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Cesar Millan ist der Hundeflüsterer – das Original! Er kennt Hunde genau: ihre Psyche, ihre Wünsche, ihre Macken. Er ist der erfolgreichste Hundetrainer der USA und beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit Hunden. Klar und kompakt fasst er in "die Glücksformel für den Hund" sein Wissen zusammen. Er erklärt, wie Hunde denken, zeigt, wie man richtig Grenzen setzt, falsche Verhaltensmuster beseitigt und welcher Hund am besten zu welchem Menschen passt. In diesem informativen Ratgeber finden Hundebesitzer alles über die Grundlagen der Hunde-Psychologie und die richtige Erziehung, illustriert mit vielen Beispielgeschichten. Wer dieses Buch liest, lernt, dass Riechen im Hundeleben das Wichtigste ist und dass Vierbeiner nicht lügen. Der kurze Weg zum glücklichen Hund beginnt bei Cesar Millan.
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Seitenzahl: 219
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INHALT
DANKSAGUNG
EINLEITUNG
KLEINE GEBRAUCHSANWEISUNG
KAPITEL 1
Den Hund richtig verstehen
KAPITEL 2
Cesars Naturgesetze für Hunde
KAPITEL 3
Neun Prinzipien für einen ausgeglichenen Hund
KAPITEL 4
Praktische Techniken für den Rudelführer
KAPITEL 5
Verhaltensprobleme
KAPITEL 6
Die Wahl des richtigen Hundes
KAPITEL 7
Veränderungen im Leben meistern
KAPITEL 8
Die Erfüllungsformel
KAPITEL 9
Ich widme dieses Buch meinen Fans auf der ganzen Welt. Ohne ihre Unterstützung könnte ich niemandem Tipps geben. Daher danke ich meinen Fans für ihre Aufgeschlossenheit und natürlich ihren Hunden, die in den letzten neun Staffeln vonDer Hundeflüsterer bei mir waren.
DANKSAGUNG
Ich danke Gott für meine Gabe, mit Hunden umgehen zu können. Ich danke meinem Team bei Cesar Millan Inc., im Dog Psychology Center, bei Cesar’s Way, beim National Geographic Channel, Lisa Thomas und Hilary Black bei National Geographic Books und Tara King sowie der Millan Foundation für ihr anhaltendes Engagement für die Rettung, Resozialisierung und Vermittlung von Hunden. Mein besonderer Dank gilt Jon Bastian und Bob Aniello für ihre Hilfe beim Schreiben dieses Buches und Amy Briggs, die Wochenenden und Abende opferte, um meine Texte zu lektorieren.
Nach den fantastischen letzten neun Jahren freue ich mich auf die Zukunft und möchte die neuen Mitglieder meines Teams herzlich willkommen heißen: das Produktionsteam der Sendung Leader of the Pack, Steve LeGrice von der Zeitschrift Cesar’s Way sowie Cheri Lucas, Evo Fisher und Eric Rovner bei William Morris Endeavor. Zuletzt möchte ich auch Pomi danken, der seine Ranch erweiterte, damit wir unsere Sendung drehen können.
– CESAR MILLAN
Ich danke Stacy und Ted Milner, die mich in Cesars Welt einführten, meinen ehemaligen und aktuellen Rudeln bei CMI, Cesar’s Way und Der Hundeflüsterer, Che’Rae Adams und dem L. A. Writers Center für ihre Inspiration, Unterstützung und Freundschaft und meinem Rudel Shadow und Sheeba, die immer für mich da waren und mich lehrten, was es heißt, ein Anführer zu sein. Ich danke Bob Aniello und Dave Rogers für ihr Vertrauen. Und natürlich danke ich Cesar, von dem ich im Lauf der Jahre so viel gelernt habe.
– JON BASTIAN
Ich danke meinen Eltern Al und Jean Aniello für ihre unermüdliche Inspiration, meiner Familie Daryle, Nick und Chris, die mich erträgt und mir erlaubt, der zu sein, der ich bin, meinen Brüdern Ron und Rick, die immer für mich da waren und mich kreativ, moralisch und spirituell anleiteten. Und Cesar, der mir beibrachte, dass wirklich alles möglich ist.
– BOB ANIELLO
Ich danke Cesar Millan und seinem Team für die Gelegenheit, an diesem Projekt mitzuarbeiten. Danke an Bob und Jon, die alles in Bewegung setzten, um den Text unter Bedingungen abzuliefern, die andere als unmöglich bezeichnen würden. Ihr seid ein echtes Dreamteam – schnell, offen für alles und immer mit neuen Vorschlägen bei der Hand, um das Buch besser zu machen. Ich danke meinem Mann Crenshaw und meiner Tochter Diana. Ich danke meinen Katzen Colonel und Nellie für ihr Schnurren und das Stupsen. Und einen großen Dank an Hoss, Ralph, Max, Bud und Lucy, die besten Hunde, die man sich wünschen kann. Ich habe ein solches Glück, dass ich mein Leben mit euch teilen durfte.
– AMY BRIGGS
EINLEITUNG
Ich stehe auf weichem Wüstensand, meine Schuhe graben sich tief in den Boden. Der Sand bildet um meine Schuhe herum einen Wall. Es ist über 40Grad heiß. Ich fühle mich unwohl und kann mich kaum rühren. Als ich über die Grenze nach Mexiko hinübersehe, trifft mich plötzlich die Erkenntnis: Ich lebe jetzt länger in den USA als in Mexiko. Es ist über 22Jahre her, seit ich am 23.Dezember 1990 illegal die Grenze von Tijuana ins kalifornische San Ysidro, südlich von San Diego, überquerte. Ich war 20Jahre alt.
Die Grenze war damals anders. Es gab weniger Mauern und weniger Grenzpatrouillen, und die Wüste erstreckte sich in meiner Erinnerung ewig. Obwohl sich so viel verändert hat, erkenne ich noch die Wüste und die Täler, durch die ich zwei Wochen lang allein wanderte, bis ich es unversehrt nach San Diego schaffte. Ich rieche immer noch die Trockenheit der Luft und spüre die Kargheit des Geländes, in dem ich mich zwischen Felsen und Büschen versteckte, um nicht erwischt zu werden. Dieses Gefühl der Einsamkeit werde ich nie wieder los, und meine Rückkehr hat die Erinnerungen daran nur verstärkt. Während ich über die Landschaft hinwegblicke, frage ich mich: Wie habe ich das gemacht? Ich hatte damals einen einfachen Traum: in die USA zu gehen und Hundetrainer zu werden. Damals war es ein Traum, heute ist es Realität. Diese Reise schließt für mich den Kreis.
Es ist der 13.September 2012, ich bin nach San Ysidro an den Punkt der illegalen Grenzüberquerung zurückgekehrt. Aber diesmal bin ich kein einsamer, verängstigter Einwanderer mehr, ich habe mir meinen Traum erfüllt. Ich bin mit einem ganzen Kamerateam, einem Fotografen und meiner Aufnahmeleiterin Allegra Pickett hier. Ich habe die Wüste nicht zu Fuß durchquert, sondern reiste mit dem Sender National Geographic Television, der eine Dokumentation über mein Leben dreht, komfortabel in einem klimatisierten SUV an. Es erscheint mir surreal, und es ist mir fast peinlich, dass ein Fernsehsender meine Lebensgeschichte so interessant findet, dass er sie allen zeigen möchte.
Während die Kameras laufen, sammelt sich ein Pulk Schaulustiger und Fans. Die meisten scheinen mich beim Namen zu kennen. Manche rufen: «El Encantador de Perros!» („Der Hundebeschwörer“, so heißt Der Hundeflüsterer in Mexiko). In den Drehpausen gehe ich zu ihnen hinüber und gebe Autogramme. Ich bin verblüfft, was für unterschiedliche Menschen sich da versammelt haben – ein Querschnitt durch die Fangemeinde der Sendung, die in über 100Ländern ausgestrahlt wird. Eine Kanadierin erzählt, sie habe alle 167Folgen von Der Hundeflüsterer gesehen. Neben einer Familie aus Seattle steht ein Mann aus Argentinien, der einige meiner hundepsychologischen Methoden bei der Erziehung seiner eigenen Kinder angewandt hat.
Hier hat alles angefangen: meine Rückkehr zur Grenze in der Nähe von San Ysidro in Kalifornien, 2012. [Abb. 1]
Als ich dort an der Grenze stehe und den Geschichten der Fans lausche, wird mir eins klar: Ich stamme aus Mexiko und bin seit 2009 Bürger der USA, doch ich gehöre zu keinem Land, das sich über Grenzen, Staatsgebiet oder Sprache definiert. Ich gehöre zu einer weltweiten Gemeinschaft von Hundeliebhabern. Das ist mein Rudel. Dort gehöre ich hin – zu ihnen und ihren Hunden. Ein Rudel aus über 400Millionen Hunden und mehr als einer Milliarde Menschen, die mit Hunden leben. Meine Rolle in dieser großen Gemeinschaft ist die eines Rudelführers.
Ich nehme dieses Privileg sehr ernst. Als Rudelführer erwartet man von mir Schutz und Anleitung. Die meisten Menschen kommen zu mir, weil sie Lösungen für ihre Hundeprobleme suchen. In den neun Staffeln von Der Hundeflüsterer habe ich Techniken gezeigt, um jede Art von Fehlverhalten bei allen möglichen Rassen zu korrigieren, und ich bin jedem möglichen Fehler im Umgang mit Hunden begegnet. Aber meine Rolle als Rudelführer ist für mich jetzt am wichtigsten. So wichtig, dass ich beschlossen habe, die Sendung Der Hundeflüsterer nach der neunten Staffel zu beenden und eine neue Sendung namens Leader of the Pack auf die Beine zu stellen.
Während es im Hundeflüsterer um Resozialisierung ging, dreht sich in Leader of the Pack alles um Rettung. Wir zeigen, wie Hunde aufgegeben wurden und eine zweite Chance bekommen, wie sie rehabilitiert und in eine passende Familie vermittelt werden. Für viele Hunde in der Sendung ist dies ihre letzte Chance. In meiner Rolle als Rudelführer finde ich ein neues Zuhause für diese Tiere und gebe ihren neuen Familien die richtigen Mittel an die Hand, um sich um sie zu kümmern. Jeder kann ein Rudelführer werden.
Dieses neue Ziel hat mich dazu veranlasst, das vorliegende Buch zu schreiben, damit andere auf dieselbe Weise zum Rudelführer werden können wie ich. Eigentlich arbeite ich seit 22Jahren an diesem Buch. Es enthält mein gesamtes empirisches Wissen über Hundepsychologie und Training in leicht verständlicher Form.
Ich erkläre, wieso man Hunde als Hunde betrachten muss und nicht als Menschen. Ich beschreibe, wie Jahrtausende Evolution und menschliches Eingreifen in den Genpool unsere vierbeinigen Gefährten geformt haben. Anschließend gehe ich auf die „Naturgesetze für Hunde“ ein und wie sie sich auf Verhalten und Denkweise von Hunden auswirken. In Kapitel 3 finden Sie meine neun Kernprinzipien: einfache, intuitive Methoden für einen gesunden, glücklichen und ausgeglichenen Hund. Nach diesen Prinzipien und Techniken arbeite ich bei der Rehabilitation. Die letzten Kapitel enthalten Strategien für die Auswahl des richtigen Hundes, den Umgang mit Veränderungen und das Korrigieren häufiger Verhaltensprobleme. Dabei analysiere ich die Probleme und biete Lösungen an, sodass die Ausführungen auch später zum Nachschlagen nützlich sind.
Von meinem Assistenzhund Junior habe ich viel gelernt. [Abb. 2]
Vor allem aber finden Sie in diesem Buch viel darüber, was ich bei meiner Arbeit mit Hunden und aus meiner eigenen Lebenserfahrung über das Verhalten von Menschen gelernt habe. In den letzten Kapiteln erzähle ich Ihnen inspirierende Geschichten – einschließlich meiner eigenen – von Menschen, deren Leben durch einen Hund für immer verändert wurde. Zum allerersten Mal erfahren Sie, was ich bei der Arbeit etwa mit der Lebensberaterin und The Biggest Loser-Star Jillian Michaels gelernt habe. Das Leben dieser Menschen hat sich von Grund auf geändert, als sie die Naturgesetze für Hunde, die Kernprinzipien und die Rudelführertechniken anwandten, die ich in den vielen Jahren, in denen ich Tieren und Menschen zu einem harmonischen Zusammenleben verhelfe, entwickelt habe.
Und natürlich werden Sie Hunde kennenlernen … die obsessiven, die aggressiven, die so sehr vermenschlichten, dass sie aus dem Gleichgewicht geraten, und ihre Besitzer, die das Problem erst verursachten – sie weggeben oder in Käfigen oder im Garten isolieren müssen. Ich erzähle Ihnen Geschichten über die Hunde aus meiner neuen Sendung Leader of the Pack. Sie werden sehen, wie meine Methoden jedem einzelnen dabei halfen, sein Gleichgewicht und ein neues, liebevolles Zuhause zu finden.
Am Ende dieses Buches werden wir gemeinsam Wesen und Verstand des Hundes erkundet haben. Sie werden wissen, wie ein Hund denkt und wie unsere Energie sein Verhalten beeinflusst. Vor allem aber werden Sie gelernt haben, wie Sie Ihrem treuen Freund ein guter Rudelführer sind.
Und wenn ich meine Arbeit als Rudelführer gut mache, haben Sie ein besseres Verständnis dafür entwickelt, an welcher Stelle womöglich Ihr Leben aus dem Gleichgewicht geraten ist, und hoffentlich gelernt, wie Sie die Bedürfnisse Ihres eigenen Rudels besser erfüllen können.
Ich hoffe und glaube, dass Ihnen dieses Buch Einsichten bringt, die die Beziehung zu Ihrem Hund, Ihrer Familie und Ihrer Umgebung verbessern und bereichern. Willkommen im Rudel.
KLEINE GEBRAUCHSANWEISUNG
Bevor Sie mit dem Lesen beginnen, möchte ich Sie auf etwas hinweisen. Ich weiß, dass manche meiner Begriffe einigen Menschen unangenehm sind. Nach meiner Erfahrung betrifft das vor allem die Wörter Dominanz und Kontrolle. Das Unbehagen lässt sich wohl durch die negative Interpretation dieser Begriffe erklären. Daher möchte ich gern vorab erläutern, warum sie für mich neutral, vielleicht sogar positiv, und notwendig sind.
Ich werde oft gefragt, was ich mit diesen Begriffen meine. Offenbar haben sie vor allem in den USA eine negative Konnotation – niemand möchte unter der „Kontrolle“ des Ehepartners oder Chefs stehen, und zum Konzept der „Dominanz“ gehört das Überwältigen eines Gegners.
Wenn ich diese Worte benutze, fallen mir andere Assoziationen ein. Das Wort Dominanz stammt vom lateinischen dominus ab, das so viel bedeutet wie „Meister“. Für mich klingt das wie das spanische maestro, das nichts weiter bedeutet als „Lehrer“. Im Englischen und auch im Deuschen bezeichnet maestro oft einen Orchesterdirigenten – eine wesentlich angenehmere Assoziation zu Dominanz, denn ein Dirigent bietet etwas, das auch ein dominanter Hund einem Rudel bietet: Führung.
Der zweite Begriff, der häufig missverstanden wird, lautet Kontrolle. In diesem Buch meine ich damit das Veranlassen, Ändern und Beenden von Handlungen durch andere. Wenn Lehrer ihren Schülern sagen, sie sollen mit einem Test beginnen oder am Ende die Stifte aus der Hand legen, dann ist das Kontrolle. In Ihrer Beziehung zu Ihrem Hund sollten Sie derjenige sein, der bestimmt, wann Dinge anfangen, sich ändern und aufhören. Wenn Ihr Hund diese Entscheidungen trifft, dann haben Sie nicht die Kontrolle – und sind damit nicht der Rudelführer.
Wenn Ihr Hund beim Gassigehen an der Leine zieht, übernehmen Sie die Kontrolle, indem Sie die Richtung ändern. Wenn er ein unerwünschtes Verhalten zeigt, beenden Sie es. Korrigieren Sie es. Bevor Sie dem Hund etwas geben, das er will – einen Spaziergang, Futter, Wasser, Zuwendung –, warten Sie, bis er das Verhalten zeigt, das Sie wünschen, und zwar ruhig und gefügig. Die Handlung, die sich ein Hund wünscht, beginnt erst, wenn Sie dies erlauben, und nie dann, wenn Ihr Hund damit anfängt.
Ich bin überzeugt, dass ein Rudelführer die Begriffe Kontrolle und Dominanz annehmen muss. Es ist wichtig, dass Sie sich an sie gewöhnen – so wie ich sie meine.
Da Menschen auf Worte mit starken negativen Assoziationen reagieren können, kann schon das Lesen eines Wortes eine emotionale Reaktion auslösen – manchmal eine defensive –, die dem Verständnis im Wege steht. Achten Sie beim Lesen dieses Buches auf Ihre Emotionen und halten Sie bei jedem Begriff inne, bei dem Sie sich unbehaglich fühlen. Unterstreichen Sie das Wort und denken Sie darüber nach, warum es diese Reaktion hervorruft.
Versuchen Sie das gleich einmal mit Kontrolle und Dominanz. Was bedeuten diese beiden Begriffe für Sie? Entstehen dabei positive oder negative Gefühle? Woran könnte das liegen? Suchen Sie für jeden Begriff, der Sie stört, Synonyme, die Ihnen angenehmer sind. Für viele Menschen ist zum Beispiel das Wort Hitze mit unangenehmen Emotionen verknüpft, aber Wärme ist positiv – die sengende Wüste im Sommer im Gegensatz zu einem behaglichen Kaminfeuer im Winter.
Für Hunde bedeuten Worte nichts. Es sind nur Tonhöhen und Lautveränderungen. Das gilt auch für die Namen, die wir ihnen geben. Hunde kommunizieren über Energie, und sie reagieren am besten auf uns, wenn wir ruhig und entschlossen sind. Um diesen Zustand zu erreichen, müssen wir zunächst unsere menschlichen Gefühle kontrollieren, vor allem diejenigen, die zu schwachen Energiezuständen wie Zweifel, Furcht oder Nervosität führen. Wenn bestimmte Begriffe diese Gefühle in Ihnen hervorrufen, sollten Sie das Negative neutralisieren, indem Sie herausfinden, warum sie diese Gefühle in Ihnen wecken, die entsprechenden Konnotationen von den Begriffen trennen und/oder sie durch neutrale Synonyme ersetzen.
Wissen hilft gegen Angst, und das Ziel dieses Buches besteht darin, Ihnen Wissen zu vermitteln. Ruhe erlangen müssen Sie jedoch selbst. Wenn Sie mit mir arbeiten und dieses Buch mit offenem Geist lesen, werden Sie lernen, diese Ruhe zu erreichen, und Sie werden instinktiv wissen, wie Sie Ihren Hund ins Gleichgewicht bringen.
[Abb. 3]
KAPITEL 1
Den Hund richtig verstehen
Wenn Sie mit Ihrem Hund besser zurechtkommen wollen, sollten Sie versuchen, die Welt durch seine Augen zu sehen – oder vielmehr, mit seiner Nase zu riechen. Sie müssen verstehen, was im Kopf eines Hundes vorgeht.
Haben Sie sich je gefragt, was Ihr Hund denkt, wenn er Sie ansieht? Sie geben ihm Kommandos wie »Sitz!« oder »Runter vom Sofa!«, und als ausgeglichener Hund folgt er brav. Doch was geht dabei in seinem Gehirn vor sich? Ich verrate es Ihnen. Sein Gehirn liefert dem Hund Informationen über die Welt, sagt ihm, was er damit anfangen soll, und hilft ihm herauszufinden, wie er es seinem Menschen recht machen kann.
Hunde sind von Natur aus motiviert, dem Menschen zu gefallen. Sie wissen instinktiv, dass Menschen für sie wichtig sind und dass ihnen fast jedes Bedürfnis erfüllt wird, wenn sie ihren Menschen vertrauen. Daher tun Hunde alles, um Sie zufriedenzustellen – auf diesen Impuls sind ihre Gehirne angelegt.
Hunde sind anpassungsfähig, doch der Wunsch zu gefallen ist ein zweischneidiges Schwert. Wenn Sie wollen, dass sich Ihr Hund wie ein Kind benimmt, dann wird er das schließlich tun, selbst wenn seine Instinkte ihm das Gegenteil sagen. Einerseits macht ihr Bedürfnis nach Anerkennung Hunde zu ergebenen Haustieren und eifrigen Arbeitstieren, aber andererseits kann es sie auch in Schwierigkeiten bringen. Wenn Hunde versuchen, sich menschlichen Bedürfnissen anzupassen, die nicht ihrer Natur entsprechen, dann geraten sie aus dem Gleichgewicht.
Wenn Sie lernen, wie das Gehirn Ihres Hundes funktioniert, verstehen Sie ihn nicht nur besser, sondern können auch ein besserer Rudelführer sein und Ihrem Hund geben, was er für ein gesundes, glückliches und ausgeglichenes Leben braucht.
▶ Das Gehirn Ihres Hundes
Das Gehirn eines Hundes braucht viel Energie. Zwar macht es bei einem mittelgroßen Hund weniger als ein halbes Prozent des Körpergewichts aus, doch es beansprucht 20Prozent des Blutes, das vom Herzen in den Kreislauf gepumpt wird. Das Gehirn interpretiert alle Informationen oder Signale, die es von den Sinnesorganen bekommt, und steuert die entsprechenden Handlungen. Die Reaktion des Hundes auf diese Signale wird durch die genetisch festgelegte Struktur seines Gehirns bestimmt. Das bedeutet jedoch nicht, dass Hunde auf dieselben Reize immer in derselben Weise reagieren.
[Abb. 4]
Die Anatomie des Hundehirns ähnelt der der meisten anderen Säugetiere. Das Großhirn kontrolliert Lernen, Emotionen und Verhalten, das Kleinhirn steuert die Muskeln, und der Hirnstamm ist verantwortlich für das periphere Nervensystem. Ein weiteres Netzwerk im Gehirn, das sogenannte limbische System, ist offenbar für die Erinnerungen zuständig. Ein Hund begreift die Beziehung zwischen sich selbst und seiner Umwelt über das limbische System, das eng mit seinen Sinnen verknüpft ist, also mit Riechen, Hören, Sehen, Tasten und Schmecken.
▶ Instinkt und Training
Manchmal besteht ein Konflikt zwischen dem, was ein Hund instinktiv will, und dem, was wir von ihm verlangen. Dieses Tauziehen findet im limbischen System statt.
Die Mehrheit der Trainingsmethoden zielt vor allem darauf ab, das limbische System auszutricksen, entweder durch Belohnungen, wenn der Hund uns gehorcht und seine Instinkte ignoriert, oder durch Bestrafen, wenn er seinen Instinkten folgt.
Die meisten modernen Trainingsprogramme basieren auf einem dieser beiden Ansätze. Bei meiner Arbeit mit Hunden verwende ich beide und empfehle immer, die Methoden einzusetzen, die sich für Sie und Ihren Hund am besten eignen. Ich entwickle mein Trainingsprogramm lieber speziell für den Hund, als nach einer bestimmten Methode oder Formel vorzugehen.
Beim Training geht es um das Anwenden von Techniken. In meinen Kursen am Dog Psychology Center (DPC) behandle ich die meisten Techniken, die bei Hundetrainern heute Standard sind, wie das Klickertraining und die positive Verstärkung. Ich höre oft, dass ich im Training keine Klickertechniken verwende, aber wenn ich in den Sitzungen ein »Tsch!« von mir gebe, ist das im Prinzip dasselbe: Ich verknüpfe einen Laut mit einem erwünschten Verhalten. Manchmal setze ich auch Leckerchen ein, um ängstliche Hunde in einen entspannten Zustand zu bringen.
In den Trainingskursen am DPC höre ich Trainer oft untereinander diskutieren, welche Technik sich für eine bestimmte Situation am besten eignet. Wenn ich nach meiner Meinung gefragt werde, zitiere ich immer die Grundlagen: Überlege, was dieser Hund braucht, lenke seine Verhaltenstendenzen in die gewünschte Richtung und sei ein klarer, verlässlicher Rudelführer.
Es ist unerheblich, ob man Belohnungen, einen Klicker oder disziplinarische Maßnahmen benutzt, um ein erwünschtes Verhalten hervorzurufen, solange dieses Verhalten natürlich ist.
▶ Mit Instinkten arbeiten, nicht dagegen
Viele Probleme mit Hunden rühren daher, dass der Mensch die natürlichen Instinkte seines Tieres unterdrückt. Das Geheimnis eines erfolgreichen Hundetrainings liegt darin, die natürliche Energie und die Instinkte des Hundes in ein Verhalten umzuleiten, das für Mensch und Hund positiv ist. „Umleiten statt unterdrücken“ lautet eine meiner Grundregeln. Ich versuche immer, die besonderen Fähigkeiten einer Rasse zu fördern und natürliche Tendenzen der Hunde zu berücksichtigen.
Oft rufen mich Besitzer von Schnauzern an und beschweren sich, dass ihr Hund dauernd im Garten buddelt. Schnauzer tragen ihren Namen nicht von ungefähr. Sie wurden darauf gezüchtet, Ratten und andere Schädlinge in Scheunen und Häusern zu jagen, und haben einen stark ausgeprägten Geruchssinn. Sie folgen also nur ihren Rasseinstinkten. Statt diese zu unterdrücken, sollte man einen Bereich im Garten festlegen, in dem der Hund nach Herzenslust wühlen darf. Das Buddeln hält ihn fit, und er kann dabei überschüssige Energie abbauen. So mit den Instinkten des Hundes zu arbeiten, ist wohl die einfachste Lösung.
Am DPC gibt es spezielle Bereiche, in denen Hunde ihre natürlichen Instinkte ausleben können. Wir haben einen Swimmingpool für Wasserhunde und Retriever und eine Schafherde für Rassen, denen das Hüten in den Genen liegt.
Ich erinnere mich noch gut an eine Hündin namens Ginger, die uns vom Tierschutzverein gebracht wurde. Ginger war so nervös und leicht erregbar, dass ihr Besitzer sie aufgegeben hatte. Ich sah sofort, dass sie voller Angst war. Ich brachte sie also zur Schafherde, und noch nie habe ich gesehen, dass ein Hund so schnell wie ausgewechselt war. Nach zehn Minuten hatte Ginger die Schafe im Griff. Als ihre instinktiven Bedürfnisse befriedigt waren, entspannte sie sich und war nun ruhig und gehorsam. Wir setzen Ginger immer noch im DPC ein, wenn wir einem Fernsehteam einen Hütehund bei der Arbeit zeigen wollen. Ginger bringt die Herde schneller zusammen als jeder andere Hund, den ich kenne.
Janna Duncan, die unsere Hütekurse am DPC leitet, sagt: «Viele Rassen haben den Instinkt, eine Herde zusammenzutreiben. Wenn sie ‚arbeiten‘, spüren sie, dass sie eine Aufgabe im Leben haben. Sie arbeiten zu lassen, stärkt ihr Selbstbewusstsein und lindert Angst und Aggression.» Einmal sah ich, wie Janna einen fünf Monate alten Welpen zu den Schafen setzte. Die Kleine sollte „ihre Instinkte finden“. Innerhalb von Minuten versuchte die kleine Luna instinktiv, die Schafe zusammenzuhalten und sie in Bewegung zu setzen. Nach der Demonstration lief Luna stolz zu ihrer Familie zurück und saß ruhig und gehorsam zu ihren Füßen. Auftrag ausgeführt!
▶ Unterdrückte Instinkte bei Hütehunden
Instinktive Tendenz: Zusammentreiben
Energiezustand: angsterfüllt, instabil
Verhaltensproblem: Neigung, andere Haustiere oder sogar Menschen zusammenzutreiben; ständiges Schnappen nach den Fersen und Anspringen
Lösung: Energie umleiten in Flyball-, Frisbee- oder Agility-Training
Am häufigsten betroffene Rassen: Corgis, Schäferhunde, Malinois, Border Collies, Briards, Deutsche Schäferhunde und andere Hütehunde, Västgötaspets
In bestimmten Fällen ist es ratsam, die rassespezifischen Merkmale nicht zu fördern. Bei kräftigen Rassen wie Rottweilern und Pitbulls möchte man das Verhalten, auf das die Hunde ursprünglich gezüchtet wurden, etwa Jagen oder Bewachen, nicht noch unterstützen. In diesen Fällen sollten entsprechende Tendenzen kreativ umgelenkt werden. Mit Junior spiele ich zum Beispiel gern Tauziehen. Juniors Instinkt ist das Jagen. Mit dem Tauziehen leite ich seine Energie um in ein Spiel um Kontrolle.
Das Unterdrücken natürlicher, instinktiver Verhaltensweisen kann zu ernsten Verhaltensproblemen führen. Wie Ginger werden Hunde oft verhaltensauffällig, wenn sich Menschen über ihre Instinkte hinwegsetzen. Aus verschiedenen Gründen sind manche Hundebesitzer nicht in der Lage, ihre Hütehunde Schafe zusammentreiben, ihre Wasserhunde schwimmen oder ihre Wühlhunde buddeln zu lassen. In diesen Fällen akzeptiert man am besten, dass die Hunde überschüssige Energie aufbauen, die abgeleitet werden muss. Durch mehr Bewegung wird die Energie verbrannt, die Sinne werden beansprucht, und das unerwünschte Verhalten nimmt ab.
▶ Woran sich ein Hund erinnert
Wichtig ist zu wissen, wie das Gedächtnis eines Hundes funktioniert. Die Fähigkeit von Hunden, ganz für den Moment zu leben, macht sie erst trainierbar. In meinen über 20Jahren als Hundetrainer habe ich mit Tausenden von Hunden gearbeitet, und ich traf nur wenige Hunde, denen ich nicht helfen konnte.
Es ist kaum wissenschaftlich erforscht, wie Hunde Zeit wahrnehmen und sich an Ereignisse erinnern. Gedächtnis und Zeitwahrnehmung funktionieren bei Hunden anders als bei Menschen. Nach meiner Erfahrung können Hunde nicht mental in der Zeit zurück oder in die Zukunft reisen wie wir. Bestimmte Erinnerungen aufrufen und zukünftige Ereignisse vorhersehen zu können, erscheint wie ein Segen, doch ohne diese menschlichen Fähigkeiten gäbe es auch keine Sorge, Furcht, Schuld oder Reue.
Viele Hundebesitzer sind skeptisch, wenn ich ihnen sage, dass Hunde rein in der Gegenwart leben und dass ihre Gedächtnisspanne nur etwa 20Sekunden beträgt. Sie wenden ein, dass ihr Hund doch auch einen geworfenen Ball apportieren und ihn zu ihren Füßen ablegen kann. Hunde erinnern sich in der Tat daran, was sie tun müssen. Doch dies läuft nicht über ihr Gehirn.
Hunde haben gelernt, auf Kommandos zu reagieren und Menschen zufriedenzustellen. Daher können sie wissen, wie sie auf das Kommando «Hol» reagieren müssen, ohne sich dabei aber an die Situation zu erinnern, in der sie es gelernt haben. Sie erinnern sich vielleicht noch in allen Einzelheiten an den Frühlingstag, an dem Sie Ihrem Hund das Apportieren beigebracht haben, er jedoch nicht. Zumindest nicht auf dieselbe Weise wie Sie.
Ein Hund erinnert sich an Menschen und Orte anhand von Assoziationen, die mit diesen verknüpft sind. Ein assoziatives Gedächtnis kann sich positiv und negativ auswirken. Wenn auf eine Autofahrt einmal ein traumatischer Besuch beim Tierarzt folgte, kann ein Hund auf alle Autofahrten mit Angst reagieren, bis die negative Assoziation durch etwas Positives ersetzt wird, etwa einen Besuch auf dem Hundeplatz. Je stärker die Verknüpfung, desto schwieriger ist es, sie zu ersetzen.
Wenn ich mit traumatisierten Hunden arbeite, muss ich also zunächst ihre negativen Assoziationen erkennen. Es braucht Zeit und Geduld, um neue Verknüpfungen herzustellen. Ich habe schon mit zahlreichen Militärhunden gearbeitet, die aus Kriegsgebieten zurückkehrten. Viele von ihnen brauchen eine gründliche „Umprogrammierung“, bevor sie in eine neue Familie kommen können. Diese Hunde wissen nicht, ob sie sich gerade in einem Kriegsgebiet befinden oder nicht. Sie sind immer im Einsatz und haben viele negative Assoziationen, meist im Zusammenhang mit lauten Geräuschen. Besondere Schwierigkeiten haben sie mit Feuerwerk.
Gavin überwand seine Furcht vor lauten Geräuschen, indem er wieder zum Hund wurde. [Abb. 5]
Ich habe einmal mit einem Militärhund namens Gavin gearbeitet, einem zehnjährigen gelben Labrador, der seinen Dienst im Amt für Alkohol, Tabak, Schusswaffen und Sprengstoffe (ATF) beendet hatte. Gavin hatte zwei Jahre im Irak verbracht und dort eine schwere Abneigung gegen Lärm entwickelt. Bei seiner Rückkehr in die USA wurde er panisch, wenn es donnerte oder er ein Feuerwerk hörte. Die Störung wurde immer schlimmer, bis er auch vor hohen Geräuschen wie Rauchmeldern und Kindergeschrei Angst hatte.
Bei unserem ersten Zusammentreffen erstarrte Gavin, als er auf meine Meute traf. Im Zuge seiner militärischen Ausbildung hatte er sich so sehr daran gewöhnt, Teil eines Menschenrudels zu sein, dass er vergessen hatte, wie man mit anderen Hunden umgeht. Er war wie ein Roboter, dem alles abtrainiert worden war, was einen Hund ausmacht.