Die Millionärin - Bernard Shaw - E-Book

Die Millionärin E-Book

Bernard Shaw

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Beschreibung

Oscar- und Literaturnobelpreisträger Bernard Shaw schrieb über dieses Theaterstück: „The Millionairess is a play with a very strong part for female star, and, if you get the right woman, it will be a moneymaker.” Diese Worte haben sich bewahrheitet. Das Stück hat eine erfolgreiche Geschichte auf der Theaterbühne und auf dem Bildschirm, vor allem im englischsprachigen Raum. Unter zahlreichen Bühnenfassungen und mehreren Filmfassungen sind zwei am bekanntesten. Die Liebeskomödie The Millionairess mit Sophia Loren und Peter Sellers in den Hauptrollen aus dem Jahr 1960 entspricht dem Originaltext von Bernard Show nur ansatzweise und könnte irreführend als eine Quelle dienen. The Millionairess von BBC, besetzt mit der zweifachen Oscar-Preisträgerin Maggie Smith, Thomas Stewart Baker in den Hauptrollen war eine gelungene künstlerische Darbietung und Play of the month (September 1972). Das vielschichtige dynamische Stück ist eine Liebesgeschichte einer Millionärin zu ihrem Ehemann, einem Boxer, Tennisspieler und Ruderer, sowie der Reihe nach zu einem Verlegersohn, der gern ausgesuchte Delikatessen verzehrt, und einem ägyptischen Arzt, der Flüchtlingen und mittellosen Patienten auf dem Lande behandelt. Zwischen der Millionärin, die auf der Suche nach einer wahren Liebe mehrere Stationen durchläuft, und dem Arzt entwickelt sich eine Liebesstory, die der späteren Lovestory zwischen Prinzessin Diana und dem pakistanischen Herzchirurgen Hasnat Khan in gewisser Weise ähnelt. Einige englische Damen der Upper Class hatten vermutlich schon immer eine besondere Vorliebe für Ärzte islamischen Glaubens. Auch der Großvater von Dodi Al-Fayed, mit dem Prinzessin Diana auch eine Liebesbeziehung hatte und zusammen bei einem Autounfall starb, war ein Arzt. Die energiegeladene Hauptfigur Epifania leistete im Stück ihren Beitrag im Kampf um Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen, indem sie ihren Verehrer verprügelte: „In meinem göttlichen Zorn zerschmetterte ich ihn, wie ein Kind ein langweilig gewordenes Spielzeug zerschmettert. Und als er zu seinem wahren Selbst geschlagen wurde, fand ich heraus, dass ich für ihn keine Frau, sondern ein Bankkonto mit einem guten Koch war.“ Aber trotz negativen Erfahrungen setzt die Millionärin auf Optimismus und bleibt auf ständiger Suche nach der wahren Liebe.

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Inhaltsverzeichnis

Impressum

Oscar- und Literaturnobelpreisträger

Bernard Shaw

Die Millionärin

Eine Jonsonsche Komödie in vier Akten

Die vorliegende Übersetzung folgt der im Jahr 1936

erschienenen Ausgabe der englischen Edition.

The Simpleton, The Six, And The Millionairess:

Being Three More Plays

Constable and Company Ltd, London 1936

Aus dem Englischen übersetzt

von Vitaly Baziyan

Copyright © 2021 Vitaly Baziyan

Alle Rechte vorbehalten.

Den Bühnen und Vereinen gegenüber Übersetzung;

Aufführungsrecht nur durch den Übersetzer zu erwerben

Lieber Leser und Leserinnen!

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Kommentar des Übersetzers

Oscar- und Literaturnobelpreisträger Bernard Shaw schrieb über dieses Theaterstück: „The Millionairess is a play with a very strong part for female star, and, if you get the right woman, it will be a moneymaker.”

Diese Worte haben sich bewahrheitet. Das Stück hat eine erfolgreiche Geschichte auf der Theaterbühne und auf dem Bildschirm, vor allem im englischsprachigen Raum. Unter zahlreichen Bühnenfassungen und mehreren Filmfassungen sind zwei am bekanntesten. Die Liebeskomödie The Millionairess mit Sophia Loren und Peter Sellers in den Hauptrollen aus dem Jahr 1960 entspricht dem Originaltext von Bernard Show nur ansatzweise und könnte irreführend als eine Quelle dienen. The Millionairess von BBC, besetzt mit der zweifachen Oscar-Preisträgerin Maggie Smith, Thomas Stewart Baker in den Hauptrollen, sowie James Villiers (James Bond 007: For Your Eyes Only), Charles Gray (James Bond 007: You Only Live Twice, Diamonds Are Forever, The Spy Who Loved Me), Peter Barkworth, Priscilla Morgan, Avril Angers, John Garrie, Donald Pickering, war eine gelungene künstlerische Darbietung und Play of the month (September 1972).

Das vielschichtige dynamische Stück ist eine Liebesgeschichte einer Millionärin zu ihrem Ehemann, einem Boxer, Tennisspieler und Ruderer, sowie der Reihe nach zu einem Verlegersohn, der gern ausgesuchte Delikatessen verzehrt, und einem ägyptischen Arzt, der Flüchtlingen und mittellosen Patienten auf dem Lande behandelt. Zwischen der Millionärin, die auf der Suche nach einer wahren Liebe mehrere Stationen durchläuft, und dem Arzt entwickelt sich eine Liebesstory, die der späteren Lovestory zwischen Prinzessin Diana und dem pakistanischen Herzchirurgen Hasnat Khan in gewisser Weise ähnelt. Einige englische Damen der Upper Class hatten vermutlich schon immer eine besondere Vorliebe für Ärzte islamischen Glaubens. Auch der Großvater von Dodi Al-Fayed, mit dem Prinzessin Diana auch eine Liebesbeziehung hatte und zusammen bei einem Autounfall starb, war ein Arzt.

Da das Stück von Bernard Shaw einerseits zeitlich unveränderte Verhaltensmuster bei Menschen, andererseits typische Ereignisse der damaligen Zeit beschreibt, weist es einige Parallelen zu Theaterstücken von Anton Tschechow auf. Wenn aber ein fast Duell zwischen einer Frau und einem Mann in Der Bär mit einem Heiratsantrag endete, endeten Liebesbeziehungen zwischen der Millionärin und ihren Männern nach heftigen, humorvollen, aus dem Ruder gelaufenen Auseinandersetzungen mit gesundheitlichen und finanziellen Schäden für die Letzteren. Wurde eine wirtschaftlich unfähige Gutsbesitzerin in Der Kirschgarten durch einen zu Vermögen gekommenen ehemaligen Leibeigenen der Familie ersetzt, übernimmt die Millionärin, eine Vertreterin des Geldadels, dank ihres smarten Managements einen uneffektiven Familienbetrieb und ein aus der Zeit gelaufenes Hotel. Eine Reihe von Charakteren fesselt Leser und Zuschauer: Rechtsanwälte, Banker, Ärzte, Erfinder, Opernsänger, Theaterdarsteller und sogar der britische Premierminister. Mit englischem Humor und für Bernard Shaw typischen Scharfsinn und Vorliebe für Details macht uns der Autor mit Institutionen wie Gericht, Bank, Großkonzern, Krankenhäuser; Religionen wie Islam und Christentum vertraulich, auf persönlicher Ebene mit Vater-Tochter, Mutter-Sohn Liebe und Fixierungen sowie glücklichen und unglücklichen Ehen.

Die energiegeladene Hauptfigur Epifania leistete im Stück ihren Beitrag im Kampf um Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen, indem sie ihren Verehrer verprügelte: „In meinem göttlichen Zorn zerschmetterte ich ihn, wie ein Kind ein langweilig gewordenes Spielzeug zerschmettert. Und als er zu seinem wahren Selbst geschlagen wurde, fand ich heraus, dass ich für ihn keine Frau, sondern ein Bankkonto mit einem guten Koch war.“ Aber trotz negativen Erfahrungen setzt die Millionärin auf Optimismus und bleibt auf ständiger Suche nach der wahren Liebe.

Für den vorliegen Dramentext wurde eine traditionelle deutsche Vorlage benutzt, die für die meisten Schillers Dramen auch verwendet wurde.

Die Millionärin

Erster Akt

Tüchtiger junger Rechtsanwalt Julius Sagamore, dessen Beruf schon am Haarschnitt erkennbar ist, sitzt, mit seinem strengen Seitenscheitel strahlend, in seinem Büro am Lincoln’s Inn Fields Platz. Es ist ein schöner Morgen im Mai. Der alte Raum mit holzgetäfelten Wänden ist so eingerichtet, dass Herr Sagamore, den wir sitzend im Profil mit dem Rücken zu einem Fenster und seine linke Seite zu uns sehen, von einer exzessiven Intimität seiner emotionalen Kunden oder einem möglichen Angriff von Gewalttätigen oder Wahnsinnigen durch seinen Schreibtisch abgeschirmt ist. Die Eingangstür ist zu seiner Rechten im hinteren Teil des Raumes. Dementsprechend werden Gesichter von Klienten vom Fenster beleuchtet, aber sein eigenes Gesicht bleibt im Schatten. Ein Kamin, entworfen von einem bekannten schottischen Innenarchitekten und Chesterfield-Sitzmöbel-Designer Robert Adam, ist in der Wand gegenüber. Er ist von einem schmuddeligen Richterbild gekrönt. Die Büste eines anderen Richters verwahrt einen Spalt im Ziergiebel der Eingangstür in der Wand zu seiner Rechten, in der Nähe der Ecke, die am weitesten von ihm entfernt ist. Der Rest dieser Wand ist mit Regalen voller juristischer Bücher gefüllt. Die Wand hinter Herrn Sagamore hat wie oben erwähnt ein großes Fenster und daneben Aktenregale mit schwarzen Aufbewahrungsboxen aus Zinn mit Namen seiner Mandanten.

Damit verbreitet sich die Atmosphäre des achtzehnten Jahrhunderts um das Büro. Aber da wir das Jahr 1935 schreiben und Herr Sagamore keinen Geschmack für Staub und Schimmel hat und ein Geschäftszimmer braucht, das Opulenz suggeriert und in dem seine Mandantinnen und Klientinnen sich gut fühlen möchten und eine gute Figur machen wollen, ist alles gut abgestaubt, abgewischt und poliert. Der grüne Teppich ist neu, teuer und dick. Ein halbes Dutzend Stühle befinden sich in dem Raum: Vier Chippendale-Stühle allerneuester Fälschung, dievon dem berühmten Möbeldesigner Thomas Chippendale entworfene Originale im Rokoko Stil aus dem Katalog „The Gentleman and Cabinet Maker’s Director“ nachahmen, bilden eine Reihe unter den Bücherregalen. Von den anderen zwei ist einer von ihm selbst besetzt, und ein anderer, der Klientenstuhl, steht zwischen seinem Tisch und dem Kamin für die Unterbringung seiner Klienten.

Das Telefon, das auf dem Tisch vor ihm steht, klingelt.

SAGAMORE (hebt den Telefonhörer ab): Ja? … (beeindruckt) Oh! Schicke sie sofort hinauf.

Eine tragisch aussehende Frau, athletisch gebaut und teuer gekleidet, stürmt in den Raum. Er erhebt sich respektvoll.

DIE DAME: Bist du Julius Sagamore, wertloser Neffe meines verstorbenen Anwalts Pontifex Sagamore?

SAGAMORE: Ich mache keine Werbung für mich als wertlos, aber Pontifex Sagamore war in der Tat mein Onkel. Ich bin aus Australien zurückgekehrt, um als sein Nachfolger im Geschäft einzutreten und genauso erfolgreich wie er zu sein, wenn es mir gelingt, seine Klienten davon zu überzeugen, mir ihr Vertrauen zu schenken.

DIE DAME: Ich habe von ihm über dich gehört und bin folglich zu dem Schluss gekommen, da du nach Australien weggeschickt wurdest, müsstest du wertlos sein. Aber das macht nichts, denn mein Anliegen ist sehr einfach. Ich möchte ein Testament aufsetzen lassen und alles, was ich besitze, meinem Ehemann überlassen. Du kannst dabei wohl kaum etwas falsch machen, oder?

SAGAMORE: Ich werde mein Bestes geben. Bitte, setzen Sie sich doch.

DIE DAME: Nein, ich bin aufgeregt. Ich werde mich setzen, wenn ich müde bin.

SAGAMORE: Wie Sie möchten. Bevor ich das Testament verfasse, muss ich wissen, wer Ihr Ehemann ist.

DIE DAME: Mein Ehemann ist ein Idiot und ein Lump. Du wirst diese Tatsache im Testament angeben. Du wirst hinzufügen, dass es sein Verhalten war, das mich zum Selbstmord getrieben hat.

SAGAMORE: Aber Sie haben bis jetzt keinen Selbstmord begangen.

DIE DAME: Ich werde es tun, nachdem ich das Testament unterzeichne.

SAGAMORE: Natürlich: dumm von mir. Und sein Name?

DIE DAME: Sein Name ist Alastair Fitzfassenden.

SAGAMORE: Wie bitte? Tennis-Amateurmeister und Schwergewichtsboxer?

DIE DAME: Kennst du ihn?

SAGAMORE: Jeden Morgen schwimmen wir zusammen im Club.

DIE DAME: Diese Bekanntschaft macht dir keine große Ehre.

SAGAMORE: Ich musste Ihnen auch sagen, dass er und ich gute Freunde sind, Frau Fitzfassen –

DIE DAME: Nenne mich nicht bei seinem verabscheuungswürdigen Namen. Trage mich in deine Bücher als Epifania Ognisanti di Parerga.

SAGAMORE (mit Verbeugung): Oh! Ich fühle mich wirklich geehrt. Bitte, setzen Sie doch.

EPIFANIA: Mach dir keine Sorgen und setze dich selbst.

SAGAMORE: Aber selbstverständlich, wenn Sie es vorziehen. (Er setzt sich) Ihr Vater war ein sehr wunderbarer Mann, Madam.

EPIFANIA: Mein Vater war der größte Mann der Welt. Und er starb bettelarm. Dafür werde ich der Welt niemals verzeihen.

SAGAMORE: Bettelarm? (Er sieht sie erstaunt an). Sie überraschen mich. Es wurde berichtet, dass er Ihnen, seinem einzigen Kind, dreißig Millionen hinterlassen hat.

EPIFANIA: Na und! Was waren dreißig Millionen für ihn? Er hat hundertfünfzig Millionen verloren. Er hatte mir versprochen, zweihundert Millionen zu hinterlassen. Ich wurde nur mit erbärmlicher dreißig abgespeist. Das hat sein Herz gebrochen.

SAGAMORE: Dennoch, ein Einkommen von anderthalb Millionen –

EPIFANIA: Mensch, du vergisst die Erbschaftssteuer. Ich habe kaum siebenhunderttausend pro Jahr. Weißt du, was es für eine Frau bedeutet, die mit einem Einkommen im siebenstelligen Bereich aufgewachsen ist? Eine pure Demütigung!

SAGAMORE: Es verschlägt mir den Atem, Madam.

EPIFANIA: Da mein Atem mir beinahe ausgeht, habe ich keine Zeit, um mich um deinen Atem zu kümmern.

SAGAMORE: Ach ja, der Selbstmord! Das habe ich vergessen.

EPIFANIA: Ach wirklich? Dann also widme für einen Moment deine Gedanken nun dem Testament und verfasse es bitte fertig zum Unterzeichnen: Da sollte nämlich stehen, dass ich alles Alastair überlasse.

SAGAMORE: Um ihn zu erniedrigen?

EPIFANIA: Nein, um ihn zu ruinieren. Ihn zu zerstören. Ein Aff ’ bleibt ein Aff ’, er mag König werden oder Pfaff ’. Geld raubt ihm den Verstand. Ich habe gesehen, wie es bei ihm funktioniert.

SAGAMORE: Ich habe auch einige Fälle gesehen. Aber Sie können sich niemals sicher sein. Er könnte eine vernünftige Frau heiraten.

EPIFANIA: Du hast recht. Mache es zu einer Bedingung der Vererbung, dass er innerhalb eines Monats nach meiner Beerdigung eine billige Bürgerliche namens Polly Barfuß heiraten sollte.

SAGAMORE (notiert es): Ein lustiger Name.

EPIFANIA: Ihr richtiger Name ist Patricia Smith. Aber ihre Briefe an Alastair sind mit Polly Barfuß unterschrieben. Als eine Anspielung nehme ich an: Sie will, dass er ihr ein weiteres Dutzend Strümpfe kauft.

SAGAMORE (nimmt ein weiteres Blatt Papier und schreibt): Ich möchte Polly kennenlernen.

EPIFANIA: Warum, um Himmels willen?

SAGAMORE (während er schreibt): Wenn Alastair sie Ihnen also vorzieht, dann lohnt es sich wirklich, sie kennenzulernen. Ich werde ihn dazu bringen, mich vorzustellen.

EPIFANIA: Takt ist kaum deine Stärke, Julius Sagamore.

SAGAMORE: Wenn Sie das einnehmen würden, wird es nicht mehr von Bedeutung sein. (Er reicht ihr dasBlatt)

EPIFANIA: Was ist das?

SAGAMORE: Ein Rezept für den Selbstmord. Sie müssen für Zyanid bei dem Apotheker unterschreiben. Sagen wir mal für ein Wespennest. Weinsäure ist harmlos: Der Apotheker wird denken, Sie würden mit der Weinsäure Limonade machen. Geben Sie die beiden Salze in Wasser in zwei getrennte Gläser und rühren Sie um, bis sie sich vollständig im Wasser gelöst haben. Dann vermischen Sie die beiden Lösungen in einem Glas. Es wird Kaliumtartrat gebildet. Da es unlöslich ist, fällt es auf den Boden des Glases und das Überstandswasser wird reiner Cyanwasserstoff, also Blausäure: Ein Schluck von dieser Flüssigkeit wird Sie wie ein Donnerkeil töten.

EPIFANIA (berührt das Rezept ziemlich verwirrt): Du scheinst meinen Tod sehr kühl zu nehmen, Herr Sagamore.

SAGAMORE: Ich bin daran gewöhnt.

EPIFANIA: Willst du mir damit sagen, dass du so viele zur Verzweiflung getriebene Klienten gehabt hast, dass du ein Rezept parat für sie aufbewahrst?

SAGAMORE: Ja, das stimmt. Es ist wirksam und verlässlich.

EPIFANIA: Bist du sicher, dass alle schmerzlos im Nu gestorben sind?

SAGAMORE: Nein. Sie sind alle noch am Leben.

EPIFANIA: Am Leben? Das Rezept ist ein harmloser Schwindel! Ein blauer Dunst!

SAGAMORE: Nein. Es ist ein tödliches Gift. Aber sie nehmen es nicht ein.

EPIFANIA: Wieso?

SAGAMORE: Ich weiß es nicht. Aber sie tun es nie.

EPIFANIA: Ich werde. Ich hoffe, du wirst gehängt werden, weil du mir das Rezept gegeben hast.

SAGAMORE: Ich agiere nur als Ihr Anwalt. Sie sagen, Sie haben vor, einen Selbstmord zu begehen, und Sie kommen zu mir, um sich anwaltlich beraten zu lassen. Ich tue mein Bestes für Sie, damit Sie sterben können, ohne viel Brenngas zu verschwenden oder in den Serpentine See im Hyde Park zu springen. Sechs Schilling und acht Penny werde ich Ihrem Testamentsvollstrecker dafür in Rechnung stellen.

EPIFANIA: Wofür? Für eine Beratung, wie ich mich selbst töten kann!

SAGAMORE: Ja, aber Sie werden sich nicht heute selbst töten, sondern morgen.

EPIFANIA: Warum sollte ich meinen Selbstmord bis morgen verschieben?

SAGAMORE: Weil die Flüssigkeit aus dem Rezept morgen genauso gut wie heute wirken wird. Und etwas Lustiges kann heute Abend passieren. Oder sogar morgen Abend. Es besteht keine Eile.

EPIFANIA: Du bist ein Tier, ein Biest und ein Schwein. Mein Leben bedeutet dir nichts. Du fragst mich nicht einmal, was mich dazu getrieben hat. Du verdienst dein Geld aus dem Tod deiner Mandanten.

SAGAMORE: Das mache ich. Mit Ihrem Tod kommt eine Menge Bewegung ins Geschäft. Alastair wird bestimmt kommen, um Ihre Angelegenheiten zu regeln.

EPIFANIA: Und du erwartest, dass ich mich umbringe, damit du sein Geld verdienst?

SAGAMORE: Na ja, genau genommen sind Sie diejenige, die meine Erwartungen geweckt hat, Madam.

EPIFANIA: Oh Gott, hör diesen Mann nur zu! Ist es dir nicht eingefallen, wenn das Leben einer Frau zerstört ist, braucht sie ein wenig Sympathie und keine Flasche Gift?

SAGAMORE: Ich kann mit dem Selbstmord nicht wirklich sympathisieren. Der hat für mich irgendwie keine Anziehungskraft. Dennoch, wenn es getan werden muss, sollte man es lieber sofort und wissenschaftlich tun.

EPIFANIA: Du fragst mich nicht einmal, was Alastair mir angetan hat?

SAGAMORE: Es ist doch egal, was er Ihnen angetan hat, wenn Sie tot sind. Warum sollte man sich darüber Gedanken machen?

EPIFANIA: Du bist ein Erzschwein, ein totales Arschloch, Julius Sagamore.

SAGAMORE: Sie sollten sich meinetwegen nicht unnötig aufregen. Das Rezept wird alles heilen.

EPIFANIA: Verdammt dein Rezept. Und damit hat sich’s! (Sie zerreißt es und wirft die Stücke in sein Gesicht)

SAGAMORE (strahlend): Es ist wirksam und verlässlich. Und jetzt, da Sie Dampf abgelassen haben, schlage ich vor, dass Sie sich hinsetzen und mir alles darüber erzählen.

EPIFANIA: Du nennst den Aufschrei eines gequälten Herzens „Dampf ablassen“, nicht wahr?

SAGAMORE: Na gut, wie würden Sie es sonst nennen?

EPIFANIA: Du bist kein Mann: Du bist ein Trottel und ein Rhinozeros. Dazu bist du auch noch ein Idiot.

SAGAMORE: Ich bin nur ein Rechtsanwalt.

EPIFANIA: Du bist ein saumäßiger Rechtsanwalt. Du bist kein Kavalier. Du beleidigst mich in meiner Not. Du stellst dich hinter meinen Ehemann gegen mich. Du hast keinen Anstand, kein Verständnis. Du bist ein Fisch mit der Seele eines Schwarzkäfers. Hörst du mir zu?

SAGAMORE: Ja: Ich höre. Und ich beglückwünsche mich zu der Anzahl von Verleumdungsklagen, die ich in Strafverfahren zurückweisen muss, wenn Sie mir die Ehre erweisen, mich als Ihr Rechtsanwalt zu beauftragen.

EPIFANIA: Du liegst falsch.

---ENDE DER LESEPROBE---