Die Katze ist nicht das Problem oder Wie Yara lernte, auf dem Gras zu tanzen - Petra Bungarten - E-Book

Die Katze ist nicht das Problem oder Wie Yara lernte, auf dem Gras zu tanzen E-Book

Petra Bungarten

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Beschreibung

Die Katze ist nicht das Problem oder Wie Yara lernte, auf dem Gras zu tanzen Erzähltes von Yara und Petra Bungarten Hand aufs Herz: Würden Sie sich unter den vielen Katzen in deutschen Tierheimen ausgerechnet für eine Problemkatze entscheiden? Petra Bungarten hat es getan. Ganz bewusst. Sie verliebte sich in die hochsensible Katze Kara, die als besonders schwierig galt. Vorgestellt wurde die schwer vermittelbare Kara im Rahmen der Fernsehsendung Tiere suchen ein Zuhause des WDR. Ihr großes Glück nach über einem Jahr im Hürther Tierheim Helenenhof war, dass Petra Bungarten auf sie aufmerksam wurde. Aufgrund 30jähriger Erfahrung mit Katzen der Marke B-Ware schreckte sie nicht vor Karas Verhalten zurück. Ganz im Gegenteil. Sie nahm die Herausforderung an und fand in Kara ihre Herzenskatze. Sie schenkte Kara nicht nur einen neuen Namen, sondern auch ein ganz neues Leben. Eine Frau und eine Katze werden zum Dreamteam. Auf höchst unterhaltsame Weise erzählt Petra Bungarten die ganze Geschichte aus beiden Perspektiven. Die Katze ist nicht das Problem? Stimmt genau. Sämtliche Nettoeinnahmen aus dem Verkauf dieses Buches werden an den Katzenschutz gespendet.

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Über die Autorin

Petra Bungarten wurde 1960 in Dülken am wunderschönen Niederrhein geboren. Sie ist verheiratet, hat eine Tochter, einen Schwiegersohn und die Katze Yara. Nach dem Studium der Religionspädagogik war sie jahrelang in der Seelsorge als Gemeindereferentin tätig.

Vor über 30 Jahren wurde Petra Bungarten unwiderruflich von Amors Katzenpfeil getroffen. Die Geschichte ihrer ersten beiden Katzen Happy und Blinky führte bei ihr zur klaren Überzeugung vom Katzenschutz und hält bis heute an. Auch aus diesem Grund hat sie dieses Buch veröffentlicht.

„Die Katze ist nicht das Problem oder Wie Yara lernte, auf dem Gras zu tanzen“ ist ihr Debüt als Autorin.

Sämtliche Netto-Einnahmen aus dem Buchverkauf werden an Tierheime und Katzenschutzprojekte gespendet. Die Autorin verzichtet auf jeglichen finanziellen Gewinn.

Liebe Lesemenschen,

mit dem Erwerb dieses Buches haben Sie einen wertvollen Beitrag für den Katzenschutz geleistet.

Dafür danken wir Ihnen von ganzem Herzen und wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen.

und Petra Bungarten

Inhalt

Plötzlich Katzenmama

Puschel

Ich bin‘s, Kara!

Erstens kommt es anders …

… und zweitens, als man denkt

Aufbruch

Zuhause

Erkundungen

Geburtstag

Ein neuer Name

Noch mehr Neues

Bettgeschichten

Bin ich Göttin oder Diva?!

Besuch

Fräulein Rottenmeier greift durch

Ein unverhofftes Geschenk

Der magische Tag: Freigang

Der magische Tag: Die Katzenklappe

Eindringlinge

Kampf dem Wischmop

Ist was?

Urlaubsende

Online-Kumpels

Besuch beim Tierarzt

Yara TCC

Aus meinem Tagebuch

Ich tanze auf dem Gras

Ein Wort zum Abschluss

Dankeschön

Die Vorgeschichte

PLÖTZLICH KATZENMAMA

„Das ist Happy, und der sich gerade versteckt, das ist Blinky. Happy ist total easy, aber Blinky ist völlig neurotisch und hat Angst vor allem Neuen und jedem, den er nicht kennt. Ich will sie gerne abgeben, habe momentan so viel mit der Arbeit zu tun und keine Zeit für sie. Werde sie ins Tierheim geben.“

Fassungslos schaute ich meine Bekannte an. Da sah ich Happy, eine süße, leicht mobbelige, getigerte Katzendame, und unter dem Schrank Blinky, einen Nordische-Waldkatze-und-noch-was-Mix. Beide waren sieben Jahre alt, beide aneinander gewöhnt, und ich hörte „… sie machen Arbeit und sollen deshalb ins Tierheim.“

Aber ich hielt den Mund. Eine Woche lang durfte ich damals im Jahr 1993 hier unterkommen, weil ich in Düsseldorf etwas zu erledigen hatte. Danach trennten sich unsere Wege wieder. Ich hielt mich da ganz dezent raus und wollte meine sechs Übernachtungen in Frieden verbringen.

Ich wurde in das Fütter-Ritual eingewiesen. Da ich abends die erste war, die hier nach Hause kam, war ich gebeten worden, die Fütterung zu übernehmen. Happy nahm das Futter sofort, Blinky sah interessiert zu und kam, nachdem ich ein paar Schritte weggegangen bin. Von Happy gab es noch einen sanften Nasenstüber, als ich mein Matratzenlager bezog. Wie schön ihre Augen waren! Und das Fell so weich! Zum ersten Mal hatte ich eine Katze ganz nah. Meine Mutter hasste Katzen, weil sie so „falsch“ seien, wie sie fand. Deshalb beschränkten sich die Haustiererfahrungen meiner Kindheit auf einen Kanarienvogel, das Zwergkaninchen meiner Schwester und meinen Goldhamster Krümel.

Blinky blieb an diesem ersten Abend meines Aufenthaltes unauffindbar. Am nächsten Morgen wachte ich in einer merkwürdigen S-Form-Haltung auf: Halb auf meinen Füßen, halb entlang meiner Schienbeine hatte sich Happy bequem ausgebreitet. Und mit dem Kopf unter meinem Kinn, entlang meines Oberkörpers, schlief Blinky! Fest an mich gekuschelt atmete er ganz ruhig und schnurrte leise im Schlaf, als sei das die natürlichste Sache der Welt. Im Schlaf streckte er auf einmal seine Pfote aus und legte sie auf mein Gesicht. In dem Moment geschah es. Dieser kleine, neurotische, langhaarige Fellpopo eroberte mein Herz im Sturm!

Als wenn sie geahnt hätten, dass sie in ihrem jetzigen Zuhause nicht mehr lange bleiben durften, waren Happy und Blinky in den folgenden Tagen ganz eng an meiner Seite. So, als wenn wir schon immer zusammengehört hätten. Am letzten Abend schnitt ich das Thema noch einmal an, wissend, dass mein Vermieter, ein passionierter Hundehalter, mit dem Einzug zweier Miezen einverstanden war. „Solange die meinem Ballou nicht mit den Krallen an die Schnauze gehen, können die gerne kommen. Und es sind ja Wohnungskatzen, da wird das wohl eher nicht passieren. Haustiere sind gut für die menschliche Seele“, sagte mir der an Depressionen erkrankte Frührentner. Er wusste also, wovon er sprach.

In den vergangenen Tagen hatte meine Bekannte die Anhänglichkeit ihrer beiden Fellnasen an mich schon bemerkt. Nur zu gerne stimmte sie einer Übernahme zu. Und so reiste ich nach einer Woche Düsseldorf wieder nach Hause, neben meiner Reisetasche zwei Transportkörbe mit zwei Katzen, einer Katzentoilette und einer Ration Futter für die nächsten vier Wochen.

Happy und Blinky wurden durch ihr Schicksal die Vorreiter einer ganzen Generation von Fellnasen, die im Laufe der nächsten Jahrzehnte mein Herz eroberten und mit denen ich mein Leben teilen durfte. Sie legten in mir die Grundlage für meine Haltung, mich nur für Katzen einzusetzen, die ich gerne als „B-Ware“ bezeichne: etwas älter oder gar schon betagt, vielleicht gehandicapt oder leicht neurotisch, ungewollt, lieblos abgegeben oder gar heimatlos. So teilte Tommy, ein alter, blinder und tauber Straßenkater aus einer Katzenschutzinitiative, nur für zwei Wochen unser Leben, damit er behütet und in Frieden über die Regenbogenbrücke gehen durfte.

Happy entwickelte sich zu meinem persönlichen Mutter-Tier: Zuhörerin, wenn ich ihr Privates und Berufliches erzählte, Trösterin im ersten Liebeskummer und immer da, wenn ich nach Hause kam. Und auch, wenn er seine Angst nie ganz ablegen konnte: Sobald ich meine Wohnung betrat, war Blinky an meiner Seite und erzählte mir von seinem Tag. Zwischenzeitlich war ich umgezogen und hatte einen kleinen Garten, sodass die beiden zu Freigängern werden konnten. Blinky ganz vorsichtig, wie es seine Art war, Happy hingegen viel forscher und mutiger. Aber beide genossen diese Erweiterung ihres Lebensraums sichtbar.

Meinen Freund und späteren Ehemann akzeptierten sie sofort und zogen nach der Hochzeit in die gemeinsame Wohnung mit ein. Schwiegermutters Kater „Streuner“ wurde respektiert, und die drei gingen recht friedlich miteinander um.

Und dann wurden sie mit mir schwanger.

Happy bewies erstaunliche Qualitäten als vierbeinige Produkttesterin des Kinderwagens und des Kinderbettchens. Denn so entspannt und viel, wie sie (trotz ständiger Verbote) dort schlief, musste unser Kind ausgezeichnete Ruheplätze vorfinden. Blinky wurde zum treuen Beschützer meines Babybauches. Sobald ich mich hinlegte, legte er sich auf ihm nieder und studierte ihn so ausgiebig, als wenn er das Ungeborene hören oder spüren konnte. Nicht selten passierte es später, dass er durch eine Kindsbewegung einen Tritt in seinen Bauch bekam. Blinkys erstaunter und irritierter Blick – unbezahlbar!

Mittlerweile war meine Mutter Katzen gegenüber zwar nicht mehr feindlich eingestellt (O-Ton: „Die sind ja ganz gut erzogen“), dafür orakelte sie ohne Unterlass Szenarien, dass Babys gegen Katzen allergisch werden, dass Katzen sich auf die Gesichter schlafender Babys legen und sie so ersticken und ähnliches mehr.

All das sowie die Panikmache, dass Katzen für Schwangere gefährlich seien, ließ ich nicht gelten. Die erste Untersuchung beim Frauenarzt hatte den Beleg erbracht, dass ich längst eine Toxoplamoseinfektion hinter mir hatte und deshalb keine Gefahr durch die Katzen mehr drohte. Der werdende Vater entpuppte sich einmal mehr als der beste Ehemann der Welt und übernahm während der Schwangerschaft nicht nur die „schweren“ Einkäufe, sondern auch das Reinigen der Katzentoilette. Das rechne ich ihm bis heute hoch an!

Unsere Tochter kam im Krankenhaus zur Welt, also kehrten der beste Ehemann und ich gemeinsam mit ihr nach der Geburt nach Hause zurück. Ein kurzes Schnuppern am Inhalt des Maxi Cosy, und Happy und Blinky waren sich so klar wie einig: Das ist sie! Sie war in dem Babybauch, sie gehört zu uns! Von diesem Moment an hatte unsere Tochter vier Leibwächter: ihre überglücklichen Eltern und zwei vierbeinige Fellpopos, die sie alle mit ihrem Leben verteidigt hätten!

Der erste Besuch der Hebamme machte deutlich, dass Panik-Blinky trotz aller seiner Ängste durchaus auch mutig sein konnte. Unter dem Baby-Bett liegend fauchte er anfangs die näherkommende Hebamme dermaßen an, dass es einem ausgewachsenen Sumatra-Tiger zur Ehre gereicht hätte. Die arme Frau traute sich keinen Schritt ohne mich an der Seite weiter. Kaum stand ich neben ihr, verstummte Blinky. Im Bett am Fußende aber lag Happy: tonlos, mit eindringlichem Blick und wachsam aufgestellten Ohren ließ sie sich nicht vertreiben und beobachtete argwöhnisch jede Bewegung der Hebamme.

Diese bedingungslose Liebe zu unserer Tochter haben beide Miezen beibehalten. In einem verdächtig stillen Moment, als ich die zwei samt der Anderthalbjährigen im Wohnzimmer wähnte, sah ich sicherheitshalber nach. Wohnzimmer leer, Flur hingegen voll mit drei kleinen Lebewesen, die um den Futternapf saßen und sich einmütig das Trockenfutter teilten, als sei es das Selbstverständlichste der Welt.

Blinky ging im Alter von siebzehn Jahren nach schwerer Krankheit über die Regenbogenbrücke, Happy mussten wir vier Jahre später gehen lassen. Zu diesem Zeitpunkt war aber schon längst eine neue Fellnase bei uns eingezogen.

Blinky und Happy bin ich noch heute zutiefst dankbar, dass sie mit mir so viel Geduld bewiesen haben und mir gute Lehrmeister sowie ausgezeichnete Wegbereiter für viele Artgenossen gewesen sind, die seitdem den Weg in unsere Familie und in unser Leben gefunden haben: Micky, Blacky, Lucky, Mauzi I. und Mauzi II., Tünn-Tünn, Kimba, Mikesch, Tommy, Pascha, Filou und Puschel.

PUSCHEL

Nein, Puschel, Puschilein, Puschimännelein, Schmusebär, Süßer – nein, Puschel gehörte uns eigentlich gar nicht.

Puschel kam aus der Nachbarschaft. Die ganze Straße regte sich über seine Besitzer auf, die den kleinen Freigänger im Winter draußen vor dem geschlossenen Rollladen frieren ließen.

Clever, wie der Kleine war, hatte er den regen Verkehr seiner Artgenossen durch unsere Katzenklappe ganz genau beobachtet und schlich sich abends einfach rein, um eine warme, ruhige Nacht im Kinderzimmer zu verbringen. Stand ich morgens auf, schlüpfte er schnell die Treppe runter und lief hinaus.

Seine Besitzer zeigten sich wenig einsichtig, und so war es nicht verwunderlich, dass wir kurze Zeit nach dem Tod von Mauzi II. und nach der Rückkehr aus den Herbstferien den kleinen Puschel in unserem Wohnzimmer vorfanden. „Schön, dass ihr wieder da seid. Ich wohne jetzt auch hier!“, schien er uns durch seine Mimik mitzuteilen.

Der fest eingeplante Einzug von Kater Mikesch änderte daran auch nichts mehr, denn Puschels Besitzer waren plötzlich weggezogen – ohne Puschel! Zur „Belohnung“ für seine Anhänglichkeit wurde Puschel erst einmal kastriert, geimpft und entwurmt. Alles hat halt seinen Preis!

Mikesch, ein Straßenkater aus Moskau, starb nach mehreren Jahren ganz unerwartet an einem geplatzten Aneurysma. So war Puschimännlein dann für viele Jahre die einzige Samtpfote in unserem Haushalt. Er füllte jede Ecke des Hauses und unserer Herzen mit seiner Präsenz aus, war ein Kampfschmuser par excellence und verzieh uns sofort unsere Abwesenheit, wenn wir nach einem Urlaub wieder heimkamen. Dann ließ er sich mauzend auf den Arm nehmen, und während die Koffer geleert wurden und die erste Waschmaschinenladung startete, saß er ganz eingekuschelt auf meinem Arm und erzählte ausführlich von seinen Erlebnissen während unserer Abwesenheit. Er brachte auch Jenny in unser Leben, eine professionelle Katzensitterin, die ihn mit ihrer ganzen Katzenliebe umsorgte, wenn wir fort waren. Nebenbei kümmerte sie sich auch noch um die Goldfische, die Blumen und die Post! Ein Traum von einer Katzensitterin!

Puschel liebte seine Jenny und Jenny liebte ihren Puschel. Sobald ich Jennys Namen erwähnte, spitzte er die Ohren und ging zur Haustür. Legendär ist die Geschichte, als wir einmal einen Tag früher als geplant aus dem Urlaub zurückkehrten. Ich hatte mit Jenny abgesprochen, dass sie am darauffolgenden Tag noch einmal auf ihrer Katzensitter-Runde vorbeikommt, um sich von Puschel zu verabschieden.

Um sechs Uhr am Abend dieses Tages setzte sich der Kater vor unsere Haustür und schaute in froher Erwartung von Jennys Ankunft sehnsüchtig die Straße rauf. Es war die Zeit, zu der sie während unseres Urlaubs täglich zu ihm gekommen war, aber wir waren ja wieder zu Hause. Schwer enttäuscht verließ er nach einer Weile seine Position. Keine Jenny? Das gibt‘s doch gar nicht!

Puschel wäre nicht Puschel gewesen, hätte er sich am Tag darauf nicht wieder um 18 Uhr dort hingesetzt. Ich wusste ja, dass Jenny noch kommen würde, um sich von ihrem Katermännlein zu verabschieden. Als ihr Wagen in unsere kleine Straße einbog, stand Puschel auf, und noch während sie ausstieg, gab es für ihn kein Halten mehr. Jenny ist da! Meine Jenny! Das Abschiedsschmusen dauerte entsprechend lange. Doch schließlich verließ er Jennys Arm und kam auf zurück meinen Schoß. Nun hatte unser Kleiner seine geliebte Katzensitterin würdig entlassen … bis zum nächsten Mal.

Puschel wurde zusehends älter. Mit stolzen zwanzig Jahren litt er an einer Schilddrüsenunterfunktion und an Arthrose. Auch wenn er weiterhin Tierarztbesuche abgrundtief hasste und dies unter lautstarken Protesten kundtat: Mit Medikamenten führte er ein gutes und schmerzfreies Leben. Er wurde ruhiger, ging nicht mehr ganz so oft auf die Pirsch, baute Muskeln und Gewicht ab und sah immer schmaler aus. Wie viel gemeinsame Zeit würde uns noch bleiben?

Das Drama geschah ausgerechnet während unseres Urlaubs. Jenny meldete sich bei uns. Wir waren auf der anderen Seite des großen Teiches, ahnten nichts Gutes, und so war es auch. Puschel war weg! Nicht anwesend, als Jenny kam! DAS hatte es noch nie gegeben. Und während Jenny voller Sorge unseren alten Katermann suchte, hatte eine selbsternannte „Tierschützerin“ das „arme, unterernährte, dehydrierte, herrenlose“ Tier (ja, so hatte sie sich geäußert) kurzerhand eingefangen und ins Tierheim verfrachtet.

Dass nur zwanzig Meter von ihr entfernt Jenny Puschels Namen rief und ihn verzweifelt suchte, bekam die übereifrige Dame überhaupt nicht mit. Und auf die Idee, rechts und links bei den Nachbarn zu fragen, ob jemand den Kater kennt, war ihr wohl zu viel Aufwand. Dann hätte sich nämlich sofort geklärt, wohin er gehörte. Schließlich war Puschel in der Umgebung bekannt wie ein bunter Hund.

Zwar dauerte sein Aufenthalt im Tierheim nicht sehr lange, weil Jenny ihn abholen konnte. Aber welch ein Stress war das für unser altes Kätzchen!

Wie sich später herausstellte, war die vermeintliche Tierschützerin in der Einrichtung bereits bestens bekannt. Und zwar im negativen Sinne. Puschel konnte zum Glück für den Rest unseres Urlaubs bei Jenny und ihrer toleranten Katzengang bleiben.

Aber er erholte sich von dieser Aktion nie mehr ganz. Knappe drei Wochen später mussten wir ihn nach einem schweren Krampfanfall loslassen.

Er ging über die Regenbogenbrücke und hinterließ in unseren Herzen eine riesige Lücke.

Unter Tränen haben wir Puschel in unserem Garten begraben, so wie alle bisherigen Katzen auch. Die Zeit danach war wie ein Albtraum für uns. Keine schnurrende Begrüßung mehr, wenn man von der Arbeit heimkam. Kein felliges Heizkissen in warmen Sommernächten mehr, kein morgendliches Stolpern über ein hungriges Kätzchen, das uns den Weg zum Vorratsschrank wies … Selbst der beste Ehemann, dem Katzen ja immer „ganz egal“ waren, der im Laufe der Jahre viele Gräber ausgehoben hatte und oft genug als Dosenöffner-Ersatz einspringen musste … ja, selbst dieser Ehemann vermisste Puschel.

Und trotzdem trafen wir eine Vernunftentscheidung, denn beide standen wir kurz vor Beginn des Ruhestandes: Wir nehmen keine Katze mehr!

Doch wenige Wochen später starb völlig unerwartet Jennys Kater Neji. Die nur leicht vernarbte Wunde durch Puschels Tod riss wieder auf. Wollte ich wirklich ein Leben ohne Katze führen? Ernsthaft? Aber unsere Entscheidung war doch vernünftig?! Im Ruhestand frei und unabhängig, keine Rücksichtnahme auf ein Haustier mehr …

Vier Monate nach Puschels Tod musste ich wieder einmal dienstlich nach Finnland fliegen. Wie immer brachte mich mein Mann zum Flughafen. Das übliche Ritual im „Kiss & Fly“. Köfferchen aus dem Auto, Abschiedskuss, „Ich hol dich wieder ab“, … und … mein Mann war schon halb wieder ins Auto eingestiegen: „… und such dir mal ne neue Katze aus!“

Als er abfuhr, blieb ich sprachlos stehen. Dann schoss mir die Frage in den Kopf: Waren seine Englischkenntnisse so schlecht, dass er statt „Kiss & Fly“ womöglich „Cats & Fly“ gelesen hatte? Vermisste er im Inneren den Fellpopo in unserem Haus genau so sehr wie ich?

Und während ich strahlend vor Glück Richtung Sicherheitskontrolle ging, wurde im örtlichen Tierheim Helenenhof jemand munter. Jemand, der sich dort bei seinem Kurzaufenthalt mit Puschel ausgetauscht hatte und sich nun bereit machte, in unser Leben einzuziehen, um es komplett auf den Kopf zu stellen.

ICH BIN‘S, KARA!

„Boah, ihr Fiffis, Klappe!“ Immer dieser Lärm! Sobald es am Tor unseres Tierheimes klingelt, fangen diese Hunde an, wie bescheuert zu bellen. Dieser unerträgliche Lärm! Meinen diese Radaubrüder etwa, so würden sie sofort ein neues Herrchen oder Frauchen gewinnen? Ich jedenfalls brauche jetzt dringend meine Ruhe, denn heute ist ein wichtiger Tag für mich. Ich werde Filmstar!

Meine Pflegerin Nicole hat es mir gestern erzählt. Ich bin die Hauptdarstellerin in einem Film von „Tiere suchen ein Zuhause“, und dann finde ich endlich neue Dosenöffner, hat sie gesagt! Noch schnell mein Fell herrichten. Gestern habe ich zwar schon eine ausgiebige Katzenwäsche hingelegt, aber ich muss ja auch hübsch rüberkommen. Schließlich will ich endlich wieder ein echtes Zuhause haben.

Ach, Entschuldigung, ich habe ganz vergessen, mich vorzustellen. Mein Name ist Kara, ich bin fast fünf Jahre alt und eine hübsche Europäische Kurzhaar mit weißem Fell und schwarzer Zeichnung. Eine reinrassige FeWaWi. Sie wissen nicht, was das ist? Eine Feld-, Wald- und Wiesenkatze! Ein wenig mobbelig und mit einem kleinen Kastrationsbäuchlein, aber ich will ja auch nicht bei GNTM antreten.

Dummerweise bin ich hochsensibel! Ein unbekanntes oder lautes Geräusch, und ich gerate in Panik. In ABSOLUTE Panik, in der bei mir alles aussetzt. Ich mag auch keine hektischen Bewegungen, keine Stöcke, keine Mülltüten und vor allem keine nackten Füße und Flip-Flops! Da drehe ich vollkommen durch! Die Angst überrennt mich, alles wird mir zu viel.