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Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: sehr gut, Universität Bern (Institut für Germanistik), Veranstaltung: Neuentdeckung der internationalen Moderne in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg, Sprache: Deutsch, Abstract: Federico García Lorca, geboren 1898, gilt zweifellos als einer der grossen Dichter der Moderne. Er ist der im Ausland am meisten gelesene und aufgeführte spanische Autor des 20 Jahrhunderts, war Mitbegründer der legendären „Generación de ´27“ und enger Freund von Dalí und Buñuel. Er wurde 1936 bei Ausbruch des Bürgerkrieges von Falangisten ermordet. Seine Homosexualität war ein offenes Geheimnis und machte ihn schon zu Lebzeiten zu einer Ikone der Schwulenbewegung, wurde jedoch bis in die siebziger Jahre tabuisiert und wird von seinen Erben zum Teil noch heute bestritten. Die anhaltende Popularität seiner Werke, die Diskussion um sein Leben und die Umstände seines Todes sowie die Rezeptions- und Übersetzungsgeschichte im deutschsprachigen Raum sorgen dafür, dass er nicht in Vergessenheit gerät. Das Phänomen Lorca hat bis heute nichts von seiner Faszinationskraft verloren. Lorcas Rezeptionsgeschichte in Spanien ist überschattet vom Franco-Regime, seine Bücher können zum Teil nur im spanischsprachigen Ausland veröffentlicht, die Umstände seines Todes erst nach Francos Tod geklärt werden. Die Rezeptionsgeschichte im deutschsprachigen Raum nimmt durch das Nazi- Regime einen besonderen Verlauf. Vor 1945 ist Lorca in Deutschland kaum bekannt. Mit der Neuentdeckung der Moderne nach dem Krieg kommt in den späten vierziger und den fünfziger Jahren eine regelrechte Lorca-Welle auf, die durch zwei Personen entscheidend beeinflusst wird: Enrique Beck, welcher aufgrund eines Abkommens mit den Lorca-Erben bis vor kurzem der einzige berechtigte deutsche Übersetzer war und Jean Gebser, der mit seinem vieldiskutierten Buch „Lorca und das Reich der Mütter1“ 1949 – neben einigen gelungenen Gedichtinterpretationen – vor allem absurde Spekulationen und diverse falsche Fakten über Lorcas Leben in die Welt setzt. In den fünfziger Jahren erreicht die Mythisierung Lorcas in Deutschland einen Höhepunkt. Als neoromantischer Folklorist, als in der Tradition verhafteter andalusischer Zigeuner wurde er gelesen, aufgeführt und besprochen; sein wohl wichtigstes Werk, „Poeta en Nueva York“, erschien erst 1963 in deutscher Übersetzung. [...] 1 GEBSER, JEAN, Lorca und das Reich der Mütter, Schaffhausen 1978
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1 Einleitung
Federico García Lorca, geboren 1898, gilt zweifellos als einer der grossen Dichter der Moderne. Er ist der im Ausland am meisten gelesene und aufgeführte spanische Autor des 20 Jahrhunderts, war Mitbegründer der legendären „Generación de ´27“ und enger Freund von Dalí und Buñuel. Er wurde 1936 bei Ausbruch des Bürgerkrieges von Falangisten ermordet. Seine Homosexualität war ein offenes Geheimnis und machte ihn schon zu Lebzeiten zu einer Ikone der Schwulenbewegung, wurde jedoch bis in die siebziger Jahre tabuisiert und wird von seinen Erben zum Teil noch heute bestritten. Die anhaltende Popularität seiner Werke, die Diskussion um sein Leben und die Umstände seines Todes sowie die Rezeptions - und Übersetzungsgeschichte im deutschsprachigen Raum sorgen dafür, dass er nicht in Vergessenheit gerät. Das Phänomen Lorca hat bis heute nichts von seiner Faszinationskraft verloren.
Lorcas Rezeptionsgeschichte in Spanien ist überschattet vom Franco-Regime, seine Bücher können zum Teil nur im spanischsprachigen Ausland veröffentlicht, die Umstände seines Todes erst nach Francos Tod geklärt werden.
Die Rezeptionsgeschichte im deutschsprachigen Raum nimmt durch das Nazi-Regime einen besonderen Verlauf. Vor 1945 ist Lorca i n Deutschland kaum bekannt. Mit der Neuentdeckung der Moderne nach dem Krieg kommt in den späten vierziger und den fünfziger Jahren eine regelrechte Lorca-Welle auf, die durch zwei Personen entscheidend beeinflusst wird: Enrique Beck, welcher aufgrund eines Abkommens mit den Lorca-Erben bis vor kurzem der einzige berechtigte deutsche Übersetzer war und Jean Gebser, der mit seinem vieldiskutierten Buch„Lorca und das Reich der Mütter1“1949 - neben einigen gelungenen Gedichtinterpretationen - vor allem absurde Spekulationen und diverse falsche Fakten über Lorcas Leben in die Welt setzt. In den fünfziger Jahren erreicht die Mythisierung Lorcas in Deutschland einen Höhepunkt. Als neoromantischer Folklorist, als in der Tradition verhafteter andalusischer Zigeuner wurde er gelesen, aufgeführt und besprochen; sein wohl wichtigstes Werk, „Poetaen Nueva York“,erschien erst 1963 in deutscher Übersetzung. In den sechziger Jahren klärt sich das Bild um Lorca, und die Diskussion um die Beck’schen Ü-
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