine langjährige Feindschaft zwischen den USA und der Sowjetunion (heute Russland und einige andere Länder im Osten), näherte sich seinem Ende. Dabei kam es unter anderem auch dazu, dass in Berlin die Mauer zwischen West- und Ostdeutschland geöffnet wurde.

Die späten 80er-Jahre brachten aber nicht nur Gutes. Seit dem schrecklichen Unfall im ukrainischen Atomkraftwerk von Tschernobyl (1985) warnten Umweltschützer lautstark vor den Gefahren von Atomkraft. Auch die laufenden Gen-Experimente und eine riesige Ölpest vor Alaska riefen Aktivisten auf den Plan.

Ihr fragt euch vielleicht, was das mit den drei ??? zu tun hat. Nun, ihr werdet gleich in einen Fall geschickt, in dem sich einige Menschen Sorgen um ihre Zukunft machen. Viele Jugendliche hatten düstere Vorstellungen von der Zukunft und fragten sich, was wohl aus ihnen werden würde. In Brainwash macht ein Schurke sich diese Sorgen auf üble Weise zunutze.

Justus, Peter und Bob im Jahr 1989:

Justus, Peter und Bob sind in diesem Abenteuer übrigens schon siebzehn Jahre alt. Sie haben alle einen Führerschein (den darf man in Amerika schon mit sechzehn Jahren machen), gehen aber noch zur Schule.

Jetzt wird es aber Zeit für die Reise ins Jahr 1989. Lies hier weiter.

Und wieder folgt ein Vorwort für den erwachsenen Leser (oder jene, die sich dafür halten). Ungeduldigen Lesern sei jedoch ans Herz gelegt, sofort hier weiterzulesen.

Liebe mittlerweile halbwegs erwachsene Kinder der 80er-Jahre,

manch einer von euch hat sich Ende der 80er-Jahre bei der Lektüre der drei ??? erschrocken. Immerhin waren die drei Jungen aus Rocky Beach seit 1964 bislang kaum gealtert. Und nun? Beinahe über Nacht wurden aus ihnen die „Crimebusters“. Justus, Peter und Bob sprangen mit einem Satz auf siebzehn Jahre, bekamen Autos, Freundinnen und Kampfsportausbildungen. Was war passiert?

Ganz einfach: Die Hauptcharaktere der Konkurrenz-Serie Die Hardy Boys waren älter geworden. Nun musste auch bei den drei ??? etwas passieren. So wurden aus den »drei ???« die »Crimebusters«.

Die deutsche Übersetzerin (Leonore Puschert) versuchte, die Änderungen etwas zu entschärfen, und nahm hin und wieder Sätze oder sogar ganze Absätze aus den Geschichten raus, die nichts mit dem Fall zu tun hatten. Das waren zum Beispiel Textstellen, in denen es um die genauen Größen- und Gewichtsangaben der Jungen ging oder um deren Anziehsachen. Wer möchte schon eine halbe Seite nur über Justus’ T-Shirt lesen?

Leider fanden auch die amerikanischen Fans der Serie die vielen Änderungen nicht so gut und trauerten den alten Zeiten nach. Schließlich wurde die Serie Anfang der 90er-Jahre in den USA eingestellt. Die Crimebusters-Folge Nummer zwölf, Brainwash, wurde daher nie veröffentlicht.

Aber genug der Erklärungen. Die 80er-Jahre warten bereits!

Eine Show der Extraklasse

»Vorsicht!«

Der Schrei eines jungen Mannes hallte durch die Lagerhalle. Seine schulterlangen, roten Haare reflektierten das Scheinwerferlicht, während er einen Luftsprung machte. Einen Augenblick schien er fast zu schweben. Als er landete, verzog sich sein Gesicht zu einem Grinsen.

Ein metallisches ›Thrrronnng‹ schwirrte durch den Raum und ließ die Wände vibrieren.

Zwanzig Meter weiter sprang Bob Andrews auf. Er stieß eine Faust in die Luft, schloss die Augen und brüllte begeistert.

Für ihn war das eigentlich nichts Neues – die Aufregung, die erhitzten Gesichter, die Anspannung. Aber trotzdem war das hier anders! Diese Rockband war genial! Und bald schon würde sie das der ganzen Welt beweisen. Der Gitarrist ging in die Hocke und spielte ein Solo. Als sein Part zu Ende war, schrie Bob: »Yeah! Gut gemacht, Slide!« Er lief hinüber zu der provisorischen Bühne. Mit seinen blonden Haaren und den adretten Anziehsachen bildete er einen deutlichen Kontrast zu den verschwitzten, schwarz gekleideten Musikern. Rund um die Bühne kreischte eine begeisterte Gruppe von Jugendlichen. Der angestrengte Gesichtsausdruck des Gitarristen entspannte sich und der Anflug eines Lächelns trat auf seine Lippen – etwas eingebildet, etwas schüchtern und zu hundert Prozent cool!

Sofort stieß eines der Mädchen vor der Bühne einen Schrei aus. »Er ist so unglaublich süß!«

Der letzte Akkord klang aus. Jetzt riefen die Fans durcheinander.

»Spielt Kiss of Death!«, brüllte einer.

»Take it, Then Brake it!«, forderte ein anderer.

Als ein Mädchen bat: »Könnt ihr das hier signieren?«, hielten auch schon ein Dutzend Fans ihre Musikkassetten in Richtung Bühne.

Die Bandmitglieder sahen sich an und lächelten. Slide ging auf die Knie und unterhielt sich mit einem blonden Jungen mit Brille. Neben ihnen verfolgten drei Mädchen voller Neugier das Gespräch.

Bob knirschte mit den Zähnen. So sollte eine Probe nicht ablaufen. Junk Food war eine großartige Band, aber sie waren nicht perfekt – noch nicht. Und ›perfekt‹ war genau das, was sie werden mussten, wenn sie Erfolg haben wollten. In solchen Momenten wünschte Bob, dass er das Sagen hätte. Immerhin hatte er bislang jede Bandprobe überwacht. Genau genommen war er jedoch nur eine Hilfskraft bei der Talentagentur Rock Plus. Und sein Chef, Sax Sandler, hatte nun einmal erlaubt, dass Fans zu den Proben kamen – angeblich, um die Band mental aufzubauen. Jetzt war Sax mitten in einer Sitzung und Bob musste ihn vertreten. Zudem war es der heißeste Tag des Sommers. Bob wischte sich über die Stirn und näherte sich der Bühne. »Na kommt, Jungs«, rief er. »Es ist Donnerstag, schon vergessen? Wir spielen übermorgen Abend in Tahoe und es gibt bis dahin noch viel zu tun!«

Er hätte genauso gut zu einer Reihe von Büschen sprechen können. Keines der Bandmitglieder ließ den Blick von den Fans. Dabei kamen nach Tahoe sogar noch vier andere wichtige Städte – zum krönenden Abschluss New York! Bob hatte bereits eine ganze Woche nicht richtig geschlafen. Er atmete mühsam beherrscht aus. Für diese Jungs war es schwer, auf einen Siebzehnjährigen zu hören. Sie waren alle bereits in den Zwanzigern – und sie sorgten stets dafür, dass Bob das auch nicht vergaß. Alle außer Slide. Er war etwas vernünftiger als der Rest der Band. Bob ging hinüber zu Slide, der dem blonden Jungen gerade aufmerksam zuhörte. Bob erkannte den Fan. Er kam oft zu Auftritten von Junk Food.

»Entschuldige, ähm … Bill, das ist dein Name, oder?«, mischte sich Bob ein. »Ich muss mit Slide reden.«

Slide sah einen Augenblick lang verwundert aus, dann lächelte er und antwortete: »Sein Name ist Ben. Ben Rademacher.«

»Sorry«, sagte Bob.

»Ja sicher!«, erwiderte Ben. Bevor er ging, warf er Bob einen düsteren Blick zu.

»Wir sprechen später«, rief Slide ihm hinterher.

»Vergiss nicht, was ich dir gesagt habe!«, gab Ben über seine Schulter zurück.

Bob bemerkte, wie ein nachdenklicher Zug über Slides Gesicht huschte. Aber er sollte jetzt besser keine Fragen stellen. »Schau mal«, begann er, »wir haben nur noch ein paar Stunden Zeit. Und ihr habt während der Tour ja noch genügend Gelegenheiten, mit Fans zu reden.«

Slide lächelte. »Ich weiß. Du hast uns für zwanzig Städte in einer Woche verplant.«

»Nun, nicht gerade zwanzig …«, fing Bob an.

»Aber wann arbeiten wir endlich an Black Funky of My Soul oder 2 Hot 2 Touch?«

Bob verdrehte die Augen. Slide hatte die beiden Lieder komponiert. Sie waren gut, aber noch im Rohzustand und ziemlich abgedreht. Für eine Independent-Punk-Band ging das in Ordnung, aber nicht für das, was Sax für Junk Food vorgesehen hatte.

»Versteh doch, Slide, das große Geld fließt in der Popmusik, nicht in dem Independent-Zeug. Kümmert euch erst mal darum, bekannt zu werden, und nehmt dann die anderen Stücke auf.«

Slide grinste schief. »Wie bekannt denn, Bob? Wenn wir eine Million Platten verkauft haben? Eine Milliarde? Und dann? Wollen wir dann wirklich was anderes spielen oder bei dem altbewährten Kram bleiben?«

Nun wurde Bob wirklich ungeduldig. »Lass uns das später besprechen. Jetzt müsst ihr die Probe durchziehen.«

Slide wandte sich von ihm ab und griff nach seiner Gitarre. »Na los, kommt, Jungs! Spaß ist hier nicht erlaubt. Der stellvertretende Sklaventreiber hat gesprochen!«

Die Bandmitglieder schlenderten grummelnd zurück auf ihre Positionen.

»Das ist richtig!«, sagte Bob und gab sich Mühe, dabei freundlich zu klingen. »Heute arbeiten wir bis zum Umfallen!«

»Wir?«, fragte der Schlagzeuger zynisch. »Seit wann zählst du dich dazu, Andrews?«

Die anderen Bandmitglieder lachten und Bob wurde rot.

Als die Band ihre Instrumente nachstimmte, dachte er sich: Hatten so auch die Rolling Stones angefangen? Oder Guns ’n’ Roses? Oder Kiss? Vorlaute Musiker, laute Fans und unmögliche Zeitpläne … Es musste doch auch anders gehen!

Er lehnte sich zurück und lauschte. Sein Herz klopfte, als der Schlagzeuger die ersten Beats des neuen Songs anschlug. Die Fans tanzten bereits. Bob lächelte. Die Wahrheit war, dass es keinen Platz auf der Erde gab, wo er lieber sein wollte.

Achtzehn Uhr. Das war die Zeit, die Bob als Ende der Probe angesetzt hatte. Früh genug für ein gutes Abendessen und reichlich Schlaf.

Aber da war die Band erst so richtig in Fahrt gekommen. Niemand dachte ans Aufhören – nicht einmal Bob. Es dauerte noch zwei Stunden, bis er dann doch die Probe beendete und ein gemeinsames Abendessen vorschlug.

Eine Stunde vor Mitternacht, als sie alle aus dem mexikanischen Restaurant traten, war Bob erschöpft. »Gute Arbeit«, sagte er zu Slide, während sich die Gruppe langsam auflöste.

»War super«, sagte Slide. »Soll ich dich zu Hause absetzen?«

»Nein«, antwortete Bob. »Ich gehe nicht nach Hause.«

Slide warf ihm einen verdutzten Blick zu. »Oh.«

»Ich treffe mich noch mit ein paar Freunden.«

»Ich fahre dich.«

Bevor Bob etwas einwenden konnte, lief Slide auch schon zum Parkplatz. Bob verdrehte die Augen. ›Freunde treffen‹ war nämlich eigentlich nicht die ganze Wahrheit. Er wollte zum Gebrauchtwarencenter T. Jonas, dem Schrottplatz von Rocky Beach und dem Hauptquartier der drei ???. Bob war ein Mitglied des Trios, zusammen mit Peter Shaw und Justus Jonas. Sie waren die bekanntesten Detektive in Rocky Beach, Kalifornien. Ehrlich gesagt waren sie auch die einzigen Detektive in Rocky Beach. Trotzdem waren sie stolz auf ihre Ermittlungserfolge. Und sie erlaubten es nicht gerade vielen Gästen, ihre Zentrale zu besuchen.

»Steig ein!«, rief Slide während er seinen schwarzen, getunten 1983er Cougar anhielt. »Wohin geht’s?«

»Ähm, zum Gebrauchtwarencenter T.Jonas«, sagte Bob, als er in den Wagen stieg.

Mit einem Lachen trat Slide aufs Gas. Kurz darauf fuhr er durch das hohe Tor des Schrottplatzes. »Cool!«, rief Slide, als er die Ansammlung von Autos, Möbeln und Haushaltsgeräten sah. »Ich hatte etwas ganz anderes erwartet. Aber hier könnte ich direkt leben! Wo sind deine Freunde?«

Bob zeigte auf einen Wohnwagen mit Satellitenschüssel auf dem Dach.

»Eine Satellitenschüssel? Wow, ihr Jungs wisst, was gut ist.« Slide klang beeindruckt. »Ihr müsst mich reinlassen.«

Bob seufzte. Was soll’s, dachte er. Slide war nett und die drei ??? arbeiteten gerade nicht an einem Fall. »Okay«, sagte er und öffnete die Tür. »Hey, Leute! Wir haben Besuch!«

Der Raum war mit allerhand elektronischen Geräten vollgestellt – ein Kopierer, zwei Computer, ein Modem, ein Faxgerät und verschiedene andere Sachen, von denen nicht einmal Bob wusste, wozu sie gut waren. Auf dem abgenutzten Sofa saßen Justus Jonas und Peter Shaw und sahen fern. Sie standen auf, um Slide zu begrüßen.

Justus’ umfangreicher Bauch hatte sein Poloshirt aus dem Hosenbund geschoben. Er stopfte es schnell wieder zurück und fegte sich eine Strähne seiner schwarzen Haare aus den Augen. »Hallo, ich bin Justus Jonas.«

»Peter Shaw«, sagte Peter, der seine Hand ausstreckte. Er war der Athlet des Trios, groß und muskulös, mit rotbraunen Haaren und einer unkomplizierten Art.

»Hallo, Jungs«, erwiderte Slide. Während er Justus und Peter die Hand schüttelte, schaute er über ihre Schultern hinweg auf den alten Fernseher. »Was guckt ihr euch an?«

»Heben Sie nur Ihre Hände und legen Sie sie auf den Bildschirm!«, ertönte eine laute Stimme aus dem Gerät. »Lassen Sie die Kraft Ihres Glaubens durch die Fingerspitzen fließen. Jetzt geht es los! Ja, lassen Sie es zu! Oh, jetzt fühle ich es. Fühlen Sie es auch!«

Auf der Mattscheibe sah man einen TV-Prediger, der hingebungsvoll vor sich hin vibrierte. Bob begann zu lachen. »Das ist großartig! Ich muss das unbedingt aufnehmen!« Er nahm eine leere Videokassette aus dem Regal und schob sie in den Videorekorder. Während er den ›Aufnahme‹-Knopf drückte, sagte er: »Na los, Peter! Fass den Bildschirm an. Dann wirst du gerettet!«

Peter Shaw grinste verlegen und winkte ab. »Lass mal, Bob.«

»Just, Slide?«, fragte Bob. »Will denn keiner von euch seine verkommene Seele reinigen?«

Bevor sie antworten konnten, fing der Prediger an, mit Nachdruck auf seine Zuschauer einzureden. Die perfekt sitzende Tolle in seinem stahlgrauen Haar federte im Rhythmus seiner Rede. »Und Glaube, meine Freunde, ist nicht einfach. Er benötigt ein Gelöbnis und Hingabe. Nur so öffnen Sie Ihre Herzen …«

»Und Ihre Brieftaschen«, höhnte Bob.

»… und nun wählen Sie die Nummer auf dem Bildschirm«, fuhr der Prediger fort. »Es ist nicht wichtig, wie viel Sie hingeben – fünfhundert Dollar, tausend oder fünfzigtausend! Vergessen Sie aber nicht: Je höher Ihre Hingabe, desto höher ist Ihre Belohnung.«

»Und desto höher ist dein Kontostand!«, imitierte Bob den Prediger – vom Schütteln des Kopfes bis hin zu dem texanischen Akzent.

Peter und Justus bogen sich vor Lachen, doch Slide stand auf und sagte: »Ich geh nach draußen, eine rauchen.«

Als er weg war, wurde es still im Raum.

»Habe ich was Falsches gesagt?«, fragte Bob verlegen.

Peter verdrehte die Augen. »Bob, manchmal denke ich, dass du schneller denkst, als du sprichst.«

»Meinst du es nicht andersherum?«, bemerkte Justus.

»Du weißt, was ich meine«, schnappte Peter. »Sieh mal, Slide könnte gedacht haben, du machst dich über ihn lustig. Was ist, wenn er wirklich an dieses Zeug glaubt?«

Bob gab ein verächtliches Schnauben von sich. »Ach, ich denke nicht, dass wir uns deswegen Sorgen machen müssen. Slide ist doch kein Idiot.«

»Schon gut, Bob«, lenkte Justus ein. »Peter zeigt sich heute eben von der sensiblen Seite. Das kommt vermutlich von all den Monaten, die er jetzt schon mit Kelly zusammen ist. Ihr Einfluss macht sich langsam bemerkbar.«

Bob lachte, aber Peters Gesichtsausdruck verfinsterte sich noch mehr. »Das ist nicht lustig«, knurrte er, die Augen auf den Fernseher gerichtet.

Justus und Bob tauschten rasche Blicke. »Habe ich da etwa ein heikles Thema angeschnitten?«, fragte Justus. »Du und Kelly, seid ihr …«

Bevor Peter etwas sagen konnte, kam Slide durch die Tür. Beim Klang der Abschlussmelodie aus dem Fernseher entspannte er sich. »Ist es vorbei?«

»Ja«, antwortete Peter. »Das war wirklich höchste Zeit.« Er nahm die Fernbedienung.

»Nein! Lass das an!«, platzte Slide heraus. »Die nächste Sendung ist richtig gut.«

Justus hob eine Augenbraue. »Comedy?«

»Nein, besser!«

Slide setzte sich in einen Sessel und beugte sich erwartungsvoll vor.

Nach der Werbung wurde der Bildschirm für kurze Zeit weiß. Eine laute, hallende Stimme sagte: »Wir unterbrechen jetzt alles, was dir im Augenblick gerade wichtig vorkommen mag, für unsere Botschaft …«

Plötzlich kam Leben in das Programm. Zu wilder Rockmusik lief eine rasante Bildershow ab. Begeisterte, ziemlich perfekt gestylt aussehende Jugendliche stießen sich gegenseitig an und lachten dabei. Sie tanzten über eine Rasenfläche. In weiteren Szenen saßen sie nachts im Fackelschein zusammen oder arbeiteten voller Eifer in einem Maisfeld.

Nur ein Musikvideo, dachte Justus. Er sah sehnsüchtig hinüber zum Kühlschrank. »Will jemand etwas essen?«

»Pst!«, sagte Slide wie gebannt.

»Sinnnn … Ray!«, sang eine harsche Stimme aus dem Lautsprecher. »Der richtige Ort und die richtige Zeit!«

»Sin wer?«, fragte Peter.

»Schau es dir einfach an«, gab Slide zurück.

Justus seufzte und sank zurück auf das Sofa. Die Szenen auf dem Bildschirm beschleunigten sich zu einem flimmernden Durcheinander von glücklichen Gesichtern, die sich schließlich auflösten und den Blick auf eine friedliche Totale freigaben: Ordentlich gekleidete Jugendliche, alle etwa um die achtzehn Jahre alt, schlenderten über einen malerischen, begrünten Innenhof. Im Hintergrund sah man einen efeuberankten Rotklinkerbau mit einem weißen Glockenturm.

»Ist es möglich, das alles zu haben?«, ertönte eine tiefe, angenehme Stimme und lachte über die eigene Frage. »Na, darauf kannst du wetten! Das Einzige, was dir im Weg steht, ist dein Wille … und deine Einstellung. Und – seien wir mal ehrlich – wer könnte nicht etwas Hilfe bei beidem vertragen? Das ist der Grund, aus dem ich SynRea gegründet habe.«

»Was soll das sein? Ein College?«, fragte Peter.

Justus stöhnte. »Das ist irgendeine Sekte. Slide will uns foltern.«

»Nein, nein«, beteuerte Slide. »Es ist weder ein College noch eine Sekte.«

Das Klingeln des Telefons unterbrach den Monolog im Fernseher. Justus sprang auf und schnappte sich den Telefonhörer. »Höhle der Sündigen«, meldete er sich.

Am anderen Ende herrschte Stille.

»Die drei ???«, sagte Justus hastig.

»Ah … spreche ich mit Justus Jonas?«

»Am Apparat.«

»Ich bin Silvia Rademacher. Ich weiß nicht, ob du meinen Sohn Ben kennst?«

»Ben …«, wiederholte Justus. Ein Bild baute sich vor seinem geistigen Auge auf: ein mittelgroßer Junge aus der zehnten oder elften Klasse. Ein ruhiger Typ mit nasaler Stimme. Justus konnte sich vage daran erinnern, ihm vor einiger Zeit im Computerraum der Schule geholfen zu haben. »Oh, sicher, Mrs Rademacher. Wie haben Sie diese Nummer …«

»Diese Sache mit den drei ???«, fuhr sie fort. »Ist das … nun, wie kann ich es ausdrücken? Seid ihr wirklich Detektive?«

Justus runzelte die Stirn. Er setzte sich auf die Ecke eines Metalltisches. »Ja, das sind wir, Mrs Rademacher. Aber ich verstehe nicht …«

Ein unterdrücktes Schluchzen war zu hören. »Würdet ihr bitte zu unserem Haus kommen? Es geht um Ben. Er …« Der Rest ihres Satzes ging in Geschluchze unter.

Justus hörte eine männliche Stimme im Hintergrund.

»Bitte, Mrs Rademacher«, sagte er, »soll ich mit Ben sprechen?«

»Das geht nicht!« Ihre Stimme war kurz davor zu brechen. »Er ist … verschwunden.«