Die Guerilla-Bewerbung - Svenja Hofert - E-Book

Die Guerilla-Bewerbung E-Book

Svenja Hofert

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Beschreibung

Bewerbungen nach Schema F haben längst keine Aussicht mehr auf Erfolg - und individuelle Erfolge, ungewöhnliche Projekte sowie interessante Persönlichkeiten passen erst recht nicht in Formulare oder tabellarische Lebensläufe. Svenja Hofert zeigt, wie man als Guerilla-Bewerber mit 16 außergewöhnlichen Strategien abseits der ausgetretenen Bewerbungspfade zum neuen Job findet. Die erfolgreiche Alternative zur konventionellen Bewerbungsmappe!

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Svenja Hofert

Die Guerilla-Bewerbung

Ungewöhnliche Strategien erfolgreicher Jobsucher

Campus VerlagFrankfurt/New York

Über das Buch

Bewerbungen nach Schema F haben längst keine Aussicht mehr auf Erfolg – und individuelle Erfolge, ungewöhnliche Projekte sowie interessante Persönlichkeiten passen erst recht nicht in Formulare oder tabellarische Lebensläufe. Svenja Hofert zeigt, wie man als Guerilla-Bewerber mit 16 außergewöhnlichen Strategien abseits der ausgelatschten Bewerbungswege zum neuen Job findet. Die erfolgreiche Alternative zur konventionellen Bewerbungsmappe!

Über die Autorin

Svenja Hofert ist Expertin für neue Karrieren und eine der erfolgreichsten Autorinnen zu beruflichen Themen. Mit mehreren Hundert Presseveröffentlichungen jährlich gehört sie zu den meistzitierten Autorinnen. Seit mehr als zehn Jahren berät sie in ihrem eigenen Beratungsbüro Karriere & Entwicklung – das Büro für den nächsten Schritt in Hamburg.

Inhalt

Liebe Leserinnen und Leser

Warum Guerilla-Bewerbung?

Die Angebotsstrategie – »Ich schlage etwas vor«

Die Community-Strategie – »Ich werde Teil einer Gemeinschaft«

Die Elfenstrategie – »Ich mache mich sichtbar«

Die Gesuch-Strategie – »Ich werde gefunden«

Die Power-Mail-Strategie – »Ich mache neugierig«

Die Expertenstrategie – »Mein Ruf eilt mir voraus«

Die Baumeister-Strategie – »Ich schaffe mir meinen Job selbst«

Die Headhunter-Strategie – »Hasch mich!«

Die Kreativstrategie – »Ich falle auf«

Die Freie-Mitarbeit-Strategie – »Ich bin so frei«

Die Netzwerkstrategie – »Ich kenne da jemanden …«

Die Projektstrategie – »Ich packe an«

Die Kettenbrief-Strategie – »Ich verursache eine Kettenreaktion«

Die Anti-Aging-Strategie – »Ich schaffe noch was!«

Die Auslandsstrategie – »Ich bin dann mal weg«

Die Terminstrategie – »Ich mach was klar«

Strategienkombinationen

Wie lange dauert es, bis …?

Zum Weiterlesen

Liebe Leserinnen und Leser,

suchen auch Sie nach einem Job, der nicht in einem Online-Stellenmarkt oder einer Zeitung angeboten wird? Möchten auch Sie lieber bei einem Traumarbeitgeber angestellt sein, der so beliebt ist, dass er es nicht nötig hat zu inserieren? Wollen Sie sich umorientieren und quereinsteigen? Wenn Sie eine dieser Fragen mit »Ja« beantworten können, ist dieses Buch genau richtig für Sie. Es basiert auf mehr als zwölf Jahren Erfahrung als Karriere- und Veränderungsberaterin. In dieser Zeit habe ich gemeinsam mit meinen Kunden viel gesehen, ausprobiert und erlebt. Immer habe ich etwas mehr gewagt als die Kollegen, habe etwas querer, kreativer und innovativer gedacht. Immer habe ich die Zukunft der Arbeit im Blick gehabt, weil ich selbst sah, dass sich die alte Welt der starren Karriere auflöst und wir in ein neues Zeitalter aufbrechen. In ein Zeitalter, dass jedem erlaubt, Arbeit nicht mehr nur als Brotverdienst und Karrieretreppe zu sehen, sondern als etwas, das einem Freude und Erfüllung bringt. »Das macht man nicht« ist nie mein Maßstab gewesen. Ich vertrete vielmehr die Meinung: »Alles ist erlaubt, wenn es erfolgreich ist.«

Dieses Buch ist die Weiterentwicklung meines Buches Bewerben ohne Bewerbung, welches vor einigen Jahren im Eichborn Verlag erschienen ist und dessen Auflage schnell vergriffen war. Zeitweise wurden die verbliebenen, oft gebrauchten Exemplare bei Amazon für das Dreifache des früheren Preises gehandelt. Ich hatte schon mit der Erstausgabe damals, 2006, einen Nerv getroffen und Aha-Effekte ausgelöst. Viele Leser kamen später als Kunden zu uns oder schrieben begeisterte Leserbriefe.

Dieses Buch beinhaltet ganz viele neue Ideen für die Bewerbung auf dem verdeckten Arbeitsmarkt, der nach vorsichtigen Schätzungen mehr als Zwei Drittel aller Stellen umfasst. Sie lesen richtig:

Zwei Drittel aller Stellen werden nie ausgeschrieben. Das sind fast 70 Prozent!

Diese Zahl steigt und wird noch weiter steigen. Durch die sozialen Netzwerke und das Internet entstehen immer öfter und immer früher Bindungen, die nicht nur privat, sondern auch für das Arbeitsleben relevant sind. Junge Leute haben 300, 400 Kontakte bei Facebook. Ein Teil davon wird in Entscheidungspositionen hineinwachsen – und sich dort an alte und neue Freunde erinnern, die täglich sichtbar sind. Das war früher ganz anders: Ehemalige Kollegen sah man in der Regel nie mehr, und irgendwann erinnerte man sich nicht einmal mehr an ihre Namen. Heute begleitet einen sein Netzwerk, auch wenn es sich verändert. Das hat unmittelbare Auswirkungen auf die Jobsuche, die jeden betreffen.

Ein weiterer Grund: In den letzten Jahren werden immer mehr Stellen über Personalvermittler und Zeitarbeitsfirmen vergeben. Das sind weit überwiegend ungeliebte und unbeliebte Stellen. Diese aber dominieren die Stellenmärkte. Die guten Jobs verschwinden gleichwohl mehr und mehr aus dem offenen Angebot. Sie gehen in den »Untergrund«.

Der Job-Untergrund ist dort, wo Stellen unter der Hand vergeben werden über Empfehlungen und Kontakte oder weil jemand sich auf eine ungewöhnliche Art und Weise ins Blickfeld geschoben hat.

Dieses Buch ist kein Buch für Kreative und Freaks. Es ist ein Buch für alle, die sich bewerben, Absolventen, Führungskräfte und Quereinsteiger. Freiberufler können haargenau dieselben Strategien wie Angestellte nutzen, um neue Kunden und Aufträge zu gewinnen.

Sie dürfen gespannt sein.

IhreSvenja Hofert

Warum Guerilla-Bewerbung?

Mein Schwager, der seit 20 Jahren in Spanien lebt, aber inzwischen zeitweise wieder in Deutschland arbeitet, hat alle seine Jobs durch Guerilla-Bewerbungen bekommen, den letzten zum Beispiel durch einen Brief an den Vorstand eines internationalen Baukonzerns. Er, der auch viele Jahre in Südamerika war, weiß natürlich auf Anhieb, dass Guerilla die Verkleinerungsform von Guerra ist, des spanischen Wortes für Krieg also. Ist Bewerben Krieg? Natürlich nicht. Die Form der Guerilla-Bewerbung, die ich Ihnen in diesem Buch vorstelle, ist absolut friedlich. Sie hat ihren Namen nur bekommen, weil in Guerilla noch etwas ganz anderes steckt als die bloße Wortbedeutung »kleiner Krieg«: nämlich die Suche nach Sinn, Identität und Heimat.

Wenn ich an Guerilla denke, fallen mir Freiheitskämpfer ein, die sich für ihre Ideale und gegen die bestehende Gesellschaft einsetzen. So sind Guerilleros oder auch Guerillas, wie man sie hierzulande meist nennt, Kämpfer gegen den jetzigen Zustand und für einen künftigen, der ein besseres Leben bietet.

Genau das ist der Grund, aus dem ich die Guerilla-Bewerbung allen empfehle,

die genug haben von sinnentleerten Jobs,

die nicht länger Bittsteller sein wollen,

die nicht weiter aussortiert werden möchten, weil sie auf die ausgeschriebenen Stellen einfach nicht passen,

die in Stellenbörsen vergeblich nach passenden Jobs suchen.

Oder auch:

die Arbeitgeber suchen, die ihnen Sinn im Beruf bieten,

die eine ganz neue Wende in Ihrem Berufsleben suchen,

die sich den Traumjob aussuchen und nicht länger auf ihn warten wollen,

die allgemein ihr Leben selbst in die Hand nehmen möchten.

Letzteres ganz im Sinne eines Lebensunternehmers, der nicht darauf wartet, bis andere ihn holen, sondern der sich selbst aktiv auf die Suche nach einer Arbeit macht, die er ausüben möchte. Auch unabhängig von seinem bisherigen Lebenslauf und den beweisbaren Qualifikationen. Jeder, der so etwas einmal auf dem normalen Stellenmarkt versucht hat, weiß, dass dies schwierig bis unmöglich ist. Denn hier kommen Sie als Guerillero nicht sehr weit, hier herrscht das Gegenteil: Anpassung, Gleichmacherei und die Suche nach möglichst exakten Übereinstimmungen.

Sie sehen: Im Kern des Wortes steckt noch viel mehr! Wenn ich an Guerilla denke, fallen mir auch die Begriffe Taktik und Strategie ein. Guerilleros wählen eine besondere Vorgehensweise, die darauf ausgelegt ist, den Gegner zu zermürben. Natürlich geht es nicht darum, dass Sie potenzielle zukünftige Arbeitgeber mürbe machen, damit sie Ihnen aus lauter Verzweiflung den Job geben. Doch das durchdachte Vorgehen, das Nicht-locker-Lassen können Sie sich von dieser Strategie abschauen. Der Guerilla-Bewerber ist nicht gewalttätig, körperlich sowieso nicht, aber auch nicht geistig oder intellektuell, und ebenfalls nicht hinterhältig. Seine Waffe ist sein Verstand, mit dem er sich einen klugen Plan ausdenkt. Im Kampf um den besten Job geht er deshalb immer fair zur Sache. Er bootet niemanden aus, er schlägt keine Schnippchen.

Er geht einfach nur taktischer und strategischer vor.

Er ist zielgerichteter dabei, seine beruflichen Wünsch zu realisie

ren

.

Nennen wir den klassischen Bewerber, der brav seine Mappen per E-Mail und Post schickt, den Frontkämpfer. Vorne an der Front sind immer viele unterwegs, die Unterscheidung ist schwierig. Sein Ziel besteht darin, nicht getroffen – also aussortiert – zu werden. Das Ziel des Guerilla-Bewerbers dagegen ist es, ins Gespräch zu kommen. Vielleicht einfach, um besser entscheiden zu können, ob das ausgewählte Unternehmen zu ihm passt. Vielleicht aber auch, weil dieser spezielle Job ihm besonders wichtig ist. Oft tut sich bereits hier ein grundsätzliches Problem auf: Dass der Job zu den aktuellen Wünschen und Zielen passt, ist vielleicht nicht mit dem Lebenslauf zu belegen.

Im normalen Bewerbungs-»Kampf« würde der Guerilla-Bewerber an dieser Stelle gegen den klassischen Frontkämpfer verlieren, weil seine Noten nicht überspitzenmäßig, seine Branchenkenntnis nicht speziell und seine Berufserfahrungen etwas anders gelagert sind als das, was man in einer Anzeige verlangt. Im unmittelbaren Vergleich hat der Guerilla-Bewerber deshalb oft das Nachsehen. Deshalb begibt er sich auf Felder, auf denen er sich nicht vergleichen muss, weil er sie allein beackert.

Die Guerilla-Haltung: Friedlicher Widerstand

Guerilla-Gärtner sind Menschen, die triste Verkehrsinseln oder leere Hinterhöfe begrünen. Sie machen das, weil es ihnen Freude bereitet. Und: Weil sie überzeugt sind, etwas Sinnvolles leisten zu können. »Friedlicher Widerstand gegen Tristesse« nennt es der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) auf seiner Website. Guerilla-Gärtner kämpfen »für bunte und lebendige Oasen in der Stadt und regen so PassantInnen zum Nachdenken an.«

Wenn Sie verdeckte Stellen suchen, wollen Sie mehr als nur einen Job, eine gute und befriedigende Arbeit. Sie kämpfen für bunte und lebendige Job-Oasen und Ihre Ziele und Vorstellungen im Berufsleben. Sie machen dabei auf ungewöhnliche Weise auf sich aufmerksam.

Ändern Sie Ihr Denken!

Dazu müssen Sie das gewohnte Denken ändern. Das lautet seit Jahrzehnten: Ich warte, bis mir jemand etwas anbietet! Das ist die typische Konsumentenhaltung.

Aktiv selbst fordern? Sind wir kaum noch gewohnt! Erst die selbstbewussten Vertreter der nach 1980 Geborenen, der Generation Y, machen uns gerade vor, dass Arbeit nicht etwas ist, das einem jemand anbieten muss. Sie beginnen zu fordern. Auch wenn Sie nicht zur Generation Y gehören, können Sie sich davon etwas abgucken.

Auf dem Guerilla-Stellenmarkt nehmen Sie eine Produzentenhaltung ein. Sie bieten sich und Ihre Arbeitskraft an – der Arbeitgeber kauft sie oder nicht. Auf dem Guerilla-Arbeitsmarkt sind nur Personen unterwegs, die auf Augenhöhe ihre Arbeitskraft anbieten.

Die Wahrheit über Bewerberauswahl

Für eine Produktmanager-Stelle bei der Traditionsmarke Teekanne sollen fast 1000 Bewerbungen eingegangen sein. Trotz demografischen Wandels (dazu gleich mehr) und obwohl das Unternehmen nicht zu den ganz großen zählt. Beim angesehenen Goethe-Institut sollen sich auf eine Stellenanzeige 4500 Menschen beworben haben. Angesprochen waren Geisteswissenschaftler mit interkulturellen Erfahrungen in Osteuropa.

Wie viele Personalverantwortliche mit der Auswahl dieser Bewerbungen betraut waren, ist nicht bekannt. Aber ich vermute: einer. In manchen Unternehmen übernehmen Kurzzeitpraktikanten die Bewerberauswahl, in anderen überlastete Mitarbeiter.

Schauen Sie sich folgende Szene an, die mir eine meiner Kundinnen so schilderte:

Bewerberin: »Ich habe mich vor drei Wochen beworben und noch nichts gehört. Haben Sie meine Bewerbung erhalten?«

Personalreferentin (entnervt): »Wir haben dreihundert Bewerbungen bekommen. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ich mir jede einzelne anschaue.«

Bewerberin: »Bisher habe ich das zumindest gehofft.«

Der Zufall bestimmt deshalb häufig die Personalauswahl – oder nennen wir es: das Glück.

Auswirkungen des demografischen Wandels

Die Zahl der Menschen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, in Bürokratendeutsch: Das Erwerbspersonenpotenzial wird sich laut einer Prognose des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bis 2025 vor allem aufgrund der demografischen Entwicklung allein in Westdeutschland um circa 1,5 Millionen verringern. Die Zahl der Erwerbstätigen wird gleichzeitig nur noch leicht ansteigen. Bei dieser Prognose ist bereits eine Nettozuwanderung von 100000 Menschen pro Jahr berücksichtigt, eine Zahl, die weit über der derzeitigen Entwicklung liegt. Ebenso eingerechnet sind die Rente mit 67 und eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen. Schon seit einigen Jahren beobachtet das IAB einen Rückgang der Zahl der Bewerbungen je offener Stelle, vor allem aufgrund der demografischen Entwicklung. Waren es 2005 noch durchschnittlich 29 Bewerbungen auf eine angebotene Stelle, so bemühten sich 2009 nur noch 20 Bewerber darum. Auch die Anzahl der geeigneten Bewerber sank von sieben auf fünf.

Vom demografischen Wandel ist überall die Rede. Doch die Verteilung von Jobs auf dem Arbeitsmarkt ist ungleich. Altenpfleger brauchen keine ungewöhnlichen Strategien, weil es für sie an jeder Ecke Jobs gibt. Ganz anders sieht es aus, wenn Sie Generalist sind oder ein spezielles Profil haben, besondere Kenntnisse oder quereinsteigen möchten. Das Etikett Fachkraft allein reicht nicht:

Die richtige Fachkraft muss es sein.

Mit den gerade passenden Kenntnissen.

In der richtigen Region.

Im richtigen Alter.

Mit der richtigen Einstellung (z. B. Bereitschaft zur Zeitarbeit).

Mit den richtigen Gehaltsvorstellungen.

Selbst Führungskräfte auf unterer und mittlerer Ebene haben es viel, viel schwerer auf dem normalen Markt der ausgeschriebenen Stellen einen Job zu finden.

Sie sehen? »Richtig« ist kaum jemand, auch wenn jeder von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, sich zu den Fachkräften zählen dürfte.

Oder anders ausgedrückt: 99 Prozent aller Arbeitgeber gehören nicht zu den vom Arbeitgeber gesuchten Fachkräften, weil sie nicht ganz richtig, also passend sind.

Ich berate Kunden, die mehr als ein Jahr auf Jobsuche waren. Und zwar auch, weil sie nicht das erstbeste Angebot annehmen wollten. Ist das nicht legitim? Ich finde, ja. Wir arbeiten eben nicht mehr nur, um Geld zu verdienen, und die Zeit der Sklavenarbeit sollte in unserer Gesellschaft ebenfalls endgültig vorbei sein.

Hier tut sich ein Interessenkonflikt auf: Der Bewerber will eine gute Stelle, die seinen Wünschen und Interessen entspricht. Der Arbeitgeber will den besten Bewerber für den Job am besten für wenig Geld.

Wer ist der Beste?

Wer über »Absagen« oder »Einladen« entscheidet, tut dies manchmal nach Bauchgefühl, bisweilen unter Zeitdruck und oft nach rein formalen Kriterien. Aus Angst vor teuren Fehlentscheidungen wird hochgerüstet, was die Anforderungen betrifft:

Gute, nein immer öfter sehr gute Noten sind selbstverständlich,

Auslandsaufenthalte ein Muss,

spezialisierte Kenntnisse notwendig,

Branchenerfahrung (meist unausgesprochen) zentral.

… oder: Wer kennt wen?

Wer ist der Beste? – diese Leitlinie wird immer dann verfolgt, wenn es um Einstiegspositionen für Absolventen und Trainees geht, für die man keinen bestimmten Bewerber auf dem Schirm hat. Es ist auch für die großen Beratungsunternehmen wie Boston Consulting Group und bei großen Konzernen eine Haupt-Auswahlregel. Es gibt eine andere: Wer kennt wen? Diese spielt »Wer ist der Beste?« regelmäßig an die Wand – vor allem bei Positionen mit Berufserfahrung.

Meine Erfahrung

Ich bin Personalreferentin in einem großen Unternehmen. Wir gehören nicht zu den Traumarbeitgebern. Trotzdem gehen auf die meisten Stellen genügend Bewerbungen ein. Die Fachabteilungen wollen eine Vorauswahl von uns – in der Regel die besten fünf oder zehn Bewerber. Wir freuen uns, wenn wir gar keine Anzeigen schalten müssen, weil es schon geeignete Bewerber gibt. Das spart uns Arbeit. Neulich kam unser Vertriebsleiter mit einer Visitenkarte von einem Außendienstler einer Konkurrenzfirma, den er seit Jahren auf Fachmessen trifft. Wir haben ihn eingestellt, auch wenn seine Qualifikation streng genommen nicht unseren Anforderungen entsprach, denn wir suchten eigentlich einen Ingenieur. Doch letztendlich hat die Fachabteilung das letzte Wort.

Nicht immer ist das in unserem Sinn. So haben wir einen Leiter für unsere Marketingabteilung gesucht und hatten eine Top-Kandidatin. Der Marketingvorstand wollte die Dame aber nicht haben, weil er den Sohn eines Bekannten bevorzugte.

Heike, Personalreferentin

Sie sind nicht schuld

Cleo hatte ihre Bewerbung sechs Mal checken lassen und sechs Mal neu ausgerichtet. Dem gewünschten Job hatte sie das immer noch nicht nähergebracht. Nachdem sie gemerkt hatte, dass es an den Bewerbungsunterlagen wohl nicht liegen konnte, suchte sie die Schuld bei sich: falsche Ausbildung, überqualifiziert.

Sind Sie wie Cleo frustriert, wenn Sie eine Absage erhalten? Fragen Sie sich, woran es gelegen hat? Suchen Sie den Grund bei sich? War die Bewerbung nicht gut genug? Stimmte eine Antwort im Vorstellungsgespräch nicht? Welche Fragen auch immer quälen – das Fazit ist dasselbe: Fast alle Bewerber beziehen eine Absage nur auf sich. Kaum jemand kommt auf die Idee, dass es auch an dem Unternehmen, internen Querelen, der Änderung von Anforderungsprofilen oder schlicht an Inkompetenz und Überforderung der Personalverantwortlichen gelegen haben könnte. Die Aussage »Wir haben uns für einen anderen Bewerber entschieden, der noch besser zu uns passt« frustriert. Aber es ist ein Standard-Textbaustein mit einem Aussagewert von null.

Vielleicht war unter den Bewerbern wirklich jemand mit besseren Qualifikationen. Genauso möglich ist, dass man Ihr Können ganz einfach nicht bemerkt oder sich Ihre Unterlagen nicht mal angesehen hat.

Hören wir einmal in ein Gespräch hinein, das in der Personalabteilung eines großen Konzerns geführt wurde:

»Frau Müller, machen Sie doch bitte mal einen Entwurf für ein Absageschreiben.«

»Was soll ich denn den Bewerbern sagen?«

»Irgendetwas, das immer passt!«

»In der Personalabteilung der Bank, wo ich früher war, haben wir immer geschrieben, dass uns aufgrund der Vielzahl der Bewerbungen die Auswahl sehr schwergefallen ist. Wir mussten uns leider für jemanden entscheiden, dessen Qualifikationen besser zu den spezifischen Anforderungen unseres Hauses passen.«

»Dann schreiben Sie das so.«

Gehen Sie nie davon aus, dass die Aussagen in einer Absage stimmen; meistens handelt es sich dabei um Standardbriefe. Sie werden auch dann eingesetzt, wenn hinter den Kulissen ganz andere Dinge passiert sind. So schalten viele Unternehmen beispielsweise Anzeigen, noch bevor eine Stelle genehmigt ist, einfach so für den Fall, dass … Das heißt, die Absagen beziehen sich dann auf eine Stelle, die es gar nicht gibt und in dieser Form vielleicht nie geben wird. Ich beobachte das oft bei Unternehmensberatungen und Agenturen.

Und es gibt noch mehr Absagegründe, von denen Sie als Bewerber meistens nichts erfahren: Nicht selten verändert sich die Jobbeschreibung noch während der Laufzeit der Anzeige oder aber die Stelle fällt komplett weg, weil es Umstrukturierungen gibt oder der Posten vom Chef nicht genehmigt wird. Sehr häufig sind Stellen auch längst intern besetzt und die öffentliche Ausschreibung ist nur noch Kosmetik – das kommt vorwiegend bei öffentlichen Einrichtungen vor, die gesetzlich verpflichtet sind, entsprechende Anzeigen aufzugeben.

Eine weitere Live-Schaltung:

»Suchten wir nicht jemand mit Führungserfahrung?«

»Der Bewerber Müller könnte noch einen Teilbereich aus dem Vertrieb übernehmen und Herrn Schmidt unter die Arme greifen.«

»Stimmt, das wäre ideal.«

»Aber die Anzeige enthält doch ganz andere Anforderungen!«

»Sie mit Ihren Einwänden immer! Muss man nicht so genau nehmen. Manches merkt man eben erst, wenn man es tut.«

Möglich, dass sich die Personalabteilung noch ein paar weitere Bewerber ansehen will. Aber eigentlich gibt es da schon einen Kandidaten, der sich ins Spiel gebracht hat – manchmal ist das ein Bewerber aus dem Umfeld der anderen Kollegen und oft ist es jemand, der derzeit auf einer anderen Position sitzt und wartet. Trauen Sie nicht jeder Anzeige. Aus vielen Inseraten werden niemals Jobs! Auch bei manchen kleineren Beratungsfirmen und Agenturen schmücken Inserate öfter mal nur die Website für den Fall, dass die Konkurrenz vorbeischaut, die mit dem personellen Wachstum beeindruckt werden soll. Andere fischen mit Daueranzeigen nach optimalen Bewerbern, die es so nicht gibt. Motto: Schalten wir mal eine Anzeige auf der Website, nur für den Fall … Schließlich ist demografischer Wandel, und da muss man einfangen, was beim Surfen im Internet (vorbei-)kommt, es könnte ja ein »Wunderkind« darunter sein.

Wie Sie dieses Wissen nutzen können

Verlassen Sie sich nicht auf Inserate. Nehmen Sie nicht jedes Stellenangebot für bare Münze. Und lassen Sie sich schon gar nicht davon irritieren, dass Sie von manchen Firmen kaum oder gar keine Stelleninserate finden. Das sagt nämlich genauso wenig aus wie die ausgeschriebene Stelle: Es kann sein, dass es Stellen gibt, obwohl das nirgendwo steht. Wie es auch sein kann, dass es keine Stellen gibt, obwohl welche ausgeschrieben sind.

Wenn Firmen sich verändern

Wenn Firmen sich verändern, verändern sie sich oft auch personell. Neue Bereiche werden geschaffen und alte abgebaut. Firmen stellen ein, wenn sie den ursprünglichen Bereich erweitern und neue Gebiete erschließen. Der Aufbruch in neue Geschäftsfelder erfordert den Aufbau neuer Kompetenzen und die Einstellung neuen Personals. Ein Unternehmen startet mit pflegender Kosmetik im Naturbereich, entdeckt dann aber auch den Bereich dekorativer Kosmetik. Oder eine Institution hat sich anfangs auf die Beratung von Existenzgründern konzentriert, um nach einigen Jahren am Markt auch größere Unternehmen in Personalfragen zu beraten.

Wie Sie dieses Wissen nutzen können

Verfolgen Sie die Wirtschaftsnachrichten, etwa in den überregionalen Tages- und Wochenzeitungen oder Wirtschaftszeitungen wie dem Handelsblatt oder der Financial Times Deutschland. Ad-hoc-Nachrichten von Aktiengesellschaften sind ebenfalls eine wahre Fundgrube; das sind Meldungen mit kursrelevantem Nachrichtenwert. So eine Nachricht kann zum Beispiel beinhalten, dass sich ein Unternehmen von einer Sparte trennt oder diese an ein anderes Unternehmen verkauft. Ein Beispiel: Bei der Fusion zweier Banken ist absehbar, dass verschiedene IT-Projekte aufgesetzt werden und das Thema Change Management eine hohe Relevanz bekommt. Wer sich das ausrechnet, bevor Stelle oder Projekte ausgeschrieben werden, kann zur richtigen Stelle am gewünschten Ort sein.

Die Strategie ändert sich

»Die Marke XY soll jünger werden«, verkündet die Marketingleiterin eines Seifenherstellers. Was kann das für den Stellenmarkt bedeuten? Vielleicht wird der bisher vernachlässigte Bereich Social Media gepusht. Möglich, dass mehr Freelancer engagiert werden.

Oder: Bisher wurde wenig in Forschung und Entwicklung (F&E) investiert. Das soll sich ändern, verkündet der Vorstand. Vollkommen logisch, dass dies unmittelbare Konsequenzen für das Personal hat – in F&E muss aufgestockt werden. Vielleicht ist auch ein Experte für die Vermarktung von Patenten gefragt. Stellen Sie sich vor, ein Unternehmen produziert angeblich gesunde Joghurts, die in einem Test ernährungswissenschaftlich so schlecht abgeschnitten haben, dass Maßnahmen erforderlich sind, um die Rezeptur zu ändern. Zusätzlich wäre eine begleitende Kommunikationskampagne nicht schlecht.

Auch Unternehmen, die Fehler machen, sind interessant, denn meist sollen diese nicht wiederholt werden. Fehler sind bei allen neuen Themenfeldern an der Tagesordnung. Nehmen wir beispielsweise das Social Media Marketing. Firmen engagieren, wenn sie hier erste Stellen schaffen, in aller Regel einen jungen Mitarbeiter, der wenig kostet. Sie stellen dann bald fest, dass dieser allerdings noch nicht so viel leisten kann wie ein alter Hase. Also stellt man in der zweiten Phase jemanden ein, der professioneller ist und bereits mehr Kenntnisse mitbringt. Gut, dass Sie so schlau sind, das zu wissen, und in den Startlöchern stehen, um sich bei Ihrer Wunschfirma vorzustellen. Sie sehen ja: In dem Themenfeld, das Sie abdecken, sind die Leistungen einfach noch zu bescheiden …

Strategieänderungen ziehen noch weitere Konsequenzen nach sich. Ein Unternehmen ist mit Dienstleistungen rund um die EDV gestartet, möchte sich dann aber auf das Projektgeschäft für Konzerne konzentrieren. Damit verändern sich die Anforderungen an die Mitarbeiter. Genügten beispielsweise vorher allgemeine PC-Kenntnisse und Erfahrungen in Windows-Administration, wird nun sehr viel umfassenderes Know-how und Erfahrung im Projektmanagement gefordert. Es ist wahrscheinlich nicht möglich, alle Mitarbeiter so zu qualifizieren, dass sie die Aufgaben erfüllen können. Also ist eine Bewerbung von einem Externen, der exakt die gefragten Fähigkeiten und das Wissen mitbringt, das den Wandel ermöglicht, mit Sicherheit gern gesehen.

Wie Sie dieses Wissen nutzen können

Beobachten Sie Unternehmen, die auffällig in der Kritik stehen. Wenn der Kurswechsel nicht unmittelbar erfolgt, so doch fast immer nach einem gewissen Zeitraum. Schließlich möchte jeder überleben und Gewinne machen. Und alles, was das verhindert, muss abgestellt werden.

Ein Führungswechsel steht an

Manche Führungskräfte nehmen ihre ganze Mannschaft mit, wenn sie einen Job aufgeben. Das ist zum Beispiel in der Werbebranche absolut üblich, und nicht selten wechseln komplette Abteilungen von einer Agentur zur anderen. Manchmal bringen die neuen Chefs ihre »Spezis« auch mit oder holen sie nach – ein Prozess, der sich oft über Monate und Jahre hinzieht. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Führungskräfte profitieren von loyalen Mitarbeitern. Wer seinen Vorgesetzten seit langem kennt und schätzt, macht weniger »Zicken« und trägt Entscheidungen leichter mit. Alteingesessene Mitarbeiter, denen ein neuer Chef vorgesetzt wird, sind dagegen oft widerspenstig, beobachten die Entwicklung kritisch und sträuben sich gegen Neues. Bei Übernahmen und Umstrukturierungen geschieht es häufig, dass die Mitarbeiter und Chefs zunächst gehalten werden, um Informationen weiterzugeben und die neuen Mitarbeiter damit handlungsfähig zu machen. Später wird die alte Führungsriege nach und nach ausgetauscht.

Wie Sie dieses Wissen nutzen können

Viele sagen, es lohne sich nicht, sich zu bewerben, wenn sich ein Unternehmen gerade neu aufstellt. Aber es kann durchaus sein, dass auf der einen Seite 700 Stellen abgebaut und auf der anderen 500 geschaffen werden. Das nennt sich dann Erneuerung oder Verjüngung.

Versuchen Sie, im Laufe Ihres Joblebens ein Netzwerk aufzubauen und Mentoren zu finden, die Sie auf Positionen nachholen. Werden Sie aktiv, wenn Sie Wind davon bekommen, dass ein Führungswechsel stattfindet. Nicht jeder »Neue« hat gleich eine ganze Riege, die sofort mit ihm geht – und dann freut er sich vielleicht gerade über neue Bewerber. Denn auch ein neuer Mitarbeiter ist zunächst ein treuer Mitarbeiter, während alteingesessenes Personal tendenziell gern an Bewährtem festhält.

Einführung neuer Systeme

Das Unternehmen, das auf SAP umstellt, oder die Firma, die ein neues Managementsystem für die Kundenzufriedenheit einführt: Beide verändern sich und haben plötzlich neue Anforderungen an Mitarbeiterkompetenzen. Schulungen allein reichen häufig nicht aus, oft ist auch praktische direkte Erfahrung gefragt. Bringen Sie diese mit, haben Sie einen Vorteil, den es zu nutzen gilt. Ein weiteres Argument: Fast jede Abteilung steht Veränderungen, zum Beispiel technischen Neuheiten, zunächst ablehnend gegenüber. Das liegt daran, dass sich im Laufe der Jahre Gewohnheiten einschleichen, die niemand gerne aufgibt. Deshalb schreiben immer mehr Unternehmen den Willen und die Bereitschaft zur Veränderung schon in den Arbeitsvertrag. Wenn Sie dieses Veränderungsengagement von vornherein mitbringen, besitzen Sie einen weiteren, direkt nutzbaren Vorteil, wenn das Unternehmen neue, weniger festgefahrene Mitarbeiter sucht.

Wie Sie dieses Wissen nutzen können

Wenn Sie erfahren, dass eine neue Technik/ein neues System eingeführt wird und es unter den Mitarbeitern viele Widerstände dagegen gibt, sind diese normalerweise auch von Kündigungen begleitet. Die Unruhe der Veränderung kann für Sie eine Chance sein.

Krankheit und Schwangerschaft

Es wird immer seltener, aber nach wie vor kehren viele Frauen nach der Elternzeit nicht in ihren Beruf zurück, oder zumindest nicht in Vollzeit. Das gilt umso mehr außerhalb der Großstädte, wo Vollzeit-Angestelltenverhältnisse für Mütter nach wie vor die Ausnahme sind. Deshalb bieten Schwangerschaftsvertretungen oft auch die Chance, den Job langfristig auszufüllen. Hinzu kommt: Einen guten Mitarbeiter, der sich in ein bis drei Jahren bewährt hat, wird kein Unternehmen so ohne weiteres wieder ziehen lassen.

Wie Sie dieses Wissen nutzen können

Bis die Stelle einer Schwangeren ausgeschrieben wird, vergehen meist viele Monate. Das vorübergehende Ausscheiden zeichnet sich aber schon viel früher ab. Wenn Sie eine Chance für sich sehen, gibt es zwei erfolgversprechende Wege: Sie verbünden sich mit der Ausscheidenden, die Sie als Vertretung empfiehlt. In diesem Fall müssen Sie oft viele Ängste aus dem Weg räumen, denn sehr wahrscheinlich möchte die Mitarbeiterin nicht, dass ihr Nachfolger sich als zu guter Ersatz herausstellt. Oder, das ist der zweite und direktere Weg, Sie suchen den Kontakt zum Abteilungsleiter und bieten sich frühzeitig als Nachfolger an.

Der lange Weg, bis Stellen offiziell werden

Stellen sind nicht »einfach so« da. Gerade neue Positionen entstehen in der Regel langsam. Dieser Prozess gliedert sich dabei in mehrere Phasen.

Phase 1: Bedarf entsteht