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Im Jahre 1482 zieht eine Delegation deutscher Adliger in Florenz ein. Während die Mehrzahl diese "Barbaren" mit Unwillen mustert, hängt der Blick der schönen Lucrezia an einem jugendlichen Reiter, der so gar nicht dem Vorurteil gegen die Barbaren entspricht. Was wie eine normale Liebesepisode beginnt, wird durch Eifersucht, Intrigen, Mordanschlägen und der Suche nach einzigartigen Dokumenten zu einer dramatischen Geschichte in den Mauern von Florenz. AUTORENPORTRÄT Isolde Kurz (1853 – 1944) war eine deutsche Schriftstellerin und Übersetzerin. Ihre Kindheit nahe Stuttgart schilderte sie später als idyllisch, jedoch nicht frei von Konflikten zwischen dem freigeistigen Lebens- und Erziehungsstil ihrer Eltern und den bodenständigen Anschauungen der Dorfbevölkerung. Seit 1873 lebte sie für über 40 Jahre in Florenz. Ihre Novellen und Erzählungen spielen meist in Mittelitalien. Sie starb - 90jährig – in Tübingen.
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Seitenzahl: 114
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Eingeleitet durch„Vorfrühling”
Saga
Es gibt einen Ausspruch von Isolde Kurz, den man als Leitsatz ihres Lebens und Schaffens bezeichnen könnte: „Das ganze Leben wird uns von außen aufgedrungen; nur eines gibt es, was wir selbst gestalten können: unser Ich.“ Schon früh erschien ihr die Ichgestaltung als vornehmste Lebensaufgabe. Sie hat sich ihr zeitlebens mit faustischem Bemühen, oft in bewußtem Gegensatz zum Zeitgeiste gewidmet. Die Grundkräfte ihrer Persönlichkeit, die im Kampf mit der überwiegend materialistisch bestimmten Geisteshaltung des ausgehenden 19. Jahrhunderts und in der Behauptung gegen ihr oft wesensfremde Umwelten immer wieder erstarkten, schöpfte sie aus ihrem Elternhaus.
Isolde Kurz wurde am 21. Dezember 1853 als Tochter des feinsinnigen schwäbischen Dichters Hermann Kurz, des Verfassers der Romane „Schillers Heimatjahre“ und „Der Sonnenwirt“, in Stuttgart geboren. Die Mutter, eine geborene von Brunnow, war eine lebensprühende, an allem geistigen und politischen Geschehen leidenschaftlich anteilnehmende Frau, die sich noch kurz vor Isoldes Geburt wegen ihres Eintretens für die revolutionären Idealisten ihrer Zeit vor Gericht zu verantworten hatte. Da der Vater mit Mörike, Heyse und Vischer befreundet war und auch die Mutter einen ausgedehnten Bekanntenkreis hatte, verlebte die Tochter eine gesellig und geistig reich bewegte Jugend, obwohl die Familie – Isolde hatte vier Brüder – in wirtschaftlich dauernd bedrängten Verhältnissen lebte. Von ihrer vielen Nöten und Schicksalsschlägen gegenüber rühmlich tapferen Mutter durfte die Dichterin später zeugen:
Nicht Bänder und Juwelen
Und was sonst Mutterlust den Töchtern schenkt,
Gabst du der deinen, doch das lautre Gold
Der Dichtung häuftest du auf sie und ließest
Bei Göttern und Heroen sie erblühen,
und in dem köstlichen Erinnerungsbuch „Aus meinem Jugendland“: „Sie besaß eine ungeheure Macht über die Gemüter, wie es nur einem Menschen gegeben ist, der gar nichts für sich bedarf. Denn er allein ist der ganz Starke; die Genießenden und Bedürfenden sind immer die Schwächern.“
In diesem Buche erzählt die Dichterin mit überlegenem Humor von dem Kampf, den sie als Kind, das unbeirrt seinen Weg ging, gegen die kopfschüttelnde Kleinstadt Tübingen („Philistäa“) zu bestehen hatte, wo groß und klein sie „Heidenkind“ schimpfte, weil sie als Mädchen lateinische und griechische Studien trieb, und sich entrüstete, wenn sie durch die Straßen ritt. Als sie nun gar, getreu dem antiken Ideal der Verbindung von Geistes- und Körperkultur, sich beim Senat für Zulassung des weiblichen Geschlechts in das städtische Schwimmbad einsetzte, erschien dieses Ansuchen, das natürlich abgelehnt wurde, als eine solche Auflehnung gegen die sittliche Weltordnung, daß das ausbrechende Anathema die Frevlerin aus der Stadt vertrieb.
Nach dem Tode des geliebten Vaters zog Isolde Kurz im Jahre 1887 mit der Mutter nach Florenz, wo einer ihrer Brüder sich als Arzt niedergelassen hatte. In dieser Stadt voll alter Kultur, in der der Geist der Renaissance, der ruhmreichen Mediceerzeit, auch die Gegenwart noch lebendig durchglühte, in der Umgebung naturwüchsiger Menschen, in der zauberschönen Landschaft der tyrrhenischen Küste fand die Dichterin, der die alte deutsche Sehnsucht nach dem Süden angeboren war, ihre zweite Heimat. In den „Florentinischen Erinnerungen“ (1909, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart) erzählt sie von beglückenden Begegnungen mit italienischen Menschen, vor allem auch mit hervorragenden deutschen Künstlern, die dort lebten und schafften. Erst kurze Zeit vor Ausbruch des Weltkrieges ist sie wieder nach Deutschland gezogen. Seither lebt sie in München.
Ihrer Freude an der Natur und dem Lebensstil Italiens gab Isolde Kurz zunächst in formvollendeten Versen Ausdruck, in malerischen Bildern und in volksliedhaften Klängen. Ihre Gedichte (1. Band 1889, 2. Band 1905, J. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger, Stuttgart) glühen von Lebensbejahung, Naturbeseligung und unbedingtem Glauben an die Kunst, und einige Schicksalsgesänge erhalten durch eine echt deutsche, heroische Auffassung des Tragischen einen hinreißenden, kräftig-dunklen Klang, dessen Leitmotive Lebensglaube und Tatbereitschaft sind:
Aber freudig die Flagge gehißt!
Leben ist da, wo das Wagnis ist.
Besser mit teuerstem Gut gestrandet
Als am Ufer gemach versandet.
Vor allem erwies sich Isolde Kurz, zuerst in der Novelle, später im Roman, als eine Meisterin der Epik. Urwüchsiges Temperament, gründliche Nachzeichnung des inneren Erlebens ihrer Helden und straffste Formbeherrschung sind die kennzeichnenden Merkmale ihrer Erzählungskunst. Die Zeit der Renaissance, die sie in Florenz aus Steinen und Menschen überwältigend ansprach, wurde notwendig ihr erster großer Stoffbereich. Die Beschäftigung mit jener aufgewühlte, heroischen, moralisch oft zügellosen Epoche, in der die abendländische Kultur aus dem Geiste der Antike im Sinne der individuell bedeutenden, seinem Zeitalter das Gepräge gebenden Menschen entscheidend neu gestaltet wurde, lag schicksalhaft auf der Linie der Ichgestaltung der Dichterin: wie Burckhardt und Nietzsche kam sie aus dem neuen Erlebnis der Renaissance zu einer heroischen, aristokratischen Weltanschauung, die auf der Ehrfurcht vor der großen kämpfenden Persönlichkeit beruht, sich aber deutlich von einem rücksichtslosen Subjektivismus unterscheidet. So sagt Isolde Kurz:
Aus geheimstem Lebensgrunde
Raunt es mahnend immerzu:
Schlag dem andern keine Wunde,
Denn der andre – das bist du!
Wie du kränkst, so mußt du kranken,
Unser Ich ist Wahn und Pein.
Schließ in deiner Selbstsucht Schranken
Alles, was da atmet, ein.
Aus dieser aristokratischen Geisteshaltung heraus, die für die Dichterin den schmalen Grat zwischen den Abgründen des versinkenden Idealismus des 19. Jahrhunderts und des neu aufgekommenen Materialismus bedeutete, sind sowohl die historischen „Florentiner Novellen“ (1890, Cotta, Stuttgart) entstanden als auch die lebensnahen „Italienischen Erzählungen“ (1895, ebenda). Sie enthalten zwei der Meisternovellen von Isolde Kurz: „Unsere Carlotta“ und „Pensa“, außerordentlich packend erzählte und im harten Rhythmus des unerbittlichen Schicksals ausklingende Liebestragödien italienischer Mädchen.
Eine ganze Reihe weiterer epischer Werke von Bedeutung legte die Dichterin im Laufe der Jahre vor: u. a. die innigen Erinnerungs- und Märchengeschichten „Von dazumal“ (1900, D. V.-A., Stuttgart), die Sammlung „Lebensfluten“ (1907, Cotta, Stuttgart) mit der klassischen Novelle „Zenobia“, die selbst in der irrsinnigen Liebe einer armen Stickerin zu Napoleon I. Größe und Lebensstil aufzeigt („Wahrhaft großes Empfinden zeigt sich darin, daß man auch das Kleinste dem Großen anzugliedern weiß“, sagt die Dichterin in ihren Aphorismen); ferner eine Reihe von Erzählungen, die die Wirklichkeit und Kraft des Übersinnlichen spüren lassen: „Die Stunde des Unsichtbaren“ (1928). – Von Isolde Kurz’ Romanen müssen genannt werden: „Nächte von Fondi“ (1922, C. H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München), „Der Despot“ (1925, Albert Langen-Georg Müller Verlag, München), ein Gleichnis von der heroischen Unabhängigkeit und tiefen Tragik echten Künstlertums, und vor allem das bedeutende Alterswerk der Dichterin, „Vanadis“ (1931, Rainer Wunderlich Verlag, Tübingen), der Schicksalsweg einer Frau, der durch Höhen und Tiefen des um sie herum in geradezu legendären Menschengestalten wogenden Lebens und wunderreichen inneren Erlebens führt und seine Erfüllung in einer Art germanischer Selbstopferung findet.
Die lebendige Anteilnahme an den Persönlichkeiten ihrer Umgebung führte die Dichterin zur Biographie und Selbstbiographie. Außer dem schon erwähnten Buche „Aus meinem Jugendland“ (1918, D. V.-A., Stuttgart) gibt es von ihr eine warmherzige und erkenntnistiefe Würdigung ihres Vaters (1906, Wunderlich, Tübingen), ein hymnisches Gedenkbuch „Meine Mutter“ (1927, ebenda), dann die „Florentinischen Erinnerungen“, die „Wandertage in Helles“ (1913, D. V.-A., Stuttgart, Bericht über eine Reise durch Griechenland), eine Biographie des Bildhauers Adolf von Hildebrand unter dem Titel „Der Meister von San Francesco“ (1931, Wunderlich, Tübingen) und nicht zuletzt das ergreifende Wesensbild eines Freundes: „Ein Genie der Liebe“ (1929, ebenda). Diese biographischen Werke vervollständigen das Bild einer in unserer Zeit seltenen Lebenskultur und eines wunderbar geradlinig gewachsenen Lebenswerkes, auf das die 1947 verstorbene Dichterin in dem Bewußtsein zurückschauen darf, ihr Ich gemäß ihrem eigenen Wort so gestaltet zu haben, daß es einem neuen Geschlecht, welches die materialistische Geisteshaltung der letzten Jahrzehnte überwunden hat, als lebendiges Beispiel gelten wird.
Christian Jenssen
Unser Auswahlbändchen bringt unter dem Titel „Vorfrühling“ zwei von der Dichterin zusammengefügte Abschnitte aus dem selbstbiographischen Werk „Aus meinem Jugendland“ (Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart), die auf der einen Seite das plötzlich-wundersame Erwachen des jungen Mädchens zum Weibtum, auf der andern das Erwachen des jungen Geistes zu den köstlichen Schätzen antiker Kultur schildern, die er sich mit neuhumanistischer Leidenschaft zu eigen macht. Dieser Abschnitt leitet zugleich ideenmäßig zu dem Hauptteil des Bändchens über, der historischen Novelle „Die Humanisten“, die mit Genehmigung der I. G. Cottaschen Buchhandlung Nachfolger in Stuttgart den „Florentiner Novellen“ entnommen wurde. Sie ist besonders reizvoll in der farbigen, tief lebendigen und menschlichen Gegenüberstellung von Humanisten-Idealen und -Untugenden, in der Zeichnung der inneren Bewegung jener glanzvollen Zeit unter Lorenzo de’ Medici (1449–1492) und in dem wunderbaren Doppel- und Zusammenklang italienischer und deutscher Denk- und Sinnesart.
Noch in meinem elften Jahre war eine Gestalt in unseren Familienkreis getreten, durch die allmählich mein inneres Leben ganz umgeschaltet wurde und die am meisten dazu beitrug, daß die treibhausartige geistige Entwicklung zum Stillstand kam. Eines Tages erschienen da zwei unangemeldete Gäste, Mutter und Tochter, aus Mainz. Die hübsche, sehr lebenslustige Mutter, eine Freundin der meinigen, stand im Begriff, zu Frau Wilhelmi nach Spanien zu reisen; ihr Töchterlein Lili sollte unterdessen im Schutze meiner Eltern in Tübingen bleiben und an meinem Unterricht teilnehmen. Lili war zwei Jahre älter als ich, nicht größer, aber viel entwickelter und trug auch schon halblange Kleider, während die meinen nur bis an die Knie gingen. Sie war ebenso wie ihre Mutter mit Geschmack und einer gewissen Koketterie gekleidet, und die leichte rheinische Mundart stand ihr allerliebst. Beim ersten Eintritt war sie, aus einer stillen, zierlichen Damenwohnung kommend, ein wenig bestürzt über den wilden Umtrieb in unserem Hause und zerdrückte, wie sie mir später gestand, heimlich ein paar Tränen. Aber sie wußte sich taktvoll zu schicken. Ihr munteres Mainzer Naturell fand schnell den rechten Ton, und als man uns beide nach dem Nachtessen zu Bette schickte, war schon eine Freundschaft fürs Leben geschlossen, deren Herzlichkeit niemals im Lauf der Jahre durch einen Hauch getrübt werden sollte. Es ist etwas Eigenes und Heiliges um solche Jugendfreundschaften, auch wenn sie gar nicht auf der Grundlage des geistigen Verstehens aufgebaut sind. Wären wir uns zehn Jahre später zum erstenmal begegnet, so hätten wir schwerlich eine Brücke zueinander gefunden, aber jenes empfängliche Alter vermag auch das Ungleichartigste aufzunehmen und festzuhalten, ja dies ist ihm recht eigentlich zur Erweiterung des Gesichtskreises ein Bedürfnis. Solche Jugendfreundschaften nehmen mit den Jahren ganz das Wesen der Blutsverwandtschaft an: man fährt fort sich zu lieben und fragt nicht nach den abweichenden Lebensanschauungen, die bei neuen Bekanntschaften ein so großes Hindernis bilden.
Der junge Gast teilte für diese Nacht mein Bett. Ich sah mit scheuer Ehrfurcht auf die knospende Jungfräulichkeit, die aus den halbkindlichen Hüllen stieg, und drückte mich nach der Wand, um der Anmutvollen so viel Raum wie möglich zu lassen. Aber zugleich befiel mich ein bohrender Schmerz, denn ich dachte an gewisse garstige Kinder aus dem Hinterhof, die mich, wenn ich auf den großen aufgeschichteten Zimmermannsbalken am Steinlachufer schaukelte, hinterrücks herunterstießen, daß ich auf die Nase fiel, und mir Schimpfworte nachriefen. An diese rohen Geschöpfe fürchtete ich meine angestaunte Lili verlieren zu müssen, denn ich hatte schon die Erfahrung gemacht, daß befreundeten Kindern, wenn es sich ums Spielen handelte, nicht zu trauen war; sie liefen charakterlos der Unterhaltung nach, wo sie sich zeigte. Ich faßte mir ein Herz und teilte Lili mit, in welchem Kriegszustand ich mich mit dem Hinterhofe befand und daß man nicht zugleich mit mir und jenen Freundschaft haben konnte.
Lili antwortete mit einer Bestimmtheit, die mich bei ihrem weichen Wesen überraschte: Du kannst ganz ruhig sein, ich spiele nicht mit den rohen Kindern. Ich spiele überhaupt nicht mehr mit Kindern – und nun lüftete sie vor meinem staunenden Geiste den Zipfel eines Vorhangs, durch den ich in ein neues Wunderland blickte, das Land der Tanzstunden, der langen Kleider, der Verehrer! Ich wußte ja von Herzensangelegenheiten weit mehr, als sonst Kinder zu wissen pflegten, da die Verhältnisse der Großen von jeher vor meinen Ohren verhandelt worden waren, aber ich wußte es nur mit dem Verstand, es ging mich in meinem Kinderlande nichts an, sondern lag weltenfern in einer vierten Dimension! Durch Lilis Worte rückte das alles auf einmal ganz nahe heran, daß es mir fast den Atem nahm. Aber es gefiel mir außerordentlich, und ich entschlief unter dem Eindruck, plötzlich einen großen Schritt im Leben vorwärts getan zu haben.
Des anderen Tages wurde Lili, weil bei uns kein Platz war, in einer benachbarten Familie in Pension gegeben. Sie verbrachte aber die meiste Zeit bei uns und gewöhnte sich schnell an unser Hauswesen. Sie war ein ungemein liebliches Stück Natur, dessen Anmut nichts bloß Äußerliches war, sondern aus einer anmutigen Seele floß. Es gab niemand, der an ihrem gefälligen, schmiegsamen Wesen keine Freude gehabt hätte. Eine gewisse Willenlosigkeit und Lässigkeit, die man an ihr bemerkte, taten ihrem Liebreiz keinen Eintrag. Ich konnte mir später Goethes bezaubernde Lili nie anders als unter dem Bilde der meinigen denken. Wenn meine Lili auch keine so glänzende Schönheit und keine so große verwöhnte Dame war, so erinnerte sie doch durch ihre spielerische Schalkheit und natürliche Anziehungskraft an jene strahlende Gestalt. Die sehr wohlgeformten, obschon etwas großen Züge ihres immer lächelnden Gesichts, die dunklen, entgegenkommenden Augen voll Gutherzigkeit und Schelmerei unter dem reichen aschblonden Haar, ihre mittelgroße, graziöse Gestalt hatten einen Reiz, den manche größere Schönheit entbehrt. Wenn sie mit dem koketten Pelzmützchen auf ihren immer schöngeordneten Haaren in der wippenden Krinoline daherkam, war es unmöglich, ihr nicht gut zu sein.
Lili wurde nun für einige Zeit mein bewundertes Vorbild und mein stetes Denken. In meinen Olymp konnte ich sie nicht einführen, weil ihr der Sinn für die Dichtkunst gebrach, aber ich kam zu ihr in ihre Welt und fand da genug des Neuen, mich ganz Berauschenden. Lili hatte schon Reisen gemacht, große Städte gesehen, hatte an Champagnerfesten teilgenommen und kannte das Theater, was kein anderes Kind im weiten Umkreis von sich rühmen konnte. Sie schien mir also einem Orden von Eingeweihten anzugehören, zu dem ich andächtig emporblickte. Die Phantasiewelten, in denen ich bis dahin gelebt hatte, versanken vor dem Wunderbaren, was mich berührte, dem Leben. Ich verleugnete alle meine Götter um ihretwillen. Von den Griechen, von