Die Homosexuellenbewegung in der DDR - Anne-Sophie Schmidt - E-Book

Die Homosexuellenbewegung in der DDR E-Book

Anne-Sophie Schmidt

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  • Herausgeber: GRIN Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Essay aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Geschichte Deutschlands - Nachkriegszeit, Kalter Krieg, Note: 1,7, Freie Universität Berlin, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Hausarbeit behandelt die juristische und tatsächliche Situation von Schwulen und Lesben in der DDR sowie ihre Selbstorganisation unter dem Dach der Kirche bzw. als "weltliche" Gruppen. „Der Sozialismus braucht jeden. Er hat Platz und Perspektive für alle.“ Für alle! Das klingt gut! In der DDR gab es also keinerlei Randgruppen, keine Benachteiligten. Dass da jemand am Rande steht, gar von ˈVater Staatˈ vergessen wird, das wiederspräche ja der grundlegenden These der Parteifunktionäre, dass alle ˈGenossenˈ gleichberechtigt und gestaltend am Aufbau der sozialistischen Gemeinschaft mitwirken können. Was den Umgang mit Sexualität betraf, war die DDR tatsächlich toleranter und liberaler als die frühere Bundesrepublik – zumindest auf dem Papier. Mit der Gründung der DDR wurde die verschärfte Nazi-Fassung des Paragraphen 175 außer Kraft gesetzt. Man kehrte zur etwas milderen Weimarer Version zurück. Lesbische Handlungen wurden gar nicht geahndet – es sei denn, es waren Jugendliche involviert. Die Jugend wollte der Arbeiter- und Bauernstaat besonders vor Homosexualität schützen, so dass das sogenannte Schutzalter für gleichgeschlechtlichen Sex weiterhin höher als für gegengeschlechtlichen angesetzt wurde. Nach 1957 wurden homosexuelle Handlungen zwischen erwachsenen Männern im Osten kaum noch bestraft und 1968 strich man den Paragraphen 175 ganz aus dem Strafrecht – im Gegensatz zur Bundesrepublik, wo die Fassung aus dem Dritten Reich bis 1969 gültig blieb. 1988 schaffte die letzte unfrei gewählte Volkskammer dann auch den Paragraphen 151 betreffend des höheren Schutzalters ab.

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INHALT

 

„Man hat ja immer so getan, als würde es uns nicht geben.“

Isolation und Unsichtbarkeit: „Mir fällt ein Stein vom Herzen, dass ich nicht die einzige auf der Welt bin.“

Impulse von außen: „[…] ich habe auch lange geglaubt, ich sei der einzige.

Bis Praunheims Film lief [….].“

Die 80er Jahre: „Es ging wesentlich darum, sich ein Selbstverständnis zu erarbeiten, ein Selbstbewusstsein als Lesbe oder als Schwuler.“

Lesben, Schwule und die Kirche: „Heimstatt der widerständigen Gruppen“

Außerhalb der Kirche: „Sie vermieden Provokation und handelten mehr nach dem Motto, dass steter Tropfen den Stein höhlt.“

Lesbische Frauen in der DDR: „Das lesbische Leben war gar nicht existent. Das war mein Eindruck.“

Die Wende: „Es gibt eine Homosexuellenbewegung in der DDR.“

Empfehlungen / Weiterführende Literatur:

 

 „Man hat ja immer so getan, als würde es uns nicht geben.“

 

– Die Homosexuellenbewegung in der DDR –

 „Man hat ja immer so getan, als würde es uns nicht geben.“[1]

– Die Homosexuellenbewegung in der DDR –

 

„Der Sozialismus braucht jeden. Er hat Platz und Perspektive für alle.“[2] Für alle! Das klingt gut! In der DDR gab es also keinerlei Randgruppen, keine Benachteiligten. Dass da jemand am Rande steht, gar von ˈVater Staatˈ vergessen wird, das wiederspräche ja der grundlegenden These der Parteifunktionäre, dass alle ˈGenossenˈ gleichberechtigt und gestaltend am Aufbau der sozialistischen Gemeinschaft mitwirken können.

 

Was den Umgang mit Sexualität betraf, war die DDR tatsächlich toleranter und liberaler als die frühere Bundesrepublik – zumindest auf dem Papier. Mit der Gründung der DDR wurde die verschärfte Nazi-Fassung des Paragraphen 175 außer Kraft gesetzt. Man kehrte zur etwas milderen Weimarer Version zurück. Lesbische Handlungen wurden gar nicht geahndet – es sei denn, es waren Jugendliche involviert. Die Jugend wollte der Arbeiter- und Bauernstaat besonders vor Homosexualität schützen, so dass das sogenannte Schutzalter für gleichgeschlechtlichen Sex weiterhin höher als für gegengeschlechtlichen angesetzt wurde. Nach 1957 wurden homosexuelle Handlungen zwischen erwachsenen Männern im Osten kaum noch bestraft und 1968 strich man den Paragraphen 175 ganz aus dem Strafrecht – im Gegensatz zur Bundesrepublik, wo die Fassung aus dem Dritten Reich bis 1969 gültig blieb. 1988 schaffte die letzte unfrei gewählte Volkskammer dann auch den Paragraphen 151 betreffend des höheren Schutzalters ab.

 

Isolation und Unsichtbarkeit: „Mir fällt ein Stein vom Herzen, dass ich nicht die einzige auf der Welt bin.“[3]

 

Homosexualität war in der DDR also völlig straffrei. Im Alltag blieb sie jedoch totales Tabu. Der oben stehende befreite Ausruf einer lesbischen Frau, die erstmals bei einem selbstorganisierten Lesbentreffen 1987 in Berlin auf andere homosexuelle Frauen traf, lässt auf die abgeschottete Lage der gleichgeschlechtlich Liebenden schließen: Isolation und soziale Diskriminierung, Unwissenheit und Unsichtbarkeit bestimmten das Leben. Lesbische und schwule Liebe spielten sich vornehmlich in privater Heimlichkeit ab. Überhaupt Worte für das eigene Begehren zu kennen, war in den 50er und 60er Jahren nicht selbstverständlich.

 

Raum für Lesben und Schwule war in der sozialistischen Gesellschaft schlichtweg nicht vorgesehen: Bis 1989 waren beispielsweise Kontaktanzeigen zur homosexuellen Partner*innensuche in Zeitungen nicht möglich; es gab bis 1990 kein Zeitschriften von und für Homosexuelle – außer das ab Anfang 1989 von lesbischen Frauen aus Jenaer herausgegebenes Magazin, frau anders, das lediglich in einer 100er Auflage erscheinen konnte. Bis zum Ende der DDR wurden dort lediglich drei Bücher publiziert, die sich explizit mit dem Thema Homosexualität befassten. Erst ab Ende der 80er Jahre erschienen überhaupt vereinzelt Beiträge zum Thema in verschiedenen Medien. Gezählt wurden bis 1990 lediglich 20 Lokale für Schwule und Lesben in der gesamten DDR – so viel also wie damals in einer mittelgroßen westdeutschen Stadt.

 

In der DDR wurde so gut wie alles, was nicht der Einteilung des marxistischen Klassensystems entsprach, abgelehnt. Homosexuelles Verhalten galt dementsprechend als Missachtung der sozialistischen Moral. Alternativlos wurde das Ideal der ehelichen Gemeinschaft propagiert. Viele Homosexuelle gerieten so in einen tiefgreifenden Konflikt zwischen einer gefühlten Verbundenheit zu ihrer Heimat und Herkunft sowie dem Wunsch nach Protest und Aktivwerden gegen den sie verleugnenden Staat.