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Der Käsemacher David Asher möchte Sie dabei unterstützen, sich Ihren Käse wieder zurückzuholen. Mit "Die Kunst der natürlichen Käseherstellung" bietet Asher einen intuitiven, leicht zugänglichen und ökologisch inspirierten Zugang zur Käserei, der ganz sicher sowohl die Hobbykäser als auch die im kleinen Rahmen arbeitenden gewerblichen Käsereien begeistern wird. David ist Biobauer mit einer Ziegenherde und stellt seine Käse einerseits traditionell, zunehmend aber in einer Art natürlicher Gegenkultur her, die auf einem Fundament ökologischer Grundsätze und der Biowissenschaften ruht. Die Leser lernen die Grundelemente der Käseherstellung kennen, sowie 55 verschiedene Arten von Käse, in leicht nachzuarbeitenden Rezepten. Sie lernen, wie man: • hochwertige Milch findet, einschließlich Rohmilch; • Bakterien-Starterkulturen und Pilzreifekulturen aufbewahrt; • Lab herstellt – und guten Käse ohne Lab macht; • Käseformen gestaltet und eine Käsepresse baut; • die Anwendung unnötiger Zusatzstoffe und Chemikalien vermeidet; und • risikofrei Käse ohne Sterilisierung herstellt. "Die Kunst der natürlichen Käseherstellung" ist außerdem das erste Buch übers Käsemachen, das einen politischen Standpunkt gegen die große Milchverarbeitungsindustrie einnimmt und sowohl herkömmliche industrielle wie auch handwerkliche Käsereipraktiken kritisiert. Es ermutigt die Leser, sich einwandfreie Rohmilch zu besorgen, unterstützt die Verwendung von ethisch gewonnenem tierischen Lab, stellt sich gegen den Gebrauch von laborgezüchteten, gefriergetrockneten Kulturen und untersucht, wie GVO-Technologie sich in unseren Käse einschleicht. Dieses Buch ist ein deutlich vernehmbarer Aufruf, mehr auf nachhaltige und unabhängige Methoden zurückzugreifen. Es zielt darauf ab, dass wir unsere Sichtweisen auf die Dinge, und Käse, verändern und handeln, und es verbindet uns wieder mit dem Land, den Tieren und den Landwirten, die unser aller Nahrung produzieren.
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Seitenzahl: 488
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David AsherDie Kunst der natürlichen Käseherstellung
Deutsche Erstausgabe, 2017
Übersetzung: Christiane Köppl
Korrektur: Dorothee Kremer
Layout: Inna Kralovyetts
Umschlag: Melissa Jacobson
Fotografie: Kelly Brown
© Copyright 2017 für die deutschsprachige Asgabe bei Mobiwell Verlag, Immenstadt
Titel der Originalausgabe: „The Art of Natural Cheesemaking“© Copyright 2015 by David Asher Rotsztain
Nachdrucke oder Kopien dieses Buches, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.
ISBN: 978-3-944887-42-5
Haftungsausschluss des Verlags
Die in diesem Buch beschriebenen Methoden und Hinweise beruhen auf den Erfahrungen des Autors.
Autor und Herausgeber schließen jedwede Haftung aus, die direkt oder indirekt durch den Gebrauch der Informationen in diesem Buch entstehen könnte.
Jeder gute Käse ist wild und frei.
Vorwort
Endlich genau das Buch über Käseherstellung, das ich immer schon lesen wollte!
Käse ist ein überaus wichtiger Bereich der Fermentation und Lebensmittelkonservierung. Schnell verderbliche Milch verwandelt sich in ein Produkt, das man sogar ohne Kühlung lagern und transportieren kann. Die fantastische Vielfalt von Düften, Geschmacksrichtungen, in Beschaffenheit und Formen zeigt deutlich die Kreativität und Anpassungsfähigkeit der menschlichen Kultur. Ein ganz wichtiger Bestandteil dieser Vielfalt ist die mikrobielle Biodiversität, weil die unterschiedlichen Käsesorten von verschiedenen Arten von Organismen und Mikrobengemeinschaften abhängen wie auch von der Reifungsumgebung und der Oberflächenbehandlung.
Heutzutage beruht die Praxis der Käseherstellung wie auch die Literatur dazu auf laborgezüchteten Reinkulturen. Diese Reinkulturen stellen eine völlige Abkehr dar von der bis dahin seit langer Zeit üblichen Tradition der Käseherstellung. Früher waren die Käsesorten angewiesen auf die reichen Mikrobengemeinschaften, die der Rohmilch zu eigen sind.
Obwohl Käse an sich ein Lebensmittel von ungewöhnlicher Biodiversität ist, wird er heutzutage fast nur noch in Monokultur hergestellt. Dabei wird ausschließlich eine einzige mikrobielle Kultur (manchmal auch zwei oder drei verschiedene) verwendet anstelle der wesentlich vielfältigeren Mikrobengemeinschaften, die traditionell benutzt wurden. Das gilt nicht nur für die meisten Bauernhöfe, Kleinkäsereien oder Hobbykäser, sondern ebenso für die Großproduzenten.
„Die Kunst der natürlichen Käseherstellung“ beruft sich auf die Tradition dieser früheren Art der Käseherstellung mit einer Vielzahl an praktischen Informationen, wie man mit roher Milch umgeht, einschließlich der Arbeit mit Kefirknollen und Joghurt-Kulturen. Damit sollen unterschiedliche Mikrobengemeinschaften angeregt werden, verschiedene Arten von Käse zu produzieren. David Asher wirft eine „Herausforderung zur konventionellen Käseherstellung“ auf, wie er das ausdrückt, und bietet die wilde Fermentation als kühne Vision der Käseherstellung an, indem er ältere, auf der Biodiversität von roher Milch beruhenden Methoden überarbeitet.
„Wir sollten damit aufhören, die jeweiligen Reinkulturen von Bakterien oder Pilzen zu einem kulturellen Dogma zu erheben“, erklärt er. „Es ist der reduzierte industrielle Ansatz bei der Käseherstellung, der die angeblich wichtigen Akteure in der Käseentwicklung herauskristallisiert hat. Die kleineren Akteure hat man beiseite geräumt und vergessen. Und doch ist es die Kombination dieser wichtigen Akteure mit den unterstützenden Kleinbetrieben, die eine gesunde Käseherstellung ausmacht. Denn es ist nicht eine einzige Art, die einen Käse ausmacht, sondern eine Gemeinschaft von Mikroorganismen …“
„Die Kunst der natürlichen Käseherstellung“ beginnt mit diesem leidenschaftlichen und überzeugenden Bekenntnis. Im Weiteren widmet sich das Buch den Methoden ausreichend detailliert, um den Leser durch den ganzen Prozess zu begleiten. Ich habe mit David sowohl als Lehrer wie auch als Schüler Zeit verbracht. Seine köstlichen Käsesorten waren ein großer Genuss, und ich habe erfolgreich einige seiner Methoden ausprobiert. Seine Anleitungen sind klar und methodisch, begleitet von hervorragenden Fotografien, so dass Sie eine unglaubliche Vielfalt von Käse selbst herstellen können. Er verwendet dabei ausschließlich Mikrobengemeinschaften, die der Milch zu eigen sind, beziehungsweise Joghurt- oder Kefirkulturen. Er bietet einfache Techniken an und bevorzugt vor allem die Improvisation mit dem, was leicht verfügbar ist, gegenüber dem Kauf von Spezialzubehör.
Dieses Buch erscheint im Zusammenhang mit einem größeren Wiedererwachen der Fermentation, die einer Reihe alter Fermentationstraditionen neues Leben einhaucht und erforscht, nachdem die industrielle Produktion diesen Prozess so lange verdeckt hat. Hobbykäser und kleine lokale Unternehmen experimentieren mit traditionellen Techniken. Für jeden, der sich für die traditionelle Art des Käsemachens mit geringem Technikeinsatz interessiert, ist „Die Kunst der natürlichen Käseherstellung“ ein mächtiges Werkzeug. Willkommen zur Wiedergeburt der Fermentation!
Sandor Ellix Katz
März, 2015
Einleitung
Ich befinde mich gerade auf dieser entlegenen Insel vor der Westküste von British Columbia auf einer Autorenklausur, die ein Fremder organisiert hat. Ich bekam aus heiterem Himmel eine E-Mail von Jaylene, in der sie mich einlud, nach Lasqueti zu kommen und einer Gruppe von Leuten das Käsemachen beizubringen. Sie fragte mich, wie sie es mir schmackhaft machen könne, dass ich da rauskomme und sie mich in diese so weit abgelegene Gemeinde verpflichten könne. Ich erklärte Jaylene, dass ich ihre Insel besuchen wollte, seit ich das erste Mal von ihr gehört hatte, und dass ich schon seit Jahren auf eine Einladung gewartet hätte. Ich hätte nur einen Wunsch, setzte ich hinzu, und zwar eine ruhige Hütte, in der ich schreiben könnte …
Lasqueti ist anders. Hier haben wilde Schafe das Sagen; schwere Unwetter aus dem Pazifik brechen hier als heftige Stürme über die Ufer herein; und hier kleben Douglastannen, normalerweise majestätische Bäume mit weit verzweigten Ästen, am felsigen Boden verdreht wie Bonsais und hingeduckt an die meerseitigen Klippen. Es ist eine Außenseiter-Insel, wo die Gemeinschaft die Dinge nach ihren eigenen Vorstellungen regelt. Man zieht es dort vor, ohne Netz und ohne Fähranschluss zu leben, womit auch die Entwicklungen vermieden wurden, die die Nachbarinseln vereinnahmt haben. Hier bewirtschaften die Einwohner Gärten mit Wildpflanzen und entwickeln naturverbundene Lebensweisen – und hier ist das Selbermachen ein Lebensstil.
An Orten wie diesen schätzt man meine Lehren – denn Orte wie diese haben meine Lehre beeinflusst. Auf den Inseln an der wilden Westküste Kanadas habe ich die Landwirtschaft erlernt. Auf diesen Inseln habe ich mir selbst eine neue Art der Käseherstellung beigebracht.
Das Land, die Gemeinschaften, die Menschen dieser Inseln haben meine ideale Vorstellung von natürlicher Käseherstellung inspiriert. All meine Gedanken hätte ich nie zusammenfassen können ohne die gesunde Umgebung der Landwirtschaft, des Waldes und des Meeres, ohne die Fähigkeit zur Selbstversorgung der Gemeinden, ohne die Klugheit der Farmer und ohne den Widerstand der Leute gegen die herrschenden Zustände.
Die Natur auf diesen Inseln ist kraftvoll und lebendig. Schon am frühen Morgen macht sie sich bemerkbar mit dem Chor der Vögel. Sie zeigt sich gleich, wenn man durch die alten gestandenen Wälder geht. Und man kann die Lebendigkeit eines gesunden Bodens schmecken in dem feinen Aroma der regional angebauten Produkte.
Die Inselgemeinschaften beobachten sich und das Kommen und Gehen ihrer Umgebung viel genauer als die Gemeinschaften auf dem Festland. Hier zeigt sich deutlich, wie zerbrechlich unsere Abhängigkeit von einem überforderten Nahrungssystem ist, da fast alle Lebensmittel im Supermarkt von einem Lastwagen vom Festland gebracht werden.
Wenn man auf einer Insel lebt, motiviert einen das, sich mehr auf die Selbsterhaltung zu konzentrieren. Biogärten sind deshalb hier weitaus verbreiteter als irgendwo sonst in Nordamerika. Farmer bewirtschaften verschiedene Arten von Betrieben wie Viehzucht, Reihenkulturen und Obstplantagen. Bei der Entwicklung eines gesunden Bodens spielt der Kompost eine herausragende Rolle. Die Samengewinnung sorgt dafür, dass Nutzpflanzen sich an die örtlichen Kulturbedingungen anpassen. Permakultur-Systeme machen die Landarbeit leichter. Die Farmer hier schlachten und verarbeiten auch ihre Tiere selbst, denn nur so können die abgelegenen Farmen und Dörfer sich versorgen, obwohl die örtlichen Vorschriften das eigentlich verbieten.
Die Inselbewohner unterstützen ihre Farmer, die für sie Helden und Berühmtheiten sind, gleichrangig mit dem ambulanten medizinischen Personal und den freiwilligen Feuerwehrleuten. Die Einwohner stellen Autoritäten und die gegenwärtigen Zustände in Frage und bemühen sich, die Veränderungen zu schaffen, die sie in der Welt sehen möchten.
Menschen wie Jaylene ist es zu verdanken, dass ich mich angespornt fühle, hier mein Wissen zu vermitteln. Dank der vielen Organisationen hier, die die Unabhängigkeit in der Lebensmittelproduktion fördern und Veranstaltungsorte für meine Kurse zur Verfügung stellen, kann ich hier auch unterrichten. Und jetzt wird mit Hilfe des Verlags mein Wissen ein weit größeres Publikum erreichen, als ich es selbst wohl vermocht hätte.
Lasqueti Island, British Columbia, Canada
April, 2014
Die gesunde Umwelt der Westküste inspiriert mich zum Käsen.
Danksagung
Vielen Menschen gebührt der Dank dafür, dass „Die Kunst der natürlichen Käseherstellung“ entstehen konnte.
Ich hätte dieses Buch nie schreiben können ohne die Autoren meiner Lieblingsbücher und Webseiten über Fermentation und Käseherstellung. Sie haben mir wertvolle Informationen für meine Experimente beim Käsemachen geliefert. Danke, Ricki Carroll, Gianaclis Caldwell, Dominic Anfiteatro, David B. Fankhauser, und ganz besonders Sandor Katz, dem ich auch speziell danke, dass er das Vorwort zu diesem Buch verfasst hat. Ich möchte auch den vielen Forschern danken, die die Mikrobengemeinschaften in roher Milch, Käse und Kefir untersuchen, denn dadurch verstehe ich die Kräfte, die die vielen Verwandlungen der Milch bewirken.
Danke euch allen, Biobauern, Gärtnern und Permakultur-Gärtnern, die mich inspirieren, vor allem aber denen, die mir so viel beigebracht haben von dem, was ich praktiziere: Ron Pither of Varalaya; David Buckner, Adam Schick, Oliver Kellhammer, Liz Richardson und all die Leute bei Linnaea Farm; Don und Shanti McDougall von der Deacon Vale Farm; Walter Harvey und Lauren Sellars von Snowy Mountain Farm; Nikki Spooner; und an Alyson Chisholm dafür, dass sie mir den Weg zum Käse zeigte. Mein Dank an die Farmer des Hardscrabble Collective dafür, dass ihr es gemacht habt Christa Morin und Jeff Hochhalter, Scott Magee, und Emily Adam. Und an alle WWOOFers (Mitglieder von World Wide Opportunities on Organic Farms), die zusammen mit mir auf den Feldern geschuftet haben.
Danke an all die Milchtiere, die mir in meinem Leben so viel Freundlichkeit entgegengebracht haben: Sunday und Wilderness, Nicky und Toni, Dorothy, Harold und Maude.
Ich danke den kanadischen Milchbauern, die sich so einsetzen, um den Menschen gute Milch liefern zu können: Michael Schmidt, Alice Jongerden und die vielen anderen, denen ich großen Respekt zolle. Danke für eure beispiellose Sorge um das Wohlergehen des Landes, eurer Tiere und das Leben derer, die eure Milch trinken.
Danke an alle die Künstler unter den Käsemachern, die mich mit ihren wundervollen Käsesorten beeinflusst haben. Auch wenn ich viele gegenwärtige Praktiken der Käseherstellung in diesem Buch kritisch betrachte, achte ich eure Arbeit.
Mein Dank gilt auch den gemeinnützig arbeitenden Menschen in Landwirtschaft und Nahrungsmittelerzeugung, die die Menschen dazu bringen, ihre Beziehung zur Ernährung zu verändern – ganz besonders: Santropol Roulant, weil er meine Ernährungs- und Gemeinschaftsmoral geformt hat; der von Studenten bewirtschafteten UBC-Farm, die mir geholfen hat, meinen inneren Farmer zu entdecken; den zahlreichen weiteren Organisationen, die mir die Möglichkeit des Unterrichtens gaben; und der Slow-Food-Bewegung, die daran arbeitet, die traditionellen Speisen und Geschmacksrichtungen zu bewahren – eure Schriften motivieren mich sehr bei meiner eigenen Arbeit.
Ich danke meinen vielen Schülern in den zurückliegenden Jahren, besonderes denjenigen, die die herausfordernden Fragen stellten und mich dadurch zwangen, mein Verständnis des Käseherstellungsprozesses noch zu vertiefen. Danke für euer Interesse und dafür, dass ihr meine Techniken und Lehren getestet habt.
Mein Dank geht auch an Mark Lauckner und Leanna Boyer; Jaylene Scheible; Renata Crowe und Dean Sharr; Helen und John O’Brian; und Jagtar Sandhu (ebenso an die Wasserbüffel-Farmer im Punjab und in Haryana), für die Bereitstellung eines sicheren Raumes zum Schreiben.
Für die Fotografien im Buch, die landwirtschaftliche Erzeugnisse zeigen (fast alles im Buch Gezeigte ist lokal angebaut), für Requisiten, für Örtlichkeiten zum Fotografieren und für die Räume, in denen meine Käse reifen durften, geht mein Dank an Molly Wilson und Zack Hemstreet von der Bullock Lake Farm; Cliff Leir von Fol Epi; Melissa Searcy; Alastair Heseltine; Kate Schat; Sofya Raginsky und Colin McNair; Mark und Leanna nochmals; Jamie Ferguson; Jan Steinman; und an die Gulf Islands von British Columbia, weil sie so wunderschön sind. Und natürlich kann ich diesen Ort nur würdigen, wenn ich auch anerkenne, dass es sich um das nicht abgetretene Gebiet der Coast Salish First Nations handelt.
Kelly Brown kann ich nicht genug danken dafür, dass sie meinen Käse immer im besten Licht gezeigt hat. Ich hätte keine aufmerksamere Fotografin finden können.
Mein Dank geht auch an meinen Herausgeber Ben Watson, meine Projektmanagerin Patricia Stone und all die Leute vom Verlag, die alles zu einem Werk zusammengefügt haben. Es ist mir eine Ehre, mit einem solch erfolgreichen Verlagshaus arbeiten zu dürfen. Danke, dass ihr mich, einen unerfahrenen Autor und unbekannten Käsemacher, ausgewählt habt!
Ich danke meiner Familie für ihre Liebe und Unterstützung: Eva, die dieses Buch, zu dem sie mich so ermutigt hat, nie lesen wird; meiner Großmutter Balka, weil sie Traditionen am Leben erhalten hat; meinem Bruder Jeremy und meiner Schwester Marla, weil sie die besten Geschwister sind, die man haben kann; meinen Eltern Mira und Jack für all ihre Unterstützung, vor allem aber dafür, dass sie in unserem Garten ein kleines Stück umgegraben und mir gezeigt haben, wie man Pflanzen sät und einen Garten pflegt … und dafür, dass sie mir nicht zu sehr die Hölle heiß gemacht haben, weil ich mein Ingenieursstudium geschmissen habe, um Landwirt zu werden.
Und schließlich gilt mein Dank Kathryn – weil du so wundervoll bist und in deinem Leben Platz eingeräumt hast für meine heftig riechenden Käse … Ich liebe dich!
Einführung
Die Käseherstellung, wie sie in der westlichen Welt praktiziert wird, ist definitiv unnatürlich.
Gibt es eine Herangehensweise, die nicht abhängig ist von abgepackten mesophilen Starterkulturen, gefriergetrockneten Pilzsporen, mikrobiellen Labersatzstoffen und Kalziumchlorid? Brauchen Käsehersteller wirklich pH-Meter, Plastikkäseformen und Desinfektionslösungen? Sind die modernen Technologien der einzige Weg, um guten Käse zu erzeugen?
Was ist mit den traditionellen Methoden? Haben Käsemacher vor dem Zeitalter der Pasteurisierung Käse von beständig guter Qualität gemacht? Sind Käse missglückt, wenn sie nicht in Edelstahlbehältern mit Lactobacillus-Reinkulturen und dreifach gewaschener Oberfläche hergestellt wurden? Wo sind die Ratgeber für die traditionellen Methoden? Sind die Praktiken, mit denen unsere Vorfahren Käse gemacht haben, verloren gegangen zugunsten von Fortschritt und Kommerzialisierung?
Ich glaube, dass die Qualität und der Geschmack von Käse sich durch die Abwendung von den traditionellen Herstellungsmethoden dramatisch verschlechtert haben. Und ich bin auch überzeugt, dass die durch die Käseindustrie verbreitete Vorstellung, die traditionellen Käseherstellungsmethoden mit roher Milch und Mutterkulturen würden für bröckeligen Käse von minderer Qualität sorgen, ein Märchen ist. Denn in den traditionellen Praktiken der Käseherstellung liegt große Weisheit …
Generationen von traditionellen Käsemachern haben verschiedene Methoden zur Herstellung von Käse entwickelt, während sie sorgfältig ihrem Handwerk nachgingen. Alle Käsesorten wurden von den Käsemachern entdeckt, lange bevor ein wissenschaftliches Verständnis für die beim dem Prozess beteiligten mikrobiologischen und chemischen Kräfte entstand. Industrie und Wissenschaft nahmen den Handwerkern und Bauern vor etwa 150 Jahren die Käseproduktion aus der Hand. In dieser Zeit kamen ein paar neue Käsearten dazu. Aber während derselben Zeitperiode gingen auch Hunderte, ja vielleicht sogar Tausende einzigartiger Käsesorten verloren.
Die Standardmethoden der Käseerzeugung, die angewiesen sind auf Pasteurisierung, gefriergetrocknete Starterkulturen und synthetisches Lab, die die Ökologie des Käses beeinträchtigen, sind gleichbedeutend mit den Standardpraktiken in der industriellen Landwirtschaft, wie etwa die Ausbringung von Hybridsaatgut, Chemiedünger und Pestiziden, die die traditionelle Landwirtschaft abgelöst haben und im Widerspruch stehen zur Ökologie des Landes. Käse stammt vom Land, und er ist eines unserer Lieblingsnahrungsmittel, und doch sind seine gegenwärtigen Herstellungsmethoden umweltschädlich, von Konzernen kontrolliert und von Chemie abhängig. Wenn wir ihn essen, dann feiern wir nicht die Traditionen der Landwirtschaft, sondern die Pasteurisierung, die Edelstahl-Produktion, die Biotechnologie und die Konzernkultur. Wenn wir nur ein paar Gedanken an diese Methoden der Käseerzeugung verwenden würden, dann würden wir nichts von dem Zeug essen!
Es erscheint mir recht absurd, dass es in Nordamerika keine allgemein übliche Art der natürlichen Käseherstellung gibt. Landwirte praktizieren Öko-Landbau, Brauer stellen Biere und Weine mit ausschließlich wilden Hefen her, Bäcker verwenden ihren eigenen, immer weiter verwendeten Sauerteig als Triebmittel, und Sauerkrauthersteller fermentieren das Kraut nur mit den krauteigenen Kulturen. Nur die Käseproduzenten kleben wie hypnotisiert an Nahrungsmitteltechnologie, Pasteurisierung und gefriergetrockneten handelsüblichen Kulturen, und keiner stellt diese herkömmliche Vorgehensweise in Frage.
Andere Ratgeber zur Käseherstellung beharren darauf, dass Hobbykäsemacher das industrielle Vorgehen übernehmen einschließlich deren Werkzeuge und Zusatzstoffe. Diese Ratschläge begründen sich auf Standards, die eingesetzt wurden, um industrielle Produktionen effizienter zu gestalten und ein Massenprodukt sicherer zu machen. Doch für Käseherstellung im kleinen Umfang oder zuhause kann es auch anders funktionieren.
Ein anderer Ansatz
Seit der Herstellung meines allerersten Camemberts weiß ich, dass es einen besseren Weg geben musste als den, den die gängigen Ratgeber propagierten. Ich konnte mich nicht überwinden, ein Päckchen gefriergetrockneten Pilz zu kaufen, und meine Suche nach Alternativen zu den herkömmlicherweise verwendeten Käse-Zusatzstoffen führte zu einer Reihe von Entdeckungen – über die Ursprünge der Kulturen, über die Schönheit roher Milch und über die Natur von Käse –, die zu der Philosophie dieses Ratgebers geführt haben.
Ich gehöre nicht zu denen, die blindlings ausgetretenen Pfaden folgen, deshalb habe ich begonnen, mir traditionelle Arten der Käseherstellung zu erarbeiten. Die Methoden, die ich in diesem Buch darlege, sind das Ergebnis von zehn Jahren eigener Experimente und kreativer Erforschung von Milch: Jahrelang Versuch und Irrtum in der Küche, neue Ergebnisse, ein Schritt nach dem anderen – ein natürlicher Ansatz, alle möglichen Käsesorten zu erzeugen.
Jetzt mache ich Käse nach den Prinzipien der Ökologie, der Biodynamik und des Biolandbaus. Dazu tragen die traditionellen Methoden der Fermentation, mit denen ich alle meine anderen Lebensmittel haltbar mache, stark bei. Meine Art der Käseherstellung steht nicht im Widerspruch mit meiner einfachen und nichtkommerziellen Lebensart. Beim Käsemachen arbeite ich nun mit der Natur statt gegen sie.
Wenn ich meine Kursteilnehmer unterrichtete, konnte ich weder ein Buch, das eine natürliche Käse-Philosophie beschreibt, empfehlen noch eine einzige Webseite außer meiner eigenen. Und dieser Mangel an gedruckter und elektronischer Information hat mich schließlich veranlasst, dieses Buch zu schreiben. Nie hätte ich gedacht, dass ich einmal Schriftsteller sein würde, aber es war mir ein Anliegen, ein paar Methoden zur anderen Art von Käseherstellung zusammenzustellen. Die Zeit ist reif für ein Buch, das ein Gerüst schafft für einen praktischen, natürlichen und traditionellen Umgang mit Käse.
Die Techniken in diesem Buch funktionieren. Die Fotos von den Käsesorten, die mit diesen Techniken hergestellt wurden, sind allerdings mein einziger Beweis dafür. Ich würde meine zu gerne meine Käsespezialitäten mit Ihnen teilen, damit Sie kosten können, wie schmackhaft ein natürlich hergestellter Käse sein kann, aber leider kann ich wegen der Vorschriften über rohe Milch und Lebensmittelsicherheit meinen Käse, den ich in kleinem Stil und auf traditionelle Weise erzeugt habe, nicht verkaufen. Wenn aber diese Produktionen in kleinem und traditionellem Maßstab so begrenzt sind durch Vorschriften, die die Käseproduktion und den Zugang zu roher Milch derart einschränken, ist es wohl an der Zeit, die Rechtmäßigkeit dieser Standards zu hinterfragen.
Wir brauchen eine fundamentalere Art des Käsemachens, einen natürlicheren Umgang mit dem Medium Milch. Und überraschenderweise ist es jetzt an mir, diese Voraussetzungen zu schaffen; denn ich bin doch nur ein kleiner Bauer und bescheidener Käsemacher …
Mehr über mich
In erster Linie bin ich Biobauer. Die Art Landwirtschaft, die ich betreibe, ist mein Werkzeug für einen positiven Wandel. Sie ist meine wahre Lebensgrundlage. Aus einer stark empfundenen Umweltethik heraus habe ich mich für diese Berufung entschieden. Und meine Arbeit ernährt meine Seele und meine Gemeinschaft.
Seit nunmehr zehn Jahren arbeite ich auf kleinen Biohöfen, bringe Erzeugnisse zu den regionalen Bauernmärkten, biete ein CSA-Programm an (CSA: Community Support Agriculture) und züchte Ziegen, nicht nur weil sie den Ackerboden fruchtbar halten, sondern auch wegen ihrer wertvollen und nahrhaften Milch.
Die unverzichtbaren Beiträge von Kompostlegen, Untersaat und Viehhaltung zur Erhaltung der Fruchtbarkeit, sind die Basis meiner Bio-Philosophie. Fruchtwechsel und Rotationsweiden machen Felder und Vieh glücklich. Und Hügelkultur (Hügelbeete aus Lagen von Erde, organischem Material und Holzabfällen), mobile Hühnerställe und standortübergreifende Anpflanzungen machen die Farm zu einem sehr produktiven Betrieb.
Ein großer Bereich meines Gartens dient der Bewahrung von Samen aus offen bestäubten Arten von Gemüsepflanzen, die sich ständig an die Wachstumsbedingungen der Farm anpassen. Ich vermeide Hybridsaaten, weil sie teuer sind und von Konzernen kontrolliert werden und weil sie nicht sortenrein bleiben. Außerdem lautet der Auftrag der Bio-Landwirtschaft, dass genveränderte Saaten streng verboten sind.
Bei meiner landwirtschaftlichen Arbeit bemühe ich mich um eine biologische Kreislaufwirtschaft. So ist es nur natürlich, dass ich mich beim Käsemachen ebenfalls nach einem biologischen Kreislauf richte, um einen Rundum-Biokäse zu bekommen.
Mein Fermentationismus
Meine natürliche Art der Landwirtschaft hat auch zu den Methoden geführt, wie ich die Ernte haltbar mache. Ich habe dem Einfrieren und Eindosen den Rücken gekehrt, zwei material- und energieintensiven Methoden, und bin zur natürlichen Fermentation von Obst und Gemüse übergegangen.
Jeden Herbst bereite ich aus meinen Kohlköpfen große Ladungen von Sauerkraut zu. Große Steingutgefäße quellen über vom weißen Winterkohl, fein gehackt, mit Meersalz versetzt und mit wilden Wacholderbeeren gewürzt. Leuchtend pinkfarbenes Kraut aus Rotkohl und Purpurkarotten liefern den nötigen Kontrast.
In meinem Keller stapeln sich Korbflaschen mit reifendem Apfelwein und Wildbeerenweinen. Dafür verwende ich keinerlei abgepackte Hefen zum Fermentieren – die natürliche Reifeschicht der Fruchthülle erwacht im Saft zum Leben und liefert die ganze Hefe, die der Cidre zum Reifen braucht. Die Biere, die ich braue, impfe ich mit Kulturen aus dem Cidre. Die dadurch entstehende natürliche Fermentation verleiht dem Bier eine wunderbare Fruchtigkeit, und die Aromen und Säuren erinnern an belgisches Lambic-Bier.
Das Brot, auf dem ich meine selbstgemachte Butter verstreiche, ist fermentiert mit einem Sauerteig-Starter, den ich aus dem Mehl habe gehen lassen. Wenn der Sauerteig regelmäßig mit Vollkornmehl gefüttert wird, bleibt er gesund und lebendig. Diese Brote, die mit verschiedenen Kulturen fermentiert wurden, sind lecker und nahrhaft in einer Weise, wie es kommerziell mit abgepackten Saccharomyces-Hefekulturen produziertes Brot nie schafft.
Und bei meinem Käse achte ich ebenso auf natürliche Herstellung wie bei meinem Brot, meinem Cidre und meinem Sauerkraut.
So mache ich Käse
Zum Konservieren meiner Milch werfe ich ein paar Kefirknollen hinein. Diese kleinen Wesen fermentieren die Milch und verpassen ihr eine komplexe Gemeinschaft nützlicher Mikroorganismen, wodurch sich die Milch in dicken, köstlichen Kefir verwandelt. Sobald die Milch eingedickt ist, gibt man die Kefirknollen in ein neues Steingutgefäß mit Milch und setzt neuen Kefir an. Kefirknollen zu bewahren ist ganz simpel, indem man sie täglich mit Milch füttert. Das regelmäßige Füttern macht die Knollen glücklich und gesund und widerstandsfähig gegen Bakterien und Pilze.
Kefir ist eine wichtige Idee für meine Käseerzeugung und die Quelle meiner Käsekulturen. Kefirknollen, die die Kefirkulturen erhalten, sind eine stabile Ansammlung von milchfreundlichen Bakterien, Hefen und Pilzen, die über Jahrtausende von einer Generation an die nächste weitergegeben wurden.
Das Profil der Kulturen in den Kefirknollen ist erstaunlich ähnlich demjenigen von roher Milch und hat sich vermutlich auch daraus entwickelt. Der Gebrauch von Kefir als Starterkultur beim Käsemachen ist ähnlich dem Beimpfen mit einer gesunden und lebendigen Rohmilchkultur im Käse.
Die einfache Schönheit von Kefirkulturen hat mich dazu gebracht, Methoden zu entwickeln, um auch andere Kulturen für die Käseherstellung nutzbar zu erhalten. Beim Studium traditioneller Praktiken der Käseerzeugung habe ich Möglichkeiten entdeckt, wie man den Blaukäseschimmel Penicillium roqueforti auf Sauerteigbrot erhalten kann. Traditionelle Streichkäse werfen ein Licht darauf, wie man Brevibacterium linens von einem reifen Käse auf den anderen übertragen kann. Und als ich meinen Kefir einmal ein paar Wochen auf dem Küchentresen vergaß, wuchs eine hübsche Decke aus weißem Pilz darauf. Dadurch erkannte ich, dass Kefirknollen eine hervorragende Quelle sind für den Geotrichum-candidum-Pilz, mit dem man Camembert und andere Käse mit rosa ausblühenden Rinden reifen lässt.
Bei mir zuhause stelle ich eine Vielzahl von Käsesorten auf natürliche Weise her. Ich bereite regelmäßig Frischkäse wie Chèvre und Mozzarella zu, ohne auch nur eine einzige Zutat im Käserei-Zubehörladen zu kaufen. Meine Käsehöhle ist je nach Jahreszeit gefüllt mit reifendem Blauschimmelkäse, Schmierrindenkäse, Weißschimmelkäse, Cheddar, Gouda, Tomme – alle natürlich erzeugt aus guter Rohmilch und den Kulturen, die ich erhalte. Daneben sind alle diese Kulturen die Bakterien- und Pilz-Gegenkultur, die meinen Käse erst entstehen lassen.
Ich behaupte nicht, ein professioneller Käseerzeuger zu sein. Ich produziere Käse auch nicht zum Gelderwerb – in der Tat kann ich meinen selbstgemachten Käse nicht einmal verkaufen. Stattdessen teile ich meinen „gesetzlosen“ Käse mit Freunden und Familie und trete als Fürsprecher für die natürliche Käseerzeugung bei der Black Sheep School for Cheesemaking (Die Käsemacherschule für Schwarze Schafe) auf.
Kefirknollen unterstützen die Kultur des natürlichen Käsens.
Die Käsemacherschule für Schwarze Schafe
Die Käsemacherschule für Schwarze Schafe ist meine pädagogische Initiative. Dabei handelt es sich nicht um eine stationäre Einrichtung, sondern um eine mobile Schule, die den Käse zu Dorffarmen, zu Kooperativen und Organisationen für Nahrungsmittelsouveränität nah und fern bringt.
Die verschiedenen Organisationen, mit denen ich zusammenarbeite, bauen Schulgärten auf, rühren gesunde Essen-auf-Rädern-Mahlzeiten zusammen und spenden Boxen mit gutem Essen an einkommensschwache Familien. Sie bieten Weiterbildung für Farmer und Gärtner an, bringen Verbraucher und Erzeuger zusammen und bringen Kinder wieder den Lebensmitteln nahe, die sie ernähren. Und sie sind sehr angesehen bei den Einheimischen, weil sie innovative Beispiele rund um die Lebensmittelproduktion bieten, die ihre Gemeinden stärker machen.
Es ist mein täglich Brot, das Käsemachen zu lehren. Die Workshops ergänzen nicht nur mein mageres Farmeinkommen, sie unterstützen auch die Organisationen, die Gastgeber für meine Kurse sind. Unsere Kurse helfen, den Bildungsauftrag zu erfüllen, und die Einnahmen daraus helfen wiederum diesen Leuten, mit ihrer hervorragenden Arbeit weiterzumachen, um ein gerechteres und weniger stressanfälliges Ernährungssystem aufzubauen.
Die Black Sheep School of Cheesemaking bei einer Besprechung.
1: Bekenntnis zur natürlichen Käseherstellung
Gute Milch, Lab und Salz, Ihre fähigen Hände und eine kühle und feuchte Reifungshöhle – mehr braucht es nicht, um einen guten Käse zu machen. Ein paar zusätzliche Zutaten können das Ergebnis noch verbessern: Kastanienblätter oder sonstiges Laub, Asche, Wein und sogar verschimmeltes Brot!
Die moderne Käseproduktion Nordamerikas weist eine wesentlich längere Zutatenliste auf, einschließlich Dutzende verschiedener Stämme abgepackter mesophiler und thermophiler Starterkulturen, tiefgekühlter Pilzsporen, mikrobiell und genetisch verändertem Lab, Kalziumchlorid, chemischer Desinfektionsmittel und harter Salpeter- und Phosphorsäuren, und die wichtigste Beigabe (die eigentlich eine Antigabe ist): die Pasteurisierung. Aber keine dieser Zutaten ist für einen guten Käse notwendig.
Mit diesem Buch möchte ich ein Gerüst bieten für eine natürlichere Käserei (siehe die Zusammenfassung in Anhang C), nämlich eine, deren Zutaten einfach sind, deren Kulturen natürlicherweise aus der Milch stammen, und die in einer sauberen, aber nicht notwendigerweise sterilen Umgebung stattfindet, weil ihre Kulturen stark und verschiedenartig sind und deshalb der Käse gut gelingt.
In diesem Buch lernen Sie, aus roher Milch alle Käsesorten, nicht nur die gereiften, herzustellen. Sie bekommen Einblick in die Zubereitung und Aufbewahrung all der Reifekulturen, die ein Käse braucht, auch in die natürliche Kultivierung weißer Camembertrinde, die Züchtung von Blaukäse-Schimmel auf Sauerteigbrot und das Verwischen von Kulturen auf gewaschener Rinde von Käse zu Käse.
Das Buch zeigt Ihnen, wie Sie Ihr eigenes Lab herstellen, wie Sie Ihre eigenen Käseformen kreieren, wie Sie Ihre eigene Käsepresse bauen können und wie Sie mit Ihren Händen Käse machen. Sie werden erkennen, wie Sie unnötige Zusatzstoffe und fragwürdige Zutaten ebenso wie das Desinfizieren und Sterilisieren vermeiden können, und wie man den Kontakt mit Plastik, einer sehr unnatürlichen Beigabe, begrenzt. Das Buch stellt eine bodenständige und leicht verständliche Art der Käseerzeugung vor, die von Tradition und einer wachsenden Käse-Alternativkultur beeinflusst ist.
„Die Kunst der natürlichen Käseherstellung“ zeigt Ihnen, wie Sie sich Ihren Käse zurückholen können.
Eine Herausforderung für die konventionelle Käseerzeugung
Die hier beschriebenen Methoden fordern den Glauben an die Paradigmen der konventionellen Käseerzeugung heraus. Ein Dogma der meisten Käseproduzenten ist, dass die Kulturen für die Herstellung abgepackt sein müssen. Andere wiederum glauben, dass die Käsekulturen aus der Umgebung stammen sollen, in welcher der Käse gemacht wird – einschließlich dem Kessel und der Höhle. Aber ich glaube, dass alle Kulturen, die einen Käse erst möglich machen, schon in der Milch sind … dass die Kulturen im Kessel und in der Höhle (ja sogar die abgepackten Kulturen) alle ihren Ursprung in der Mikrobiovielfalt der Rohmilch haben. Meine praktische Käserei bestätigt mir das.
Wenn man die moderne Produktionsmethode von Camembert mit meiner traditionelleren Herstellung dieser Käsesorte vergleicht, erkennt man den Unterschied zu meiner Vorgehensweise. Heutzutage wird der Camembert hergestellt, indem man Milch mit abgepackten Pilzsporen versetzt, um die weiße Rinde zu bekommen. Allerdings kann Rohmilch mit wilden Pilzsporen kontaminiert werden, so dass aus dem Camembert ein Blauschimmelkäse wird. Also betrachtet man die Pasteurisierung der Milch vor der Käseproduktion als unerlässlich. Außerdem können alle möglichen Pilzsporen aus der Luft oder von den Werkzeugen, die den Käse kontaminieren, ihn zu einem Blauschimmel werden lassen. Also ist auch hier die keimfreie Käseherstellung berechtigt. Ein traditionell erzeugter Camembert jedoch, der aus Rohmilch angesetzt und dessen Rinde während der ersten Woche der Reifung mit Molke abgewaschen wird, bekommt eine gleichmäßige Rinde aus weißem Pilz, weil die Bedingungen während des Vorgangs das Wachstum unerwünschter Blauschimmelpilze einschränken und dafür den weißen Pilz der Milch sprießen lassen, sogar in einer nicht keimfreien Umgebung.
Wenn man erst einmal versteht, dass die Käsekulturen sich aus der Milch entwickeln, ändert das alles. Dass diese Mikroorganismen in der Milch zuhause sind und nicht durch Umwelteinflüsse dort hineingelangen, gibt Stoff zum Nachdenken. Die Idee, dass diese Kulturen die verschiedenen Reifungsprozesse nur durch die unterschiedliche Art der Milchbehandlung bestimmen, ist einerseits ziemlich alt und andererseits sehr neu. Schließlich haben Käser ihren Käse schon Jahrtausende lang so gemacht wie ich heute.
Der Untergang der amerikanischen Kultur der Käseerzeugung
In Nordamerika gibt es keine Kultur der gesunden Käseherstellung. Unsere modernen Methoden der Käseerzeugung beruhen auf Furcht: Furcht vor Rohmilch, vor fremden Bakterien und vor Pilzen. Unsere Milch wird schlecht behandelt, und man traut ihr nicht. Durch Pasteurisierung nimmt man ihr die Lebendigkeit. Dann werden Monokulturstränge von kommerziellen, im Labor gezüchteten Kulturen zugegeben, um die natürlichen Kulturen zu ersetzen in dem Versuch, den Käse kontrollierter, vorhersagbarer und möglicherweise auch sicherer zu produzieren.
Die Folge dieser überkontrollierten Vorgehensweise ist, dass der Käse in einer völlig keimfreien Umgebung erzeugt werden muss. Wenn keine entsprechenden Vorkehrungen getroffen werden, können die empfindlichen abgepackten Kulturen versagen. Sämtliche Anlagen, Werkzeuge und Oberflächen, die mit Käse in Berührung kommen, müssen deshalb desinfiziert werden, um jegliche Kontamination zu vermeiden. Käsemacher berühren den Käse, den sie machen, kaum noch. Und wenn, dann mit Handschuhen!
Dieser industrielle Standard ist die einzige Vorgehensweise, die wir kennen: eine Käseproduktion, gerichtet von oben nach unten, kontrolliert von Konzernen und Regierung. Aber nicht nur der Industriekäse wird so hergestellt; auch unsere „besten“ selbstgemachten Käse werden nach den industriellen Standards fabriziert. Sogar das Vorbild des amerikanischen Farmkäses ist zum Teil eine Illusion, denn obwohl man auf den Höfen über hervorragende Milch verfügt und man sich dort auch bemüht, Käse auf traditionelle Art herzustellen, arbeiten diese Käser nach demselben Standard mit denselben Zutaten und abgepackten Kulturen wie die großen Käseproduzenten. Wie soll ein handgefertigter Käse denn noch wirklich handgemacht und regional genannt werden mit der Verwendung von synthetischem Lab aus kolumbianischen Bioreaktoren und Bakterienkulturen, die in dänischen Labors gezüchtet wurden?
In unserer Kultur stellen wir zuhause keinen Käse mehr her, und besonders die industrielle Herstellung des Käses hat dazu geführt, dass unsere Kultur des Käsens verloren ging. Unsere Standardmethoden der Käseerzeugung können nicht in vollem Umfang umgesetzt werden, weil sie für die meisten Hobbykäsemacher zu anspruchsvoll sind. Viele Leute, die die Kunst des Käsens erlernen wollen, finden die vorgestellten Methoden zu schwierig, zu teuer und zu abschreckend. Dieser eher theoretische Ansatz der Käseerzeugung ist unnatürlich, nicht intuitiv, unattraktiv und ein Hinweis darauf, wie weit sich unser Käse von den traditionellen Praktiken entfernt hat.
Sogar die Käsekulturen selbst – die Bakterien- und Pilzkulturen, die unseren Käse entstehen lassen – geraten zunehmend unter die Kontrolle von Konzernen. Der größte Zubehörlieferant in Nordamerika und die Quelle fast aller Kulturen, die von den Käseproduzenten benutzt werden, gehört keinem anderen als dem Chemie- und Agroindustrie-Giganten DuPont.
Die Tatsache, dass all die Käsereikulturen in Nordamerika aus Päckchen kommen, ist symbolhaft für den Zustand unserer Kultur der Käserei und für unsere Kultur insgesamt. Wie in so vielen anderen Bereichen unseres westlichen Lebens nehmen wir nicht länger an unserer Kultur teil, sondern sind zu Verbrauchern reduziert worden. Wir haben die Kontrolle über die Kultur unseres Käses verloren.
Die Souveränität von Käse
Statt den angstbesetzten Käserei-Standards zu folgen, schlage ich eine Käseerzeugung vor, die sich am Leben und der Vielfalt erfreut und die durch die Natur der Milch einen guten Käse hervorbringt. Nur diese Vorgehensweise kann die Grundlage einer richtigen bäuerlichen Käseerzeugung sein, und nur darauf kann man eine gesunde Käsereikultur aufbauen.
Käse braucht keine Kontrolle durch Konzerne. Die verwirrende Auswahl an abgepackten Käsereikulturen kann der Vielfalt von nützlichen Käsereikulturen in Rohmilch oder Kefir nicht das Wasser reichen. Jeder Käse kann mit der Kultur in der Rohmilch hergestellt werden, aber Kulturenhersteller bestehen darauf, dass man Dutzende verschiedener Päckchenkulturen dazu braucht.
Jeder Käse, auch Frischkäse, kann ganz unbedenklich mit diesen Rohmilchkulturen erzeugt werden. Rohmilchkäse sind geschützt durch ihre vielen lebendigen Schichten. Die verschiedenen Bakterien- und Pilzkulturen wirken als eine Art Immunsystem, welches das Wachstum von unerwünschten Mikroorganismen verhindert. Wenn man Mikroorganismen, die aus der Rohmilch stammen, mit herkömmlichen und natürlichen Käsereimethoden züchtet, kann man den Käse mit einem Schutz versehen, der unerwünschte und vielleicht sogar pathogene Keime abwehrt – und so kann man ganz entspannt seinen Käse machen.
Wenn Essen eine politische Handlung ist, dann ist es die Käseerzeugung noch viel mehr. Aber wie kann die Käseerzeugung eine eindeutige Stellung beziehen gegen eine Konzernkultur, wenn die Konzerne selbst die Kultur kontrollieren, die unseren Käse ausmacht? Wenn wir unseren Käse selber machen, dann sind wir sicher, dass die verwendeten Zutaten und die angewandten Methoden genau unseren anspruchsvollen Normen entsprechen. Käse selbst zu machen verbindet uns mit dem Land, den Tieren und den Bauern, die uns ernähren. Außerdem kann es unsere Abhängigkeit reduzieren von einem oft ungerechten, unmenschlichen und umweltschädlichen Nahrungsmittelsystem.
Eine natürliche Käseerzeugung unterstützt nicht nur eine verantwortungsbewusstere Käserei, sondern bringt auch die Entwicklung einer natürlicheren und umweltfreundlicheren Milchwirtschaft voran. Käse ist eng verbunden mit der Milch, aus der er entsteht, und deshalb ist eine natürlichere Käserei auch abhängig von einer weniger verarbeiteten und ökologisch produzierten Milch.
Leider gibt es in fast allen Ländern, in denen dieses Buch verkauft wird, strenge rechtliche Einschränkungen im Zugang des Verbrauchers zu guter Milch, mit der man natürlichen Käse herstellen könnte. Die Regeln und Vorschriften, die den Vertrieb von Rohmilch und die kommerzielle Herstellung von Rohmilchkäse beschränken, haben ihre Berechtigung für die industrielle Produktion, weil die Risiken mit der Größe des Betriebs dramatisch steigen. Bei kleineren Betrieben sind die Risiken vernachlässigbar gering, und die Rohmilchkäserei ist daher unbedenklich. Und beim Hobbykäsen kann man die geringfügigen Risiken getrost vergessen.
Diese Käsereikultur leidet darunter, dass man nur eingeschränkt an gute Milch gelangt. Wie vielen Handwerkern und Landwirten mag wohl der Zugang zu den besten Ausgangsmaterialien für ihre Arbeit verboten sein? Wir brauchen einen erweiterten Zugang zu guter Milch, damit man leichter natürlichen Käse herstellen kann.
Käse ist ein landwirtschaftliches Produkt, deshalb gehört seine Herstellung auch dorthin. Käse ist eines unserer nahrhaftesten und leckersten Lebensmittel und ein Fest verschiedenster Kulturen und Landwirtschaften rund um die Welt. Mit einer praktischeren, bodenständigeren und demokratischeren Art der Käseerzeugung haben wir die Macht, das zu erhalten, was uns erhält. Jetzt ist es an uns, die Kultur der Käseherstellung zu bewahren.
Wie man dieses Buch benutzt
Ursprünglich war dieses Buch gedacht als Begleitmaterial für meine Kurse. Praxisbezogene Workshops sind meine Lieblingsmethode, um die Teilnehmer mit einzubeziehen. Aber ohne ein Handbuch, in dem meine Methoden beschrieben sind, geht viel Gelerntes nach dem Kursende wieder verloren.
Auch wenn es nicht dasselbe ist, wie das persönliche Erleben der Magie der Käserei, habe ich mich doch nach Kräften bemüht, die Prozesse und die Schritte der Entwicklung von der Milch bis zu den verschiedenen Käsesorten genau zu beschreiben und zu veranschaulichen. In mancher Hinsicht bietet dieses Buch allerdings mehr als meine Kurse: Ganz bestimmt ist alles, was ich mit meinen Kursteilnehmern teilen möchte, so präzise wie möglich, und keine Lektion (und kein Käse) bleibt unberührt. In diesem Buch gibt es jede Menge zu lernen, mehr als ich in jedem Kurs lehren könnte.
Dieses Buch soll ein Ratgeber sein für Neulinge in der Käserei. Aber auch Käser mit einiger Erfahrung mögen die andere Herangehensweise an ein vertrautes Vorhaben zu schätzen wissen. Auch gut eingeführte kommerzielle Käsereien können Einblicke gewinnen in die traditionellen Praktiken, die das Gesamtangebot ihres Unternehmens und die Aromen ihrer Käse noch verbessern können. Ich habe mein Bestes gegeben, um alle drei Zielgruppen zu erreichen, aber am ehesten wende ich mich an die Anfänger!
In diesem Buch stelle ich die Einzelheiten einer natürlichen Käseerzeugung dar, die sich drastisch unterscheidet vom nordamerikanischen Standardverfahren im Umgang mit diesem Medium. Wenn Sie bisher Käse gemäß den geltenden Industriestandards hergestellt haben, müssen Sie wahrscheinlich ein wenig umlernen, um einige Glaubenssätze hinsichtlich Milch und Käse abzulegen, bevor Sie den Methoden in diesem Buch vertrauen können.
Diese Methoden beruhen auf der biologischen Vielfalt der Kulturen in Rohmilch und Kefir. Diese passen sich an die unterschiedliche Beschaffenheit der jeweiligen Entwicklung eines Käses an. Diese Art der Käserei ist vereinfacht und eher intuitiv, und Sie können sicher leichter damit arbeiten als mit den herkömmlichen Standardmethoden. Wenn Sie das richtige Verständnis für die beteiligten Prozesse haben und wenn Sie nach den in diesem Buch beschriebenen Techniken arbeiten, dann können Sie sicher sein, dass die Kulturen, die Sie hegen und pflegen, diejenigen sind, die die Entwicklung Ihres Käses bestimmen.
Nach allem, was ich hier gesagt habe, ist dieses Buch aber nicht nur für Käser. Käseliebhaber können einiges lernen darüber, wie ihr Lieblingslebensmittel hergestellt wird. Und wer sich ethische Gedanken übers Essen macht, wird Erkenntnisse gewinnen durch den Schwerpunkt, den ich in dem Buch auf den sozialen und ökologischen Aufwand der Standard-Käseproduktion sowie auf die Alternativen zum Status quo gelegt habe. Vielleicht werden Sie sogar selbst dazu inspiriert, es einmal selbst mit der eigenen Käserei zu versuchen!
Die Reihenfolge der Kapitel
In diesem Buch zeige ich Ihnen traditionelle und natürliche Methoden für die Herstellung von fast 30 verschiedenen Käsesorten, außerdem für Joghurt, Kefir, Quark und Sauerrahmbutter. Meine Auswahl an Käsesorten soll eine möglichst breite Auswahl darstellen, um die verschiedenen Herstellungsprozesse zu erklären, ohne den Leser zu überwältigen. Deshalb fehlen auch viele berühmte Käsesorten, weil ihre Herstellung der anderer Sorten sehr ähnlich ist. Die ungefähr 30 Sorten, die ich beschreibe, sind in 16 Kapitel unterteilt, und in jedem wird eine andere Käseart behandelt.
Das Buch beginnt mit sechs Kapiteln, in denen die Grundprinzipien der natürlichen Käseherstellung erforscht werden. Zunächst einmal empfehle ich Ihnen, diese grundlegenden Kapitel zu lesen. Die Kapitel zwei bis sechs (Milch, Kultur, Lab, Salz und Werkzeuge) befassen sich mit all den Hintergrundinformationen, mit deren Hilfe Sie verstehen lernen, wie Milch zu Käse wird. Wenn Sie sich bereit fühlen, es mit gereiftem Käse aufzunehmen, dann lesen Sie Kapitel sieben, die Käsehöhle. Darin lernen Sie, wie Sie Ihre Käse behandeln sollten, damit sie ordentlich reifen.
Kapitel 2: Milch zeigt Ihnen, welche Milch Sie zum Käsen verwenden sollten. Aus dem Blickwinkel der Käseerzeugung erfahren Sie die Unterschiede zwischen Rohmilch und pasteurisierter Milch, und es gibt auch Ratschläge, woher Sie gute Milch beziehen können. Kapitel 3: Kultur: Die Ökologie von Käse erklärt die vielen verschiedenen Mikroorganismen, die im Käse leben, und wie Sie die natürlichen Kulturen zusammenstellen müssen, damit ein bestimmter Käse entsteht. Kapitel 4:Lab hilft Ihnen zu verstehen, wie dieses Gerinnungsenzym verwendet wird, wie viele verschiedene Arten es gibt und wie Sie Ihr eigenes Lab herstellen können. Kapitel 5:Salz liefert Ihnen das Wissen darüber, wie dieses völlig natürliche Konservierungsmittel verwendet wird, damit Ihre Käse sich voll entfalten können. Kapitel 6:Werkzeuge stellt Ihnen die geeigneten Werkzeuge fürs Käsen vor. (Tipp: Möglicherweise haben Sie schon alles zuhause, was Sie benötigen.) Schließlich bekommen Sie in Kapitel 7: Die Käsehöhle Ratschläge, wie Sie einen für die Käsereifung geeigneten Raum herrichten und Ihre Käse pflegen können, während sie reifen.
Nachdem Sie die Grundlagen gelesen haben, beginnen Sie am besten mit Frischkäse. Sammeln Sie erst einmal Erfahrungen mit ungereiftem Käse wie etwa Joghurtkäse und Chèvre, bevor Sie sich an gereiften Käse wagen. Wenn Sie dann für gereiften Käse bereit sind, versuchen Sie es mit Sorten, die rasch reifen und keine kühle und feuchte Käsehöhle brauchen wie etwa Dream Cheese (amerikanischer Hersteller von Weichkäse) in Olivenöl, Feta oder Mason Jar Marcellin (Weichkäsesorte). Alle diese Käsesorten kann man innerhalb von einigen Wochen im Kühlschrank reifen lassen. Eilen Sie aber nicht zu schnell zu den Rezepten! Lesen Sie zuvor auf jeden Fall das ganze Kapitel genau, damit Sie all die Prozesse, die an der Erzeugung einer jeden Sorte beteiligt sind, auch verstehen.
Die am leichtesten herzustellenden Käse stehen am Anfang des Buches, während die schwierigeren Sorten sich weiter hinten befinden. Die einfachsten Käsesorten – Kefir, Joghurtkäse und Chèvre – werden zuerst behandelt, während die Labkäse und die gereiften Käse später dran sind. Danach kommen die Hartkäse wie Bergkäse, Cheddar und Gouda fast am Ende des Buches. Ihre Herstellung ist komplex, sie benötigen eine größere Menge Milch und gelingen am besten den im Umgang mit kleineren Frischkäsen schon etwas Erfahreneren. Allerdings kann die Reifung der Hartkäse sogar einfacher sein als die der kleineren weicheren Labkäse wie etwa Camembert und Käse mit Schmierrinde – Sie brauchen nur einfach etwas mehr Geduld, weil sie erheblich länger zur Reifung brauchen!
Die Kapitel 12 bis 18 beschreiben die labfreien und leicht labhaltigen Käse, die unkompliziertesten Käsesorten, die auch zuhause am leichtesten herzustellen sind. Kapitel 8: Kefir wirft einen Blick auf die vielfältige Kultur in den Kefirknollen, die man als Starterkultur für die Herstellung fast aller in diesem Buch beschriebenen Käsesorten verwenden kann. Kapitel 9:Joghurtkäse stellt die einfachste Käsesorte vor, die durch das Aufhängen von Joghurt entsteht, wodurch die Molke abfließen kann. In Kapitel 10: Panir werden Hitze-Säure-Käse betrachtet. Diese bilden sich durch Erhitzung der Milch und anschließendes Zufügen von Säure, um den Käsebruch abzuscheiden. In Kapitel 11: Chèvre wird der erste Labkäse des Buches untersucht, der der Herstellung von Joghurtkäse ähnelt. Kapitel 12: Gereifte Chèvre-Käse schließlich befasst sich mit Methoden, wie man den weichen Chèvre-Käsebruch reifen lassen kann zu einem leckeren, kleinen, oberflächengereiften Käse.
Kapitel 13: Einfacher Labbruch beschreibt die grundlegende Methode für die Herstellung fast aller anderen Labkäse. Die weiteren Kapitel umfassen die Einzelheiten zu jeder Käsesorte, die aus diesen Käsebrüchen entsteht. Arbeiten Sie daran, diese Brüche sorgfältig herzustellen; damit haben Sie auch die Grundlagen verstanden, um alle anderen Labkäse aus diesem Buch zu machen.
Die Kapitel 14 bis 21 beschäftigen sich mit den verschiedenen Arten der Handhabung von Labkäsebrüchen, wie sie in Kapitel 13 hergestellt wurden. Kapitel 14: Pasta-Filata-Käse beschreibt, wie man aus Labkäsebruch Mozzarella und weitere Käse aus gezogenem Käsebruch herstellt. Kapitel 15: Feta zeigt, wie man mit Hilfe von Salzlake Labkäse haltbar machen kann. Kapitel 16: Weißrindenkäse untersucht die traditionelle Methode, wie man Weißschimmel dazu bringt, sich auf der Rinde eines Labkäses auszubreiten. Kapitel 17: Blauschimmelkäse erklärt, wie man den für die Blaufärbung von Käse verantwortlichen Blauschimmel kultiviert und stellt dann drei verschiedene Methoden für die Herstellung von Blauschimmelkäse vor. Kapitel 18: Schmierrindenkäse befasst sich mit dieser sehr streng riechenden Käsesorte, die entsteht, indem man die Käserinde während der Reifung mit Molke wäscht.
Kapitel 19: Bergkäse ergründet, wie man den Käsebruch behandeln muss, damit ein lang haltbarer Käse daraus entsteht. Kapitel 20: Gouda erläutert die Methode, Käsebruch mit heißem Wasser zu waschen, damit er fester wird. Kapitel 21: Cheddar wiederum bespricht die einzigartige Weise, wie man Käsebruch so behandelt, dass Cheddarkäse daraus wird.
Ganz zum Schluss gibt es noch zwei Kapitel, die aufzeigen, was man mit der übriggebliebenen Molke und der Sahne anstellen kann, mit denen der Käser gesegnet wird. Kapitel 22: Molkekäse wirft einen Blick auf die vielen verschiedenen Möglichkeiten, Molke zu verarbeiten, einschließlich der Herstellung von Ricotta. Kapitel 23: Kultivierte Butter erklärt ein Verfahren zum Buttern, das der Käserei erstaunlich ähnlich ist und eine überraschend aromatische Butter ergibt.
Die Rezepte nacharbeiten
Die Rezepte beziehen sich auf eine bestimmte, kleine Menge Milch. Diese kann ohne Weiteres erhöht werden, vorausgesetzt Sie verfügen über die geeigneten Werkzeuge und Ausrüstung. Reduzieren lassen sich die angegebenen Mengen allerdings schlecht. Die Temperatur in einem kleinen Topf konstant zu halten ist sehr schwierig, ebenso wie das Abmessen kleinster Mengen Lab. Außerdem ist die Arbeit dieselbe, ob Sie nun einen Liter Milch nehmen, drei Liter oder zehn Liter. Warum also nicht gleich mehr machen?
Die Rezepte sind für Qualitätsmilch gedacht – siehe Kapitel 2: Milch, die zum Käsen nicht gut geeignet ist, sei es, dass sie aus Massentierhaltung stammt, oder pasteurisiert, homogenisiert oder über eine Woche alt ist, passt schlechter als frisch gemolkene Rohmilch und kann dazu führen, dass der Käse misslingt.
Die beiden einzigen Quellen der Mikrobengemeinschaften, die eine natürliche Käseherstellung erst möglich machen, stammen aus Rohmilch und Kefir. Wenn Sie keine Möglichkeit haben, Rohmilch zu bekommen, dann fügen Sie Kefirkulturen pasteurisierter Milch zu, damit kann die Mikrobengemeinschaft wiederhergestellt werden, die durch das Pasteurisieren zerstört wurde.
Kefir wird sogar als Starterkultur für alle Käsesorten in diesem Buch empfohlen, selbst für diejenigen, die mit Rohmilch hergestellt werden. Kefir ist eine sich selbst erhaltende Vielzweckkultur und kann dadurch das natürliche Käsen einfacher und besser realisierbar machen. Ich befürworte unbedingt, dass Sie sich in Ihrer Umgebung oder online Kefirknollen besorgen, da Sie damit die Verfahren in diesem Buch leichter umsetzen können. Ganz viele Informationen über den Erhalt, das Aufbewahren und den Gebrauch der Kefirkultur gibt es in Kapitel 8.
Als Alternative zu Kefir als Starterkultur beschreibe ich in Anhang B, Molkestarter, wie man Molkestarter aufbewahrt. Diese Methode braucht aber auf jeden Fall Rohmilch.
Die Rezepte in diesem Buch sind ausgelegt für die Benutzung von Rohmilch von Weidekühen. Wenn Sie eine andere Milchart verwenden, beachten Sie bitte, dass der Käsebruch womöglich nicht ganz dem Rezept entspricht und die Zeitangaben aus dem Rezept nicht übereinstimmen.
Die Rezepte empfehlen außerdem die Anwendung von Kälberlab, das im Käsereibedarf erhältlich ist oder selbst hergestellt werden kann nach den Angaben in Kapitel 4. Ich verwende in meiner Käserei kein synthetisches oder genetisch verändertes Lab, deshalb kann ich für deren Anwendung keine Empfehlung aussprechen. Aus den wenigen Erfahrungen, die ich damit gemacht habe, kann ich sagen, dass es den entstehenden Käse verändert und es erschwert, die Rezepte nachzuarbeiten.
Ein Warnhinweis
Viele der in diesem Buch beschriebenen Methoden sind unüblich. Mehr noch, höchstwahrscheinlich sind vielerorts manche Techniken unzulässig in der kommerziellen Käseproduktion. Zum Beispiel empfehle ich den Gebrauch von Rohmilch für alle Käse in diesem Buch, einschließlich der Frischkäse. Dagegen ist in den meisten Rechtsprechungen der Verkauf von Rohmilchkäse, der weniger als 60 Tage gereift ist, illegal. Wenn Sie also Käse verkaufen wollen, den Sie nach den Methoden aus diesem Buch hergestellt haben, dann könnten Sie Ihre Produktionslizenz verlieren!
Ich weiß, dass ich in meiner Region keinen Käse verkaufen darf, den ich mit den Methoden aus diesem Buch erzeugt habe. Das kann bei Ihnen ebenso sein. Da aber die unterschiedlichen und veränderlichen regionalen Vorschriften über den Erhalt von Rohmilch und Käseherstellung sehr zahlreich sind, sollten Sie sich selbst bei Ihren örtlichen Lebensmittelbehörden nach den entsprechenden Regelungen erkundigen. Im Wesentlichen habe ich dieses Buch geschrieben, als gäbe es keine Kontrolle durch Vorschriften über die Art und Weise, wie man Käse macht … wenn es doch nur so wäre!
Ich selbst habe mich entschieden, die örtlichen Vorschriften zu ignorieren, weil ich merke, wie sie meinem Recht, Käse auf natürliche Weise herzustellen, im Weg stehen. Und ich mache meinen Käse so, wie es mir gefällt! Zum Glück gibt es für Hobbykäser keine Einschränkungen der Käsereimethoden. Sie können ungehindert Rohmilchkäse machen (solange Sie Rohmilch bekommen können). Wenn Sie jedoch als kommerzieller Käsehersteller Ihren Käse mit den hier beschriebenen Methoden herstellen wollen und feststellen, dass das nicht erlaubt ist, geben Sie die Hoffnung trotzdem nicht auf. Überlegen Sie, ob Sie sich nicht für das Recht auf eine natürliche und traditionelle Käseerzeugung einsetzen möchten.
2: Milch
Natürlich entstandene und nur minimal bearbeitete hochwertige Milch ist genau richtig zum Käsen. Käse spiegelt die Qualität der Milch wider, aus der er gemacht wurde. Hochwertige Milch verdichtet aber nicht nur ihren Geschmack zum Aroma des Käses, sondern sie hilft dem Käse auch, sich auf seine ganz eigene Art zu entwickeln.
Wenn ein Kälbchen Muttermilch trinkt, dann lassen die Enzyme und Säuren seines vierten Magens die Milch zu Käse gerinnen (Siehe Kapitel 4: Lab). Dieser halbfeste Käse kann vom Magen viel leichter aufgenommen, bewegt und verdaut werden, und so erhält das Jungtier mehr Nährstoffe aus der Milch. Die vielen Methoden der Käseherstellung ahmen diesen magischen Vorgang im Magen von Jungtieren nach. Wenn nun aber die Tiere, welche die Milch liefern, nicht genügend Nährstoffe bekommen, die sie benötigen, oder wenn ihre Milch zu stark verarbeitet wird, dann verliert die Milch ihre natürliche Fähigkeit, zu verkäsen.
Überlegungen zu guter Milch
Am besten geeignet für die Käserei ist Milch von Weidetieren, die mit Gras gefüttert werden. Egal, um welche Tierart es sich handelt, der bessere Käse entsteht aus Milch von Tieren, die mit artgerechtem Futter gut ernährt werden.
Aber nicht nur die Weidehaltung der Tiere bedeutet gute Milch, auch die möglichst geringe Verarbeitung der Milch fördert den Verkäsungsprozess. Milch von Weidetieren mit Grasfütterung, die maschinell abgemolken, pasteurisiert, homogenisiert und zwei Wochen lang gekühlt wurde, führt zu einem weniger guten Käse als dieselbe Milch, die von Hand gemolken und noch euterwarm verarbeitet wurde.
Die entscheidenden Überlegungen, woher man die Milch beziehen sollte, sind folgende:
Die Tiere sollten gesund und aus Weidehaltung sein.Die Milch sollte nicht pasteurisiert sein.Die Milch sollte auch nicht homogenisiert sein.Die Milch sollte frisch sein.Demgemäß ist die beste Milch zum Käsen frisch, unverarbeitet und vom Weidevieh. Umgekehrt kommt die schlechteste Milch fürs Käsemachen von Tieren aus Massenhaltung, ist homogenisiert und pasteurisiert und mehr als eine Woche alt. (In anderen Worten: Das ist die Milch, die Sie im Supermarkt finden!) Die natürliche Verkäsungsfähigkeit einer solchen Milch ist verloren, und damit Käse herzustellen, bedeutet ziemliche Schwierigkeiten.
Man kann schon mit stark bearbeiteter, industriell produzierter Milch arbeiten, aber dazu muss man der Milch wieder zurückgeben, was man zuvor durch Verarbeitung und Produktion entfernt hat: Man gibt Bakterien- und Pilzkulturen, Enzyme, Farbe und oft sogar noch Kalzium dazu, um aus minderwertiger Milch Käse machen zu können. Doch trotz all dieser mühsamen Maßnahmen wird aus einer so stark behandelten Milch niemals ein Käse von derselben Qualität, wie sie ein Käse aus Weidelandmilch besitzt.
Geben Sie sich nicht mit Ihrer üblichen Supermarktmilch zufrieden. Das Verständnis der Gründe für diese Überlegungen, wie man einen besseren Käse bekommen kann, hilft Ihnen, sich für die bessere Milch zu entscheiden.
Weidelandhaltung
Milch gehört zur Käserei und ergibt das beste Aroma für den Käse, wenn sie von Tieren kommt, die ihrer Natur nach ernährt werden: mit Weidefutter. Weidetiere, die von Gras und Kräutern leben, geben die hochwertige Milch für die Käseerzeugung. Die Milch von Stallvieh dagegen, das mit Getreide oder Silage gefüttert wird, ist viel weniger geeignet. Es gibt einen starken Zusammenhang zwischen dem Wohlergehen der Tiere und der natürlichen Eigenschaft der Milch, Käse zu bilden: Die beste Milch zum Käsen kommt von den Tieren, die am besten gehalten werden!
Wenn Sie Milch kaufen, auf deren Packung „mit Gras gefüttert“ oder „Weidevieh“ steht, dann können Sie ziemlich sicher darauf wetten, dass die Milch von gut ernährten Tieren kommt, deren Milch sich zu gutem Käse verarbeiten lässt. Ausgewiesene Biomilch gibt zwar auch eine gewisse Sicherheit, dass die Tiere weidegefüttert sind; allerdings sind die Mindestanforderungen für Weidelandhaltung von Milchtieren (130 Tage auf der Weide, und das Futter für die Tiere muss 30 Prozent Weidegras enthalten) nicht unbedingt ausreichend für eine bessere Milch zum Käsen, ganz besonders im Herbst, Winter und Frühjahr, wenn die Tiere oft im Stall gehalten werden.
Die Stallhaltung von Milchtieren zieht eine Kaskade von Konsequenzen nach sich. Die Milch verliert ihre besten Verkäsungseigenschaften, der ökologische Fußabdruck der Milchwirtschaft, die Gesundheit und das Wohlergehen der Tiere, und nicht zuletzt auch die Notwendigkeit, die Milch zu pasteurisieren – ein weiterer Nachteil, wenn man aus dieser Milch Käse herstellen will –, müssen hierbei berücksichtigt werden.
Der Käsebruch aus Milch von Stalltieren ist schwächer ausgeprägt als der aus Milch von Weidetieren; Milch von Kühen, die mit Heu, Silage oder Getreide gefüttert werden, fehlt es an Mineralstoffen und Vitaminen, die die Entwicklung des Bruchs beeinflussen. Käser, deren Tiere nicht auf der Weide leben, stellen fest, dass sie manche Käsesorten gar nicht herstellen können aufgrund der veränderten Zusammensetzung der Milch. Zum Beispiel braucht man für die Herstellung von Bergkäse Weidetiermilch, deren Bruch den raueren alpinen Käsereimethoden gewachsen ist.
Käse, der aus der Milch von Stalltieren hergestellt wurde, ist auch nicht so schmackhaft wie der aus Milch von Weidetieren. Tiere, die das passende artgerechte Futter bekommen, liefern Milch mit besserem Geschmack, und deshalb schmeckt auch der Käse aus dieser Milch besser. Einer der wichtigsten Gründe, weshalb Rohmilchkäse so gut schmeckt, ist der, dass die Milch dafür gewöhnlich von Weidetieren stammt.
Die Weidehaltung ermöglicht außerdem eine ökologischere Käseerzeugung. Milchtiere in Stallhaltung hinterlassen bedeutend tiefere ökologische Fußabdrücke als Weidetiere. Angefangen von der Kohlenstoffbelastung für die Futtergetreideproduktion über die Umweltbelastungen durch die entstehenden Fäkalien bis hin zum steigenden Gebrauch von genmanipuliertem Futter macht die Stallviehhaltung ökologisch keinen Sinn; Weidetiere sorgen selbst für ihr Futter, geben ihre Fäkalien wieder an den Erdboden zurück und erhalten damit den Weidekreislauf.
Zurzeit enthält das Mischfutter für die Stalltiere häufig Soja, Getreide und sicher auch Alfalfa (zusammen mit vielen zugefügten Vitaminen), was mit größter Wahrscheinlichkeit gentechnisch veränderten Ursprungs ist (es sei denn, das Futter ist zertifiziert „Gentechnik-frei“). Selbst der Rübenbrei, der im Stall gehaltenen Ziegen gefüttert wird, um ihre Ballaststoffaufnahme zu verbessern (was sie auch durch das Fressen von verholzten Pflanzenteilen erreichen können), stammt vor allem aus gentechnisch veränderten Zuckerrüben. Dadurch kann auch der Anteil an Rückständen von Herbiziden (wie etwa Glyphosat, dem Hauptbestandteil von Roundup) höher sein, was sich auf die Darmflora der Ziegen auswirken kann.
Die Gesundheit von Milchtieren in Stallhaltung ist beeinträchtigt durch zwei erhebliche Veränderungen in ihrer Haltung: ihrer Ernährung und ihrer Lebensumstände. Eine Fütterung auf Getreidebasis überfordert das Verdauungssystem der Milchtiere und macht sie damit empfänglicher für Krankheiten, und die Haltung in engen Räumen erhöht das Ansteckungsrisiko. Ein Leben auf der Weide vermindert diese beiden Risiken für die Milchviehgesundheit und verbessert die mikrobiologische Qualität der Milch.
Weidehaltung kann für die Reduzierung des Risikos beim Genuss von Rohmilch und Rohmilchkäse so wirkungsvoll sein wie Pasteurisierung. So kann die Weidehaltung den Verzehr von Rohmilch und von Rohmilchkäse sicherer machen, auch wenn die Käse noch nicht die vorgeschriebenen mindestens 60 Tage gereift sind. Rohmilch und daraus hergestellter Käse von Milchtieren aus Stallhaltung kann jedoch gefährlich sein. Nun kann zwar Pasteurisierung den Verzehr dieser Milch sicherer machen, aber die Pasteurisierung von minderwertig produzierter Milch reduziert die Verkäsungseigenschaften noch weiter!
Die hochwertigste Milch für die Käserei stammt von den am besten behandelten Tieren.
Pasteurisierung
Unter Pasteurisierung versteht man eine kurze Erhitzung, die die natürlichen Mikroorganismen in der Milch und Fremdbakterien, die ihren Weg in die Milch durch deren Verarbeitung finden, sowie alle möglichen sonstigen Krankheitskeime unschädlich macht. Pasteurisierung mag zwar fragwürdige Rohmilch trinkbar machen und die Haltbarkeit der Milch im Regal verlängern, jedoch ergibt sie keine bessere Milch für die Käserei.
Milch kann man daheim pasteurisieren, indem man sie 30 Minuten lang unter ständigem Rühren auf 62°C erhitzt und dann rasch abkühlt. Diesen Prozess nennt man Mengenpasteurisierung. Die im Handel befindliche Milch wird normalerweise pasteurisiert durch kurzzeitiges Hocherhitzen auf 75°C für 15 Sekunden. Ultrahocherhitzte Milch (H-Milch) wird kurzzeitig unter Druck für 2 Sekunden auf 135°C erhitzt.
Je höher nun die Temperatur der Wärmebehandlung der Milch ist, desto negativer ist der Effekt auf die Verkäsungseigenschaften der Milch; mengenpasteurisierte Milch enthält noch einiges von ihrer Verkäsungsfähigkeit, während das bei H-Milch nicht mehr der Fall ist. Die meiste Supermarkt-Milch ist durch Kurzzeiterhitzung pasteurisiert, aber es findet sich immer mehr H-Milch in den Regalen. Milch, die über weite Strecken transportiert wird, muss ultrahocherhitzt werden, damit sie die längeren Transportzeiten übersteht, und viele Verbraucher bevorzugen die länger haltbare H-Milch – aber noch einmal: Die längere Haltbarkeit im Regal bedeutet gleichzeitig geringere Fähigkeit zur Verkäsung.
Thermisierte Milch, die sich in der industriell-handwerklichen Käseproduktion immer größerer Beliebtheit erfreut, wird auf 63° erhitzt, jedoch nur 15 Sekunden lang. Die kurze Erhitzungszeit vernichtet zwar den Großteil der Rohmilch-Flora zusammen mit den Krankheitskeimen, aber die nützlichen Enzyme in der Milch bleiben einwandfrei. Thermisierte Milch behält einige der wichtigsten Eigenschaften der Milch, die zum Käsen nötig sind, verliert aber gleichzeitig die vielen Vorzüge der Mikrobiovielfalt der Rohmilch. Käse aus thermisierter Milch gilt rein rechtlich zwar immer noch als Rohmilchkäse, schmeckt aber nicht mehr so gut wie Käse, der aus echter Rohmilch hergestellt wurde.
All diese Verfahren der Wärmebehandlung von Milch erschweren den Verkäsungsprozess, weil die ursprünglichen Bakterien, Pilze und Hefen in der Rohmilch, die für eine einwandfreie Entwicklung des Käses notwendig sind, durch die Pasteurisierung zerstört werden. Pasteurisierte Milch ist wie eine völlig blank polierte Oberfläche, die aufgrund des Fehlens von schützenden Mikroorganismen anfällig ist für das Wachstum unerwünschter Bakterien und Pilze. Deshalb muss man die Mikrobengemeinschaft der pasteurisierten Milch wiederaufbauen, indem man Starterkulturen, Reifebakterien und Pilze dazugibt, wenn ein Käse daraus werden soll.
Pasteurisierte Milch ergibt auch einen schwächeren Käsebruch bei der Verkäsung. Bruch aus Rohmilch entwickelt sich schneller und fester, ist widerstandsfähiger und weniger anfällig dafür, auseinanderzubrechen als Bruch aus pasteurisierter Milch. Käser geben oft Kalziumchlorid in die pasteurisierte Milch, um den Mineraliengehalt auszugleichen, der den Rohmilchbruch fest macht, der aber durch die Pasteurisierung verloren gegangen ist.
Pasteurisierung vermindert außerdem den Geschmack von Käse. Ein weiterer Grund, weshalb Rohmilchkäse bekannt ist für seine weitaus größere Vielfältigkeit gegenüber Käse aus pasteurisierter Milch, liegt in der Vielfalt der Mikroorganismen und intakten Enzyme in der Rohmilch, die zu einem viel feineren und aromatischeren Käse führt. Am Ende dieses Kapitels finden Sie eine ausführlichere Erläuterung über die Gesundheit und Ethik von Rohmilch sowie Empfehlungen, wie Sie an Rohmilch gelangen können und damit auch Käse machen können.
Obgleich man guten Käse auch aus pasteurisierter Milch von Weidekühen herstellen kann, kann es für den Käser durch die kombinierten Auswirkungen der Pasteurisierung trotzdem schwierig werden, einen guten Käse zu erzeugen, wenn die Milch homogenisiert ist.
Homogenisierung
Homogenisierung ist ein Prozess, der das Aufrahmen verhindert. Dabei wird die Milch unter Hochdruck durch ein feinmaschiges Sieb gepresst. Die durch diese Krafteinwirkung entstehenden Verwirbelungen spalten die Fettkügelchen in kleinere Partikel auf, die nicht mehr aufsteigen und sich als Rahm absetzen. Stattdessen bleiben sie homogen verteilt in der Milch.
Die Homogenisierung beeinträchtigt aber nicht nur den Rahm in der Milch, sondern auch die Verkäsungsfähigkeit der Milch. Mit Ausnahme von Panir (siehe Kapitel 10) ist es der Mühe nicht wert, aus homogenisierter Milch Käse machen zu wollen, weil dieser schädlichste aller Milchverarbeitungsprozesse die Reaktion der Milch auf Lab zur Bruchbildung verändert. Homogenisierung erbringt Käsebrüche, die schwächer und weniger standfest sind gegenüber den strengen Anforderungen des Käsens. Diese Brüche fallen auseinander, was die Bearbeitung des Käses schwierig macht, unergiebigen Ertrag bringt und ungeeignet ist für die Käseentwicklung: Homogenisierte Milch ist in ihrer Beschaffenheit so anders, dass viele Käser dieses Zeug nur zögerlich Milch nennen.
Der Grund für die Schwäche der homogenisierten Milch liegt am Milchkalzium, das wesentlich ist für die Entwicklung starker Brüche. Das Kalzium wird durch die Homogenisierung so verändert, dass dessen Bioverfügbarkeit geringer ist. (Diese Information steht allerdings nicht auf den Milchkartons der homogenisierten Milch aus dem Supermarkt.) Käsehersteller, die homogenisierte Milch verwenden, müssen Kalziumchlorid zufügen, um den Schaden wieder gut zu machen. Aber trotz dieser Mühen wird dieser Käsebruch nie mehr seine alte Festigkeit zurückbekommen.
Leider wird in nordamerikanischen Supermärkten fast nur homogenisierte Milch verkauft, die zum Käsen nicht geeignet ist. Und die „homogenisierte Milch“ ist ja nicht nur homogenisiert, sondern die Zwei-Prozent-