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Familie, Liebe, Leidenschaft: Der faszinierende MacGregor-Clan.
Eiskalt tobt der Wind über die Highlands, doch in Serena MacGregor brennt das heiße Feuer des Hasses. Sie hat Rache gegen die Engländer geschworen, die ihr die Mutter genommen haben – bis ihre Familie Brigham Langston Ashburn beherbergen muss, als die schottischen Clans zusammenkommen, um den Krieg vorzubereiten. Wie kann es sein, dass dieser charmante Mann, der doch ihr Todfeind sein müsste, in ihr eine unbezähmbare Sehnsucht nach Liebe weckt? Werden die beiden Liebenden die Hindernisse überwinden, die ihnen ihre Familien, die Geschichte und der Krieg auferlegen?
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Seitenzahl: 387
Nora Roberts
Die Mac Gregors – Wie alles begann
Für Schottland und die Liebe
Roman
Aus dem Amerikanischen von Susi Maria Rodiger
WILHELM HEYNE VERLAG
PROLOG
Glenroe Forest, Schottland, 1735
Sie kamen in der Dämmerung, als die Dörfler beim Abendessen saßen und der Rauch von den Torffeuern aus den Kaminen in die kalte Novemberluft aufstieg. In der Woche zuvor hatte es geschneit, und danach hatte starker Frost eingesetzt. Das Geräusch der Pferdehufe auf dem hart gefrorenen Boden klang wie Donnerhall durch den Wald, und die kleineren Waldtiere suchten hastig Deckung.
Serena MacGregor verlagerte das Gewicht ihres kleinen Bruders auf ihre Hüfte und ging zum Fenster. Ihr Vater und seine Männer kehrten früher als erwartet von der Jagd zurück. Seltsamerweise waren jedoch keine Rufe der Begrüßung von den Katen außerhalb des Dorfes zu hören.
Sie presste die Nase gegen die gefrorene Scheibe, um nach den Heimkehrenden Ausschau zu halten, und unterdrückte einmal mehr ihren Groll darüber, dass sie als Mädchen nicht an den Jagdpartien teilnehmen durfte.
Colin, jetzt vierzehn, durfte seit seinem siebten Lebensjahr mitreiten – obgleich er längst nicht so geschickt mit Pfeil und Bogen umzugehen verstand wie Serena. Verdrossen blickte sie in die Dämmerung hinaus. Ihr älterer Bruder würde wieder tagelang von nichts anderem reden als von der Jagd, während sie sich damit begnügen musste, zu Hause am Spinnrad zu sitzen.
Der kleine Malcolm begann zu weinen, und sie wiegte ihn automatisch hin und her. »Sei still, Papa möchte dich nicht plärren hören, sobald er zur Tür hereinkommt.« Aber dann veranlasste irgendetwas sie, das Baby enger an sich zu ziehen und beunruhigt über die Schulter in den Raum zu sehen, auf der Suche nach ihrer Mutter.
Die Lampen waren angezündet, und es roch nach dem köstlichen Fleischeintopf, der über dem Küchenfeuer schmorte. Das Haus war makellos sauber. Den ganzen Tag über hatten Serena, ihre Mutter und ihre jüngere Schwester Gwen geputzt, die Böden gescheuert und die Möbel poliert. Nicht eine Spinnwebe war mehr in den Ecken zu sehen. Auch die Wäsche war fertig und mit den kleinen Lavendelsäckchen, die ihre Mutter so liebte, in den Truhen verstaut.
Da Serenas Vater der Grundherr war, bewohnten er und seine Familie das beste Haus im Umkreis von vielen Meilen. Es war aus feinem blauen Schiefer gebaut, und die Mutter sorgte dafür, dass sich nirgendwo Staub niederließ.
Alles sah aus wie immer, und dennoch hatte Serena auf einmal heftiges Herzklopfen. Sie griff nach einem warmen Tuch, hüllte Malcolm darin ein und öffnete die Haustür.
Es war windstill, und außer dem Donnern der Hufe auf dem hart gefrorenen Boden war kein Laut zu hören. Jeden Augenblick mussten die Männer jetzt auf der Anhöhe erscheinen, und Serena erschauerte plötzlich, ohne zu wissen, warum. Als sie den ersten Schrei hörte, zuckte sie zusammen.
»Serena, komm sofort herein, schnell!« rief ihre Mutter.
Fiona MacGregor eilte die Treppe herunter, und ihr hübsches, sonst so heiteres Gesicht war blass und ernst. Sie hatte rote, golden schimmernde Haare – von der gleichen Farbe wie Serenas –, die am Hinterkopf aufgesteckt waren und von einem Haarband gehalten wurden. Für gewöhnlich strich sie sich ordnend über die Haare, bevor sie ihren Mann zu Hause willkommen hieß, aber diesmal tat sie es nicht.
»Beeile dich, Mädchen, um des Himmels willen!« Fiona fasste ihre Tochter am Arm und zog sie ins Haus. »Bring den Kleinen nach oben zu deiner Schwester, und bleibt alle im Kinderzimmer!«
»Aber Papa kommt doch!«
»Es ist nicht dein Vater.«
Und dann erschienen die Pferde auf der Anhöhe. Serena sah, dass die Reiter nicht das Jagdwams der MacGregors trugen, sondern die roten Röcke der englischen Dragoner. Sie war zwar erst acht Jahre alt, hatte jedoch bereits die Schreckensgeschichten von Brandschatzung und Plünderung gehört. Und mit acht war sie alt genug für Empörung.
»Was wollen sie von uns? Wir haben nichts getan.«
»Es ist nicht nötig, etwas zu tun. Es genügt, dass wir Schotten sind.« Fiona schloss die Haustür und schob den Riegel vor, wenn auch mehr aus Trotz als in der Hoffnung, dadurch die Eindringlinge fern zu halten. Sie war eine kleine, zierliche Frau. In der Kindheit vergöttert von einem nachsichtigen Vater, später von einem liebenden Ehemann, war sie dennoch weder schwach noch hilflos. Vielleicht lag darin der Grund, weshalb die Männer in ihrem Leben ihr nicht nur Zuneigung entgegenbrachten, sondern auch Achtung.
»Geh nach oben, Serena, und bleib bei Malcolm und Gwen im Kinderzimmer! Komm nicht heraus, bis ich es dir sage!«
Ein weiterer Schrei hallte durch das Tal, gefolgt von lautem Schluchzen. Durch das Fenster sahen sie das Strohdach einer Kate in Flammen aufgehen. Fiona dankte Gott im Stillen, dass ihr Mann und ihr Sohn noch nicht heimgekehrt waren.
»Ich möchte bei dir bleiben!« Serenas grüne Augen wirkten übergroß in ihrem Gesichtchen und schimmerten feucht von aufsteigenden Tränen. Ihr Mund, den ihr Vater als eigensinnig bezeichnete, zitterte jedoch nicht. »Papa würde nicht wollen, dass ich dich allein lasse«, erklärte sie fest.
»Er würde wollen, dass du tust, was ich dir sage.« Fiona hörte die Pferde vor dem Haus halten und Sporengeklirre. »Geh jetzt, und gib auf die Kleinen Acht!« Sie stieß ihre Tochter zur Treppe hin und bedeutete ihr mit einer strengen Geste, ihrer Aufforderung sofort nachzukommen.
Als Malcolm zu schreien anfing, flüchtete Serena die Treppe hinauf. Sie hatte gerade den oberen Treppenabsatz erreicht, als die Tür eingetreten wurde. Unwillkürlich drehte sie sich um und sah ihre Mutter mit einem halben Dutzend Dragoner konfrontiert. Einer von ihnen trat vor und verbeugte sich. Selbst aus der Entfernung konnte Serena erkennen, dass diese Geste eine Beleidigung war.
»Serena?« rief Gwen von den oberen Stufen.
»Nimm du das Baby!« Serena schob den kleinen Malcolm der fünfjährigen Gwendolyn in die pummeligen Arme. »Geh ins Kinderzimmer und schließ die Tür!« Sie senkte ihre Stimme zu einem Flüstern. »Mach schnell, und halte ihn ruhig, wenn du kannst!« Sie zog eine sorgsam gehütete Zuckerpflaume aus der Schürzentasche. »Nimm das und geh, bevor sie uns sehen.« Dann kauerte sie sich oben an die Treppe und beobachtete das Geschehen unten.
»Fiona MacGregor?« fragte der Dragoner mit den bunten Streifen auf seiner Uniform.
»Ich bin Lady MacGregor«, erwiderte Fiona hoch erhobenen Kopfes und festen Blickes. Ihr einziger Gedanke galt jetzt dem Schutz ihrer Kinder und ihres Heims. Da Kampf unmöglich war, benutzte sie die einzige ihr verfügbare Waffe: ihre Würde. »Mit welchem Recht brecht Ihr in mein Haus ein?«
»Mit dem Recht eines Offiziers des Königs.«
»Und wie ist Euer Name?«
»Captain Standish, zu Euren Diensten!« Er zog seine Handschuhe aus und erwartete offenbar eine von Angst bestimmte Reaktion. »Wo ist Euer Gatte … Lady MacGregor?«
»Der Laird und seine Männer sind auf der Jagd.«
Standish schickte drei von seinen Männern los, das Haus zu durchsuchen. Fiona blieb ruhig, obgleich ihr Mund so trocken war, als wäre er mit Staub gefüllt. Sie wusste, dass der Captain ihr Haus ebenso leicht in Brand setzen lassen konnte wie die Katen ihrer Pächter. Es bestand wenig Hoffnung, dass ihr Rang oder der ihres Mannes sie schützen würde. Dennoch ließ sie sich nicht einschüchtern.
»Wie Ihr seht, sind nur Frauen und Kinder hier. Ihr habt für Euren … Besuch einen ungünstigen Zeitpunkt gewählt, wenn Ihr mit dem MacGregor und seinen Männern sprechen wolltet. Oder ist das vielleicht der Grund, weshalb Ihr mit Euren Soldaten so mutig in Glenroe eingeritten seid?«
Da schlug er Fiona so heftig ins Gesicht, dass sie von der Wucht des Schlags rückwärts taumelte.
»Mein Vater wird Euch dafür umbringen!« Serena raste die Treppe herunter und stürzte sich auf den Offizier. Er fluchte, als sie ihre Zähne in seine Hand grub, und stieß das Kind beiseite.
»Dieser verdammte Teufelsbraten hat mich blutig gebissen!« Er hob eine Faust, aber Fiona warf sich zwischen ihn und ihre kleine Tochter.
»Schlagen König Georges Männer kleine Kinder? Herrschen die Engländer auf diese Weise?«
Captain Standish atmete schwer. Jetzt ging es um seinen Stolz. Er konnte kaum zulassen, vor seinen Männern von einer Frau und einem Kind übertrumpft zu werden, vor allem, wenn sie zudem noch zum schottischen Abschaum gehörten. Seine Befehle lauteten, lediglich zu durchsuchen und zu verhören. Bedauerlich, dass dieser Schwächling Argyll die Königin in ihrer Rolle als Regentin überredet hatte, nicht das Straf- und Bußgeldgesetz geltend zu machen.
Hätte sie es getan, wäre Schottland wahrhaftig ein gutes Jagdgebiet gewesen. Dennoch war Königin Caroline wütend auf ihre schottischen Untertanen, und in jedem Fall bestand kaum eine Gefahr, dass sie jemals von irgendwelchen Vorfällen in den abgelegenen Highlands erfahren würde.
Er winkte einem der Dragoner. »Bring diese Göre nach oben und sperr sie ein!«
Wortlos nahm der Soldat die wild um sich schlagende Serena unter den Arm und trug sie zur Treppe, wobei er bemüht war, ihren Füßen, Fäusten und Zähnen auszuweichen.
»Ihr zieht hier in den Highlands Wildkatzen auf, Mylady.« Captain Standish band sich ein sauberes Taschentuch um die Hand.
»Serena ist es nicht gewöhnt, ihre Mutter – oder überhaupt irgendeine Frau – von einem Mann geschlagen zu sehen!« Fiona musterte ihn voller Verachtung.
Seine Hand schmerzte, aber er würde den Respekt seiner Männer nicht dadurch wiedererlangen, dass er ein Kind verprügelte. Dagegen die Mutter … Er ließ den Blick über ihre zierliche Gestalt gleiten und lächelte. Die Mutter konnte er dafür büßen lassen.
»Euer Gatte wird verdächtigt, an der Ermordung von Captain Porteous beteiligt gewesen zu sein!«
»Jener Captain Porteous, der vom Gericht zum Tode verurteilt wurde, weil er in eine Menschenmenge gefeuert hat?«
»Das Todesurteil wurde aufgehoben, Madam.« Standish legte eine Hand auf seinen Schwertgriff. Selbst unter seinen eigenen Männern galt er als grausam. »Captain Porteous feuerte bei einer öffentlichen Hinrichtung auf eine Gruppe von Aufrührern. Dann wurde er von unbekannten Personen aus dem Gefängnis geholt und aufgehängt!«
»Es fällt mir schwer, sein Schicksal zu bedauern, aber weder ich noch sonst jemand von meiner Familie wissen etwas!«
»Sollten die Untersuchungen etwas anderes ergeben, würde Euer Gatte ein Mörder und Verräter sein. Und Ihr, Lady MacGregor, würdet ohne Schutz dastehen. Das wäre Euch doch sicher nicht angenehm.«
»Ich habe Euch nichts zu sagen!«
»Sehr bedauerlich!« Standish lächelte boshaft und trat einen Schritt näher. »Soll ich Euch zeigen, was mit unbeschützten Frauen geschieht?«
Im oberen Stockwerk schlug Serena gegen die Tür, bis ihre Hände wund waren. Hinter ihr kauerte Gwen mit dem kleinen Malcolm und weinte. Das Kinderzimmer wurde nur erhellt vom Mond und dem Feuerschein der brennenden Katen.
Draußen war Geschrei zu hören und das Weinen von Frauen, aber Serena dachte nur an ihre Mutter, die allein und schutzlos mit den Engländern unten geblieben war.
Als die Tür schließlich geöffnet wurde, taumelte Serena zurück. Ein roter Rock wurde kurz sichtbar, und sie hörte das Klirren von Sporen.
Und dann sah sie ihre Mutter, nackt und zerschunden und mit offenen Haaren, die ihr in wilder Fülle ins Gesicht und um die Schultern fielen. Fiona sank zu Serenas Füßen in die Knie.
»Mama!« Serena kniete sich neben sie und berührte zaghaft ihre Schulter. Sie hatte ihre Mutter gelegentlich schon einmal weinen gesehen, aber nicht so stumm und verzweifelt. Fionas Haut fühlte sich kalt an, und Serena holte rasch eine Decke von der Truhe und hüllte ihre Mutter darin ein.
Draußen hörten sie die Dragoner davonreiten. Serena umfing ihre Mutter mit einem Arm und ihre Geschwister mit dem anderen. Sie begriff nur sehr vage, was geschehen war, aber es genügte, um unbändigen Hass in ihr zu wecken und Rache zu schwören.
1. KAPITEL
London, 1745
Brigham Langston, der vierte Earl of Ashburn, saß in seinem eleganten Stadthaus beim Frühstück und las mit großer Aufmerksamkeit den Brief, auf den er lange gewartet hatte. Seine grauen Augen blickten ernst, und seine vollen Lippen waren zusammengepresst. Schließlich erhielt ein Mann nicht oft einen Brief, der sein ganzes Leben verändern konnte.
»Verdammt, Brigham, wie lange willst du mich noch im Ungewissen lassen?« Colin MacGregor, der ungestüme rothaarige Schotte, der Brigham auf gewissen Reisen durch Frankreich und Italien begleitet hatte, konnte seine Ungeduld kaum zügeln.
Anstelle einer Antwort hob Brigham lediglich eine blasse schmale, von einer Spitzenmanschette umgebene Hand. Er war an Colins heftige Art gewöhnt, aber dieses eine Mal würde sein Freund sich gedulden müssen, bis er den Brief sorgfältig nochmals durchgelesen hatte.
»Er ist von ihm, nicht wahr? Verdammt sollst du sein, wenn du es mir nicht endlich sagst! Er ist vom Prinzen!« Colin stand vom Tisch auf und ging unruhig hin und her. Nur die ihm von seiner Mutter beigebrachten Manieren hielten ihn davon ab, Brigham den Brief aus der Hand zu reißen. »Ich habe ebenso viel Recht darauf zu wissen, was in dem Brief steht, wie du!«
Jetzt blickte Brigham auf. »Natürlich hast du das, aber der Brief ist nichtsdestotrotz an mich adressiert«, entgegnete er milde.
»Nur weil es leichter ist, dem hochwohlgeborenen Earl of Ashburn einen Brief zuzuschmuggeln als einem MacGregor. Wir Schotten stehen alle unter Verdacht, Rebellen zu sein.« Colins wache grüne Augen glitzerten herausfordernd. Als Brigham sich seelenruhig wieder dem Brief zuwandte, setzte sich Colin fluchend auf seinen Stuhl. »Du kannst die Geduld eines Mannes wirklich auf eine harte Probe stellen!«
»Danke.« Brigham legte den Brief neben seinen Teller und schenkte Kaffee nach. »Du hast ganz Recht, in jeder Beziehung, mein Lieber. Der Brief ist tatsächlich von Prinz Charles.«
»Nun, was sagt er?«
Als Brigham mit einer Handbewegung auf den Brief deutete, nahm Colin ihn sofort an sich. Das Schreiben war in Französisch verfasst, und da er diese Sprache nicht so gut beherrschte wie Brigham, hatte er etwas Mühe, den Inhalt zu entziffern.
Unterdessen blickte Brigham gedankenvoll durch das Zimmer, das vor langer Zeit von seiner Großmutter eingerichtet worden war, einer Frau, an deren weichen schottischen Akzent und Eigenwilligkeit er sich gut erinnerte. Die Möbel waren elegant, fast zierlich, und die anmutigen Meißner Porzellanfiguren, die seiner Großmutter so viel bedeutet hatten, standen immer noch auf dem kleinen runden Tisch am Fenster.
Als Junge hatte er die Figuren nur ansehen, aber nicht berühren dürfen, und ihm hatten stets die Finger gejuckt, die bezaubernde Porzellanschäferin mit dem zarten Gesicht und den langen Porzellanhaaren anzufassen und zu streicheln.
Über dem Kamin hing ein Porträt der eigenwilligen Mary MacDonald, die Lady Ashburn geworden war. Es zeigte sie, als sie etwa im gleichen Alter war wie ihr Enkel jetzt. Sie war groß gewesen für eine Frau und gertenschlank, und eine prachtvolle rabenschwarze Haarmähne umrahmte ein schmales, fein geschnittenes Gesicht. Die Art, wie sie ihren Kopf hielt, verriet, dass man sie überreden, aber nicht zwingen, bitten, aber ihr nicht befehlen konnte.
Ihr Enkel hatte viel von ihr geerbt: die grauen Augen, die schwarzen Haare, die hohe Stirn, die schmalen Wangen und den vollen Mund, Züge, die in ihrer männlichen Form nicht weniger attraktiv waren. Außerdem hatte er auch ihre Neigungen und ihren Sinn für Gerechtigkeit geerbt.
Brigham dachte an den Brief und an die Entscheidungen, die getroffen werden mussten, und prostete im Stillen dem Porträt zu. Du würdest wollen, dass ich gehe, dachte er, nach all den Geschichten, die du mir erzählt hast. Schließlich hast du mir schon als Kind den Glauben an die Rechtmäßigkeit der Stuart-Sache eingepflanzt und ihn gehegt, während du mich großgezogen hast. Wärest du noch am Leben, würdest du selbst nach Schottland gehen. Wie also kann ich mich anders entscheiden?
»Somit ist die Zeit gekommen!« Colin faltete das Papier zusammen. Seine Stimme klang aufgeregt. Er war vierundzwanzig Jahre alt, nur sechs Monate jünger als Brigham, aber dies war der Augenblick, auf den er seit Jahren gewartet hatte.
»Du musst lernen, zwischen den Zeilen zu lesen, Colin.« Jetzt war es Brigham, der aufstand und hin und her lief. »Charles erhofft sich immer noch Unterstützung von den Franzosen, obgleich er zu erkennen beginnt, dass König Louis lieber redet als handelt!« Er zog den Vorhang beiseite und blickte mit düsterer Miene aus dem Fenster auf seinen trostlos grauen Garten, der im Frühling wieder voller Farbe und Duft sein würde. Nur würde er dann wohl kaum hier sein, um den Garten in seiner Pracht zu sehen.
»Als wir am französischen Hof waren, zeigte Louis sich mehr als interessiert an unserer Sache. Er hat für die hannoveranische Marionette auf dem englischen Thron nicht mehr übrig als wir«, erklärte Colin.
»Gewiss, aber das bedeutet nicht, dass er für Prinz Charles und die Sache der Stuarts seine Schatzkammer öffnen wird. Charles’ Plan, eine Fregatte auszurüsten und nach Schottland zu segeln, erscheint mir da realistischer. Aber diese Dinge brauchen Zeit.«
»Immerhin können wir jetzt auch etwas tun.«
Brigham ließ den Vorhang zufallen. »Du kennst die Stimmung in Schottland besser als ich. Wie viel Unterstützung wird er dort bekommen?«
»Genug. Die Clans werden sich für den wahren König erheben und bis zum letzten Mann für ihn kämpfen«, antwortete Colin im Brustton der Überzeugung. Er wusste sehr wohl, dass sein Freund in Schottland mehr als nur sein Leben riskieren würde. Brigham konnte dadurch seinen Titel, Haus, Hof und Ruf verlieren. »Brigham, ich könnte mit diesem Brief zu meiner Familie gehen und von dort aus die Nachricht unter den Highland-Clans verbreiten. Es ist nicht nötig, dass du ebenfalls nach Schottland reist.« Colin erhob sich von seinem Stuhl.
Brigham zog eine Augenbraue hoch und lächelte fein. »Bin ich von so geringem Nutzen?«
»Ach, hör doch auf damit! Ein Mann wie du, der so gut reden und kämpfen kann – ein englischer Aristokrat, der bereit ist, sich der Rebellion anzuschließen? Niemand weiß besser als ich, was du leisten kannst. Schließlich hast du mir in Italien mehr als einmal das Leben gerettet – und in Frankreich auch!«
»Fang nicht an, mich zu langweilen, Colin.« Brigham schnippte mit den Fingern gegen die Spitze an seinem Handgelenk. »Das sieht dir gar nicht ähnlich.«
»Aye.« Colin grinste breit. »Erstaunlich, wie du dich im Handumdrehen in den Earl of Ashburn verwandeln kannst, Brigham.«
»Mein Lieber, ich bin schließlich der Earl of Ashburn.«
Wenn die beiden Männer so nebeneinander standen, wurden die Gegensätze besonders deutlich. Brigham hatte eine schlanke Gestalt und elegante, lässige Manieren, Colin dagegen war kräftig gebaut und von eher derber Art. Man sah ihm an, dass er kämpfen konnte.
»Nun, es war nicht der feine Earl of Ashburn, der Rücken an Rücken mit mir kämpfte, als unsere Kutsche außerhalb von Calais überfallen wurde! Und er war es auch nicht, der mich – einen MacGregor! – in dieser schmutzigen kleinen Spielhölle in Rom beinahe unter den Tisch getrunken hätte!«
»Ich versichere dir, er war es, da ich mich an beide Vorfälle gut erinnern kann.«
»Brigham, sei ernst. Ich will damit sagen, als Earl of Ashburn verdienst du es, in England zu bleiben und weiterhin zu Gesellschaften und Kartenpartien zu gehen. Du könntest auch hier unserer Sache von Nutzen sein, indem du die Ohren offen hältst.«
»Aber?«
»Wenn es zum Kampf kommt, würde ich dich gern an meiner Seite haben. Also, wirst du mitkommen?«
Brigham betrachtete seinen Freund und blickte dann zu dem Porträt seiner Großmutter hin. »Natürlich gehe ich mit dir.«
Das Wetter in London war kalt und feucht, als der Earl of Ashburn und Colin MacGregor drei Tage später die Reise nach Norden antraten. Bis zur Grenze würden sie in Brighams Kutsche fahren und von da an zu Pferde weiterreiten.
Für alle, die in diesem unerquicklichen Januarwetter in London blieben und nach ihm fragen mochten, unternahm der Earl of Ashburn eine Vergnügungsreise nach Schottland, um die Familie seines Freundes zu besuchen.
Es gab einige wenige, die den wahren Grund kannten, eine Hand voll getreuer Tories und englischer Jakobiten, denen Brigham vertraute. Ihnen überließ er die Verwaltung seines Familiensitzes Ashburn Manor sowie seines Hauses in London und freie Verfügung über seine Dienerschaft.
Was er mitnehmen konnte, ohne Aufsehen zu erregen, nahm er mit. Was er nicht mitnehmen konnte, ließ er in dem vollen Bewusstsein zurück, dass es Monate, vielleicht sogar Jahre dauern würde, bis er zurückkehren und es wieder in Besitz nehmen konnte. Das Porträt seiner Großmutter hing immer noch über dem Kamin, aber in einer sentimentalen Anwandlung hatte er die Porzellanschäferin einpacken lassen.
Gold, weit mehr als für den Besuch bei der Familie eines Freundes notwendig, ging ebenfalls mit auf die Reise – in einer verschlossenen Truhe unter dem Boden der Kutsche.
Die beiden Männer waren gezwungen, langsamer zu fahren, als Brigham lieb war. Die Straßen waren glatt, und gelegentliche Schneeschauer behinderten die Sicht so, dass der Kutscher das Gespann im Schritt laufen lassen musste.
Ein Blick aus dem Fenster zeigte, dass das Wetter nach Norden hin nur schlechter werden konnte. Brigham lehnte sich resigniert zurück, legte die gestiefelten Füße auf den gegenüberliegenden Sitz, wo Colin ein Nickerchen hielt, und gab sich seinen Gedanken hin.
Er dachte an das schillernde Paris und die sorglosen Monate, die er im vorigen Jahr dort verbracht hatte. Es war das Frankreich von Louis XV, prunkvoll, elegant, voller Glanz und Musik und schöner Frauen mit gepudertem Haar und skandalösen Gewändern. Flirts und mehr waren ein Leichtes gewesen. Ein junger englischer Lord mit prall gefüllter Börse und geistreichem Charme und Witz hatte es nicht schwer, sich einen Platz in dieser Gesellschaft zu erobern.
Brigham hatte diese Zeit genossen, dieses volle Leben im süßen Müßiggang. Irgendwann war er dann jedoch rastlos geworden und hatte sich nach Taten und höheren Zielen gesehnt. Die Langstons schätzten von jeher politische Intrigen ebenso sehr wie glanzvolle Bälle und Abendgesellschaften, und seit drei Generationen hielten sie den Stuarts – den rechtmäßigen Königen von England – die Treue, wenn auch nur im Geheimen.
Als dann Prinz Charles Edward nach Frankreich kam, ein mutiger, energischer Mann mit einer starken Ausstrahlung, war es nur natürlich, dass Brigham ihm seinen Eid und seine Hilfe anbot. Viele würden ihn einen Verräter genannt haben. Zweifellos würden die verstaubten Whigs, die den Deutschen aus dem Haus Hannover unterstützten, der jetzt auf dem englischen Thron saß, Brigham als Verräter aufgeknüpft sehen wollen, wenn sie es wüssten.
Brighams Loyalität galt jedoch der Stuart-Sache, der auch seine Familie stets die Treue gehalten hatte – und nicht dem dicken Deutschen, den die Whigs auf den englischen Thron gesetzt hatten. Er erinnerte sich noch gut an die Geschichten seiner Großmutter von der unglückseligen Rebellion von 1715 und von den vorangegangenen und nachfolgenden Ächtungen und Hinrichtungen in jener konfliktreichen und auch aufregenden Zeit.
Das Haus Hannover hatte bisher wenig getan, um sich in Schottland beliebt zu machen. Die Gefahr eines Krieges war stets präsent gewesen, vom Norden oder von jenseits des Kanals. Wenn England stark werden wollte, würde es seinen rechtmäßigen König brauchen.
Brigham hatten nicht nur der klare Blick und die gute Erscheinung des Prinzen zu dem Entschluss bewogen, ihm beizustehen, sondern vor allem sein Tatendrang, sein Ehrgeiz und vielleicht auch sein jugendliches Selbstvertrauen darauf, dass er Anspruch erheben konnte und wollte auf das, was rechtens sein war.
Zur Nacht kehrten sie in einem kleinen Gasthof am Rande der Highlands ein. Brighams Gold und Titel verschafften ihnen eine Privatstube und trockene Bettlaken. Nach dem Essen, aufgewärmt von dem lodernden Feuer im Kamin, spielten sie Würfel und tranken reichlich Bier. Für den Augenblick waren sie nur zwei Freunde, die ein Abenteuer teilten.
»Verdammt, Brigham, du hast heute Abend wohl eine Glückssträhne!« sagte Colin.
»So scheint es.« Brigham nahm die gewonnenen Münzen und lächelte. »Sollen wir ein anderes Spiel spielen?«
»Ach was, lass die Würfel rollen!« Colin lächelte ebenfalls und schob weitere Münzen in die Mitte des Tisches. »Du kannst doch nicht immer Glück haben!« Als die Würfel fielen, lachte er. »Also, wenn ich das nicht überbieten kann …« Aber erneut fiel sein Wurf niedriger aus, und er schüttelte den Kopf. »Anscheinend bist du heute nicht zu schlagen – so wie damals in Paris, als du mit dem Herzog um die Gunst dieser reizenden Mademoiselle gespielt hast!«
Brigham schenkte aus dem Krug Bier nach. »Mit oder ohne Würfel, die Gunst der Mademoiselle gehörte bereits mir.«
Colin lachte schallend und warf weitere Münzen auf den Tisch. »Dein Glück kann nicht ewig dauern. Allerdings hoffe ich, es bleibt dir in den kommenden Monaten treu!«
Brigham vergewisserte sich mit einem raschen Blick, dass die Tür ihrer Privatstube geschlossen war. »Da geht es wohl mehr um Charles’ Glück als um meines.«
»Aye. Er ist der Mann, den wir brauchen. Seinem Vater hat es stets an Ehrgeiz gefehlt.« Colin hob seinen Becher. »Auf unseren Prinzen!«
»Er wird mehr brauchen als seine ansehnliche Erscheinung und eine gewandte Zunge.«
Colin sah ihn an. »Zweifelst du etwa an den MacGregors?«
»Du bist der einzige MacGregor, den ich kenne!« Bevor Colin ein Loblied auf seinen Clan anstimmen konnte, fragte Brigham rasch: »Bist du froh, deine Familie wiederzusehen, Colin?«
»Ein Jahr ist eine lange Zeit. Natürlich habe ich die Sehenswürdigkeiten von Rom und Paris genossen, aber wer in den Highlands geboren ist, sehnt sich immer dorthin zurück.« Colin nahm einen kräftigen Schluck und dachte an die purpurne Bergheide und die tiefblauen Seen seiner Heimat. »Meine Mutter hat mir in ihrem letzten Brief zwar versichert, dass es ihnen allen gut geht, aber ich möchte mich gern selbst davon überzeugen. Malcolm wird jetzt bald zehn und soll ein rechter Wildfang sein, wie ich höre.« Colin lächelte voller Stolz. »Aber das sind wir alle!«
»Du hast mir erzählt, deine Schwester wäre ein Engel.«
»Gwen!« Colins Stimme bekam einen liebevollen Klang. »Unsere kleine Gwen. Sie ist wirklich ein Engel, so freundlich und geduldig und außerdem sehr hübsch!«
»Ich freue mich darauf, sie kennen zu lernen.«
»Sie ist noch sehr jung«, entgegnete Colin warnend. »Ich werde aufpassen, dass du das nicht vergisst!«
Schon etwas benebelt vom Bier, lehnte Brigham sich zurück. »Du hast noch eine Schwester?«
»Ja, Serena.« Colin spielte mit dem Würfelbecher. »Sie ist eine Wildkatze, und ich kann Narben vorzeigen, um das zu beweisen. Serena MacGregor hat ein teuflisches Temperament und eine schnelle Faust.«
»Ist sie auch hübsch?«
»Jedenfalls ist sie nicht unansehnlich«, meinte ihr Bruder. »Meine Mutter schrieb mir, dass die Burschen im vergangenen Jahr angefangen haben, ihr den Hof zu machen, aber Serena schlägt sie mit Ohrfeigen in die Flucht.«
»Vielleicht haben sie nur noch nicht die richtige Art gefunden, sie zu umwerben.«
»Ha! Als ich sie einmal verärgerte, riss sie Großvaters altes Schwert von der Wand und jagte mich damit in den Wald.« Ein gewisser Stolz in Colins Ton war unverkennbar. »Der Mann, der sich in sie verliebt, hat mein ganzes Mitgefühl.«
»Eine Amazone also.« In Brighams Vorstellung erschien das Bild eines strammen, rotbäckigen Mädchens mit Colins derben Gesichtszügen und ungebändigtem feurigen Haar. Gesund wie ein Milchmädchen und ebenso frech. »Mir sind sanfte Frauen lieber.«
»Sie hat keinen einzigen sanften Knochen im Leib, aber sie ist treu wie Gold!« Colin spürte die Wirkung des Biers auch schon im Kopf, was ihn jedoch nicht hinderte, erneut den Becher zu heben. »Ich habe dir doch von dem Abend erzählt, als die Dragoner nach Glenroe kamen.« Seine Miene wurde finster.
»Ja.«
»Nachdem sie die Hütten in Brand gesteckt und meiner Mutter Gewalt angetan hatten, hat Serena sich rührend um unsere Mutter gekümmert. Sie war selbst noch ein Kind, aber sie brachte unsere Mutter zu Bett und versorgte sie und ihre jüngeren Geschwister, bis wir zurückkamen. Ihr Gesicht war geschwollen von dem Schlag, den ihr dieser Bastard versetzt hatte, aber sie hat nicht geweint, als sie uns die ganze Geschichte erzählte.«
Brigham legte seinem Freund eine Hand auf den Arm. »Die Zeit für Rache ist vorbei, Colin. Jetzt fordern wir Gerechtigkeit.«
»Ich will beides haben«, murmelte Colin und ließ wieder die Würfel rollen.
Am nächsten Morgen brachen sie früh auf. Brigham und Colin ritten nun der Kutsche voraus, die in gemächlicherem Tempo folgte. Brigham hatte einen Brummschädel, bekam aber bald durch die raue, kalte Luft wieder einen klaren Kopf.
Jetzt waren sie wirklich in dem Land, von dem ihm seine Großmutter so viel erzählt hatte. Es war ein wildes, zerklüftetes Land mit hohen Felsen, die in den milchig grauen Himmel aufragten, mit herabstürzenden Wasserfällen und eisigen, fischreichen Flüssen. An manchen Stellen lagen große Felsbrocken verstreut wie Riesenwürfel, als wären sie von einer achtlosen Hand ausgeworfen. Brigham kam sich vor wie in einem uralten Land, in dem noch Götter und Feen wohnten, obgleich er ab und zu eine Hütte sah, aus deren Mittelöffnung im Strohdach Rauch aufstieg.
Hier in den Bergen war der Boden mit Schnee bedeckt, und der Wind blies Schneewehen über die Straße, sodass die Männer manchmal kaum die Hand vor Augen sehen konnten. Colin ritt voran, immer weiter hinauf in die zerklüfteten Berge. Felsenhöhlen waren zu sehen, und ab und zu zeigten Spuren, dass Menschen in ihnen Zuflucht gesucht hatten. Dunkle Seen waren an den Rändern mit Eis verkrustet.
Sie ritten zügig, wenn der Boden es gestattete, und machten einen Umweg um die Festungen der Engländer. Aus Vorsicht verzichteten sie auch auf die Gastfreundschaft, die ihnen bereitwillig in jedem Gehöft geboten worden wäre. Gastfreundschaft, so hatte Colin seinen Freund gewarnt, würde Fragen über alle Einzelheiten ihrer Reise, ihrer Familien und ihren Bestimmungsort einschließen. Fremde tauchten nur selten in den Highlands auf und wurden wegen ihrer Neuigkeiten und Gesellschaft gleichermaßen geschätzt.
Um zu vermeiden, dass die Nachricht von ihrer Reise von Dorf zu Dorf weitergereicht wurde, hielten sich Colin und Brigham an Nebenstraßen und Bergwege, bis sie dann in einer abgelegenen Schenke einkehrten, um die Pferde rasten zu lassen und sich mit einem Mittagsmahl zu stärken.
Das Wirtshaus bestand aus einem einzigen Raum, in dem es nach den Ausdünstungen der Gäste und dem Fisch vom Vortag roch. Der Boden war aus gestampfter Erde und der Kamin ein bloßes Loch im Dach, durch das der Rauch nur ungenügend abzog. Es war kaum ein Ort, der dem vierten Earl of Ashburn angemessen war, aber das lodernde Feuer wärmte, und das Fleisch war genießbar.
Unter dem Wintermantel, der nun zum Trocknen vor dem Feuer hing, trug Brigham dunkle Reithosen und über einem feinen Batisthemd seinen schlichtesten Reitrock. So schlicht der Rock auch sein mochte, er umspannte Brighams breite Schultern in tadellosem Sitz, und die Knöpfe waren aus schwerem Silber. Brighams Stiefel hatten durch das üble Wetter zwar etwas an Glanz verloren, aber sie waren unverkennbar aus erstklassigem Leder. Sein dichtes Haar trug Brigham mit einem Band im Nacken zusammengebunden, und an seinen schmalen Händen funkelten der Siegelring seiner Familie und ein Smaragd. Er war gewiss nicht in seinem besten Hofstaat gekleidet, zog aber dennoch die Blicke auf sich und löste Geflüster aus.
»Gentlemen wie dich haben sie in diesem Loch noch nie gesehen«, erklärte Colin und machte sich hungrig über die Fleischpastete her. Er fiel weit weniger auf in seinem schottischen Kilt und Mütze, in deren Band ein Latschenzweig steckte, das Wahrzeichen seines Familienclans.
»Offensichtlich!« Brigham aß in Ruhe, aber seine Augen, unter halb gesenkten Lidern, blickten wachsam. »Diese Bewunderung würde meinen Schneider höchst erfreuen.«
»Oh, es ist nicht nur deine Kleidung«, meinte Colin und leerte seinen Becher Bier. »Du würdest selbst in Lumpen wie ein Earl aussehen.« Er hatte es eilig fortzukommen, um am Abend bei seiner Familie zu sein, und warf einige Münzen auf den Tisch. »Die Pferde sollten inzwischen ausgeruht sein. Lass uns aufbrechen. Wir sind hier am Rande des Campbell-Gebiets, und die Campbells sind nicht unsere Freunde.«
Drei Männer verließen vor ihnen die Schenke, und kalte, angenehm frische Luft drang durch die geöffnete Tür in den verqualmten Raum.
Colin konnte seine Ungeduld jetzt kaum noch zügeln. Endlich wieder in den Highlands, wollte er so schnell wie möglich sein Zuhause erreichen. Obgleich sie noch Stunden zu reiten hatten, meinte er bereits den heimatlichen Wald riechen zu können. An diesem Abend würde es ein Fest geben, und sie würden mit Whisky auf die Zukunft anstoßen. London mit seinen überfüllten Straßen und allem, was dazugehörte, lag weit hinter ihm.
Der Weg führte in vielen Windungen stetig bergan, und gelegentlich war in der Ferne ein kleines Dorf zu sehen. Bäume wurden immer seltener, nur kleine Wacholder wuchsen an der windabgekehrten Seite der Felsen. Der Himmel hatte sich aufgeklärt und zeigte sich nun in strahlendem Blau. Hoch über ihnen kreiste ein Adler.
»Brigham …«
Brigham hatte sich plötzlich angespannt und zog dann blitzschnell sein Schwert. »Achte auf deine Flanke!« rief er Colin zu, der neben ihm ritt, bevor er sich zwei Reitern zuwandte, die hinter einem Felsen hervorpreschten.
Die Angreifer ritten untersetzte, zottige schottische Ponys. Ihre karierten Überwürfe waren abgetragen und schmutzig, aber die Klingen ihrer Schwerter blitzten hell in der Nachmittagssonne. Brigham blieb gerade noch Zeit festzustellen, dass er die Männer zuvor in der Schenke gesehen hatte, bevor Stahl gegen Stahl klirrte.
Neben ihm schwang Colin sein Schwert gegen zwei weitere Angreifer, und die Berge hallten wider vom Kampfgetümmel und dem Donnern der Hufe auf dem harten Felsboden.
Die Angreifer hatten ihre Opfer unterschätzt, zumindest, was Brigham anbetraf. Er war zwar schlank, gleichzeitig aber drahtig und behände, und focht mit dem Schwert in der einen und einem Dolch in der anderen Hand, während er sein Pferd mit den Knien lenkte.
Colin brüllte und fluchte, Brigham dagegen kämpfte in tödlichem Schweigen. Er wehrte einen Gegner ab und griff den anderen an. Seine Augen wurden schmal und dunkel wie die eines Wolfs, der Blut riecht. Er parierte den Schlag des Gegners mit einem letzten, mächtigen Hieb und stieß dann mit seiner eigenen Klinge zu.
Der Schotte schrie auf und fiel blutüberströmt in den Schnee. Sein Pony, nun reiterlos, lief voller Panik davon. Der andere Mann griff jetzt erneut mit großer Heftigkeit an, und beinahe gelang es ihm, Brighams Deckung zu durchbrechen. Brigham spürte einen scharfen Schmerz an der Schulter und warmes Blut, wo die Schwertspitze durch seine Kleidung ins Fleisch gedrungen war.
Er konterte mit raschen, kräftigen Hieben und trieb seinen Gegner immer weiter gegen die Felsen zurück. Sein Blick blieb fest auf das Gesicht des Gegners gerichtet. Brigham parierte mit kühler Präzision, stieß zu und durchbohrte das Herz des anderen. Noch bevor der Mann auf dem Boden aufschlug, hatte Brigham gewendet und ritt zu Colin zurück.
Dort stand es jetzt Mann gegen Mann, da ein weiterer der Angreifer tot hinter Colin im Schnee lag, und Brigham nahm sich einen Augenblick Zeit, um tief durchzuatmen. Dann sah er jedoch Colins Pferd ausrutschen und eine Klinge aufblitzen. Er spornte sein Pferd an, um seinem Freund zu Hilfe zu eilen. Der Letzte der Bande von Angreifern blickte auf, und als er Brigham auf sich zukommen sah, wusste er, dass seine Kameraden tot waren. Er schwenkte sein Pony herum und flüchtete in die Berge.
»Colin! Bist du verletzt?«
»Aye. Diese verdammten Campbells.« Colin versuchte sich im Sattel aufrecht zu halten. Seine Seite, wo das Schwert ihn getroffen hatte, brannte wie Feuer.
Brigham steckte sein Schwert in die Scheide. »Lass mich deine Wunde versorgen.«
»Wir haben keine Zeit dafür. Dieser Bastard kommt vielleicht mit Helfershelfern zurück.« Colin holte ein Taschentuch heraus und presste es gegen die Wunde. »Ich bin noch nicht am Ende«, erklärte er fest und begegnete Brighams Blick. »Bis zum Abend sind wir zu Haus.« Und damit stieß er seinem Pferd die Sporen in die Seiten und galoppierte los.
Sie ritten zügig. Brigham hielt wachsam Ausschau nach einem weiteren Hinterhalt und behielt gleichzeitig seinen Freund im Auge. Colin war sehr blass, aber er verlangsamte nicht den Schritt. Nur einmal legten sie eine kurze Rast ein, weil Brigham darauf bestand, Colins Wunde ordentlicher zu verbinden.
Die Verletzung war tief und sah nicht gut aus. Außerdem hatte Colin entschieden zu viel Blut verloren. Dennoch war der Schotte wild entschlossen, Glenroe und seine Familie zu erreichen, und Brigham wusste nicht, wo er sonst Hilfe hätte finden können. Colin nahm einen kräftigen Schluck Brandy aus der Reiseflasche, die Brigham ihm an die Lippen hielt. Als etwas Farbe in sein Gesicht zurückkehrte, half Brigham ihm wieder in den Sattel.
Bei Einbruch der Dämmerung kamen sie aus den Bergen herunter in den Wald. Es roch nach Kiefern und Schnee und einer Spur von Rauch aus einem in der Nähe gelegenen Gehöft. Ein Hase flitzte über den Weg und verschwand im Unterholz.
Brigham entging nicht, dass Colins Kräfte nachließen, und er hielt kurz an, um seinem Freund erneut aus der Brandy-Flasche zu trinken zu geben.
»Als Kind bin ich oft durch diesen Wald gerannt«, sagte Colin heiser. Er atmete schnell und flach. Zumindest linderte der Brandy die Schmerzen. Verdammt, ich werde nicht sterben, bevor der echte Kampf beginnt, dachte er grimmig. »Hier habe ich gejagt und zum ersten Mal ein Mädchen geküsst. Ich weiß wahrhaftig nicht, wie ich jemals fortgehen konnte.«
»Um als Held zurückzukehren«, entgegnete Brigham und verschloss die Flasche.
Colins Lachen wurde zu einem Husten. »Aye. In den Highlands hat es seit Menschengedenken immer einen MacGregor gegeben, und hier bleiben wir auch!« Für einen Augenblick kam seine alte Arroganz wieder zum Vorschein. »Auch wenn du ein Earl bist, meine Familie entstammt königlichem Blut!«
»Und jetzt vergießt du dein königliches Blut überall im Wald. Vorwärts, Colin, nach Hause.«
Sie ritten in leichtem Trab in das Dorf ein. Als sie an den ersten Katen vorbeikamen, wurden Rufe laut. Aus den Häusern – manche aus Holz und Stein gebaut, andere nur aus Lehm und Gras – strömten Menschen. Trotz der stechenden Schmerzen in seiner Seite salutierte Colin. Dann erreichten sie die Höhe eines Hügels und sahen MacGregor House vor sich liegen.
Rauch stieg aus den Kaminen, und hinter den vereisten Fenstern leuchteten die eben erst entzündeten Lampen. Der Himmel im Westen glühte, und der Schiefer des Hauses schimmerte wie Silber im letzten Licht der untergehenden Sonne.
Das Haus erhob sich vier Stockwerke hoch. Verziert mit Türmen und Türmchen glich es fast einer Burg, ebenso zur Verteidigung im Krieg gebaut wie für häusliche Bequemlichkeit. Die Dächer waren unterschiedlich hoch, und alles war in einem etwas seltsam anmutenden, aber irgendwie sehr ansprechenden Stil miteinander verbunden. Auf der Lichtung befanden sich mehrere Außengebäude, eine große Scheune und weidendes Vieh. Irgendwo bellte ein Hund.
Aus der Menge der Leute, die sich hinter den beiden Reitern angesammelt hatte, rannte eine junge Frau mit einem leeren Korb auf sie zu. Brigham hörte sie rufen und wandte den Kopf.
Unwillkürlich riss er die Augen auf. Das Mädchen war in ein großes kariertes Tuch gehüllt, schwenkte in der einen Hand den Korb und hielt mit der anderen den Saum des Rockes geschürzt, sodass sich Brigham der Anblick von Unterröcken und langen Beinen bot. Das Tuch fiel der Unbekannten beim Laufen vom Kopf auf die Schultern, und langes rotes Haar flatterte im Wind.
Ihre Haut war weiß wie Alabaster, obgleich ihre Wangen jetzt gerötet waren von der Kälte und sichtlicher Freude. Sie hatte ein sehr fein geschnittenes Gesicht und einen vollen, sinnlichen Mund. Brigham konnte sie nur in stummer Bewunderung anstarren und dachte an die Porzellanschäferin, die er als Kind so geliebt hatte.
»Colin!« Sie hatte eine dunkle, klangvolle Stimme. Ungeachtet des ungeduldig tänzelnden Pferdes griff sie in die Zügel und blickte lachend zu Colin auf. »Ich bin den ganzen Tag über schon so zappelig gewesen und hätte mir eigentlich denken können, dass du der Grund bist. Wir wussten nicht, dass du kommst. Hast du vergessen, es uns zu schreiben, oder warst du nur zu faul?«
»Du hast eine feine Art, deinen Bruder zu begrüßen!« Colin wollte sich zu ihr herabbeugen, um ihr einen Kuss zu geben, aber ihr Gesicht verschwamm vor seinen Augen. »Zumindest könntest du meinem Freund etwas mehr Höflichkeit erweisen. Brigham Langston, Lord Ashburn – meine Schwester Serena.«
Nicht unansehnlich? In diesem Fall hatte Colin wahrhaftig nicht übertrieben. Weit entfernt davon. »Miss MacGregor.«
Serena hatte jedoch keinen Blick für ihn übrig. »Colin, was hast du? Du bist verletzt?« Noch während sie sprach, glitt er aus dem Sattel und blieb zu ihren Füßen liegen. »Der Himmel steh mir bei!« Sie stieß seinen Überrock beiseite und entdeckte die provisorisch verbundene Verletzung.
»Die Wunde hat sich wieder geöffnet.« Brigham war hastig abgestiegen und kniete nun neben ihr. »Wir sollten ihn gleich ins Haus schaffen.«
Serena hob den Kopf und musterte Brigham scharf aus ihren grünen Augen. »Lasst die Hände von ihm, englischer Schweinehund!« fauchte sie wütend, schob ihn beiseite und bettete ihren Bruder an ihre Brust. Dann presste sie ihr eigenes Tuch gegen die Wunde, um die Blutung zu stillen. »Wie ist das zu verstehen, dass mein Bruder halb tot nach Hause kommt, und Ihr reitet neben ihm und habt nicht einmal einen Kratzer?«
Brighams Mund wurde schmal. Colin mochte zwar ihre Schönheit untertrieben haben, ihr Temperament jedoch nicht. »Ich denke, das sollte später geklärt werden, nachdem Colin versorgt worden ist.«
»Nehmt Eure Erklärungen wieder mit nach London zurück.« Als er Colin aufhob, um ihn zum Haus zu tragen, wäre sie fast mit den Fäusten auf ihn losgegangen. »Lasst ihn in Ruhe! Ich will nicht, dass Ihr anrührt, was mein ist!«
Brigham ließ den Blick an ihr herauf- und herunterwandern, bis ihre Wangen glühten. »Glaubt mir, Madam, ich habe nicht das mindeste Verlangen danach«, entgegnete er sehr steif und höflich. »Wenn Ihr Euch um die Pferde kümmert, Miss MacGregor, werde ich Euren Bruder ins Haus bringen.«
Serena wollte erneut widersprechen, aber ein Blick auf Colins schneeweißes Gesicht veranlasste sie, ihren Widerstand zu unterdrücken. Und so ging Brigham mit Colin auf den Armen zum Haus.
Serena dachte an jenen Abend, als zum letzten Mal ein Engländer ihr Heim betreten hatte. Sie ergriff die Zügel der beiden müden Pferde und folgte Brigham mit einer Verwünschung auf den Lippen.
2. KAPITEL
An der Haustür wurde Brigham von einem schwarzhaarigen Dienstmädchen begrüßt, das beim Anblick von Colin händeringend davonrannte und laut nach Lady MacGregor rief. Gleich darauf erschien Fiona MacGregor in der Halle. Als sie ihren Sohn bewusstlos auf den Armen eines Fremden sah, wurde sie blass.
»Colin … Ist er …?«
»Nein, Mylady, aber er ist sehr schwer verletzt.«
Sie berührte mit der Hand das Gesicht ihres Sohnes. »Bitte, würdet Ihr ihn nach oben bringen?« Sie ging voraus und gab den Befehl, Wasser und Verbandzeug zu bringen. »Hier herein.« Sie stieß eine Tür auf, trat beiseite und wandte dann den Kopf, als sie Schritte hörte. »Gwen, da bist du ja, dem Himmel sei Dank. Colin ist verwundet worden.«
Gwen, kleiner und zierlicher gebaut als ihre Schwester, eilte ins Zimmer. »Zünde die Lampen an, Molly«, sagte sie zu dem Dienstmädchen. »Ich brauche viel Licht.« Sie legte ihrem Bruder eine Hand auf die Stirn. »Er fiebert!« Colins Überwurf war blutbefleckt, und weiteres Blut färbte das Bettlaken rot. »Könnt Ihr mir helfen, ihn auszukleiden?« fragte sie Brigham.
Brigham nickte und ging ihr zur Hand. Gwen ließ Arzneimittel holen, und Schüsseln mit Wasser und ein Stapel Leinen wurden gebracht. Das junge Mädchen erblasste nicht beim Anblick der Schwertwunde, wie Brigham befürchtet hatte, sondern machte sich daran, sie geschickt zu säubern und zu behandeln. Colin begann sich zu regen und um sich zu schlagen.
»Würdet Ihr das bitte halten?« Gwen bedeutete Brigham, das blutstillende Polster, das sie gefertigt hatte, fest gegen die Wunde zu drücken, während sie schmerzlindernden Mohnsirup in einen Holzbecher goss.
Fiona stützte den Kopf ihres Sohnes, als Gwen ihrem Bruder behutsam den Trank einflößte und beruhigend auf ihn einredete. Dann setzte sie sich wieder hin und nähte die Wunde, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.
»Er hat eine Menge Blut verloren«, sagte sie zu ihrer Mutter. »Wir müssen auf das Fieber Acht geben!«
Fiona kühlte bereits die Stirn ihres Sohnes mit einem feuchten Tuch. »Er ist zäh. Jetzt wird er durchkommen!« Sie richtete sich auf und strich sich die Haare aus dem Gesicht. »Ich bin Euch dankbar, dass Ihr ihn nach Hause gebracht habt«, sagte sie zu Brigham. »Wollt Ihr mir erzählen, was geschehen ist?«
»Wir wurden einige Meilen südlich von hier überfallen. Colin glaubt, dass es Campbells waren.«
»Ich verstehe.« Ihre Lippen wurden schmal, aber ihre Stimme klang unverändert gelassen. »Ich muss mich entschuldigen, dass ich Euch nicht einmal einen Stuhl oder einen heißen Trunk angeboten habe. Ich bin Colins Mutter, Fiona MacGregor.«
»Und ich bin Colins Freund, Brigham Langston!«
Fiona lächelte leicht. »Der Earl of Ashburn, natürlich. Colin hat uns von Euch geschrieben. Bitte erlaubt, dass Molly Euch Euren Mantel abnimmt und eine Erfrischung holt.«
»Er ist Engländer!« Serena stand an der Tür. Sie hatte ihr großes Tuch abgenommen und trug nur ein schlichtes, selbst gewebtes Kleid aus dunkelblauer Wolle.
»Dessen bin ich mir bewusst, Serena.« Fionas Blick kehrte zu Brigham zurück. »Euren Mantel, Lord Ashburn. Ihr hattet eine lange Reise. Ich bin sicher, Ihr möchtet eine warme Mahlzeit zu Euch nehmen und Euch etwas ausruhen.« Als er seinen Mantel auszog, bemerkte Fiona sofort seine Schulter. »Oh, Ihr seid ebenfalls verwundet!«
»Es ist nicht schlimm.«
»Bloß ein Kratzer«, erklärte Serena nach einem flüchtigen Blick. Sie wollte an ihm vorbei zu ihrem Bruder gehen, aber Fiona hielt sie zurück.
»Bring unseren Gast in die Küche und kümmere dich um seine Wunde«, befahl sie.
»Ich würde eher eine Ratte verbinden!«
»Du wirst tun, was ich dir sage, und du wirst einen Gast unseres Hauses mit der ihm gebührenden Höflichkeit behandeln!« Fionas Stimme bekam Schärfe. »Und wenn du seine Wunde verbunden hast, sorgst du dafür, dass er eine gute Mahlzeit erhält.«
»Das ist wirklich nicht nötig, Lady MacGregor.«
»Vergebt mir, Lord Ashburn, aber es ist durchaus nötig. Ihr werdet mir verzeihen, dass ich mich nicht selbst um Euch kümmere.« Sie tauchte erneut das Tuch in kaltes Wasser und legte es auf Colins Stirn. »Serena?«
»Nun gut, Mutter, ich tue es für dich!« Serena wandte sich Brigham zu und machte einen übertriebenen Knicks. »Wenn Ihr mir bitte folgen wollt, Lord Ashburn.«
Brigham folgte Serena einen Flur entlang und zwei schmale Treppenstiegen nach unten, da sie es vorgezogen hatte, ihn die Hintertreppe benutzen zu lassen. Das Haus war wesentlich kleiner als Ashburn Manor und tadellos gepflegt. Dennoch achtete Brigham nicht allzu sehr auf seine Umgebung, sondern musterte vor allem Serenas steifen Rücken.
In der Küche roch es köstlich nach Gewürzen, Fleisch und frisch gebackenen Pasteten. Der würzige Fleischduft entstieg einem großen Kessel, der an einer Eisenkette über dem Feuer hing.
Serena deutete mit einer knappen Geste auf einen Stuhl. »Bitte setzt Euch, Mylord.«