Die Jagd - Yannick Hagedorn - E-Book

Die Jagd E-Book

Yannick Hagedorn

4,8

Beschreibung

Zeriel liegt in Ketten und den Wächtern bleibt keine Zeit sich auszuruhen. Nach dem Verrat ihres Freundes Chris begeben sie sich auf die Suche nach Allura, der Inkarnation des Willens. Dieses ist leichter gesagt, als getan. Denn Allura versteckt sich seit der großen Schlacht und wurde seither nicht gesehen. Wie sollen sie den Dämonen auf ihrer Jagd nach Zeriels Frau zuvorkommen? Vielleicht ist das Geheimnis von Jadriel der Schüssel, um die Welt vor dem Untergang zu retten?

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Seitenzahl: 362

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Für Tobias Miller

Die Welt der Bücher kennt keine Grenzen.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 »Die Ankunft«

Kapitel 2 »Die Unterwelt«

Kapitel 3 »Neuer Auftrag, neuer Plan«

Kapitel 4 »Die Reise beginnt«

Kapitel 5 »Die Prüfung der Stärke«

Kapitel 6 »Neue Erkenntnisse«

Kapitel 7 »Die Hochzeit«

Kapitel 8 »Die Reise beginnt«

Kapitel 9 »Die Dämonin«

Kapitel 10 »Irland«

Kapitel 11 »Der Zerstörer«

Kapitel 12 »Das Geständnis«

Kapitel 13 »Der erste Flug«

Kapitel 14 »Zweifel«

Kapitel 15 »Der erste Hinweis«

Kapitel 16 »Folter«

Kapitel 17 »Allura«

Kapitel 18 »Die lebende Hölle namens Allura«

Kapitel 19 »Familienessen«

Kapitel 20 »Das Schicksal nimmt seinen Lauf«

Kapitel 21 »Die Schlacht beginnt«

Kapitel 22 »Das Blatt wendet sich«

Kapitel 23 »Wiedervereint«

Kapitel 24 »Der Hüter des Willens«

Epilog

Danksagung

Zaubersammlung

Kapitel 1 »Die Ankunft«

>>David<<

Der Wind trieb mir die Tränen in die Augen. Es war das berauschendste Gefühl seit einer Ewigkeit, so kam es mir zumindest vor. Doch leider bot sich mir vor meinen Augen eine schreckliche Szene auf. Das Gebäude, welches ich zuvor im vom Schöpfer projizierten Bild gesehen hatte, lag in Trümmern. Kein Stein war mehr auf dem anderen. Es als Ruine zu bezeichnen, wäre ein Kompliment. Und inmitten all dieser Bruchstücke standen sie. Meine Freunde waren alle da, es ging ihnen gut. Der Kampf war vorbei.

Innerlich spürte ich, wie der Mount Everest soeben von meinem Herzen fiel. Mit den Fersen trieb ich den Drachen weiter an. Kaum zu glauben, aber ich fühlte mich, als hätte ich nie etwas anderes getan. Ein leichtes Kribbeln breitete sich im Magen aus. Ob es die Freude auf meine Freunde war, besonders auf Mica oder doch nur der Rausch der Lüfte vermag ich nicht zu sagen.

Mit nur einem Wimpernschlag änderte sich die Szene. Ich sah nicht genau, was passiert war. Aber es herrschte ein gewaltiges Durcheinander. Meine Freunde stürmten auf Zed zu, welcher in ein dunkles Licht gehüllt zu sein schien. Mit einem kurzen Aufblitzen waren er und die beiden Personen neben ihm verschwunden.

»Was in drei Engelsnamen ist denn passiert?«, fragte ich aus Versehen laut in die Runde der Engelsgeneräle, welche mit mir aus dem Himmelreich herabgestiegen waren.

»Ich kann es dir nicht sagen, jedoch ist Zeriels Präsenz aus heiterem Himmel verschwunden. Und das bedeutet nichts Gutes!«, erklärte mir Jadriel. Auf ihrem Gesicht schlich sich ein kurzer Anflug von Besorgnis, allerdings verschwand er sofort und der alte grimmige Gesichtsausdruck kam wieder zum Vorschein. Meine Güte kann diese Frau auch mal lächeln?

Es waren jetzt nur noch knapp zehn Meter bis zum Boden. Abraxis streckte langsam seine Beine aus und leitet die Landung ein. Seine gewaltigen Schwingen erstreckten sich über sämtliche Trümmer. Damit ich absteigen konnte, ging er leicht in die Knie. »Ich danke dir!«.

»Nichts zu danken Meister, es ist meine Pflicht, euch zu dienen. Denn ihr seid der Wächter des Mutes. Wann immer ihr mich braucht, werde ich zu Hilfe eilen, sei die Entfernung doch so groß.«. Er verneigte sich vor mir und ich tat es ihm gleich. Diese Verbindung zwischen uns, bestand sie auch noch so kurz, ist unbeschreiblich stark und ich wusste, sie würde ein ganzes Leben lang halten. Vielleicht sogar darüber hinaus.

Der Sand unter den Schuhen knirschte, als ich mich langsam zu meinen Freunden umdrehte. Mein Mund öffnete sich bereits, um sie freudig zu begrüßen, doch starrte ich nur in schockierte, irritierte und von Tränen gerötete Gesichter. Bevor ich einen klaren Gedanken fasste, bewegte ich mich auf Mica zu und meine Arme schlossen sich um ihren Körper.

Ihre Tränen liefen über ihre zarten, leicht geröteten Wangen, bis sie auf mein weißes T-Shirt trafen. Langsam streichelte ich ihren Kopf. »Tsch, ganz ruhig. Was ist denn überhaupt passiert?«, wollte ich wissen.

»Das wüsste ich tatsächlich auch sehr gerne!«. Jadriel trat einen Schritt auf uns zu. Ihre gewaltigen weißen Schwingen, jederzeit zum Abflug bereit, thronten majestätisch auf ihrem Rücken und ihre Hand ruhte auf dem Knauf ihres gigantischen Breitschwertes, welches an ihrer Hüfte befestigt war.

Sie besaß das gleiche goldene Haar wie Zed und ich. Eine leichte Brise sorgte dafür, dass diese mit dem Wind wehten. John und Trace mussten denken, dass eine Göttin vor ihnen stünde, den ihre Augen wuchsen auf Übergröße an.

Nun kamen die restlichen Generäle auf uns zu.

»Was passiert ist, willst du wissen? Das kann ich dir sagen. Chris, dieser Idiot, hat uns verraten! Aus purer Eifersucht und Neid ist er einen Pakt mit Marxael eingegangen. Das Ergebnis davon sieht so aus, dass Zed jetzt in der Unterwelt gefangen ist!«, Trace klang stinksauer.

»WAS!« Jadriel war fassungslos.

Erst jetzt schien Mica zu begreifen, dass ich nicht mit leeren Händen aus dem Himmel zurückgekehrt bin.

»David, bitte sag mir, dass ich so viel geweint habe, dass ich dehydriert bin und ich deshalb am Halluzinieren bin. Denn ich sehe hier eine Reihe von superheißen Hollister-Models in schwerer Kampfmontur, welche ausreichen würde die Vereinigten Staaten von Amerika auszuradieren!«.

»Keine Sorge, die sind alle echt. Darf ich vorstellen. Jadriel und die restlichen himmlischen Generäle oder anders ausgedrückt, die Geschwister von Zed.«

»Scheiße, dann ist das alles doch kein Traum!«. Mit diesen Worten sackte Mica in sich zusammen. Ihr Kopf schlug gegen meine Brustmuskeln. Panisch verstärkte ich den Griff um ihren Körper.

»Hey Mica! Mica, komm zu dir!«, schrie ich, während ich sie sanft rüttelte.

Einer der himmlischen Generäle trat auf uns zu. »Ich kümmere mich um sie. Keine Sorge, gleich wird es ihr besser gehen.« Behutsam legte ich sie auf den Boden und Zeds Bruder begann mit der Behandlung.

»Da die Dramaqueen ein Nickerchen macht, könnten wir dann zum eigentlichen Problem zurückkehren?«, fragte Jadriel leicht genervt. Himmel, ich konnte sie einfach nicht so recht leiden. Wie kann man nur so herzlos sein. Aus dem Augenwinkel funkelte ich sie böse an.

Trace kam einen Schritt auf uns zu. »Hi, ich bin Trace, 16 Jahre, Single und bereit dich auf der Stelle zu heiraten!«, um seine Aussage zu untermauern, verbeugte er sich und streckte die Hand aus. Jadriel wirkte erst verwirrt und dann verärgert.

Es dauerte fünf Sekunden, bis er einen Schlag von John auf seinen Kopf bekam. Dieses Mal jedoch war es kein freundschaftlicher Klaps. Nein, es war ein gewaltiger Fausthieb, der Trace zu Boden gehen ließ. »Bleib einmal bei der Sache! Unser bester Freund wurde in die Unterwelt entführt und du hast nichts Besseres zu tun, als seine Schwester anzubaggern? Geht´s noch?«.

»´schuldige, hast ja recht.«, sagte Trace, als er sich hochstemmte und den Sand aus seinen Klamotten klopfte.

Die furchteinflößende und doch wunderschöne Generalin nutzte die Gelegenheit, räusperte sich. »Habe ich eben richtig gehört? Marxael hat die Hölle verlassen, Zeriel gefangen genommen und ihr Menschen habt einfach dabei zu gesehen? Halt, nein einer von euch hat ihm sogar geholfen!« Mit jedem ihrer Worte lief sie mehr rot an, bis ihr Kopf zu explodieren drohte. »Wisst ihr eigentlich, was ihr da angerichtet habt? Durch euer Versagen könnte jetzt die gesamte Schöpfung vernichtet werden! Euretwegen sitzt Zeriel, unser Bruder, in der Hölle fest und keiner von uns besitzt die Macht ihn zu befreien. Das heißt, mit anderen Worten Marxael wird ihn töten und damit ist das Schicksal der Welt besiegelt!«

Ich hätte nie gedacht, dass eine Frau ein solch kräftiges Instrument besitzt. Ihre Stimme muss kilometerweit zu hören sein. Es grenzte an ein Wunder, dass unsere Ohren dieser Lautstärke standhielten. Eigentlich traute ich mich kaum, meine Stimme zu erheben, doch tat ich es trotzdem. »Was soll das bedeuten, dass wir nicht die Macht besitzen ihn zu befreien? Genau an diesem Ort sind die Mächtigsten der Mächtigsten versammelt. Wenn nicht wir, wer sonst?«.

Jadriel lachte kurz auf. »Wir mögen mächtig sein, aber nicht allmächtig, als könnten wir diese immense dunkle Macht aushalten, welche in der Unterwelt verteilt ist. Sollte auch nur ein Wesen, was ein bisschen himmlische Essenz besitzt, die Hölle betreten, dient diese wie ein Leuchtfeuer und sämtliche Dämonen würden sich auf den Weg machen, um das Wesen auszuschalten.«.

»Ist das nicht ein Grund mehr, damit wir uns auf den Weg machen und Zed und Chris aus den Klauen Marxaels befreien sollten?«, fragte ich.

Trace horchte auf. »Du willst den Verräter retten gehen? Ich glaube, ich habe mich verhört! Hast du noch alle Latten am Zaun?«.

»Kaum zu glauben, dass ich das sage, aber ich gebe dem Idioten Recht! Warum sollten wir auch nur eine Feder unserer Flügel für dieses dreckige, verräterische Menschlein riskieren?«, fauchte Jadriel mich an.

»Weil ich weiß, dass er sein Herz am rechten Fleck hat und er das Gleiche für jeden von uns tun würde!«

Kapitel 2 »Die Unterwelt«

>>Zeriel<<

Ich sah nichts, außer absoluter Dunkelheit. Auch wenn mir die Sicht genommen wurde, so spürte ich doch das Gewicht der schweren Ketten, welche mir angelegt wurden. Das Eisen fühlte sich eiskalt an. Die Kälte verbrannte mir die Haut. Ich versuchte, mich aufzurichten, aber meine Beine knickten sofort ein.

»Ich an deiner Stelle würde das lassen!«, ertönte eine Stimme aus der Finsternis, Marxael. »Jede Bewegung, wird dich nur mehr schwächen. Diese Ketten wurden aus einem speziellen Metall der Unterwelt geschmiedet. Wir nennen es Dämonium. Es besitzt die Fähigkeit, allen himmlischen Wesen die Kraft auszusaugen und je mehr sie sich dagegen wehren, desto stärken saugen sie dir den letzten Rest deiner Essenz aus dem Körper.« Er lachte auf.

Auch wenn ich nichts sah, so war mir klar, wie sehr ihn dieser Anblick mit Freude erfüllte. Mit dem rechten Arm holte ich verzweifelt zum Schlag aus, während ich mich mit der linken Hand abstützte. Doch meine Faust endete in der Leere. Sofort wurde der Sog, welcher von den Ketten ausging, stärker. Ich brach unmittelbar zusammen.

»Da liegt er nun, der mächtigste Engel der Schöpfung! Zumindest war er das einmal. Komm mein neuer Freund, es wird Zeit, die Erde zu erobern!«, triumphierte Marxael und brach erneut in schallendes Gelächter aus, welches von den Wänden zurückhalte.

»Vergiss dein Versprechen nicht! Du hast mir Mica versprochen. Sobald ich dir geholfen habe, Zed gefangen zunehmen, wolltest du dafür sorgen, dass sie nur noch Augen für mich hat und nicht mehr für dieses Etwas!«, sprach Chris aus der Dunkelheit heraus.

»Sicher doch. Sicher doch. Du wirst sie schon bald in deinen Armen halten. Dem kannst du dir gewiss sein! Und nun komm, wir haben viel zu tun!«

Die beiden entfernten sich von mir. Erneut sammelte ich meine Kraft, um loszulaufen, doch hielten mich die Ketten auf. Wieder fiel ich zu Boden. »Chris, wie konntest du nur? Ich habe dir vertraut. WIR haben dir vertraut!«

Verdammt, warum war ich so blöd? Ich hätte seinen Schmerz bemerken müssen. Es war meine Schuld, dass Chris von der Finsternis eingenommen wurde. Ich hatte versagt. Ich hatte meinen Freund nicht beschützen können. Niedergeschlagen sackte ich in mich zusammen und Tränen bahnten sich einen Weg an die Oberfläche. Ohne es zu bemerken, fielen mir die Augen zu und ich schlief ein.

>>Chris<<

Dicht hinter Marxael ging ich eine steile Treppe hinauf. An den Wänden befanden sich Fackeln. Die blauen Flammen spendeten uns genug Licht, sodass ich in der Lage war, zu sehen, wo ich hintrat.

»Heute wird gefeiert! Nach all den Jahren habe ich es endlich geschafft. Jetzt wird es mir ein Leichtes sein, meinen Plan in die Tat umzusetzen.«, freute sich Marxael.

»Was für einen Plan?«

»Später mein Freund, später. Erstmal stelle ich dir jemanden vor.«

Wir kamen am Ende der Treppe an und Marxael öffnete eine Art Tür vor uns. Zum Vorschein kam ein großer rechteckiger Raum. An den Wänden befanden sich ebenfalls die Fackeln mit ihren blauen Flammen. Diese sorgten dafür, dass die schwarzen aus Marmor bestehenden Fliesen leicht schimmerten. Das Zentrum des Raumes bildete ein kreisrundes Becken, welches mit Wasser befühlt zu sein schien. Von ihm ging ein schwaches Leuchten aus. Als ich mich weiter umsah, entdeckte ich eine kleine Empore. Auf dieser befand sich ein Thron aus purem Silber und schwarzem Leder. Neben ihm standen zwei Hundestatuen, deren Material ich nicht erkannte. Jedoch erschrak ich bei ihrem Anblick. Jeder Kerberos sah gegen diese Hunde aus, wie ein netter Chihauhauwelpe.

»Haben dich Kerael und Imperiael erschreckt? Keine Sorge ohne einen Befehl werden sie ihre derzeitige Form nicht verlassen. Aber die beiden waren nicht der Grund, warum ich dich in meine Gemächer gebracht habe. Padriel und Annriel kommt her!«

Aus dem Nichts sah ich, wie sich zwei schwarze Nebelwolken vor uns auftaten.

»Ihr habt uns gerufen, mein Lord?«, es waren mehrere Stimmen, die sprachen.

Der Nebel verdichtete sich und es materialisierten sich zwei Personen. Die eine entpuppte sich als Frau, deren orangene Haare in leichten Wellen über ihren Rücken fielen. In ihrem Gesicht trug sie schwarze Tätowierungen, welche aussahen wie Flammen. Aus ihrer Stirn ragten zwei Hörner hervor. Die andere Figur war ein Mann. Er hatte kurze dunkle Haare und eine lange Narbe über seinem rechten Auge. Auch er besaß kleine Dämonenhörner auf seiner Stirn.

»Chris, dies sind meine beiden Generäle. Annriel und Pardriel.«

»Meister, wer ist diese Gestalt? Er riecht so, wie soll ich sagen ... nach Verrat?«, der Dämon schnupperte mit seiner Nase und verzog dann angewidert das Gesicht.

Das war jawohl die Höhe, was erlaubt der sich! In mir brodelte es. Am liebsten würde ich ihn gerne in Flammen aufgehen sehen. Ohne es zu merken, bildete sich in meiner Hand ein Feuerball, welcher in einer aschgrauen Farbe leuchtete.

»Sag das noch einmal und du kannst dich demnächst für eine Gesichts-OP bewerben.«, fauchte ich ihn an.

»Na na na, jetzt beruhige dich Chris. Du bist ab sofort einer von uns und so lange, wie dein Platz in der Hierarchie nicht bestimmt ist, solltest du dich nicht mit einem General anlegen.«, forderte Marxael mich auf. »Das Gleiche gilt für euch. Chris ist ein Gefallener und ich will nicht, dass ihm irgendetwas passiert. Habe ich mich da klar ausgedrückt?«

Die beiden Dämonen nickten und mein Feuerball erlosch. »Sehr schön, dann zeigt Chris jetzt sein neues Zimmer und etwas von unserem Reich. Ich habe eine Unterredung mit meinem Vater, die ich leider nicht weiter hinauszögern kann.« Damit verschwand Marxael und ich war mit den beiden Dämonen allein.

»Folge mir!«, fauchte die Dämonin. Sie drehte sich um und ging voraus. Ich folgte ihr und hinter mir lief Padriel.

Wir schlenderten wieder einen schmalen Gang entlang, allerdings war dieser, wie die Gänge in Camelot mit Bildern versehen. Diese zeigten grauenhafte Szenen von blutigen Schlachten. Ich zwang mich, die in mir aufsteigende Magensäure hinunterzuschlucken.

Auf meiner linken Seite ragte ein Fenster. Ich wagte es, einen Blick zu riskieren. Was ich sah, verschlug mir die Sprachen. Vor mir erstreckte sich ein gewaltiges Labyrinth aus Häusern. Über den Dächern flogen vereinzelte Dämonen.

Der Horizont war in ein gefährliches Rot getaucht. Am Rand der Stadt erstreckten sich gewaltige Berge aus schwarzem Gestein.

»Ich dachte, dass die Unterwelt ein gigantisches Labyrinth sei und keine Stadt?«

»Wir befinden uns gerade im königlichen Palast der Hauptstadt. Hinter den Bergen existiert das wirkliche Labyrinth. Nach ein paar Kilometern wirst du weitere Siedlungen von schwächeren Dämonen finden. Von dort aus weitet sich der Irrgarten immer weiter aus, bis er die vier kolossalen Tore erreicht. An jener Stelle liegen die Anwesenden der Großen. Sie verhindern, dass die Niederen unkontrolliert in die Menschenwelt gelangen können.«, erklärte mir Padriel.

Annriel setzte sich wieder in Bewegung. Es war ihr anzusehen, dass sie keine Lust hatte, mir die Unterwelt zu zeigen. Sie hielt vor einer schlichten Holztür. Als sie sie öffnete, erblickte ich in einen großen Raum. In ihm stand ein Himmelbett, mit schwarzen Bezügen und ein Schreibtisch.

Daneben ging eine weitere Tür ab, hinter ihr befand sich ein Bad. Auf der gegenüberliegenden Seite führte eine Glastür auf den Balkon.

»Das nenne ich mal ein Upgrade! Von der Holzklasse direkt in die Erste!«, jubelte ich.

»Da das nun geklärt ist, komm mit! Wir zeigen dir die Stadt!«, mit diesen Worten machte Annriel auf der Stelle kehrt.

Was stimmt mit dieser Frau nicht? Zum Lachen geht die definitiv in den Keller. Widerwillig folgte ich ihr.

Nachdem wir das Schloss über die Zugbrücke verlassen haben, folgten wir der Straße den Berg hinunter, es dauerte etwa 15 Minuten, bis wir die Häuser der Stadt erreichten. Als ich mir über die Schulter sah, erblickte ich zum ersten Mal das schwarze Schloss in all seiner Pracht. Es war das komplette Gegenteil zur Camelot High. Anstatt Meter hoher Mauer aus weißem Granit ragte hier ein Wall aus finsterem Obsidian in den roten Himmel. Ein blutroter Horizont. Mir stockte bei seinem Antlitz der Atem. Obwohl dieser Ort jedem Kind das Fürchten lehrt, so beruhigte mich die Farbe des Himmels ungemein.

Das Schloss selbst bestand ebenfalls aus diesem dunkeln Gestein. Die Fenster der Burg hatte allesamt goldene Rahmen, die sich stark von der kohlrabenschwarzen Farbe absetzten. Das Beeindruckendste war jedoch, der imposante Turm, welcher neben der Feste stand. Padriel teilte mir mit, dass es sich dabei um die privaten Gemächer des Zerstörers handelte und niemand ohne seine Erlaubnis betreten durfte.

Während seiner weiteren Erklärungen schwankten meine Gedanken ab und die Erinnerungen an John, Trace und Mica tauchten auf. All die unvergesslichen Zeiten, welche wir zusammen verbracht hatten. Doch dann kam er! Er, der alles kaputt gemacht hatte!

Meine Hände ballten sich zur Faust und ich wendete den Blick ab. Schnell eilte ich Annriel hinterher.

»Zu deiner Rechten siehst du die finstere Akademie der Zerstörung. Dort gehen sämtliche Kinder der höheren Dämonen zur Schule und lernen mit ihren Kräften umzugehen. Außerdem wird nach ihrem Abschluss entschieden, welchen Rang sie in der dämonischen Hierarchie einnehmen werden.«, erklärte mir Padriel, aber ich hörte ihm nicht wirklich zu. Stattdessen schaute ich mich begeistert in der mittelalterlichen Stadt um. All diese alten Häuser mit Strohdächern und die gepflasterte Straße, ich fühlte mich wie in den Elder-Scrolls-Games.

Je weiter wir die Gasse entlanggingen, desto schlichter wirkten die Häuser. Es waren jetzt keine Bruchbuden, aber ich erkannte deutlich, dass in diesem Stadtteil Dämonen wohnten, welche einen nicht so hohen Rang besaßen.

Als wir das Ende der Straße erreicht hatten, offenbarte sich ein großer Marktplatz. Rund um den Platz waren kleine Stände aufgebaut. Diese verkauften verschiedenste Arten von Gemüse oder Schmuck, wie auch Tiere. Die Mitte des Marktes bildete ein Galgen.

Irritiert schüttelte ich den Kopf. »Bei euch gibt es echt noch Hinrichtungen? Ist das nicht etwas übertrieben?«

»Nein ist es nicht, jeder, der es wagt, sich einen ihm höhergestellten Dämon zu widersetzten, wird auf der Stelle hingerichtet! So wird die Ordnung aufrecht gehalten. Und ich rate dir, stelle unser System niemals infrage, sonst wirst du schneller an diesem Galgen hängen, als dir lieb ist!«, drohte mir Annriel. Ich schluckte einmal kräftig, bevor ich etwas erwidern wollte. Allerdings kam es nicht dazu, denn ein Aufschrei zog meine Aufmerksamkeit zu sich. Blitzartig drehte ich mich um die eigene Körperachse.

»Du wagst es! Mir, einem höheren Dämon zu widersprechen?«, hörte ich eine Stimme.

»Was ist da los?«, fragte ich mehr zu mir selbst und rannte los.

»Warte, Chris bleib hier!«, rief mir Padriel hinterher, doch ich ignorierte ihn. Mir blieb keine andere Wahl, es zog mich regelrecht zu dem Aufruhr. Kaum kam ich zum Stehen, ließ der Anblick mich erschaudern. Vor mir lag eine nieder Dämonin. Ihre Lumpen hingen in Fetzen an ihr herab. Und über ihr stand ein weiterer Dämon, welcher in prächtige Gewänder gehüllt war. In der einen Hand umklammerte er eine lederne Peitsche, diese war mit scharfen Metallsplittern versehen. Während er in der anderen eine Eisenkette hielt, welche zu der am bodenliegenden Dämonin führte.

»Ich bin dein Herr und du wirst mir gehorchen!«, als er sprach, holte er mit sein Fuß aus und trat ihr in die Magengegend.

In mir baute sich ein unbeschreiblicher Zorn auf. Langsam hob sich meine Brust, um gleich darauf sich wieder abzusenken. Die Fingernägel bohrten sich in die Handflächen. Ich merkte es nicht, wie sich Annriel und Padriel mir genähert hatten.

»Ich rate dir, dich dort rauszuhalten. Wenn die Dämonin zu schwach und zu dumm war um sich als Sklavin verkaufen zu lassen, dann hat sie selbst Schuld.«, sagte Annriel mit einer absoluten Gleichgültigkeit in ihrer Stimme.

Wieder trat der Dämon auf sie ein. Das Mädchen spuckte Blut. Das brachte das Fass zum überlaufen. »Welchen Rang hat dieser Mistkerl?«

Beiden schauten mich verwirrt an. »Er ist der Stadtverwalter und untersteht somit dem dämonischen Rat. Aus diesem Grund steht er an der dritten Stelle der Hierarchie.«

»Bei euch dreht sich doch alles um Stärke oder? Dann müsste ich reintheoretisch einen höheren Rang haben, wenn ich unter Beweis stelle, dass ich machtvoller bin als dieser Möchtegern dort drüben?«

»Reintheoretisch schon, aber...« Weiter ließ ich Padriel nicht kommen. »Also gut, dann werde ich jetzt zu seinem schlimmsten Albtraum!«

Genau in dem Moment, als der Stadtverwalter mit der Peitsche ausholte, stoppte ich ihn im Flug. »Wenn dir dein Leben lieb ist, hörst du auf der Stelle damit auf!« Der Dämon war überrascht, dass ihn jemand aufzuhalten versuchte.

»Jungchen, hast du überhaupt eine Ahnung, was du gerade getan hast?«, fragte mich der Dämon mit einem zu einer Grimasse verzogenen Gesicht.

»Oh ja und ich gehe noch weiter. Ich fordere dich hier und jetzt zu einem Duell heraus, der Gewinner bekommt das Mädchen und der Verlierer.«, weiter sprach ich nicht und deutete nur auf den Galgen neben uns. Ich hoffte, dass ich wusste, auf was ich mich hier einließ.

Das Grinsen des Dämons wurde breiter. Er packte seine Robe mit der rechten Hand und zog sie sich mit einem Schwung vom Körper. Unter dem Gewand kam eine schwarze Rüstung zum Vorschein. Damit hätte ich jetzt nicht gerechnet. »Na, hast du dir bereits in die Hose geschissen? Warte ab, was gleich passieren wird.« Kaum hatte er seinen Satz zu Ende gesprochen, so schleuderte er mir drei magische Geschosse entgegen.

Instinktiv hob ich die Arme und formte in meinen Gedanken einen Schild. An diesem verpufften die Projektile, als wären sie auf eine Mauer aus Titan geprallt. »War das schon alles?«

»Wo denkst du denn hin, ich wärme mich gerade erst auf!«, lachte der Dämon und warf mir die nächsten Geschosse entgegen. Diese besaßen mehr Kraft als die Vorherigen. Aber das änderte nichts an dem Ergebnis.

»Dann bin wohl ich jetzt an der Reihe.«, stellte ich fest. Ich sammelte die Essenz des Feuers in meinem Körper. Doch irgendetwas war anders als sonst. Sie fühlte sich so viel finsterer an, als sie es in der magischen Dimension war. Die Essenz wuchs in mir an und wurde ununterbrochen größer. Oh ja, ich würde den Dämon einfach brennen lassen. Er soll in Flammen aufgehen und meine Kraft spüren. Ich bin unbesiegbar, niemand wird mich aufhalten.

Augenblicklich lenkte ich die Essenz in den Ring an meinem Finger. Der Rubin funkelte in einem blutroten Licht und der Speer nahm Gestalt an. Allerdings waren seine Spitzen diesmal grau, anstatt dem üblichen Rot. Bevor ich zum Angriff überging, ließ ich ihn einmal über meinen Kopf kreisen. Dann lief ich los. Den Speer nun hinter dem Rücken holte ich zum Schwung aus. Kurz bevor die Zacken den Dämon trafen, wurde ich von einer Druckwelle nach hinten geschleudert. Unsanft schlug ich auf dem Marktplatz auf.

»Ich gebe zu, das hat mich etwas überrascht. Dass ein so junger Dämon wie du eine himmlische Waffe besitzt. Wer hat sie dir gegeben? Na los, sag es schon!«, forderte er mich auf, während er seine Stiefel auf mein Brustbein drückte. »Du willst es mir nicht verraten? Vielleicht überzeugt dich das!« Er verstärkte den Druck. Dann knackte es und ich schrie auf. Mir fiel es immer schwerer, zu atmen. Der verdammte Mistkerl hatte mir eine Rippe gebrochen.

»Du willst es mir nicht verraten, aber das ist egal. Denn, wenn ich dich getötet habe, nehme ich sie einfach.«, siegessicher lachte der Stadtverwalter aus tiefster Seele.

»So leicht wirst du nicht gewinnen.«, spuckte ich ihm entgegen, dichtgefolgt von einer Ladung Blut. Mist! Vermutlich hat sich eine der Rippen, in meine Lunge gebohrt. Aber so lasse ich ihn nicht davon kommen. Eher gehen wir beide drauf. Ich sammelte sämtliche Essenz, welche ich aufnehmen konnte. Und ließ sie in einer gewaltigen Explosion aus meinem Körper fahren.

Diese traf den Dämon mit voller Kraft. Die Wucht war so enorm, dass er mindestens zehn Meter nach hinten geschleudert wurde, mitten in die Dämonenmitte.

Ich richtete mich langsam wieder auf. Leicht auf meinen Speer gestützt und mit dem linken Arm die Brust umklammert. »Jetzt hast du es geschafft. Ich bin richtig angepisst!«, schrie ich ihm entgegen.

Meine Augen glühten in einem gefährlichen Grau. Die Essenz des Feuers war so stark in mir, dass sie aus dem Körper hinaustrat und ich die elementare Gestalt annahm. Aus meinem Rücken ragten zwei Schwingen aus purem Feuer. Diese hoben mich drei Meter in die Luft.

All die Kraft, die mir zur Verfügung stand, lenkte ich in meinen Speer. An dessen mittlerer Spitze bildete sich eine graue Energiekugel. Als sie die Größe einer Bowlingkugel erreicht hatte, ließ ich der Energie freien Lauf. In einem gewaltigen Strahl entlud sie sich und verbrannte den Statthalter samt Rüstung. Alles, was von ihm übrig blieb, war ein Häufchen Asche.

Nachdem ich den Angriff beendet hatte, landete ich auf dem Pflaster des Marktes. Als meine Füße den Boden berührten, nahm wieder menschliche Gestalt an. Das T-Shirt, welches ich bis eben trug, war vollkommen verbrannt. So stand ich auf dem Marktplatz. Mit nacktem Oberkörper, einem Flammenspeer in der Hand und einem Paar schwarzer Schwingen auf dem Rücken.

Die Zuschauer wirkten geschockt. Dann murmelten sie wie wild drauflos. »Ein Gefallener.« »Wie ist das möglich« »Er hat einen Erzdämon vernichtet.«

Halt Stopp! Was haben die da eben gesagt? Erzdämon? Bevor ich den Gedankengang beendete, fielen meine Augen zu und es wurde schwarz um mich.

Kapitel 3 »Neuer Auftrag, neuer Plan«

>>David<<

Jadriel war es deutlich anzusehen, dass sie es nicht einsah, dass wir Chris und Zed zu retten hatten. »Das kannst du getrost wieder vergessen. Du weißt ja nicht einmal, ob er überhaupt gerettet werden möchte. Ich meine, er hat sich sicher nicht grundlos dafür entschieden, dass er seine besten Freunde verrät.«

»Bestimmt stand er nur unter den Einfluss Marxael. Wenn wir mit ihm reden, wird er schon zur Vernunft kommen!«, versuchte ich sie zu überzeugen, aber nicht einmal John und Trace wirkten überzeugt.

Gerade, als ich erneut versuchen wollte, sie umzustimmen, betrat Merlin den ehemaligen Kampfplatz. Schnellen Schrittes eilte er auf uns zu. »Kann mir mal jemanden erklären, was dieses Chaos zu bedeuten hat!«, seine Augen waren auf John und Trace gerichtet. »Hallo, bitte heute noch!«

»Merlin, das ist eine etwas längere Geschichte und ich fürchte, sie wird dir nicht gefallen.«, begann ich, wurde aber sofort von ihm unterbrochen. »Ach was du nichts sagst!«, Merlin drehte seinen Kopf zu mir um, »Oh David, du bist wieder da? Das heißt, dass deine Mission erfolgreich war?«

»Ja war sie. Jedoch fürchte ich, dass wir momentan vor einem größeren Problem mit Zed stehen, als vor dem Duell.«

Schlagartig legte sich ein Schatten über das Gesicht von Merlin. »Nicht schon wieder. Ich schwöre euch, dieser Engel bringt mich noch um den Verstand. Überall wo er auftaucht, sind die Schwierigkeiten vorprogrammiert! Kann er es nicht einmal gut sein lassen? Das Einzige wozu dieser Engel im Stande ist, ist Chaos zu stiften!«, Merlin redete sich in Rage. Mit jedem seiner Worte lief sein Kopf roter an. Das Gleiche passierte mit dem von Jadriel. Bevor ich in der Lage war sie zu beruhigen, ging es auch schon los. »Was glaubst du eigentlich, wer du bist. Wenn Zeriel nicht gewesen wäre, würden du und deine primitive, arrogante, egoistische, inkompetente, nutzlose, verwöhnte Rasse gar nicht existieren. Er hat sich für euch geopfert!«

»Ja und? Das bedeutet nicht, dass er nun für Chaos sorgen darf! Und überhaupt, wer sind Sie? Sie gehören nicht zum Lehrkollegium oder zu dem Schulelternrat. Also, was wollen Sie an meiner Schule?«

Oh nein, jetzt hatte er es geschafft. »Ich bin Jadriel! Erste Generälin des himmlischen Korps! Schwester des Hüters und Erzengel oberster Ordnung und ich werde es nicht zulassen, dass ein mickriger Mensch wie du, so über meine Familie spricht!«, kaum hatte sie geendet, so griff sie zu ihrem Schwert, welches an ihrer Hüfte befestigt war. Mit einem Wimpernschlag drückte sie die Schwertspitze an Merlin´s Kehle.

An der Stirn des Schulleiters liefen die Schweißtropfen herunter und er musste sichtlich schlucken. Die Spannung war regelrecht zu spüren. Niemand von uns traute sich, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Als die Anspannung ihren Höhepunkt erreichte, zog eine Stimme alle Aufmerksamkeit auf sich. »Jadriel, nimm dein Schwert herunter! Wir haben uns um deutlich Wichtigeres zu kümmern, als um solche kleinen Streitereien!«

Diese Stimme das war doch nicht etwa? So schnell es mir meine Reflexe erlaubten drehte ich mich um und suchte nach ihrer Quelle. Vor uns flackerte die Luft, bis sich eine Art Bildschirm offenbarte, dessen Rand golden leuchtete.

»Test, Test, konnt ihr mich hören?«, fragte die Stimme des Schöpfers, mein Großvater. Wir alle starrten wie gebannt auf den Bildschirm, denn keiner glaubte, was hier passierte. »Jetzt nimm schon dieses von mir verdammte Schwert herunter, bevor sich jemand verletzt.«

Unmittelbar nach dem der Schöpfer geendet hatte, steckte Jadriel ihre Waffe ein und legte ihre rechte Hand auf ihre linke Brust und verbeugte sich. Die anderen Generäle taten es ihr gleich. Merlin sank zu Boden, alles, was er hervorbrachte, war ein ungläubiges Lachen. John war mehr oder weniger an der Person interessiert, als an dem magischen Fernseher. Trace legte nur seinen Kopf schief.

»Grandpa, ich nehme an, du weißt bereits von unserem Problem?«

»Ja, das tue ich und ich fürchte, ich muss Jadriel Recht geben. Es gibt keinen Weg für uns himmlische Wesen in die Unterwelt. Innerhalb von Minuten wären wir von tausenden Dämonen umzingelt.«

Ich ballte meine Hände zu Fäusten, sodass die Knöchel hervortraten. »Das ist doch nicht dein Ernst! Wie kannst du Zed einfach in Stich lassen?« Die Anwesenden zogen scharf die Luft ein. Der Blick des Schöpfers ruhte auf mir. »Glaub mir, nichts würde ich lieber tun, als in die Unterwelt stürmen und Zeriel selbst zu retten. Aber wir müssen uns erstmal um Wichtigeres kümmern.«, argumentierte er sachlich.

»Was ist denn bitte wichtiger, als deinen eigenen Sohn zu retten?«, fragte ich bockig wie ein Kleinkind.

»Der Schutz der gesamten Schöpfung. Nun da Zeriel vollständig erwacht ist und seine Kräfte zu ihm zurückgekehrt sind, können die Dämonen die Unterwelt nach Belieben verlassen. Dieses hat zur Folge, dass sowohl die magische Dimension als auch die Menschenwelt in ernsthafter Gefahr sind. Zudem seid ihr nicht zu Hundertprozent ausgebildet, es wäre reiner Selbstmord jetzt in die Unterwelt zu gehen. Versteh doch bitte, dass ich dich nur beschützen will. Hat euch Zeriel nicht einen Auftrag gegeben?«

Ich schaute ihn irritiert an. Es war John, welcher mich aufklärte. »Im letzten Moment, bevor Zed in die Unterwelt gezogen wurde, bat er uns, eine Person namens Allura zu finden.« Bei dem Namen horchte ich auf. »Schon wieder dieser Name. Grandpa, wer ist diese Allura, von der jeder spricht.«

Der Schöpfer atmete einmal tief durch. »Sie ist die Inkarnation des freien Willens. Sie war es, welche Zeriel beschützen sollte. Allerdings verliebten sich die beiden vor vielen Jahrhunderten. Am Tag ihrer Hochzeit wurden wir von den Mächten der Finsternis angegriffen und Zeriel opferte sich, um sie in die Unterwelt zu verbannen. Nach dem Verlust ihres Geliebten schottete sie sich von allen ab. Seitdem hat niemand mehr was von ihr gehört, geschweige denn gesehen, bis Zeriel seine Kräfte und Erinnerungen zurückerhielt.«

»Dann wollte Zed, dass wir seine Frau suchen?«, überlegte ich laut. Mein Großvater nickte. »Aber wie sollen wir sie finden? Ich meine, sie könnte überall auf der Weltsein?« Ich schaute ihm lange direkt ins Gesicht, doch er gab uns keine Antwort. »Das wäre jetzt der Moment, in dem du uns verrätst, wo wir sie finden können.«

Alles, was wir erhielten, war ein lautstarker Seufzer. »Es tut mir leid, das kann ich leider nicht. Denn ich weiß selbst nicht, wo sie sich derzeitig befindet. Ich kann euch nicht helfen, zumindest in diesem Sinne.« Der Schöpfer wandte sich nun direkt an seine Generäle. »Ihr kehrt bitte sofort in den Himmel zurück und bereitet das himmlischen Korps auf den Kampf vor. So wie ich meinen Bruder kenne, werden wir es bald mit Horden von Dämonen zu tun bekommen und ich will, dass wir vorbereitet sind!«

Die Generäle antworteten im Chor. »Wie du befiehlst, Vater!« Sie verneigten sich erneut und ließen ihren Flügel freien Lauf. Alle waren bereits im Inbegriff sich auf den Rückweg zu machen, als sie aufgehalten wurden.

»Jadriel, du bleibst bitte auf der Erde und bildest die Vier weiter aus. Schöpfer over and out!« Mit diesen Worten verabschiedete er sich und hinterließ ein völlig verdatterte Jadriel.

So standen wir da und keiner wusste, was er sagen sollte. Alle starrten nur auf die Stelle, wo der magische Fernseher verschwunden war. Merlin holte uns in die Realität zurück, indem er sich vor Lachen auf dem Boden krümmte. »Hahaha, das geschieht dir Recht! Dann wünsche ich dir viel Spaß bei ihrer Ausbildung, sie ziehen genauso schnell Ärger an wie Zeriel!«, der Zauberer konnte seine Schadenfreude nicht unterdrücken und lachte immer weiter.

Bitte Merlin halt die Klappe, sonst wirst du gleich dein blaues Wunder erleben. Niemand machte sich so über Jadriel lustig. Das wusste selbst ich und ich kannte sie erst ein paar Stunden.

Michael, der zweite der Generäle, legte seiner Schwester eine Hand auf die Schulter, um sie zu beruhigen. Denn sie kochte vor Wut. »Vater, das ist doch wohl ein Witz! Warum ausgerechnet ich?« Sie erhielt keine Antwort. »Bitte, dann werde ich einfach nichts machen. Als würde ich, ein Wesen von höherer Ordnung, irgendwelche Menschen ausbilden.« Kaum hatte sie geendet und sich wie ein kleines, zickiges Mädchen mit verschränkten Armen auf dem Boden fallen lassen, schlug ein Blitz neben ihr ein. Sie krabbelte ein Stück erschrocken zur Seite und riss ihre Augen panisch auf. »Alles klar, du hast gewonnen! Kinder auf auf, euer Training beginnt unverzüglich!«

John, Trace, Mica, welche mittlerweile wieder bei Bewusstsein war, und ich stöhnten auf. »Ich dachte, wir haben jetzt endlich auch mal Ferien.«, meckerte meine Freundin.

»Außerdem müssen wir einen Weg finden, wie wir Allura aufspüren.«, erinnerte ich sie.

Jadriel kaute auf ihrer Lippe. Offenbar war sie sich nicht sicher, was sie tun sollte.

Es war Merlin, welcher sich wieder gefasst hatte und ihr die Entscheidung abnahm. »Es hat jetzt keinen Sinn mehr, sich darüber den Kopf zu zerschlagen. Wie wäre es, wenn wir uns den Rest des Tages ausruhen und morgen noch einmal zusammensetzen, um zu besprechen, wie wir Allura finden? Das Training stellen wir erstmal etwas zurück. Ihr habt in den letzten Tagen weitaus mehr durchgemacht, als manch ein Magier zu Lebzeiten. Außerdem weiß ich von Zeriel, dass ihr keine tickenden Zeitbomben mehr seid. Los ab mit euch auf eure Zimmer. Jadriel, ich werde Euch, wenn ihr nichts dagegen habt, ein Apartment im Lehrertrakt zuweisen, solange ihr auf der Erde seid.«

Alle waren einverstanden, denn wir benötigten dringend eine Pause nach diesen Ereignissen. Kaum zu glauben, dass das alles innerhalb von einem Tag und ein paar Stunden passiert ist. Erst der Trip in den Himmel, dann die Begegnung mit Grandpa und Abraxis. Der Flug zur Erde, der Verrat von Chris und nun die Suche nach der Person, welche über unser aller Schicksal entscheiden wird. So viel zum Thema Angel Falls sei der langweiligste Ort auf Erden.

Nachdem wir uns von Merlin und Jadriel verabschiedet hatten, gingen wir in Richtung des Schlosses. Auf dem Weg sahen wir, wie einige unserer Mitschüler von ihren Eltern abgeholt wurden. Immerhin war heute der letzte Tag des Schuljahres. Hoffentlich gerät Merlin in nicht allzu große Schwierigkeiten, nachdem das Duell ausgeartet war. Auch wenn ich Trias Vater nicht persönlich kannte, so würde das Ganze ein Nachspiel haben.

Ohne dass ich es mitbekam, waren mir die Anderen auf das Zimmer gefolgt. »Äh Leute, ich freu mich zwar euch alle wiederzusehen, aber ich glaube, das hier ist immer noch meine Bude.«

»Sprich nicht um den heißen Brei herum. Na los spuck es aus!«, forderte mich John.

»Was denn?«, ich hatte echt keine Ahnung, was er von mir wollte.

»Wie war es im Himmel, mein Schöpfer nochmal! Du warst gerade als erster und wohl einziger Mensch lebendig im Himmel! Wir wollen die Details wissen.«, quetschte er aus mir heraus. John drängte mich dabei in die Zimmerecke. Er hatte wieder diesen Funken in seinen Augen, den er immer hatte, wenn es darum ging, dass er soviel Wissen wie nur irgendmöglich in sich aufzunehmen. Also setzten wir uns auf mein Bett und an den kleinen Schreibtisch, welcher in der anderen Ecke des Zimmers stand. Dann erzählte ich ihnen alles, was in der Zwischenzeit passiert war. Auch davon, warum ich den Schöpfer mit Großvater bezeichnete.

Als ich fertig war, schauten mich meine Freunde an, als hatte ich ihnen die verrückteste Gutenachtgeschichte erzählt, die sie je gehört haben. »Das nenne ich mal ein Abenteuer! Schade, ich wäre gerne dabei gewesen.«, maulte Trace.

»Glaub mir, auf dieses machthungrige iPad hätte ich gerne verzichten können. Es hat mich regelrecht leergesaugt, da dachte ich schon, jetzt ist es mit mir vorbei.«, schnell schlug ich mir auf den Mund. Denn ich hatte ihnen verschwiegen, dass ich beinahe draufgegangen wäre.

»Du bist fast gestorben?«, Mica standen die Tränen in den Augen. »Hattest du mir nicht versprochen, dass du auf dich aufpassen würdest? Du verdammter Idiot!«, während sie mich beschimpfte, schlug sie mit ihren Fäusten gegen meine Brust. Vorsichtig legte ich die Arme um sie und gab alles Engelsmögliche, um sie zu beruhigen. Schließlich hatte ich es geschafft und war wieder nach Hause zurückgekehrt.

Während ich versuchte, Mica zu trösten, schlichen John und Trace sich aus meinem Zimmer. Leise öffneten sie die Tür. Kurz bevor sie die Bude verließen, warf ich ihnen einen verräterischen Blick zu. Da fiel die Tür auch schon ins Schloss.

»Mica, ich bin doch da, mir geht es gut!«

»Trotzdem, ich mag mir gar nicht vorstellen, was ich getan hätte, wenn du nicht zu mir zurückgekommen wärst.«

»Ich wette, du hättest die gesamte Schule mit Stürmen überflutet und alles dem Erdboden gleichgemacht.«, scherzte ich.

Mica legte ihre volle Kraft in den nächsten Schlag. »Das ist nicht witzig!«

»Ich weiß, aber das Einzige, was zählt, ist, dass ich wieder da bin und ich jetzt das Versprechen einfordern werde.« Mica blickte von der Brust hoch. »Ich wusste gar nicht, dass Engel solche Lüstlinge sind.«

»Du hast ja keine Ahnung«, und schon fanden meine Lippen die ihren. Es war zwar es erst einen Tag her, jedoch zog mich eine unglaubliche Sehnsucht nach ihr, als hätten wir uns Monate nicht gesehen. Es ging ganz automatisch. Langsam schob ich die rechte Hand unter ihr T-Shirt und streichelte sanft ihre zarte Haut. Oh Schöpfer, Mica´s Duft zog in meine Nase und es war wie eine Droge. Die Hand immer noch auf ihrem Rücken, legte ich sie zärtlich auf das Bett. Mit dem Oberkörper drückte ich sie in die Kissen. Geschickt schob ich das linke Bein zwischen ihre. Mit einer schnellen Bewegung zog ich erst mir das T-Shirt aus und dann ihr. Kurz darauf fing ich an sie am Hals zu küssen und arbeitete mich langsam zu ihrem Bauchnabel vor. Mica stöhnte unter meinen Berührungen auf.

Ich war dabei ihr die Hose zu öffnen, da zeigte sie ihre stürmische Seite. Sie nutzte den Überraschungsmoment und verlagerte ihr Gewicht so, dass sie auf mir lag. Ihre schmalen Finger glitten über meine Bauchmuskeln, welche in den letzten Tagen deutlich zu genommen hatten. Immer tiefer kamen ihre Finger, bis sie die Hose erreichten. Zum Glück hatte ich das Kondom, welches mir mein Vater zum 16. Geburtstag gab, nicht weggeschmissen.

Am nächsten Morgen wachte ich neben ihr auf. Wir lagen eng umschlossen im Bett. Ich schaute in ihr schlafendes Gesicht und strich ihr eine Strähne von den geschlossenen Augen. Da lag sie und das wunderschönste Mädchen, das ich je kennengelernt hatte. Schade, dass wir nicht für immer hier liegen bleiben konnten.

Schlagartig fielen mir wieder die Geschehnisse der letzten Tage ein und unser neuer Auftrag. Wie sollten wir nur eine einzige Person auf dem gesamten Planeten finden? Wenn wir doch nur einen Hinweis hätten, wo sie sich aufhält. Dann würden wir einfach mit unseren Drachen hinüberfliegen und mit der Suche beginnen.

Plötzlich fühlte ich mich wie vom Blitz getroffen. Ich richtete mich so schnell auf und sprang, wie von der Tarantel gebissen, aus dem Bett, dass ich mich in den Laken verhedderte und zu Boden fiel. Leider war ich dabei so unbeholfen, dass ich Mica mit riss.

»Aua, Engel nochmal. Gibt es einen Grund dafür, dass du mich wortwörtlich aus dem Bett schmeißt? Und ich hoffe für dich, dass er gut ist!«, jammerte Mica, während sie sich an der Matratze hochzog.

»Entschuldige, ist alles gut bei dir? Hast du dich auch nicht verletzt?«, fragte ich sie voller Sorge.

»Ja ja, passt schon, sag mir lieber, warum wir nicht mehr weiterschlafen dürfen.«, maulte sie weiter und legte sich wieder ins Bett.

»Ich hatte eine Idee, wie wir Allura mit absoluter Sicherheit finden!«, erklärte ich voller Euphorie. Und schon saß sie wieder kerzengerade im Bett. »Jetzt spann mich nicht so auf die Folter!«

»Wir müssen zu unseren Drachen und am besten holen wir John und Trace von nebenan. Sonst sind sie beleidigt, weil sie das Abenteuer verpasst hätten.« So schnell wir konnten, zogen wir uns an. Innerhalb von fünf Minuten klopften wir an der Tür zum Nachbarzimmer.

»Jungs macht auf. Ihr habt genug geschlafen, es wartet Arbeit auf uns!«, schrie ich durch die verschlossene Tür. Doch nichts rührte sich im Zimmer unserer beiden Freunde.

»Lass mich mal«, sagte Mica und schob an mir vorbei. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich. Ein Luftzug zischte an meinem Nacken entlang und ich zuckte zusammen. Die Luft sammelte sich in Micas nun ausgestreckten Hand. Mit einem gezielten Stoß stieß sie die Luftkugel gegen die Tür. Diese wurde aus den Angeln gerissen und flog durch den Raum von John und Trace. Sie war so schwungvoll, dass sie das Fenster auf der gegenüberliegenden Seite traf. Die Tür zerschmetterte das Glas und die Überreste der beiden Gegenstände landete auf dem Schulhof. »So Jungs, raus aus den Federn, sonst seid ihr die Nächsten!«

Durch den Krach, den Mica veranstaltet hatte, sprangen John und Trace aus den Federn. Bevor die beiden protestierten, erklärte ich ihnen, was der Plan war und wir rannten mit Magie verstärkten Füßen durch die Schule auf direktem Weg zu den Drachenhöhlen. Unterwegs trafen wir ein stinkwütenden Merlin in seinem Nachthemd. Ohne ihm nur ein Wort zu erklären, schnappten Trace und ich ihn uns an seinen Armen und zogen ihn hinter uns her. Bis wir an unserem Ziel ankamen.

»Was zum Gigantor ist denn hier los?«, verlangte Merlin eine Erklärung. Hierbei stützte er sich mit seinen beiden Armen in der Hüfte ab und stellte sich leicht beidbeinig vor uns hin.

»Das wüsste ich auch sehr gern!«, kam die Stimme von Emilioras aus dem einen Gang. Kurz darauf betraten Almatora und Abraxis die Höhlen.

»Wir haben vielleicht eine Möglichkeit gefunden, Allura ausfindig zu machen und dafür brauchen wir eure Hilfe.«, erklärte ich, »Wisst ihr, wo sich eure Mutter, Aluna der Drache des Willens, befindet?«

Kapitel 4 »Die Reise beginnt«

>>Zeriel<<

Finsternis. Alles, was ich sah, war Dunkelheit. Wie lange ich in meiner Zelle gefangen war, vermochte ich nicht mehr zu sagen. Vielleicht waren es nur Stunden oder doch Tage. Die Qualen waren unerträglich. Das Dämonium brannte auf der Haut. Ich versuchte, den Geist von meinem Körper zu lösen, doch gelang es mir nicht, mich zu konzentrieren. Immer wieder wurde ich von einer Welle des Schmerzes durchzogen.