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Der Crashkurs zum Alltags-Profiler von der Körpersprache-Expertin Nr. 1 Jetzt mal ganz ehrlich: Wir alle lügen oder flunkern bis zu zweihundert Mal am Tag! Deshalb sind Sie beruflich wie privat enorm im Vorteil, wenn Sie sicher erkennen, ob ein anderer die Wahrheit sagt oder Ihnen eine Lüge auftischt. Monika Matschnig, die "Körpersprache-Expertin Nr. 1" (ARD, ZDF, Focus, Sat 1), zeigt Ihnen in einer spannenden wie unterhaltsamen Mischung aus neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen, konkreten Fallstudien aus dem Alltag sowie Tricks aus professionellen Verhörmethoden, wie Sie andere bewusst wahrnehmen und Lügen, aber auch ehrliches Verhalten erkennen. Weiter lernen Sie, "gute" (prosoziale) von den "bösen" (antisozialen) Lügen zu unterscheiden – so können Sie optimal darauf reagieren und sich vor Schaden schützen. Checklisten für verräterische Körpersignale und viele konkrete Übungen helfen Ihnen, Trickser, Täuscher & Schummler sicher zu enttarnen. Lassen Sie sich ab heute nichts mehr vormachen und werden Sie zum menschlichen Lügendetektor!
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Seitenzahl: 197
© eBook: 2021 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München
© Printausgabe: 2021 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München
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Projektleitung: Reinhard Brendli
Lektorat: Anne Nordmann
Bildredaktion: Simone Hoffmann
Covergestaltung: independent Medien-Design, Horst Moser, München
eBook-Herstellung: Yuliia Antoniuk
ISBN 978-3-8338-7874-9
1. Auflage 2021
Bildnachweis
Coverabbildung: Marco Melgradi
Illustrationen:
Fotos: Katrin Bernhard
Fotoproduktion: Johannes Rodach
Syndication: www.seasons.agency
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… Frauen weniger und anders lügen als Männer?
… die Fähigkeit zu lügen eine wichtige soziale Kompetenz ist und ein Meilenstein in der geistigen Entwicklung?
… kleine Lügen den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken?
… die allerwenigsten Menschen von Natur aus in der Lage sind, eine Lüge sicher zu erkennen?
… aber jeder diese Fähigkeit einüben und verbessern kann?
Trainieren Sie mit diesem Buch, den Lügen anderer nicht mehr ahnungslos auf den Leim zu gehen und gleichzeitig selbst weniger zu verraten. Sie lernen die „Körpersprache-Vokabeln“ und erfahren dabei, dass die Körperhaltung Bände spricht, dass Finger und Füße das „Kleingedruckte“ schreiben und der Schatten einer Lüge in Lichtgeschwindigkeit über das Gesicht huschen kann. Auch gutes Zuhören ist gefragt, weil die Lüge anders klingt als die Wahrheit. Entscheiden Sie außerdem in Zukunft treffsicher, wann Sie eine Lüge durchgehen lassen können und wann Sie kräftig auf den Busch klopfen sollten!
Wussten Sie, dass der Teufel als Vater der Lüge gilt? Eigentlich logisch, schließlich hat er Eva im Garten Eden die erste Lüge der Menschheitsgeschichte aufgetischt und damit den berühmten Sündenfall ins Rollen gebracht. Und wir alle kennen das achte Gebot »Du sollst nicht lügen«. Aber ist wirklich jede Lüge ein Werk des Teufels? Machen wir uns mit jeder Lüge schuldig und begehen eine Sünde?
Natürlich sind Lügen nicht unbedingt etwas, worauf wir stolz sind. Und vermutlich versuchen alle Eltern ihren Kindern beizubringen, dass Lügen nichts Gutes sind und man sie möglichst unterlassen sollte. Aber mal ehrlich: Was beziehungsweise wie wäre die Welt ohne Lügen? In vielen Fällen ohne Zweifel besser. Aber gerade in unserem Alltag könnte es ohne Lügen manchmal ganz schön unbequem werden. Sie sind nämlich schlicht und ergreifend der Kitt, der uns im gesellschaftlichen Miteinander zusammenhält. Angefangen von netten, wenn auch nicht ganz aufrichtigen Komplimenten, um eine positive und angenehme Gesprächsbasis zu schaffen, bis hin zu verheimlichten Wahrheiten, um beispielsweise geliebte Menschen nicht zu verletzen.
Lügen oder nicht lügen, das ist ganz klar immer eine Frage der Abwägung. Auf der einen Seite stehen die persönliche Integrität und das reine Gewissen, die uns jedoch auch von unseren Mitmenschen distanzieren können. Auf der anderen steht eine Modifizierung der Wahrheit, die aber vielleicht für bleibende Harmonie sorgt. In fast keinem Fall gibt es nur Schwarz oder Weiß, Gut oder Böse, es gibt nicht nur Lüge oder Wahrheit. Tatsächlich ist es wichtig, zwischen verschiedenen Arten von Lügen und Flunkereien zu unterscheiden.
Auf den folgenden Seiten will ich mich deshalb mit Ihnen zusammen auf eine kleine Reise in die Welt der Lügen begeben. Wir werden gemeinsam herausfinden, welche Arten von Lügen es gibt und welche Beweggründe jeweils dahinterstecken. Und wir stellen uns auch der Frage, warum wir überhaupt lügen.
Nach unserer lügentechnischen Selbstreflexion widmen wir uns dann dem wohl spannendsten Aspekt, wenn es um Unwahrheiten geht: Wie beeinflusst das Lügen sowohl unsere Sprache als auch unsere Körpersprache? Durch welche Gesten, mimischen Ausdrücke oder Sprachbesonderheiten verraten sich Lügner? Diese Erkenntnisse können wir natürlich auch nutzen, um uns selbst bei der nächsten Notlüge möglichst nicht zu verraten. Vor allem aber hilft uns das Wissen darum sehr dabei, verräterische Gesten und Ähnliches besser zu erkennen, wenn wir mit Lügnern und Lügen konfrontiert werden.
Doch was dann? Was tun, wenn wir merken, dass wir angeflunkert werden? Dieser Frage gehen wir im letzten Kapitel auf den Grund und werden auch hier wieder feststellen, dass es nicht um »schwarz oder weiß« geht. Entscheidend sind vielmehr die jeweilige Situation und unser Gesamturteil, das uns sagt, ob jemand uns mit einer Lüge schaden will oder nicht. Erst dann sollten wir entscheiden, wie wir mit dieser Lüge umgehen.
Nun freue ich mich auf unsere gemeinsame Reise und wünsche Ihnen viel Spaß und viele spannende Erkenntnisse beim Lesen dieses Buchs.
Ihre Monika Matschnig
Ganz ehrlich: Lügen sind viel besser als ihr Ruf. Okay, das gilt nicht für die große, gemeine Lüge, mit der ein Mensch einem anderen Schaden zufügt. Kleine Lügen begleiten dagegen ganz selbstverständlich unseren Alltag. Für Lügen aller Art gilt aber: Wer sie durchschaut, ist klar im Vorteil.
»Man darf sich nicht immer kränken,
dass uns andere nicht die Wahrheit sagen;
denn wir sagen sie uns oft selbst nicht.«
FRANÇOIS VI. HERZOG DE LA ROCHEFOUCAULD
»Was?! Das ist doch Humbug. Ehrlich, veräppeln können Sie einen anderen.« Ich stand auf und bewegte mich Richtung Ausgang, doch ich wurde aufgehalten. »Ich meine es ernst. Sie bekommen eine Million, wenn Sie das Experiment durchhalten. Wie gesagt, es ist einfach: Nachdem wir Ihnen diesen kleinen Chip in den Oberarm injiziert haben, werden Sie immer die Wahrheit sagen. Sie werden aussprechen, was Sie denken und fühlen.« Was für ein außergewöhnliches Angebot, jedem die ungeschminkte Wahrheit zu sagen und sich dafür alle Wünsche und Träume erfüllen zu können. »Warum nicht. Ich mache mit«, hörte ich mich selbst sagen. Und schon spürte ich einen kleinen Stich im Oberarm. »Wunderbar, der Chip sitzt perfekt. Morgen, wenn Sie aufwachen, beginnt das Experiment.«
Ich werde wach, fühle, dass ich endlich wieder einmal tief und fest geschlafen habe. Richard, mein Mann, erwacht ebenfalls, umarmt mich und möchte mir einen Gutenmorgenkuss geben. Sein Gesicht nähert sich meinem, ich rieche seinen Atem und begrüße ihn mit einem »Iih, du stinkst aus dem Mund«. Verdutzt blickt er mich an und torkelt etwas irritiert ins Bad. Ich folge. In Shorts putzt er sich die Zähne. Mir fällt sein Bauch auf, der über die Jahre ein wenig größer geworden ist, und schon höre ich mich sagen: »Na, an deinem Schwimmreifen kann man sich ja schon richtig festhalten. Du solltest dir mal ein Beispiel an deinem Arbeitskollegen nehmen, der hat noch immer eine Figur wie vor zehn Jahren.« Die Irritation meines Mannes wird größer und er fragt: »Na, schlecht geschlafen? Deine zynischen Bemerkungen kannst du dir sparen.« Nach einem schnellen Espresso flieht Richard kommentarlos ins Büro.
Auf dem Weg zur Arbeit ruft mich meine von sich selbst überzeugte Freundin an, die wieder einmal nur von sich spricht und von ihren Männern, die sie angeblich alle unendlich vergöttern. Als sie Atem holt, nutze ich die Chance und sage: »Du glaubst wohl, du bist der Nabel der Welt und unwiderstehlich. Ich finde dich ehrlich gesagt durchschnittlich und außerdem sind deine Zähne zu gelb. Es geht immer nur um dich und deine Besonderheiten. Deine Männergeschichten hängen mir zum Hals raus. Ich glaube, dass du in Wirklichkeit eine ziemlich verkorkste Persönlichkeit bist. Nicht von ungefähr hält es kein Mann mit dir länger als ein paar Monate aus. Du interessierst dich doch wirklich gar nicht für andere. Deine Egozentrik habe ich satt. Jedes Mal, wenn ich deine Nummer sehe, überlege ich mir dreimal, ob ich mir das antue.« Wortlos legt meine Freundin auf.
Welche Folgen hätte es, wenn wir alle ungebremst alles sagen würden, was wir denken? Und wie würden wir uns fühlen?
Im Büro begrüßt mich schon von Weitem ein sehr netter Kollege mit: »Hallo. Na, wie geht’s?« Und es sprudelt aus meinem Mund: »Ich bin genervt, meine Freundin hat mich vollgelabert und ich muss gleich mit einem Kunden verhandeln, den ich nicht leiden kann. Danach muss ich den hirnlosen Report beim Chef vorlegen. Am späten Nachmittag muss ich noch zu einem Lehrergespräch und ich bekomme Blähungen.«
Ich setze mich an den Schreibtisch, sortiere die Unterlagen für das Kundengespräch, da poppt eine WhatsApp von Bekannten auf: Einladung zu einem Champagner-Brunch. Ich antworte: »Sorry, ich hab keine Lust, mit euch Schleimern zu brunchen«.
Pünktlich betrete ich in den Meetingraum und begrüße den Kunden: »Wow, Sie sehen ja viel besser aus als auf dem Foto, das ich gegoogelt habe. Und einen knackigen Po haben Sie auch. Da muss ich aufpassen, dass ich nicht auf andere Gedanken komme.« Ich präsentiere unser Produkt und zum Abschluss füge ich hinzu: »Ehrlich gesagt bin ich von diesem Produkt nicht überzeugt. Aber wir verkaufen es, da es die größten Margen bringt. Ach ja, und die genannten Servicedienstleistungen können wir auch nicht alle einhalten, da uns die Kapazitäten fehlen. Es wäre toll, wenn Sie unterzeichnen, dann bekomme ich einen netten Bonus.« Die Vertragsunterzeichnung wird auf unbestimmte Zeit verschoben.
Bevor ich den Report beim Chef vorlege, düse ich noch in die Bäckerei, um mir ein Croissant zu besorgen. Ich stehe in der Warteschlange und vor mir telefoniert ein McKinsey-Hosenscheißer lauthals über firmeninterne Beschlüsse. Ich bin gezwungen mitzuhören. Ich stupse ihn an und fordere ihn auf: »Sie glauben wohl, weil Sie Anzug und Krawatte tragen, können Sie alle anderen mit Ihren firmeninternen Geheimnissen belästigen. Sprechen Sie leiser, besser gar nicht.«
Die grimmige Bäckereiverkäuferin fragt mich: »Was darf ich Ihnen geben?« – »Ein Croissant, bitte.« Emotionslos, wie bei den vorherigen Kunden, antwortet sie: »Sehr gerne.« Ich frage sie: »Sagen Sie mal, macht Ihnen Ihre Arbeit Spaß?« – »Ja, natürlich.« Meine Antwort: »Komisch, merkt man gar nicht.«
Dem Chef lege ich den Report vor und sage gleichzeitig: »Sie gehen mir mit Ihren bürokratischen Verordnungen dermaßen auf den Senkel und übrigens wird gemunkelt, genauer gesagt, hat es mir der Abteilungsleiter erzählt, dass Sie sich mit dem Mädel am Empfang regelmäßig amüsieren. Ich finde es widerlich, wenn ein so alter Sack mit einer fast noch Jugendlichen in die Kiste steigt.« Im hohen Bogen werde ich rausgeworfen.
Am Nachmittag sage ich der Lehrerin meine Meinung: »Sie haben überhaupt kein Gefühl für Kinder und Sie sind ganz offensichtlich nicht in der Lage, eine Schulklasse zu führen, geschweige denn den Kindern etwas beizubringen. Haben Sie sich schon mal die Frage gestellt, ob es an Ihren Unterrichtsmethoden liegen könnte, dass die Mehrheit der Schüler bei den Klassenarbeiten immer so schlecht abschneidet? So einen entspannten Job wie Sie hätte ich auch gerne. Ein wenig unterrichten, viel Freizeit und noch dazu eine überzogene Bezahlung. Und übrigens finde ich Ihren Ökofimmel echt albern. Kein Wunder, dass die ganze Klasse über Sie Witze macht und Sie ›Brokkoli‹ nennt.« Oje, mein armes Kind wird in der Zukunft wohl leiden müssen.
Auf dem Weg nach Hause werfe ich noch den Brief für das Finanzamt in den Briefkasten, dem ich eine Notiz beigelegt habe: »Sie sind faule Säcke. Zur Info: Ich habe die Steuererklärung geschönt.«
Dann läuft mir die Nachbarin über den Weg und noch bevor sie ein Wort sagen kann, bekommt sie zu hören: »Bitte sprechen Sie mich nicht an. Ich möchte keinen belanglosen Smalltalk und mir Ihre Geschichten aus der Nachbarschaft anhören.« Eingeschnappt dreht sie sich um und geht ihres Weges.
Zu Hause empfängt mich mein Mann mit einem Strauß Blumen und nimmt mich in den Arm. Meine Reaktion: »Blumen?! Hast du ein schlechtes Gewissen? Sag mal, warum musst du eigentlich in letzter Zeit oft so lange arbeiten? Hast du eine Affäre? Irgendwie würde ich es verstehen. Unser Leben ist ja nur noch auf die Kinder ausgerichtet. Und du trägst gar nichts zum Familienleben bei. Die Arbeit ist dir immer wichtiger. Du hältst meine Anwesenheit halt für selbstverständlich. Ich bin in dieser Familie Köchin, Putzfrau, Erzieherin, Dienerin … Ich fühle mich in unserer Ehe schon lange nicht mehr wohl. Wir sollten uns scheiden lassen.« Der Abend endet im Desaster.
Dieses hypothetische Szenario ließe sich endlos fortsetzen, aber schauen wir doch einmal, was schon nach einem Tag schonungsloser Ehrlichkeit die Konsequenzen wären:
Fazit: Eine Welt komplett ohne Lügen und Flunkern können sich nur naive Geister und Realitätsverweigerer wünschen, denn die Erde wäre wohl ein soziales Schlachtfeld, hätten wir nicht die Fähigkeit zu lügen.
Ohne die Lüge wäre der soziale Umgang unerträglich. Natürlich sollten Beziehungen nicht auf ausdrücklichen Lügen, also Falschdarstellungen, aufgebaut sein. Der Schuss würde früher oder später nach hinten losgehen. Die Nuancen entscheiden.
Die Lüge ist ein sehr breites Wort. Es gibt eine Menge an Modifikationen der Lüge, die förderlich für das menschliche Miteinander sind. Denken Sie an ein charmantes Flunkern, Höflichkeit, einen taktvollen Umgang oder den Verzicht auf die ganze Wahrheit, wenn sie nicht wirklich relevant, aber verletzend ist. Wir können hier auch von der Kunst der Diplomatie sprechen. Solche wohlwollenden Lügen schaffen Vertrauen, stärken Beziehungen und erzeugen Respekt. Doch schön der Reihe nach: Was ist nun eine Lüge? Welche Arten der Lüge gibt es und warum lügen wir Menschen? All das und mehr erfahren Sie auf den kommenden Seiten.
»Die ganze Welt ist Bühne und alle Frauen und Männer bloße Spieler, sie treten auf und gehen wieder ab.«
WILLIAM SHAKESPEARE,
Auszug aus: Wie es euch gefällt (As You Like It)
Haben Sie sich in dem einen oder anderen Beispiel wiedererkannt? Haben Sie das Lügen mal aus einer anderen Perspektive betrachtet? Ist Lügen wirklich immer böse?
Denken Sie an die zehn Gebote, explizit an das achte: »Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.« Früh maßregeln Eltern ihre Kinder: »Du darfst nicht lügen.« Das prägt sich ein. Wer einen Menschen bewusst belügt, »versündigt« sich gegen die Wahrheit und raubt, davon sind viele überzeugt, seinem Mitmenschen die Würde. Lügen ist also offenbar immer noch eine Sünde. In Epheser 4, Vers 25 steht geschrieben: »Darum legt die Lüge ab und redet die Wahrheit, ein jeder mit seinem Nächsten, weil wir untereinander Glieder sind.« Doch im selben Atemzug steht in Vers 29: »Über eure Lippen komme kein böses Wort, sondern nur ein gutes, das den, der es braucht, auferbaut, und denen, die es hören, Nutzen bringt!«
Differenzieren wir das mal: Wir sollten andere nicht grundlos beschuldigen, ihnen Schaden zufügen oder gegen das Recht arbeiten. Doch selbst in der Bibel, in dem oben zitierten Vers 29, steht ja ebenfalls: Soziale Lügen sind erlaubt, denn sie sind der Kitt der Gesellschaft.
Es geht nicht ohne die Wahrheit, aber auch nicht immer ohne die Lüge. Das Leben ist ein Balanceakt zwischen beiden.
Das Interessante jedoch ist: Spricht man mit Menschen, dann sehnen sie sich stets nach der Wahrheit und sind gegen die Lüge. Oder haben Sie schon einmal jemanden getroffen, der anderes behauptet hätte? Dabei laufen die Lügen bei fast jedem von uns im Alltag mit, ob mehr oder weniger bewusst.
Viele Menschen bestehen darauf, ihre Wahrheit nach außen tragen zu dürfen, und sie fordern sie auch von anderen ein. Doch beides hat seinen Preis. Denn etablierte Lügen wie Komplimente, Höflichkeitsfloskeln, gesellschaftliche Rollenspiele, zurückgehaltene Emotionen oder Hierarchietoleranz gewährleisten den Zusammenhalt einer Gesellschaft. Ohne all das scheitern Ehen, zerbrechen Familien und Freundschaften, gehen Geschäftsbeziehungen in die Brüche, misstrauen Mitarbeiter. Das Paradox: Die so gelobte Wahrheit baut häufig keine Nähe auf, sondern erzeugt Distanz. Sie isoliert und macht uns mitunter recht einsam.
Sie sehen: Die Lüge ist eine Art gesellschaftliches Bindemittel. Doch gilt das für alle Lügen? Welche Arten von Lügen gibt es überhaupt? Und was hat jemand, der lügt, für Motive? Welche Lüge ist tolerierbar und welche nicht? Wann sollten Lügen aufgedeckt werden? Tauchen wir ein in die Welt der guten und der bösen Lügen.
Die Wahrheit gibt es nicht. Der Philosoph Friedrich Nietzsche sagte schon, dass Wahrheiten Illusionen sind. Erinnerungen sind immer subjektiv und Worte haben für jeden eine andere Bedeutung. Somit ist Wahrheit auch immer ein Stück Lüge, Wirklichkeit immer auch Trug.
»Alles, was du sagst, sollte wahr sein. Aber nicht alles, was wahr ist, solltest du auch sagen.«
VOLTAIRE
Ehrlich währt am längsten und Lügen haben kurze Beine. Oder gilt das nicht mehr? Seien wir aufrichtig, heutzutage vermuten wir, dass wir hinter jeder Ecke belogen und betrogen werden. Die Wirtschaft macht es vor: Produkte werden angepriesen, die nicht halten, was sie versprechen. Die angekündigten kurzen Schlussverkäufe dauern dann doch das ganze Jahr. Versicherungen wollen im Schadensfall plötzlich nicht zahlen. Politiker machen Wahlversprechen, die sie später nicht einlösen. Konzerne reden großartig über Nachhaltigkeit, verpesten aber weiterhin schamlos die Umwelt. Im Angesicht all dessen würde es Immanuel Kant schaudern. Der Philosoph war ein rigoroser Gegner der Lüge: »Die Lüge ist […] Vernichtung seiner Menschenwürde. Ein Mensch, der selbst nicht glaubt, was er einem anderen […] sagt, hat einen noch geringeren Wert, als wenn er bloß Sache wäre.«1 Berühmt ist auch Kants radikales Beispiel zu diesem Thema: Stellen Sie sich vor, Sie würden Ihren unschuldigen Freund bei sich verstecken. Sie dürften den Gerichtsvollzieher an der Tür nicht belügen, wenn dieser nach dem Aufenthaltsort Ihres Freundes fragen würde, auch wenn Sie wüssten, dass dieser dann unschuldig umgebracht würde. Könnten Sie das? Sie wären in einem Dilemma, doch die meisten Menschen würden sich höchstwahrscheinlich für die Lüge entscheiden. Trotzdem hat die Lüge bis heute ein negatives Image. Vielleicht sollten wir versuchen, Unwahrheiten besser zu verstehen.
Bis heute gibt es keine eindeutige Definition für eine Lüge oder Täuschung. Der Psychologe Marc-André Reinhard hat in seiner Dissertation mit dem Titel »Prozess der Glaubwürdigkeitsbeurteilung« dargestellt, wie individuell Lügen aufgefasst werden: Eine Lüge kann eine objektive Unwahrheit sein; für manche wird eine unwahre Aussage erst zur Lüge, wenn der Lügner mit Wissen und Absicht handelt, für andere beginnt die Lüge schon, wenn jemand schlechte Absichten hegt. Täuschungen können verbal, nonverbal und durch Schweigen stattfinden. Lügen ist eine verbale Täuschung.2 Der Einfachheit halber wird in diesem Buch nicht zwischen diesen Termini differenziert.
Der US-amerikanische Anthropologe und Psychologe Paul Ekman, auch ein anerkannter Emotionsexperte, definiert Lügen folgendermaßen: »Eine Lüge hat zum Ziel, einen anderen in die Irre zu führen, ohne vorherige Ankündigung dieses Zieles und ohne vom Belogenen explizit dazu aufgefordert worden zu sein.«3 Laut Ekman lügt eine Person, wenn sie
die Intention hat, eine falsche Information zu geben,die Wahl hat, zu lügen oder die Wahrheit zu sagenund den Unterschied zwischen Lüge und Wahrheit kennt.Jedoch ist eine falsche Aussage oder eine Täuschung noch nicht zwingend eine Lüge. Es kann auch nur Unwissenheit sein. Wer lügt, weiß dagegen genau, was er tut. Bill Clinton hat wissentlich in der Causa Monica Lewinsky gelogen, um sich selbst zu schützen. Karl-Theodor zu Guttenberg hat bewusst bezüglich seiner Dissertation gelogen und wurde dementsprechend sanktioniert. Beides waren ganz klar schwerwiegende Lügen beziehungsweise Täuschungen. Doch was ist mit den kleinen Unaufrichtigkeiten, zum Beispiel Beschönigungen wie »Das Kleid steht dir richtig gut!«, »Du siehst super aus!«, »Mmh, Oma, der fette Schweinebraten ist wieder hervorragend«? Solche Lügen wollen niemandem schaden, sondern genau das Gegenteil erreichen.
Auch das absichtliche Verfälschen von Informationen ist eine Lüge. Angenommen, Ihre Freundin hat einen Urlaub in einem 3-Sterne-Hotel gewonnen, erzählt aber allen, dass sie einige Tage in einem 5-Sterne-Luxushotel verwöhnt werden wird. Sie verfälscht die Information also bewusst.
Aber auch das Weglassen von Informationen kann betrügerisch sein: Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Affäre. Ihr Partner spricht Sie nicht darauf an und Sie erwähnen auch von sich aus nichts. Auch das wäre eine Lüge.
Im angloamerikanischen Raum unterscheidet man zwischen »White Lies« und »Black Lies«. Sehr treffend. Weiß ist die Farbe der Unschuld, Reinheit, Erleuchtung. Schwarz verbinden viele Menschen mit Unglück, Verbotenem und Unrecht. Erstere Lügen sind nicht schädlich, moralisch vertretbar und folgen positiven Beweggründen. Es sind gut gemeinte Lügen. Sie sind sozial akzeptiert und werden daher auch prosoziale Lügen genannt oder auch erwünschte Lügen. So gesehen ist die Fähigkeit zu lügen auch eine Sozialkompetenz. Sie schützt uns davor, andere unnötig zu verletzen. Prosoziale Lügen kommen zum Einsatz, wenn wir anderen ein gutes Gefühl geben möchten und wissen, dass es uns auch selbst nutzt. Mittels subjektiver Kosten-Nutzen-Berechnungen überlegt sich jeder blitzschnell, ob sich eine prosoziale Lüge rentiert oder nicht. Je größer die Erwartung bezüglich des eigenen Nutzens der Lüge ist und je geringer ihre Kosten sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie erfolgt. Wir schmeicheln Vorgesetzten, da wir insgeheim hoffen, dass sie uns bei der nächsten Gehaltserhöhung berücksichtigen. Teenies loben den trockenen Kuchen der Tante, da sie auf eine kleine Taschengeldaufbesserung aus sind. Wir loben das Aussehen unserer Freundin, obwohl sie ausgemergelt und fahl wirkt, weil wir ihr ein gutes Gefühl geben wollen. Wir loben das Essen unseres Mannes, obwohl wir uns insgeheim denken: »Uah, versalzener geht es kaum noch.« Wir wollen aber seinen Aufwand wertschätzen. Diese Art der prosozialen Lügen wird von der Bevölkerung als moralisch vertretbar, ja als willkommen angesehen.
Prosoziale Lügen sind der unausgesprochene Code für ein respektvolles Miteinander. Mit diesen Lügen bewirkt man häufig Gutes.
Auch in Unternehmen wird jede Menge gelogen. Wir loben den Kollegen für seine Präsentation, die in Wirklichkeit eine Folienschlacht war; wir rühmen den Chef für seine Strategie, obwohl er die Idee geklaut hat; wir belügen die Kollegin, den Rangniedrigeren, den Azubi, Kunden, Lieferanten – und warum? Weil wir dadurch die Basis für ein respektvolles und harmonisches Miteinander schaffen. »White Lies« fallen sozusagen in die Kategorie Flunkern oder Schwindeln. Wir lügen für einen guten Zweck und mit besten Absichten.
Und dennoch kann eine prosoziale Lüge auch Negatives bewirken: Wenn ein Ehemann die Trennung von seiner Frau hinauszögert, weil er das gemeinsame Kind vor den bevorstehenden Abschlussprüfungen nicht belasten will. Stattdessen macht er gemeinsam mit seiner Noch-Frau weiterhin neue Anschaffungen fürs Haus, bucht Urlaube und erwidert jedes »Ich liebe dich« mit einem »Ich dich auch«. Wäre es da nicht besser, auf solch eine Lüge zu verzichten und Frau und Kind nicht in einer Scheinwelt zu lassen, die irgendwann ohnehin zerstört wird?
Das Gegenteil der weißen Lügen sind die sogenannten »Black Lies«, die antisozialen Lügen, die allgemein als moralisch inakzeptabel angesehen werden. Es sind egoistische, betrügerische Lügen. Es wird bewusst getäuscht, meist mit einer bösen Absicht. Diese bösen Lügen sind solche, mit denen man seinem Gegenüber oder einer Drittperson schaden will. Das kann eine bewusste Täuschung sein oder das absichtliche Verschweigen wichtiger Informationen. Ob eine Lüge gut oder schlecht ist, hängt von der Motivation ab. Denken Sie nur an Heiratsschwindler. Bis zur Hochzeit spielen sie den perfekten Partner, nach der Eheschließung jedoch zeigen sie ihr wahres Gesicht und nutzen die Situation schamlos aus.