6,99 €
Wie kann Lord Ramsey es nur wagen? Lady Margaret Wentworth ist empört! Er hat sie entführt und auf seinen Landsitz verschleppt, mit der Begründung, er habe ihrem sterbenden Bruder versprochen, sie zu beschützen! Maggie ahnt nichts von dem skandalösen Missverständnis, das zwischen ihnen herrscht: Weil sie für ihre Zeitungskolumne maskiert in einem Bordell ermittelt hat, hält der Lord sie für die geheimnisvolle Kurtisane Lady X, erfahren in kühnen Spielen der Lust. Und obwohl Maggie - ganz im Gegenteil - äußerst unschuldig ist, spürt auch sie bei jeder flüchtigen Berührung ihres adligen Entführers eine gefährlich erotische Neugier …
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 514
IMPRESSUM
HISTORICAL GOLD EXTRA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2002 by Lynsay Sands Originaltitel: „The Reluctant Reformer“ erschienen bei: Avon Books, an imprint of HarperCollins Publishers LLC, New York, U.S.A. Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe HISTORICAL GOLD EXTRABand 130 - 2021 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Petra Lingsminat
Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 04/2021 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751502337
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, TIFFANY
Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de
Werden Sie Fan vom CORA Verlag auf Facebook.
London, März 1815
Vorsichtig verschob Maggie die Füße, um die Schmerzen in den Beinen zu lindern, die die unbehagliche Stellung ihr verursachte. Obwohl die Bewegung minimal war, knallte Maggie mit den Knien lautstark gegen die Tür des Schrankes, in dem sie momentan kauerte. Schmerz zuckte ihr das Bein empor, und sie verzog das Gesicht. Sie war noch dabei, sich das Knie zu reiben, als die Schranktür aufging und sich warmes Kerzenlicht über sie ergoss.
„Hören Sie auf, hier so rumzuhämmern, sonst verraten Sie sich am Ende noch.“
Maggie hörte auf, sich das Knie zu reiben, und warf der spärlich bekleideten jungen Frau, die sie wütend anfunkelte, ein entschuldigendes Lächeln zu. „Tut mir leid“, begann sie versöhnlich, hielt dann jedoch inne und atmete tief durch. Dann richtete sie sich auf und machte Anstalten, aus dem kleinen Schrank zu steigen. „Nein, eigentlich tut es mir nicht leid. Ähm, Daisy, nicht wahr?“
„Maisey“, korrigierte die junge Frau sie.
„Also, na gut … dann also Maisey“, sagte Maggie. Das leidgeprüfte Getue der Frau war irritierend, genau wie die Knitterfalten, die Maggie vergeblich aus ihrem Kleid zu streichen versuchte. „Das hier ist eigentlich ziemlich albern und geht weit über die Informationen hinaus, auf die ich es ursprünglich abgesehen hatte. Alles, was ich wollte, war …“
In diesem Augenblick wurde an die Tür geklopft. Erschrocken hielt Maggie inne. Die junge Frau vor ihr erstarrte, doch dann wurde ihr Blick stahlhart, und sie schubste Maggie entschlossen in den Schrank zurück. Maggie landete auf dem Hinterteil und stöhnte.
„Jetzt ist es zu spät, es sich anders zu überlegen, Mylady“, verkündete die junge Frau und bückte sich, um Maggies Füße in den Schrank zu heben, bevor diese sich wieder aufrappeln konnte. „Madame sagt, Sie sollen zuschauen, also schauen Sie auch zu. Und jetzt halten Sie den Mund“, zischte sie. Dann drückte sie energisch die Tür zu.
„Verdammt“, stieß Maggie hervor und setzte sich mühsam auf. Beinahe hätte das Klappern der Schranktür das leise Schaben übertönt, mit dem der Riegel vorgeschoben wurde. Maggie presste das Gesicht an die Ritze zwischen den beiden Schranktüren und beobachtete, wie Maisey zufrieden nickte und sich dann von dem Schrank abwandte. Mit einem Stirnrunzeln versuchte Maggie, die Tür aufzudrücken, doch sie ließ sich nicht öffnen. Maisey hatte sie eingeschlossen!
Na wunderbar, dachte sie erbost. Einfach bezaubernd! Ich habe wirklich eine Begabung dafür, mich in die Bredouille zu bringen!
Nicht dass sie jetzt den Schrank hätte verlassen können. Maggie betrachtete sich als durch und durch moderne junge Frau: hochintelligent, unabhängig und völlig desinteressiert daran, was andere von ihr dachten – aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Selbst sie zögerte, den Zorn und die Verachtung des ton vorsätzlich auf sich zu ziehen, da mochte sie so durch und durch modern sein, wie sie nur wollte. Zumal sie ja auch nur ein wenig stillzusitzen brauchte, um den Skandal gänzlich zu vermeiden. Zwar gehörte Geduld nicht zu ihren Stärken, doch in letzter Zeit hatte sie sich vermehrt darum bemüht. Ja, sie würde dieses Erlebnis einfach als eine Chance zur persönlichen Weiterentwicklung betrachten müssen. Als lehrreiche Erfahrung sozusagen.
Kaum war ihr das durch den Kopf gegangen, wurde ihr gänzlich bewusst, dass sie in einem kleinen Schrank hockte, der in einem Zimmer der berüchtigten Madame Dubarry stand – das hier war ein Bordell, Herrgott noch mal! Was sie in diesem Zimmer erfahren würde … nun, das konnte sie jetzt noch nicht wissen. Vor allem aber würde sie niemals darüber schreiben können.
Lieber Himmel, wie war sie nur hier gelandet? Natürlich durch Madame Dubarry. Die Frau hatte sich erst nicht recht erwärmen können für das Ansinnen, sich von Maggie für einen Bericht im Daily Express interviewen zu lassen. Sobald die Kupplerin dem Unternehmen jedoch zugestimmt hatte, hatte sie begonnen, sich dafür zu begeistern. Die ältere Frau hatte Maggie von Mädchen zu Mädchen geschleppt und jedem Gespräch beigewohnt, um sicherzugehen, dass auch wirklich die saftigsten Geschichten erzählt wurden, und hatte Maggie dann zur Abrundung dieses denkwürdigen Tages zu Erfrischungen in ihren privaten Salon eingeladen. Während die beiden bei einer Tasse Tee dasaßen und plauderten, war Madame Dubarry dann auf ihren verrückten Plan verfallen. Sie hatte die Teetasse klirrend auf dem Unterteller abgestellt, sich abrupt aufgerichtet und zur Uhr in der Ecke geblickt.
„Wie spät haben wir, beinahe sieben? Also wirklich, das trifft sich ja hervorragend! Sie müssen sich das ansehen, Lady Margaret, wirklich. Sie werden es mir danken, das verspreche ich Ihnen.“
Damit war die Frau rasch aufgestanden, hatte Maggie bei der Hand genommen und sie hochgezogen und war mit ihr hinaus in den Gang gelaufen. Bevor Maggie überhaupt auf die Idee kam, sie zu fragen, was sie sich denn ansehen solle und warum, hatte sie das Zimmer bereits erreicht, in dem sie jetzt saß. Madame Dubarry hatte sie ins Zimmer und in den Schrank geschoben und dann ermahnt, sich nicht zu rühren und abzuwarten. Danach hatte sie der jungen Maisey erklärt, dass Maggie die nächtlichen Vorkommnisse mit ansehen solle. Danach war sie ebenso eilig aus dem Zimmer gelaufen, wie sie Maggie hineingeführt hatte.
Maggie, die von den Ereignissen völlig überrumpelt gewesen war, hatte ein paar Augenblicke still dagesessen, ehe ihre verkrampften Muskeln sie gezwungen hatten, ihre Sitzposition zu ändern und sich den Zorn der wohlgeformten jungen Maisey zuzuziehen.
Wirklich, wenn sie ein wenig schneller gewesen wäre, hätte Maggie aus dem Zimmer fliehen könne, ehe Maiseys Freier hereingekommen war. Doch jetzt hatte es den Anschein, als säße sie fest. Sie seufzte verärgert und versuchte das Stimmengemurmel von draußen zu ignorieren. Maggie verspürte nicht den Wunsch, noch mehr zu erfahren als das, was ihr in den Gesprächen zu Ohren gekommen war. Und das werde ich auch nicht, sagte sie sich selbst. Ich schaue einfach nicht durch die Spalte, um zu sehen, wer Maiseys Freier ist oder was die beiden machen.
Als die Stimmen näher kamen, runzelte sie die Stirn. Die etwas tiefere männliche Stimme weckte irgendeine Erinnerung in ihr. Erstaunlicherweise klang sie wie …
Trotz bester Absichten wanderte ihr Blick zu dem Spalt, und dann atmete Maggie scharf ein. Lieber Himmel, er war es tatsächlich: Pastor Frances. Ihre Augen wurden zu schmalen Schlitzen. Sie hatte gerade davon gesprochen, dass er ihr den Hof machte und sie bald mit einem Heiratsantrag rechnete, als Madame Dubarry sie hier heraufgehetzt hatte. Von weiteren Überlegungen wurde Maggie durch eine merkwürdige Frage von Maisey abgehalten.
„Wer soll ich heute Nacht sein, Mylord? Ihre Mutter?“
Erschrocken riss Maggie die Augen auf, doch sie fielen ihr beinahe aus dem Kopf, als sie Frances’ Antwort hörte.
„Nein. Heute Nacht sollst du meine liebe Maggie verkörpern.“
„Die entzückende Lady Margaret Wentworth, ja?“ Maggie war von Frances’ Anwesenheit so entsetzt, dass ihr der ironische Unterton in der Stimme der jungen Prostituierten beinahe entgangen wäre. Beinahe. „Die Dame, die das Musterbeispiel einer Lady abgibt? Die Dame, die nie einen falschen Schritt tut? Die die Diskretion in Person ist?“
Maggie zuckte unwillkürlich zusammen, als sie diese Spitzen hörte. Außerdem beunruhigte es sie etwas, dass Madame Dubarry sie vor lauter Begeisterung mit ihrem richtigen Namen vorgestellt hatte, als sie sie in dieses Zimmer gebracht hatte.
Doch sie vergaß alle diesbezüglichen Sorgen, als Frances erwiderte: „Jawohl, meine entzückende Maggie. Ich habe mich entschlossen, ihr einen Heiratsantrag zu machen. Ich habe vereinbart, heute Abend mit ihr zum Ball der Cousins zu gehen. Danach will ich um ihre Hand anhalten. Ich glaube wohl, dass sie meinen Antrag annimmt.“
„Oh, natürlich wird sie das, mein Herr, wo Sie doch ein so großer, strammer Kerl sind …“ Diesmal war die Ironie in der Stimme der Prostituierten unmissverständlich. Zumindest Maggie hörte sie heraus, an dem dünnen, ausgemergelten Frances schien der Spott jedoch völlig vorbeizugehen.
„Also gut. Dann spielst du Maggie, und ich übe an dir.“ Nach kurzem, kritischen Schweigen murmelte er: „Am besten ziehst du dir was anderes an.“
„Etwas anderes?“
„Nun ja, Maggie würde mich nie so spärlich bekleidet empfangen.“
„Nicht mal, wenn das Haus in Flammen stünde“, murmelte Maggie in sich hinein. Durch den Spalt in der Tür betrachtete sie Maiseys Kleidung – soweit vorhanden. Die dünne rote Seide bedeckte so ziemlich gar nichts. Es war skandalös.
Es folgte ein Augenblick unsicheren Schweigens, dann seufzte Maisey ungeduldig auf. „Na gut. Gehen Sie raus auf den Flur, dann ziehe ich mich um. Geben Sie mir fünf Minuten und klopfen Sie dann an.“
„Warum muss ich draußen auf dem Gang warten?“, jammerte Frances.
„Na, Sie wollen doch so tun, als würden Sie Lady Margaret einen Antrag machen, oder nicht? Würde sie sich vor Ihnen umziehen? Hören Sie mir bloß auf. Es dauert doch nicht lang, und so wirkt es viel echter.“
Durch den Spalt sah Maggie, wie Maisey Frances ebenso entschlossen aus dem Raum bugsierte, wie sie sie zuvor in den Schrank geschubst hatte. Die Prostituierte schloss die Tür hinter dem Pastor mit einem Klicken und schloss dann ab. Anscheinend war sie ein Mensch, der sich nichts bieten ließ.
„Gott sei Dank.“ Sowie Maisey den Schrank entriegelte, sprang Maggie heraus. „Ich dachte schon, ich müsste da drin ersticken. Und jetzt schaffen Sie mich hier raus.“
„Sie wissen, wo die Tür ist“, lautete Maiseys sorglose Antwort. Die junge Frau wühlte gerade in ihren Kleidern, nahm ein Kleid nach dem anderen in die Hand und verwarf es dann.
Maggie runzelte die Stirn und blickte von der Tür zu Maisey. „Da kann ich kaum rausgehen. Draußen steht doch Pastor Frances.“
„Dann werden Sie wohl wieder in den Schrank steigen müssen, was?“, fuhr Maisey sie an, während sie das nächste Kleid zur Seite schleuderte.
„Wieder in den Schrank?“ Maggie war verwirrt. „Haben Sie mich nicht rausgelassen, damit ich mich aus dem Zimmer schleichen kann?“
„Nein. Ich habe Sie rausgelassen, damit ich nach einem Kleid suchen kann, in dem ich jemanden wie Sie spielen kann. Ich konnte ja kaum darin herumkramen, solange Sie im Schrank sitzen und darauf warten, dass der Pastor Sie entdeckt, oder? Verdammt! Kein einziges meiner Kleider ist so langweilig wie das, das Sie gerade anhaben.“ Angewidert legte sie das letzte Kleid beiseite und funkelte Maggie an, ganz als wäre die irgendwie schuld an ihrer schmalen Garderobe. Dann nahm ihre Miene einen lauernden Ausdruck an. „Sie wären nicht zufällig einverstanden damit, dass ich mir Ihr Kleid eine Weile ausleihe, oder?“
„Gewiss nicht“, entgegnete Maggie empört. Sie sah sich verzweifelt im Zimmer um. „Irgendwo muss es hier doch einen Weg nach außen geben.“
„Gibt es nicht“, versicherte die Frau ihr. „Außer Sie können zum Fenster hinausfliegen.“
„Das Fenster!“ Maggie eilte dorthin, öffnete es und lehnte sich hinaus. Sie befanden sich im zweiten Stock. Nach unten war es ein weiter Weg. Sie wollte schon aufgeben, doch dann fiel ihr Blick auf die Hauswand, und sie entdeckte ein paar Fuß unterhalb des Fensters einen Sims. Er war gerade breit genug, dass sie sich darauf fortbewegen könnte – wenn sie sich vorsah.
Und das würde sie, wie sie sofort beschloss.
„He!“ Maisey packte Maggie am Arm, als diese sich aufs Fensterbrett setzte und Anstalten machte hinauszuklettern. „Was? Sind Sie übergeschnappt? Sie brechen sich ja alle Knochen, wenn Sie da runterspringen.“
„Ich will ja nicht springen“, zischte Maggie gereizt und riss sich von Maisey los. „Ich werde mich auf dem Sims ins nächste Zimmer hangeln, dort durchs Fenster steigen und dann hinausgehen.“
Maisey lehnte sich aus dem Fenster und blickte etwas überrascht nach unten. „Ach … na gut.“ Maisey zögerte kurz. Ihr Blick war ein wenig berechnend. Dann erklärte sie: „Na, das wäre ja wirklich schön, nicht? Nur dass Sie im nächsten Zimmer Lady X und Lord Hastings stören. Wenn Sie bei denen plötzlich im Zimmer stehen, gibt das den Skandal des Jahrzehnts.“
Maggie runzelte die Stirn. Jeder, wirklich jeder hatte von der berüchtigten Lady X gehört. Sie war die berühmteste von Madame Dubarrys Prostituierten. Maggie hatte nicht mit ihr sprechen dürfen – hatte allerdings einen Blick auf die Frau erhaschen können, während sie die anderen befragt hatte. Soweit sie es beurteilen konnte, war Lady X eine hübsche Blondine mit makelloser Figur, vollen Lippen und tiefen, geheimnisvollen Augen. Mehr hatte sie nicht erkennen können.
Tatsächlich bekam niemand mehr zu sehen als das. Ihr Gesicht war immer von einer knallroten Maske bedeckt, die sie niemals abnahm. Männer zahlten gut für das Privileg, mit ihr ins Bett gehen zu dürfen, wobei jeder versuchte, ihre wahre Identität in Erfahrung zu bringen, doch bisher war das noch keinem gelungen. Es hieß, dass die Frau in Wahrheit dem Adel angehörte und heimlich arbeitete, um die schwächelnden Finanzen der Familie zu stützen. Während viele dieser Theorie widersprachen und sagten, dass sich eine Dame niemals auf ein so riskantes Unternehmen einlassen würde, gab es genügend Männer, die bereit waren, tief in die Tasche zu greifen, um das Geheimnis zu lüften. Madame Dubarry jedenfalls verdiente gut daran.
Auf den Skandal, der über sie hereinbrechen würde, wenn sie hereinplatzte, während Lady X mit einem Freier zugange war, vor allem wenn es sich bei dem Freier um den distinguierten Kronrat Lord Hastings handelte, konnte sie gut verzichten.
„Ich welchem Zimmer sind sie?“, fragte sie.
Maisey lächelte und sah dabei aus wie eine Katze, die eine Maus in die Ecke getrieben hat. „Geben Sie mir Ihr Kleid.“
Maggie schüttelte den Kopf. „Ich finde es selbst heraus“, erklärte sie. Sie ließ die Beine zum Sims herab, richtete sich langsam auf und klammerte sich dabei hastig am Fensterbrett fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
„Wie Sie wollen“, meinte Maisey, die sie amüsiert beobachtete. „Aber bis nach unten ist es wirklich weit. Ich an Ihrer Stelle hätte keine Lust, mich bis zu einem Fenster entlangzuhangeln, nur um dort umkehren und dann die doppelte Strecke bis zu einem anderen Fenster zurücklegen zu müssen.“ Als Maggies Entschlossenheit offensichtlich ins Wanken geriet, nutzte Maisey ihren Vorteil. „Ist doch bloß ein Kleid. Ich geb Ihnen dafür eins von meinen, das Sie anziehen können. Ihres schicke ich Ihnen gleich morgen früh zurück – sobald es gereinigt ist.“
Maggie sah den hoffnungsvollen Blick der Prostituierten, blickte zum Boden, der tatsächlich weit unter ihr lag, und bewegte sich vorsichtig auf dem Sims. Am Ende entschied das Magenflattern. Leise fluchend zog sie sich ins Zimmer zurück und betrachtete Maisey unglücklich. „Das andere Zimmer ist leer, nicht?“
Die Prostituierte nickte feierlich.
„Schön. Aber …“ Ein Klopfen unterbrach sie, und beide Frauen blickten scharf zur Tür, wo gerade am Türknopf gerüttelt wurde.
„Bist du so weit, meine Liebe?“, flötete Frances in einem widerwärtigen Ton, den Maggie von dem sonst so würdevollen Mann noch nie gehört hatte.
„Ach, immer langsam mit den jungen Pferden, ich mach doch, so schnell ich kann“, blaffte Maisey und wandte sich grimmig an Maggie. „Also?“
„Ach … zum Kuckuck!“, stieß Maggie hervor. Eilig machte sie sich daran, das Kleid abzustreifen. Erfreut begann Maisey, sich ebenfalls auszuziehen. Die beiden mühten sich schweigend, bis Maggie ihr Kleid abgelegt hatte. Sie reichte es der anderen Frau und rieb sich dann die Arme, da es sie fröstelte.
„Hemd und Hose auch.“
„Was?“
Maggie sah die Frau bestürzt an, worauf diese die Augen verdrehte. „Ich soll doch wie Sie gekleidet sein. Außerdem werden Sie garantiert aufgehalten, wenn Sie mit Unterhosen rumrennen, die man durch mein Kleid hindurch sehen kann.“
Stirnrunzelnd betrachtete Maggie das durchsichtige Gewand, das ihr die Frau hinhielt, und schüttelte dann bekümmert den Kopf. „Man wird mich sowieso erkennen, wenn man mein Gesicht sieht. Ach, warum hab ich nur meinen Schleier in Madame Dubarrys Salon liegen lassen?“
Maisey wandte sich rasch um, lief zu ihrem Schrank und kehrte im nächsten Augenblick mit einer schlichten rotseidenen Maske für Maggie zurück. „Hier, legen Sie die an. Mit der Maske, meinen Kleidern und Ihrem Umhang werden Sie bestimmt davonkommen.“
Neugierig betrachtete Maggie die Maske. „Ist die von Lady X?“
„Nein. Von mir. Die von Lady X ist viel raffinierter.“ Als Maggie sie weiter fragend ansah, seufzte die Prostituierte tief auf. „Männern spielen gern alle möglichen Spielchen. Ich …“ Sie hielt inne und machte eine finstere Miene, als es wieder an die Tür klopfte, lauter und drängender diesmal.
„Maisey?“ Frances klang etwas verstimmt.
„Nur noch einen Moment, Mylord!“, rief Maisey. Sie drückte Maggie die Maske in die Hand und zischte: „Hier, nehmen Sie.“
„Sind Sie sich da ganz sicher, Johnstone?“ James Huttledon, Lord Ramsey, sah endlich von dem Buch auf, in dem er las, als der Büttel von der Bow Street angekündigt worden war. Sorgfältig markierte er die Seite mit einem der Lesezeichen aus Stoff, die seine Tante im Lauf der Jahre für ihn gearbeitet hatte, legte das Buch für später auf einem Tischchen ab und setzte sich dann auf, um dieser besorgniserregenden Wendung seine ganze Aufmerksamkeit zu schenken.
„Aye, Mylord. Ich hab mich umgehend auf die Suche nach Ihnen gemacht, weil ich wusste, dass Sie es sofort würden erfahren wollen, aber in Ihrem Stadthaus hat man mir gesagt, Sie wären in Ihrem Klub. Bis ich dann dort war, hieß es, dass Sie eben gegangen wären. Dann musste ich …“
„Ja, ja.“ James wischte die Erklärung mit einer Geste beiseite. Er drehte sich zum Fenster und blickte hinaus in den stillen Garten, der an die Bibliothek seines Stadthauses angrenzte.
Johnstone schwieg einen Augenblick und überließ Ramsey seinen Gedanken. Dann meinte er sanft: „Es würde erklären, woher sie das Geld hat, um das Haus und die Dienstboten zu halten.“
James fuhr herum und funkelte den Mann an. „Sie glauben doch nicht etwa, dass sie dort arbeitet?“
Der Büttel schien von der Frage wirklich überrascht zu sein. „Nun ja … was hätte eine Frau wohl sonst bei Madame Dubarry zu suchen?“
„Um Himmels willen, Johnstone, sie ist eine Dame!“
„Aye, aber es heißt doch, dass Lady X dem Adel entstammt.“
James blieb der Mund offen stehen, doch er schloss ihn rasch wieder. „Guter Gott“, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Er wandte sich wieder zum Fenster.
Die beiden Männer schwiegen eine Weile, dann sagte Johnstone unsicher: „Ich hab Henries dort gelassen, damit er die Augen offen hält, während ich hergekommen bin, um mir weitere Anweisungen zu holen.“
James erhob sich abrupt und trat zur Tür der Bibliothek. „Hethers!“, rief er, als er auf den Flur trat, und atmete erleichtert auf, als er seinen Kammerdiener auf sich zukommen sah. „Meinen Mantel. Ich gehe aus.“
Eilig holte der Diener den Mantel, Hut und Handschuhe. Während der Mann ihm hineinhalf, fügte James hinzu: „Packen Sie ein paar Sachen für mich. Ich reise heute Abend ab.“
„Heute Abend, Mylord?“
„Ja. Ich fahre für eine Weile nach Ramsey.“
„Jawohl, Mylord.“
Als Maggie in Maiseys Nachbarzimmer linste und sah, was sich dort zutrug, stöhnte sie laut auf. Sie krallte sich an der kalten Mauer fest und ließ unglücklich den Kopf daran sinken. Nach dem Kleidertausch hatte Maisey ihr geholfen, hinaus auf den Sims zu klettern, und ihr dabei zugezischt, dass Lady X und Lord Hastings sich im Zimmer links aufhielten. Dann war sie davongeeilt, um sich dem ungeduldig an die Tür hämmernden Frances zu widmen.
Erleichtert darüber, ihrer Zwangslage entronnen zu sein, hatte Maggie sich sofort über den Sims zum nächsten Zimmer vorgearbeitet in der Erwartung, es leer vorzufinden. Leider hatte sie nicht in Betracht gezogen, dass Maisey von ihrer linken Seite gesprochen hatte – und dass die aus Maggies Sicht die rechte Seite war, da sie sich Maisey gegenüber an die Wand klammerte. Maggie hätte sich also nach rechts wenden müssen. Was sie nicht getan hatte. Und nun hatte sie den Weg völlig umsonst zurückgelegt. Zwar waren die Vorhänge vorgezogen, sodass die Vorgänge im Zimmer nur verschwommen zu erkennen waren, doch war deutlich zu sehen, dass die beiden Personen dort in einem äußerst wilden Ritt begriffen waren.
Resigniert wandte sich Maggie wieder zum Sims um, atmete tief durch und begann den langen Rückweg, wobei sie sich wie eine Klette an der Wand festkrallte. Sie hatte Maiseys Fenster fast erreicht, als sie feststellte, dass die Prostituierte in ihrer Eile vergessen hatte, das Fenster zu schließen. Sie verzog das Gesicht, blieb am Rand stehen und spähte vorsichtig hinein.
Seit sie sich aus dem Zimmer gestohlen hatte, war für Maggies Empfinden eine halbe Ewigkeit vergangen. Eigentlich hatte sie gedacht, das wäre nur auf die Aufregung des Augenblicks zurückzuführen, doch zu ihrer Überraschung musste sie feststellen, dass sie tatsächlich schon eine ganze Weile fort gewesen war. Mindestens zehn Minuten mussten wohl schon verstrichen sein, denn Maisey hatte Frances in ihrer Rolle als Maggie an einem kleinen Tischchen am Bett bereits ein Getränk serviert. Diese Erfrischung und auch das Vorgeplänkel hatten sie anscheinend schon hinter sich gebracht, denn Frances kniete nun vor Maisey, hatte die Hände der Prostituierten zart umfasst und blickte sie voll ehrfürchtiger Sehnsucht an.
„Ich kennen dich nun schon eine ganze Weile, Margaret“, sagte er gerade. „Lang genug, um zu wissen, dass du die richtige Gattin für mich bist. Es wäre mir eine Ehre, wenn du dich bereit erklären wolltest, meine Frau zu werden.“
„Ja“, stimmte Maisey in gelangweiltem Ton zu.
Der Pastor runzelte die Stirn. „Gewiss würde sie doch nicht einfach so Ja sagen?“
„Was würde sie denn dann sagen?“
„Also, ich weiß nicht. Versuch … versuch doch einfach, etwas begeisterter zu klingen.“
„Ja“, flötete die Prostituierte.
Frances runzelte weiter die Stirn, entschied dann aber, dass er wohl nicht viel mehr aus der jungen Frau herausbekommen würde. Schulterzuckend kam er wieder auf die Füße und zog Maisey in derselben Bewegung in die Arme. „Du wirst es nicht bereuen, meine Liebe. Ich werde dir ein hervorragender Ehemann sein – ich verspreche dir, wir werden eine wunderbare Ehe führen.“ Das alles stieß er zwischen schmatzenden Küssen hervor, die er auf Maiseys Wangen und ihren Hals herabregnen ließ. Als er den Ausschnitt des züchtigen schwarzen Kleides erreicht hatte, das sie jetzt trug, hielt er inne, rückte ein wenig von ihr ab und betrachtete sie lüstern. „Mir gefallen diese anständigen Kleidchen, die du anhast. Sie verbergen deinen herrlichen Körper vor fremden Männeraugen, aber jetzt gibt es keinen Grund mehr, ihn vor mir zu verstecken.“ Sprach es, packte den Ausschnitt und riss ihn auf, bis das Kleid beinahe bis zur Taille aufklaffte. Dann blickte er mit großen, unschuldigen Augen auf Maiseys bestürzte Miene und sagte leichthin: „Hoppla. Jetzt musst du mich wohl bestrafen.“
„Darauf können Sie sich verlassen“, herrschte die Frau ihn aufgebracht an. „Und das Kleid ersetzen Sie mir auch. Es gehört nicht mal mir.“
„Dann werde ich es natürlich ersetzen“, versprach Frances, ohne sich von ihrem offenkundigen Zorn aus der Ruhe bringen zu lassen. Er gab Maisey frei, trat einen Schritt zurück und begann seine Kleider abzulegen.
Maggie wandte sich ab, weil sie das, was nun kam, nicht mit ansehen wollte. Sie versuchte abzuschätzen, wie weit es zur anderen Seite des Fensters war, und fragte sich, ob sie die Strecke so schnell zurücklegen könnte, dass sie nicht gesehen wurde. Vermutlich würde es davon abhängen, wie abgelenkt die beiden im Zimmer waren. Widerstrebend riskierte sie noch einen Blick und sah, wie Frances sein Oberteil abstreifte und über eine Stuhllehne legte. Als sie die Striemen auf seinem Rücken sah, hielt Maggie bestürzt inne. Ihr Blick wanderte zu Maisey, die einen langen, breiten Ledergürtel aus dem Schrank geholt hatte und Frances entschieden zynisch beäugte. Der zog sich weiter aus.
Als er bei seinen Hosen angekommen war, bemerkte Maggie überrascht, dass die Striemen nicht nur über seinen Rücken verliefen, sondern auch über die Hinterbacken und die Rückseite der Oberschenkel. Verblüfft hob sie die Brauen. War es das, was Madame Dubarry ihr hatte zeigen wollen? Bezahlte Frances Maisey wirklich dafür, dass sie ihn mit einem Gürtel schlug? Ein paar der Mädchen hatten ihr derartige Geschichten erzählt, als sie sie befragt hatte, Geschichten von Männern, die bei ihren erotischen Abenteuern merkwürdige oder sogar ungesunde Abwechslung suchten. War Frances einer von ihnen? Es hatte wohl den Anschein.
Halb mitleidig, halb angewidert schüttelte sie den Kopf. Wie verfiel ein solcher Mann auf solche Spiele? Frances hatte auf sie einen so normalen, wohlerzogenen, höflichen Eindruck gemacht.
Das erste Klatschen des Leders auf Frances’ Rücken riss Maggie aus ihren Gedanken. Mit einem Mal wurde ihr wieder bewusst, dass sie im zweiten Stock eines Bordells draußen vor dem Fenster auf einem Sims stand und unsicher hin und her schwankte zwischen der Möglichkeit, sich den Hals zu brechen oder entdeckt zu werden und damit ruiniert zu sein. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, über Frances’ Marotten nachzudenken. Sie sollte einfach dankbar sein, dass sie davon erfuhr, ehe er ihr einen Heiratsantrag machte. Man stelle sich vor, sie hätte ihn angenommen, ohne zu wissen, dass der Mann sich nur wenige Stunden zuvor von einem von Madame Dubarrys Mädchen hatte auspeitschen lassen. Unter anderem.
Ob er wohl erwartete, dass sie ihn auch auspeitschte, wenn sie verheiratet wären? Schaudernd schob Maggie diesen Gedanken beiseite. Sie hatte keine Zeit für derartige Überlegungen. Sie würde seinen Antrag nicht annehmen. Nachdem sie diesen Entschluss gefasst hatte, blickte sie noch einmal ins Zimmer, sah zu ihrer Erleichterung, dass Pastor Frances und Maisey vollkommen abgelenkt waren, und zwang sich, sich an diesem Fenster vorbei und zum nächsten zu bewegen.
Sich überaus unwohl fühlend stand James im Foyer von Madame Dubarrys Bordell und wartete ungeduldig, dass Johnstone sein im Flüsterton gehaltenes Gespräch mit der Kupplerin beendete. Inzwischen war er bereits von drei Mädchen angesprochen worden und hatte ihre Angebote abgewehrt. Eines hatte angeboten, Dinge mit ihm anzustellen, über die er selbst nie nachgedacht hatte und hier an diesem Ort auch nicht auszuprobieren wünschte.
„Alles abgemacht, Euer Lordschaft. Madame sagt, dass Lady X gerade Lord Hastings empfängt, dass Sie es aber danach bei ihr probieren können.“
„Ich habe nicht die Absicht, es bei ihr zu probieren, wie Sie es so zartfühlend ausdrücken“, zischte James.
Über Johnstones Miene huschte ein irritierter Ausdruck, doch im nächsten Augenblick hatte er sich wieder im Griff. „Das habe ich auch nicht angenommen, Mylord. Aber ich konnte ihr ja wohl kaum sagen, dass Sie das Mädchen entführen wollen, oder?“
„Ich entführe sie ja nicht, ich rette sie.“
„Aye. Ich würde sagen, dass das wohl Ansichtssache ist, was?“ Der Mann hielt inne und schüttelte den Kopf. „Aber wie auch immer – die Sache wird Sie eine schöne Stange Geld kosten“, verkündete er und nannte dann eine schockierende Summe.
„Sie machen wohl Witze.“
„Über Geld niemals, Mylord. Aber entweder zahlen Sie die Summe, oder Sie warten ab Sonntag eine Woche, um sie in die Finger zu kriegen. Sie ist diese Nacht ausgebucht – alle halbe Stunde ein anderer Mann. Dubarry ist bereit, Sie einzuschieben, will sich das aber gut bezahlen lassen. Was soll ich ihr sagen?“
James zog in Betracht, einfach hinauszugehen, in die Kutsche zu steigen und zu Lady Margarets Stadthaus zu fahren, um dort auf ihre Rückkehr zu warten, doch sein Gewissen ließ ihm keine Ruhe. Er hatte versprochen, sich um das Mädchen zu kümmern – und das bedeutete nicht, dass er wegsah, während sie zwei Dutzend Männer bediente. Murrend zog er einen Geldbeutel aus der Tasche und ließ ihn in die ausgestreckte Hand des Büttels fallen. „Wann ist Hastings’ halbe Stunde vorbei?“
Johnstone blickte zu einer Uhr im Flur. „In ungefähr zehn Minuten. Ich gebe der Dubarry das Geld, dann schauen wir uns mal um, ob es hier noch einen Hinterausgang gibt.“
„Einen Hinterausgang?“
„Sie dachten doch nicht etwa daran, mit ihr durch den Vordereingang zu spazieren, oder? Das würde der Dubarry nicht gefallen. Das Mädchen ist doch ihr Goldesel.“
„Ah, ja.“ James seufzte, und dann starrte auch er auf die Uhr im Flur. Zehn Minuten.
Erleichtert hielt Maggie sich am Fenster fest und kühlte das Gesicht an der kalten Scheibe. Ihr war warm. Erstaunlicherweise hatte sie größere Angst davor hinunterzufallen als davor, entdeckt zu werden, was verblüffend war: Sie konnte sich noch gut an eine Zeit in ihrem Leben erinnern, in der es für sie nichts Furchteinflößenderes gegeben hatte als die Aussicht auf gesellschaftliche Ächtung. Aber damals hatte sie sich auch den Luxus erlauben können, sich wegen ihres guten Rufs zu sorgen, anders als heute, da sie für so viele Menschen die Verantwortung trug.
„Zum Teufel mit dir, Gerald, warum musstest du auch sterben?“, fluchte sie leise, bat ihren armen Bruder dann jedoch umgehend – wenn auch im Stillen – um Verzeihung. Gerald hatte das Leben geliebt. Er hatte jeden Moment seines kurzen Aufenthalts auf Erden gelebt, als wäre es sein letzter. Er hatte sich nicht beklagt, als man ihn gegen Napoleon ins Feld geschickt hatte. Und sie hatte keinen Zweifel daran, dass er sein Leben mit ebenso viel Leidenschaft und ebenso wenig Bedauern in der Schlacht hingegeben hatte, wie er es geführt hatte. Es war einfach nur so schlimm, dass er sie in dieser Zwangslage hatte zurücklassen müssen.
Als Frau hatte Maggie den Titel und den dazugehörigen Besitz nicht erben können. Zwar hatte er ihr das Stadthaus in London hinterlassen – das er mit Einkünften aus Investitionen erworben hatte, noch bevor er das Erbe seines Vaters angetreten hatte –, doch der gesamte Rest war an einen entfernteren Verwandten gegangen … falls sie den verflixten Kerl inzwischen gefunden haben sollten. Das einzige Geld, das Maggie zur Verfügung stand, stammte aus dem Erbe ihrer Mutter.
So wenig war es gar nicht. Eigentlich hätte sie davon bis ans Ende ihrer Tage recht komfortabel leben können – wenn sie nicht mit Geralds Haus und Dienstboten belastet gewesen wäre. Das Stadthaus war gerade richtig für einen Duke, mit zahllosen Zimmern und beinahe ebenso vielen Dienstboten.
Maggies praktische Seite hatte gefordert, dass sie die Dienstboten entließ, das Haus schloss und verkaufte und selbst irgendwohin aufs Land zog. Dort hätte sie es sich mit ein, zwei Dienstboten recht angenehm einrichten können. Doch ihre empfindsame Seite hatte nicht erlaubt, dass sie das Anwesen verkaufte. Gerald hatte es geliebt. Zu dem Familienanwesen, das er mit dem Titel geerbt hatte, war er nur selten hinausgefahren, doch sein Stadthaus – hier schien sein Geist noch zu verweilen. Maggie konnte sich einfach nicht von seinem Heim trennen, es war ihre letzte Verbindung zu ihrer beinahe vollständig verstorbenen Familie. Und was die Dienstboten anging … als sie sich mit der Aufgabe konfrontiert sah, das Haus zu schließen und einen großen Teil der Dienstboten zu entlassen, hatte Maggie es einfach nicht übers Herz gebracht. Geralds Personal bestand aus fleißigen, fröhlichen Personen. Sie war einfach nicht in der Lage gewesen, auch nur einem von ihnen ins Gesicht zu sehen und ihm zu sagen, er werde nicht mehr gebraucht.
Daher war sie gezwungen gewesen, einen Weg zu finden, wie sie das Personal bezahlen konnte. Die Antwort hatte sich zufällig ergeben. Beim Durchsehen der Papiere ihres Bruders entdeckte sie, dass ihr Bruder ein Doppelleben geführt hatte. Er war Gerald Wentworth, Duke of Clarendon gewesen, und auch G. W. Clark – der Abenteurer und Schriftsteller, der für den Daily Express schrieb. Er lieferte Artikel über Londons zwielichtigere Seite, griff Gerüchte und Wahrheiten auf, erzählte von Spielhöllen, Riesengewinnen und – verlusten, Affären, einfach von allem. Aus den Papieren hatte sie herausbekommen, dass er sich mit Mr. Hartwick, dem Herausgeber des Express, erst einmal getroffen hatte, und das inkognito, um seine Identität zu schützen. Mitglieder des Adels arbeiteten nicht, das war unvorstellbar.
Sie hatte auch erfahren, dass er die fertiggestellten Artikel von Banks überbringen ließ, seinem Butler. Das war der Moment, in dem Maggie ihren Geistesblitz hatte: Sie würde die Rolle des G. W. Clark weiterführen. Sie könnte es hinbekommen – und hatte es während der letzten drei Monate auch geschafft. Sie hatte große Anstrengungen unternommen, um die Kolumne ihres Bruders fortzusetzen, war sogar so weit gegangen, sich als junger Stutzer zu verkleiden und durch Londons zwielichtigere Viertel zu ziehen. Zu ihrem Schutz hatte sie meistens Banks dabei – auch wenn der betagte Butler ihr keine große Hilfe war.
All das hatte schließlich dazu geführt, dass sie im zweiten Stock von Madame Dubarrys Bordell draußen vor dem Fenster auf dem Sims stand. Anscheinend war die Frau eine enge Freundin ihres Bruders gewesen, zumindest laut seiner Notizen. Jedenfalls war Madame Dubarry eingeweiht, dass Maggies Bruder G. W. Clark war, denn als seine Kolumne drei Wochen nach seinem Tod wieder aufgenommen wurde, hatte sie Maggie einen Besuch abgestattet.
Angetrieben von derselben Abenteuerlust, die auch Maggie und ihren Bruder befeuerte, war Madame Dubarry, als Schneiderin verkleidet, bei den Wentworths aufgetaucht, um der Hausherrin ihre Dienste anzubieten. Nachdem sie zu Maggie geführt worden war, hatte die Schneiderin ihre wahre Identität enthüllt, erklärt, dass Gerald G. W. Clark gewesen sei und sich beklagt, dass irgendein „teuflischer Schuft“ seinen Namen gestohlen hatte. Maggie hatte sich zu dem Geständnis genötigt gesehen, dass sie die Schuldige war. Nachdem sie gemeinsam eine Teekanne geleert hatten, hatten sie und Dubarry ungleiche Freundschaft geschlossen. Seither machten sie gemeinsame Sache – auch wenn die Frau ihr erst vor Kurzem die Erlaubnis erteilt hatte, ihre Angestellten zu befragen.
Erstaunlich, dachte Maggie. Zum ersten Mal zog sie in Betracht, dass Madame Dubarry vielleicht recht gehabt hatte, als sie ihr vorschlug, Maggie solle sich bei ihrem Besuch als Mann verkleiden. Maggie hatte den Vorschlag schulterzuckend abgetan, weil sie geglaubt hatte, dass die Mädchen wohl auskunftsfreudiger sein würden, wenn sie mit einer Geschlechtsgenossin redeten. Das hatte funktioniert. Sie war als G. W. Clarks Schwester vorgestellt worden, die sie befragen sollte, und die Mädchen hatten bereitwillig geantwortet. Und keines hatte ihre wahre Identität gekannt, ehe die Bordellbesitzerin sich in Maiseys Zimmer verplappert hatte. Wegen Maisey machte sich Maggie keine allzu großen Sorgen. Madame Dubarry würde das Mädchen sicher am Reden hindern können. Problematisch würde es hingegen werden, wenn ein Mitglied des ton sie sah. Man würde sie erkennen, was ihren Ruin bedeuten würde. Ganz London würde Madame Dubarry gewiss nicht zum Schweigen bringen können.
Ja, jetzt wäre es in der Tat überaus günstig gewesen, als Mann getarnt zu sein. Und außerdem, dachte sie und blickte unwohl an ihren langen Röcken nach unten, könnte man in einer derartigen Verkleidung besser auf schmalen Simsen herumturnen.
„Lord Ramsey, wir werden sie wohl über die Hintertreppe nach unten bringen und durch die Küche hinausschmuggeln müssen.“
James stimmte Johnstones Vorschlag mit einem Nicken zu. Nachdem er das Bordell einer kurzen, aber gründlichen Untersuchung unterzogen hatte, schien es in der Tat der beste Weg zu sein, das Mädchen nach draußen zu bekommen. „Sagen Sie meinem Kutscher, dass er zur Gasse vorfahren soll“, befahl er mit Blick auf die Uhr im Flur. „Hastings’ Zeit ist um. Ich sehe mal nach, ob er schon weg ist.“
Johnstone nickte und eilte zum Vordereingang, während James die Treppe in Angriff nahm. Er war oben, bevor ihm aufging, dass ihm der Büttel nicht gesagt hatte, in welchem Zimmer Lady X sich aufhielt. Er wollte schon umkehren und nach unten gehen, um Madame Dubarry zu fragen, überlegte es sich jedoch anders. Er würde Hastings erkennen. Jeder kannte Hastings, wenn schon nicht persönlich, dann durch seinen Ruf. Nur die Krone war mächtiger als er. James würde einfach in das Zimmer gehen, aus dem Hastings herauskam.
Gerade als er diesen Entschluss gefasst hatte, veranlasste ihn ein Türklappen, sich auf dem Treppenabsatz umzudrehen. Ein Blick in den Flur offenbarte ihm Hastings, der munter auf ihn zugeschlendert kam und sich dabei leise pfeifend das Krawattentuch zurechtrückte. James hätte beinahe laut geflucht. Er war zu langsam gewesen, er konnte sich nicht sicher sein, aus welchem Raum der Mann gekommen war. Es gab mehrere Möglichkeiten.
Er entschied, sie einfach alle zu probieren. Er nickte Hastings kurz zu und ging entschlossen an ihm vorbei, um seine Aufgabe zu erledigen.
Ein Türklappen riss Maggie aus ihren Gedanken, und sie blickte durch das Fenster in das leere Zimmer, zu dem sie sich vorgearbeitet hatte. Wenn ihre Gedanken sie so lang abgelenkt hätten, dass dieses Zimmer nun ebenfalls besetzt wäre, würde sie sich wohl ergeben müssen. Vermutlich hätte sie weder die innere noch die äußere Kraft, um sich noch einmal am Sims entlangzuhangeln. Erfreut stellte sie fest, dass das Zimmer noch leer zu sein schien. Sie atmete erleichtert auf, streckte die Hand aus, öffnete das Fenster und schlüpfte leise in den Raum.
Jetzt, da sie wieder auf festem Boden stand, merkte sie, wie ihr die Beine zitterten. Sie befahl ihnen, fest zu stehen, und durchquerte das Zimmer. An der Tür hielt sie den Atem an und lauschte, ob vom Flur etwas zu hören war. Als draußen alles still blieb, öffnete sie vorsichtig die Tür. Gerade als sie den Raum verlassen wollte, fiel Maggie die Maske ein, die Maisey ihr gegeben hatte – sie hatte sie beim Umziehen in der Eile in die Tasche gesteckt. Es wäre besser, wenn sie das Ding trug. Daher trat sie noch einmal ins Zimmer zurück und begann, die dünne rote Maske anzulegen. Ihr Blick fiel auf das Bett und die Frau, die dort lag und sie mit großen Augen ansah. Die beiden Frauen starrten sich kurz an, dann erinnerten Schritte vom Gang Maggie daran, dass sie hier wegmusste. Rasch befestigte sie die Maske und huschte ohne ein Wort der Entschuldigung aus dem Zimmer.
Sie hatte kaum die Tür hinter sich geschlossen, als sich ihr plötzlich von hinten eine Hand auf den Mund legte. Ihr erschrockener Schrei wurde erstickt. Sie wurde hochgehoben, in ihren Umhang gewickelt und rasch den Gang hinuntergeschafft.
Gab es Probleme, Mylord?“
Ein paar Minuten nach ihrer plötzlichen Entführung drangen diese Worte gedämpft durch Maggies Umhang. In diesen Minuten hatte sie sich vergebens gegen den eisernen Griff ihres Angreifers gewehrt und versucht, trotz der festen, großen Hand, die sich auf ihre untere Gesichtshälfte drückte, um Hilfe zu schreien. Ihre Bemühungen hatten jedoch ziemlich abrupt geendet. Die Hand auf ihrem Gesicht bedeckte nicht nur ihren Mund, sondern lag auch auf ihrer Nase, und auch wenn sie nicht glaubte, dass das in der Absicht ihres Entführers lag, war sie kurz davor, das Bewusstsein zu verlieren. In ihren Ohren brauste es.
Als sie die Stimme hörte, hoffte Maggie einen Moment lang, dass die Hand von ihrem Gesicht genommen werden würde und sie die dringend benötigte Luft in sich aufsaugen könnte, doch die Hand verlagerte sich nur und presste sich noch fester auf ihr Gesicht, während sie in das Innere von etwas gezerrt wurde, was nur eine Kutsche sein konnte. Wie zur Bestätigung hörte Maggie im nächsten Augenblick Pferdehufe über das Londoner Pflaster klappern, und dann setzte sich das Fahrzeug mit einem Ruck in Bewegung.
In ihren Ohren rauschte es noch lauter, und sie betete, dass der Druck aufhörte, bevor es zu spät war. Die Hand blieb, wo sie war. Maggie fiel es zunehmend schwerer, die Augen offen zu halten. Sie würde nicht mehr rechtzeitig genügend Luft bekommen, um zu verhindern, dass sie das Bewusstsein verlor; sie konnte nur hoffen, dass dies nicht auch ihr letztes Stündlein sein würde. Mit diesem Gedanken glitt sie in das dunkle, weiche Kissen der Ohnmacht.
„Sie ist ganz schlaff geworden“, verkündete Johnstone und linste durch das Dämmerlicht auf die Frau, die James auf dem Schoß hielt. „Ich glaube, sie ist in Ohnmacht … verdammt, Lord Ramsey! Sie halten ihr ja den Mund und die Nase zu! Sie kriegt keine Luft!“
Sofort nahm James die Hand weg. Er drehte die schlaffe Gestalt der Frau ein wenig um und musterte sie bestürzt. Sie war so bleich, dass es selbst in der Dunkelheit zu erkennen war, und mit einem Fluchen zog er den schweren Umhang beiseite, um an ihrem Herzen zu lauschen. Zu seiner Erleichterung hörte er ein langsames, gleichmäßiges Pochen. Seufzend setzte er sich auf. Im Licht einer Straßenlaterne blickte er hinunter auf das Kleid, das sie trug. Die Kreation aus dünnem rotem Stoff war nicht darauf ausgelegt, irgendetwas zu bedecken: Ihre Brustspitzen waren direkt zu sehen! Die Kutsche ließ das Licht hinter sich, und das Innere war wieder in Dunkelheit getaucht. Ramseys Gefangene war nichts als ein bleiches, schattenhaftes Bündel auf seinem Schoß. Eilig zog er den Umhang um sie zusammen und ließ sich in die Polster zurücksinken.
„Geht es ihr gut?“
James runzelte die Stirn, als er hörte, wie heiser die Stimme des Büttels klang. Vermutlich war der Anblick, der sich ihnen eben geboten hatte, dafür verantwortlich, ein Umstand, der ihn unerklärlicherweise verärgerte, und so antwortete er ein wenig barsch: „Ja. Sie ist nur bewusstlos und wird sich wieder erholen.“
„Gut“, erwiderte Johnstone.
Schweigend passierten sie eine weitere Straßenlaterne. Diesmal blickten die Männer auf das Gesicht ihrer Gefangenen, auf die feinen Züge, die unter der Maske zu sehen waren. James betrachtete das blasse Gesicht, das in Ruhe so unschuldig wirkte, und wurde von Verwirrung ergriffen.
Seit er aus dem Krieg zurückgekehrt war, hatte er Lady Margaret oder Maggie, wie er sie für sich nannte, schon öfter von Weitem gesehen, und jedes Mal waren ihm ihre zarten Gesichtszüge, ihre edle Haltung aufgefallen. Selbst nachdem er sie bei Madame Dubarry entdeckt hatte, maskiert und offenherzig bekleidet, gelang es ihm nicht recht zu glauben, dass das zarte Geschöpf, das er in den Armen hielt, die berüchtigte Lady X sein sollte. Der Name ging schon seit Wochen durch sämtliche Klubs, nebst Beschreibungen, die er kaum vergessen konnte. Das, was man von ihr sehen konnte, war so liebreizend. Eine Figur, makelloser als die einer Puppe, ihre Lippen wie geschaffen für die zügellosen Freuden des Schlafzimmers, ein Körper, der nicht … Sie war eine Tigerin im Bett, jeder Freier kam bei ihr ganz und gar auf seine Kosten, und sie schien es in vollen Zügen zu genießen. Es hieß, dass Lady X, ob nun von Adel oder nicht, keine Lady war.
James räusperte sich, zwang sich, an etwas anderes zu denken, und blickte zu Johnstone. Der Mann starrte vom gegenüberliegenden Platz der Kutsche auf ihre Gefangene. „Na, nun sitzen Sie nicht einfach nur herum“, sagte er. „Suchen Sie uns etwas, womit wir sie fesseln können.“
Der Büttel hob die Augenbrauen. „Halten Sie das wirklich für nötig, Mylord?“
„Ich habe vor, sie auf meinen Landsitz mitzunehmen und sie dort festzuhalten, bis wir für sie eine andere Laufbahn gefunden haben. Glauben Sie, dass sie freiwillig mitkommt?“
„Nein, wohl kaum“, räumte der Büttel mit einer Grimasse ein und fragte dann: „Und ihr Haushalt?“
Überrascht fragte James: „Welcher Haushalt?“
„Ihre Dienstboten. Ich glaube, sie hat keine Familie mehr, die sich wegen ihres Verschwindens Sorgen machen könnte, aber ihre Dienstboten könnten Krach schlagen, wenn sie nicht zurückkehrt. Was wollen Sie unternehmen, um das zu verhindern?“
„Verdammt. Daran hatte ich nicht gedacht.“
Sie schwiegen einen Augenblick, und dann schlug der Büttel vor: „Sie könnten einen Brief schreiben. Denen sagen, dass Sie Lady Margaret für ein paar Tage zu sich aufs Land eingeladen haben und dass sie die Einladung angenommen hat.“
„Glauben Sie, dass sie einen derartigen Unsinn glauben würden?“, fragte James zweifelnd.
„Das sind Dienstboten, Mylord. Dienstboten zweifeln das Wort eines Adeligen nicht an, zumindest nicht laut. Außerdem sind Sie ein Freund der Familie. Na ja, Sie waren ein Freund ihres verstorbenen Bruders, immerhin. Ein Brief sollte sie wenigstens ein paar Tage lang beruhigen, und bis dahin können Sie sie davon überzeugen, einen weiteren Brief zu schreiben, in dem sie ihnen erklärt, dass es ihr gut geht.“
James dachte kurz über den Vorschlag nach, seufzte dann und nickte. „Es wird wohl genügen müssen. Sobald wir bei mir zu Hause sind, schreibe ich den Brief, und Sie können ihn dann überbringen. Aber fesseln müssen wir sie trotzdem.“
Er blickte sich in der Kutsche um, und dann fiel sein Blick wieder auf den Büttel. „Vielleicht könnten wir Ihr Krawattentuch nehmen. Glauben Sie, dass es lang genug ist?“
Johnstone blickte überrascht nach unten. „Ich glaube schon, aber … ach, was soll’s.“ Er löste das Tuch und reichte es James mit einem frechen Grinsen. „Ich stell’s Ihnen einfach in Rechnung.“
Es dauerte eine ganze Weile, bis Maggie zu sich kam. Als sie erwachte, stellte sie fest, dass sie in eine Ecke gedrängt lag, ihren Umhang fest um sich geschlungen – so fest, dass sie sich nicht bewegen konnte, wie sie bestürzt erkannte. Nein, Moment mal. Es war nicht der Umhang, der sie daran hinderte, sich zu bewegen, ihre Hände waren gefesselt. Ihre Füße anscheinend auch. Was zum Teufel ging hier vor?
Sie blinzelte, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen, und schaute sich um. Auch wenn sie nichts sah, war sie sich doch sicher, dass sie immer noch in der Kutsche saß – die schaukelnde Bewegung der Polster und das gleichmäßige Hufgeklapper legten diesen Schluss nahe. Merkwürdigerweise war das Hufgeklapper das einzige Geräusch, das an ihr Ohr drang. Von der Betriebsamkeit, die normalerweise auf Londons Straßen herrschte, war nichts zu hören. Und sie konnte immer noch nichts sehen.
Dann plötzlich wurde die sie umgebende Dunkelheit durchbrochen. Jemand zog ihr die Kapuze vom Kopf, sodass auch klar wurde, warum es so dunkel gewesen war. Ohne den Stoff vor dem Gesicht konnte Maggie erkennen, dass das graue Licht der Dämmerung durch die Fenster kroch.
Sie blickte sich in der Kutsche um, nahm die dunkle Silhouette des Mannes wahr, der ihr gegenübersaß. Er war der einzige andere Mitreisende. Im Zwielicht konnte sie seine Züge kaum ausmachen, dafür aber die Umrisse seiner Gestalt, und das reichte, um sie einzuschüchtern.
„Sie sind wach.“
Sie blinzelte überrascht. Seine Aussprache war perfekt, seine Sprechweise kultiviert. Sie hatte es hier nicht mit einem Straßenräuber zu tun, sondern mit einem Gentleman. Sie war von einem Gentleman entführt worden?
Entführt? Sie schluckte und senkte den Blick, um ihre Verwirrung zu verbergen. Sie, Maggie Wentworth, war entführt worden: aus Madame Dubarrys Bordell gezerrt, man hatte ihr die Luft abgeschnürt, bis sie in Ohnmacht gefallen war, und sie schließlich in einer Kutsche verschleppt. Aber warum? Für ein Lösegeld? Sie hatte kein Geld, das sie hätte bieten können, und selbst wenn, so gab es niemanden, an den sich ein Entführer hätte wenden können, um dieses Geld zu fordern. Plötzlich war die Antwort ganz offensichtlich. Es handelte sich um ein Versehen. Sie war verwechselt worden, natürlich mit einem von Madame Dubarrys Mädchen. Vielleicht sogar mit der berühmten Prostituierten Lady X, dachte sie bestürzt. Sie trug immer noch die rote Maske, die Maisey ihr gegeben hatte.
„Ach herrje“, murmelte sie schwach, was die Aufmerksamkeit ihres Entführers weckte. Sie rang sich ein Lächeln ab, auch wenn sie sich nicht sicher war, ob der Mann sie überhaupt sehen konnte, und richtete sich so weit auf, wie es ihr möglich war. Dann setzte sie eine selbstbewusste Miene auf und erklärte: „Hier handelt es sich um ein schreckliches Versehen.“
„Was für ein Versehen, Lady Margaret?“
Die Anrede nahm ihr ein wenig den Wind aus den Segeln, sie konnte ihre Überraschung nicht verbergen. „Sie wissen, wer ich bin?“
„Natürlich.“
Nun, damit war ihre Theorie erledigt, wie Maggie bestürzt erkannte. Lieber Himmel, er wusste, wer sie war. Es war kein Versehen. Sie war in voller Absicht entführt worden. Aber warum, um Himmels willen? Bevor sie fragen konnte, versuchte ihr Entführer, sie zu beruhigen. Anscheinend hatte er ihre Furcht bemerkt.
„Es gibt keinen Grund zur Besorgnis, Mylady. Ihr geheimes Doppelleben ist bei mir sicher aufgehoben. Mir liegt genauso wenig daran, Sie vor aller Augen zu demaskieren, wie Ihnen daran liegen dürfte, demaskiert zu werden. Im Gegenteil, wenn es nach mir ginge, wird nie jemand herausfinden, welche Eskapaden Sie sich bereits erlaubt haben. Aber es muss Ihnen klar sein: Ihrem Alter Ego wird diese Nacht der Garaus gemacht. Sie werden nicht in Ihren bisherigen Beruf zurückkehren.“
Maggie biss sich auf die Unterlippe und unterdrückte jedweden Protest, der ihr angesichts von G. W. Clarks lukrativer Karriere auf der Zunge liegen mochte. Es hatte keinen Sinn, ihren Entführer zu verärgern, ehe sie wusste, wer er war und welche Bedrohung er darstellte. „Sie sollten sich ausruhen. Wir werden noch ein paar Stunden unterwegs sein.“ Nachdem er ihr diesen Befehl erteilt hatte, schlug er mit seinem Stock an die Decke der Kutsche, die daraufhin sofort anhielt. Er nickte ihr zu und kletterte aus dem Gefährt. Kurz darauf wurde der Schlag geschlossen, und die Kutsche schwankte ein wenig, so als wäre er zum Kutscher auf den Bock gestiegen. Dann setzte sich der Wagen wieder in Bewegung.
Sobald das Gefährt seinen monotonen Rhythmus von zuvor wieder aufgenommen hatte, stieß Maggie ein leises Stöhnen aus. Sie war von einem Verrückten entführt worden, der von ihrem geheimen Doppelleben als G. W. Clark wusste! Natürlich hatte immer die Möglichkeit bestanden, dass ihr irgendwer auf die Schliche kam, aber sie wäre nie auf die Idee verfallen, dass dieser Mensch sie nach seiner Entdeckung entführen könnte und ihr befehlen würde, mit ihrer Arbeit aufzuhören! Ihre größte Furcht hatte immer darin bestanden, dass man ihr Geheimnis verriet und sie dadurch ihren guten Ruf verlöre.
Erschöpft lehnte sie sich in die Polster zurück. Anscheinend war sie diesmal wirklich in die Bredouille geraten. Nicht dass ihr das fremd gewesen wäre: Als Kind hatte sie immer das Gefühl gehabt, als reihte sich ein Dilemma an das nächste. Die Sache war sogar so etwas wie ein privater Witz gewesen. „Nur du“, hatte ihre Familie immer gesagt. „Nur du, Maggie, kannst in eine solche Klemme geraten.“ Und sie hatte ihnen beipflichten müssen. Man sehe sich doch nur an, wie sie in einem Schrank im Bordell gelandet war. Und wie sie gezwungen gewesen war, aus dem Fenster zu klettern, um einer Lektion zu entgehen, um die sie nicht gebeten hatte. Und nun diese Entführung!
Im Stillen verfluchte sich Maggie dafür, dass sie Banks nicht gestattet hatte, sie zu Madame Dubarry zu begleiten. Der Butler diente ihr bei ihren Abenteuern öfter als eine Art Leibwächter. Er begleitete sie und hielt sich so dicht bei ihr, wie er konnte, ohne ihre Verkleidung auffliegen zu lassen. Alt, dünn und gebrechlich, wie er war, schreckte der Mann wohl niemanden ab, der ihr etwas anzutun wünschte. Doch in seiner Gegenwart hatte sie sich dennoch immer ein bisschen sicherer gefühlt – und nun wünschte sie sich unwillkürlich, dass er in dieser Nacht ebenfalls dabei gewesen wäre.
Der Butler hatte sie auch begleiten wollen, doch Maggie hatte erklärt, dass sie seinen Schutz nicht brauche, schließlich wolle sie nur ein paar Frauen befragen. Madame Dubarry sei eine Freundin, hatte sie hinzugefügt, sie sei vollkommen sicher bei ihr. Was für eine Ironie, dass sie noch auf ihn hatte einreden müssen, um ihn zum Daheimbleiben zu überreden.
„Dummkopf“, schalt sie sich selbst leise. Auch wenn Banks vermutlich in der Küche hätte warten müssen und ihre Entführung somit nicht hätte verhindern können, wäre wenigstens jemand vor Ort gewesen, der ihr Verschwinden bemerkt hätte. Maggie war sich nicht sicher, ob Madame Dubarry sich überhaupt Gedanken machen würde, wenn sie nicht zurückkäme. Als die Bordellbesitzerin sie nach oben gebracht hatte, waren schon die ersten Herren eingetrudelt auf der Suche nach ein wenig Unterhaltung. Vermutlich war die Frau jetzt viel zu sehr mit ihren Geschäften befasst, um Maggies Abwesenheit zu bemerken. Und wer wusste, wie lange Banks zu Hause ausharrte, ehe er sich entschloss, nach ihr zu suchen?
Ja, dachte sie resigniert, ich sitze wirklich in der Patsche. Nun musste sie einen Ausweg finden. Die Fesseln zu lösen wäre schon mal ein guter Anfang.
Ihr kam ein neuer Gedanke, bei dem sie sich ruckartig aufrichtete. Lieber Himmel! Ihre Hände waren unter ihrem Umhang gefesselt. Um an ihre Hände zu gelangen, hatten ihre Entführer den Umhang aufschlagen müssen. Das bedeutete ja, dass sie das unanständige rote Seidenkleid gesehen hatten! Bestürzt fragte sie sich, was sie davon wohl gehalten hatten.
Sie blickte sich im dämmrigen Kutscheninneren um. Vielleicht hatten sie sich gar nichts dabei gedacht. Vielleicht war es so dunkel gewesen, dass sie gar nicht gesehen hatten, was sie anhatte. Gerade als sie anfing, sich in dieser Hoffnung zu wiegen, wurde ihr klar, dass sie, selbst wenn sie beim Anlegen der Fesseln nicht viel gesehen hatten, doch genug zu sehen bekämen, wenn sie an ihrem Ziel ankämen. Bei ihrem Glück wäre es taghell, wenn sie beschlossen, sie von den Fesseln zu befreien, dann könnten sie sie von Kopf bis Fuß in Augenschein nehmen.
Zum Teufel mit Maisey, dachte sie ärgerlich. Wenn das Mädchen nicht darauf bestanden hätte, die Kleider zu tauschen … Und zum Teufel mit Frances obendrein, fügte sie verdrossen hinzu. Zum Kuckuck, entschied sie, nachdem sie schon einmal dabei war, konnte sie Gerald auch noch zum Teufel schicken.
Mit einem leisen Stöhnen ließ Maggie den Kopf zurücksinken. Die Lage wurde wirklich immer besser. Sie musste entkommen. Sie hörte auf, sich auf dem gepolsterten Sitz zu entspannen, und begann mit ihren Fesseln zu kämpfen. Sie waren äußerst kompetent und sehr fest gebunden und wollten sich trotz aller Anstrengungen nicht lösen lassen.
Mit ihren Bemühungen erreichte Maggie nur, dass sie sich verausgabte und sich die Handgelenke wund rieb. Sie gab auf, lang bevor die ersten Finger der Dämmerung über den Horizont strichen.
Die Kutsche kam vor einem Herrenhaus zum Stehen. Maggie setzte sich auf, verzog das Gesicht ob der Schmerzen, die diese Bewegung ihren empfindlichen Handgelenken verursachten, und blickte verblüfft auf das Gebäude, das sie draußen vor dem Fenster entdeckte. Es war groß – riesengroß –, offensichtlich wohnte dort ein reicher Mann, und doch wirkte es irgendwie plump. Es kauerte eher, als dass es sich in die Höhe emporschwang, und es warf dunkle Schatten auf das umliegende Land.
Bei dem Anblick runzelte Maggie die Stirn. Im nächsten Augenblick schwankte die Kutsche, als jemand vom Kutschbock stieg, und sie verkrampfte sich. Sie war nicht allzu überrascht, als die Tür aufging und sie den Mann mit Hut und Umhang sah, der bei ihr in der Kutsche gesessen hatte, als sie erwacht war – nicht dass sie jetzt mehr von ihm sehen konnte als zuvor in der dunklen Kutsche. Zwar wurde der Himmel bereits heller, doch die Kutsche stand im Schatten des Gebäudes. Sie erkannte aber die Stimme des Mannes, als er eine Entschuldigung murmelte und sich zu ihr vorbeugte.
Sie verstand den Grund für die höfliche Entschuldigung, da er sie im nächsten Augenblick vom Wagenpolster nach draußen hob. Im nächsten Moment warf er sie sich wie einen Kartoffelsack über die Schulter, wobei ihr der plötzliche Aufprall auf seiner Schulter den Atem raubte, sodass sie nicht einmal um Hilfe rufen konnte. Nicht dass irgendwer in der Nähe gestanden hätte, der ihr hätte seine Hilfe anbieten können. Verängstigt wandte sie den Kopf erst in die eine, dann in die andere Richtung und sah, dass außer dem Mann, der sie im Moment zur Eingangstür des Herrenhauses schleppte, niemand in Sicht war. Nun ja, den Kutscher gab es noch, doch ein Blick in dessen grinsende Gesicht verriet ihr, dass hier auf keine Hilfe zu hoffen war.
Sie befand, dass es am besten wäre, wenn sie mit ihren Kräften haushielt, und verharrte ganz still in dieser würdelosen Lage. Insgeheim gelobte sie, dass sie den Entführer bei der erstbesten Gelegenheit für diese demütigende Erfahrung erdrosseln würde. Dann hatten sie die Tür erreicht, und ihre Aufmerksamkeit richtete sich auf das Innere des Hauses. Unter sich sah sie einen Marmorboden, die Beine eines schmalen Tisches, dann Stufen.
Maggie hielt den Atem an und versuchte sich nicht zu rühren: Solange er die Treppe hinaufstieg, wollte sie den Entführer wirklich nicht aus dem Gleichgewicht bringen. Erleichtert atmete sie auf, nachdem sie die Stufen hinter sich gelassen hatten und durch einen breiten Flur gingen. Dann wurde sie durch eine Tür in ein dunkles Zimmer getragen. Der Entführer verlangsamte seine Schritte, bewegte die Hände, beugte sich vor und ließ Maggie in dem immer noch dunklen Raum kurzerhand auf eine weiche Fläche gleiten. Daraufhin drehte er sich um und verließ das Zimmer.
Maggie brauchte einen Augenblick, um zu erkennen, dass es sich bei der weichen Fläche um ein Bett handelte. Dann jedoch versuchte sie schnellstmöglich, davon herunterzuklettern, vergaß dabei jedoch, dass ihre Füße gefesselt waren. Am Ende fiel sie auf dem Fußboden auf die Knie, während es gleichzeitig hell wurde im Zimmer. Sie hob den Kopf und beobachtete misstrauisch, wie ihr Entführer mit einer Kerze zurückkehrte und damit ein Feuer im Kamin entzündete. Dann brachte er die Kerze zu einem Tisch, der auf der anderen Seite des Betts stand, der Tür am nächsten. Vorsichtig stellte er sie ab und ließ dann den Blick zu ihr auf den Boden wandern.
Sie erwiderte den prüfenden Blick, war jedoch ziemlich verblüfft von dem, was sie sah. Ihr Entführer war groß, hatte lange, muskulöse Beine und überdurchschnittlich breite Schultern. Sein dunkles Haar war stufig geschnitten. An den Schläfen war es bereits grau, was ihm ein distinguiertes Aussehen verlieh. Sein Gesicht war attraktiv und markant, wirkte jedoch ein wenig hart, so als lächelte er nicht allzu oft.
Der Mann betrachtete sie schweigend, sah ihren misstrauischen Blick und rieb sich erschöpft den Nacken. „Ich bin James Huttledon“, verkündete er schließlich. Als Maggie ihn nur ausdruckslos anstarrte, fügte er hinzu: „Ich war ein Freund Ihres Bruders. Wir haben einen Großteil des Krieges Seite an Seite gekämpft.“
Diese Eröffnung überraschte Maggie, und ihr Misstrauen legte sich ein wenig, als sie im Geiste die Verbindung herstellte. Gerald hatte ihr oft geschrieben, lange Briefe, in denen er von seinen Kameraden berichtete, den Schlachten, der Kameradschaft. Einen Mann hatte er besonders oft erwähnt, und seinen Briefen war zu entnehmen gewesen, dass Gerald ihn respektiert und zu ihm aufgeblickt hatte. Er hatte diesen Mann ein, zweimal James genannt, hatte ihn jedoch meist mit seinem Titel bezeichnet. „Ramsey“, sagte sie ein wenig atemlos.
„Ja, ich bin Lord Ramsey. Ihr Bruder starb, als er mir das Leben gerettet hat, und sein letzter Wunsch an mich war, dass ich mich um Sie kümmere.“
Maggie schwieg einen Augenblick. Sie hatte gewusst, dass Gerald einen Heldentod gestorben war – sein vorgesetzter Offizier hatte ihr detailliert beschrieben, wie er sich schützend vor einen Kameraden geworfen und die für diesen bestimmte Musketenkugel abbekommen hatte. Sie hatte jedoch nicht erfahren, für wen er gestorben war; der Name war nicht genannt worden. Nun starrte sie den Mann an, der sie entführt und den ihr Bruder gerettet hatte und empfand nur bittere Enttäuschung. Für diesen Mann war Gerald gestorben?
Sie konnte nichts gegen ihre angespannte Miene oder den Ton ihrer Stimme machen, als sie ihn anfuhr: „Verstehe. Nun, verzeihen Sie, wenn ich etwas sage, was Sie vielleicht nicht hören wollen, Mylord, aber ich bezweifle doch, dass Gerald damit gemeint hatte, dass man mich erstickt, fesselt und entführt.“
Lord Ramsey verzog das Gesicht, sagte nach einem Moment jedoch streng: „Als ich mich einverstanden erklärte, habe ich auch nicht damit gerechnet, so etwas zu tun. Allerdings bezweifle ich, dass Ihr Bruder damit gerechnet hat, dass Sie das anstellen, was Sie angestellt haben.“
Maggie schnappte empört nach Luft und richtete sich so gut es ihr möglich war auf. „Und was soll das nun wieder heißen?“
Sein Blick glitt nach unten, lenkte ihre Aufmerksamkeit auf den Umstand, dass sie, als sie sich halb erhoben hatte, einen Gutteil ihres dünnen roten Fähnchens offenbarte, das vorher unter ihrem Umhang versteckt gewesen war, und all die Dinge, die es nicht bedeckte. Als Maggie klar wurde, welchen Anblick sie bot, lief sie knallrot an und kauerte sich am Bett zusammen. Lord Ramseys Blick kehrte sofort wieder zu ihrem Gesicht zurück. Maggie spürte die Maske kühl an ihren glühenden Wangen und fühlte sich zu einer Erklärung genötigt. Sie räusperte sich und sagte: „Das hier ist nur eine Verkleidung. Ohne sie hätte ich mich dort wohl kaum frei bewegen können, oder?“
„Lieber Himmel, nein!“, stimmte der Mann in hellem Entsetzen zu. Dann wurde er wieder streng und fügte hinzu: „Sie hätten überhaupt nicht dort sein sollen. Eine Dame Ihres Rufes hat dort überhaupt nichts verloren und sollte auch nicht arbeiten in …“ Er hielt inne, offenbar auf der Suche nach einer passenden Beschreibung. Maggie unterbrach ihn.