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Nach langer Zeit ist Zeriel aus seinem Schlaf erwacht, doch irgendetwas ist anders. Erinnerungslücken plagen ihn. Als wäre das nicht genug, scheint es, als wäre er noch nicht im Besitz seiner vollen Kräfte, gerade jetzt wo er sie am dringensten braucht. Da ein längst vergessener Feind zurückgekehrt ist. Kann Zeriel ihn wieder besiegen? Wird er sich an alles erinnern? Und wie können seine Freunde ihn in diesem Kampf unterstützen.
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Seitenzahl: 310
Veröffentlichungsjahr: 2019
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Prolog
Kapitel 1 »1999«
Kapitel 2 »2015«
Kapitel 3 »Tag des Wiedersehens«
Kapitel 4 »Die Wächter«
Kapitel 5 »Die Wahrheit«
Kapitel 6 »Elemente und Ringe«
Kapitel 7 »Der Direktor ist ein Topmodel«
Kapitel 8 »Neue Schule Neue Feinde«
Kapitel 9 »Zeitreisen für Anfänger«
Kapitel 10 »Alte Bekannte«
Kapitel 11 »Artus«
Kapitel 12 »Alltag einer magischen Highschool«
Kapitel 13 »Schuldgefühle«
Kapitel 14 »Die Herausforderung«
Kapitel 15 »Der Ruf der Drachen«
Kapitel 16 »Erklärungen«
Kapitel 17 »Schmiedekunst«
Kapitel 18 »Der Wettkampf«
Kapitel 19 »Fortschritte«
Kapitel 20 »Vorbereitungen«
Kapitel 21 »Der Ausflug«
Kapitel 22 »Das wütende Supermodel«
Kapitel 23 »Das Himmelstor«
Kapitel 24 »Der Schöpfer«
Kapitel 25 »Das Duell«
Kapitel 26 »Der Verrat«
Epilog
Danksagung
Zaubersammlung
Am Anfang war das Nichts. Aus diesem Nichts fielen zwei Tropfen, der eine aus flüssigem Licht und der andere aus tiefster Finsternis. Der Tropfen des Lichts manifestierte sich als eine Person, welche als der Schöpfer bekannt werden sollte. Mit seiner unermesslichen Energie, welche ihn durchströmte, schuf er das Universum nach seiner Vorstellung, eine Galaxie nach der Nächsten immer mit einer Sonne als Zentrum in ihrer Mitte. Sie versorgte das System mit Energie, welche die Lebewesen in sich aufnahmen und unbewusst zu Magie formten.
Der andere wiederum bildete den Gegenpol zum Licht, der Zerstörer war geboren. Dieser schuf zur Schöpfung des Schöpfers eine Alternative Dimension, welche wie er selbst den Gegenpol zur Realität darstellte. Später wurde sie bekannt als die Unterwelt.
Es reichte dem Zerstörer aber nicht, der Herrscher der Unterwelt zu sein. Getrieben durch seine Eifersucht, wollte er seinen Zwilling vernichten und zum alleinigen Herrscher über das gesamte Universum und seiner Bewohner werden.
Sich seines Bruders Eifersucht bewusst, schuf der Schöpfer einen Wächter, der die Mächte der Finsternis in Schach halten und seine Schöpfung verteidigen könne. Hierfür nahm er ein Tropfen seines Blutes, welches ebenfalls das Licht der Schöpfung ausstrahlte. Aus diesem formte er einen Engel namens Zeriel.
Zeriel war das schönste und kraftvollste Wesen weit und breit, seine blonden Haare strahlten wie die Sonne selbst, seine blauen Augen waren tiefer und kräftiger als die stürmischsten Meere. Auf seinem Rücken ragten fünf strahlend weiße Flügel empor. Jeder von ihnen symbolisierte ein Element der Natur. Der erste stand für das Wasser, der zweite für die Erde, der dritte für das Feuer, der vierte für die Luft und der fünfte und letzte Flügel stand für die Quintessenz, die Essenz des Geistes, welche alle Elemente vereint. Somit stand er auch zwischen den vier anderen Flügeln und befand sich direkt zwischen Zeriel´s Schulterblättern.
Zeriel hatte neben seinem Auftrag das Universum zu schützen, die Aufgabe bekommen, das kostbarste Geschenk der Schöpfung zu verteidigen, die Inkarnation des freien Willens. Denn wer diese in seine Gewalt brächte, besaß die Macht alles und jeden beherrschen.
Die Jahre vergingen und mit der Zeit fühlte sich Zeriel immer weiter zum Geschöpf des freien Willens hingezogen. Bis die beiden sich schließlich ineinander verliebte und ein Paar wurden. Sie zogen sich auf den Planeten Erde zurück. Ohne es zu merken, begann Zeriel seine Pflichten zu vernachlässigen.
Am Tage der Hochzeit und dem Höhepunkt seiner Unachtsamkeit nutzten die Mächte der Finsternis ihre Chance, um zum entscheidenden Schlag auszuholen. Dadurch breitete sich die Finsternis schlagartig im Universum aus. Im letzten Moment gelang es Zeriel, sie in einer großen Schlacht zu bezwingen, sie in die Unterwelt zu schicken und diese zu versiegeln, doch dafür zahlte er einen hohen Preis. Er fiel in einen tiefen Schlaf, aus dem er erst viele tausend Jahre später wieder erwachen sollte.
Es war eine lauwarme Sommernacht, in der die Sterne am Himmelszelt so intensiv funkelten, wie sie es sonst nur alle 1000 Jahre taten. Der Wind wehte sanft durch die Wälder von North Carolina. Die Äste der Bäume wiegten sich im Rhythmus des Windes, während die Grillen leise vor sich hin zirpten. Diese Harmonie der Natur war von einem Augenblick auf den anderen von einem starken Geschrei durchdrungen.
Eine junge Frau lag mitten auf einer Lichtung, im tiefsten Wald am Boden und krümmte sich vor Schmerzen. Die Wehen hatten aus dem nichts eingesetzt. Der Schweiß lief ihr in Strömen über die Stirn. Mit jeder Wehe spannte sie ihre Muskeln mehr an, fast hätten sie diesem immensen Druck nicht standgehalten. Die linke Hand umfasste ihren Bauch, während sie mit ihrer rechten Hand, die Hand ihres Mannes fest in ihrem Griff hielt. Dieser versuchte seine Frau fieberhaft Mut zuzusprechen. Erneut bäumte sich die Frau unter immensen Schmerzen auf.
Sie waren, ohne sich Gedanken gemacht zu haben, zum Campen gefahren. Der Geburtstermin ihres Babys war immerhin erst in ein paar Monaten.
Ein gewaltiger Schmerz durchzog den Unterleib der werdenden Mutter. Ihre Antwort darauf war ein bis ins Knochenmark erschütternder Schrei.
Urplötzlich war es totenstill und das silberne Licht des Mondes leuchtete direkt auf die Familie. Der Mann stand auf und nahm den frisch geborenen Jungen auf dem Arm. Während das einfallende Licht auf seiner schmierigen Haut schimmerte, hatte das Baby die Augen immer noch geschlossen.
Die Sekunden vergingen und der junge Vater wurde blasser und blasser, fast schon wie ein Stück Papier. Das Kind, sein erstgeborener Sohn, hatte die Geburt nicht überlebt. Er hielt seinen toten Sohn in den Armen.
Als die Frau realisierte, was geschehen war, brach sie in Tränen aus. Sie flossen über ihr mit Schweiß getränktes Gesicht. An ihrem Kinn sammelten sich ihre Tränen aus reiner Liebe und Trauer, bis sie schließlich zu Boden fielen.
Unmittelbar als der Topfen die Erde berührten, wurden sie regelrecht von dieser aufgesaugt. Was dann geschah, war pure Magie. Aus dem Boden heraus erstrahlte die Lichtung im hellsten Licht. Es war wie das Licht der Sonne selbst. Die Nacht wurde soeben zum Tag. Die Lichtstrahlen waren so hell, dass die beiden ihre Augen schlossen, damit sie nicht geblendet wurden.
Als die beiden sie wieder aufmachten, war es ihnen zuerst nur möglich eine schemenhafte Gestalt zu erkennen. Doch mit jedem Wimpernschlag wurden die Umrisse deutlicher. Dann sahen sie ihn, den Engel.
Zuerst glaubten sie ihren Augen nicht, aber vor ihnen schwebte ein wahrer Engel mit fünf strahlend weißen Flügeln, welche eine Spannweite von mindestens drei Metern aufwiesen. Er trug eine prunkvolle Rüstung aus einem Metall, was wie Silber glänzte. In diese waren feine goldenen Ornamente eingearbeitet. Seine Schultern und Arme wurden nicht von dieser Rüstung bedeckt, dadurch waren seine muskulösen Oberarme entblößt.
»Fürchtet euch nicht, mein Name ist Zeriel. Einst war ich als der Wächter des Universums bekannt. Doch in einer großen Schlacht erbrachte ich ein Opfer, welches mich in einen tiefen Schlaf fallen ließ. Deine Tränen haben mich erweckt, also Sterbliche sag mir, warum weinst du?«, sprach er mit einer sanften und freundlichen Stimme.
Die weinende Frau antwortete mit zittriger Mädchenstimme. »Mein Kind hat die Geburt nicht überlebt! Es hatte nicht einmal eine Chance, diese wundervolle Welt kennen zu lernen.« Eine weitere ihrer Tränen kullerte über ihre Wange bis hin zum Kinn. Bis diese schließlich zu Boden fiel.
Zeriel landete auf dem weichen Moos der Lichtung. Sofort blühte die Natur unter seinen Füßen auf. »Weine nicht«, sagte er, »dein Sohn wird leben. Als Dank für die Erweckung schenke ich ihm einen Teil meiner himmlischen Essenz, diese wird ihm die Kraft geben für das, was er alleine nicht vermochte!« Er trat einen Schritt auf das trauernde Paar zu. Der Flügel der Quintessenz leuchtet auf, dieses Licht erfüllte den ganzen Wald. Als es erlosch, durchdrang die Dunkelheit des Waldes erneut ein schriller Laut, doch diesmal war es der Schrei eines Neugeborenen.
Der Mann fand seine Sprache als Erstes wieder »Wie können wir dir jemals danken?«
Diese Worte hörte Zeriel nicht mehr, denn seine Flügel trugen ihn bereits hoch in die Luft und den Sternen entgegen. Er wollte nur heim zu seiner Familie. Alles was er mitbekam, waren Rufe des Dankes unter sich.
>>Zeriel<<
16 Jahre waren seit dieser Nacht vergangen. Ich lebte seither unerkannt zwischen den Menschen. Oft habe ich meine Gestalt verändert, einmal war ich ein Soldat, dann war ich ein Lehrer, doch jetzt war ich, vom Aussehen nach, ein normaler Schüler namens Zed, welcher die 10. Klasse an eine Highschool in einem kleinen Ort, mit dem Namen Angel Falls in den Vereinigten Staaten von Amerika besuchte. Ich mochte diese Gestalt, so blieb ich immer auf dem neuesten Stand, außerdem lernte ich so viele Leute kennen.
Das Schwierigste für mich war es, meine wahre Natur zu verbergen, denn die Menschen durften nichts von der magischen Dimension erfahren. Das war eins unserer obersten Gesetze.
Nach dem finsteren Mittelalter hatte der magische Rat beschlossen, unsere Existenz zum Wohle aller geheim zuhalten. Wir verschwanden buchstäblich von der Erdoberfläche in unsere eigene Parallelwelt, welche auf einer anderen Ebene schwingt als die Erdendimension.
Dennoch sind die Dimensionen eng miteinander über Kraftlinien verknüpft. Was in der einen passierte, hatte Auswirkungen auf die andere.
Anfangs stellte der Wechsel der Dimensionen besonders für ungeübte ein schwieriges Unterfangen dar. Allerdings wurde vor einigen Jahren ein Shuttledienst eingerichtet, der das Reisen erleichtern sollte. Mittlerweile leben viele von uns wieder unter den Menschen, jedoch immer darauf bedacht das Geheimnis zu wahren.
Die Wahrung dieses Geheimnisses stellte besonders im Religionsunterricht eine Herausforderung dar. Immer dann, wenn uns Mr. Smith versuchte, weiß zu machen, dass Gott ein Mann mit einem langen, weißen Bart sei, der auf den Wolken schweben und unser aller Schicksal bestimmen würde. Das im Übrigen war absoluter Blödsinn! Der Schöpfer, mein Vater, gab den Lebewesen der Erde den freien Willen, somit könnte er nicht einmal, selbst wenn er wollte, in das Schicksal eingreifen. Er hilft uns nur auf die Sprünge, um unseren Weg zu finden.
Ich weiß noch, wie ich Mr. Smith in Grund und Boden argumentiert habe. Aber alles was ich erntete, waren schockierte Gesichter meiner Mitschüler. Im Erdkundeunterricht sieht es ähnlich aus. Also beschloss ich, lieber meinen Mund zu halten.
So verging die schöne Zeit, welche ich sichtlich genoss. Ich hatte indessen sogar richtige Freunde gefunden. Nach so langer Zeit besaß ich nicht mehr dieses Gefühl der Einsamkeit in meiner Brust. Jedoch kam alles etwas anders als gedacht.
Vor ungefähr einem Jahr
Es war an einem heißen Sommerabend. Meine Freunde und ich trafen uns im alten Clubheim des Tennisvereins von Angel Falls. Wir wollten Grillen und eine Partie Tennis spielen. Der Verein hatte das Gebäude aufgegeben, als er schließen musste. Seitdem kamen nur die Jugendlichen hierher, um hier ihre Abende zu genießen. Und genau das hatten wir vor.
Der Abend verlief super, das Essen hatte geschmeckt, obwohl Chris, unser Gamer-Klischee schlecht hin, am Grill stand. Ernsthaft, wie schaffte es jemand sämtliche Würstchen in Asche verwandeln?
Beim Tennis hatte ich haushoch gegen Trace unsere Verkörperung eines Herkules verloren, weil ich meine Kräfte nicht einsetzte. Schließlich musste ich auch ohne sie zurechtkommen, denn diese wären den anderen doch mehr als unfair gegenüber. Aber Spaß hatten wir dennoch. Vor allem als wir dann angefangen haben Karaoke zu singen, wo mich keiner schlagen kann, selbst ohne Magie. Wir Engel haben von Geburt an eine Veranlagung zur Musik, uns war es möglich, nahezu jedwede Art von Instrument zu spielen, darunter fiel auch unsere Stimme. Also trällerten meine Freunde und ich die kompletten Hits von Lady Gaga. Wenn diese wüssten, dass Lady Gaga kein Mensch, sondern ein gefallener Engel war, welcher sich nur noch der Musik widmet, würden sie bestimmt anders über sie denken.
Zu späterer Stunde kamen ohne Vorwarnung ein paar betrunkene Schüler unserer Highschool zum Clubheim. Als ich sie sah, wusste ich sofort, dass würde Ärger bedeuten.
Die Jungen kamen auf uns zu. Mit ihren Blick fast schon hypnotisch auf Mica gerichtet, verringerten sie den Abstand immer weiter. Ihr Blick sagte alles. Sie wollten sich mit Mica, dem einzigen Mädchen in unserer kleinen Clique, »vergnügen«. Sie mussten sich gedacht haben, dass sie bei ihr, einem sehr zierlichen Mädchen leichtes Spiel hätten, selbst wenn sie von ihren Freunden umzingelt war. Denn mal ehrlich wir sahen jetzt nicht wie die ultimativen Krieger aus.
John und Trace versuchten, ihr zu helfen, indem sie den Neuankömmlingen entgegenliefen und sie wieder wegzuschicken.
Es wäre zu schön gewesen, hätten wir diese Situation friedlich lösen können, doch einer der Jungs hatte ein Messer dabei und machte sich bereit zu zustechen.
John erkannte die Gefahr und blieb abrupt stehen. Er versuchte , Trace am Arm festzuhalten, leider vergeblich.
Dieser versuchte auszuweichen, aber das Messer traf ihn mitten in seinen Bauch. Sein Blut strömte nur so aus seinem Körper. Er würde verbluten, wenn er nicht umgehend Hilfe bekäme.
Verdammt! Was sollte ich tun? Als Wächter des Universums war es mir nicht gestattet, Menschen zu verletzen. Meine Kräfte zur Abschreckung einsetzten, würde nicht funktionieren. Dafür waren die Jungs zu betrunken, sie würden mich nur für eine Halluzination halten. Und selbst dann hätte ich das Geheimnis der magischen Dimension gelüftet.
Trace stöhnte vor Schmerzen. Ich erkannte, wie mit jedem Tropfen Blut das Leben aus seinem Körper wich.
Währenddessen gingen die Jungs immer weiter auf Mica zu. Und Chris war starr vor Angst. Seine Angst war so stark, dass ich sie förmlich riechen konnte.
»AAAHHHH«, Mica schrie vor Entsetzen auf, als einer der Jungs ihr unter dem Rock fassen wollte.
»Jetzt reicht es!«, brüllte ich über die ganze Wiese, als schrie ich in ein Mikrofon. In dem Moment war es mir egal, ob ich die Regeln brechen würde oder nicht. Das Einzige was wichtig war, war meine Freunde zu beschützen. Also offenbarte ich meine wahre Gestalt.
Das goldene Licht der Schöpfung schoss aus jeder Pore meines, sich verändernden Körpers. Ich wuchs ein gutes Stück, meine Haare wurden länger, bis sie mir glatt über den Rücken fielen. Sie leuchteten so stark, dass man sich die Hand vor die Augen halten musste, um nicht zu erblinden. Nach so langer Zeit breiteten sich meine fünf Flügel aus, als wären sie aus einem tiefen Winterschlaf erwacht.
Meine Freunde stürzten vor Schreck zu Boden. Ich zwang mich, sie zu ignorieren. Zum ersten Mal in meinem Leben, spürte ich den puren Zorn in meinem Inneren. Er tobte wie ein mächtiger Taifun in meiner Seele.
Instinktiv ließ ich die Erde beben. Mein Körper gab unkontrolliert Flammen ab. Dadurch stieg die Temperatur
drastisch an, obwohl die Luft eisig wehte, als laufe sie vor jemandem oder etwas davon. Der nahe gelegene Fluss trat über die Ufer und baute sich zu einer großen Flutwelle auf. Die Elemente reagierten auf meinen Zorn. Unter meinem Befehl tobten die elementaren Kräfte, als würden sie jeden Funken Böses vernichten wollen.
Ich spürte nicht einmal, wie meine Füße den Boden verließen. Mein Blick auf sie gerichtet, sah ich, wie die Jungs die Flucht ergriffen. Offenbar war dieses Chaos dann doch zu viel für sie. Was mit ihnen passieren würde, war mir in dem Moment, ehrlich gesagt, total egal. Selbst wenn sie es jemandem erzählen sollten, würde ihnen doch niemand glauben schenken. Meine Freunde waren in Sicherheit.
Als ich mich zu ihnen umdrehte, wichen sie zurück. An ihren Gesichtern erkannte ich, dass ich sie verloren hatte. Ihr Gedächtnis konnte ich nicht löschen, dafür hatten sie zu viel gesehen.
Meine nun blanken Füße landeten auf dem Rasen. Die Flammen hatten meine Schuhe buchstäblich in ein Häufchen Asche verwandelt. Mit jedem Schritt, den ich machte, regenerierte sich die Umgebung um uns. Meine Energie heilte die Natur, das war ich ihr schuldig, nachdem ich sie so geschändet hatte.
Um Trace stand es schlecht. Ich sah, wie er mit dem Tod rang. Wenn ich nichts unternahm, würde bald mein Bruder Azrael, der Todesengel, auf die Erde kommen und Trace mit sich nehmen. Mir blieb keine andere Wahl, ich musste ihm einen Teil meiner Essenz schenken, sonst würde er nicht überleben. Es war wie damals, als ich dem tot geborenen Jungen das Leben schenkte, nur würde ich diesmal nicht so eine große Menge an Energie benötigen, denn Trace war schließlich noch am Leben. Langsam sank ich neben seinem Kopf nieder und legte ihn in meinen Schoß.
Mica schrie erneut, als befürchtete sie, ich wolle Trace ein schnelles Ende gewähren, drum sprach ich. »Hab keine Angst Mica, Trace wird leben, dafür werde ich sorgen!«
Meine Schwingen streckten sich aus und der Flügel der Quintessenz leuchtete auf. Meine Haare erhoben sich, als würde ein leichter Wind wehen, jedoch herrschte eine Totenstille. Das Leuchten wurde intensiver und ein kleiner Teil meines Innersten floss in Trace hinein. Die Blutung stoppte sofort und die Wunde schloss sich. Mit jedem Augenblick, der verging, nahm das Leuchten ab und mit einmal schreckte Trace auf.
»Was ist passiert?«, fragte er, dann erblickte er mich. Seinem Gesichtsausdruck nach, war er durch den Schock noch verwirrt. »Oh, äh, entschuldigen Sie Sir, ich hatte einen ganz wirren Traum... wir hatten einen geilen Abend doch dann, kamen diese Typen. Ich wollte Mica beschützen, wurde dann aber in den Bauch...«, er fasste sich an die Stelle, wo seine Wunde hätte sein müssen. Erst jetzt schien er meine Flügel zu bemerken »Was zum... Ich glaube, ich träume immer noch, anscheinend steht ein Engel vor mir.«
Vielleicht könnte ich das zu meinem Vorteil nutzen, so als wäre wirklich alles nur ein Traum gewesen. Einzig was ich brauchte, war die Kraft der Quintessenz zu nutzen und in ihren Geist einzudringen. Kaum hatte ich den Gedanken zu Ende gefasst, setzte ich den improvisierten Plan in die Tat um. Von meinem dritten Flügel gingen vier schmale Strahlen aus orange goldenem Licht aus und trafen dann auf den Stirnen meiner Freunde.
»Ja Trace, du träumst. Ihr alle träumt in diesem Augenblick denselben bizarren Traum. Das alles ist nicht wirklich passiert. Du und deine Freunde habt etwas zu viel Alkohol getrunken«
»Aber wo ist dann Zed, müsste der dann nicht ebenfalls hier sein?« , fragte er.
»Genau!«, verlangten meine anderen Freunde zu erfahren. Sie wirkten, als wären sie in einer Art Trance.
Mist, daran hatte ich nicht gedacht und ich war ein echt miserabler Lügner...
Wieder in der Gegenwart
Ich wusste, dass ich nicht im Stande war, ihre Erinnerung vollständig zu löschen, aber ich war in der Lage sie etwas zu verändern. Also ließ ich die Illusion entstehen, dass ich frühzeitig gegangen war, weil es mir nicht gut ginge. Und der Engel vom Himmel herabgestiegen ist, um sie zu retten. Fürs Erste schien dieses zu genügen. Selbst wenn ich schlecht im Lügen bin, so war meine Fantasie in mancher Hinsicht grenzenlos.
Im Laufe der nächsten Monate ging unser Alltag wieder seinen normalen Gang. Bis zu dem Zeitpunkt, als immer öfter ähnlich, gefährliche Situationen, welche gleich endeten, passierten. Einer meiner engsten Freunde wurde verletzt und ich schenkte ihm einen kleinen Teil meiner himmlischen Essenz.
Zum Beispiel als Mica und ihr, damals neuester Schwarm Taylor auf ein Date gegangen waren. Ein LKW-Fahrer hatte plötzlich Atemnot und wäre beinahe erstickt. Woraufhin er die Kontrolle verlor und Mica dabei erwischt hatte.
Sie hatte mehrere Frakturen und innere Blutungen. Sie wäre innerhalb von Minuten am Unfallort gestorben, hätte ich ihr Flehen nicht in meinem Geiste wahrgenommen. Wie sie es schaffte, diese Verbindung aufzubauen, war mir bis heute ein Rätsel.
Oder als John im letzten Sommercamp, beim Kajakfahren fast ertrunken wäre. Das Seltsame war, dass nur sein Kajak von der mysteriösen Strömung erfasst wurde. Diese trieb sein Gefährt auf einen kleinen Felsen. Durch die Wucht des Aufpralls wurde ein Loch in den Boden des Kajaks gerissen und es das Wasser strömte ins Innere des Boots.
John versuchte sich, aus dem Gefährt zu befreien, doch ein Seil hatte sich um seinen Fuß gewickelt. Egal wie krampfhaft er es versuchte, er war nicht in der Lage sich zu befreien und wurde dabei immer wieder unter Wasser gezogen. In letzter Sekunde nutzte ich die Macht über das Wasser, um die Situation unter Kontrolle zu bringen. Es endete jedoch auch damit, dass ich ihm einen Teil meiner Essenz spendete, um seinen Körper zu stärken, andernfalls wäre er gestorben.
Der nächste Unfall, welcher passierte, war der von Chris, dem letzten Mitglied in unserer Clique. Er war ein etwas kräftig gebauter junge mit kurzem schwarzem Haar und einer Brille auf der Nase. Er war immer ein sehr fröhlicher Mensch, jederzeit für einen Spaß zu haben.
Chris war allein zu Haus, als es passierte. Es gab einen Kabelbrand im Haus. Er spielte an seinem Computer das neue Star Wars Spiel, welches er sich gekauft hatte. Leider bemerkte er zu spät, dass es brannte. Das Feuer hatte bereits seine Zimmertür erreicht und sorgte dafür, dass sie unpassierbar wurde.
Ihm blieb nichts weiter übrig, als aus dem Fenster des zweiten Stocks zu springen. Dabei hatte er Glück im Unglück, als er aus dem Fenster sprang, hat der zusätzliche Sauerstoff, welcher durch das nun offene Fenster hinein strömte, eine Explosion ausgelöst. Und Chris wurde aus dem zweiten Stock geschleudert. Hierbei schrie er so laut, dass ich ihn dank meines magischen Gehörs hörte, da ich bereits auf dem Weg zum ihm war. Unglücklicherweise kam ich etwas zu spät. Doch wie durch ein Wunder war er noch am Leben, als ich ihm zu Hilfe eilte.
Das waren zu viele Unfälle meiner Meinung nach, das konnte doch kein Zufall sein. Aus diesem Grund hatte ich beschlossen, mich von den anderen zurückzuziehen. Denn ich befürchtete, dass durch meine Präsenz, die Mächte der Finsternis auf sie aufmerksam geworden waren. Selbst wenn sie in der Unterwelt versiegelt sein müssten, ging ich lieber kein Risiko ein. Allerdings wollte ich meine Freunde nicht ohne Schutz zurücklassen.
Leider war es mir nicht möglich, ihnen die Wahrheit zu sagen, warum ich mich abgekapselte hatte. Sonst wären ihre Erinnerungen allesamt zurückgekehrt. Es kostete mich schon jetzt zu viel Kraft, die Illusion aufrecht zu erhalten, ohne dass sie immer wieder mit dem Übernatürlichen konfrontiert werden.
Seit ich aus dem Schlaf erwacht bin, habe ich festgestellt, dass ich immer noch nicht meine gesamten Kräfte wiedererlangt und Teile meines Gedächtnisses verloren hatte. Dadurch kam es oftmals zum Streit, was mir das Herz brach.
Aber es war besser so. Sie waren in Sicherheit, vor den Gesetzen des magischen Rates und das war das Einzige, was zählt. So dachte ich zumindest, bis ich an diesem einen Tag vom Gegenteil überzeugt werden sollte.
>>Zeriel<<
Heute war der letzte Tag vor den Ferien. Am Morgen stellte uns unser Klassenlehrer einen neuen Mitschüler vor. Zumindest war er für die anderen neu, aber nicht für mich. Ich erkannte ihn sofort, er war der kleine Junge, den ich vor 16 Jahren das Leben geschenkt hatte.
Unser Lehrer, Mr. Steward, sagte ohne Weiteres. »Ich möchte euch heute mit einem neuen Schüler bekannt machen. Ich weiß, es ist kurz vor den Ferien, aber er ist vor ein paar Tagen mit seinen Eltern hierher gezogen und wollte die Gelegenheit nutzen, euch schon mal etwas kennenzulernen. Also würdest du uns bitte kurz über dich erzählen?«
»Gerne, hallo alle zusammen. Mein Name ist David, ich bin 16 Jahre alt und gerade aus Chicago hergezogen.«
Es hatte keine fünf Minuten gedauert und Mica hatte sich in ihn verschossen. Die meeresblauen Augen und die blonden Haare zogen sie regelrecht in seinen Bann.
Ich überlegte einen Augenblick, ob er damals schon solch intensive, blaue Augen besessen hatte? Und diese kraftvolle Aura, die er ausstrahlte.
Könnte es womöglich sein, dass sich ein Teil meiner Kräfte, die ich ihm damals gegeben hatte, in ihm verwurzelt haben? Nein, das dürfte nicht möglich sein. Aber wenn doch, dann würde das ja bedeuten, dass auch bei den anderen die Möglichkeit bestehen könnte! Ich wollte meinen Gedanken nicht fortführen.
Kurz darauf begann Mr. Steward mit seinem Unterricht. Allerdings schaffte ich es nicht, einen klaren Gedanken zu fassen. Leider hatte dieses zur Folge, dass als ich an die Tafel gerufen wurde, ich die Gleichung unachtsam mit Mathematik des Universitätslevels löste… Als ich realisierte, was ich getan habe, erblickte ich Mr. Steward mit einer weit geöffneten Kinnlade. Was war in letzter Zeit nur mit mir los?
Dem Schöpfer sei Dank, erlöste mich der Pausengong. Mit dem Gong strömten meine Mitschüler auf David zu und quetschten ihn förmlich aus. Hier hatte ich also nicht die Gelegenheit, etwas mehr über ihn in Erfahrung zu bringen, es waren einfach zu viele Unbeteiligte anwesend.
Hätte ich doch nur meine vollständigen Kräfte zur Verfügung. Im Moment stand mir nur die reine Kraft der Elemente zur Verfügung. Irgendetwas musste in der großen Schlacht passiert sein, dass ich sie verloren hatte.
So viele Fragen und ich fand keine Antworten darauf. Es war, als entfernte sie sich jedes Mal zwei kleine Stücke mehr, sobald ich ihr ein kleines Stück näher gekommen war.
Ich war schon wieder so in meinen Gedanken versunken, dass ich nicht mitbekam, wie der Unterricht begonnen hatte. Diesmal ging es nur um die Vergabe unserer Zeugnisse, so konnte ich mich nicht wieder blamieren. Meins fiel sehr gut aus, bis auf Religion. Woran das wohl liegt. Ich fürchte, unser Religionslehrer hat es immer noch nicht überwunden, dass ich mehr Ahnung hatte als er. Es war schließlich sein freier Wille, ich kann ihn zu nichts zwingen.
Plötzlich würde ich doch aus meinen Gedanken gerissen. »Hallo, ich glaube, wir kennen uns noch nicht, ich bin David und du?«
Es dauert einen Augenblick, bis ich realisierte, dass er mit mir sprach. »Zed, ich heiße Zed«, antwortete ich ihm, »Es ist schön, dich wiederzusehen.«
David runzelte die Stirn: »Sind wir uns schon mal begegnet?«
Mist, verplappert, es war echt ein Fluch nicht lügen zu können. Fieberhaft überlegte ich, was ich ihm antworten sollte, nur leider fiel mir keine plausible Erklärung ein. Meinem Vater sei Dank, wurde ich von Mica erlöst, auch wenn sie nur versuchte David von mir fernzuhalten.
»Hey David, komm doch mal zu uns und erzähl uns etwas von dir!«, rief sie durch das halbe Klassenzimmer und zwinkerte ihm dabei zu, um mir aber daraufhin einen kurzen, aber dennoch giftigen Blick zu zuwerfen. Himmel wenn Blicke töten könnten, dann wäre ich gerade eines qualvollen Todes gestorben. Selbst wenn Mica mit ihrem blonden, schulterlangen Haar das bestaussehende Mädchen der Klasse war, war das doch etwas überflüssig.
Schon wieder ertappte ich mich bei einem viel zu menschlichen Gedanken. Vielleicht war es an der Zeit die Erde für einen Augenblick zu verlassen und wieder in die magische Dimension zurückzukehren, denn immerhin schien irgendetwas mit mir nicht zu stimmen. Aber wer würde dann auf meine Freunde aufpassen?
Während ich weiterhin in Gedanken schwebte, ging David zu meiner ehemaligen Clique herüber. »`Tschuldige, vielleicht sieht man sich ja mal in den Ferien?«, warf er mir über seine Schulter hinweg zu. Alles was ich zu Stande brachte, war ein knappes Nicken.
»Hi.«, begrüßte Trace ihn. »Sorry, dass ich so direkt frage, aber was zum Henker hat dich und deine Eltern dazu geritten in diese gottverlassene, kleine Stadt, mitten im Nirgendwo, zu ziehen?« Kaum hatte er die Frage ausgesprochen, hatte John ihn schon mit der flachen Hand in den Nacken geschlagen. »Trace, sei nicht immer gleich so unhöflich!«, meckerte John.
»Ach, jetzt stell dich nicht so an, die Frage wär doch sowieso irgendwann gestellt worden, also warum nicht gleich jetzt?«, argumentierte Trace mit einer Unschuldsmiene, die preisverdächtig war.
»Trotzdem musst du ja nicht gleich immer mit der Tür ins Haus fallen!«, antwortete John.
Bevor die beiden zu ihrer gewöhnlichen Hochform auflaufen konnten, ging David dazwischen. »Ist doch alles in Ordnung, äh John, richtig? Mir war klar, dass die Frage kommt und es ist ok für mich. Es ist ja schließlich nichts Großartiges dabei. Wenn ihr es unbedingt wissen wollt, meine Eltern sind in gewisser Weise Naturjunkies und waren der Meinung, wir müssen weiter aufs Land ziehen, die Großstadt sei zu anstrengend geworden. Es hat keine vier Wochen gedauert und wir waren umgezogen«, erklärte David, »Naja, was solls, ich finde es zwar immer noch nicht so toll, einfach mir nichts dir nichts alles zu packen und umzuziehen, die ganzen ehemaligen Freunde hinter mir zu lassen, aber was will man machen, wenn die Eltern solche Sturköpfe sind?«
»Das hört sich ja doof an«, meldete sich Chris zu Wort.
»Es gibt auch etwas Gutes an der Sache.«, sagte David und grinste über beide Ohren.
»Und das wäre?«, fragte Mica neugierig wie ein Kleinkind.
»Dadurch, dass ich hierher gezogen bin, habe ich die Gelegenheit, euch kennenzulernen.«, erwiderte David
Trace schaltete sich wieder mit ins Gespräch ein »Ich mag den neuen Kerl! Ich bin dafür, dass er in unsere Clique kommt!« Und schon wieder bekam er einen Schlag an den Hinterkopf.
»Er ist doch kein Vieh, was du kaufen kannst, wenn du „hier“ schreist!«, sagte John.
Doch David lachte nur »Leute, ich muss sagen, ich mag euch. Was haltet ihr davon, heute Abend zu mir zu kommen? Es ist zwar alles noch ein bisschen unordentlich, aber der Grill ist schon ausgepackt, einem kleinen Barbecue stünde nichts im Wege.«
»Klar wir sind auf jeden Fall dabei!«, antwortete Trace euphorisch, bevor er erneut einen Schlag in den Nacken bekam.
»Du sollst nicht immer gleich für alle anderen sprechen!«, korrigierte ihn John, »Aber ja wir kommen gerne!«
»Super, bis später dann!«, verabschiedete sich David.
Mica rief ihm hinterher »Warte, wir kennen doch gar nicht deine Adresse!«
»Sea Street 13, es ist das große, weiße Haus auf der rechten Seite!«, antwortete er im laufen und damit war er aus dem Klassenzimmer verschwunden.
Ich hatte das ganze Gespräch von weitem mitverfolgt. Auf der einen Seite versetzte es mir einen Stich, dass mich meine Freunde so schnell wieder ersetzt hatten, auf der anderen Seite war ich froh, dass ihre Leben nun endlich wieder normal weitergingen. Nur ließ mich der Gedanke nicht los, dass sich ein Teil meiner Essenz in ihnen manifestiert hatte und ihnen dadurch Kräfte verliehen wurden, die ein normaler Sterblicher ohne Unterweisung niemals beherrschen konnte. Mir blieb keine andere Wahl, ich musste das überprüfen.
Also beschloss ich, David zu folgen. Er hatte gerade das Schulgebäude verlassen, als er kurz anhielt und sich umschaute. Hatte er mich etwa gesehen? Da er sofort weiterging, beschloss ich, ihm weiter zu folgen.
Doch mit einem Mal geschah etwas Seltsames. Es war, als weigerten sich meine Lungen, die frische Luft aufzunehmen. Ich bekam keine Luft mehr. Zwanghaft versuchte ich, die Luft tief einzuatmen, doch sie weigerte sich permanent in meine Lungen zu strömen. Mit einer Hand stütze ich mich an den nächstgelegenen Baum, mit der anderen hielt ich meinen Brustkorb. Was passierte hier? Als Engel war es mir unmöglich, krank zu werden. Oder griff mich etwa jemand an?
Das durfte aber gar nicht sein, schließlich wusste doch nur einige wenige Vertrauenswürdige, dass ich aus meinem Schlaf erwacht bin.
Ich schaffte es nicht mehr, mich auf den Beinen zu halten und sank zu Boden. Für die meisten umstehenden sah es so aus, als müsste ich einen Schwächeanfall haben. Doch dieses war anders, es war, als strömte etwas in mich hinein, etwas Vertrautes. Mit jeder Sekunde, die verging, fühlte es sich an, als würde ein Teil von meiner selbst zu mir zurückkehren. Was hatte das nur zu bedeuten?
Ohne Vorwarnung tauchten einzelne Bildfragmente vor meinem geistigen Auge auf, doch ich konnte sie nicht zuordnen. Es waren Bilder von mir selbst und einer weiteren Person. Einer Frau. Ihr Gesicht war atemberaubend schön. Doch wer war sie? Ich musste sie doch von irgendwo her kennen! Dann tauchte ein Bild von mir in voller Kampfmontur auf, wie ich gegen jemanden kämpfte, jemand durch und durch finsteren. Die Finsternis umwogte ihn, so wie mich das Licht, wenn ich im vollen Besitz meiner Kräfte war. Deshalb konnte ich auch das Gesicht meines Gegners nicht erkennen.
Mittlerweile lag ich am Boden, denn ich spürte das Gras an meinem Kopf. Etwas packte, nein irgendjemand fasste mich an der Schulter und rüttelte mich unsanft durch.
»Hallo, hörst du mich? Zed geht es dir gut?«, fragte mich eine vertraute Stimme. Als mein Blick wieder klar wurde, erkannte ich ihn, es war niemand anderes als David. Na toll aus meiner Beschattungsaktion wurde somit schon mal nichts mehr.
»Es geht schon wieder, mir war nur etwas schwindelig.«, wich ich seiner Frage aus.
»Das sah aber nach mehr als nur ein bisschen Schwindel aus.«, sagte David mit besorgter Miene.
»Vertrau mir, es ist alles wieder gut, das passiert schon einmal.«, versuchte ich ihn abzuwimmeln.
»Meine Mutter ist Ärztin, soll sie sich das einmal ansehen?«, fragte er etwas drängender.
»Nein nein, mir geht es wirklich…«, Moment mal, das wäre vielleicht meine Chance ihn etwas genauer zu beobachten und ihn in ein Gespräch zu verwickeln, also willigte ich schließlich doch ein.
Der Weg zu seinem Haus dauert nicht allzu lange und wir liefen langsam, schweigend nebeneinander her. Das lag hauptsächlich daran, dass ich immer wieder mit meinen Gedanken abschweifte und versuchte mir einen Reim aus diesen Bildfragmenten zu bilden. Jedoch immer wenn ich der Lösung einen Schritt näher kam und sie zum Greifen nah war, entglitt sie mir wieder. Es war, als sträubte sich mein eigener Körper die Erinnerungen zuzulassen. Was hatte das nur zu bedeuten?
Wir blieben vor einem großen Haus stehen, es war weiß gestrichen, hatte ein schwarzes Ziegeldach und um das komplette Haus war eine Veranda gezogen. Als ich durch die großen Fenster schaute, sah ich, wie eine Frau wie eine Wilde mit einem Staubwedel durch das Haus jagte. Woraufhin mir ein Lächeln über die Lippen kam, denn es freute mich, sie so glücklich zu sehen.
Als wir das Haus betraten, wurden wir sofort herzlich von ihr aus der Küche begrüßt: »Hi Schatz, bist du schon wieder zu Hause? Gott, ich muss die Zeit vergessen haben.«
David ging direkt in die Küche zu seiner Mutter, ich folgte ihm unauffällig. Kaum hatte ich einen Fuß in die Küche gesetzt, fiel der Blick der Frau unmittelbar auf mich. Dort blieb er einen Moment lang hängen. Für Davids Geschmack offensichtlich etwas zu lang. Sie hatte mich doch womöglich nicht wiedererkannt?
Ich meine, meine Engelsgestalt sieht meiner zwar ähnlich, aber es gab doch gewisse Unterschiede, wie zum Beispiel, dass ich etwas größer und muskulöser war, außerdem strahlte ich eine viel stärkere Aura aus, als in meiner jetzigen Form. Ein weiterer Aspekt war, dass ich momentan viel jünger aussah, wie ein 16-jähriger Teenager und nicht wie nach einem Äonen alten Engel, auch wenn wir Engel ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr altern. Ewige Jugend ist schon praktisch. Stellt euch mal vor wie viele Falten ich haben müsste bei meinem Alter? Die Kosten an Anti-Aging-Creme würden ins Unermessliche steigen!
»Äh ok, Mom darf ich dir einen Freund aus der Schule vorstellen? Das ist Zed, Zed das ist meine Mom.«, stellte uns David vor.
»Hallo Mrs….«, begann ich. Maren löste sich aus ihrer Starre.
»Störing, Maren Störing, aber du kannst mich gerne Maren nennen.«, sagte sie mit einem Lächeln.
David berichtete, was passiert war und Maren bat mich mit in ihr Büro zu kommen, damit sie mich etwas genauer untersuchen konnte.
Nun war es David, der uns unauffällig folgte. Mir war von Anfang an klar, dass Maren nichts Physisches finden konnte. Diese Gelegenheit nutzte ich, um David etwas auszufragen. »Also David, erzähl mir was von dir. Was hast du so gemacht, bevor es dich nach Angel Falls getrieben hat?«
»Ich besuchte die Sant Angels Highschool in Chicago, dort verbrachte die meisten Nachmittagen im Sportclub der Bogenschützen.«, erklärte er mir ohne seinen Blick von mir abzuwenden.
»Warte, warte. Du veräppelst mich oder? Entschuldige, wenn ich das sage, aber ich habe gerade das Bild von dir als Amor im Kopf!« Das hatte ich wirklich, denn auch der Engel der Liebe war real und eine Nervensäge auf ganzer Strecke… .
»Stell dich bitte einmal hin und heb die Arme.«, sagte Maren zu mir. Sofort tat ich wie mir befohlen. Sie begann mit einer Reihe von motorischen Tests.
David erzählte indessen weiter »Nein, das stimmt schon. Leider waren wir nie richtig erfolgreich bei Wettkämpfen, meistens wurden wir letzter… Aber egal, jetzt bist du an der Reihe. Seit wann lebst du in Angel Falls?«
»Noch nicht allzu lange. Etwas länger als anderthalb Jahre. Vorher lebte ich in England. Die nächste Frage gehört wieder mir. Was war das Aufregendste, was du je in deinem Leben erlebt hast?« Maren unterbrach ihre Untersuchungen für einen Moment und notierte sich etwas.
»Schwer zu sagen, ich glaube, es war der Fallschirmsprung, welchen mir meine alten Freunde geschenkt haben.«, überlegte David laut, während er sich am Kinn kratzte.
»Hast du dich in letzter Zeit öfters Mal komisch gefühlt?«, fragte mich Maren.
»Hin und wieder, mir fällt es schwer, mich zu konzentrieren. Das sorgt dafür, dass ich im Unterricht nicht aufmerksam zuhören kann.« Maren notierte sich auch das.
David fragte mich in der Zwischenzeit: »Was ist mit deinen Eltern, was machen sie von Beruf her?«
Auf mein Gesicht legte sich ein Schatten. »Ich weiß es nicht. Es ist viele Jahre her, dass ich mit meinem Vater gesprochen habe. Selbst in London habe ich bei einem Freund gelebt. Hier in Angel Falls habe ich ein kleines Apartment, welches ich bewohne. Und bevor du fragst, was mit meiner Mutter ist… ich habe keine. Es gab immer nur meinen Vater und mich.« David merkte, dass mir dieses Thema sichtlich unangenehm war und beschloss das Thema zu wechseln.
»Und was können Teenager an einem Ort wie dem hier machen?«, fragte er mich.
»David, das hier ist der friedvollste Ort auf Erde. Es ist schon ein Highlight, wenn du das Eichhörnchen im Garten Pupsen hörst!« Da fing selbst Maren an zu lachen.
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