Die Elementia-Chroniken: Herobrines Botschaft - Roman für Minecrafter - Sean Fay Wolfe - E-Book

Die Elementia-Chroniken: Herobrines Botschaft - Roman für Minecrafter E-Book

Sean Fay Wolfe

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Beschreibung

Die Republik steht am Abgrund. Die ruchlose Noctem Allianz hat den gesamten Elementia-Server unter ihre Kontrolle gebracht und die Bewohner der Hauptstadt sind gezwungen, sich im Untergrund zu verbergen. Währenddessen zieht Lord Tenebris immer mehr Energie vom Server ab und gefährdet damit die Existenz von Minecraft! Wird Präsident Stan die Vernichtung noch abwenden können?

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Nähere Infos und weitere Bände unter

www.paninibooks.de

Dieses Buch ist kein offizielles Minecraft-Lizenzprodukt und steht in keiner Verbindung mit Mojang AB, Notch Development AB oder einem anderen Minecraft-Rechteinhaber.

SEAN FAY WOLFE

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Englische Originalausgabe:

„The Elementia Chronicles Book 3 Part 2: Herobrine’s Message“ by Sean Fay Wolfe, published in the US by HarperCollins Children Books, a division of HarperCollins Publishers, New York, USA, 2016.

Copyright © 2017 by Sean Fay Wolfe. All Rights Reserved.

Minecraft is a registered trademark of Notch Development AB.

The Minecraft Game is copyright © Mojang AB.

Deutsche Ausgabe: Panini Verlags GmbH, Rotebühlstr. 87, 70178 Stuttgart. Alle Rechte vorbehalten.

Geschäftsführer: Hermann Paul

Head of Editorial: Jo Löffler

Marketing & Kooperationen: Holger Wiest (E-Mail: [email protected])

Übersetzung: Katharina Reiche

Lektorat: Robert Mountainbeau

Produktion: Gunther Heeb, Sanja Ancic

Umschlaggestaltung: tab indivisuell, Stuttgart

Satz und E-Book: Greiner & Reichel, Köln

YDMCEC004E

ISBN 978-3-8332-3567-2

Gedruckte Ausgabe:

ISBN 978-3-8332-3529-0

1. Auflage, Juli 2017

Findet uns im Netz:

www.paninicomics.de

PaniniComicsDE

INHALT

Teil I: Das Ultimatum

Kapitel 1: Die Freien

Kapitel 2: Untergrund

Kapitel 3: Die neuen Pläne

Kapitel 4: Die letzte Chance

Kapitel 5: Die Schlacht in Adorias Dorf

Kapitel 6: Rückkehr nach Nocturia

Kapitel 7: Am Vorabend des Krieges

Kapitel 8: Die Schlacht um Element City

Kapitel 9: Kampf gegen eine Legende

Teil II: Herobrines Botschaft

Kapitel 10: Endspiel

Kapitel 11: Die Botschaft

Kapitel 12: Die Rückkehr der Helden

Kapitel 13: Das letzte Schlachtfeld

Kapitel 14: Duell der Götter

Kapitel 15: Die zwei Städte

Epilog: Ein gehaltenes Versprechen

Danksagungen

TEIL I

DAS ULTIMATUM

KAPITEL 1

DIE FREIEN

Das einzige Geräusch, das durch die Rotunde des Kapitols hallte, war der Gleichschritt Hunderter marschierender Soldaten. Reihe um Reihe der Schwarzgekleideten stellte sich auf. Jayden und G blickten nervös zu den Dutzenden dunkler Gestalten auf dem oberen Balkon empor, deren gespannte Bögen auf die riesige Menge zielten.

G atmete tief durch. Er wusste, was das zu bedeuten hatte. Vier Tage waren vergangen, seit er Sirus mit einer Diamantspitzhacke in der Obsidiankammer zurückgelassen hatte, und jetzt hatte Tess alle Soldaten wegen eines Notfalls in die Rotunde gerufen.

Wie erwartet, trat die Generalin auf den höchsten, prächtigsten und hervorstechendsten der Balkone aus gemeißelten Quarzblöcken. Sie verzog das Gesicht, während sie auf die Soldaten hinabblickte. Die sahen zu ihr hoch, zitterten vor ihrer furchterregenden Grimasse und schwiegen. Schließlich ergriff sie das Wort.

„Letzte Nacht“, verkündete sie, „sind unsere Geiseln aus Adorias Dorf entkommen.“

Die Soldaten keuchten erschrocken auf, als ihnen bewusst wurde, was das zu bedeuten hatte.

„Um ihre Flucht zu bewerkstelligen, haben sie eine fünf Blöcke dicke Mauer aus reinem Obsidian durchgegraben“, fuhr Tess fort. „Diese Leistung würde mit jedem Werkzeug, außer mit einer Diamantspitzhacke, mindestens zwei ganze Tage in Anspruch nehmen. Und da keine Wache bei den Überprüfungen Anzeichen eines Ausbruchsversuchs bemerkt hat, müssen wir davon ausgehen, dass jemand in diesem Raum den Geiseln eine Diamantspitzhacke hat zukommen lassen.“

Obwohl niemand zu sprechen wagte, war die Anspannung der Soldaten deutlich zu spüren.

„Ich weiß, dass jemand unter uns der Verräter ist“, erklärte Tess langsam und ließ den Blick über die Soldaten unter ihr gleiten. „Wenn dieser Verräter jetzt vortritt und sich mir zu erkennen gibt, wird er von einem einfachen Erschießungskommando hingerichtet, schnell und schmerzlos. Wenn jedoch nicht, werde ich Befragungen durchführen müssen, und sobald ich den Schuldigen finde, wird er ohne Gnade gefoltert und den Zombie-Dorfbewohnern zum Fraß vorgeworfen. Wenn sich also jemand melden möchte, sollte er es jetzt tun.“

G fiel es schwer, nicht in blinde Panik auszubrechen. Er hörte, wie Jayden neben ihm einen tiefen Atemzug nahm und ihn langsam entweichen ließ. Dann hob er die Hand.

„Ich gestehe“, sagte Jayden mit leicht zitternder Stimme. „Ich war es.“

G wusste nicht mehr, was er denken sollte. Sein Geist weigerte sich, es zu begreifen. Vollkommen schockiert starrte er Jayden an, denn die verstörenden Worte seines besten Freundes hatten ihn absolut unvorbereitet getroffen.

„Tatsächlich?“, fragte Tess. In ihrer Stimme klang ein Hauch von Überraschung mit, während die Soldaten neben Jayden voller Grauen vor ihm zurückwichen. G tat es ihnen gleich, überzeugt, dass sein Gefährte nun gänzlich übergeschnappt war. „Wie hast du das angestellt, Drayden? Und welche Gründe hattest du?“

„Ich bin Jayden!“, rief er aus, zog seine schwarze Lederkappe ab, schleuderte sie zu Boden und stampfte darauf. „Ich bin ein Mitglied des Rates von Element City und ein Freund von Präsident Stan2012. Ich habe in den letzten Wochen verdeckt unter euch gelebt und daran gearbeitet, die Geiseln zu befreien, die ihr genommen habt. Meine Arbeit hier ist getan.“ Ein irres Grinsen stahl sich in Jaydens Gesicht, und er stieß die Faust in die Luft. Mit patriotischem Eifer brüllte er: „LANG LEBE DIE REPUBLIK! LANG LEBE PRÄSIDENT STAN!“

G war noch immer ganz benommen von dem, was sich vor seinen Augen abspielte. Er konnte kaum fassen, dass Jayden sich gerade grundlos enttarnt hatte oder dass die Soldaten ihre Bögen spannten und auf ihn zielten. Plötzlich ging ihm ein Licht auf: Es gab mindestens einen Vorteil, den sie aus diesem Wahnsinn ziehen konnten. Er sprang in den Kreis der Soldaten und ließ die überwältigende Verzweiflung, die in ihm hochkochte, hervorbrechen.

„Wie konntest du nur?“, rief G. Mit tränenüberströmtem Gesicht ließ der brennenden Schock, den er empfand, seine Stimme bewusst zum Zittern bringen. „Du warst mein Freund! Ich habe dir vertraut! Wie konntest du für diesen bösartigen Präsidenten arbeiten?“

Jayden blickte G in die Augen. Einen Moment lang sah er elend aus, als wollte er nichts mehr sagen als: Es tut mir leid. Doch diese Stimmung verflog, und der Eifer bahnte sich erneut seinen Weg.

„Nie würde ich so tief sinken, mich Freund eines Noctems zu nennen!“, fauchte Jayden angewidert.

G wollte so viel sagen und wusste, dass er es nicht konnte. Er war gezwungen, einfach dazustehen, sprachlos und wie angewurzelt. Es machte keinen Unterschied. Worte konnten nicht beschreiben, welche Qualen er litt, als zwei Soldaten Jayden zu Boden drückten und ein dritter mit dem Bogen auf seinen Kopf zielte. G wandte den Blick ab und bereitete sich auf den Schuss vor.

„Nicht schießen!“, gellte Tess’ Stimme vom Balkon über ihnen.

G starrte ungläubig nach oben und traute seinen Ohren nicht. Der Soldatentrupp, auch diejenigen, die Jayden festhielten, folgten dem Befehl und wandten sich wieder Tess zu. Sie schaute zwischen Jayden und G hin und her und war offenbar fasziniert. Gs Herzschlag drohte auszusetzen. Hatte sie Verdacht geschöpft?

„Henker, halt“, befahl Tess erneut und hob die Hand. „Ich habe eine bessere Idee. Alle Truppen weggetreten. Verlasst die Rotunde. Wache und MasterBronze, ihr bleibt hier.“

G war starr vor Angst, als sich der Strom der Soldaten in Bewegung setzte und ihm auf dem Weg zu den Türen betretene Blicke zuwarf. Der Henker legte seinen Bogen ab und zog stattdessen ein leuchtendes Diamantschwert, das er gegen Jaydens Rücken stieß. Er knurrte „Hände hoch, Drecksack“, und Jayden gehorchte, wobei er zur Seite schielte. Sein Blick traf Gs. Offenbar dachten beide dasselbe.

Tess weiß Bescheid, dachte G panisch. Sie muss Bescheid wissen. Warum sonst sollte sie mich herausgepickt haben? Alle Rekruten wissen doch, dass Jayden und ich immer miteinander gesprochen haben. Und wieso hat Jayden sich überhaupt zu erkennen gegeben? Vielleicht wäre sie sonst nie auf mich gekommen. Er hätte sich doch nicht opfern müssen!

Tess’ Schritte auf dem Steinziegelboden hallten durch die riesige Rotunde, während sie zu deren Mitte schritt. G und der Henker standen stramm, Jayden funkelte sie wütend an.

„Generalin Tess“, fragte die Wache ungläubig, „warum haben Sie die Hinrichtung des Spions ausgesetzt?“

„Vertrau mir“, erwiderte Tess. Ein heimtückisches Grinsen umspielte ihre Lippen. „Ich weiß, was ich tue. Wache, weggetreten.“

Die Wache starrte Tess vollkommen verständnislos an, wandte sich dann aber um und ging zur Tür, wobei der Soldat unaufhörlich vor sich hingrummelte. Jayden sah ihm nach, die Hände noch immer erhoben, und Tess zog ihrerseits ein Diamantschwert, das sie gegen den Gefangenen richtete.

„MasterBronze“, sagte Tess gedehnt und wandte sich zu G um, „wenn ich recht verstehe, bist du mit diesem Verräter befreundet. Stimmt das?“

„Das dachte ich zumindest“, schnaubte G und versuchte, so verletzt und hintergangen wie möglich zu klingen, ohne seine wahre Angst zu zeigen. „Er schien immer ein so netter Kerl zu sein. Ich kann nicht fassen, dass er die ganze Zeit für Präsident Stan gearbeitet hat.“

„Nun, hoffentlich kannst du dich selbst davon überzeugen“, lachte Tess leise, „denn du bist derjenige, der ihn töten wird.“

G hörte, verstand jedoch nicht. „Par… pardon …?“, krächzte er schließlich.

„Ich habe dich in den letzten Wochen als meinen Lehrling ausgebildet, MasterBronze“, fuhr Tess ungerührt fort. „Ich muss sagen, dass ich bis jetzt von deinen Fortschritten durchaus beeindruckt bin. Wenn du allerdings wirklich ein großer Anführer der Noctem-Allianz werden willst, musst du lernen, für unsere Ziele Opfer zu bringen … selbst, wenn du deinem besten Freund dazu ein Messer in den Rücken stoßen musst. Außerdem solltest du es schnell erledigen, wenn deine Loyalität so beschaffen ist, wie du es behauptest.“

G starrte Tess ausdruckslos an. Er verstand noch immer nicht, was sie von ihm verlangte. Dann sah er aus dem Augenwinkel, wie ihn Jayden mit angstgeweiteten Augen anstarrte, und kam mit einem Schlag zu sich.

„Nun, also …“, stammelte G und versuchte schnell eine Antwort zu finden. „Ich meine … Generalin Tess, Ma’am … darf ich ihn wenigstens allein töten? Es … wird schon schwierig genug, ohne dass Sie mir dabei zusehen.“

Tess seufzte und verdrehte die Augen. „Von mir aus. Wir gehen in die Untersuchungskammer. Bewegung, du wertloses Stück Dreck!“

Tess stieß das Diamantschwert in Jaydens Rücken, und er setzte sich in Bewegung, die Hände noch immer über den Kopf erhoben. G folgte Tess durch den Korridor. Er wusste, dass sie zu dem Raum unterwegs waren, in dem Sirus und die anderen gefangen gewesen waren. G starrte voller Verachtung auf den Rücken der Generalin, die vor ihm lief, und er griff nach seiner Spitzhacke, schaffte es aber, sich zu beherrschen. So leicht und befriedigend es gewesen wäre, Tess hier und jetzt niederzuschlagen, wusste er doch, dass er es nicht tun konnte. Sie waren die einzigen Anwesenden, und Jayden war unbewaffnet, also würde der Rest der Allianz sofort wissen, dass er der Schuldige war. Was auch immer jetzt geschehen mochte, er musste noch immer Mella und Stull heilen, etwas, das weitaus leichter sein würde, wenn die Noctem-Allianz ihm Vertrauen schenkte.

Schon bald hatten sie die Obsidiankammer erreicht. Auf Tess’ Befehl hin betätigte G den Hebel, der die Eisentür öffnete. Kaum war sie vollständig offen, trat die Generalin Jayden in den Rücken, sodass er vornüberfiel und mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden der leeren Kammer liegen blieb. G starrte Tess mit brennendem Hass an, zwang sich aber, seine Wut zu verbergen, als sie sich zu ihm umdrehte.

„Ich bin bald zurück“, erklärte sie streng. „Und ich erwarte, dass du mir seine Waffe aushändigst.“

Mit diesen Worten trat sie in den Korridor und zog den Hebel. Die Eisentür schloss sich.

„Was hast du dir dabei gedacht?“, brüllte G. Kaum war die Tür ins Schloss gefallen, hatte er sich zu ihm umgedreht.

„Schrei mich nicht an!“, gab Jayden zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Hast du denn keine Ahnung, was ich gerade für dich getan habe?“

„Du hättest mich fast um meinen besten Freund gebracht!“, fauchte G. „Du hast Tess so weit getrieben zu erwarten, dass ich dich töte! Du hast mich in eine unglaublich schwierige Lage gebracht!“

„Ach, mach doch die Augen auf, Mann!“, rief Jayden. „Es war doch nur eine Frage der Zeit, bis Tess gemerkt hätte, dass du die Gefangenen befreit hast! Jetzt, da ich für dich die Kastanien aus dem Feuer geholt habe, kannst du in Nocturia bleiben, so lange du willst! Du kannst die Dorfbewohner befreien, du kannst alles Mögliche herausfinden, der Allianz so viel Schaden zufügen! Zum ersten Mal seit Beginn dieses Krieges hat Element City einen Agenten im Herzen der Noctem-Allianz, und es lohnt sich nicht, das aufzugeben, selbst wenn ich dafür sterben müsste. Die Tatsache, dass Tess dir befohlen hat, mich zu töten, macht alles sogar noch besser!“

„Wie kommst du denn darauf?“, staunte G.

„Weil sie dir jetzt blind vertrauen wird!“, erklärte Jayden und klang, als wäre das völlig offensichtlich. „Sie arbeitet doch schon daran, dich zu ihrem Schoßhündchen zu machen. Wenn du mitspielst, wird sie dir in jeder Hinsicht vertrauen und glauben, dass du dich völlig der Noctem-Allianz verschrieben hast. Und auch deiner Generalin.“

„Oh, entschuldige bitte. Du hast ja so recht, Jayden!“, antwortete G mit aufgesetzter Freude. „Also, meine Güte, warum haben wir das nicht gleich gemacht? Ach ja, richtig! Weil ich dich für diesen Plan immer noch umbringen muss!“

„Oh, da wäre ich nicht so sicher“, lächelte Jayden. Dann holte er eine Flasche aus seinem Inventar. Der Trank darin war transparent, fast schon klar, jedoch leicht grau eingefärbt. G keuchte.

„Jayden. Wo hast du den her?“

„Hab ihn mir gemopst“, erklärte er, setzte die Flasche an die Lippen und leerte sie in einem Zug. „Gestern sind wir in die Brauerei im Nether gegangen, während du dir mit Tess das Gelände angesehen hast. Hier, fang!“

Jayden griff erneut in sein Inventar, holte seine Diamantaxt hervor und warf sie G ebenfalls zu. „Warte noch, bis die Wirkung des Tranks einsetzt, und dann zeig Tess die Axt. Ich schlüpfe unsichtbar durch die Tür und mache mich auf den Weg nach Element City!“

„Wa… warte“, sagte G, der noch damit kämpfte zu verstehen, was Jayden sagte. „Du … du verlässt mich?“

„Na ja, die Alternative wäre, dich umzubringen, und ich glaube, dass damit allen Beteiligten weniger geholfen wäre“, erklärte Jayden leicht entnervt.

„Aber … du kannst nicht gehen!“, rief G. „Ich brauche dich hier! Tess’ Ausbildung macht mich völlig fertig. Sie lässt mich nie allein, ich muss die ganze Zeit über bei ihr sein und sie entfernt mich von allen anderen, damit sie mich trainieren kann. Es ist nicht mal mehr cool, dass sie so nett zu mir ist – es ist einfach nur unangenehm! Ich kann doch nicht die einzige Person verlieren, mit der ich noch sprechen kann!“

Jayden starrte ihn einen Moment lang ungläubig an. Endlich schaffte er es, herauszubringen: „Alter … ist dir … überhaupt klar, was du da von dir gibst? Erkennst du keinerlei Ironie in irgendetwas von dem, was du gerade gesagt hast?“

G starrte verwirrt zurück. Dann begann Jayden plötzlich zu verblassen. Von Sekunde zu Sekunde verschwand mehr von ihm.

„Der Trank fängt an zu wirken!“, rief er aus, zog seine Rüstung aus, griff hektisch in sein Inventar und warf verschiedene Gegenstände auf den Boden, damit es aussah, als wäre ein Spieler gestorben. „G, mach jetzt die Tür auf, schnell! Ich habe nicht viel Zeit, bevor der Trank nachlässt, und ich muss es bis in die Tundra schaffen. Ich werde Kat und die anderen von dir grüßen, wenn ich sie wiedersehe … Adieu!“

G fixierte die Stelle, an der sein bester Freund nun unsichtbar stand, dann die Diamantaxt in seiner Hand. Er wusste, dass Jayden recht hatte. Er zwang sich, zur Eisentür zu gehen, klopfte dreimal laut, und kurz darauf öffnete sie sich. G trat hinaus und spürte einen Luftzug hinter sich, der ihm verriet, dass Jayden lautlos den Gang hinunterlief.

„Hast du es erledigt?“, fragte Tess.

G atmete tief durch, griff in sein Inventar und holte Jaydens Diamantaxt hervor. Er übergab sie Tess, die sie mit Begeisterung empfing.

„Gut gemacht, MasterBronze!“, rief sie und klopfte ihm auf die Schulter, was bei ihm Gänsehaut auslöste. „In Anbetracht deiner Loyalität gegenüber der Noctem-Allianz und mir selbst befördere ich dich hiermit zum Unteroffizier. Von jetzt an ist es deine Aufgabe, mir im Ausbildungsprogramm als Vorgesetzter der anderen zu assistieren.“

„Danke, Ma’am“, murmelte G. Er wusste zwar, dass er sich über diese Beförderung, dank der er an die Geheimnisse der höheren Ränge gelangen könnte, hätte freuen sollen, aber dennoch konnte er das Gefühl der völligen Einsamkeit nach Jaydens Flucht nicht abschütteln. Er saß mit Tess fest, der Spielerin, die völlige Kontrolle über sein Leben hatte.

„Und jetzt komm mit, MasterBronze“, fuhr Tess grinsend fort. „Es wird Zeit, dass wir vor deine Kollegen treten und ihnen ihren neuen stellvertretenden Kommandanten vorstellen.“

G überkam leichte Übelkeit, während er Tess den Korridor entlang folgte. Sie sprach auf eine liebevolle Art mit ihm, die ihm den Eindruck vermittelte, ein preisgekrönter Pudel zu sein und kein Mensch. Er fühlte sich machtlos, herabgewürdigt und erniedrigt. Es schauderte ihn und er wünschte sich sehnlichst, mit Jayden darüber sprechen zu können.

* * *

„Charlie, bitte … lass mich mal übernehmen. Ich sehe doch, dass du Schmerzen hast …“

„Leonidas, zum letzten Mal, es geht mir gut!“, brüllte Charlie und wirbelte herum, um ihm ins Gesicht zu blicken. „Hör auf, mich zu unterbrechen, sonst werden wir Element City nie erreichen!“

„Schon gut, in Ordnung, beruhige dich, Mann!“, rief Leonidas und hob abwehrend die Hände.

Charlie funkelte ihn ein letztes Mal wütend an, dann drehte er sich um und schlug weiter mit seiner Steinspitzhacke auf die Höhlenmauer ein. Leonidas starrte auf Charlies vom Fackellicht erleuchteten Rücken. Die Feindseligkeit, die Charlie ihm gegenüber an den Tag legte, war ihm ein Rätsel. Seit sie zu ihm und Stan gestoßen waren, hatte die Freundlichkeit der anderen Gruppenmitglieder Leonidas immer wieder angenehm überrascht. Alle anderen, bis auf Charlie. Selbst jetzt, als er ihm beim Bergbau zusah, war offensichtlich, dass er Schmerzen hatte. Mit jedem Schlag stöhnte er auf, jeder Schritt in der frisch ausgehobenen Höhle war mit einem Humpeln verbunden.

Leonidas war jedoch der einzige Zeuge von Charlies Wutausbruch. Kommandant Crunch war damit beschäftigt, neben Charlie zu graben, während Stan, Kat und Cassandrix hinter ihnen liefen und sich unterhielten. Stan brachte unterwegs Fackeln an den Wänden an, und Rex trottete gemächlich neben Kat her.

„Ich kann immer noch nicht fassen, dass wir uns in unsere eigene Stadt schleichen müssen“, fauchte sie wütend.

„Oh, tut mir leid, Liebes. Bitte, lass mich dir ein trauriges Lied auf der kleinsten Geige der Welt spielen“, erwiderte Cassandrix und wölbte ihre aufgedunsenen Lippen in gespielter Trauer, bevor sie sie wieder grimmig verzerrte. „Kat, wir sitzen hier unten alle im selben Boot. Es ist zwecklos, über etwas zu jammern, das wir alle durchstehen müssen!“

„Halt die Klappe!“, rief Kat so laut, dass Stan zusammenzuckte und sich die Hände auf die Ohren legte. „Das ist kein Grund, so unausstehlich zu sein!“

„Pardon, was hast du gesagt, Kommandant?“, fragte Cassandrix laut, anscheinend zu Crunch, der sich noch immer voll und ganz auf das Graben konzentrierte. „Entschuldige, ich konnte dich nicht hören. Hier scheint ein Kleinkind zu sein, das herumheult, weil seine Gefühle verletzt worden sind. Ich wünschte, seine Eltern würden sich darum kümmern.“

Kat lief tiefrot an und wollte sich gerade verteidigen, als Stan dazwischenging.

„Das reicht jetzt, ihr beiden!“, rief er und sah von einer zur anderen. „Wir alle sind in diesem blöden Tunnel schon genug unter Druck. Wir brauchen euer Gezänk nicht, um es noch schlimmer zu machen!“

„Sie hat angefangen“, murmelte Kat, woraufhin Cassandrix die Augen verdrehte, arrogant seufzte und mit den Schultern zuckte.

„Egal, wer angefangen hat, jetzt ist Schluss damit“, erklärte Stan bestimmt und ging zwischen Kat und Cassandrix weiter. Oh Mann, ich bin so froh, wieder mit allen zusammenzusein, dachte er, um Optimismus bemüht. Ich habe es ja so vermisst, mit allen zu reden …

„Hey Charlie!“, brüllte Kat ihm direkt neben Stan ins Ohr, sodass der erneut zusammenzuckte. „Haben wir die Mauer schon hinter uns?“

„Wenn meine Berechnungen stimmen“, erwiderte er, bemüht, ruhig zu atmen, obwohl die Anstrengungen des Grabens ihn schmerzten, „sind wir vor einer Weile unter der Mauer durchgestoßen und sollten jetzt unter dem Handelsviertel von Element City sein.“

„Leute, habt ihr das gehört?“, fragte Stan und sah seine Freunde reihum an. „Wir sind zurück in Element City! Willkommen zu Hause, alle miteinander!“

Im Tunnel erklang mattes, aber zustimmendes Gemurmel, während Charlie und Kommandant Crunch in eine große natürliche Höhle durchbrachen. Stan seufzte. Er wusste, dass sie die Stadt so schnell wie möglich erreichen mussten, und dass das Schicksal von ganz Minecraft in seinen Händen lag. Das änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass alle nach ihrem drei Tage langen Marsch erschöpft waren.

„Na schön“, sagte er und ließ endlich seine eigene Ermüdung durchblicken. „Vielleicht sollten wir eine kurze Pause machen und uns ausruhen.“

Kaum hatte er es ausgesprochen, sank die gesamte Gruppe zu Boden und gab sich der Erschöpfung nach der wochenlangen Reise mit nur wenigen Ruhepausen hin. Auch Stan ließ sich nieder, unbeirrt davon, wie unbequem der Steinboden war. Rex rollte sich zu seinen Füßen zusammen, und Stan war kurz davor, einzuschlafen, als ihm ein alarmierender Gedanke kam.

„Hey Leute, wir können noch nicht alle gleichzeitig schlafen“, murmelte er und richtete sich mühsam wieder auf. „Jemand muss Wache stehen.“

„Ich kümmer mich darum“, sagte Leonidas, griff nach einer Kante im Stein über sich und zog sich daran hoch.

„NEIN!“, rief Charlie so laut, dass alle erschrocken hochfuhren. Er war aufgesprungen und zuckte zusammen, als er sein verletztes Bein unüberlegt belastete.

„Geh wieder schlafen, Leonidas. Ich stehe Wache.“

„Ach, Charlie!“, protestierte Leonidas besorgt. „Du hast schon den ganzen Tag gegraben. Du solltest dich wirklich ausruhen!“

„Was soll das denn heißen?“, fragte Charlie anklagend. „Willst du damit sagen, du glaubst, ich kann es nicht?“

„Nein, ich …“

„Dann halt die Klappe und setz dich wieder hin!“, fauchte Charlie verbittert. „Ich kann mich nicht erinnern, dich um Hilfe gebeten zu haben!“

Leonidas starrte Charlie an, überrascht von der Härte seiner Worte. Dann legte er sich wieder hin, warf Charlie einen letzten verstörten Blick zu und drehte sich mit dem Gesicht zur Wand. Stan war empört und wollte Charlie gerade für seinen rauen Ton zurechtweisen, als plötzlich eine Explosion die Wand neben ihnen erschütterte und die gesamte Gruppe mit Staub überzog.

In Sekundenschnelle waren alle sechs Spieler und der Wolf wieder auf den Beinen, hatten die Waffen gezogen und den Blick auf das unförmige Loch in der Höhlenwand gerichtet. Durch den Rauch zeichnete sich erst eine schattenhafte Gestalt ab, dann, als sich der Staub legte, wurde eine ganze Reihe von Personen sichtbar. Es waren Creeper Khan und direkt hinter ihm Arachnia, Enderchick, Lord Marrow und Zomboy.

Einen Moment lang herrschte Stille. Vor Schreck wie gelähmt, weil man sie entdeckt hatte, starrten Stan und seine Freunde die Mobjäger an. Die Mitglieder der ELM dagegen erwiderten den Blick mit leuchtenden Augen.

„Na, so was, du hier, Stan!“, zischte Arachnia grinsend und trat an die Spitze der Gruppe.

„Wie habt ihr uns gefunden?“, wollte Stan wissen und zwang sich, ihr in die acht roten Augen zu sehen, so unwohl ihm dabei auch war.

„Glück gehabt, schätze ich“, grinste sie. „Wir wollten hier unten gerade ein paar Fallen für euch aufstellen. Dass ihr so schnell wieder hierherkommt, hatten wir nicht erwartet.“

„Wir sind ununterbrochen gelaufen“, erklärte Stan langsam. Er wollte ihnen Zeit verschaffen, während er überlegte, wie sie den Kopfgeldjägern entkommen konnten. „Wir wollten so schnell wie möglich zurück nach Element City.“

„Ach, du armer tragischer Held“, feixte Arachnia. „Du kommst bis hier und nicht weiter, nicht weiter als hier … und am Ende war es alles sinnlos.“

„Haha, den hab ich kapiert!“, rief Zomboy. „Das ist nämlich der Text von einem Lied! Und du hast ihn aufgesagt, weil …“

„Klappe, Zomboy“, sagte Arachnia beiläufig.

„Okay“, erwiderte er kleinlaut und schaute zu Boden.

„Na, herzlichen Glückwunsch“, warf Stan ein, noch immer verzweifelt bemüht, mehr Zeit zu erkaufen. „Ihr habt uns endlich eingeholt. Und jetzt?“

„Nun, du wirst uns begleiten, Stan“, antwortete Arachnia in einem verstörend süßlichen Tonfall, bei dessen Klang Stan ein kalter Schauer über den Rücken lief. „Lord Tenebris ist sehr erpicht darauf, dich zu sehen. Was deine Freunde angeht, tja, die kann keiner mehr gebrauchen, also werden wir sie loswerden.“

„Tut mir ja leid, Arachnia“, erwiderte Stan und versuchte, seine Stimme in einem freundlichen Plauderton zu halten, wohl wissend, dass es keinen Ausweg gab und ihnen ein Kampf bevorstand. „Aber ich fürchte, dass ich das nicht zulassen kann.“

Bevor die Mobjägerin antworten konnte, sprang Stan vor und presste seine Axt gegen das leuchtende Diamantschwert, das Arachnia gezogen hatte. Beide fingen an zu kämpfen. Sofort traten auch die Spieler, die hinter den Anführern gestanden hatten, in Aktion. Kat und Rex warfen sich auf Enderchick. Cassandrix und Creeper Khan griffen einander gleichzeitig an. Und Kommandant Crunch eilte Cassandrix zu Hilfe. Lord Marrow und Leonidas ließen einen Pfeilhagel aufeinander niedergehen, während Zomboy sich gegen das nächste Ziel richtete: Charlie.

Dieser sprang zurück, um der gigantischen Steinaxt auszuweichen. Sein Gegner schlug sie in den Boden, und in den Steinblöcken des Höhlenbodens entstanden Risse. Bei jeder Bewegung spürte Charlie einen stechenden Schmerz in seinem Fuß, und fast wäre er umgeknickt, schaffte es jedoch, sich auf den Beinen zu halten, obwohl er gequält zusammenzuckte. Er sah zu Zomboy hoch, der seine Axt hob und sich auf einen weiteren Angriff vorbereitete. Er ist nicht besonders schnell, hielt Charlie in Gedanken fest, und er lässt sich viel zu viel Zeit zwischen den einzelnen Attacken. Er muss auf schwere Waffen spezialisiert sein.

Er hörte, wie hinter Zomboy Detonationen krachten, als Creeper Khan seine pyrokinetischen Kräfte einsetzte und Zomboy explosive Pfeile abfeuerte, aber er zwang sich, nur seinen eigenen Kampf im Fokus zu behalten. Zomboy kam immer näher und schwang seine riesige Axt, sodass Charlie gezwungen war, in die Richtung zurückzuweichen, aus der sie gekommen waren. Er entdeckte mehrere Schwachstellen in Zomboys Attacken, die einen Konter zugelassen hätten, doch bei jedem Versuch zuzuschlagen, flammte der Schmerz in seinem Bein wieder auf. Er musste zurückweichen, um den nächsten Treffer zu verhindern.

Endlich, nach einer ganzen frustrierenden Minute, in der Charlie nur ausweichen konnte, ließ Zomboy seine Axt mit besonderer Wucht niederfahren, und sein Gegner entkam ihm knapp mit einem Schritt zur Seite. Die Klinge der Waffe ließ den getroffenen Steinblock in einem Funkenstoß zersplittern und blieb darin klemmen, sodass Zomboy mühselig versuchen musste, sie freizubekommen. Charlie nahm die Gelegenheit wahr und stieß sich mit seinem unverletzten Bein ab. Er versenkte seine Spitzhacke tief in Zomboys Brust. Der Riese zuckte und taumelte rückwärts, dann stürzte er mit einem dumpfen Laut zu Boden.

Charlie atmete tief durch und betrachtete den hünenhaften Körper seines besiegten Gegners. Er war wütend auf sich. Dieser klobige Schläger war so ungeschickt gewesen, dass er ihn mühelos hätte töten können, aber wegen seines Beines war alles so viel schwieriger gewesen als es hätte sein müssen. Ihm kam ein düsterer Gedanke. Was, wenn er auf einen fähigen Gegner getroffen wäre? Nicht jemanden wie Leonidas bei ihrem Kampf im Wald … einen Gegner, der ihn ernsthaft verletzen wollte? Charlie schauderte, als diese Überlegungen sich wie Nebel über seine Gedanken legten, und er machte sich auf den Weg zurück in den Kampf, vorbei an Zomboys Leiche, und entschlossen, sich zu beweisen.

Nicht erwartet hatte er allerdings, dass Zomboys Axt sich plötzlich vom Boden erhob und direkt auf ihn zuflog.

Charlie schaffte es gerade noch, seine Ersatzspitzhacke aus dem Inventar zu holen, um die Attacke abzublocken, aber der Aufprall der riesigen Steinaxt schleuderte ihn dennoch quer durch die Höhle. Er krachte gegen die Wand und landete auf dem harten Boden, direkt auf seinem verletzten Bein. Gequält schrie Charlie auf. Durch einen Tränenschleier versuchte er, herauszufinden, was geschehen war.

Zomboy war wieder auf den Beinen und hielt seine Axt fest in der Hand. Die Spitzhacke steckte noch immer in seiner Brust, und er grinste Charlie ohne ein Anzeichen von Schmerz an.

Charlie war verblüfft und konnte sich nicht erklären, wie Zomboy noch am Leben sein konnte, doch dann verstand er: Dieser Spieler gehörte zum Kopfgeldjägerteam, und laut allem, was Stan erzählt hatte, schien jedes Mitglied dieser Gruppe sich mithilfe von Mods eine besondere Fähigkeit verschafft zu haben. Er vermutete, dass Zomboy mehr Lebenspunkte hatte und viel Schaden einstecken konnte, bevor er starb.

Während die riesige Bestie von einem Spieler auf Charlie zuwankte, bereitete dieser sich darauf vor, sich von der Wand abzustoßen, um den nächsten Angriffen aus dem Weg zu gehen. Zomboy hob die Axt über seinen Kopf, und Charlie trat nach hinten, doch sein Knie zitterte. Er nahm es allerdings kaum wahr, denn er konzentrierte sich auf die bedrohliche Waffe über dem Kopf seines Gegners.

In dem Moment, als der Hieb herabsausen sollte, zischte ein Pfeil aus den Tiefen der Höhle heran und bohrte sich in Zomboys Schädel, direkt zwischen dessen Augen. Der Hüne schrie vor Schmerz auf und sah sich im Tunnel nach dem Schützen um. Der Pfeil hatte ihn zwar unerklärlicherweise nicht getötet, aber zweifellos erbost.

„Hey!“, brüllte er in die Mine, die Stirn mitsamt dem daraus hervorragenden Pfeil wütend gerunzelt. „Was soll das?“

Charlie warf seinerseits einen Blick in die Höhle und lächelte vor Erleichterung und Staunen. Dort, am Eingang, stand mit erhobenem Bogen Sirus, begleitet von einer Armee von zwanzig Spielern, allesamt mit Steinwaffen ausgerüstet.

„Angriff!“, röhrte der verrückte Redstone-Mechaniker.

Die gesamte Spielermeute raste durch die Höhle und griff Zomboy mit Pfeilen und fliegenden Waffen an. Der riesige Mobjäger erkannte, dass sie in der Überzahl waren, und drehte sich um. Die Attacken, die seinen Rücken trafen, zeigten keinerlei Wirkung. Mit der Axt in der Hand lief er zurück in den Tunnel zu seinen Kameraden.

Während die befreiten Geiseln weiter an Charlie vorbeiströmten, hielt Sirus an, um ihm aufzuhelfen. „Hey Charlie, Mann, lange nicht gesehen, wie geht’s?“

„Mir … geht es gut“, antwortete er. Nach allem, was er gehört hatte, war Sirus in der Schlacht um Elementia gefallen. „Ich … ich bin wirklich froh, dich zu sehen. Aber … ich dachte, du wärst …“

„Oh, schon klar, du dachtest, ich wäre tot“, lachte Sirus knapp. „Ja, das dachte ich auch, aber ich bin wieder gespawnt und habe gesehen, wie sich jemand im Wald versteckt hat. Da dachte ich mir, der Hügel ist bestimmt nicht sicher. Also habe ich beschlossen, in die Mitte der Enderwüste zu gehen, weil das vielleicht lustig wäre. Aber dann habe ich Hunger bekommen und versucht, ein Stück Kaktus zu essen, und das hat irgendwie Halluzinationen ausgelöst und ich dachte, ich wäre auf der Hochzeit einer Honigmelone und …“

„Entschuldige, aber müssen wir das jetzt besprechen?“, unterbrach ihn Charlie hastig und machte eine vielsagende Kopfbewegung in Richtung der Explosionen und Schreie aus der Schlacht in der Höhle.

„Aber echt jetzt, Alter“, staunte Sirus, während er sich in Position brachte, um Charlie aufzuhelfen, „du musst ja was ganz schön Schlimmes mit deinem Bein angestellt haben. Das ist nämlich völlig kaputt, im Eimer, praktisch nutzlos, so hilfreich wie ein Stück …“

„Okay, schon verstanden, Sirus“, fiel ihm Charlie irritiert ins Wort. „Ich bin auch ohne deine Kommentare schon frustriert genug.“

Sirus zuckte nur mit den Schultern und half Charlie auf. Der versuchte, einen Schritt zu machen, doch sein verletzter Fuß hielt nicht einmal der leichtesten Belastung stand, und er schrie auf vor Schmerz. Sirus erkannte den Ursprung seiner Qualen und legte Charlies Arm um seine eigene Schulter, um ihm zu helfen, der Horde, die sich bereits in den Kampf gestürzt hatte, aus Adorias Dorf zu folgen.

Sieh sich das einer an, dachte Charlie verbittert. Ich kann nicht mal mehr selbstständig laufen. Ich bin nichts als ein Krüppel.

Als sie die andere Seite der Höhle erreicht hatten, stellte Charlie zu seiner Verblüffung fest, dass keine Kämpfe mehr ausgetragen wurden. Stan, Kat, Leonidas, Cassandrix und Kommandant Crunch standen herum, erschöpft und mit diversen Verletzungen, doch die Mobjäger waren verschwunden.

„Wo sind sie hin?“, fragte Charlie Kommandant Crunch, während Sirus ihm half, sich auf einen losen Steinblock zu setzen.

„Sie haben sich wegteleportiert, Jungchen“, erklärte der Kommandant, während er eine Sprengwunde an seinem Arm verarztete. „Kaum sind Sirus und seine Mannschaft hier aufgetaucht, haben diese Landratten kapiert, dass sie zahlenmäßig unterlegen waren und nicht gewinnen konnten. Das Mädel namens Enderchick hat ihre Kameraden geschnappt, und weg waren sie, weiß der Klabautermann wohin. Aber ich glaube nicht, dass sie bald zurückkommen.“

Charlie nickte einsichtig und betrachtete das Bild, das sich ihm bot: Sirus und Stan unterhielten sich angeregt, wobei Stan große Augen machte, als spräche er mit einem Geist. Die Geiseln liefen in der Höhle umher. Manche von ihnen versorgten die Wunden, die die Schlacht mit sich gebracht hatte. Plötzlich erhob sich Geschrei im hinteren Teil der Höhle, und zwei von Sirus’ Leuten traten vor. Sie pressten Leonidas’ Arme auf dessen Rücken.

„Was soll denn das?“, fragte er, nach dem Kampf offenbar, zu erschöpft, um sich zu wehren, aber doch erbost.

„Wir haben noch einen gefunden, Sirus“, erklärte einer der beiden Spieler, und Sirus drehte sich zu ihnen um. Der Anblick überrumpelte ihn völlig.

„Leonidas von RAT1! Werft ihn zu Boden, Männer!“

Daraufhin traten die beiden Spieler Leonidas in die Kniekehlen, und er ging zu Boden. Gequält stöhnte er auf, während Sirus einen Pfeil anlegte.

„Ich kümmere mich darum“, verkündete er heldenhaft und wollte gerade schießen, als Stan verstand, was hier vor sich ging. Er schlug Sirus den Bogen aus der Hand, und der Pfeil sauste in die dunkle Mine.

„Präsident Stan, was tust du da? Das ist ein gefährlicher Krimineller, der hingerichtet werden muss!“, rief Sirus.

„Sirus, beruhige dich, alles ist in Ordnung! Leonidas ist jetzt auf unserer Seite. Er hat seine Fehler eingesehen und kämpft für Element City.“

Sirus starrte Stan einen Moment lang ungläubig an, dann hob er eine Augenbraue.

„Präsident Stan, bei allem Respekt, dieser Spieler ist für alle möglichen grauenhaften Zwischenfälle während der Rebellion gegen König Kev verantwortlich, und er hat als Mitglied von RAT1 mehr Spieler umgebracht als du dir vorstellen kannst. Bist du sicher, dass ich ihn nicht töten soll?“

„Absolut sicher!“, bellte Stan wütend. „Ich spreche Leonidas eine umfassende präsidiale Begnadigung für seine früheren Taten aus. Er reist seit Wochen an meiner Seite und hat immer wieder unter Beweis gestellt, dass er bereut, was er unter König Kev und der Noctem-Allianz getan hat. Er ist jetzt bereit, alles zu geben, um für seine Vergangenheit zu büßen! Also bitte ich dich, höflich zu bleiben!“

Sirus öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Er warf Leonidas, der sich aufgerichtet hatte und ihn wütend anstarrte, einen Blick aus dem Augenwinkel zu. Schließlich sprach er weiter, klang jedoch noch immer misstrauisch.

„Wenn du meinst, Präsident Stan“, erwiderte er gedehnt. Dann wandte er sich ab, um stattdessen Charlies verletztes Bein zu verarzten.

„Danke, Mann“, sagte Leonidas und lächelte Stan kurz an, bevor er sich um eine Brandwunde kümmerte, die Lord Marrow ihm zugefügt hatte.

„Keine Ursache“, erwiderte Stan beiläufig, denn plötzlich kam ihm eine Erkenntnis.

Innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden würde Stan den unterirdischen Bunker von Element City erreichen, in dem sich seine Freunde und sämtliche Stadtbewohner befanden. Sie würden sich sicherlich freuen, ihn zu sehen, und auch Charlie, Kat, Cassandrix und Kommandant Crunch. Aber er hatte sich nie darüber Gedanken gemacht, wie die Einwohner von Element City sich Leonidas gegenüber verhalten würden.

So offensichtlich Leonidas’ Sinneswandel in seinen Augen auch sein mochte, Stan konnte nichts daran ändern, dass Leonidas in der Vergangenheit Schreckliches getan hatte. Jetzt, da er seine Bürger bei der größten Herausforderung anführen musste, die Element City je erlebt hatte, fragte er sich, wie sie reagieren würden, wenn sie herausfanden, dass er einen von König Kevs mächtigsten Soldaten begnadigt hatte.

KAPITEL 2

UNTERGRUND

Die eiskalten Winde des immerwährenden Schneesturms tobten durch die Straßen von Nocturia. Das Kapitolgebäude erhob sich bedrohlich über den Häusern. Den gesamten Krieg über hatte die Armee von Elementia es nicht annähernd geschafft, die Hauptstadt der Nation der Noctem-Allianz anzugreifen, und das Kapitol war der Beweis. Das Gebäude war völlig unberührt und stellte mit seiner gotischen Steinziegelarchitektur und den Ornamenten aus Gold und Lapislazuli weiterhin das Kronjuwel des Imperiums dar. Leuchtfeuerblöcke strahlten Lichtsäulen in den Himmel. Außerdem war das Kapitol das bei Weitem größte und höchste Bauwerk in Nocturia: Der Hauptturm erhob sich über der Burg bis in die Wolken.

An der Spitze dieses Turms flackerte ein einziges Licht. Fackelschein erleuchtete ein offenes Fenster, das einzig Helle inmitten des wütenden Schneesturms. Hinter diesem Fenster, auf dem höchsten Turm des Kapitolgebäudes, saß Lord Tenebris in Gedanken versunken auf seinem Thron aus Obsidian und Quarz.

Seine Lider waren geschlossen und doch konnte er durch die Augen eines der Wither klar und deutlich sehen, während dieser am Himmel über Elementia patrouillierte. Lord Tenebris hatte im Geheimen experimentiert und Energie aus dem Server selbst gezogen, um seine Macht zu verstärken. Dabei hatte er jeden Tag neue Fähigkeiten entdeckt. Diese spezifische neue Fertigkeit hatte sich jedoch als die bei Weitem nützlichste erwiesen. Lord Tenebris konnte sich nach Belieben die Augen jedes Spielers oder Mobs zunutze machen, sofern er wusste, wo dieser sich aufhielt, und er sah alles, was sein Ziel sehen konnte.

In den letzten Wochen, während des Sturms der Noctem-Allianz auf Element City, war diese Fähigkeit besonders hilfreich gewesen. Mit seiner Hellsicht und der Möglichkeit, sich über Telepathie zu verständigen, hatte Lord Tenebris die Truppen auf dem Schlachtfeld durch die Augen von General Drake direkt lenken können, während er selbst in Nocturia und auf dem Fungarus versteckt blieb. Er wusste, dass es zum Besten war, im Verborgenen zu bleiben. Denn schließlich war Angst, obwohl die Noctem-Allianz im Krieg die Oberhand gewonnen hatte, weiterhin ihre größte Waffe.

Lord Tenebris genoss das Gefühl, die Soldaten aus weiter Entfernung zu befehligen und mit ihnen taktische Manöver auszuführen, um sich die absolute Herrschaft über eine Region zu sichern. Ihm war außerdem durchaus bewusst, wie notwendig dieser Schritt war, wenn er den Server vollständig übernehmen wollte. Zwar hätte er die Armee Elementias in wenigen Minuten vernichten können, wenn er nur seine eigenen Fähigkeiten einsetzte. Doch er hielt sich für einen weisen Anführer und wusste, wie groß der Unterschied zwischen der Vernichtung des Feindes und einem Sieg war.

Durch die Augen des Withers beobachtete er, wie schwarzgekleidete Soldaten mit Bögen, Waffen und Tränken durch die Straßen von Element City patrouillierten, um sie für die Noctem-Allianz zu sichern. Er seufzte zufrieden. Endlich, nach all den Monaten, gehörte die Stadt wieder den Spielern, die sie verdient hatten, denen, die gearbeitet und gekämpft hatten, um sie zu errichten, mit nichts als einer Wiese als Grundlage.

Sie hatten es endlich geschafft. Die Noctem-Allianz hatte Elementia erobert.

Doch ein Problem verdarb ihm den perfekten Sieg. Obwohl die Noctem-Allianz nun die militärische Herrschaft über den gesamten Server erzwungen hatte, war Stan2012 noch immer auf freiem Fuß. Diese Tatsache überraschte sogar Lord Tenebris. Drake wusste genau, was er ihm antun würde, wenn Stan nach Element City zurückkehren sollte. Und wenn eins sicher war, dann die Tatsache, dass Drake alles tun würde, um die eigene Haut zu retten. Wenn man bedachte, dass er auch noch eine Gruppe ausgebildeter Kopfgeldjäger angeheuert hatte, um Stan aufzuspüren, fiel es schwer zu glauben, dass er den Präsidenten immer noch nicht ausgeliefert hatte.

Lord Tenebris erhob sich von seinem Thron und hörte auf, seine Hellsicht zu nutzen. Sein Blick fiel wieder auf den schlichten, von Fackelschein erleuchteten Steinziegelraum. Die Zeit war gekommen. Die militärische Offensive war nun beendet, die Noctem-Allianz hatte in Element City einen befestigten Stützpunkt. Es gab keinen Grund, weiter in Nocturia zu bleiben. Nun musste er in die Stadt zurückkehren, für deren Eroberung er so lange und schwer gearbeitet hatte.

Lord Tenebris atmete tief durch, konzentrierte sich auf den Ratssaal von Element Castle und verschwand in einer violetten Rauchwolke.

* * *

G war von sich selbst angewidert, während er sich die Quarzstufen hinaufschleppte, die zu Tess’ Büro führten. Er konnte den verletzten Rekruten in seinem blau und grün gefärbten Overall nicht vergessen, der am Boden gelegen und die Schnittwunde an seiner Hüfte umklammert hatte. G war dazwischengegangen, um die Runde des Trainingsturniers für beendet zu erklären und zu befehlen, dass der versehrte Kämpfer medizinisch versorgt wurde, doch die beiden Soldaten, die ihn beaufsichtigten, hatten ihm das Wort abgeschnitten. Er erinnerte sich lebhaft daran, wie der Noctem-Hauptmann in einem metallisch glänzenden Creeper-Kostüm ihm in die Augen gestarrt und seine hasserfüllten Worte gesprochen hatte: „Wenn du ein wahrer Noctem-Unteroffizier bist, musst du ihm befehlen, es zu Ende zu bringen.“

Obwohl ihn jede Faser seines Herzens drängte, den gefallenen Rekruten zu verteidigen, hatte G kein Wort hervorgebracht. Noch bevor er sich dazu durchringen konnte, war ein Bote eingetroffen und hatte ihm mitgeteilt, dass Tess ihn sehen wollte. Als er sich zur Treppe aufmachte, hatten sich die beiden anderen Offiziere bereits wieder den kämpfenden Rekruten zugewandt. Kurz bevor G um die nächste Ecke bog, hörte er die Worte: „Also los … mach ihn fertig!“

Er konnte den Klang des letzten Schreis einfach nicht vergessen. Was sie dem verletzten Spieler nun antaten, war kaum vorstellbar … und er selbst war einfach davongegangen. Auch wenn der Rekrut sich von der Noctem-Allianz ausbilden ließ, verdiente er doch nicht die Misshandlung und die Schikanen, denen er nun mit Sicherheit ausgesetzt wäre. G war versucht, kehrtzumachen und ihm zu helfen, aber er wusste, dass es unmöglich war. Jayden war bereit gewesen, sein Leben zu opfern, damit G in Nocturia bleiben konnte, und er würde nichts riskieren, bis er Mella und Stull gerettet hatte, egal, welchen Preis er dafür zahlen musste.

Er hatte endlich den Kopf der Treppe erreicht und stand nun an der Schwelle zu Tess’ Zimmer. Es war außerordentlich hübsch gestaltet: Die Wände bestanden aus zu Mustern zusammengefügten Quarzblöcken, Wollblöcke bildeten einen Teppichboden und die Decke war von Glowstone-Blöcken durchzogen. In einem Netherrack-Kamin brannte unaufhörlich ein Feuer, das den Raum mit Wärme erfüllte, und an den Wänden hingen Pixel-Gemälde. Durch die Glasfenster konnte G den Sturm wüten sehen. Hinter einem Schreibtisch aus Zedernholzbrettern saß Generalin Tess. Ihr Diamantschwert befand sich in einem Rahmen hinter ihr.

„Seid gegrüßt, Ma’am“, sagte G fast automatisch und unterdrückte seinen Selbsthass für einen Augenblick.

„Du hast dir ja ganz schön Zeit gelassen“, erwiderte Tess, ohne seinen Gruß zu erwidern. „Bitte beeile dich beim nächsten Mal, Unteroffizier.“

„Jawohl, Ma’am“, bestätigte G. Die Abscheu vor seiner Tatenlosigkeit wich Verärgerung über Tess.

„Ich habe eine Aufgabe für dich“, fuhr sie fort. „Du musst noch einen Patrouillengang über das Gelände durchführen.“

„Jawohl, Ma’am.“ G war erfreut, dass es nur um eine Allerweltsaufgabe ging, und wandte sich der Treppe zu, um seinen Auftrag in Angriff zu nehmen.

„Ach, und eins noch, Unteroffizier“, schob Tess fast beiläufig nach. G drehte sich zu ihr um und sah, wie sie einen Trank der Langsamkeit aus einer Truhe neben dem Schreibtisch holte. „Richte Unteroffizier Zingster aus, dass die zwanzig Gefangenen aus Elementia heute statt morgen hingerichtet werden. Jetzt, da wir Element City eingenommen haben, ist es sinnlos, noch Geiseln zu halten.“

G machte große Augen und konnte sich ein erschrockenes Keuchen gerade noch verkneifen. Dennoch hob Tess eine Braue, stellte ihr Glas auf den Tisch und funkelte ihn an.

„Hast du ein Problem damit, Unteroffizier?“

„Nein, Ma’am“, entgegnete G schnell und überlegte fieberhaft, wie er die Gefangenen retten könnte, ohne dass Tess Verdacht schöpfte.

„Na denn, los!“ Tess nippte erneut an dem Trank, während sie ein zweites Mal in den Schreibtisch griff. G wollte gerade die Treppe hinabgehen, doch er hielt inne.

Während seines Aufenthalts in Nocturia hatte G zahllose Stunden mit Tess verbracht. Ihre unablässige Anwesenheit, ihre unglaublich hohen Erwartungen an ihn und ihr beiläufiges Gerede, als wären sie beste Freunde, waren G unfassbar unangenehm und er hasste jede Minute, die er es über sich ergehen lassen musste, doch um Element Citys willen hatte er sich gezwungen, all das zu ertragen. Er hatte sich dabei geschickt angestellt und seine Abneigung Tess gegenüber nie offen gezeigt. Er hatte sie immer in dem Glauben gelassen, dass sie langsam zu engen Freunden wurden. Vielleicht wäre jetzt der perfekte Zeitpunkt, um herauszufinden, ob sich seine harte Arbeit auszahlen würde, damit er die gefangenen Spieler aus Element City retten konnte.

„Äh … entschuldigen Sie, Ma’am!“

„Warum bist du noch hier, Unteroffizier?“, fragte Tess gereizt, als sie den Blick hob. Sie hatte in der Truhe nach etwas zu essen gesucht und gar nicht bemerkt, dass G noch nicht verschwunden war.

„Nun, weil ich einen Vorschlag habe.“

„Ich will ihn nicht hören, Unteroffizier. Du hast eine Pflicht zu erfüllen.“

„Bitte, Ma’am, ich glaube, es könnte wichtig sein.“

„Schön!“, erwiderte sie schließlich frustriert. „Was willst du, Unteroffizier? Und fasse dich kurz. Ich habe viel zu tun, genau wie du auch!“

G atmete tief durch, bevor er fortfuhr.

„Nun, mir ist der Gedanke gekommen, dass der Krieg in Elementia bald enden wird, und wie es scheint, stehen wir kurz vor dem Sieg und werden bald wieder über die Bürger von Element City herrschen. Ich glaube, dass wir vielleicht mehr Unterstützung von ihnen erwarten können, wenn wir etwas Milde walten lassen.“

„Ach?“ Tess hob misstrauisch eine Augenbraue, während sie G musterte. „Und wie genau stellst du dir diese Milde vor?“

„Ich würde vorschlagen“, erklärte G zögerlich, da er ahnte, wie Tess vermutlich reagieren würde, „dass wir die Soldaten noch nicht töten. Wir halten sie hier gefangen, bis …“

„Das ist absurd.“

Einen Moment lang herrschte Stille, während Tess G wütend anfunkelte und der sich bemühte, seine Gefühle im Zaum zu halten. Er wusste, was er zu tun hatte, und obwohl er sein Glück damit herausforderte, versuchte er fortzufahren.

„Also, der Grund dafür ist, dass …“

„Was soll das heißen, Unteroffizier? Dass die Gräueltaten der Soldaten von Elementia ungesühnt bleiben sollen?“

„Nein, natürlich nicht, aber …“

„Dann sehe ich keinen Grund, dieses Gespräch fortzuführen.“

„So hören Sie mir doch zu!“, rief G. Irgendetwas ging mit ihm durch, und er verspürte eine Welle der Wut auf Tess, ausgelöst von den völlig falschen Beweggründen. „Ich bin Ihnen seit meiner Ankunft hier treu gefolgt, und ich haben Ihnen mein Leben gewidmet. Sie könnten mich wenigstens ausreden lassen!“

Tess’ Miene nahm einen bedrohlichen Ausdruck an. „Du begibst dich auf dünnes Eis, Unteroffizier.“

„Bitte, Generalin“, flehte G erneut und versuchte, das Gefühl der Übelkeit in seinem Magen zu ignorieren. „Es würde mir viel bedeuten, wenn Sie mich nur …“

„Ich bin deine befehlshabende Offizierin, Unteroffizier MasterBronze“, wies sie ihn in scharfem Ton zurecht, erhob sich und warf ihm einen wütenden Blick zu, „und ich stehe so kurz davor, dich wegen Befehlsverweigerung hinrichten zu lassen! Sofort wegtreten!“

G blieb regungslos stehen, den Mund noch immer leicht geöffnet, nicht in der Lage, eine Silbe hervorzubringen. Als Tess ihn angebrüllt hatte, war ihm mit einem Schlag eine Erkenntnis gekommen. Er blieb reglos und erinnerte sich an einen Moment vor über einem Monat, als er in einem Korridor von Element Castle gestanden hatte, verletzt und wütend. Damals hatte er gebrüllt …

„Bewegung!“, bellte Tess. „Willst du den ganzen Tag hier herumstehen? Du hast ja keine Ahnung, welches Glück du hast, dass ich dich nicht schon vor das Erschießungskommando habe stellen lassen!“

G nahm sie kaum wahr. Er ging die Stufen aus Quarz hinunter, zurück zu der Rekrutengruppe, seine Gedanken von einem Strudel aus plötzlicher Erkenntnis und Schuldgefühlen beherrscht.

Seit G Nocturia betreten hatte, hatte er kaum an Kat gedacht. Zwischen den beiden war es ohne Zweifel vorbei, und da es Wichtigeres gab, um das er sich kümmern musste, hatte er eine ganze Weile lang keinen Gedanken daran verschwendet. Aber als er zum letzten Mal über sie nachgedacht hatte, war er noch immer der Meinung gewesen, dass es uneinsichtig von ihr war, ihren Streit nicht einfach zu vergessen. Dass es dumm von ihr gewesen war, ihre Beziehung überhaupt beenden zu wollen, weil er ihr so viel Aufmerksamkeit schenkte.

Aber jetzt, nach allem, was er seit seiner Ankunft in Nocturia mit Generalin Tess durchgemacht hatte, war er erstaunt, dass Kat ihm nicht schon früher eingefallen war. In all der Zeit war ihm keine Sekunde lang in den Sinn gekommen, dass die Art und Weise, auf die er Kat, seine frühere Freundin und Ratskollegin, behandelt hatte, dem Umgang verstörend ähnelte, den Generalin Tess, befehlshabende Offizierin der Organisation, deren Zerstörung er sich verschrieben hatte, mit ihm als Untergebenen pflegte.

Es war, als täte sich in Gs Herz ein Abgrund auf, als die Erinnerungen ihn wieder einholten. Er hatte die ganze Zeit über geglaubt, dass er Kat ein wunderbarer Freund gewesen sei, war frustriert gewesen, weil er fand, dass sie sich nicht so viel Mühe gab wie er selbst. Aber jetzt war ihm klar geworden, dass er viel zu viel von ihr verlangt und ihr nicht genug Respekt entgegengebracht hatte. Sie war mit ihm gegangen und hatte sich selbst dann um die Beziehung gekümmert, als die Lage schwierig wurde, und gleichzeitig ihre Pflichten im Auge behalten. Aber er hatte seine Verantwortung dem Rat gegenüber vernachlässigt, hatte nur mit ihr Zeit verbringen wollen und war erbost gewesen, weil sie es ihm nicht gleichtat.

Der Gipfel des Ganzen war, dass er Tess nur ertragen hatte, weil er es musste. Warum Kat ihn überhaupt toleriert hatte, konnte G nur ahnen …

Von seinen Gefühlen überwältigt, setzte er sich einen Moment lang auf die Treppe. Er hatte Tess gerade für etwas angeschnauzt, dessen er sich selbst schuldig gemacht hatte. Aus diesem Grund war sie nun misstrauisch, und seine Tarnung würde mit Sicherheit bald auffliegen. Wenn man ihn jetzt als Spion hinrichtete, würde G nicht nur Mella und Stull ihrem Schicksal überlassen, er könnte niemals nach Element City zurückkehren und Kat sagen, wie sehr er das, was er ihr angetan hatte, bereute.

G stand auf, von Entschlossenheit befeuert. Er wusste, was er zu tun hatte. Jetzt ging es um alles oder nichts, und er musste drastische Maßnahmen ergreifen. Urplötzlich kam ihm ein wahnwitziger Plan in den Sinn und er wusste, dass er ihn ausführen musste. Wenn er funktionierte, würde er nicht nur den Geiseln das Leben retten, sondern sie auch befreien, gleichzeitig die NPC-Dorfbewohner heilen und sie dem albtraumhaften Noctem-Kapitol entkommen lassen. Wenn er fehlschlug, würden sie alle sterben.

G atmete tief durch und ging die Treppe hinab, um sein Vorhaben in die Tat umzusetzen.

* * *

Vom Boden der Höhle dröhnte empörtes Gebrüll zu Ben empor, der den Balkon aus Steinziegeln verließ. Selbst, als er den Kommandoposten betrat, den man in die Wand gemeißelt hatte, verfolgten ihn die Drohungen und die Buhrufe, mit denen die Menge auf seine neueste Ankündigung reagierte. Er knirschte frustriert mit den Zähnen. Er hasste die Tatsache, dass er die Essensrationen schon wieder hatte kürzen müssen, aber leider war ihm nichts anderes übrig geblieben.

Ben schloss die Holztür hinter sich, doch er konnte das Geschrei noch immer hören. Seufzend betrat er den Raum – nicht mehr als eine kleine Höhle, die man gesäubert und für die Zeit, während der sie im Bunker festsaßen, zur Militärzentrale gemacht hatte. Einige Truhen standen an der Steinblockwand, auf einem Tisch aus Holzbrettern lagen einige Karten und Papiere, aber davon abgesehen war die Kammer leer. Bob saß auf Ivanhoes Rücken, und beide wandten sich Ben zu, als er eintrat.

„Hört sich ja an, als wäre das prima gelaufen“, murmelte Bob verbittert und warf einen Blick zur Tür, die den Lärm nicht im Geringsten eindämmte.

„Na, was für eine Reaktion hattest du denn erwartet?“, fragte Ben resigniert, holte einen weiteren Holzbretterblock aus seinem Inventar, stellte ihn auf den Boden und setzte sich darauf. „Ich wäre auch ganz schön sauer, wenn mir jemand erzählen würde, dass ich für absehbare Zeit nur noch zwei Scheiben Brot pro Tag bekomme.“

Bob nickte grimmig. Eine Weile lang saßen die Brüder schweigend beisammen. Beide wussten, dass der andere über dasselbe nachdachte, das Einzige, woran beide seit dem Zwischenfall denken konnten.

„Es ist erschreckend“, sagte Bob schließlich und klang dabei fast emotionslos, „wenn man bedenkt, dass es jetzt schon vier Tage her ist.“

„Ja“, pflichtete ihm Ben bei und starrte zu Boden. „Und noch erschreckender ist, dass wir beiden noch hier sind und ganz normal miteinander reden, während … während Bill …“

Er brachte es nicht übers Herz, den Satz zu Ende zu führen. Während der letzten Tage hatte er es endlich geschafft, die Übelkeit erregenden Wellen der Depression, die ihn immer wieder überliefen, einzudämmen, und er wollte ihnen nicht gestatten, wieder anzuschwellen. Sie befanden sich noch immer im Krieg, und für Trauer blieb kein Raum. Ben unterdrückte ein Schluchzen. Stattdessen entfuhr ihm ein heiserer Seufzer. Bob wollte gerade etwas erwidern, als plötzlich ein ohrenbetäubendes Krachen und Klirren ertönte.

Beide Brüder sprangen auf, Bogen und Schwert gezogen, bereit, sich zu verteidigen, und wirbelten herum. Die Tür war herausgebrochen, das Fenster zersplittert. Auf dem Boden kurz dahinter lag ein Ziegelstein. Ohne Tür gab es nichts, das die Brüder vor dem brodelnden, hasserfüllten Gejohle schützen konnte, das aus der Höhle zu ihnen heraufdrang.

Ben knurrte erbost, doch durch das Stimmengewirr der Proteste von draußen war nichts zu hören. „Das ist doch lächerlich!“, brüllte er seinem Bruder zu. „Worüber beschweren die sich denn? Ja, natürlich haben wir ihre Essensrationen gekürzt. Aber weißt du was? Wenigstens sind sie vor der Noctem-Allianz sicher! Wenigstens sind sie nicht tot!“

Bob seufzte angewidert. „Und jetzt? Willst du da rausgehen und ihnen das ins Gesicht sagen?“

Ben wollte gerade antworten, als ohne Vorwarnung der Mechaniker durch einen Hintereingang in den Raum sprang. Er hatte die Spitzhacke gezogen.

„Was geht hier vor?“, wollte er wissen. „Ich dachte, ich hätte gehört, wie …“

Plötzlich merkte der Mechaniker, dass Ben und Bob vor ihm standen, und hielt inne. Er hatte seit Bills Tod nur über Boten mit den Brüdern gesprochen.

„Also“, sagte er, erholte sich von seinem Schock und versuchte, sich zusammenzureißen. „Ist hier drüben alles in Ordnung? Ich dachte, ich hätte etwas bersten hören.“

„Ja, jemand hat einen Ziegelstein durch unsere Tür geworfen“, erklärte Ben düster und zeigte auf die Holztür und den Stein vor dem leeren Türrahmen, durch den noch immer der tosende Zorn der Menge schallte. Der Mechaniker machte große Augen.

„Wie es scheint“, fuhr Bob anstelle seines Bruders fort und warf dem Mechaniker einen Blick zu, „sind die Bürger mit uns momentan nicht besonders zufrieden. Seit wir in diesem Bunker festsitzen, haben sie keine guten Neuigkeiten gehört. Außer ihre Essensrationen zu kürzen, haben wir nichts für sie getan.“

„Na, was erwarten sie denn?“, fragte der Mechaniker verdutzt. „Wir tun doch alles für die Bürger, was wir können. Was sollen wir denn noch …“

„Ach, mach doch mal die Augen auf!“, rief Ben. Die Wut, die er seit der Ankunft des Mechanikers mühsam unterdrückt hatte, brach endlich hervor. „Wir haben das Leben unserer Leute völlig auf den Kopf gestellt! Die Noctem-Allianz hat ihre Stadt erobert, ihre Häuser gestohlen und sie gezwungen, sich in dieser dämlichen Mine zu verstecken! Einige von ihnen haben Freunde, die noch da draußen sind, und die Noctem-Allianz misshandelt sie vermutlich, oder tut ihnen Schlimmeres an! Sie brauchen gute Neuigkeiten!“

„Aber … ich …“, stammelte der Mechaniker. „Was erwartet ihr … wir haben doch nichts Gutes, das wir ihnen sagen könnten …“

„Tja, das ist deine Aufgabe!“, tobte Ben. Er trat auf den Mechaniker zu und brüllte ihm direkt ins Gesicht. „Ob es dir nun gefällt oder nicht – als du dich freiwillig gemeldet hast, Stans Arbeit zu machen, hast du die Verantwortung dafür übernommen, für die Zufriedenheit deines Volkes zu sorgen! Und von Anfang an hast du dich in der Burg verschanzt, dich um den Verstand getrunken und das Land ohne jeden Gedanken daran geführt, was die Leute von dir halten. Selbst jetzt, da wir alle hier unten gefangen sind, bringst du da den Mut auf, von Angesicht zu Angesicht mit deinen Bürgern zu sprechen? Nein! Du hast dich einfach nur in deinem Zimmer eingeschlossen und dich selbst bemitleidet, während Bob und ich das Ganze für dich ausbaden durften! Wir haben alles versucht, um das Volk davon abzuhalten, uns zu hassen. Was hast du getan, um die Lage zu verbessern? Nichts!“

Kurz herrschte Schweigen, und nur das unaufhörliche Wutgebrüll der Menge brach die Stille. Der Mechaniker starrte Ben in die vor Zorn funkelnden Augen, ohne ein Wort herauszubringen. Ben starrte zurück. Langsam verblasste seine Wut, und Trauer breitete sich auf seinem Gesicht aus.

„Mein Bruder ist gestorben, um dich zu retten“, stieß er verbittert hervor. „Und bis jetzt finde ich nicht, dass du es wert warst. Ich hoffe für dich, dass du mir das Gegenteil beweisen kannst.“

Mit diesen Worten stieß er den Mechaniker von sich weg und marschierte mit tränenüberströmtem Gesicht aus dem Raum.

Kurz standen Bob und der Mechaniker reglos da. Der Mechaniker starrte ausdruckslos auf die Stelle, an der Ben eben noch gestanden hatte. Dann ließ Bob Ivanhoe wenden und lenkte ihn durch die Hintertür den Korridor entlang, um Ben zu folgen, sodass der Mechaniker allein inmitten des kargen Steinzimmers zurückblieb.

Seitdem er aufgewacht war und verstanden hatte, dass Bill sich geopfert hatte, damit er am Leben bleiben konnte, war der Mechaniker völlig verstört. Nachdem er vor vielen Monaten Stans Miliz beigetreten war, hatte er dem TraLa abgeschworen. Doch unter dem Druck, das gesamte Land zu führen, hatte er sich der entspannenden Versuchung des Trankes nicht widersetzen können. Hätte er nur widerstehen können, die Kraft gehabt, dem Trank zu entsagen, wäre Bill noch am Leben.

Je länger er darüber nachdachte, desto klarer wurde ihm zu seinem Entsetzen, dass Ben völlig recht hatte: Er hatte nichts getan, seit sie die Mine betreten hatten, sich nur in seinem Selbsthass gesuhlt und die Kürzung der Essensrationen angeordnet, als die Vorräte knapp wurden. Er hatte nicht nur seine Polizeipräsidenten, sondern das ganze Land im Stich gelassen. Jetzt wusste der Mechaniker, was er zu tun hatte.

Er atmete tief durch und trat auf den Balkon aus Steinblöcken, von dem aus er die riesige Höhle überblicken konnte, in der es von Spielern nur so wimmelte. Die Menge, die langsam angefangen hatte, sich zu beruhigen, brach bei seinem Anblick wieder in Wutschreie aus. Doch diesmal war der Zorn, der von der Meute ausging, weitaus größer. Es war das erste Mal seit dem Beginn der Bauarbeiten am Bunker, dass der Mechaniker sich dem Volk zeigte. All die Wut über die gnadenlose Disziplin und die Überstunden, die er ihnen auferlegt hatte, sprudelte nun hervor.

„Verzeihung!“, rief der Mechaniker und hob die Hand in dem Versuch, sich trotz des Aufruhrs der Menge Gehör zu verschaffen. „Ich möchte euch allen etwas sagen.“

Der Lärm verstummte nicht. Stattdessen flog ein weiterer Ziegelstein aus der Masse auf den Mechaniker zu. Instinktiv riss er seine Spitzhacke aus dem Inventar und zerschmetterte ihn in der Luft. Schockiert und erschüttert sah er auf die Menge hinab, wo sich bereits Soldaten in das Gedränge stürzten, um den Steinwerfer zu verhaften. Er zwang sich, erneut tief durchzuatmen.