Die gefährlichsten Börsenfallen - und wie man sie umgeht - Uwe Lang - E-Book

Die gefährlichsten Börsenfallen - und wie man sie umgeht E-Book

Uwe Lang

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Beschreibung

Uwe Lang weiß aus jahrelanger Beobachtung: Die gefährlichsten Untiefen an der Börse sind nicht die Machenschaften von Betrügern oder Finanzhaien – es sind die ganz normalen, aber gut versteckten Fallen, die Privatanleger zum Straucheln bringen können.

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LESEPROBE

Lang, Uwe

Die gefährlichsten Börsenfallen - und wie man sie umgeht

LESEPROBE

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Impressum

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Copyright © 2007. Campus Verlag GmbH

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E-Book ISBN: 978-3-593-40365-6

|9|Einleitung

In den Jahren 1999 bis 2002 mussten viele Anleger, insbesondere die unerfahrenen unter ihnen, schlechte Erfahrungen machen. Nach den freundlichen Börsenjahren 2003 bis 2006 ist der Optimismus wieder zurückgekehrt. Den Neuen Markt, dessen Auswüchse ich in der im Jahr 2001 erschienenen ersten Auflage dieses Buches heftig kritisiert habe, gibt es nicht mehr. Scheinbar herrscht im Börsenhandel wieder Seriosität. Doch Anleger sind leider auch sehr vergesslich. Die Vorsicht nach schlimmen Erfahrungen hält ein paar Jahre an. Später kehren einige der alten Geister zurück. Was in den Jahren 2006 und 2007 in so manchen Fällen die Kurse nach oben trieb, waren im Grunde genommen irrelevante Ereignisse wie Fusionen und Übernahmegerüchte. Auch vor diesen Fallen habe ich in der ersten Auflage gewarnt.

Zunehmend besorgt registriere ich, dass die Anfragen an mich immer häufiger das Thema Hebelpapiere betreffen. Wie man es denn anstellen solle, um mithilfe von diesen Papieren sehr viel bessere Renditen als mit Aktien zu erzielen. Hebelpapiere, das sind zum Beispiel Optionsscheine, Mini-Futures (Knock-out-Zertifikate) oder gar große Indexfutures. Allen diesen Papieren ist gemeinsam, dass sie die Möglichkeit bieten, bei gleichem Kapitaleinsatz einen um ein Vielfaches höheren Gewinn als mit Aktien zu erzielen. Dass diese Möglichkeit |10|ein so großes Interesse weckt, beruht auf der Annahme, die Börsenhausse setze sich nunmehr wieder unbegrenzt fort und man müsse sich als Anleger beeilen, sein Risiko zu erhöhen, um die bisher versäumten Kursgewinne nachzuholen.

Ungeachtet dessen, dass sich seit März 2003 die Werte der Aktienindizes verdreifacht haben, empfahlen führende Vermögensverwalter im Jahr 2006, verstärkt in Aktien einzusteigen. Die Renditen der Anleihen seien im Vergleich mit Aktien einfach zu schlecht. Warum entdeckten sie das so spät? In den Jahren 2003 und 2004, als die Anlage in Aktien in der Tat hochinteressant war, galt nur derjenige als seriöser Berater, der darauf hinwies, dass jeder Kursanstieg allenfalls eine »vorübergehende Reaktion in einem intakten Baissemarkt« sein könne. Jetzt, bei hohen Kursen, kommen wieder unzählige Kleinanleger an die Börse, die gehört haben, dass man durch Aktien doch wieder Geld verdienen könne. Spät kommen sie, doch sie kommen, und sie treiben mit ihren Käufen die Kurse nach oben. Früher wurde eine derartige Entwicklung als »Dienstmädchen-Hausse« oder »Lieschen-Müller-Hausse« bezeichnet. André Kostolany soll dazu einmal gesagt haben: »Mein lieber Freund, überlassen Sie die letzten 10 Prozent Kurspotenzial an der Börse den Dummen.«

Die gefährlichsten Börsenfallen entstehen nicht durch Machenschaften von Betrügern und Finanzhaien, von denen der Privatanleger zweifelsohne umgarnt wird. Gefährlicher ist es, wenn Investoren sich von flüchtigen Stimmungen leiten lassen und den Ratschlägen und Empfehlungen in den Medien und von Bankberatern leichtgläubig folgen. Viele kaufen unbedarft, hören auf zu viele Informanten, folgen spontanen Gefühlsregungen. Oder sie überschätzen sich selbst und bilden sich ein, sie hätten die Börse »im Griff«.

Sicher wird in diesem Buch auch von denen die Rede sein, |11|die die Unerfahrenheit, Leichtgläubigkeit und den Optimismus der Anleger auszunutzen trachten. Aber nicht jede zweifelhafte Handlung kann mithilfe des Staatsanwalts verfolgt werden, selbst wenn sich beweisen ließe, was da zuungunsten des Kleinanlegers im Hintergrund an der Börse geschieht.

Börsenneulinge haben schon viel gelernt, wenn sie sich immer wieder vergegenwärtigen, dass kein noch so verlockendes Angebot, das sich ihnen bietet, dazu ersonnen wurde, damit sie viel Geld verdienen. Im Kern geht es vielmehr darum, dass andere Börsenteilnehmer, in der Regel die Banken, an den Anlagegeschäften verdienen.

|13|Falle 1 Die Verwechslung von Analysten mit Hellsehern

Börsenneulinge, die gerne auf Tipps von Leuten hören, die über angeblich mehr Fachwissen verfügen, haben oft völlig falsche Vorstellungen darüber, was an Prognosen überhaupt möglich ist und wie weit sich dann auch die Aktienkurse in die entsprechende Richtung bewegen.

Zunächst sollte man sich klarmachen: Analysten sind keine Hellseher. Ein Fundamentalanalyst sammelt beispielsweise jede Menge Daten über ein Unternehmen und die zugehörige Branche. Er versucht, daraus abzuleiten, wie sich die Marktchancen des Unternehmens in der Zukunft entwickeln, beispielsweise, ob Umsatz- und Gewinnsteigerungen in den kommenden ein bis zwei Jahren möglich sind. Das hat zunächst einmal mit dem Aktienkurs nichts zu tun. Denn so genau weiß ja niemand, wie weit die günstigen (oder auch weniger guten) Unternehmensprognosen schon im Kurs enthalten sind. Hat man noch bessere Daten erwartet, kann es sein, dass ein Kurs nach der Vorhersage einer Gewinnsteigerung sogar fällt!

Es kommt also weniger auf die absoluten Zahlen an als darauf, ob die neuen Prognosen für das Unternehmen positiver oder negativer als die bisherigen Einschätzungen ausfallen. Da die Analysten dazu neigen, bisherige Prognosen im Zweifelsfall beizubehalten oder sich den schon veröffentlichten Beurteilungen anzuschließen, wäre es eigentlich ratsam, immer auf |14|Aktien zu setzen, für die nach oben revidierte Prognosen gestellt werden. Umgekehrt müssten dann diejenigen Titel verkauft werden, die eine schlechtere als die bisher bekannte Bewertung erhalten.

Aber genau diese Handlungsweise hat sich in den vergangenen Jahren oft als völlig falsch erwiesen. Denn in dem Moment, in dem eine neue Analyse veröffentlicht wird, ist es bereits zu spät: Die Börse hat dann bereits überreagiert. Standardaktien, die in den Jahren 1999 und 2000 absolute Renner waren – wie Siemens und SAP (Diagramme 1 und 2) –, wurden in den Jahren zuvor und sogar noch 1999 mehrmals von Analysten kurzfristig herabgestuft. Sie erfuhren durch diese Herabstufungen in diesen Fällen am selben Tag teilweise Kursverluste von 10 Prozent und mehr.

Fondsmanager hatten in großen Mengen völlig sinnlos verkauft. Sinnlos war dies deshalb, weil sich die Verkäufe zu den tiefen Verkaufskursen in Wirklichkeit gar nicht mehr lohnten. Aber dies scheint heutzutage vielen Fondsmanagern gleichgültig zu sein: Hauptsache, man kann ihnen nicht »Tatenlosigkeit trotz schlechter Zahlen« vorwerfen.

Unvergessen bleiben die Herabstufungen deutscher Unternehmen durch US-Analysten in der ersten Jahreshälfte 2003. Da wurde zum Beispiel der deutsche Stahl- und Anlagenbauer ThyssenKrupp als hochriskantes Unternehmen eingestuft. So etwas kann einem Konzern nicht gleichgültig sein, denn er muss dann für sein Fremdkapital weit höhere Zinsen zahlen als nötig. Außerdem meiden die Fonds dann solche Aktien (Diagramm 3). Was war da passiert?

Ein Schlüsselbegriff dazu lautet »Rating«. Ein Rating ist eine Einschätzung der Frage, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Unternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen vertragsgemäß nachkommen wird. Von einem Rating hängt auch ab, |17|ob die Firma überhaupt Kredite bekommt – und wenn ja, zu welchen Konditionen. Ratings sind entscheidend dafür, wie viel Eigenkapital Banken zur Abdeckung des Geldes benötigen, das sie an ihre Schuldner verleihen. So will es ein internationales Abkommen, Basel II genannt. Je schlechter das Rating, umso höher sind die von der Bank geforderten Zinsen und umso ist größer letztendlich die Gefahr für ein Unternehmen, bei einer Bank vergeblich um Kredit nachzusuchen.

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|17|Mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Unternehmen zahlungsunfähig wird, versuchen sogenannte Rating-Agenturen zu ermitteln. Rund 80 Prozent des Rating-Marktes werden von den zwei amerikanischen Agenturen Standard & Poor’s (S & P) und Moody’s kontrolliert. Damals, im Jahr 2003, überprüften diese in der Regel nur große internationale Unternehmen, zu denen auch ThyssenKrupp gehörte, sowie deren Anleihen. Auch Länder und die von deren Regierungen ausgegebenen Schuldverschreibungen erhalten ein Rating.

Ratings dienen den internationalen Anlegern als entscheidende Richtschnur. Dies gilt umso mehr, als die dahinterstehenden Analysen zumindest bis 2003 als außerordentlich treffgenau betrachtet wurden – und so den Anlagemanagern viel Zeit und Geld für eigene Expertisen ersparten. Allerdings waren beiden großen US-Rating-Agenturen schon vor dem Fall Thyssen in die Kritik geraten. Sie hatten die Anleihen von Enron und WorldCom sehr spät, erst kurz vor deren Konkurs, auf Schrottniveau heruntergestuft.

Die Abwertung von ThyssenKrupp-Anleihen auf den wenig vertrauenerweckenden Junk-Bond-Status war dann der Gipfel der Unverschämtheit. Die Bilanz des Konzerns war schon damals tadellos, die Dividendenrendite betrug über 4 Prozent. Die Schulden waren halbiert worden. Begründet wurde die negative Einschätzung mit dem Verhältnis der Schulden zum Börsenwert|18|. Der Börsenwert aber ist nur die Summe aller Aktien, und er war nur deshalb so gering, weil Analysten das Unternehmen damals vor dem Irak-Krieg, wie auch andere deutsche Großkonzerne, als »Risikofaktor« beleumundet hatten. Faktisch hatte der Börsenwert keinerlei Bezug mehr zur Wirklichkeit. Aber das sahen die US-Analysten damals anders, ähnlich wie die US-Regierung Bush, die für das »alte Europa« nur noch Verachtung demonstrierte.

Außerdem hatte die Rating-Agentur ihre Einschätzung mit angeblich zu geringen Pensionsrückstellungen des Unternehmens begründet. Deren Höhe hatte sich allerdings gar nicht geändert. In Wirklichkeit waren es politische Gründe, die die Analysten zu ihrem negativen Urteil über ThyssenKrupp bewogen. Und die Analysten gingen dabei keinerlei Risiko ein, denn ihre Bewertungen der Zahlungsfähigkeit gelten juristisch als reine Meinungsäußerung.

Es ist also Vorsicht geboten, wenn Analysten ihre Einschätzungen abgeben, auch wenn sie anerkannte Institute vertreten. Das gilt für Herabstufungen ebenso wie für Höherstufungen von Unternehmen. Werden diese publik, dann ist es für Käufe viel zu spät. Erstens ist anzunehmen, dass der positiven Empfehlung bereits eine Menge von Käufen vorausgegangen sind. Zweitens springt ein Kurs nach der Veröffentlichung einer wohlwollenden Analyse in der Regel so schnell nach oben, dass er zumindest für die folgenden Tage als ausgereizt gelten kann. Allenfalls nach den ersten Gewinnmitnahmen der kurzfristig agierenden Spekulanten oder im Rahmen einer allgemeinen Börsenschwankung nach unten kann man noch einen Einstieg wagen.

Ebenfalls achten sollte man auf den Sprachgebrauch der Analysten, weil man sonst auf so manche falsche Fährte gelockt werden könnte.

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|20|Was soll man zum Beispiel mit der Empfehlung anfangen, die Aktie XY solle »gehalten« werden? Der Börsenneuling denkt möglicherweise an den normalen Sprachgebrauch, in dem beispielsweise »sich einen Hund halten« voraussetzt, einen Hund gekauft zu haben. Übertragen auf die Aktie hieße das, wer eine Aktie »halten« will, müsste sie vorher kaufen. Aber weit gefehlt! »Halten« ist im »Börsenjargon« eine der schlechtesten Bewertungen einer Aktie.

Als Reihenfolge in der Bewertung von Aktien hat sich inzwischen eingebürgert:

»Strong buy« (starke Kaufempfehlung),

»Buy« (kaufen),

»Outperformer« (die Aktie wird sich vermutlich besser als der Markt entwickeln),

»Accumulate« (einsammeln – der Aktienanteil kann bei weiter fallenden Kursen vorsichtig erhöht werden),

»Marketperformer« (die Aktie wird sich vermutlich durchschnittlich entwickeln),

»Hold« (halten – die Aktie läuft zwar nicht gut, ist aber zum Verkauf vielleicht zu schade),

»Underperformer« (die Aktie wird sich unterdurchschnittlich entwickeln),

»Sell« (verkaufen),

»Strong Sell« (starke Verkaufsempfehlung).

Die beiden letzten Empfehlungen werden kaum ausgesprochen; der Analyst will ja schließlich die Pressestelle des Unternehmens, mit der er weiterhin zusammenarbeiten will, nicht über Gebühr verärgern. Wenn er nämlich den Verkauf der Aktie empfiehlt, dann grenzt das an eine persönliche Beleidigung des Topmanagements. Denn dieses wird dadurch der Unfähigkeit gescholten, das Unternehmen auf einen zukunftsträchtigen |21|Kurs zu bringen. Und es wird dem Analysten nie wieder Nachrichten über das Unternehmen zukommen lassen – mit Ausnahme jener, die ohnehin für die breite Öffentlichkeit bestimmt sind.

Es gibt aber noch einen weiteren Grund, weshalb sich Analysten vor allzu eindeutigen Urteilen hüten: Die Gefahr, total daneben zu liegen, ist ungleich größer. Entwickelt sich eine soeben zum Verkauf empfohlene Aktie als Renner, ist der Analyst sehr schnell seinen Job los. Seine Vorgesetzten werden ihm vorhalten: »Sehen Sie irgendjemanden, der diese Aktie zum Verkauf empfohlen hat? Nein, das haben nur Sie als Einziger fertiggebracht!«

Roger Hirst, seinerzeit Leiter des europäischen Aktienresearch der Dresdner Bank, teilte der Süddeutschen Zeitung am 13. August 1999 mit: »Wir schreiben nichts, woran wir nicht glauben, aber wir schreiben auch nicht alles, woran wir glauben.« Insofern sind »Halten« und »Underperformer« im Börsenalltag praktisch die schlechtesten Bewertungen, die vergeben werden.

|22|Falle 2 Die Gewinnschätzungen der Analysten

Man sollte meinen, dass die auf Zahlen und Fakten gestützten Fundamentalanalysen bestimmt keinen Raum für Psychofallen ließen. Die Durchleuchtung eines Unternehmens erfordere derart viel betriebswirtschaftliches Rüstzeug und Fachwissen, dass sie doch rein wissenschaftlich und objektiv sein müsste. Zudem seien hier die Spezialisten gefragt, die sich als Einzelpersonen mit dem Unternehmen beschäftigten; eine Massenpsychose könne hier doch wohl nicht entstehen.

In der Tat sind es immer weniger Analysten, an denen sich die Mehrzahl der übrigen orientiert. Maßgeblichen Einfluss haben diejenigen, die für die amerikanischen Investmentbanken Goldman Sachs, Merrill Lynch und Morgan Stanley arbeiten. Dass sie hoch spezialisiert sind, ist richtig. Sie kennen »ihre« Unternehmen, deren Konkurrenten und die Verhältnisse auf dem Weltmarkt sehr genau, nehmen an allen wichtigen Tagungen der jeweiligen Branche teil und nehmen auch die Topmanager der Unternehmen immer wieder ins Verhör.

Aber was ist, wenn die Investmentbank, für die ein Analyst arbeitet, aufgrund geschäftlicher Interessen nur an positiven Analysen interessiert ist? Die Deutsche Telekom brachte im Jahr 2000 ihre Tochter T-Online und weitere eigene Aktien an die Börse. Für Investmentbanker war dies ein Riesengeschäft. Man wird sich doch die schönen Kurse nicht durch negative |23|Analysen verderben! In der Tat fand man vonseiten der großen US-Geldhäuser niemals negative Kommentare zur Deutschen Telekom, obwohl der Kurs der Aktie in den ersten drei Monaten des Jahres 2000 fast fahnenstangenartig gestiegen war, während gleichzeitig das Unternehmen immer weniger verdiente.

In einem Rückblick auf seine Jahre als Chef der Börsenaufsichtsbehörde in den USA (1993 bis 2001) hat Arthur Levitt beschrieben, welch massivem Druck er ausgesetzt war, als er forderte, dass Groß- und Privatanleger auf demselben Informationsstand sein müssten, und gar die Trennung der Funktionen von Wirtschaftsprüfern und Unternehmensberatern durchzusetzen versuchte. Zu sehr profitierten die Analysten-Berater der großen Geldhäuser von dieser Zusammenarbeit. Oft genug bestand bei Prüfern die Versuchung, nicht ganz so genau in die Bücher zu schauen, wenn man dafür mit einem lukrativen Beratungsmandat belohnt werden konnte. Die Folge waren der berühmte Enron-Skandal und das Ende der Prüfungsgesellschaft Arthur Andersen im Jahr 2002, als die Bilanzfälschungen des Energiekonzerns Enron und deren Hintergründe aufgearbeitet wurden.

Aber selbst wenn die Analysten vonseiten ihrer Finanzhäuser keinen Einschränkungen oder Reglementierungen unterliegen, so ist dennoch nicht garantiert, dass die Analyse unbeeinflusst erfolgte. Die Verhaltenswissenschaftler Amos Tversky und Daniel Kahnemann wiesen nach, dass es sehr wohl psychologische Einflüsse auf einen Analysten gibt: die Lektüre vorhergehender Schätzungen. Ein Analyst werde sich davor hüten, mit seiner Einschätzung allzu sehr von den vorhergehenden Bewertungen abzuweichen, und zwar aus reinem Selbsterhaltungstrieb. Liege er in der Nähe der schon bekannten Analysen, könne man es ihm nicht zum Vorwurf machen, |24|wenn das tatsächliche Ergebnis stark von seiner Schätzung abweiche. Immerhin sei die Lage des Unternehmens dann doch sehr undurchschaubar gewesen, was auch durch die ebenfalls verfehlten Schätzungen der zeitlich vorhergehenden Analysen deutlich geworden sei.

Weicht der Analyst aber mit seiner Meinung stark von der bisherigen Mehrheitsmeinung ab, so geht er ein hohes Risiko ein. Zwar könnte er höchsten Ruhm ernten, wenn er richtig liegt, aber ob es ihm dann beruflich sehr viel nützt, weiß er auch nicht. Zittern muss er, wenn er danebenliegt, denn dann gerät er in einen Erklärungsnotstand. »Alle waren in der Lage, dieses Unternehmen richtig einzuschätzen, nur Sie waren dazu nicht imstande!«, heißt es dann. Was liegt näher, als ein solches Risiko erst gar nicht einzugehen?

Ganz heikel wird es, wenn ein von einer Großbank beschäftigter Analyst Empfehlungen für eine Aktie abgibt, die Bank aber gleichzeitig diese Aktie für Großkunden massenhaft verkauft. Mitte 2001 empfahl die Deutsche Bank die Telekom zum Kauf. Einen Tag später – welch ein Zufall! – stieß sie für einen Kunden aus Fernost ein großes Aktienpaket an der Börse ab. Als dies publik wurde, musste sie dafür heftige Kritik einstecken. Den Verkauf konnte man ihr nicht vorwerfen, wohl aber die völlig verfehlte Kaufempfehlung, nach der der Kurs der Telekom-Aktie nur noch fiel (Diagramm 4). Die Empfehlung hatte selbstverständlich die Platzierung der verkauften Aktien sehr erleichtert.

Übrigens hinderte diese schlechte Erfahrung die Deutsche Bank nicht daran, am Mittwoch, dem 17. Januar 2007, mit Aktien der Firma Beiersdorf ähnlich zu verfahren. Sie verkaufte ein großes Paket aus dem Besitz der Stadt Hamburg. Dagegen wäre nichts einzuwenden, wenn nicht ausgerechnet kurz vorher eine Analystenstudie der Deutschen Bank erschienen wäre, |26|in der die Beiersdorf-Aktie als unterbewertet bezeichnet und das Kursziel um 20 Prozent höher angesetzt wurde. Die Bank beteuerte, es seien einfach unterschiedliche Abteilungen, die hier arbeiteten. Das Zusammentreffen von Kaufempfehlung und Verkauf sei Zufall. Nun gut, das Gegenteil ist wohl nicht zu beweisen.

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|26|Auch aus anderen Gründen misstraut man inzwischen den Analysten. Untersuchungen belegen, dass sie sehr häufig die Umsatz- und Ertragsentwicklung von Unternehmen überschätzen. Zwei Ökonomen aus Hongkong und New York haben dieses Phänomen unter Bezugnahme auf Umsatz- und Gewinnprognosen von 1980 bis 1997 in einer Studie nachgewiesen, deren Ergebnisse im Jahr 2006 in der Fachzeitschrift Management Science erschienen sind.

Auf Analysten, die in der Vergangenheit Umsatz und Ertrag besonders treffsicher vorausgeschätzt haben, ist im Übrigen kein Verlass. Sie unterliegen dem Rausch ihres eigenen Erfolgs und damit zugleich dem Fehler einer selektiven Wahrnehmung; davon wird in einem späteren Kapitel noch die Rede sein. Jedenfalls weisen Analysten, die mit ihren Vorhersagen vier Quartale lang besser lagen als der Durchschnitt, anschließend eine um 9 Prozent höhere Fehlerquote auf als der Durchschnitt. Dies gilt unabhängig davon, wie weit ihre einschlägige Erfahrung reicht oder bei welchem Institut sie angestellt sind.

Offenbar ziehen auch hier, so wie in jedem Beruf, die Erfolgreichen unter den Analysten zu selten in Betracht, dass ihre Erfolge auch einfach dem Zufall zu verdanken sein könnten. Stattdessen schreiben sie sie ihren Fachkenntnissen zu und werden übermütig.

Dieser Mechanismus wurde schon in den 1960er und 1970er Jahren auch bei Lehrern nachgewiesen. Studien zeigten |27|damals: Pädagogen neigen dazu, gute Leistungen von Schülern als ihr Verdienst zu betrachten. Für schlechte Leistungen von Schülern machen sie dagegen eher externe Faktoren wie mangelnde Motivation verantwortlich.

|28|Falle 3 Die Spekulation auf bestimmte Ereignisse

Im Laufe des Jahres 1999 sahen sich die Börsianer weltweit mit einer unbekannten Größe konfrontiert, deren Einfluss auf die Kursbildung an den Märkten völlig unklar war: Was würde beim Übergang in das Jahr 2000 passieren?

Darüber herrschte große Unsicherheit. Zwar sind Ereignisse wie etwa Wahlen, deren Ausgang und deren Auswirkungen auf die Börse unbekannt sind, prinzipiell nichts Ungewöhnliches. Der Übergang zum »Jahr 2000« war allerdings ein Sonderfall. Er war deshalb besonders interessant, weil von seinem Ausgang mehr oder weniger alle Industrienationen betroffen waren.

Bekannt war, dass viele Computerprogramme umgestellt werden mussten, die bisher nur zweistellige Jahreszahlen kannten. Aber die Frage, ob wirklich alle Fehlerquellen beseitigt waren, kein Computer abstürzen konnte und alle Versorgungssysteme so weiterlaufen würden wie bisher, konnte nicht immer hundertprozentig sicher beantwortet werden. Viele befürchteten neben ausfallenden Fahrstühlen und Telefonen sogar Flugzeugabstürze oder Unfälle mit Nuklearwaffen.

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|31|Falle 4 Prognosen aufgrund von Statistiken

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|38|Falle 5 Orientierung am Aktienindex

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|44|Falle 6 Die eigene Psyche

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|48|Falle 7 Der Herdentrieb

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|52|Falle 8 Selbstüberschätzung

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|64|Falle 9 Die Zahlen aus New York

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|69|Falle 10 Vertrauen in die Investmentfonds

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|76|Falle 11 Verlockende Zertifikate

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|80|Falle 12 Die größere Hebelwirkung

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|85|Falle 13 Aktienanleihen

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|90|Falle 14 Hedgefonds

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|94|Falle 15 Private Equity

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|97|Falle 16 Die Lust am unnützen Wissen

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|100|Falle 17 Information rund um die Uhr

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|106|Falle 18 Nanotechnologie

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|111|Falle 19 Ethische Investments

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Bewertung von Aktien und Aktienindizes im historischen Vergleich

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|177|Schlusswort

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|180|Weiterführende Literatur

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|181|Verzeichnis der Diagramme

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|183|Register

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|188|Mehr vom Autor

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