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An einem Oktobertag verändert sich Gliedmunds Welt. Auf der Fahrt zu seiner neuen Arbeitsstelle läuft ihm mitten im Wald eine Frau vors Auto. Während er nach ihr sucht, beginnt ihn etwas zu jagen, dass sich unter dem laubbedeckten Boden bewegt. Er ahnt nicht, dass dies nur der Anfang einer harten Zeit und der Verlust eines ihm wichtigen Menschen unausweichlich ist.
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Seitenzahl: 68
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Diese Veröffentlichung ist Marco Wittler gewidmet, ohne ihn würde es Gliedmund nicht geben. Vielen Dank für die Geburtshilfe, @MyMicrostories.
Inhaltsverzeichnis
Gude
1 Kürbis, Geist, Kostüm
2 Süßes oder Saures, Vampir, Unter meinem Bett
3 Unsichtbare Berührung, Süßigkeiten, Blut
4 Gruselgeschichte, Burgverlies, Schrei
5 Monster, Kürbislaterne, Dunkelheit
6 Knochen, Alptraum, Gänsehaut
7 Hexer, Untoter, Keller
8 Das Böse, Friedhof, Zombie
9 Narbe, Krähe, Zauberspruch
10 Werwolf, Mumie, Spinnen
Gude,
in Euren Händen haltet Ihr gerade nicht nur ein Buch. Es ist das Ergebnis eines Experiments. Die (zugegebenermaßen langatmige) Fragestellung hierzu lautete:
Schaffe ich es innerhalb eines Monats, eine zusammenhängende Geschichte zu schreiben, obwohl ich jeden Tag nur ein kleines Stück erarbeite und den vorherigen Beitrag nicht vor dem weiterschreiben lesen darf?
Die Idee dazu kam mir, als Marco seinen Schrecktober vorstellte. Eine dieser kreativen Herausforderungen, bei der für jeden Tag des Oktobers ein Begriff vorgegeben wird und die Teilnehmer malen, schreiben, kneten oder machen etwas anderes, das zu diesem Begriff passt und teilen es dann auf den sozialen Netzwerken.
Ich hatte mir drei Regeln auferlegt. Die erste Regel setzte die Mindestwortanzahl auf 300 fest. Bei der zweiten ging es darum, den Begriff des Tages sinnvoll einzufügen. Regel 3 besagte, dass ich den Beitrag höchstens zwei Mal korrigieren durfte, bevor ich ihn hochladen musste. Damit die Geschichte authentisch bleibt, habe ich auch für die Buchform auf eine weitere Bearbeitung verzichtet. Wie gut ich mich geschlagen habe, könnt Ihr auf den nächsten Seiten lesen. Die Kapitelüberschriften bestehen aus den vorgegebenen Begriffen.
Da Ihr nun für die folgenden Seiten gewappnet seid, bleibt mir nur Euch eine unterhaltsame Zeit mit Gliedmund zu wünschen (oder Gliedu, wie ich ihn in den ersten Tagen abgekürzt hatte).
Viele Grüße, Grinsepüppchen
1 Kürbis, Geist, Kostüm
Gliedu drehte sich im Bett herum, weg von den Sonnenstrahlen, welche durch die Fenster fielen. Mit zusammengekniffenen Augen versuchte er wieder einzuschlafen. Das laute Brummen unter seiner Decke und die einsetzenden Bauchschmerzen verrieten ihm, dass das nicht funktionieren würde. Aber noch fünf Minuten würde er es versuchen. RUMMS! Der Knall vor seiner Tür ließ ihn aufschrecken. Kurz darauf hörte er, wie die Wohnungstür, die sich direkt neben seinem Zimmer befand, zugezogen wurde. Mit einem missbilligenden Geräusch zwang er sich zum Aufstehen. Sollte sie zur Arbeit gegangen sein, würde es wenigstens etwas Essbares geben. Gliedu verließ schlurfend sein Zimmer und folgte dem Gang in Richtung Küche.
„Morgen“, murmelte er, ohne Jan anzusehen.
„Hallo“, sagte dieser vom Herd aus.
„Hast du heute frei?“, fragte Gliedu überrascht.
„Ja, meine bessere Hälfte auch. In der Firma ist heute sowas wie ein Feiertag.“
„Ah, ok. Wo treibt sich Babsi rum?“, fragte er und ließ sich auf einen Stuhl fallen.
„Die ist gerade unten und holt die Post.“
„Schade, ich hab gehofft, ihr hättet euch getrennt, während ich weg war.“
„Apropos, ich hab dich die letzten drei Tage nicht mehr gesehen. Wo warst du?“
Sie konnten hören, wie Babsi die Wohnung betrat.
„Ich hab meine neue Freiheit gefeiert.“
„Dachte ich es mir doch. Wieso bist du jetzt wieder rausgeflogen?“
„Könnte an dem Kommentar liegen, den ich über die Möpse der Alten vom Chef gemacht hab.“
„Gliedu!“, sagte Jan schockiert.
„Was?“
„Du bist so widerlich!“, rief Babsi und setzte sich mit ein paar Briefumschlägen in der Hand gegenüber von Gliedu.
„Wie konntest du das tun?“, fragte Jan.
„Ja, wenn sie die immer so raushängen lässt und jedem entgegenstreckt, muss sie auch damit rechnen das einer was sagt. Wären die wenigstens jung und frisch, ihre Teile sehen aus als hätte irgendwer einen alten, verschrumpelten Kürbis genommen, in der Mitte geteilt und ihr in den Glockenhalter geschoben.“
„Egal wie groß ihr Ausschnitt ist, du hast kein Recht dazu ihre Brüste anzuglotzen oder blöde Kommentare darüber zu machen“, stellte Babsi fest, „hoffentlich zeigt sie dich an.“
„Sei nicht so empfindlich. Ist irgendwas für mich dabei?“
„Ja, ein Brief vom Arbeitsamt. Viel Spaß damit“, erwiderte sie schadenfroh und streckte ihm den Umschlag entgegen.
„Jetzt schon?“
„Wahrscheinlich wollen die dich sofort wieder loswerden“, meinte Jan.
„Das kann ich ihnen nicht verübeln“, setzte sie hinzu.
Gliedu nahm den Umschlag, riss ihn auf und las den Brief durch.
Er runzelte die Stirn.
„Ich hab anscheinend eine neue Tante dort. Und die hat mir ein Probearbeiten organisiert.“
„Ich wusste gar nicht, dass das Amt sowas macht“, sagte sie und stand auf um Besteck zu holen.
„Davon hab ich auch noch nie gehört. Aber es sieht echt aus.“
„Wo hast du denn die Probearbeit?“, fragte Jan, während er das Essen auf Tellern verteilte.
„Im Calzonas“, antwortete Gliedu und verzog widerwillig das Gesicht.
Als Jan die Teller auf dem Tisch verteilt hatte, stellte er sich hinter ihn und überflog den Brief.
„Also musst du ab nächste Woche jeden Tag nach Brockenmünde fahren“, stellte er fest und gab ihm einen kleinen Knuff gegen die Schulter, „viel Spaß, da bist du locker eine Stunde unterwegs, wenn nicht mehr.“
„Danke, dass weiß ich auch“, motzte er zurück.
„Äh, Gliedu?“, fragte Babsi mit besorgter Stimme, „kriegst du viel Ärger, wenn du da nicht mitmachst?“
„Normalerweise kürzen die einem dann das Geld. Wieso?“
„Naja, du weißt schon, was das für ein Laden ist oder?“
„Eine Pizzeria?“
Sie seufzte genervt.
„Das war erst vor drei Jahren und du hast es vergessen.“
„Ich verstehe gerade auch nicht was du meinst“, schaltete sich Jan ein.
„Über Fußball könnt ihr beide ewig reden, aber die Tragödie, bei der vier Menschen starben und die hier um die Ecke passiert ist, vergesst ihr einfach!?“
Beide starrten sie geschockt an.
„Vor ein paar Jahren hat eine Familie aus Italien in Brockenmünde das Haus gekauft, in dem sie ihre Pizzeria eröffnen wollten. Aber sobald sie anfingen zu renovieren, geschahen gruselige Sachen. Werkzeug verschwand, eine Leiter wurde umgestoßen während sich niemand im Gebäude befand, das Licht hat geflackert und musste mehrmals repariert werden. Dann erzählte die kleine Tochter von einer alten Frau, die nachts immer draußen an ihrem Zimmerfenster stand und mit ihren unnatürlich langen Fingernägeln am Glas kratzte. Dabei sagte sie leise immer wieder ‚du wirst die Erste sein‘. Am Eröffnungstag, als die ersten Kunden bestellt haben, begann die Kleine plötzlich zu schweben und mit rauer Stimme verkündete sie ‚ihr Blut klebt an euren Händen‘. Sie legte ihren Kopf zurück und an ihrem Hals öffnete sich eine klaffende Wunde, das gleiche geschah mit ihren Armen und an den Beinen. Natürlich wurde sofort ein Notarzt gerufen, aber noch während der auf dem Weg war, fiel der Strom aus und nacheinander geschah dem älteren Bruder, Mutter, am Schluss auch dem Vater das, was ihr passiert war. Die Kunden rannten natürlich panisch weg, die Polizei suchte Wochen lang nach Zeugen. Die einzigen Spuren die festgestellt werden konnten waren, dass die Wunden aussahen wie große Kratzer und eine kleine Eins, die im Fenster des Kinderzimmers ins Glas geritzt war. Das Calzonas ist für die Morde durch den Geist total berühmt geworden!“
„Und danach haben die Zahnfee und der Weihnachtsmann das Miststück festgenommen.
Es sitzt die nächsten 4000 Jahre für Mord im Turm von Schneewittchen seine Zeit ab.“
„Du meinst Dornröschen, Gliedu“, berichtigte ihn Jan, „Schneewittchen hat sich in einer Hütte im Wald versteckt, nicht in einem Turm.“
„Von mir aus. Diese Geistergeschichte ist jedenfalls Schwachsinn.“
„Das ist keine Geistergeschichte.“
„Doch ist sie und eine blöde noch dazu!“
„Es ist wirklich passiert!“
„Ah ja? Warum läuft dann die Pizzeria?“
„Ich weiß es nicht. Vielleicht wird sie ja erst nächste Woche neu eröffnet, wenn du anfängst.“
„Oder du erzählst einfach nur irgendeinen Rotz den du sonst wo gehört hast.“
„Ich erzähle das nicht nur, ich habe es gelesen! Außerdem war es auch in den Nachrichten!“
„Bist du sicher, dass du davon nicht in einem deiner Foren gelesen hast?“, fragte Jan vorsichtig.
„Was?!“
„Nimm es mir nicht übel, aber du beschäftigst dich ständig mit so einem Zeug, vielleicht hast du einfach etwas durcheinander gebracht“, auf den wütenden Blick seiner Freundin setzte er hektisch hinzu, „das wäre nachvollziehbar. Wenn man sich ständig mit Spuk und übersinnlichem Zeugs auseinander setzt, dann wartet man doch praktisch darauf, dass sowas passiert.“
„Alter halt die Fresse, du machst es nicht besser“, zischte Gliedu ihm zu.