5,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 5,99 €
Tod im Hochzeitskleid …
Die historische Cosy Crime-Reihe im viktorianischen England geht spannend weiter!
London, 1835: Der junge Journalist Charles hat sich mit der Tochter seines Chefs, Kate Hogarth, verlobt. Ihr Glück wird jedoch von einem grausigen Fund in Charles’ Nachbarswohnung überschattet: Die alleinstehende Miss Haverstock wurde ermordet und ihre Leiche in einem Hochzeitskleid zur Schau gestellt. Charles vermutet dahinter einen kürzlich entflohenen Sträfling, doch Kate ist der Meinung, die Aufmachung der Leiche spricht für ein persönliches Motiv. Als die Polizei einen Freund der beiden verhaftet, sehen sie sich gezwungen, wieder einmal in einem Mordfall zu ermitteln. Doch je mehr sie herausfinden, desto klarer wird, dass alles mit einem tragischen Geheimnis aus dem letzten Jahrhundert verbunden ist …
Dies ist eine überarbeitete Neuausgabe des bereits erschienenen gleichnamigen Titels Die Morde von Chelsea
Alle Bände der Victorian Crime-Reihe können unabhängig voneinander gelesen werden.
Weitere Titel dieser Reihe
Die Morde von Kensington (ISBN: 9783987781797)
Erste Leser:innenstimmen
„Eine tolle Idee, die sehr spannend und historisch akkurat umgesetzt wurde!“
„Charles Dickens beim Ermitteln zu begleiten war äußerst unterhaltsam.“
„Mysteriös, clever und fesselnd – ein rundum gelungener Whodunit-Krimi.“
„Diese großartige Cosy Krimi-Reihe aus England darf bitte nie zu Ende gehen!“
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 481
London, 1835: Der junge Journalist Charles hat sich mit der Tochter seines Chefs, Kate Hogarth, verlobt. Ihr Glück wird jedoch von einem grausigen Fund in Charles’ Nachbarswohnung überschattet: Die alleinstehende Miss Haverstock wurde ermordet und ihre Leiche in einem Hochzeitskleid zur Schau gestellt. Charles vermutet dahinter einen kürzlich entflohenen Sträfling, doch Kate ist der Meinung, die Aufmachung der Leiche spricht für ein persönliches Motiv. Als die Polizei einen Freund der beiden verhaftet, sehen sie sich gezwungen, wieder einmal in einem Mordfall zu ermitteln. Doch je mehr sie herausfinden, desto klarer wird, dass alles mit einem tragischen Geheimnis aus dem letzten Jahrhundert verbunden ist …Dies ist eine überarbeitete Neuausgabe des bereits erschienenen gleichnamigen TitelsDie Morde von Chelsea
Alle Bände derVictorian Crime-Reihekönnen unabhängig voneinander gelesen werden.
Erstausgabe 2019 Überarbeitete Neuausgabe Februar 2023
Copyright © 2023 dp Verlag, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH Made in Stuttgart with ♥ Alle Rechte vorbehalten
E-Book-ISBN: 978-3-98778-183-4
Copyright © 2019 by Heather Redmond Titel des englischen Originals: Grave Expectations
Published by Arrangement with KENSINGTON PUBLISHING CORP., NEW YORK, NY 10018 USA.
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.
Copyright © 2021, dp Verlag Dies ist eine überarbeitete Neuausgabe des bereits 2021 bei dp Verlag erschienenen Titels Die Morde von Chelsea (ISBN: 978-3-96817-434-1).
Übersetzt von: Dorothee Scheuch Covergestaltung: ARTC.ore Design unter Verwendung von Motiven von Shutterstock.com: © Taku, © Triff, © schab PeriodImages.com: © Mary Chronik, VJ Dunraven Productions & PeriodImages.com Korrektorat: KoLibri Lektorat
E-Book-Version 07.06.2023, 12:29:27.
Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werks sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.
Abhängig vom verwendeten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
Unser gesamtes Verlagsprogramm findest du hier
Website
Folge uns, um immer als Erste:r informiert zu sein
Newsletter
TikTok
YouTube
Von all den wunderbaren Geschichten aus der Feder von Charles Dickens ist Oliver Twist meine liebste. Mit Genuss habe ich sie mehrmals gelesen und mit dem armen Waisenjungen und seinem berührenden Schicksal im London des neunzehnten Jahrhunderts mitgefiebert.
Mit der Person des Autors, also mit Charles Dickens, habe ich mich bislang noch nicht befasst. Seine Geschichten standen für mich immer im Vordergrund. Durch meine Übersetzungen der Romane von Heather Redmond änderte sich das, denn sie nimmt sich in ihren Büchern genau dieses Themas an. Wie lebte Charles Dickens, bevor er berühmt wurde? Wie sah sein Privatleben aus? Wie war London zur damaligen Zeit?
In ihren Romanen schafft es die Autorin, die Atmosphäre des neunzehnten Jahrhunderts wieder heraufzubeschwören, sodass man als Leser diesmal mit Charles Dickens selbst und nicht mit den von ihm geschaffenen Romanhelden mitfiebert. Wahrscheinlich hat er in seinem echten Leben keine Kriminalfälle gelöst oder ist dafür zumindest nicht bekannt geworden, aber davon abgesehen entsprechen viele Details aus Heather Redmonds Romanen seiner tatsächlichen Biografie.
Ich kann die Bücher allen empfehlen, die sich gern im viktorianischen England mit all seiner Düsternis verlieren und auf unterhaltsame Weise mehr über Charles Dickens erfahren möchten.
Dorothee Scheuch
Für Rachel und Joseph
Charles Dickens*, ein Journalist
Kate Hogarth*, Charles’ Verlobte
Fred Dickens*, Charles’ jüngerer Bruder und Zimmergenosse
Mr George Hogarth*, Charles’ Herausgeber beim Evening Chronicle; Kates Vater
Mrs Georgina Hogarth*, Kates Mutter
Mary Hogarth*, Kates jüngere Schwester
William Aga, Charles’ Journalistenkollege beim Evening Chronicle
Daniel Jones, ein Schmied
Mrs Addie Jones, Daniel Jones’ Ehefrau
Edmund Jones, ein Schmied
Hannah Jones, Edmund Jones’ unverheiratete Schwester
Prince Moss, ein Jugendlicher aus einer niederen Schicht
Pietro Ferazzi, ein Vermieter
Miss Haverstock, eine Mieterin
Mrs Julie Aga, eine arbeitslose Schauspielerin
Evelina Jaggers, Miss Haverstocks Pflegetochter
Osvald Larsen, ein flüchtiger Sträfling
Ned Blood, ein flüchtiger Sträfling
Breese Gadfly, ein Komponist
Lady Holland*, eine berühmte Mäzenin
Reuben Solomon, ein Kleiderhändler
Lucy Fair, die Anführerin der Schlammgräberkinder der Blackfriars Bridge
der Kleine Ollie, ein Schlammgräber
*real existierende historische Personen
Chelsea, London, 20. Juni 1835
Das uralte Magazin war am Freitagabend unter Charles Dickens’ Tür in Selwood Terrace hindurchgeschoben worden, nachdem alle im Haus zu Bett gegangen waren.
„Hier.“ Sein Bruder Fred drückte ihm das knisternde Papier in die Hand. „Das habe ich auf dem Fußboden gefunden.“ Fred, ein schlaksiger fast Fünfzehnjähriger, trug einen Gehrock, einen Schal und Handschuhe und wollte gerade das Haus verlassen.
„War eine Nachricht dabei?“ Charles, noch immer in seinem Morgenmantel, blickte verwirrt auf die vergilbten Seiten und das zerknitterte Titelblatt des Migrator Magazine hinab.
„Nein.“ Fred zuckte mit den Schultern. „Ich gehe zum Bäcker und hole frische Brötchen. Möchtest du sonst noch etwas?“
„Nein danke. Wenn du zurückkommst, erwarte ich, dass du an deinen Lateinübungen arbeitest, während ich einen Artikel beende“, sagte Charles.
Fred quetschte mit beiden Händen seine Wangen zusammen, wodurch sein freundliches Gesicht zu einer Schnute wurde. „Das wird heute ein wunderschöner Sommertag. Ich würde lieber draußen spazieren gehen.“
„Erst, wenn du deine Aufgaben erledigt hast.“ Charles ging zum Wasserkrug hinüber und fand darin gerade noch genug Wasser für einen Tee. Er goss es in den Kessel und reichte seinem Bruder den leeren Krug.
„Schon gut“, sagte Fred mit einem Anflug von Verzweiflung. „Aber mir knurrt der Magen.“
Charles winkte seinem Bruder zum Abschied fröhlich zu und schürte das Feuer im Herd, um die Flammen wieder zum Leben zu erwecken. Der Tag versprach zwar schön zu werden, ohne ein Regenwölkchen am Himmel, aber jetzt lag noch eine spürbare Kälte in der Luft.
Hinter sich hörte er das leise Klicken, mit dem die Tür ins Schloss fiel. Er warf ein Stück Kohle aufs Feuer und kehrte zu seinem Magazin zurück, mit dem er sich in einen beinahe sauberen Sessel zurückzog, den er bei einem Händler für Möbel aus zweiter Hand in der Holywell Street gekauft hatte. Weil er seine möblierte Wohnung in Holborn behalten hatte, stand ihm nur ein begrenztes Budget für Möbel zur Verfügung.
Trotzdem war es diesen Umstand wert, weil er nun während der Sommermonate dichter bei seiner Verlobten Kate Hogarth wohnte. Er wollte sie ohne die Unannehmlichkeiten eines Fünf-Meilen-Fußwegs sehen können. Während der Anfangszeit ihrer Beziehung im letzten Winter hatte er einen Haufen Schuhleder verschlissen.
Auf dem Deckblatt stand 1785 als Jahr der Veröffentlichung. Wer hätte dieses Magazin all die Jahre über behalten sollen, nur um es unter seiner Tür hindurchzuschieben? Er war Parlamentsreporter, Sketchschreiber und gelegentlich Theaterkritiker und kein Sammler rührender Geschichten aus der Vergangenheit.
Als er durch die Seiten blätterte, stieß er auf ein verblasstes Haarband. Es hatte einen bräunlichen Ton, der einmal lavendelfarben gewesen sein mochte, und markierte einen Artikel mit der Überschrift Tod eines jüdischen Kindes.
Charles zuckte zurück. Der Tod einer jeden hilflosen Kreatur erregte sein natürliches Mitleid. War das die Stelle des Magazins, von der der unbekannte Absender wollte, dass er sie las? Er beugte sich zum Feuer und begann zu lesen.
Vier Kinder folgten ihrem Anführer, dem neunjährigen Pete, die Leiter hinter seinem Haus in Limehouse hinunter. Die Flut zog sich zurück und hinterließ für das geübte Auge einen Strand voller Fundsachen.
„Schnell“, befahl Pete und blickte die zwei Mädchen Han und Goldy verächtlich an.
„Ich weiß“, gab Goldy schnippisch zurück. Sie hatte ihren Kopf bereits gesenkt und blickte konzentriert auf den Strand hinab. Als einzige Jüdin in Petes Bande war sie berühmt für ihre unfehlbare Fähigkeit die noch heilen Pfeifenköpfe zu finden.
Han ging zu einem kleinen Felsen und warf sich mit dem Bauch nach unten darüber. Von dort aus hielt sie zwischen den Steinen Ausschau nach wertvollen Gegenständen, die der Fluss ans Tageslicht befördert hatte.
Eddie, Hans’ jüngerer Bruder, schob mit dem Fuß einen Stein beiseite. Dort lag eine Porzellanpuppe mit dem Gesicht im Sand. Er hob sie auf und stieß eine unflätige Bemerkung aus, als er feststellte, dass der halbe Kopf der Puppe zerbrochen war. Er warf sie in Osvalds Richtung und rief: „Hier is ’ne Mutti für dich.“
Mit zitternden Händen hob der junge die zerstörte Puppe aus dem Seegras auf, in dem sie gelandet war. Seine Mutter war durch einen Schlag ins Gesicht gestorben, den ihr brutaler, trunksüchtiger Ehemann ihr versetzt hatte, doch Eddie hatte kein Mitleid mit Osvald.
„Schaut mal hier“, rief Pete. „Los, Jungs, kommt schnell.“
„Ein Fass“, stellte Goldy fest. „Ist es voll?“
Pete ignorierte sie und versuchte schwer atmend das nach Alkohol riechende Fass unter seine Kontrolle zu bringen. „Geh auf die andere Seite“, befahl er Eddie. „Os, du gehst dort rüber!“
Die drei Jungen schafften es das Fass aus dem Wasser auf ein steiniges Stück Strand zu hieven. „Gott verdammt!“, fluchte Pete, als er erkannte, dass dem Fass der Boden fehlte.
„Kein Grog für uns“, schmollte Eddie.
„Wo ist meine Pfeife?“, fragte Pete und drehte sich zu Goldy um. Sie hielt ihm einen kleinen Pfeifenkopf mit einem Riss an der Seite hin. „Der hier ist alles, was ich bis jetzt habe.“
Mit einer schnellen Bewegung schlug Pete ihn aus ihrer Hand. Der Pfeifenkopf fiel zu Boden. Durch die Gegenbewegung zu Petes Schlag schwang Goldys Hand in ihr eigenes Gesicht und stieß gegen ihre Nase. Sie schluchzte laut.
„Halt die Klappe“, knurrte der Anführer nach einer kurzen Pause.
Goldy schniefte und drückte ihre Finger an ihre verletzte Nase. Sie waren blutig. Mit einem Schrei der Verärgerung fuhr sie zu Pete herum und schlug mit ihren kleinen Fäusten auf den stämmigen Jungen ein.
Er versetzte ihr einen Schlag an die Schläfe. „Hör auf zu heulen!“, befahl er.
Doch das tat sie nicht, sondern taumelte von seinem Schlag umher.
„Ins Fass“, sagte Osvald. „Dann wird sie schon den Mund halten, die kleine Schlampe.“
„Ins Fass mit ihr“, wiederholte Eddie und trat dem Mädchen die Füße unter dem Körper fort. Als sie auf die Knie gefallen war, sah er mit in die Hüfte gestemmten Händen von oben auf sie hinab. „Sie ist nur eine dreckige Jüdin.“
Osvald packte ihr zerlumptes Kleid. Der zarte Stoff zerriss, als er sie nach oben zog. Sie schrie, als er sie mit dem Kopf voran in das Fass stieß.
Pete stützte sich mit einer Hand auf den Rand des Fasses. Einen Augenblick lang war alles still, abgesehen von dem Klatschen von Rudern auf das Wasser, als ein Boot vorbeifuhr und kleine Wellen ans Ufer sandte.
Das Wasser umspülte Petes Füße und er verlor seinen sicheren Stand. Er fiel gegen das Fass, das zu schwanken begann und schließlich umfiel. Goldy schrie auf.
„Kann sie niemals ihren Mund halten?“, beschwerte sich Eddie und trat gegen das Fass. Es bewegte sich. Eine größere Welle lief auf den Strand. „Die Flut kommt früh heute“, sagte Pete.
Eine weitere Welle kam. Das Fass begann auf dem steigenden Wasser zu schwimmen. Goldy schlug von innen gegen das Holz. Ihre schmutzigen nackten Füße ragten über den Rand hinaus.
Eddie trat immer wieder gegen das Fass, bis eine weitere Welle kam und es ein gutes Stück weiter auf die schmutzige Themse hinauszog.
Ein größeres Boot fuhr vorbei, auf dem eine Mannschaft von Ruderern unermüdlich arbeitete. Dadurch lief eine größere Welle zum Ufer und trug das Fass mit sich fort.
Han schrie, als ihre Spielgefährtin in den schlammigen braunen Wellen verschwand.
„Sie wird ertrinken! Sie steckt mit dem Kopf voran dort drinnen!“
Eddie packte seine Schwester an der Schulter und schüttelte sie. „Ruhig jetzt. Wir haben sie heute nicht gesehen, hörst du?“
Feucht und zitternd liefen die Kinder fort. Aus einer nahe gelegenen Werft breitete sich Rauch über den Strand aus und vernebelte die Sicht auf den Fluss. Einer nach dem anderen stiegen sie die Leiter hinter Petes Haus hinauf. Niemand drehte sich um und blickte zurück. Goldy war ihrem wässrigen Schicksal überlassen.
Charles blinzelte, als er das Ende der Geschichte erreichte. So eine tragische Geschichte auf denen von Feuchtigkeit gezeichneten Seiten des alten Magazins. Eine Geschichte, die einen an die Menschlichkeit erinnern sollte, mit ihrer Beschreibung dieser grausamen Kinder und ihrer Unmoral. Er fragte sich, ob einer seiner Nachbarn, Miss Haverstock oder Mr Gadfly, ihn beim Wort genommen hatte, als er darüber sprach einen historischen Roman schreiben zu wollen, und es ihm zur Inspiration unter der Tür hindurchgeschoben hatte.
Die Tür ging auf und Charles blätterte weiter.
Fred reichte ihm eine Tüte Brötchen. „Ist das Wasser heiß?“
„Ja, sollte es.“
Fred sah ihn an. „Geht es dir gut?“
Charles schlug das Magazin zu, aus dem eine Staubwolke hervorquoll, die ihn in der Nase kitzelte. Er nieste. „Bestens. Der Artikel, den ich gerade gelesen habe, hat mich nur sehr gefesselt.“
Fred grub in seiner Tasche nach einem Taschentuch, als Charles erneut nieste.
„Danke. Es ist nur, weil das alte Magazin so staubig ist.“ Er legte es in sicherer Entfernung vom Feuer und den Fenstern auf einen Stapel Papier.
Fred ging zum Kaminsims hinüber und griff nach dem Porzellangefäß, das ihre Teeblätter enthielt. „Hast du schon herausbekommen, wer es hier abgegeben hat?“
„Nein, aber das hier ist ein geselliges Haus. Die schrullige alte Miss Haverstock aus dem Obergeschoss hat es vielleicht in ihren Besitztümern gefunden. Oder Mr Gadfly hat es gefunden, als er auf der Suche nach Inspiration für seine Liederschreiberei im Theater umhergestreift ist. Dann sind da noch unsere unberechenbaren Freunde William und Julie Aga.“
Fred schüttelte ihre Teekanne, bis die Blätter darin zu seiner Zufriedenheit verteilt waren, und goss dann vorsichtig das heiße Wasser darauf.
„Ich war sehr überrascht, als sie eingezogen sind. Für William ist es ein recht weiter Weg in die Stadt.“
Charles stand auf und streckte sich. „Sie scheinen glücklich zu sein. Außerdem können William und ich gemeinsam zur Arbeit gehen.“ William war ebenfalls Reporter beim Morning Chronicle und auf Verbrechen spezialisiert.
„Findest du? Williams fröhliches Pfeifen kann ich auf eine halbe Meile Entfernung hören, aber Julie sieht meiner Meinung nach nicht gut aus.“
„Sie ist im Frühjahr krank gewesen. Derart nervöse Frauen haben solche Probleme.“
„Vielleicht hat sie das Magazin unter der Tür durchgeschoben, um dich zu ärgern?“
Charles verwarf die Idee. „Nein, daran war nichts Lustiges.“
„Soll ich das Feuer ausgehen lassen?“, fragte Fred.
„Kannst du ruhig. Es sollte jetzt wärmer werden. Warum erledigst du deine Aufgaben nicht heute Morgen und danach gehen wir unsere Fenster an. Sie sind so schmutzig, dass man kaum hier hereinschauen kann.“
„Was ist mit meinem Spaziergang?“
„Heute Nachmittag“, versprach Charles. „Wenn du dich nicht bildest, kommst du im Leben nicht weit. Ich muss noch einen Sketch schreiben, bevor ich Freizeit habe.“
Die Brüder saßen gemeinsam an ihrem alten, wackligen Tisch, den sie vor das Feuer geschoben hatten, um die letzte Wärme zu genießen, und arbeiteten fleißig. Gerade als die Glocken der nahe gelegenen Kirche des Heiligen Lukas zehn Uhr schlugen, klopfte es an der Tür.
„Ich gehe. Du kannst weiter übersetzen“, sagte Charles und stand auf. Er zog seine fingerlosen Handschuhe aus und ließ sie auf dem Tisch liegen.
Nachdem er die Tür einen Spaltbreit geöffnet hatte, rief er „Hogarths!“, als er die jungen Damen auf der Schwelle stehen sah.
Seine Verlobte Kate lächelte ihn an, wobei ihre Augen unter den schweren Lidern leuchteten. Sie trug ein frisches Baumwollkleid, dessen schmale rote Streifen Freude ausstrahlten. Ihre Haube wurde von Bändern derselben Farbe gehalten. Er konnte noch immer nicht glauben, dass sie nun sein war, obwohl sie zu Beginn des Frühjahrs, drei Monate, nachdem ihr Vater die beiden miteinander bekannt gemacht hatte, seinen Antrag akzeptiert hatte.
Ihre Schwester Mary trug ein sommerlich geblümtes Kleid, hob einen Korb hoch und schlug den Deckel zurück. Der appetitliche Anblick von Erdbeerscones und Butter begrüßte ihn.
„Welch eine Freude, meine Lieben.“ Charles öffnete die Tür nun ganz. „Fred ist in der Stube. Wir wollten gerade essen.“
Nachdem die jungen Frauen eingetreten waren, schloss Charles die Tür und achtete sorgsam darauf, dass ihre langen Röcke nicht eingeklemmt wurden. Fred schürte das Feuer und setzte mehr Wasser auf. Die Mädchen stellten vier Teller auf den Tisch und platzierten die Platte mit den Scones und die Butterschale in der Mitte. Charles fand in seiner Kiste auf dem Kaminsims ein Buttermesser und reichte es Kate.
„Habt ihr genügend Stühle?“, fragte Mary.
„Ja, wir haben vier“, sagte Charles und deutete hinter sie. „Ich habe mir viele fröhliche Morgen wie diesen ausgemalt, als ich in die Nähe meiner lieben Hogarths gezogen bin.“
Mary fragte Fred etwas zu seiner Übersetzung und die beiden unterhielten sich über seine lateinischen Gedichte, die er wegen des Essens beiseitegelegt hatte. Charles holte den Katalog mit Küchenutensilien hervor, der für jeden neuen Haushalt unerlässlich war, und sah ihn sich gemeinsam mit Kate an.
„Brauchen wir wirklich all diese besonderen Bürsten?“, fragte sie leicht nervös.
„Je mehr, desto besser“, sagte Charles. „Du weißt, dass der Schmutz überall hin vordringt, aber wir können ihn nicht gewinnen lassen. Wir haben vor heute Nachmittag unsere Fenster zu putzen. Sie sind schrecklich schmutzig.“
„Es ist recht düster hier drinnen“, sagte Kate.
„Ich laufe schnell nach Hause und hole unsere spezielle Reinigungslösung“, bot Mary an. „Und Vater besitzt eine Übersetzung von Cäsars Gallischem Krieg, die Fred gefallen könnte.“
Fred schnaubte.
Charles’ Stimme erhob sich über die seines Bruders. „Der Reiniger wäre sehr nützlich.“
„Lauf schnell, Mary, aber versichere Mutter, dass Fred hier ist, damit wir den Anstand wahren“, sagte Kate.
„Ja, lauf schnell“, fügte Fred hinzu, „denn ich werde ausgehen, sobald dieses Gedicht fertig ist.“
Mary schnaubte daraufhin verächtlich. „Ich bin so schnell ich kann zurück, für Kate.“
Sie flitzte davon. Charles und Kate lächelten sich amüsiert über ihre willensstarken Geschwister zu.
„Hast du Latein gelernt, Kate?“, fragte Fred.
„Ein wenig.“ Kate beugte sich über Freds Tischseite.
Charles nahm die Times und schlug Seite drei auf, um die Nachrichten aus dem Parlament zu lesen. Er befasste sich mit einem langen Artikel über die Rede von Mr Buxton.
„Die Times schreibt viel über Buxtons Rede gegen die Sklaverei“, bemerkte er. „Ich werde für den Chronicle meine eigene Analyse darüber schreiben, aber meine Gedanken sind von Grausamkeiten gefangen, die viel näher an der Heimat stattgefunden haben.“
„Was meinst du?“, fragte Kate.
Charles holte die uralte Ausgabe des Migrator Magazine hervor und zeigte sie ihr, während er ihr erklärte, wie sie in seinen Besitz gekommen war. „Halte dein Taschentuch bereit, denn es ist etwas schimmlig.“ Er schlug die richtige Seite auf und legte es neben Freds Übersetzung auf den Tisch.
Kate las die Seite, während Charles die letzten Teller in eine Schüssel räumte, die ihnen als provisorische Spüle diente. Dann nahm er seine Feder wieder auf und dachte über seine eigene Meinung über die Rede Buxtons nach. Der Kommentar der Times über Auspeitschungen erregte sein Mitleid, also durchkämmte er seine eigenen Notizen auf der Suche nach etwas, das ihrem Reporter entgangen war.
Nach ein paar Minuten intensiven Lesens klappte Kate das Magazin zu. Und nieste.
Fred kicherte. „Du wurdest gewarnt, liebe Kate.“
Anmutig wischte sie sich ihre Nase. Charles ließ seine Feder sinken.
„Du hast über Kinder gelesen, die vor über fünfzig Jahren gelebt haben, Mr Dickens. Sicher sind die Schrecken der modernen Sklaverei wirklicher als ein paar mörderische Kinder aus der fernen Vergangenheit.“
„Glaubst du, dass die Kinder sich heute besser benehmen?“, entgegnete er.
Kate lächelte ihn an. „Ich hoffe, das finden wir nächstes Jahr heraus. Mit etwas Glück sind wir an Weihnachten bereits verheiratet.“
Er tätschelte ihre Hand. „Mit Glück.“
„Wir sind immerhin schon seit zwei Monaten verlobt“, erinnerte sie ihn.
„Ich hoffe, dass wir bis Weihnachten ein passendes Zuhause gefunden und eingerichtet haben.“
„Ähem.“ Kate räusperte sich.
„Ja, Liebling?“, fragte Charles.
„Du weißt schon, was mich von der Hochzeit ablenken könnte?“
„Was?“
Sie klimperte mit den Wimpern. „Ein Kriminalfall natürlich.“
Charles deutete auf das uralte Magazin auf dem Tisch. „Direkt vor deiner Nase ist ein Mord passiert.“
„Verschone mich mit der entfernten Vergangenheit“, sagte Kate. „Und such mir etwas Frisches. Wenn ein verstimmter Bauer Mr Buxton erschossen hätte und niemand wüsste, dass er es war, nun, das würde meine Gedanken eine Zeit lang von unserem künftigen Zuhause ablenken.“
„Ich halte es kaum für christlich zu denken, dass ein Parlamentsmitglied ermordet werden sollte, nur um dich zu unterhalten“, sagte Charles trocken.
Kate wischte einen Krümel vom Tisch. Er landete auf dem Boden. „Natürlich nicht, aber London ist eine große Stadt. Sicher findest du etwas, das mich beschäftigt.“
„Ich weiß noch nicht einmal, wer das Magazin zurückgelassen hat.“ Charles beugte sich hinunter, hob den Krümel auf und warf ihn ins Feuer.
„Du musst einfach nur unsere Wohnung verlassen, Charles“, sagte Fred. „Du musst nur die Nachbarn fragen, um dieses Rätsel zu lösen.“
Die Tür öffnete sich und Mary kam herein. Bald waren die Schwestern damit beschäftigt die Stubenfenster zu polieren und den Schmutz zu beseitigen, der sich seit langer Zeit auf dem Glas gesammelt hatte.
Charles kehrte zum Tisch und seinem unvollendeten Artikel zurück. Das Fenster klapperte, als Mary und Kate es öffneten, um die Außenseite zu reinigen. Charles vergrub sich tief in die Angelegenheit um Buxton und nahm die Geschäftigkeit um sich herum nicht wahr, bis er einen Schrei hörte.
Mary lehnte sich zu weit aus dem Fenster. Fred, der vorhersah, was passieren würde, sprang auf und griff nach Mary, als sie im Begriff war aus dem Fenster zu stürzen.
„Mary!“, schrie Kate.
Charles sprang ebenfalls auf und stieß dabei seinen Stuhl um. Ein weiterer Schrei ertönte. Dann hörte er einen Ruf von der Straße.
„Ich habe sie. Sie können loslassen.“
Charles eilte zum Fenster und stellte sich neben Kate. Sie beugten sich hinaus. Direkt neben der Hecke am Boden des vier Fuß langen Falls lag Mary in den Armen des jungen Schmieds Daniel Jones, der in derselben Straße lebte.
Kate ergriff Charles’ Ärmel, als der Mann ihre Schwester sanft absetzte.
„Am besten schütteln Sie Ihren Rock aus, Kleine. Ich habe immer Sägespäne an meinen Sachen“, sagte der freundliche Schmied.
„Mr Jones!“, rief Charles Marys Retter zu. „Sie sind ein Lebensretter. Vielen Dank!“
Kate schlug die Hände zusammen und fügte auch ihren Dank hinzu. Mary lächelte zu ihnen hinauf. „Es ist nichts passiert.“
„Richtig. Sie ist direkt in meine Arme geglitten“, stimmte Mr Jones zu.
„Sie ist direkt aus dem Fenster geglitten“, sagte Fred kopfschüttelnd.
„Ich habe mich zu weit hinausgelehnt“, gab Mary zu. „Ich hatte Glück, dass Sie gerade vorbeigekommen sind.“
„Ich wohne nur ein paar Häuser weiter.“ Mr Jones trug noch immer seine grobe Lederschürze. Zu seinen Füßen stand ein Krug.
Charles deutete darauf. „Haben Sie das fallen gelassen, um Miss Mary aufzufangen? Ist es kaputt? Ich werde dafür bezahlen.“
Mr Jones hob den Krug auf. „Nein, es ist noch heil, Mr Dickens. Ebenso wie Sie, wie ich hoffe, Miss.“
Mary deutete einen kleinen Knicks an. „Ja, danke, Sir. Dank Ihnen geht es mir gut. Was ist Ihre Lieblingsmarmelade? Meine Schwester und ich werden Ihnen etwas davon bringen, um Ihnen zu danken.“
Der Schmied lächelte schüchtern. „Oh, das ist nicht nötig, aber meine Frau kann von Erdbeeren nicht genug kriegen, wie Mr Dickens hier weiß.“
„Wir haben ein ganzes Glas davon geleert, als Sie mich letzte Woche zum Tee eingeladen haben“, bestätigte Charles.
„Passen Sie mit diesem Fenster auf“, riet Mr Jones. „Dieser Busch dort hat Dornen. Eine unserer Katzen hat sich einmal darin verfangen und Miss Haverstock musste mich rufen, um sie zu retten.“
Mary zog ein Gesicht. „Wir werden vorsichtiger sein, Sir.“
Mr Jones nahm seine Mütze vom Kopf und schob sich ein paar verschwitzte Locken aus der Stirn.
„Wo wir gerade von Miss Haverstock sprechen, haben Sie sie in der letzten Zeit gesehen? Meine Frau sieht gewöhnlich freitags nach ihr, aber als sie gestern geklopft hat, hat sie nicht geöffnet.“
„Wir sehen gleich nach ihr“, versprach Charles. „Ich bin heute noch nicht draußen gewesen.“
„Sehr gut. Ich hole gerade Bier“, sagte Mr Jones und setzte seine Mütze wieder auf. „Möchten Sie mich begleiten, Mr Dickens?“
„Ich wünschte, das könnte ich“, sagte Charles. „Aber ich muss noch arbeiten. Wir sehen uns morgen in der Kirche.“ Die Familie Jones besuchte dieselbe Kirche wie die Hogarths. Mr Hogarth, der nicht nur Kates und Marys Vater, sondern auch Charles’ Vorgesetzter beim Evening Chronicle war, hatte Charles im April den Jones’ vorgestellt, nachdem Kate und er ihre Verlobung bekannt gegeben hatten.
Als sie mit dem Reinigen der Fenster fertig waren, erlaubte Charles Fred seinen Spaziergang zu machen, während er selbst zu seinem Artikel zurückkehrte. Die Mädchen wuschen das Geschirr ab und räumten alles wieder in ihren Korb. Mary wischte den Fußboden.
Kate hatte ihren Stickrahmen mitgebracht und setzte sich damit an den Tisch, während Mary sich bemühte ein paar Knöpfe wieder an Freds Mantel zu nähen. Als die Kirchenglocken elf Uhr schlugen, sprang sie auf, als wäre sie mit einem heißen Eisen berührt worden.
„Ich vergaß, dass Mutter mich gebeten hat auf die Zwillinge aufzupassen, während sie ein paar Besuche macht.“ Sie ließ den Mantel sinken.
„Hast du die Knöpfe angenäht?“, fragte Kate ungerührt.
„Alle bis auf einen. Den kannst du annähen, oder nicht, meine Liebe?“, fragte Mary.
„Natürlich“, rief Kate ihr hinterher, als Mary schon zu ihrem Mantel lief. Mary blickte zurück. „Du musst auch gehen, weil Fred nicht mehr hier ist. Nimm seinen Mantel mit.“
Charles sah von seinen Papieren auf. Er wollte noch nicht wieder von Kate getrennt sein. „Warum machen wir nicht auch einen Besuch? Miss Haverstock kann dann die Anstandsdame für uns spielen. Ich muss sowieso nach ihr sehen.“
Mary schlang ihr Tuch um ihre Schultern. „Schön. Ich lasse die Tür offen und gehe, aber ihr müsst versprechen, dass ihr in weniger als einer Minute den Raum verlasst, oder ich werde Mutters Zorn auf mich ziehen.“
Charles legte seine Feder nieder. „Niemals.“ Er erhob sich, nahm den Korb und reichte ihn Mary.
Sie öffnete die Tür so weit es ging, ließ sie offen stehen und verschwand auf den kleinen Flur hinaus.
Kate legte ihr Stickzeug nieder und nahm stirnrunzelnd ihren Mantel vom Haken. „Ich mag es nicht unterbrochen zu werden, wenn ich gerade dabei bin eine Blume zu sticken.“
„Du machst nie einen falschen Stich“, sagte Charles und beugte sich zu ihr. „Ich mag das Blau. Es passt zu deinen Augen.“
Kate ließ ihren Mantel sinken und tätschelte seine Hand. „Du sagst die liebsten Sachen.“
„Ich werde das Schlafen aufgeben“, sagte er laut.
„Das wirst du nicht, Mr Dickens“, sagte sie kichernd. „Das wird dir nicht dienlich sein.“
„Warum nicht?“
„Dein Verstand muss scharf bleiben.“
Mit einem wagemutigen Finger berührte er ihr Kinn. „Aber ich bin so ein liebestoller Narr. Je mehr ich arbeite, umso mehr verdiene ich und umso eher kann ich es mir leisten dich zu heiraten.“
„Komm, du Narr“, sagte sie und stand auf. „Wir gehen besser nach oben. Ich möchte Mutter nicht anlügen, indem ich ihr erzähle, dass ich niemals mit dir allein in deiner Wohnung bin. Du weißt, dass sich das nicht gehört.“
Er legte seine Hände auf ihre Schultern. „Darf ich noch einen Kuss stehlen?“
Sie hielt ihm ihre Wange hin. „Nur auf die Wange?“, fragte er sanft. „Ist das alles, was Mr Dickens verdient?“
„Charles“, flüsterte sie und sah ihn an.
Er grinste, rieb seine Nase an ihrer und gab ihr einen Kuss auf die Spitze. „Das muss genügen. Deine Ehre ist mir so wichtig wie dir.“
„Danke.“ Ihre Wangen erröteten und sie blickte zu Boden.
Mit großer Geste bot er ihr seinen Arm. „Lass uns nach oben gehen.“
„Wann hast du sie das letzte Mal besucht?“, fragte Kate. Sie war etwas wacklig auf den Beinen, als sie seinen Arm nahm. Er spürte kaum den Druck ihrer Finger auf seinem Ärmel.
„Ich gebe zu, dass mich besorgt, was Mr Jones gesagt hat. Es war selbstsüchtig von mir nicht sofort nach oben gegangen zu sein.“
„Du bist niemals selbstsüchtig, Liebling. Miss Haverstock benutzt diesen Stock, weißt du, wegen ihrer schlechten Hüfte. Vielleicht ist sie gestern nicht aus dem Bett gekommen.“
Er und Kate traten in den schmalen Flur zwischen den Wohnungen. Gegenüber der Eingangstür des Gebäudes befand sich eine Holztreppe mit knarzenden Stufen. Miss Haverstock war eine kleine Frau, die nicht viel Lärm machte, wenn sie die Treppe hinaufging oder sich in ihrer Wohnung bewegte, die sich direkt über der von Charles befand. Die Geräusche, die sie machte, glichen eher denen einer Maus als denen einer erwachsenen Person, die ihrem Tagwerk nachging.
Als sie die Stufen hinaufstiegen, musste Kate seinen Arm loslassen, um ihre Röcke leicht anzuheben. Charles fiel ein, dass er seit Tagen keine Geräusche mehr aus Miss Haverstocks Wohnung gehört hatte. Wann hatte er seine Nachbarin zuletzt gesehen?
Kate blickte ihn an. „Was riecht hier so, Charles?“
„Verdorbenes Fleisch?“, schlug er vor und verzog angewidert die Lippen. Er hatte etwas Derartiges schon einmal gerochen, vor einem halben Jahr, als er an den Tatort eines blutigen Selbstmordes gerufen worden war.
Sie erreichten das Ende der Treppe. Der Geruch wurde stärker. Kate keuchte, zog ein Taschentuch aus ihrem Ärmel und hielt es sich vor die Nase. „Vielleicht ist sie krank?“
Charles wusste es besser, nun, da sie an der Tür zu Miss Haverstocks Wohnung standen. „Sie ist tot, Kate. Es muss so sein.“
„Sollen wir einen Constable rufen?“, fragte Kate, als sie zögernd vor der Tür zu Miss Haverstocks Wohnung standen. Der düstere, fensterlose Flur ähnelte einem Keller. Kein Straßenlärm drang zu ihnen herauf; nichts bewegte sich im Gebäude. Und dennoch war hier etwas sehr Schlimmes passiert.
Charles schüttelte seinen Kopf. Sein Journalistengehirn verlangte nach mehr Informationen. Er ging ihre Optionen durch, obwohl er die unangenehme Wahrheit bereits wusste.
„Noch nicht. Es ist in den letzten Tagen recht warm gewesen. Vielleicht ist Rattles, der Hauskater, gestorben. Oder Miss Haverstock ist verreist und hat die Reste eines Rinderbratens auf dem Tisch zurückgelassen.“
Der kühle Türknauf drehte sich leicht unter seiner Hand. Das war jedoch nicht weiter auffällig, weil Miss Haverstock ihre Tür nicht abschloss. Auf dem kleinen Flur schien alles an seinem Platz zu sein. Die kleine Fläche zwischen den beiden Wohnungen war sauber und ordentlich.
Er stieß die Tür auf und sie traten ein. Der faulige Gestank schlug ihnen entgegen. Er war nun so stark, dass Charles ihn beinahe in seiner Kehle schmecken konnte. Er blinzelte und versuchte in dem hellen Wohnzimmer etwas zu erkennen.
„Oh“, sagte Kate und würgte ein wenig. Ihre Augen hatten sich zuerst an die Helligkeit angepasst. Charles sah es in ihrem Gesicht, das blass geworden war. Sie legte ihren Kopf an seine Schulter.
Dann sah auch er, was sich in dem Raum befand. Ihnen direkt gegenüber saß Miss Haverstock unnatürlich reglos auf einem Stuhl an der Wand neben einem Fenster. Zwischen ihnen befand sich ein blauroter Orientteppich und ein verschlissenes braunes Samtsofa, dessen Armlehnen ganz durchgewetzt waren. Ein Nähkörbchen stand vor dem Sofa auf dem Teppich. Charles sah auf einem Tuch darin ein Nadelkissen liegen. Er erinnerte sich daran, dass Miss Haverstock ein Sitzkissen für ihre Pflegetochter bestickt hatte. Sie hatte daran gearbeitet, während sie Erdbeeren gegessen hatten, und sich darum gesorgt, dass die Früchte ihr Werk beflecken könnten.
All das fiel ihm in einem kurzen Moment ein, bevor sein Blick wieder von der seltsamen Gestalt angezogen wurde. Miss Haverstock trug ein Kleid, das er noch nie an ihr gesehen hatte. Es hatte eine Schärpe, mit der es vor fünfundzwanzig Jahren oder mehr modern gewesen sein mochte. Die Ärmel gingen bis zum Ellbogen und waren darüber gerafft. Das Oberteil war mit Rüschen verziert. Möglicherweise war die Seide einmal weiß oder cremefarben gewesen, sah nun aber vergilbt aus. Das Kleid hatte einen fein bestickten Rock und musste ihr bestes Kleidungsstück gewesen sein. Ein Kleid, in dem sie geheiratet hätte, wäre sie keine alte Jungfer gewesen.
Er schluckte schwer. Der Raum war geschlossen. Ein kurzer Blick bestätigte ihm, dass die Vorhänge zwar zurückgezogen, die Fenster jedoch geschlossen waren. Das hatte die Insekten aber nicht davon abgehalten, sich auf seiner Bekannten niederzulassen. Auf ihrem Gesicht konnte er Bewegung erkennen, um ihren schlaffen Mund und ihre halb geöffneten Augen. Larven. Eine große Spinne krabbelte eine Hand hinauf, die mit geöffneten Fingern in ihrem Schoß lag. Der andere Arm hing hinunter.
„Wo ist das Blut?“, fragte Kate und nahm ihren Kopf kurz von seiner Schulter, bevor sie die Augen wieder fest schloss. „Es muss doch Blut da sein, wo es hier so nach Kupfer riecht. Sieh dir ihr Kleid an. Glaubst du, es war das Kleid der armen alten Dame für eine Hochzeit, die nie stattfand?“
„Vielleicht. Geh zur Tür zurück“, drängte Charles und schob sie sanft auf den Eingang zu.
Als Kate sich fügte, ging er um den Teppich herum und bemerkte Miss Haverstocks kleinen Teetisch, der links neben dem Sofa stand. Darauf stand ein Teeservice mit Tassen, Untertassen und einer Teekanne. Eine noch verschlossene Weinflasche stand neben dem Sahnekännchen. Er reckte seinen Hals, um von seinem Standpunkt aus genauer sehen zu können, und erblickte eine tote Fliege, die im Rest von Miss Haverstocks feinstem Souchong-Tee schwamm.
Er zwang seinen Blick zu der Leiche zurück und betrachtete die faltigen Wangen seiner toten Freundin. Ihr Kinn ruhte auf ihrer Brust und ihre Haube saß leicht schief auf ihren grauen Locken. Die Farbe ihrer Haut hatte keine Ähnlichkeit mehr mit der, die sie zu Lebzeiten gehabt hatte. Ihr gesamtes Blut musste daraus gewichen sein, nachdem ihr Herz zu schlagen aufgehört hatte.
„Woran ist sie gestorben?“, rief Kate.
Charles schüttelte den Kopf und bedeckte dabei seine Nase und seinen Mund mit dem Ärmel. Er roch ein wenig nach Gras und Ruß, was den Geruch im Raum dämpfte. Er konnte keinen Grund für Miss Haverstocks Ableben erkennen.
Er trat einen weiteren Schritt auf den Leichnam zu, studierte das Gesicht der Toten und versuchte dabei das Werk der Larven zu übersehen. Charles streckte seine Hand aus und unterdrückte ein Zittern, als er sie an der Schulter berührte. An der Wand knirschte etwas.
Langsam begann sie von ihm fortzurutschen. Charles fasste Miss Haverstocks Arm, doch sie glitt auf den Boden, noch immer in ihrer sitzenden Position. Da sah er den Korkenzieher in ihrem Nacken. Darum herum war Blut, das auch die Rückseite ihres schönen Kleids färbte. Fliegen und andere Insekten klebten darin. Noch im Tod blieben ihre vergilbten Röcke an Ort und Stelle, beschützten ihre Ehre und ihren Körper vor dem Ungeziefer, das ihn begehrte.
Reflexartig wandte er seinen Blick ab und sah an der Stelle, an der kurz zuvor noch ihr Hals gewesen war, ein Loch in der Wand. Wer auch immer sie umgebracht hatte, musste das andere Ende des Korkenziehers in die Wand getrieben haben. Er würgte leicht, als er auf die Leiche hinabsah, die nun zusammengekauert auf dem Fußboden lag. Ihr Hals wies seitlich Flecken auf. Fingerabdrücke vielleicht? War sie erwürgt worden, bevor sie in diese seltsame Position gebracht wurde?
Er hörte ein Würgen und eilte zu Kate, schob sie hinaus auf den Flur und ins Treppenhaus. Der grässliche Gestank war hier nicht so stark. Weiter unten knarzte die Treppe, als jemand nach oben kam. Charles schob Kate hinter sich, denn er hatte plötzlich Angst, dass der Mörder vielleicht zurückkehrte.
Stattdessen erblickte er seinen Freund und Kollegen William Aga, der mit seiner Frau, der als Julie Saville bekannten Schauspielerin, für den Sommer in die Wohnung gegenüber von Miss Haverstock gezogen war. William trug eine Reisetasche, deren Gewicht seine breiten Schultern nach unten drückte. Charles erinnerte sich, dass er die Stadt verlassen hatte, um über einen Bootsunfall zu berichten.
Williams übliches Lächeln war ein wenig halbherzig und sein Hut trug alle Zeichen einer stundenlangen Kutschfahrt. Seine eigentlich sehr gut gepflegten hellbraunen Locken waren vom Wind zerzaust und er machte insgesamt den Eindruck, als müsste er sich dringend ausruhen.
„Ruf einen Constable“, sagte Charles scharf, griff Kate am Arm und schob sie in Richtung seines Freundes. „Nimm Kate mit. Sie kann hier nicht bleiben.“
„Was ist …“, wollte William fragen.
Charles sah, dass sein Freund den Geruch des Todes gerochen und richtig interpretiert hatte. Zuvor musste er zu erschöpft gewesen sein, um ihn zu bemerken. William stellte seine Reisetasche vor seiner Wohnungstür ab, ohne seine Frage zu beenden, legte seinen Arm um Kate und geleitete sie die Treppe hinunter.
Wo war Julie? Charles konnte sich nicht erinnern, wo sie hingegangen war, aber sie konnte in den letzten Tagen nicht zu Hause gewesen sein, oder sie hätte den widerlichen Geruch bemerkt.
Charles nahm ein paar tiefe Atemzüge durch den Mund, stählte sich für einen zweiten Blick auf die Leiche und wandte sich dann wieder dem Wohnzimmer zu. Er sah sich erneut sorgfältig um, fand es jedoch schwierig sich bei dem Geruch und dem Summen der Insekten zu konzentrieren. In dem Zimmer war alles so, wie er es in Erinnerung hatte. Auf dem Regal stand ein Krug mit Haferflocken und daneben lag ein Laib Brot auf einem Teller. In der Hoffnung ein Adressbuch zu finden, damit er ihre Pflegetochter anrufen konnte, schenkte er den Papieren besondere Aufmerksamkeit, fand jedoch nichts, was ihm auch nur ihren Namen verraten hätte.
Miss Haverstock besaß noch einen zweiten Raum, ein Schlafzimmer, doch dort war Charles nie gewesen.
Schließlich ging er zu ihren sterblichen Überresten und warf einen zweiten Blick auf ihren Hals. Er hatte keine Erfahrung in solchen Dingen, doch er glaubte tatsächlich in den blauen Flecken Fingerabdrücke zu erkennen. Er hoffte, dass die Abscheulichkeit mit dem Korkenzieher nach ihrem Tod vollzogen worden war.
Als er ihre Hand nahm, konnte er ihre Finger oder Handgelenke nicht bewegen. Sie waren starr und steif. Nur die Insekten bewegten sich.
Er dachte darüber nach eine Decke aus ihrem Schlafzimmer zu holen und sie anständig zuzudecken, wenn auch nur, um sie vor den Spinnen zu schützen, doch da hörte er bereits die Polizei auf der Straße.
William und Kate hatten einen Constable gefunden und der ließ sein Signal ertönen, damit ihn alle hörten, die in der Gegend der Chelsea Division waren. Ein paar Minuten später hörte Charles die Treppenstufen unter Fußschritten quietschen. William erschien, gefolgt von dem Constable.
„Miss Hogarth ist draußen geblieben, um den Bobbies den Weg zu weisen“, sagte William leicht außer Atem.
Der Constable, der etwa in Charles’ Alter war, hatte vom Tabak verfärbte Zähne. Er zog ein schmutziges Taschentuch hervor und hielt es sich vor die Nase. „Verflucht, das ist ja furchtbar“, rief er aus. „Sie muss seit Tagen tot sein.“
William kniete mit entschlossener Miene neben dem Leichnam nieder. Er nahm seinen Hut ab, als er die Tote betrachtete. „Was denkst du, Charles?“
„Larven, Totenstarre“, sagte Charles. „Ich weiß, dass das bedeutet, dass es nicht erst vor Kurzem passiert ist.“
„Ein paar Tage sind bereits vergangen“, stimmte William zu. „Armes Mädchen. Ich war die letzten vier Tage nicht in der Stadt. Wann hast du sie zuletzt gesehen?“
„Ich glaube, ich habe sie vor ein paar Tagen noch gehört“, sagte Charles. „Am Mittwoch oder Donnerstag? Sie ist die Treppe hinaufgegangen. Aber wo ist Mrs. Aga?“
„Lord und Lady Lugoson sind am Mittwoch aus Frankreich zurückgekehrt. Sie ist zu ihnen gegangen, um ihnen zu helfen sich wieder einzuleben.“
„Sie ist also aufgebrochen, als du ebenfalls gegangen bist?“
„Am selben Nachmittag“, bekräftigte William und richtete sich auf, als der Constable sich ihm langsam näherte. „Ich bin morgens gefahren.“
„Ich habe Miss Haverstock am Sonntag in der Kirche gesehen.“ Charles runzelte die Stirn. „Aber das ist nun schon fast eine Woche her.“
Er hörte ein würgendes Husten. Der Constable fuhr herum und rannte aus dem Raum. William seufzte, als sie beide hörten, wie er sich ins Treppenhaus erbrach.
„Wer macht das wieder sauber?“, grollte William.
„Ich schätze, wir sind aus härterem Holz geschnitzt als der Constable“, sagte Charles. „Sie haben es schwer guten Nachwuchs zu finden.“ William setzte seinen Hut wieder auf.
„Da bin ich ja zum richtigen Zeitpunkt nach Hause zurückgekehrt. Du sagtest, du hast sie am Abend nach unserer Abreise auf der Treppe gehört?“
„Am Mittwochabend habe ich viel Bewegung hier oben gehört. Fred hat sich darüber beschwert. Er konnte nicht einschlafen.“ Er hörte ein weiteres Würgen und Spucken. Der Constable erschien im Türrahmen und wischte sich den Mund. Er war ganz blass und hatte violette Schatten unter seinen Augen.
„Dann ist sie wahrscheinlich ungefähr zu diesem Zeitpunkt gestorben“, sagte William.
Der Constable schluckte. „Glauben Sie, Sie haben am Mittwochabend einen Kampf gehört?“
„Ja“, stimmte Charles zu. „Wie ist Ihr Name?“
„Constable Nathaniel Blight“, sagte er. „Darf ich auch Ihren Namen erfahren?“
Charles gab dem Constable die gewünschte Information und drückte dann seine Handballen fest auf seine Augen. „Warum bin ich nicht hinaufgegangen, um nach ihr zu sehen?“
„Ja, warum nicht?“, fragte William.
„Ich war bis spät im Büro und habe meine stenographischen Aufzeichnungen über die Parlamentsdebatten zur Irischen Kirche ins Reine geschrieben“, erinnerte sich Charles. „Als Fred sich beschwerte, war ich selbst schon fast eingeschlafen. Dann, am Donnerstag, war ich mit einem Sketch über die Bierrechnung beschäftigt. Wirklich, ich habe wieder so viel gearbeitet, dass ich den Lärm vom vergangenen Abend wohl vergessen habe.“
„Natürlich ist der Lärm nicht wiedergekehrt?“, fragte Constable Blight. Er schniefte und würgte wieder und hielt sich sein Taschentuch vor den Mund.
„Nein“, sagte Charles tonlos. „Da muss sie schon tot gewesen sein.“
Charles verbrachte den Nachmittag mit Kate im Heim ihrer Familie am York Place, weil er nicht in seine eigene Wohnung zurückkehren wollte.
Schließlich machte er sich doch auf den Heimweg nach Selwood Terrace, obwohl er wusste, was sich in der Wohnung über seiner befand. Der Leichnam würde nicht fortgeschafft werden, bevor der Leichenbeschauer ihn untersucht und die Todesursache bestimmt und die Geschworenen den Tatort besichtigt hatten.
Er drückte sich vor der Tür herum und wollte nicht hineingehen. Er hatte von der Straße aus gesehen, dass die Vorhänge in der Wohnung, die auf demselben Stockwerk gegenüber von seiner lag, zurückgezogen waren. Breese Gadfly, ein Komponist, war zu Hause.
Breese war ebenso wie der Constable, den Charles früher am Tag getroffen hatte, ungefähr in seinem Alter, doch eine gänzlich andere Art von Mann. Breeses Eltern hatten aus einer Erbschaft tausend Pfund im Jahr gehabt. Beide waren innerhalb der letzten paar Jahre gestorben, und Breese behauptete, die Erbschaft sei einem anderen Zweig der Familie zugefallen. Doch er selbst war sehr gebildet, stets tadellos gekleidet und schien über hinreichende Mittel für seinen Lebensunterhalt zu verfügen.
Seine Wohnung war nichts Besonderes, nicht einmal annähernd so schön wie Charles’ Räume im Furnival’s Inn, aber Breese kleidete sich wie der Gentleman, der Charles gern gewesen wäre. Er trug einen neuen Kastorhut im Wellington-Stil und schwang dazu einen Spazierstock mit Messingknauf. Oft hatte er eine schicke karierte Weste unter einem burgunderfarbenen Samtfrack an. Sein Bart war getrimmt wie der König Leopolds von Belgien, der einst mit der Erbin des britischen Throns verheiratet gewesen war. Breeses Gesicht wies dieselbe löwenartige Erhabenheit auf wie das des Königs.
Charles hätte zu gern Breeses Schneider ausprobiert, wusste jedoch, dass er sich den nicht leisten konnte. Doch das hieß nicht, dass er es nicht genoss Zeit mit Breese zu verbringen und zu versuchen seine geschliffenen Verhaltensweisen in sich aufzunehmen.
Er betrat das Gebäude und klopfte an die Tür des Komponisten. Breese öffnete in weniger als einer Minute und hatte seinen Mantel noch nicht richtig an.
„Ah, Dickens“, rief er und trat zurück. „Weißt du, woher dieser Geruch kommt?“
„Von Miss Haverstocks sterblichen Überresten“, antwortete Charles feierlich.
Breeses Augen, die ohnehin schon dunkel waren, blickten ernst. „Was?“
„Sie wurde ermordet. Möglicherweise Mittwochnacht. Ich habe ihre Leiche heute Vormittag entdeckt. Wenn du es hier schlimm findest, solltest du dich nicht in die Nähe des zweiten Stocks wagen.“
„Das kann nicht dein Ernst sein!“, rief Breese.
Charles hob beschwichtigend die Hände. „Es ist eine schreckliche Angelegenheit.“
„Wann wird die Leiche untersucht?“
„Am Montag, hoffe ich. Die Polizei ist an dem Fall dran.“
Breese schüttelte den Kopf. Seine dunklen Locken flogen und senkten sich dann wieder herab. „Das arme Ding. Dann gibt es nichts zu tun, als zu warten. Heißes Wasser mit Rum? Ich habe gerade welches aufgesetzt.“
„Hervorragend“, sagte Charles und rieb sich die Hände. „Ich werde etwas brauchen, damit ich schlafen kann.“
„Was ist mit Fred?“
„Ich habe meinen Bruder zu meinen Eltern geschickt, bis die obere Etage aufgeräumt ist.“
„Und die Agas?“
„Mrs Aga ist seit ein paar Tagen bei ihrer Tante und ihrem Cousin. William ist heute nach Hause gekommen, aber ich nehme an, dass er ebenfalls bis zur gerichtlichen Untersuchung bei der Familie bleiben wird.“
Breese nickte. „Und du? Muss ich ganz allein in diesem Todeshaus bleiben?“
„Nein, ich werde ebenfalls bleiben, wenn ich es aushalte“, sagte Charles.
„Ich frage mich, ob wir nun einen Geist hier haben. Miss Haverstock würde ein gutes Gespenst abgeben. Sie war durchscheinend genug, um eines zu sein.“
„Man könnte sagen, dass sie bereits wie ein Gespenst gekleidet gewesen ist“, enthüllte Charles.
Breese schenkte Rum in zwei Gläser und gab heißes Wasser aus einem Kessel dazu, bevor er diesen wieder an den Haken hängte. Er bedeutete Charles sich in einen bequemen grünen Polstersessel vor dem Feuer zu setzen und ließ sich dann gegenüber von ihm nieder. Links davon stand ein schöner Schreibtisch vor dem Fenster. Breese hatte gesagt, dass er das Tageslicht der Wärme des Feuers vorzog. Charles war aufgefallen, dass er nur die feinsten Wachskerzen verbrannte. Infolgedessen war die Luft in seiner Wohnung oft von einem angenehmen Geruch durchzogen. Tatsächlich nahm Charles den Geruch des Todes hier gar nicht wahr. Vielleicht war Breeses Nase feiner.
„Was hatte sie an?“, fragte Breese und hob das Glas an seine Lippen.
„Ein uraltes ehemals weißes Seidenkleid und ein Spitzenhäubchen“, beschrieb Charles und schwenkte sein Glas.
„Ich habe sie immer nur in Grau und Braun gesehen“, sagte Breese. „Selbst als ihre süße Pflegetochter hier aufgetaucht ist.“
„Wie lange lebst du schon hier? Ich habe ihre Pflegetochter nie kennengelernt.“
„Drei Monate länger als du. Ich bin am ersten März eingezogen. Ich habe Miss Jaggers etwa einmal im Monat gesehen. Miss Haverstock kam dann immer in braune Seide gekleidet zur Haustür herunter. Wahrscheinlich hatte sie sie aus zweiter Hand. Sicher war sie nicht neu und sah aus, als wäre sie bereits mindestens zehn Jahre aus der Mode.“ Er kicherte.
„Dieses Kleid war ebenfalls seit Langem nicht mehr modern.“ Charles kippte sein halbes Getränk hinunter und genoss das Brennen in seiner Kehle. „Allerdings war sie auch bis zu einem gewissen Grad zurechtgemacht. Wer weiß schon, ob ihr Mörder ihr nicht das Kleid angezogen hat?“
„Was?“, rief Breese. „Oh weh, wie schrecklich!“
„Sie war mit ihrem Hals an der Wand fixiert. Mit einem Korkenzieher. Das muss irgendeine Bedeutung haben.“
Breese hatte sich gerade sein Revers glatt gestrichen und hielt nun in der Bewegung inne. „Ich bin ein fantasievoller Mensch, das muss ich zugeben, aber glaubst du nicht, dass sie einer Bande von Kriminellen angehört haben könnte? Einer Gang von Wegelagerern vielleicht. Sie ist im vergangenen Jahrhundert jung gewesen.“
Charles lachte. „Wie kommst du auf diese Idee?“
„Kurz bevor du eingezogen bist, Ende Mai, hat es eine Reihe von Diebstählen in der Gegend gegeben. Ich nehme an, der Verwalter hat dir nichts davon erzählt.“
„Die Hogarths haben mir auch nichts erzählt“, sagte Charles stirnrunzelnd. „Ihre Nachbarn, die Lugosons, waren nicht in der Stadt, weshalb auch sie das Drama wahrscheinlich verpasst haben.“
„Ich glaube, es war auf diese Straßenseite beschränkt“, sagte Breese. „Ich habe von fünf oder sechs Einbrüchen gehört. Auch der Laden des Schmieds am Ende der Straße wurde ausgeraubt. Und dann gab es noch diesen Verurteilten, der aus Coldbath Fields ausgebrochen ist.“
„Wann war das?“, erkundigte sich Charles.
„Das ist es ja gerade. Es war am Dienstagabend. Das habe ich zumindest gehört. Und das Nächste, was ich höre, ist, dass eine Frau getötet wurde.“
„Wie hängen diese einen Monat zurückliegenden Diebstähle, ein entflohener Verurteilter, der nur ein geringfügiges Verbrechen begangen haben kann, weil er sonst in einem anderen Gefängnis gewesen wäre, und der Mord an einer alten Dame zusammen?“, fragte Charles.
Breese leerte sein Glas. „Ich weiß es nicht. Ich könnte eine richtig gute Ballade über diese Dinge schreiben, das kann ich dir sagen.“
„Und ich könnte einen Sketch verfassen“, sagte Charles und leerte ebenfalls sein Glas. „Seit meinem Einzug ist kein Verbrechen begangen worden? Könnte der vorherige Bewohner meiner Räume der Dieb gewesen sein?“
Breese goss einen weiteren Schluck Rum in sein Glas und gab heißes Wasser dazu, bevor er Charles’ Glas auf dieselbe Art auffüllte. „Daran habe ich nicht gedacht. Du bist ein wahrer Reporter. Betrachtest die Dinge stets von jedem Standpunkt aus.“
„Das stimmt. Aber das Schreiben von Liedern wird besser bezahlt.“ Charles’ Blick ruhte auf den feinen kobaltblauen Kerzenhaltern von Wedgwood, die auf dem Kaminsims standen, und dem professionell angefertigten Ölporträt von Breeses Eltern darüber. Vielleicht hatte er die Gegenstände geerbt, aber der gefüllte, kunstvoll bemalte Kohleneimer in der Ecke war ebenso wie die Kerzen ein Zeichen gegenwärtigen Reichtums.
„Nun, um auf die vorherigen Bewohner deiner Räume zurückzukommen: Es war ein junges Paar. Iren. Sie sind ungefähr zwei Wochen vor deinem Einzug nach Boston aufgebrochen, also waren sie es nicht.“
„Sonst irgendwelche verdächtigen Personen?“
„Ich bin nie ausgeraubt worden, aber die Leute, die in der Wohnung der Agas lebten, schon. Deshalb sind sie fortgezogen.“
Die Agas waren am selben Tag eingezogen wie Charles. Sie alle wollten über den Sommer eine ländlichere Atmosphäre genießen und in der Nähe ihrer Freunde sein. Charles glaubte, dass sie vielleicht weiterhin hier wohnen bleiben würden, während er seine Wohnung im September aufgeben würde, wenn für Fred die Schule wieder begann.
„Was wurde gestohlen?“
„Sie hatten ein paar schöne Kerzenhalter.“ „So schön wie deine?“
„Nein, das denke ich nicht. Sie haben das Bettzeug mitgenommen, Kleidung und eine Vase.“
„Alles, was sie tragen konnten“, fasste Charles zusammen.
„Ja. Schmuck hatten sie nicht. Aber Miss Haverstock hat einen Perlenring und ihr Sonntagskleid verloren.“
„Sie wurde ausgeraubt und du nicht?“
„Merkwürdig, ich weiß“, sagte Breese. „Vielleicht war ich hier, als sie in dieses Haus kamen.“
„Miss Haverstock war nur selten nicht zu Hause, außer an Sonntagen“, erinnerte sich Charles.
„Hin und wieder war sie fort“, entgegnete Breese. „Sicher ist es dann passiert. Ich allerdings war die ganze Zeit hier und habe am Klavier gesessen.“
„Ich würde gern mehr über diesen entflohenen Verurteilten erfahren“, sagte Charles und ließ die Einbrüche zunächst außen vor. „Die harten Jungs gehen nicht nach Coldbath Fields. Die Höchststrafe dort beträgt zwei Jahre.“
„Warum sollte man die Zeit dann nicht einfach absitzen?“, fragte Breese. „Es ist doch dumm dort auszubrechen.“
„Er war wohl ziemlich verzweifelt.“ Charles schob sich die Haare aus dem Gesicht.
„Verzweifelte Seelen können zu Mördern werden. Es dauert nur ein paar Stunden, vielleicht sogar weniger, um vom Gefängnis hierher zu laufen.“
„Was auch immer die Ursache ihres Todes war, es muss mit einem uralten Schmerz zu tun haben. Ich kann dieses alte Kleid nicht vergessen.“
„Oh weh“, sagte Breese. „Nichts scheint hier normal. Ja, ich denke, der Verurteilte hat es getan. Ist ausgebrochen, um das alte Liebchen zu töten. Wirst du das Rätsel lösen, indem du deine Jounalisteninstinkte nutzt?“
„Ich habe im letzten Winter zwei Morde aufgeklärt, aber Miss Haverstocks Tod ist etwas gänzlich anderes“, sagte Charles bescheiden. „Diesmal handelt es sich ganz offensichtlich um Mord. Darum kann sich die Polizei kümmern. Ich bin damit beschäftigt, neben meiner Arbeit meine künftige Braut zu umwerben. Ich habe keine Zeit mich um etwas zu kümmern, für das es sicher eine einfache Erklärung gibt, wenn man sorgfältig nachsieht.“
„Protestier nicht zu sehr“, sagte Breese grinsend. „Ich weiß, wie wenig Wert du auf Schlaf legst.“
„Weißt du, wie ich die Pflegetochter ausfindig machen kann? Jemand sollte ihr sagen, dass Miss Haverstock tot ist.“
Breese schüttelte den Kopf. „Keine Ahnung.“
Am nächsten Tag verließ Charles die Kirche des Heiligen Lukas mit Kate an seiner Seite und erfreute sich am Anblick des blauen Himmels, den hier und da fluffige Wolken zierten, die wie ungesponnene Wolle aussahen.
„Wir sollten einen Spaziergang machen“, schlug Kate vor. „Der Tag ist zu schön, um ihn drinnen zu verbringen.“
„Ich dachte, ich sehe mal nach Fred.“ Charles hatte nicht die Absicht sich in seinen Räumen aufzuhalten. Nicht mit Miss Haverstocks vermodernder Leiche im Obergeschoss. Es war, als würde er in einem Schlachthaus leben. Wenn er sich dort würde aufhalten müssen, dann nur, wenn er wie Breese teure Kerzen verbrannte, um den Geruch zu überdecken.
„Ich freue mich darauf, deine ganze Familie zu sehen. Es ist Monate her, dass ich deine Mutter zuletzt gesehen habe.“
„Ja. Es wird bestimmt schön“, sagte Charles vage. „Ich kann nicht glauben, dass du uns morgen schon besuchen kommst.“ Er wusste, dass Kate Zeit mit den Dickens’ verbringen musste, wenn auch nur, damit sie verstand, dass ein Teil seines Geldes immer dem Unterhalt seiner Mutter und seiner Geschwister dienen würde, selbst wenn sein Vater noch lebte.
Hinter ihnen krachte eine schwere Tür gegen das Mauerwerk und jemand kam schnell die Steintreppe herunter auf sie zugerannt.
„Mr Dickens“, rief eine atemlose Stimme mit Ostlondoner Akzent. „Dürfte ich Sie kurz stören?“
Charles drehte sich um und lächelte, als er sah, wer ihn gegrüßt hatte. Addie Jones, die Frau des Schmieds in seiner Straße, trug ein schwarzes Kleid, als wäre sie in Trauer. Sie war eine freundliche Frau. Vor einer Woche hatte sie ihn mit einer defekten Laterne gesehen und sie daraufhin mit zu sich nach Hause genommen, um sie in der Esse zu reparieren. Für ihre Hilfe hatte sie noch nicht einmal eine Bezahlung angenommen.
„Waren Sie mit Miss Haverstock verwandt?“, fragte er und deutete auf ihr Kleid.
Mrs Jones betupfte ihre Augen mit ihrem Taschentuch. „Nein, aber, oh, Mr Dickens! Mein Mann ist im Zusammenhang mit dem Mordfall verhaftet worden.“
„Was?“ Kate schnappte nach Luft und blickte die Frau des Schmieds mit offenem Mund an. „Der freundliche Mr Jones? Festgenommen?“
Charles war ebenfalls schockiert und stand ganz still. Er ging aus dem Weg, als ein beleibtes Gemeindemitglied die Kirchentreppe heruntergewalzt kam und ihn an der Schulter anstieß. „Unmöglich“, sagte er. „Ihr Daniel ist doch so ein guter Mann.“
„Er hat Mary gerettet, als sie aus dem Fenster stürzte“, sagte Kate.
„Er hat mir nichts dafür berechnet, dass er meine Laterne repariert hat“, ergänzte Charles. „Alle Jungen aus der Nachbarschaft beten ihn regelrecht an.“
„Er ist ein Engel“, schniefte Mrs Jones. „Können Sie nicht helfen? Sie sind der gescheiteste Mann, den ich kenne, Mr Dickens, mit der höchsten Bildung.“ Kate legte ihre Hand auf seinen Ärmel, bevor er antworten konnte.
„Warum wurde er festgenommen?“, fragte sie.
„Weil mein Mann heute Morgen aufgebrochene Handschellen in der Schmiede gefunden hat, Sir. Die Polizei sagt, dass er Miss Haverstock gemeinsam mit dem Verurteilten umgebracht hat, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er einem solchen Mann zur Flucht verhelfen würde, selbst wenn es sein eigener Vater wäre.“
Edmund Jones, Daniels verwitweter Vater, war ebenfalls Schmied und arbeitete mit ihm zusammen, obwohl ihm seine entzündeten Gelenke nicht erlaubten den ganzen Tag an der Esse zu stehen. Seine unverheiratete Schwester Hannah half Addie im Haushalt.
„Wurde sein Vater denn je verurteilt?“, fragte Charles.
„Nein, Sir, nein.“ Mrs Jones schüttelte bestimmt ihren Kopf. Ein wenig Spucke flog aus ihrem Mundwinkel. Beschämt wischte sie die Feuchtigkeit fort. „Oh, ich bin einfach so aufgebracht, sage ich Ihnen. Sie sind gute Männer, beide. Haben sich nie etwas zuschulden kommen lassen.“
„Ich habe ein Gerücht über jemanden gehört, der aus Coldbath Fields entflohen ist“, sagte Charles.
Sie nickte wieder. „Das hat der Constable, der ihn verhaftet hat, auch gesagt, Mr Dickens. Sie haben den Geflohenen bis in diese Gegend hier verfolgt.“
Charles legte eine Hand an sein Halstuch, das in der Sommersonne an seiner Haut klebte. „Wie haben sie die Handschellen gefunden?“
„Jemand hat es ihnen gesagt. Jemand, der im Verborgenen agiert.“
„Vielleicht dieselbe Person, die die Handschellen aufgebrochen, sie in die Schmiede gelegt und dann die Polizei gerufen hat“, schlug Kate vor. Mrs Jones betupfte erneut ihre Augen. „Es war abgeschlossen und es gab nur einen Schlüssel. Das war sein Fehler: Er sagte, dass niemand außer seinem Vater und ihm die Schmiede außerhalb der Geschäftszeiten betreten könnte. Er bewahrt dort all seine Werkzeuge auf.“
„Sind Sie im Mai ausgeraubt worden? Wie ich hörte, ist das vielen Haushalten in dieser Gegend passiert“, erkundigte sich Charles und erinnerte sich an das, was Breese ihm gesagt hatte.
„In die Werkstatt wurde nicht eingebrochen, aber ins Haus“, sagte Mrs Jones. „Die Diebe haben die gute Perlenkette unserer Hannah gestohlen und meinen Teekessel. Weiterhin eine Decke, die meine Mutter genäht hatte.“
„War daran etwas Merkwürdiges?“, wollte Charles wissen.
„Es waren schöne Dinge“, erklärte Mrs Jones. „Ich selbst besitze abgesehen von meinem Ehering keinen Schmuck und es war Waschtag, also hingen keine sauberen Kleidungsstücke an den Haken. Ich kenne viele, denen Kleidung gestohlen wurde.“
„Die könnte man verkaufen“, überlegte Charles.
„Ja, da haben Sie recht“, stimmte Mrs Jones zu. „All das ist vor einem guten Monat passiert, lange bevor die Handschellen auftauchten.“
„Gab es Anzeichen für einen Einbruch?“, fragte Kate. „Vielleicht ein zerbrochenes Fenster?“
„Nichts“, sagte Mrs Jones. „Nichts dergleichen. Es scheint seltsam, aber ich weiß, dass Mr Jones nichts mit diesen Handschellen zu tun hat. Er hätte mir davon erzählt. Wir haben keine Geheimnisse.“
„Es tut mir sehr leid“, sagte Charles. „Ich werde morgen an der gerichtlichen Untersuchung teilnehmen, weil ich Miss Haverstock gefunden habe. Ich bin nicht sicher, was ich sonst noch tun kann.“
„Ihnen fällt schon etwas ein“, sagte Mrs Jones. Zum ersten Mal lächelte sie und gab den Blick auf ihren fehlenden Eckzahn frei. „Ich glaube an Sie wie an unseren süßen Herrn Jesus.“
„Ich werde herausfinden, was ich kann.“ Er nickte ihr zu und ging dann mit Kate an seinem Arm davon.
„Meine Güte“, sagte Kate. „Das ist ein sehr starker Glaube. Aber ich glaube auch an dich, nachdem du vor ein paar Monaten herausgefunden hast, wie Christiana Lugoson und Marie Rueff gestorben sind.“
„Wann soll ich dafür noch Zeit finden?“, stöhnte Charles. „Aber ich mag Mr Jones. Ich muss dem Mann helfen.“ Selbst wenn die Handschellen vielleicht bedeuteten, dass er nicht gänzlich unschuldig war. Es musste eine Erklärung geben.
„Ich helfe dir.“ Kate kaute auf ihrer Unterlippe, als sie auf eine Gruppe Bäume neben der Kirche zugingen. „Glaubst du, meine Eltern würden mir erlauben ebenfalls an der Untersuchung teilzunehmen?“
„Sicher nicht. Ich würde es nicht erlauben“, sagte Charles. „Du wurdest nicht eingeladen und ich glaube nicht, dass derlei Untersuchungen nach einem Publikum verlangen.“
Sie zog eine Schnute. „Aber du wirst mir doch alles erzählen?“