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Die Frau vom Meere ist ein Schauspiel in 5 Akten, geschrieben von Henrik Ibsen. Doktor Wangel ist Arzt in einer Kleinstadt an der Westküste Norwegens. Er lebt zusammen mit seinen zwei Töchtern aus erster Ehe, Bolette und Hilde, und seiner zweiten Frau namens Ellida, welche er nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete. Ellida wuchs als Tochter eines Leuchtturmwächters auf dem Meer auf, und hatte zusammen mit Wangel einen Sohn, der schon als Säugling starb. Ellida fühlt sich in der Ehe mit Wangel nicht wohl, bekommt keinen Bezug zu seinen Töchtern und lebt immer mehr einer Sehnsucht nach, welche sie bald Preis gibt. Wangel hat an Bolettes ehemaligen Hauslehrer Arnholm geschrieben und ihn eingeladen, auf Besuch zu kommen, weil er glaubt, das würde Ellida guttun. Arnholm hat die Einladung jedoch missverstanden, er kommt in dem Glauben, dass Bolette auf ihn wartet, und hält am Ende des Stücks um ihre Hand an. Bolette willigt ein, ihren alten Lehrer zu heiraten, da sie darin ihre einzige Chance sieht, in die Welt hinauszukommen ... (aus wikipedia.de)
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Seitenzahl: 156
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Die Frau vom Meere
Henrik Ibsen
Inhalt:
Henrik Ibsen – Biografie und Bibliografie
Die Frau vom Meere
Personen
Erster Akt
Zweiter Akt
Dritter Akt
Vierter Akt
Fünfter Akt
Die Frau vom Meere, H. Ibsen
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
Loschberg 9
86450 Altenmünster
ISBN: 9783849626181
www.jazzybee-verlag.de
Henrik Ibsen, der größte Dramatiker Norwegens und einer der gewaltigsten Geister der neuern Zeit, geb. 20. März 1828 zu Skien in Norwegen, war der älteste Sohn eines erst wohlhabenden Kaufmanns dänischer Abstammung. Nach dem Konkurs seines Vaters verfloß seine früheste Jugend in beschränkten Verhältnissen. In Skien erhielt er eine notdürftige Schulbildung und kam, 15 Jahre alt, als Apothekerlehrling nach Grimstad. Hier entstanden seine ersten dichterischen Versuche, Spottverse, die den Schrecken der Stadtbewohner bildeten, mondscheintrunkene Lyrik, die von den Damen des Ortes fleißig gelesen und gesammelt wurde, und vor allem der »Catilina« (1850, neue Ausg. 1875), ein Drama, in dem sich der Sturm der Zeit und der brausenden Jugendkraft des Dichters entlädt. 1850 siedelte I. nach Christiania über, ging in Heltbergs »Presse« und bestand bereits nach fünf Monaten das medizinische Vorexamen. Dabei fand er Zeit, das kleine, unselbständige Drama »Das Hünengrab« (»Kjœmpehøien«) zu schreiben. Außerdem gab er damals zusammen mit Botten-Hansen und Vinje ein politisch-satirisches Wochenblatt (»Manden«, gewöhnlich »Audhrimer« genannt) heraus, das indessen schon nach neun Monaten wieder einging. Aber man war auf den jungen I. aufmerksam geworden: im November 1851 berief ihn Ole Bull an das norwegische Nationaltheater in Bergen, wo er nun bis 1857 als Regisseur und Theaterdichter wirkte. Alljährlich zum 2. Januar, dem Gründungstag des Hauses, lieferte er ein Stück, und entrichtete in diesen Werken der nationalen Romantik seinen Tribut. Es entstanden: »Die Johannisnacht« (1853; ungedruckt), »Die Herrin von Östrot« (»Fru Inger ti! Östraat«, 1854; gedruckt 1857, neue Ausg. 1874), »Das Fest auf Solhaug« (»Gildet paa Solhaug«, 1855) und »Olaf Liljekrans« (1856; erstmalig gedruckt in Ibsens »Sämtlichen Werken«, Bd. 2, Berl. 1898). Im I. 1857 siedelte I. als artistischer Direktor an das Norwegische Theater in Christiania über, im folgenden Jahr vermählte er sich mit Susanna Daae Thoresen aus Bergen. Sein Aufenthalt in Christiania dauerte bis 1864, und es entstanden in dieser Zeit: »Die Helden auf Helgoland « (»Nordische Heerfahrt«, »Hærmændene paa Helgeland«, 1858), unter dem Eindruck der isländischen Familiengeschichten, besonders der »Völsungasaga«, bei aller Gewalt der darin ausgedrückten Stimmungen ein Meisterwerk klarer dramatischer Technik; »Die Komödie der Liebe« (»Kjælighedens Komedie«, 1862), eine scharfe Satire gegen die landesüblichen Auffassungen von Ehe und Liebe, das einen Sturm der Entrüstung entfesselte-die Spießbürger fühlten sich in ihren heiligsten Gefühlen verletzt- und »Die Kronprätendenten« (»Kongsæmnerne«, eigentlich: »das Holz, aus dem Könige geschnitzt werden«, 1863), Ibsens erste große Dichtertat, durch die er verkündet, »daß stets der. Königsgedanke' einer neuen Zeit siegt, und daß da keine Hoffnung ist für die, die nur das Vergangene, schon Dagewesene wiederholen können« (Woerner, »Henrik I.«). Gekränkt durch den Unverstand des Publikums und der Kritik und aufs höchste erbittert über das Verhalten Norwegens in dem dänisch-preußischen Konflikt, verließ I. im April 1864 Christiania und reiste über Berlin nach Rom. Er wurde heimatfrei. Die Weltgeschichte berührte ihn. Die Keime zu einem Drama über das untergehende römische Kaiserreich fallen in seine Brust. Zunächst aber befreit er sich von den Lebenseindrücken, die er aus Skandinavien mitbrachte, durch zwei gewaltige, im höchsten Sinne kritische Versdramen: »Brand« (1866) und dessen Gegenstück »Peer Gynt« (1867). In beiden Werken werden die Gebresten des norwegischen Volkes gegeißelt, nur wird, wie Brandes sagt, im »Brand« norwegische Schlaffheit wenigstens[729] von einer norwegischen Idealgestalt abgeurteilt, während im »Peer Gynt« der Held als der typische Vertreter norwegischer Willensschwäche und Phantasterei angelegt und gestaltet ist. Auch ein unausgesprochener Protest gegen die Idealisierung norwegischer Bauerngestalten, wie sie um diese Zeit Björnson vornahm, läßt sich in beiden Dichtungen nicht verkennen. 1868 verließ I. Rom und ging nach Dresden, wo er zunächst das Lustspiel »Der Bund der Jugend« (»DeUnges Forbund«, gedruckt 1869), in mancher Beziehung ein Hinweis auf die Gesellschaftskritik seiner spätern Werke, ausführte. Erst unter dem Einfluß der großen Zeit, die das Deutsche Reich entstehen sah, konnte er das welthistorische Schauspiel in zwei Teilen, »Kaiser und Galiläer« (»Keiser og Galilæer«) im Frühling 1873 abschließen; es schildert den Kampf der Antike mit dem Christentum, den Untergang Julians des Apostaten, und ist »das Fundament dessen, was I später geschaffen hat, wodurch er eigentlich erst er selbst geworden ist« (Schlenther), ein historisches Schauspiel, das vieles von dem Ideengehalt seiner Gegenwartswerke einschließt, deutet und ergänzt. Erst jetzt läßt I. die Scholle tief unter sich. Er wird trotz des Heimatsduftes, den seine Werke nie abstreifen, und ohne den sie in ihren letzten Gründen unverständlich bleiben, der Bahnbrecher einer neuen dramatischen Kunst, einer neuen Zeit. Der Dichter schlug sein Hauptquartier seit 1875 abwechselnd in München und in Rom auf, besuchte aber auch Skandinavien, wo man ihn wie einen Triumphator empfing. Seit 1892 wohnt er in Christiania. Es erschienen: »Die Stützen der Gesellschaft« (»Samfundets Stotter«, 1877), »Ein Puppenheim« (»Et Dukkehjem«, 1879), »Gespenster« (»Gjengangere«, 1881), »Ein Volksfeind« (»En Folkefiende«, 1882), »Die Wildente« (»Vildanden«, 1884), »Rosmersholm« (1886), »Die Frau vom Meer« (»Fruen fra Havet«, 1888), »Hedda Gabler« (1890), »Baumeister Solneß« (»Bygmester Solness«, 1892), »Klein Eyolf« (»Lille Eyolf«, 1894), »John Gabriel Borkmann« (1896) und der dramatische Epilog »Wenn wir Toten erwachen« (»Når vi Døde vågner«, 1899). Gemeinsam ist diesen Werken, daß sie soziale und menschliche Verhältnisse der Gegenwart behandeln. Problem- oder gar Tendenzdichtungen sind sie nicht. Der Ausgangspunkt liegt immer in der Anschauung menschlicher Charaktere, bedeutender Geschicke. Aber die Liebe und der Haß, die den Dichter erfüllen, veranlassen Auseinandersetzungen, die Kritik alter Anschauungen, die Prägung neuer Werte. Die Grundstimmung ist ein großartiger Optimismus, ein unerschütterlicher Glaube an »das dritte Reich«, in dem »der Geist der Wahrheit und der Geist der Freiheit« herrschen werden. Als Techniker des Dramas greift I. auf die Tradition der Griechen zurück. Er gibt fünfte Akte, in denen sich mit unvergleichlicher Folgerichtigkeit lange Lebensschicksale entschleiern und lösen. Zu erwähnen sind noch Ibsens »Gedichte« (zuerst 1871, dann in vermehrter Auflage 1875). Ibsens »Sämtliche Werke« erschienen in einer kritischen deutschen Ausgabe mit guten Einleitungen von Brandes und Schlenther (Berl. 1898–1903, 9 Bde.), dazu als Bd. 10 eine Auswahl aus Ibsens Briefen, hrsg. von I. Elias und H. Koht (das. 1904). Vgl. G. Brandes, Björnson und I. (Kopenh. 1881) und Henrik I. (das. 1898); H. Jäger, Henrik I. 1828–1888 (1888; deutsch von Zschalig, 2. Aufl., Dresd. 1898); R. Woerner, Henrik I. (Münch. 1900, Bd. 1); Lothar, Henrik I. (2. Aufl., Leipz. 1902); E. Reich, H. Ibsens Dramen. 20 Vorlesungen, gehalten an der Universität Wien (4. Aufl., Dresd. 1902); B. Litzmann, Ibsens Dramen (Hamb. 1901.
Doktor Wangel, Bezirksarzt
Ellida, seine zweite Frau Bolette
Bolette Hilde, halbwüchsigseine Töchter aus erster Ehe
Arnholm, Oberlehrer
Lyngstrand
Ballested
Ein fremder Mann
Junge Leute aus der Stadt. Touristen. Sommergäste
Das Stück spielt zur Sommerszeit in einer kleinen Fjordstadt des nördlichen Norwegens.
[Sprich: Lüngstrand; Skiwe; Scholdwiken.]
Doktor Wangels Haus, mit großer überbauter Veranda links. Garten vor dem Haus und um das Haus. Unterhalb der Veranda eine Flaggenstange. Rechts im Garten eine Laube mit Tisch und Stühlen. Heckenzaun mit einer kleinen Eingangstür im Hintergrund. Hinter dem Zaun ein Weg den Strand entlang. Baumreihen längs des Weges. Zwischen den Bäumen sieht man den Fjord und hohe Gebirgszüge und Bergzinnen in der Ferne. Es ist ein warmer und leuchtend klarer Sommermorgen.
Ballested, ein Mann in mittleren Jahren, der eine alte Samtjacke und einen breitkrämpigen Künstlerhut trägt, steht unten an der Flaggenstange und macht sich an der Leine zu schaffen. Die Flagge liegt auf der Erde. Ein wenig von ihm entfernt eine Staffelei mit aufgespannter Leinwand. Nebenan liegen auf einem Feldstuhl Pinsel, Palette und ein Malkasten.
Bolette tritt durch die offene Tür des Gartenzimmers auf die Veranda hinaus. Sie trägt eine große Vase mit Blumen, die sie auf den Tisch stellt.
Bolette. Na, Ballested, – kriegen Sie's auch in Ordnung?
Ballested. Jawohl, Fräulein. Nichts leichter als das. – Mit Verlaub, – erwarten Sie heut Fremdenbesuch?
Bolette. Ja, wir erwarten heut morgen den Oberlehrer Arnholm. Er ist vergangene Nacht in der Stadt angekommen.
Ballested. Arnholm? Warten Sie mal –. Arnholm? Hieß der nicht Arnholm, der vor Jahr und Tag hier Hauslehrer war?
Bolette. Ja. Der und kein anderer.
Ballested. Schau', schau'! Kommt der auch einmal wieder in diese Gegend.
Bolette. Darum möchten wir gern flaggen.
Ballested. Ja, das gehört sich wohl auch so.
Bolette geht wieder in das Gartenzimmer. Bald darauf kommtLyngstrand von rechts den Weg hinauf und bleibt interessiert stehen, wie er die Staffelei und die Malgeräte sieht. Er ist ein schmächtiger junger Mann, bescheiden aber ordentlich gekleidet, und von schwächlichem Aussehen.
Lyngstranddraußen an der Hecke. Guten Morgen.
Ballesteddreht sich um. Hoh –! Guten Morgen. Hißt die Flagge. So – nun steigt der Ballon. Befestigt die Leine und macht sich an der Staffelei zu schaffen. Guten Morgen, Verehrtester. Ich habe allerdings nicht das Vergnügen –
Lyngstrand. Sie sind gewiß Maler, Sie?
Ballested. Ja, natürlich. Warum sollte ich nicht auch Maler sein?
Lyngstrand. Ja, ich seh's. – Darf ich mir die Freiheit nehmen, ein bißchen einzutreten?
Ballested. Wollen Sie vielleicht herein, um zuzusehen?
Lyngstrand. Ja, das möchte ich riesig gern.
Ballested. Ach, da ist noch nichts Besonderes zu sehen. Aber bitte schön. Treten Sie nur näher.
Lyngstrand. Besten Dank. Er kommt zur Gartentür herein.
Ballestedmalt. Bei dem Fjord da zwischen den Inseln, bei dem halte ich gerade.
Lyngstrand. Ich seh's, jawohl.
Ballested. Aber die Figur fehlt noch. Hier in der Stadt ist kein Modell aufzutreiben.
Lyngstrand. Soll auch eine Figur hinein?
Ballested. Ja, hier im Vordergrund an der Klippe, da soll eine halbtote Meerfrau liegen.
Lyngstrand. Warum muß sie denn halbtot sein?
Ballested. Sie hat sich vom Meere hereinverirrt und kann nicht wieder hinausfinden. Und nun liegt sie da und kommt im Brackwasser um, verstehen Sie.
Lyngstrand. Ach so.
Ballested. Die Frau vom Hause hier, die hat mich auf den Gedanken gebracht, so etwas zu malen.
Lyngstrand. Wie wollen Sie das Bild nennen, wenn es fertig ist?
Ballested. Ich denke, es soll heißen: »Der Meerfrau Ende«.
Lyngstrand. Das paßt famos. – Da können Sie sicherlich etwas Schönes draus machen.
Ballestedsieht ihn an. Ein Mann vom Fach vielleicht?
Lyngstrand. Sie meinen Maler?
Ballested. Ja.
Lyngstrand. Nein, das bin ich nicht. Aber ich will Bildhauer werden. Ich heiße Hans Lyngstrand.
Ballested. So, Sie wollen Bildhauer werden? Ja, ja, die Skulpturkunst ist auch eine nette, flotte Kunst. – Ich glaube, ich habe Sie einige Male auf der Straße gesehen. Halten Sie sich schon lange hier bei uns auf?
Lyngstrand. Nein, ich bin erst so an die vierzehn Tage hier. Aber ich will sehen, ob ich nicht den Sommer über hier bleiben kann.
Ballested. Um die Annehmlichkeiten des Badelebens zu genießen? Was?
Lyngstrand. Ich muß versuchen, ein bißchen zu Kräften zu kommen.
Ballested. Doch wohl nicht kränklich?
Lyngstrand. Ja, ich bin wohl eigentlich ein bißchen kränklich von Natur. Aber es ist weiter nicht gefährlich. Es sind nur so eine Art Beklemmungen auf der Brust.
Ballested. I, – die Bagatelle! Übrigens sollten Sie doch einmal mit einem erfahrenen Arzt sprechen.
Lyngstrand. Ich dachte, gelegentlich Doktor Wangel zu fragen.
Ballested. Ja, tun Sie das nur. Sieht links hinaus. Da kommt wieder ein Dampfer. Gestopft voll von Passagieren. Das Reisen hat hier in den letzten Jahren einen beispiellosen Aufschwung genommen.
Lyngstrand. Ja, es ist hier ein ganz gewaltiger Verkehr, finde ich.
Ballested. Und Sommerfrischler haben wir hier auch die Masse. Mir ist manchmal bange, unsere gute Stadt wird bei all dem fremden Wesen ihr Gepräge verlieren.
Lyngstrand. Sind Sie hier in der Stadt geboren?
Ballested. Nein, das nicht. Aber ich habe mich akkla – akklimatisiert. Ich fühle mich mit dem Ort verknüpft durch die Bande der Zeit und der Gewohnheit.
Lyngstrand. Sie wohnen also schon lange hier?
Ballested. Na, so an die siebzehn, – achtzehn Jahre. Ich bin mit Skives Theatergesellschaft hergekommen. Aber wir gerieten da in finanzielle Schwierigkeiten. Und infolgedessen löste sich die Gesellschaft auf und zerstob in alle Winde.
Lyngstrand. Aber Sie selbst, Sie sind hier geblieben?
Ballested. Ich bin geblieben. Und das ist mir auf die Dauer auch ganz gut bekommen. Ich war nämlich damals vorzugsweise im Dekorationsfach beschäftigt, will ich Ihnen sagen.
Bolette kommt mit einem Schaukelstuhl heraus, den sie auf die Veranda stellt.
Bolettespricht in das Gartenzimmer hinein: Hilde, – sieh einmal nach, ob Du den gestickten Fußschemel für Papa findest.
Lyngstrandgeht an den Fuß der Veranda und grüßt. Guten Morgen, Fräulein Wangel!
Boletteam Geländer. Ei sieh da, – Sie sind es, Herr Lyngstrand? Guten Morgen. Entschuldigen Sie einen Augenblick, – ich will nur – geht in das Haus.
Ballested. Kennen Sie die Familie?
Lyngstrand. Nicht näher. Ich habe die Fräuleins nur ab und zu bei anderen Leuten getroffen. Und dann habe ich flüchtig mit der gnädigen Frau gesprochen, – neulich beim Konzert auf der »Aussicht«. Sie sagte, ich möchte sie doch einmal besuchen.
Ballested. Na, wissen Sie, – die Bekanntschaft sollten Sie kultivieren.
Lyngstrand. Ja, ich habe auch die Absicht, einen Besuch zu machen. Was man so eine Visite nennt. Hätte ich nur erst einen Anlaß –
Ballested. Ach was, – Anlaß–. Sieht links hinaus. Himmeldonnerwetter! Packt seine Sachen zusammen. Das Dampfboot ist schon an der Brücke vorn. Ich muß nach dem Hotel. Vielleicht hat einer von den Neuangekommenen Verwendung für mich. Ich bin nämlich auch als Haarschneider und Friseur tätig, müssen Sie wissen.
Lyngstrand. Sie, Sie sind wohl riesig vielseitig.
Ballested. An kleinen Orten muß man verstehen, sich in unterschiedlichen Fächern zu ak – akklimatisieren. Sollten Sie einmal irgend etwas nötig haben in der Haarbranche, – etwas Pomade oder dergleichen, so fragen Sie nur nach dem Tanzlehrer Ballested.
Lyngstrand. Tanzlehrer – ?
Ballested. Vorstand des »Bläserbunds«, wenn Sie wollen. Heut Abend haben wir Konzert auf der »Aussicht«. Adieu, – adieu! Er geht mit den Malgeräten durch die Stakettür und dann links ab.
Hilde kommt heraus mit dem Schemel.Bolette bringt mehr Blumen. Lyngstrand grüßt Hilde vom Garten herauf.
Hildeam Geländer, ohne wiederzugrüßen. Bolette sagt, Sie hätten sich heut hereingetraut.
Lyngstrand. Ja, ich bin so frei gewesen, auf einen Moment einzutreten.
Hilde. Sie haben wohl gerade eine Morgenpromenade gemacht?
Lyngstrand. Ach nein, – aus dem Spaziergang ist heute nicht viel geworden.
Hilde. Sind Sie im Bad gewesen?
Lyngstrand. Ich war ein paar Augenblicke draußen im Wasser. Ich habe da unten Ihre Frau Mama gesehen. Sie ging in ihre Badezelle.
Hilde. Wer ging da hinein?
Lyngstrand. Ihre Frau Mama.
Hilde. Ach so, so. Sie stellt den Schemel vor den Schaukelstuhl.
Bolette, als ob sie das Gespräch unterbrechen wollte. Haben Sie von Papas Boot etwas gesehen auf dem Fjord draußen?
Lyngstrand. Ja, mir war es, als hätte ich ein Segelboot landeinwärts steuern sehen.
Bolette. Das ist gewiß Papa gewesen. Er war draußen auf den Inseln, um Patienten zu besuchen. Sie macht sich, ordnend, am Tisch zu schaffen.
Lyngstrandtut einen Schritt vorwärts auf der Verandatreppe. Nein, aber diese Blumenpracht hier –!
Bolette. Ja, sieht das nicht gut aus?
Lyngstrand. O, es sieht himmlisch aus. Es sieht aus, als wäre ein Festtag hier im Haus.
Hilde. Das ist es auch.
Lyngstrand. Habe ich mir es doch fast gedacht. Es ist sicher heut der Geburtstag Ihres Herrn Papa ?
Bolettewarnend zu Hilde. Hm – hm!
Hildeohne sich daran zu kehren. Nein, Mama ihrer.
Lyngstrand. So, – der Geburtstag Ihrer Frau Mama.
Boletteleise, ärgerlich. Aber, Hilde –!
Hildeebenso. Laß mich in Ruh'! Zu Lyngstrand. Sie gehen wohl jetzt nach Hause frühstücken?
Lyngstrandsteigt von der Treppe hinab. Ja, ich müßte wohl bald ein bißchen was zu mir nehmen.
Hilde. Sie sind wohl da im Hotel recht gut aufgehoben?
Lyngstrand. Ich wohne nicht mehr im Hotel. Es wurde mir zu teuer.
Hilde. Wo wohnen Sie denn jetzt?
Lyngstrand. Jetzt wohne ich oben bei Madam Jensen.
Hilde. Bei was für einer Madam Jensen?
Lyngstrand. Der Hebamme.
Hilde. Pardon, Herr Lyngstrand, – aber ich habe wirklich mehr zu tun, als – Lyngstrand. Ach, ich hätte das gewiß nicht sagen sollen.
Hilde. Was denn?
Lyngstrand. Was ich eben gesagt habe.
Hildeungnädig; mißt ihn mit den Augen. Ich verstehe Sie ganz und gar nicht.
Lyngstrand. Nein, nein. Aber jetzt muß ich mich von den Damen bis auf weiteres verabschieden.
Bolettegeht an die Treppe heran. Adieu, adieu, Herr Lyngstrand! Sie müssen uns für heute schon entschuldigen –. Aber später einmal, – wenn Sie einmal ordentlich Zeit haben – und wenn Sie Lust haben, – da kommen Sie nur zu uns und sagen Sie Papa guten Tag und – uns anderen.
Lyngstrand. Ja, danke sehr. Das will ich herzlich gern tun. Er grüßt und geht durch die Gartentür ab. Indem er draußen auf dem Wege links vorbeigeht, grüßt er noch einmal zur Veranda hinauf.
Hildehalblaut. Adieu, Mosjö! Und grüßen Sie Mutter Jensen recht schön von mir.
Boletteleise, schüttelt sie am Arm. Hilde –! Du ungezogenes Ding! Du bist wohl nicht recht bei Trost? Wie leicht hätte er Dich hören können.
Hilde. I, – glaubst Du, daraus mache ich mir etwas!
Bolettesieht rechts hinaus. Da kommt Papa.
Wangel im Reiseanzug und mit einem kleinen Reisesack in der Hand kommt auf dem Fußpfad rechts zum Vorschein.
Wangel. So, da bin ich wieder, Kinderchen!
Er tritt zur Stakettür ein.
Bolettegeht ihm unten im Garten entgegen. Ach, wie schön, daß Du da bist.
Hildegeht gleichfalls zu ihm hinunter. Hast Du Dich jetzt für den ganzen Tag frei gemacht, Papa?
Wangel. Ach nein, ich muß später noch einmal einen Augenblick zum Bureau hinunter. – Sagt mal, – wißt Ihr, ob Arnholm angekommen ist?
Bolette. Ja, er ist vergangene Nacht gekommen. Wir haben nach dem Hotel hingeschickt.
Wangel. Gesehen habt Ihr ihn also noch nicht?
Bolette