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Das Leben beginnt! Billie Ball hat gerade Abi gemacht, da schenkt Oma Elfi ihr eine schicke Altbauwohnung samt Einrichtung. Doch die ist viel zu teuer für die praktikumsgeplagte Drehbuchautorin in spe. Da Billie Single ist und auch der attraktive Nachbar von obendrüber nicht als Mitbewohner in Frage kommt, ruft sie zum WG-Casting auf. Ehe Billie sich versieht, bevölkern Ex-Mitschülerin Sarah, Schauspielerin Ki-Lu und ein Chamäleon namens Esmeralda ihre Wohnung. Alles läuft gut bis der gutaussehende Valentin vor der Tür steht und Sarah eine legendäre Party feiert. Da weiß nicht mal mehr der alte WG-Kühlschrank Rat.
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Seitenzahl: 337
Veröffentlichungsjahr: 2016
Nora Miedler
Kühlschrank- Chroniken
Ein WG-Roman
Mit Illustrationen von Petra Hämmerleinova
Weitere Bücher von Nora Miedler im Arena Verlag: Lügenprinzessin Funkentanz
Nora Miedler,geboren 1977, studierte Schauspiel am Konservatorium Wien und war auf zahlreichen Bühnen in Österreich und der Schweiz zu sehen. Ihr Krimidebüt Warten auf Poirot wurde für den Leo-Perutz-Preis der Stadt Wien nominiert. Als Autorin hat Nora Miedler seither mit großem Erfolg Frauenromane und Jugendthriller veröffentlicht.
Petra Hämmerleinova wurde 1972 in Prag geboren. Nach Abschluss ihres Studiums an der Deutschen Meisterschule für Mode in München entwarf sie lange Zeit Schuhe. Seit einigen Jahren arbeitet Petra Hämmerleinova freiberuflich als Illustratorin. Sie lebt mit
Für meinen Vater, dem ich die Begeisterung fürBücher und den Mut zur Phantasie zu verdanken habeund für meinen Mann, dessen uneingeschränkte Unterstützungmir ermöglicht, meinen Traum vom Schreibenauszuleben. Schatz, ich wäre heute nirgends –ohne dich.
1. Auflage 2016 © 2016 Arena Verlag GmbH, Würzburg Alle Rechte vorbehalten Covergestaltung und Innenillustration: Petra Hämmerleinova ISBN 978-3-401-80535-1
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Willkommen in meiner
WG
1. KAPITEL
in dem eine Wohnung ihre Besitzerin wechselt, ein neuer Nachbar auftaucht und ein paar kleine Notlügen erzählt werden
Essiggurken!! Kakao!! Erdnussflips! Eis!!!!!! Spaghetti Tomatensauce Schoki!!! Video für Maike drehen!!! Job suchen!!!!!
Ich trat einen Schritt zurück und betrachtete mein Werk. Bisschen viele Ausrufungszeichen, aber ansonsten schon ganz gut. Meine erste Einkaufs- und Erinnerungs-Liste. Seit Ewigkeiten hatte ich mir eine riesige Tafel gewünscht, auf der ich alle meine Gedanken festhalten konnte. Irgendwie fand ich das lässig. Und jetzt war es so weit! Keine fünf Minuten nachdem ich meine eigene Wohnung bezogen hatte, verwandelte ich eine ungeflieste Wand in der Küche kurzerhand in eine riesige Tafel. Ich verkniff mir, die Liste zusätzlich mit Smileys zu verzieren, denn eigentlich hatte ich gerade gar keine Zeit für Deko. Nur Eistee!! schrieb ich dazu. Vier Stockwerke unter mir, im Hauseingang, warteten noch mindestens zehn Umzugskartons auf mich.
Mittlerweile bereute ich zutiefst, dass ich meine Eltern weggeschickt und behauptet hatte, gleich kämen ein paar Freundinnen, um mit anzupacken.
Während mein Vater sich über die Stirn gewischt und erleichtert genickt hatte, war meine Mutter sofort misstrauisch geworden: »Welche denn? Maike ist doch auf Weltreise.«
Hallooo? Dachte die etwa, ich hätte nur eine Freundin?
Um meine Mutter zu beruhigen, hatte ich ein paar Mädchen aus meiner frischgebackenen Exschule aufgezählt.
In Wahrheit brauchte ich dringend eine Pause von meinen Eltern. Außerdem hatte ich keinen Bock, ihnen zu demonstrieren, dass ich die Liftpanik, die mich seit einem halben Jahr begleitete, noch immer nicht überwunden hatte. Sie waren ja auch so schon ständig besorgt um mich. Wie oft hatte ich in den letzten Wochen und Tagen gehört: »Mit siebzehn bist du noch nicht erwachsen.« Dass sie mir erlaubten, »mutterseelenallein« in Oma Elfis alte Wohnung einzuziehen, betrachteten die beiden als nahezu »übermenschlichen Vertrauensbeweis«.
Jaja. Blabla, blabli, blablo. Jetzt waren sie jedenfalls weg und ich alleine in meiner Wohnung.
Mein Shirt klebte an meinem verschwitzten Rücken, als ich die letzten Kisten in die Wohnung beförderte und ächzend die Tür schloss. Mit einem Fußtritt, der Oma Elfi in der Seele wehtun würde (Jessas na, die schöne Eichentür!). Aber wenn man fünfmal hintereinander – und mit schwerem Gepäck beladen – vier Altbau-Stockwerke raufgelaufen ist, kann man sich glücklich schätzen, überhaupt noch den Fuß heben zu können.
Memo an mich:
Es wird Zeit, endlich die blöde Liftpanik zu überwinden!
Ich ließ die beiden Kartons, auf denen in Mamas Handschrift Bettwäsche, Handtücher, Geschirrtücher und Winterpullis, Strumpfhosen, Handschuhe, Mützen stand, vor mir auf den Boden plumpsen. Irgendetwas klirrte. »Ups!« Da war anscheinend noch was anderes drin. Wollte ich es genau wissen? Ähm … nein, zumindest momentan nicht.
Bevor ich mich dem unausweichlichen Schachtelauspacken, Kästen- und Schubladeneinräumen, Handtücheraufhängen und Bettwäscheüberziehen widmete, machte ich noch einmal einen Streifzug durch die Wohnung. Meine Wohnung. Meine erste eigene Wohnung.
Ich kannte und liebte diese Wohnung, solange ich zurückdenken konnte. Aber seit Oma Elfi mir vor acht Wochen eröffnet hatte, dass ihre riesige Wohnung ab sofort mir gehören sollte, betrachtete ich sie mit ganz anderen Augen. Und heute, da der letzte Karton mit meinem Zeug eingetroffen war und ich den ersten Tag in meinem neuen Leben verbringen würde, sah die Wohnung auf einmal ganz anders aus.
Ich betrat das erste der vier Schlafzimmer. Es lag direkt neben der Küche, hatte einen Erker und war schon immer mein Lieblingsraum gewesen. Das ehemalige Jugendzimmer meines Vaters. Hier hatte ich als Kind immer geschlafen, wenn ich bei meinen Großeltern übernachten durfte. Er war großzügig geschnitten und besaß – wie auch die vier anderen Schlafzimmer – rote Wände und einen begehbaren Kleiderschrank. Das alleine war schon Grund genug, um restlos auszuflippen vor Glück! Maike hatte schon lange einen und ich war immer neidisch gewesen. Jetzt hatte ich vier! Und ich würde sie alle nutzen.
Auf der anderen Seite der Küche lag das kleinste Zimmer, mein zukünftiger Arbeitsraum.
»Gute Idee, Billie. Und von welchem Geld kaufst du die Einrichtung?«, fragte ich mich laut. Tja, das wusste kein Mensch. »Außerdem wolltest du keine Selbstgespräche mehr führen«, ermahnte ich mich – ebenfalls laut. Ein weiteres Geschenk von Oma Elfi, die auch eine Meisterin der Selbstgespräche war.
Das dritte und das vierte Zimmer lagen einander gegenüber. Eines hatte die hübsche Aussicht auf den Innenhof – das wurde mein Gästezimmer – und das andere befand sich direkt neben dem Badezimmer – der perfekte Ort für mein privates Fitnesscenter. Wenn es erst mal eingerichtet war, würde sich bei mir sicher auch die Lust am Sport melden. Ich war da sehr zuversichtlich. Den begehbaren Schrank in diesem Zimmer würde ich in eine finnische Sauna verwandeln. (Irgendwann mal. Mit Geld.)
Ich ging in jeden Raum, betrat sogar die beiden Abstellkammern und Toiletten und begrüßte das wunderschöne Badezimmer mit Eckbadewanne samt Whirlpoolfunktion. Last but not least landete ich wieder in der Küche mit den ebenfalls roten Wänden und dem exorbitant großen Esstisch, auf dem ich in Zukunft meinen Arbeitskollegen aus der Film- und Fernsehbranche Galadiners servieren würde. Ja, dann einmal. Später dann. Irgendwann halt. Momentan reichten meine Ersparnisse nicht mal für ein neues Tischtuch. Auch für Heizung, Gas und Strom hatte ich kein Geld. Außer einer Wohnung hatte ich eigentlich gar nichts, geschweige denn einen Job in der Fernsehbranche. Geschweige denn überhaupt irgendeinen Job.
Von meinen Eltern durfte ich mir keine Finanzspritze erhoffen. Im Gegenteil. Nicht dass sie nicht in der Lage gewesen wären, mir etwas unter die Arme zu greifen. Doch sie wären sofort da und würden mich beim Rückzug ins elterliche Nest unterstützen. So wenig begeistert wie die beiden auf Omas Geschenk reagiert hatten, würden sie meine Niederlage sicher feiern. Wenn ich nur daran dachte, wie Papa sich als Reaktion auf Omas Ankündigung an einem Keks verschluckt hatte. Woraufhin Mama – sie ist Tierärztin – ihn mit dem Heimlich-Griff retten musste. Armer Papa. Ich weiß gar nicht, was schlimmer für ihn war. Dass seine Tochter das Elternhaus oder dass seine Mutter das Land, ja sogar den Kontinent verlassen hatte. Und das wegen eines Mannes. Wegen Ken! Einem australischen Geschäftsmann aus Sydney, der übrigens nicht nur hieß wie der berüchtigte Begleiter der berühmten Barbie, sondern auch wie eine grau melierte Version von diesem aussah. Ken Wilson war neunundfünfzig Jahre alt und damit vier Jahre jünger als Oma Elfi, hochgewachsen, durchtrainiert, hatte teuer gebleichte Klaviertastenzähne und eine Gesichtsbräune mit lieben Grüßen vom australischen Ozonloch. Er kam mir zwar immer ein bisschen zu glatt vor, aber vielleicht war das nur die Ken-Aura. Dennoch: Oma Elfi war überglücklich. Und darauf kam es an. Dass ihr Liebesglück für mich eine so positive Nebenwirkung hatte, dafür konnte ich ja schließlich nichts.
Meinen Eltern war jedenfalls schnell eine sichere Taktik eingefallen, um mich am Auszug zu hindern – hatten sie zumindest gedacht.
»Du darfst schon in Omas Wohnung ziehen, Billie«, hatten sie heuchlerisch beteuert. »Wenn du imstande bist, deine Lebenshaltungskosten allein zu bestreiten. Du musst Strom bezahlen, Warmwasser, eine Hausratsversicherung und dazu noch sämtliche Betriebskosten. Dass die Wohnung jetzt dein Eigentum ist und du keine Miete zahlen musst, bedeutet nicht, dass dir gar keine Kosten anfallen. Auch die Müllabfuhr will bezahlt werden.« – Blabla, blabli, blablo. Schon vor Längerem hatte ich herausgefunden, dass es nichts brachte, meine Eltern zu unterbrechen, wenn sie sich einmal in Rage geredet hatten. Also hatte ich den Vortrag abgewartet und ihnen versichert, dass ich all das bereits wusste – schließlich hatte ich in Wirtschaft aufgepasst – und trotzdem überzeugt war, Oma Elfis Geschenk anzunehmen. Ich würde es schon schaffen.
Ich goss mir ein großes Glas selbst gemachte Zitronenlimonade ein – ungezuckert und eiskalt –, hilft bei drohendem Erschöpfungstod nach häufigem Treppauf-Treppab in Affenhitze und Affentempo. Und macht angeblich sogar lustig. Genüsslich streckte ich meine müden Beine auf der Eckbank aus, trank mein Glas leer und füllte es gleich noch mal auf. Ich fühlte mich pudelwohl in meiner neuen eigenen Küche. Oma Elfi hatte mir praktisch ihre ganze Einrichtung hiergelassen. Die Möbel und Geräte in der Küche waren ein wenig älter als ich, aber für damalige Verhältnisse (Mitte der Neunzigerjahre) ultramodern, in Edelstahloptik, mit freistehender Arbeitsfläche, in die der Herd integriert war, und riesigem grünem amerikanischem Kühlschrank mit innenliegender Eiswürfelmaschine. Eine echte Rarität und vor allem für meine Oma etwas ganz Besonderes. Sie machte immer ein Riesengeschrei um ihren Kühlschrank und seine Macken. »Er brummt so laut, er brummt so durchgängig, mein Gott, er hat aufgehört zu brummen!« Sie hatte recht. Er war wirklich der lauteste Kühlschrank, den ich kannte. Doch wenn er mal leiser brummte, hörte sich das fast wie das Schnurren einer Katze an.
Als ich klein war, durfte ich bei jedem Besuch Eiswürfel machen. Ich erinnere mich noch, wie mein Opa an dem Tag, an dem ich zum ersten Mal keine Eiswürfel machen wollte, feststellte: »Jetzt ist sie groß. Jetzt wird sie uns bald nicht mehr besuchen kommen.« Er hatte nicht recht behalten. Vor drei Jahren war er viel zu früh gestorben. Bauchspeicheldrüsenkrebs. Ein abartig langes Wort. Wenigstens hatte er nicht abartig lange leiden müssen. Doch ich vermisste ihn noch immer.
Ich stützte mich mit dem Ellbogen auf dem Tisch ab. Er war aus Massivholz und gemeinsam mit der dazu passenden Eckbank und den Stühlen mit rot kariertem Stoffüberzug stand er in vollem Kontrast zum kühlen Edelstahl.
Ich hob gerade das Glas an die Lippen, da klingelte es an der Tür. »Oh Mann«, stöhnte ich und die Limonade schwappte auf mein Shirt. Sollten das meine Eltern sein, würde ich einen Anfall kriegen, ganz klar. Es wäre einfach so typisch, wenn die zwei jetzt schon wieder auf der Matte stünden. War ja auch schon wieder eine herzzerreißend einsame vor Trennungsschmerz triefende Stunde her, seit sie mich das letzte Mal gesehen hatten. Der Parkettboden bebte unter meinen Füßen, als ich auf die Tür zumarschierte, den Hörer von der Sprechanlage aus der Halterung zerrte und »Ja!« hineinbellte. Stille. Bis sich ein zartes Klopfen an der Wohnungstür meldete.
Ich riss die Tür auf, doch das nächste »Ja!« blieb mir im Hals stecken. Ich zuckte regelrecht zusammen, so sehr schockierte mich das gute Aussehen des Typen, der da vor meiner Wohnungstür stand.
Zu allem Überfluss fing ich sofort an, nervös zu kichern. »’tschuldigung, ich bin – ich war –, wer bist du?«
»Ich bin Dominic.« Er lächelte mich an und war offensichtlich nicht ansatzweise so nervös wie ich. »Ich wohne einen Stock drüber, im Dachgeschoss. Und du musst dann wohl Billie sein.«
Ich starrte ihn an. Dieser Typ war mein Nachbar? Wieso hatte ich ihn noch nie gesehen, wenn ich bei Oma Elfi zu Besuch war? Na gut, genaugenommen hatte ich kaum je einen ihrer Nachbarn gesehen. Den hier hätte ich mir jedenfalls ganz sicher gemerkt. Ich spürte, wie mein Mund trocken wurde. Was hatte er gesagt? Verdammt. Er schien auf eine Antwort zu warten.
»Ähm …«
»Du bist doch Billie, oder?« Er lächelte noch immer, auch wenn er jetzt leicht zweifelnd aussah.
»Ach so! Jaja natürlich. ’tschuldige, es ist nur … ich hab Ohrenprobleme … ähm, aber nur zurzeit, nicht generell und – und natürlich nichts Ansteckendes«, stammelte ich vor mich hin und fragte mich, was um alles in der Welt ich da tat. Verflucht noch mal, Billie, Ohrenprobleme sind echt nicht sexy!
»Oh. Eine Entzündung?«
»Ja. Was? Nein! Nein, nein, keine Entzündung.« Lass dir was Cooles einfallen, Billie! »Ich hab ’ne Rockband und –«
»Echt jetzt?«
Mein Lachen klang vielleicht eine Spur zu laut. »Klar, warum nicht? Und tja, es war so, dass unser Drummer seinen – ähm Tusch zu nah … an meinem Ohr geprobt hat.« Wie bescheuert klang das denn jetzt wieder?
Er starrte mich an. Ich wünschte, von irgendwoher würde jetzt ein Tusch (was war das überhaupt für ein dämliches Wort?) kommen und das Gespräch vergessen machen.
»Was ist denn?«, fragte ich vorsichtig.
Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Heute muss mein Glückstag sein! Ich brauch nämlich zufälligerweise grade eine Band. Für mein Studium.«
»Tatsächlich?«, murmelte ich und konzentrierte mich darauf, nicht zu entsetzt auszusehen.
»Ich studiere Komposition am Konservatorium –«
»Oh …«
»Normalerweise habe ich eher mit klassischen Orchestern zu tun, aber im nächsten Semester soll jeder von uns eine Pop- oder Rocknummer komponieren und im besten Fall natürlich mit einer Band aufnehmen. Pop ist nicht so meins, also muss es Rock sein.« Mit großer Geste und beiden Händen zeigte er auf mich. Tataaaa. Ich fühlte schon die Hitze des Scheinwerferlichts und atmete die stickige Bühnenluft ein. Von einer Sekunde auf die andere wurde mir elend heiß.
»Also, natürlich gegen Bezahlung«, schob er schnell nach. Offensichtlich interpretierte er mein Schweigen falsch.
»Ach was, das brauchst du nicht«, behauptete ich großzügig. Hilfe! Hilfe! Wo sind nur immer diese verdammten Löcher, wenn man mal eines zum Versinken braucht?
»Und ihr wohnt hier alle zusammen? Jetzt, wo deine Großmutter in Sydney lebt?«
Hä? »Hä … äh, was? Du meinst, ich und die Band?« Was hatte der denn für Ideen?
»Oh, ich dachte nur … Du lebst also allein?«
Ich nickte. »Allerdings.« Hatte er etwa auf ein paar weibliche Bandmitglieder gehofft? Ich verstand nur Bahnhof.
»Und du singst?«, erkundigte er sich weiter.
Ich winkte schnell ab. »Nein –« Doch dann fiel mir ein, dass Bassistin oder Keyboarderin zu sein, noch blöder wäre, schließlich besaß ich nicht mal eine Gitarre, geschweige denn einen Bass oder ein Keyboard. Selbst die Plastikblockflöte aus der Grundschule, auf der ich es nie über »Alle meine Entchen« hinausgebracht hatte, war verschwunden. Ich versuchte also, möglichst locker zu grinsen und vorzugeben, dass ich mich geschlagen gab. »Okay, na gut, du hast mich erwischt, ich bin die Frontfrau, ja.«
Er lachte laut. »Bist wohl ganz bescheiden, hm?«
Ja, total. Ich machte einen bescheidenen Gesichtsausdruck, was gar nicht so schwer war, weil ich mich vollständig überfahren fühlte und keine Ahnung hatte, wie ich das je wieder hinkriegen sollte. Das einzig Vernünftige wäre, jetzt gleich die Wahrheit zu sagen, ganz klar.
»Bist du den Rest des Sommers hier? Probt ihr mal alle zusammen?«
»Logo«, hörte ich mich sagen. Und: »Du kannst dann gerne dabei sein und meine Leute kennenlernen. Wäre echt lässig, wenn wir einen Song von dir spielen könnten.«
Au-au-auweia.
Memo an mich:
Singen lernen. Band gründen.
»Dominic!«, kreischte in dem Moment eine schrille Frauenstimme von oben herab. Wir zuckten beide zusammen.
»Ach verdammt, ja«, flüsterte Dominic, »ähm, du hast nicht zufällig einen Kater hier im Haus rumstreunen gesehen, oder?«
Der Themen- und Stimmungswechsel vollzog sich so schnell, dass ich kaum mitkam. Bevor ich antworten konnte, schoss bereits die Besitzerin der schrillen Stimme die Treppe herunter. »Dominic! Was stehst du hier immer noch im vierten Stock herum? Du musst alle Stockwerke abklappern, hab ich gesagt. Du weißt doch, wie Semicanus ist. Er merkt sich die richtige Tür, nicht aber das Stockwerk. Hach, alles muss man selber machen.«
»Ich gehe ja schon, Mamchen –«
»Vergiss den Keller nicht!«
»Ja, Mamchen.« Er schenkte mir einen letzten kurzen Blick, der so intensiv war, dass ich für einen Moment ganz vergaß, wie seltsam es klang, wenn ein Mann seine keifende Mutter »Mamchen« nannte. »Bis bald«, wisperte er.
»Ja«, hauchte ich und wollte mich mit einem geheimnisvollen Lächeln zurückziehen. Bis mir plötzlich einfiel, dass es sicher höflich und nachbarschaftsdienlich wäre, bei der Katersuche zu helfen. Also zog ich die Tür mit einem Ruck wieder auf, nichts ahnend, dass Mamchen soeben beschlossen hatte, ihre Verschnaufpause ausgerechnet an meine Tür gelehnt zu verrichten. Sie stolperte mir entgegen und kreischte interessanterweise gellend auf. Dabei war es ihr Absatz, der sich in meinen Fuß rammte. Scheiße, tat das weh!
»Au, wie ungeschickt! So unsagbar ungeschickt!«, zeterte sie. Ich war ganz ihrer Meinung – sie trampelte wie Godzilla alles nieder –, doch irgendetwas sagte mir, dass sich ihre Kritik an mich richtete.
»Semi, da bist du ja. Siehst du, Mamchen, alles ist gut.« Dominic angelte sich den Kater, der gerade die Treppe raufkam, seine Mutter stieß einen Freudenschrei aus und stürzte auf die beiden zu.
Mir wurde schwarz vor Augen, ich hielt die Luft an, um nicht zu schreien. Klassischer Loslassschmerz. Zu vergleichen mit dem Gefühl, wenn man nach langem Tragen einer schwere Plastiktüte, deren Henkel bereits in die Haut schneiden, endlich loslassen kann. Der Schmerz ereilte mich genau in dem Moment, als Mamchens Absatz meinen Fuß verließ. Ich quälte mir ein letztes Lächeln für Dominic auf die Lippen, bevor ich die Tür schloss, in die Küche flüchtete und dort endlich laut aufschreien konnte. Auaaaa!
2. KAPITEL
in dem eine Idee geboren wird, die alles auf den Kopf stellt, und ein Telefonat mit Folgen stattfindet
Zum zweiten Mal am heutigen Tag ließ ich mich erschöpft auf die Küchenbank fallen und trank meine Limonade aus. Unfassbar, was gerade geschehen war. Ich traf einen Jungen, der mir besser gefiel als alle, mit denen ich es bisher zu tun gehabt hatte, und er schien sich sogar für mich zu interessieren! Etwas, das sonst leider nicht so oft vorkam. Ein Junge aus meiner Klasse hatte mir einmal gesagt, dass ich cool wäre, weil ich ein Mädel war, vor dem jeder Kerl problemlos furzen oder in der Nase bohren konnte. Bei dir braucht man sich nicht verstellen, hatte er gesagt. »Und warum nicht?« – »Weil du der Kumpeltyp bist. Für Männer gibt es nichts Anstrengenderes als eine hübsche Frau.«
Wow. Unanstrengend und unhübsch. Wer wollte das nicht sein? Ob Dominic mich auch so sah? Aber warum hatte er mir dann so speziell zugelächelt? Und warum hatte er so interessiert getan? Nur wegen der Band? Deswegen brauchte er ja nicht zu schleimen, ich hatte doch ohnehin sofort zugesagt. Auch wenn allein der Gedanke an diese Zusage Schweißausbrüche bei mir auslöste.
Memo an mich:
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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