Die Irrtümer der Komplexität - Stephanie Borgert - E-Book

Die Irrtümer der Komplexität E-Book

Stephanie Borgert

4,8

Beschreibung

Kontrolle über komplexe Systeme ist eine Illusion Komplexität prägt unser Jahrhundert und hat unsere Arbeitswelt drastisch verändert. Unklare Anforderungen, kurze Veränderungszyklen, hohe Dynamik und wachsende Vernetzung sind die Auswirkungen. Wir begegnen ihnen jedoch mit alten Methoden und Denkweisen. Reflexartig reagieren wir auf diese wachsende Komplexität mit dem Ruf nach Vereinfachung, nach mehr Daten, nach besserer Planung. Aber Komplexität lässt sich so nicht in den Griff bekommen. Stephanie Borgert klärt uns anschaulich und mit lockerem Stil über unsere Irrtümer in Sachen Komplexität auf. Sie liefert relevantes Hintergrundwissen und anwendbares Knowhow für alle Führungskräfte und Manager, die in komplexen Organisationen auch weiterhin gut und richtig entscheiden möchten.

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Inhaltsverzeichnis
Nutzungshinweise
Komplexität: Mythos oder Wirklichkeit?
Viele Symptome – eine Diagnose
Komplexität »in a nutshell«
Die Facetten der Komplexität
Dürre, Mais, Geld und Hilfe – ein komplexes System
Komplexität – es hakt im Management
Irrtum Nr. 1: Vereinfachung führt zum Erfolg
Einfach gibt Sicherheit
Die Kausalitätsfalle
Einfach: der kurze Weg ins Chaos
Einfache Regeln in komplexen Systemen
Einfach managen – statt Vereinfachung
Irrtum Nr. 2: Komplex ist gleich kompliziert
Komplex ist nicht gleich kompliziert
Alles »in Ordnung« – Merkmale komplizierter Systeme
»Erwarte das Unerwartete« – komplexe Systeme lassen sich nicht vorhersagen
Kompliziertes und Komplexes managen
Irrtum Nr. 3: Die Experten werden es schon richten
Sind wir nicht alle ein bisschen Experte?
Für Experten ist die Welt immer kompliziert
Adaptation versus Exaptation
Kognitive Diversität steigern
Irrtum Nr. 4: Wir dürfen keine Fehler machen
Warum wir Angst vor Fehlern haben
Die Kultur des Unternehmens bestimmt den Umgang mit Fehlern
Fail-safe oder Safe-fail – eine Frage der Kultur
Vom sinnvollen Umgang mit Fehlern
Irrtum Nr. 5: Gute Planung ist alles
Planen kommt vor Handeln
Unsicherheit führt zu mehr Planung. Mehr Planung führt zu Unsicherheit
Guter Plan – geht trotzdem nicht
Planung für Komplexität
Irrtum Nr. 6: Viele Daten sorgen für Durchblick
Informationsmangel – ein zentrales Problem im Informationszeitalter
Entscheidungen brauchen relevante Informationen
Schwache Signale – die Vorboten von Chancen und Risiken
Objektivität ist eine Illusion
Souverän managen in der Datenflut
Irrtum Nr. 7: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Auf der Suche nach Helden
Alles unter Kontrolle!?
Management ist regeln, nicht steuern
Die Herausforderungen in der Regelung komplexer Systeme
Führung ist verstehen und bewerten
Irrtum Nr. 8: Konkurrenz belebt das Geschäft
Liegt uns Konkurrenz im Blut?
Konkurrenz oder Kooperation?
Wie du mir, so ich dir
Kooperation muss sich lohnen
Irrtum Nr. 9: Einer muss sagen, wo es langgeht
Hierarchie – stürmisches Eisen oder heilige Führung?
Ob steil oder flach – starre Hierarchien haben ausgedient
Ohne Spitze, ohne zentrale Steuerung – so geht Erfolg
Vernetzung statt Organigramm
Komplexität meistern
Mission 4636
Was sollten Sie lassen?
Was sollten Sie tun?
Die Antwort auf Komplexität
Anhang
Glossar
Literaturverzeichnis
Über die Autorin
Impressum

»Irgendwas ist immer.«

Nutzungshinweise

Warum

Wir sitzen zu dritt um den Besprechungstisch, der Marketingleiter eines Finanzdienstleistungsunternehmens, seine Vertreterin und ich. Es geht um die Auftragsklärung für einen Coachingprozess, aber wir sind noch beim »Warm-up« und kommen auf mein Lieblingsthema zu sprechen: Komplexität. Wir plaudern über unsere Kenntnisse und Erfahrungen mit diesem Thema und der Marketingleiter fragt mich nach den wesentlichen Faktoren beim erfolgreichen Managen komplexer Organisationen. Ich erläutere ein wenig, Begriffe wie Intransparenz, Selbstorganisation und Vereinfachung fallen. Meine Gesprächspartner lauschen eine Weile und atmen dann tief ein. »Ja, wissen Sie, Frau Borgert«, setzt der Marketingleiter an, »das klingt alles ganz gut, aber das ist doch nichts für unser Unternehmen. Das geht vielleicht bei Start-ups, aber doch nicht in einem Konzern mit mehreren Tausend Mitarbeitern. Und unsere Mitarbeiter sind dafür auch gar nicht geeignet.«

»Da ist sie wieder«, denke ich bei mir: diese besondere Haltung gegenüber dem Thema Komplexität. Jeder kennt sie, jeder erlebt sie, manche können sie klar benennen, aber keiner will etwas damit zu tun haben. Auf den ersten Blick scheint es oft so, als müsse sich jede Organisation erst einmal auf links krempeln, um auf die gestiegene Komplexität in unserer Welt reagieren zu können. Zu groß, zu anders, zu unbekannt klingen Begriffe wie »Vernetzung«, »Selbstorganisation« oder »Unvorhersagbarkeit«.

Komplexität ist (neben der Resilienz von Organisationen) mein Hauptthema bei der Arbeit als Coach und als Rednerin. Dabei habe ich in den letzten Jahren immer wieder festgestellt, wie gering das Wissen um Komplexität ist. Das liegt nicht daran, dass die Manager dafür nicht schlau genug wären – es kommt in den üblichen Managementtrainings und -programmen schlicht und einfach nicht vor. Dort geht es weiterhin hauptsächlich um lineare Methodik und kausales Denken. Aber genau das führt zu Missverständnissen und Fehlern in komplexen Kontexten, und auf der persönlichen Ebene sind Überforderung und Dauerstress bei Managern und Führungskräften die Folge.

Zurück zum Besprechungstisch. In dieser Situation habe ich beschlossen, dieses Buch zu schreiben. Ich möchte die häufigsten und ausgeprägtesten Missverständnisse rund um das Thema Komplexität, auf die ich in den letzten Jahren immer wieder gestoßen bin, in Erkenntnisse umwandeln und auflösen. Gleichzeitig will ich mit diesem Buch Ideen vermitteln und Impulse setzen, die dazu beitragen, mit (manchmal sehr) kleinen Veränderungen größere Erfolge zu erzielen. Ich möchte die Komplexität entmystifizieren und klarmachen, was sie in unseren Organisationen und Teams bedeutet und wie wir mit ihr umgehen können.

Dieses Buch habe ich für alle Manager und Führungskräfte geschrieben, weil das Thema für alle relevant ist. Aber nicht jeder wird sich wiederfinden wollen. Aus diesem Grund mache ich im Folgenden deutlich, was das Buch ist, an wen es sich richtet und wer es besser wieder weglegen sollte.

Was

Dieses Buch beschäftigt sich auf lockere, aber ernsthafte Weise mit den größten Missverständnissen rund um das Thema Komplexität. Es klärt auf über die Entstehung dieser Irrtümer und zeigt, warum wir ihnen erliegen. Das ist oft einfach eine Frage der persönlichen Einstellung, der eigenen Prägungen, Werte und Erfahrungen. Damit setzen Sie sich in diesem Buch auseinander. Zu jedem Irrtum existieren Erkenntnisse, die es uns ermöglichen, anders mit der steigenden Komplexität umzugehen. Diese Erkenntnisse werde ich Ihnen auf den folgenden Seiten vermitteln. Nicht für alle Irrtümer ist die Komplexität ursächlich, in komplexen Kontexten sind jedoch die Auswirkungen erheblicher als in linearen Zusammenhängen. Da es in der Natur des Themas liegt, komplex zu sein, braucht es für den Umgang mit Ihren persönlichen Herausforderungen natürlich den konkreten Kontext. Sie werden ihn nicht 1:1 in den Beispielen wiederfinden, sondern müssen den Transfer auf Ihre persönlichen Herausforderungen selber leisten. Dieses Buch möchte Sie anregen, Ihnen Impulse geben, Sie zur Reflexion ermutigen, Aha-Effekte produzieren, Ideen pflanzen und Spaß machen.

Was nicht

Dieses Buch ist kein simpler Ratgeber, es vermittelt Ihnen keine wasserdichten »Wenn Sie das tun, geschieht jenes«-Methoden oder Rezepte! Komplexe Aufgaben sind nicht-linear, dynamisch und intransparent. Es kann also keine Best-Practice-Lösungen für komplexe Aufgabenstellungen oder Probleme geben. Konfektionierte Rezepte werden Sie in diesem Buch nicht finden. Es ist stets eine Frage des Kontexts und darauf werde ich auch immer wieder deutlich hinweisen.

Wie

Das Buch ist so aufgebaut, dass Sie die einzelnen Kapitel, die sich jeweils mit einem Irrtum beschäftigen, für sich lesen können. Damit das funktioniert, gibt es einige wenige Wiederholungen. Sollten Sie trotzdem bei der Lektüre über einen Begriff stolpern, der an anderer Stelle definiert worden ist, so schauen Sie bitte im Glossar nach. Dort sind die wichtigsten Begriffe aufgeführt.

Das erste Kapitel führt den Begriff der Komplexität ein und erläutert die wesentlichen Facetten wie Dynamik, Intransparenz, Selbstorganisation und weitere. Anschließend geht es um die neun häufigsten Irrtümer, die im Management nach wie vor weitverbreitet sind. Im Abschlusskapitel fasse ich für Sie zusammen, was an Fähigkeiten, Haltungen und Kompetenzen notwendig ist, um Komplexität zu meistern. Sie werden am Ende des Buches wissen, was es braucht, um in einem holistischen (ganzheitlichen) Sinn als Manager und Führungskraft erfolgreich zu sein – und das trotz oder gerade wegen der Komplexität. Viele der Gedanken, die hinter einem holistischen Management stehen, sind als Merksätze herausgestellt.

Merksätze erkennen Sie an diesem Symbol.

Wer

Ich habe dieses Buch für all jene Manager und Führungskräfte geschrieben, die sich mit der Komplexität unserer Welt auseinandersetzen und mit diesem Wissen erfolgreicher entscheiden, managen und führen möchten. Es richtet sich an Menschen, die offen sind für die Auseinandersetzung mit ihren eigenen Sichtweisen, Stereotypen, Vorurteilen und ausgetretenen Handlungspfaden. Wenn Sie bereit sind, Neues zu erfahren, Altes zu überprüfen und Ihre Denk- und Verhaltensweisen gegebenenfalls anzupassen, dann wünsche ich Ihnen viele gute Erkenntnisse bei der Lektüre.

Wer nicht

Menschen, die sich mit Komplexität nicht auseinandersetzen wollen (egal aus welchem Grund), sollten das Buch nun wieder aus der Hand legen. Sie werden zu viel Energie aufbringen müssen, um die Informationen und Beispiele gedanklich zu widerlegen und für unbrauchbar zu erklären. Wenn Sie auf der Suche nach einfachen Rezepten sind, werden Sie hier nicht fündig. Sollten Sie also nicht willens sein, sich selbst und Ihre Organisation gründlich zu reflektieren und zu hinterfragen, dann lesen Sie bitte nicht weiter.

Risiken und Nebenwirkungen

Wenn Sie sich auf das Thema Komplexität einlassen, so werden Sie von Zeit zu Zeit verwirrt sein. »Was soll ich nun tun?« »Wie geht das?« »Gibt es keine Antwort?« Das passiert uns immer dann, wenn wir eine Lösung oder Antwort nicht sofort sehen oder nicht begreifen können. Und es ist auch gut so, denn aus diesem Zustand heraus entsteht Erkenntnis, wir erweitern unseren Horizont und erproben neues Denken. Es kann Ihnen also passieren, dass Sie neu zu denken beginnen, etwas anderes ausprobieren wollen, die Welt nicht mehr so betrachten wie vorher, Dinge infrage stellen und über sich selbst nachdenken. Das wünsche ich Ihnen von Herzen – und haben Sie dabei viel Spaß!

Komplexität:

Viele Symptome – eine Diagnose

»Es geht alles drunter und drüber.«

»Wir versinken im Chaos.«

»Die Datenlage ist viel zu dünn.«

»Da fehlt der Durchblick.«

»Das ist zu komplex, wir müssen vereinfachen.«

»Hier macht jeder, was er will.«

»Wie sollen wir denn so eine Planung machen?«

»Ohne Informationen ist keine Entscheidung möglich.«

»Das wächst uns gerade über den Kopf.«

Welchen dieser Sätze haben Sie selber in letzter Zeit benutzt oder von Kollegen, Vorgesetzten oder Mitarbeitern gehört? Wahrscheinlich finden Sie mehr als einen wieder, der Ihnen vertraut ist. Ich höre diese Aussagen häufig bei meiner Arbeit mit Führungskräften und Projektteams. Die Liste ließe sich beliebig erweitern, denn es existieren zig Möglichkeiten, um »Chaos« (→ Glossar) zu beschreiben. Wir verwenden diesen Begriff immer dann gerne, wenn Situationen nicht mehr kontrollierbar erscheinen und wir den Überblick verlieren. Das macht auch deutlich, dass es natürlich die Umstände sind, die uns das Leben schwer machen, und nicht etwa mangelnde Kompetenz oder etwas Ähnliches.

Viele dieser Äußerungen sind mittlerweile schon beinahe zum Mantra geworden und hallen regelmäßig durch die Organisationen. Gleichzeitig suchen wir nach Erklärungen für das immer häufiger auftretende Chaos. Früher war doch alles viel einfacher und ruhiger, oder? Nun aber steigt der Stresspegel stetig, es wird alles dynamischer, Veränderung reiht sich an Veränderung und keiner blickt mehr durch.

Gut, dass uns seit einigen Jahren eine valide Erklärung angeboten wird – es ist die Komplexität. Unzählige Artikel, Bücher und Aufsätze beschäftigen sich mit diesem (angeblich) modernen Symptom unserer Gesellschaft. In Studien werden Projektmanager mit dem Statement zitiert, dass die Komplexität eines der großen Probleme im Management sei. Manager werden dazu befragt, inwieweit die Komplexität eine Herausforderung für sie ist. Es wird überlegt, wie sich die Komplexität eliminieren lässt oder wie man sie wenigstens »in den Griff« bekommt. Komplexität ist Grund, Ursache, Symptom, Problem, Herausforderung und Dämon zugleich.

Unser Wunsch nach einer Erklärung ist damit erst einmal befriedigt. Wir wissen nun, warum wir regelmäßig im Chaos stecken. Der Begriff Komplexität ist modern und wird ebenso oft wie undifferenziert verwendet. In den vielen Erklärungsversuchen und Veröffentlichungen wird nur selten erläutert, was Komplexität genau bedeutet, was sie ausmacht und wie wir mit ihr umgehen können.

Ändern sich die Bedingungen, braucht unser Denken ein Update.

Die Komplexität der (Arbeits-)Welt, wie wir sie geschaffen haben, ist weder Problem noch Ursache. Wir können sie weder eliminieren noch reduzieren. Sie verschwindet auch nicht wieder. Unsere Welt ist komplex und wird es bleiben. Mit dem Gedanken müssen wir uns anfreunden und diese Tatsache müssen wir akzeptieren. Komplexität ist nicht unser Gegner, sondern der Zustand, in dem wir leben und agieren. Die Frage nach der Reduktion der Komplexität stellt sich nicht. Es geht also um die Frage, wie wir diese Komplexität meistern können. Wie agieren wir erfolgreich in einem komplexen Umfeld?

Auch auf diese Frage gibt es zahlreiche Antworten – die Vorschläge reichen von »Da kann man nichts machen, so ist halt das System« bis »Wir müssen eine Methode entwickeln«. Die Verantwortung auf »das System« abzuschieben, scheint einfach und vielversprechend, kommt aber dem Totstellen beim Anblick des berüchtigten Säbelzahntigers gleich. Die Suche nach Methoden, die uns Sicherheit bieten, entspringt ebenfalls dem Wunsch nach Sicherheit und Einfachheit. Außerdem kennen wir diese beiden Lösungsansätze schon. Wir greifen gerne auf Bekanntes zurück, wenn die Herausforderung vor uns neu und unbekannt ist. Und genau hier liegt der zentrale Punkt: Komplexität ist die große Unbekannte im Management moderner Organisationen. Wir wissen noch zu wenig darüber und haben keine echte Vorstellung, mit welchen Werkzeugen wir agieren können.

In meiner Beratungstätigkeit werde ich immer wieder mit Missverständnissen und Irrtümern rund um das Thema Komplexität konfrontiert. Dabei ist es weniger die mangelnde Kompetenz von Managern und Führungskräften, die zu Fehlschlüssen führt, als vielmehr fehlende Information und Reflexion auf den eigenen Kontext. Zudem neigen wir Menschen dazu, immer eine Ursache für ein Problem oder ein Verhalten benennen zu wollen. So glauben wir verstehen zu können. Wir formulieren Aussagen nach dem Schema »weil dies, deshalb das« und sind uns sicher, so immer einen kausalen Zusammenhang für jede Situation finden zu können. Und damit sind wir schon bei einem der Managementglaubenssätze, mit denen wir in der Beratung arbeiten.

»Es gibt immer eine Kausalität.« Spätestens mit dem Schulbeginn und während unserer gesamten Ausbildung werden wir darauf trainiert, in Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen zu denken. Das führt zu Aussagen wie »Wir erreichen den Projekt-Meilenstein nicht, weil die Abteilung XY das Konzept nicht abnimmt« oder »Steve Jobs ist der Grund für den Erfolg von Apple«. Ganz einfach, eine Ursache und ihre Wirkung. Vor allem, wenn wir retrospektiv auf Vorgänge schauen, finden wir jede Menge Erklärungen in dieser Form, und das gilt sowohl für Erfolge als auch für Misserfolge. Das typische »Ich habe es ja gleich gewusst« ist ein Paradebeispiel hierfür. Und auch in der Vorausschau »wissen« wir schon ganz genau, wie wir zu einem Ziel kommen: »Wenn wir die richtige Botschaft auf der Webseite haben, entsteht Sogmarketing quasi von alleine« oder »Um das Vertrauen im Team zu stärken, brauchen wir ein Team-Event«.

Aber: Weder ein Projekt noch das Unternehmen Apple noch ein Team sind einfache Systeme, die sich durch Linearität auszeichnen. Im Gegenteil, sie sind komplex und lassen sich nicht in Ursache-Wirkungs-Ketten zerlegen, zumindest nicht a priori. An dieser Stelle wird Kausalität häufig mit Korrelation verwechselt. Ein komplexes System besteht aus Wechselwirkungen der Beteiligten. Um es zu verstehen, müssen wir uns auf die Beziehungen und wechselseitigen Wirkungsgefüge konzentrieren.

»Mit so vielen Beteiligten kann das nichts werden.« Gerade im Umfeld komplexer Projekte ist das eine der häufigsten Begründungen für Misserfolge. Viele Beteiligte, so heißt es dann, erhöhen die Komplexität und sorgen dafür, dass nichts mehr »gerade durchläuft«. Das ist ein Irrtum. Viele Beteiligte machen noch längst keine Komplexität. Eine Armee im Gleichschritt hat viele beteiligte Soldaten und ist gleichzeitig linear. Komplexität entsteht durch die Verknüpfung der Beteiligten, die Vernetzung (→ Glossar). Damit ergeben sich Wechselwirkungen und Dynamik und unser Ursache-Wirkungs-Denken wackelt. Wir werden diesen Punkt, der sich in weiteren Irrtümern wiederfindet, noch im Detail betrachten. So viel vorweg: Das Problem entsteht an dem Punkt, an dem wir versuchen, ein großes komplexes System genauso zu managen wie ein großes lineares.

»Wir müssen für Stabilität sorgen.« Ich kenne so gut wie keine Organisation, die sich nicht ständig im Wandel befindet. Sie alle führen mehrere Change-Projekte und -Prozesse parallel durch und reagieren so auf die sich ändernden Rahmenbedingungen. In den Köpfen vieler Führungskräfte hat sich jedoch die Idee festgesetzt, dass eines der wichtigsten Ziele Stabilität sein muss – quasi als Gegenpol zur Veränderung. Würden wir das umsetzen (können), so gäbe es über kurz oder lang keine neuen Ideen, keine Innovationen und keine neuen Lösungen mehr. Ein komplexes System, das auf Dauer in einem stabilen Zustand verharrt, zahlt den Preis der Flexibilität. Wir müssen das akzeptieren und lernen, mit der steten Veränderung umzugehen. Das gilt auch auf der Mitarbeiterebene. Natürlich gehört es zu den Aufgaben der Führungskräfte, für Momente der Erholung zu sorgen. Das hat allerdings nichts mit der Stabilität des Systems zu tun.

»Wir müssen uns einig sein.« Viele Führungskräfte halten an der Idee fest, dass das Lösen komplexer Aufgaben gleichbedeutend mit vollständiger Harmonie und hundertprozentiger Übereinstimmung ist. Nur wenn alle dieselbe Meinung und Auffassung teilten, seien Menschen bereit, schwierige Aufgaben zu meistern. Dieser Irrtum entsteht wohl aus der diffusen Ahnung, dass Komplexität und »par ordre du mufti« nicht gut zusammenpassen. Komplexe Aufgaben und Kontexte brauchen jedoch das Gegenteil totaler Übereinstimmung. Sie brauchen Diskurs, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Die wirkliche Auseinandersetzung, das Einbringen verschiedener Meinungen, Sichtweisen und Kompetenzen ist wichtig und notwendig. Komplexität braucht Verschiedenartigkeit auf allen Ebenen.

»Selbstorganisationist, wenn’s von alleine läuft.« »Arbeitet Ihr Team selbstorganisiert?« – »Aber ja, und das ist toll. Ich muss überhaupt nichts machen.« Sie glauben, ich habe diese Antwort frei erfunden? Leider nein. Um den Begriff der Selbstorganisation ranken sich mindestens so viele Missverständnisse wie um die Komplexität. Selbstorganisation ist das Gegenteil von »Ich mache nichts«. Jedes komplexe System ist selbstorganisiert, das können Sie beeinflussen, stören oder zu verhindern versuchen; trotzdem bleibt es selbstorganisiert. Wenn Sie als Manager oder Führungskraft »nichts tun« und am Ende die richtigen Ergebnisse herauskommen – Glückwunsch, da hat der Zufall Ihnen geholfen oder jemand anderes hat geführt. Die Basis für erfolgreiche Selbstorganisation besteht aus Disziplin, Regeln und Feedback. Nur ein System, das ständig überprüft, wohin es sich bewegt, und über Rückkopplungen ausregelt, hat die Chance, ein Ziel anzupeilen, ohne auf Glück vertrauen zu müssen.

Es existieren unüberschaubar viele Definitionen, Erklärungen und Missverständnisse rund um das Thema Komplexität. Im Folgenden geht es daher zunächst um eine genauere Erläuterung dieses Begriffs und um die wesentlichen Facetten komplexer Systeme. Auf Basis dieses Grundverständnisses werden dann die häufigsten Irrtümer skizziert und aufgelöst. Dazu betrachten wir jeweils die Ebene des Einzelnen (auf welcher der Irrtum entsteht) und die Systemebene (auf welcher sich der Irrtum meistens zeigt).

Komplexität »in a nutshell«

Ist Komplexität eigentlich ein junges Phänomen? Nein. Warum ist es dann ausgerechnet jetzt allerhöchste Zeit, sich damit zu beschäftigen? Weil der Komplexitätsgrad in den Organisationen uns die Grenzen unserer Entscheidungs- und Führungskompetenzen mehr als deutlich aufzeigt. Komplexe Systeme sind keine Modeerscheinung, aber sie sind als Managementthema in den letzten Jahren und Jahrzehnten deutlich relevanter geworden.

Im Wesentlichen liegt das an der gestiegenen Vernetzungsdichte. Der Komplexitätsgrad ist in der Gesellschaft insgesamt, vor allem aber in der Arbeitswelt, geradezu explodiert. Das Internet, die neuen Medien und die Globalisierung sind nur einige der wichtigen Schlagwörter dazu. Heute haben wir es, anders als früher, mit Systemen zu tun, die aus vielen Komponenten (Beteiligten) bestehen, welche wiederum hochgradig miteinander vernetzt sind. Diese Vernetzung bringt Eigendynamik, nicht-lineare Beziehungen (→ Glossar) und Intransparenz als Effekte mit sich.

Die Systemtheorien erzählen uns das bereits seit Jahrzehnten, wurden aber im Management weitestgehend überhört. Lange Zeit herrschte die Meinung vor, komplex sei nur ein anderer Begriff für kompliziert (→ Glossar) und man brauche lediglich die richtigen Analysen und die passende Methode auszuwählen, um erfolgreich zu sein. Der erste Schritt raus aus diesem Denkmodell besteht darin, die Komplexität der Aufgabe, der Organisation, des Problems oder Projektes – des Systems – zu erkennen und zu akzeptieren.

Projekte, Organisationen et cetera sind komplex, weil:

► sie offen sind, im Sinne des Austauschs von Informationen (→ Glossar), Ressourcen usw. mit der Umwelt.

► viele Beteiligte unabhängig voneinander agieren, jeder auf Basis von Heuristiken (→ Glossar) und lokalen Informationen.

► nicht-lineare interne Dynamiken für »Überraschungen« sorgen.

► sie sich kontinuierlich verändern.

► ihr Verhalten nicht vorhersagbar ist.

Mit diesen fünf Punkten haben Sie einen guten Anhaltspunkt dafür, dass es sich bei Ihrem System um ein komplexes handelt. Eindeutige und optimale Lösungsräume sind nicht mehr gegeben und viele Aspekte, wie Strukturen oder Prozesse, zeigen sich nur indirekt. Genau das stellt uns vor die aktuellen Managementherausforderungen, denn es bedeutet, Entscheidungen ohne Entscheidungssicherheit zu treffen. Es bedeutet, Entscheidungen zu treffen und dabei nur begrenzte Ressourcen (Informationen, Zeit, Material, Wissen) zur Verfügung zu haben. Viele Menschen fühlen sich damit überfordert, vor allem wenn Situationen turbulent oder kritisch sind.

Das alles sagt natürlich noch nichts darüber aus, wie Sie in komplexen Systemen erfolgreich managen und führen. Außerdem fehlen noch einige grundlegende Facetten der Komplexität, die bekannt und klar sein sollten, um nicht dem einen oder anderen Komplexitätsirrtum zu erliegen. Um diese Zusammenhänge besser zu verstehen, werden nachfolgend die wichtigsten Aspekte komplexer Systeme und deren Auswirkungen in Anlehnung an die Systemtheorien definiert. Diese Begriffe kommen auch in den späteren Kapiteln vor, ohne jedes Mal erneut erklärt zu werden. Hilfreich ist daher ein Blick ins Glossar im Anhang des Buches.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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