1,99 €
*** Erstmalig die vollständige Übersetzung als E-Book - überarbeitet und kommentiert *** "Die Philosophie im Boudoir" ist das 1795 veröffentlichte Werk des umstrittensten Schriftstellers seiner Zeit: Donatien-Alphonse-François, Marquis de Sade. In Dialogen beschreibt er darin die philosophischen Betrachtungen und Gedanken während der Erziehung einer jungen Schülerin hin zu einer willfährigen Sklavin - körperlich wie geistlich. Wie in seinen anderen Werken - wenn auch viel differenzierter - nutzt de Sade die Lust als Antrieb zur intellektuellen Auseinandersetzung mit der Welt, den Religionen und der Moral. Der Autor fechtet für die sexuelle und geistige Emanzipation, er ist ein Libertin. In einem längeren Exkurs im fünften Dialog monologisiert de Sade über die Kirche, Religionen, Moral und Herrschaftsformen. Er fordert die ultimative, eigenverantwortliche Freiheit des Einzelnen und negiert die Sinnhaftigkeit eines Gesellschaftsvertrages, in dem Individuen ihre Rechte an einen schützenden Staat abtreten. Stattdessen beharrt er darauf, allein die Herrschaft des Stärkeren gelten zu lassen. "Man wird unsere Ideen vielleicht ein wenig übertrieben finden; was tut das? Haben wir nicht das Recht erworben, alles auszusprechen? Lasst uns vor den Menschen große Wahrheiten entfalten; sie erwarten sie von uns. Es wird Zeit, dass der Irrtum verschwindet, seine Fessel muss neben die der Könige niederfallen. Ist Mord in den Augen der Natur ein Verbrechen? Das ist die erste Frage, die ich stelle." 3. Auflage (Überarbeitete Fassung) Umfang: 286 Buchseiten bzw. 228 Normseiten Null Papier Verlag
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 300
Marquis de Sade
Die Philosophie im Boudoir
oder Die lasterhaften Lehrmeister
Marquis de Sade
Die Philosophie im Boudoir
oder Die lasterhaften Lehrmeister
Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2019 3. Auflage, ISBN 978-3-954185-18-4
null-papier.de/desade
null-papier.de/katalog
Inhaltsverzeichnis
Buch
Den Libertins
Erster Dialog
Zweiter Dialog
Dritter Dialog
Vierter Dialog
Fünfter Dialog
Franzosen
Die Religion
Die Sitten
Fünfter Dialog (Fortsetzung)
Sechster Dialog
Siebter und letzter Dialog
Danke, dass Sie sich für ein E-Book aus meinem Verlag entschieden haben.
Sollten Sie Hilfe benötigen oder eine Frage haben, schreiben Sie mir.
Ihr
Der Newsletter informiert Sie über:
die Neuerscheinungen aus dem Programm
Neuigkeiten über unsere Autoren
Videos, Lese- und Hörproben
attraktive Gewinnspiele, Aktionen und vieles mehr
https://null-papier.de/newsletter
»Die Philosophie im Boudoir« ist das 1795 veröffentlichte Werk des umstrittensten Schriftstellers seiner Zeit: Donatien-Alphonse-François, Marquis de Sade.
In Dialogen beschreibt er darin die philosophischen Betrachtungen und Gedanken während der Erziehung einer jungen Schülerin hin zu einer willfährigen Sklavin - körperlich wie geistlich.
Wie in seinen anderen Werken - wenn auch viel differenzierter - nutzt de Sade die Lust als Antrieb zur intellektuellen Auseinandersetzung mit der Welt, den Religionen und der Moral. Der Autor fechtet für die sexuelle und geistige Emanzipation, er ist ein Libertin.
In einem längeren Exkurs im fünften Dialog monologisiert de Sade über die Kirche, Religionen, Moral und Herrschaftsformen. Er fordert die ultimative, eigenverantwortliche Freiheit des Einzelnen und negiert die Sinnhaftigkeit eines Gesellschaftsvertrages, in dem Individuen ihre Rechte an einen schützenden Staat abtreten. Stattdessen beharrt er darauf, allein die Herrschaft des Stärkeren gelten zu lassen.
»Man wird unsere Ideen vielleicht ein wenig übertrieben finden; was tut das? Haben wir nicht das Recht erworben, alles auszusprechen? Lasst uns vor den Menschen große Wahrheiten entfalten; sie erwarten sie von uns. Es wird Zeit, dass der Irrtum verschwindet, seine Fessel muss neben die der Könige niederfallen. Ist Mord in den Augen der Natur ein Verbrechen? Das ist die erste Frage, die ich stelle.«
Wollüstige Menschen jeglichen Alters und jeden Geschlechts, euch allein schenke ich dieses Buch; macht euch seine Prinzipien zu eigen, sie fördern eure Leidenschaften, und diese Leidenschaften, aus denen kalte und platte Moralprediger euch ein Schreckbild machen, sind nichts anderes als die Mittel, die die Natur anwendet, um den Menschen zu dem zu bringen, was sie mit ihm beabsichtigt. Einzig ihr Ursprung soll euch zum Glück führen.
Sinnliche Frauen, möge die wollüstige Saint-Ange euer Vorbild sein; verachtet wie sie all das, was den göttlichen Gesetzen der Lust entgegensteht, die ihr ganzes Leben bestimmt haben.
Junge Mädchen, die ihr allzu lange die unsinnigen und gefährlichen Fesseln einer unwirklichen Tugendhaftigkeit und einer abscheulichen Religion getragen habt, ahmt die leidenschaftliche Eugenie nach. Rasch wie sie zerstört, zertretet all die lächerlichen Vorschriften, die einfältige Eltern euch eingeprägt haben.
Und ihr, liebenswerte Verderbte, die ihr von Jugend an keine anderen Zügel als eure Begierden und keine anderen Gesetze als eure Launen habt, euch diene der Zyniker Dolmancé als Beispiel. Geht soweit wie er, wenn ihr wie er alle Blumenpfade beschreiten wollt, die die Sinnlichkeit euch bereitet. Seine Lehre überzeuge euch, dass das unglückselige Individuum namens Mensch, ohne seine Einwilligung in dieses triste Universum geworfen, nur dadurch ein paar Rosen auf die Dornen des Lebens streuen kann, dass es den Bereich seiner Neigungen und Liebhabereien erweitert, dass es alles der Lust aufopfert.
MADEME DE SAINT-ANGE, CHEVALIER DE MIRVEL
MADEME DE SAINT-ANGE: Guten Tag, Bruder. Nun, und Dolmancé?
CHEVALIER: Er kommt pünktlich um drei, und wir essen erst um sieben; du siehst, wir haben Zeit genug zum Plaudern.
MADEME DE SAINT-ANGE: Weißt du Bruder, ich bereue etwas meine Neugier und all die obszönen Pläne für heute. Wirklich, mein Freund, du bist zu nachsichtig. Je vernünftiger ich sein müsste, desto mehr erregt sich mein verfluchter Kopf und wird liederlich: Du lässt mir alles durchgehen, das macht mich noch schlimmer … Mit meinen sechsundzwanzig Jahren müsste ich bereits fromm sein, und ich bin noch die zügelloseste aller Frauen … Man macht sich keine Vorstellung davon, was ich mir ausdenke, mein Freund, was ich tun möchte. Ich glaubte, wenn ich mich einzig an die Frauen hielte, würde mich das zur Vernunft bringen …; meine Begierden, auf mein Geschlecht konzentriert, würden sich nicht mehr dem euren entgegendrängen: schimärische Pläne, mein Freund; die Vergnügungen, die ich mir versagen wollte, stellten sich nur noch lebhafter meinem Geiste dar, und ich habe gemerkt, dass, wenn man wie ich für die Libertinage geboren ist, bereits der Gedanke sinnlos wird, sich Zügel anzulegen: Leidenschaftliche Begierden zerreißen sie alsbald. Kurz, mein Lieber, ich bin ein amphibisches Wesen; ich liebe alles, alles amüsiert mich, ich möchte alle Arten verbinden; aber gib zu, Bruder: Ist es nicht völlig verrückt von mir, den merkwürdigen Dolmancé kennenlernen zu wollen, der, wie du sagst, sein Leben lang keine Frau hat sehen können, wie der Brauch es vorschreibt, der, Sodomit aus Prinzip, nicht nur sein eigenes Geschlecht vergöttert, sondern dem unseren sogar nur nachgibt unter der besonderen Bedingung, dass man ihm die bevorzugten Reize überlässt, deren er sich bei den Männern zu bedienen gewohnt ist? Dies, Bruder, ist meine bizarre Idee: Ich will der Ganymed dieses neuen Jupiter sein, ich will seine Neigungen, seine Ausschweifungen genießen, ich will das Opfer seiner Irrtümer sein: Du weißt, mein Lieber, dass ich mich bisher so nur dir – aus Freundlichkeit – oder einem meiner Leute hingegeben habe, der dafür bezahlt war, mich so zu behandeln, und sich nur aus Eigennutz dazu herbeiließ; heute ist es weder Freundlichkeit noch Laune mehr, nur die Neigung bestimmt mich … Ich sehe zwischen den Methoden, die mich dieser bizarren Manie unterworfen haben, und denen, die mich ihr unterwerfen werden, einen unfassbaren Unterschied, und ich will ihn erkennen. Schildere mir deinen Dolmancé, ich beschwöre dich, damit ich ihn gut im Kopf habe, ehe er erscheint; denn du weißt, dass ich ihn nur daher kenne, dass ich ihm neulich in einem Hause begegnet bin, wo ich nur ein paar Minuten mit ihm zusammen war.
CHEVALIER: Dolmancé, Schwester, hat gerade sein sechsunddreißigstes Lebensjahr erreicht; er ist groß, sehr wohlgestaltet, hat sehr lebhafte und geistreiche Augen, doch unwillkürlich spiegelt sich irgendetwas ein wenig Hartes und Böses in seinen Zügen; er hat die schönsten Zähne der Welt, eine gewisse Weichlichkeit in Gestalt und Haltung, zweifellos durch seine Gewohnheit, häufig feminines Gebaren anzunehmen; er besitzt höchste Eleganz, eine angenehme Stimme, Talente und vor allem viel Philosophie im Denken.
MADEME DE SAINT-ANGE: Er glaubt hoffentlich nicht an Gott.
CHEVALIER: Oh, was sagst du da! Er ist der größte Atheist, der sittenloseste Mensch … Oh, hier ist sicherlich die weitgehendste und vollständigste Verderbtheit, das bösartigste und ruchloseste Individuum, das es auf der Welt geben kann.
MADEME DE SAINT-ANGE: Wie all das mich erhitzt! Ich werde noch schwärmen für diesen Mann. Und seine Vorlieben, Bruder?
CHEVALIER: Du kennst sie; die Wonnen Sodomas schätzt er ebenso als Handelnder wie als Passiver; er will nur Männer zu seinem Vergnügen, und wenn er sich dennoch manchmal herbeilässt, Frauen zu versuchen, so nur unter der Bedingung, dass sie so freundlich sind, das Geschlecht mit ihm zu tauschen. Ich habe ihm von dir erzählt, ich habe ihn von deinen Plänen unterrichtet, er ist einverstanden und macht dich seinerseits zuvor auf die Klauseln des Handelns aufmerksam. Ich warne dich, Schwester, er wird dich rundweg zurückweisen, wenn du ihn zu etwas anderem bringen willst. »Was ich mit Ihrer Schwester zu tun bereit bin«, behauptet er, »ist eine Ausnahme … ein Seitensprung, mit dem man sich nur selten und mit vielen Vorsichtsmaßregeln beschmutzt.«
MADEME DE SAINT-ANGE: Sich beschmutzen! … Vorsichtsmaßregeln! … Ich liebe die Sprache dieser liebenswürdigen Leute wahnsinnig! Unter uns Frauen haben wir ebenfalls derartige Exklusivworte, die wie jene den tiefen Abscheu beweisen, der uns gegenüber allem erfüllt, was nicht zum akzeptierten Kult gehört … ja, sag mir doch, mein Lieber, er hat dich gehabt? Mit deinem entzückenden Gesicht und deinen zwanzig Jahren kann man, glaube ich, so einen Mann fesseln!
CHEVALIER: Ich will dir meine Ausschreitungen mit ihm absolut nicht verbergen: Du hast zu viel Geist, um sie zu tadeln. Tatsächlich liebe ich die Frauen, und ich gebe mich jenen bizarren Neigungen nur hin, wenn ein liebenswürdiger Mann mich dazu drängt. Es gibt nichts, was ich dann nicht täte. Ich bin weit von jenem Dünkel entfernt, der unsere jungen Laffen glauben machen will, man müsse derartige Anerbieten mit Stockschlägen beantworten; ist der Mensch Herr seiner Neigungen? Man muss die beklagen, die besondere haben, doch nie sie beleidigen: Ihr Unrecht ist das der Natur; sie hatten es ebenso wenig in der Hand, mit andersartigen Neigungen zur Welt zu kommen, wie wir, krummbeinig oder wohlgestaltet geboren zu werden. Sagt euch übrigens ein Mann etwas Unangenehmes, wenn er euch den Wunsch bezeugt, sich mit euch zu vergnügen? Zweifellos nicht; er macht euch ein Kompliment; warum also ihm mit Beleidigungen oder Beschimpfungen antworten?
Nur Toren können so denken; nie wird ein verständiger Mann über dieses Thema anders reden, als ich es tue; aber die Welt ist voll von platten Dummköpfen, die glauben, man verletze sie, wenn man ihnen gesteht, dass man sie zur Lust für geeignet hält, und die, verdorben durch die Frauen, die immer eifersüchtig sind auf das, was ihre Rechte anzutasten scheint, sich wie ein Don Quichotte dieser gewöhnlichen Rechte Vorkommen, wenn sie die brutalisieren, die diese nicht in ihrer ganzen Reichweite anerkennen.
MADEME DE SAINT-ANGE: O mein Freund, küsse mich! Du wärest nicht mein Bruder, wenn du anders dächtest; doch ein paar Einzelheiten, ich beschwöre dich, und zwar über das Äußere dieses Mannes und über seine Vergnügungen mit dir.
CHEVALIER: Dolmancé wusste durch einen meiner Freunde von dem prachtvollen Glied, mit dem ich, wie du weißt, ausgestattet bin; er veranlasste den Marquis de V…, mich mit ihm zum Souper einzuladen. Nachdem ich einmal da war, musste ich wohl zur Schau stellen, was ich besaß; die Neugier schien zunächst das einzige Motiv, ein überaus schöner Arsch, den man mir zuwandte und den man mich zu genießen bat, ließ mich bald erkennen, dass einzig die Neigung an dieser Untersuchung beteiligt gewesen war. Ich warnte Dolmancé vor all den Schwierigkeiten des Unterfangens, nichts schreckte ihn ab. »Nicht einmal der Bock kann mir etwas anhaben«, sagte er zu mir, »und Sie haben nicht mal die Ehre, der fürchterlichste der Männer zu sein, die den Arsch durchbohrt haben, den ich Ihnen darbiete!« Der Marquis war anwesend; er ermunterte uns, indem er alles, was wir an den Tag legten, betätschelte, befühlte, küsste. Ich stelle mich … ich will zumindest ein paar Vorbereitungen. »Hüten Sie sich ja davor!«, sagt der Marquis, »Sie nähmen die Hälfte der Gefühle, die Dolmancé von Ihnen erwartet; er will, dass man ihn zerspaltet … Er will, dass man ihn zerreißt!« »Er soll zufriedengestellt werden!«, sage ich, während ich mich blindlings in den Abgrund stürze … Und du denkst vielleicht, Schwester, ich hätte große Mühe gehabt? … Nichts dergleichen; mein Schwanz, so riesig er ist, verschwand, ohne dass ich es merkte, und ich berührte den Grund seiner Eingeweide, ohne dass der Schurke es zu fühlen schien. Ich behandelte Dolmancé als Freund; die exzessive Wollust, die er verspürte, sein Erbeben, seine köstlichen Worte, all das machte mich bald selber glücklich, und ich benetzte ihn. Kaum war ich draußen, als Dolmancé sich zu mir umwandte, das Haar verwirrt, rot wie eine Bacchantin. »Du siehst, in welchen Zustand du mich versetzt hast, teurer Chevalier«, sagte er, indem er mir einen harten und lebendigen Schwanz wies, sehr lang und von mindestens sechs Zoll Umfang; »geruhe, o Liebster, ich beschwöre dich, mir als Frau zu dienen, nachdem du mein Liebhaber warst, auf dass ich sagen kann, ich habe in deinen göttlichen Armen jegliche Lust der Neigung genossen, die ich mit solcher Ausschließlichkeit liebe.« Da ich das eine nicht schwieriger finde als das andere, erklärte ich mich bereit. Der Marquis zog sich vor meinen Augen die Hosen aus und beschwor mich, mit ihm noch ein wenig Mann sein zu wollen, während ich die Frau seines Freundes werde. Ich behandelte ihn wie Dolmancé, der mir hundertfach alle Stöße zurückgab, mit denen ich den Dritten reichlich versah, und mir bald ins Innerste meines Arschs die verzaubernde Flüssigkeit spritzte, mit der ich fast gleichzeitig den Arsch von V. benetzte.
MADEME DE SAINT-ANGE: Du hast sicher extremes Vergnügen empfunden, als du dich so entre deux befandst, Bruder; man sagt, das sei herrlich.
CHEVALIER: Sicherlich, mein Engel, ist das der beste Platz, doch was man auch sagen möge, all das sind Extravaganzen, die ich niemals dem Vergnügen mit Frauen vorziehen werde.
MADEME DE SAINT-ANGE: Nun, Liebster, um am heutigen Tage dein delikates Entgegenkommen zu belohnen, will ich deiner Leidenschaft ein jungfräuliches Mädchen überliefern, schöner als Amor.
CHEVALIER: Wie! Zusammen mit Dolmancé … lässt du eine Frau zu dir kommen?
MADEME DE SAINT-ANGE: Es handelt sich um eine Erziehung; ich habe dieses kleine Mädchen letzten Herbst im Kloster kennen gelernt, während mein Mann im Bad war. Dort konnten wir nichts tun, wagten wir nichts, zu viele Blicke hafteten auf uns, doch wir gaben uns das Versprechen zusammenzukommen, sobald dies möglich wäre; einzig von diesem Wunsch besessen und um ihn zu befriedigen, habe ich mit ihrer Familie Bekanntschaft geschlossen. Ihr Vater ist ein Libertin … den ich gewonnen habe. Endlich kommt die Schöne, ich erwarte sie; wir werden zwei Tage zusammen verbringen … zwei wonnevolle Tage; den längsten Teil dieser Zeit verwende ich, um die junge Person zu erziehen. Dolmancé und ich werden in diesen hübschen kleinen Kopf alle Prinzipien der Libertinage einpflanzen, ihn mit unserer Glut entzünden, ihn mit unserer Philosophie füttern, ihm unsere Begierden einflüstern, und da ich der Theorie ein wenig Praxis hinzufügen will, da ich will, dass man in dem Maße demonstriert, in dem man erörtert, habe ich dir, Bruder, die Myrten Kytheras bestimmt, Dolmancé die Rosen von Sodom. Ich werde zweierlei Vergnügen zugleich erleben, dasjenige, selbst jene verbrecherischen Lüste zu genießen, und das, Lehren zu erteilen, den Geschmack daran der liebenswerten Unschuld einzugeben, die ich in unsere Netze locke. Nun, Chevalier, ist dieser Plan meiner Vorstellungskraft würdig?
CHEVALIER: Nur sie kann ihn konzipieren; er ist himmlisch, Schwester, und ich verspreche dir, aufs beste die reizvolle Rolle zu spielen, die du mir bestimmst. O Schurkin, wie du das Vergnügen genießen wirst, dieses Kind zu erziehen; welche Wonne für dich, es zu verderben, in seinem Herzen jeden Samen der Tugend und der Religion zu vernichten, den seine Lehrerinnen hineingelegt haben! In der Tat, das ist zu abgefeimt für mich!
MADEME DE SAINT-ANGE: Sicherlich werde ich kein Mittel scheuen, um sie zu pervertieren, um in ihr all die falschen moralischen Prinzipien zu zerstören, umzustoßen, mit denen man sie vielleicht schon verdummt hat; ich will sie in zwei Unterrichtsphasen ebenso ruchlos machen, wie ich es bin … ebenso gottlos … ebenso verderbt. Unterrichte Dolmancé, sage ihm Bescheid, sobald er kommt, damit das Gift seiner Immoralismen, das in diesem jungen Herzen zusammen mit dem zirkuliert, das ich hineinspritze, in kurzer Zeit jegliche Saat der Tugend ausreißen kann, die dort ohne uns aufkeimen könnte.
CHEVALIER: Unmöglich hättest du besser den Mann finden können, den du brauchst: Irreligiosität, Gottlosigkeit, Unmenschlichkeit fließen Dolmancé von den Lippen wie die salbungsvolle Mystik von den Lippen des berühmten Erzbischofs von Cambrai; er ist der größte Verführer, der verderbteste Mann, der gefährlichste. O liebe Freundin, lass deine Schülerin den Bemühungen des Lehrers entsprechen, und ich garantiere dir, dass sie bald verloren ist.
MADEME DE SAINT-ANGE: Sicher dauert das nicht lange bei ihren Veranlagungen, die ich kenne …
CHEVALIER: Doch sage mir, liebe Schwester, fürchtest du nichts seitens ihrer Eltern? Wenn das kleine Mädchen anfinge zu plaudern, wenn es nach Hause kommt…
MADEME DE SAINT-ANGE: Hab keine Angst, ich habe den Vater verführt … Er ist mir ergeben. Muss ich es endlich gestehen? Ich habe mich ihm hingegeben, damit er die Augen schlösse; er kennt meine Pläne nicht, doch er wird nie wagen, sie zu ergründen. Ich habe ihn in der Hand.
CHEVALIER: Deine Mittel sind entsetzlich!
MADEME DE SAINT-ANGE: Genauso müssen sie sein, damit sie sicher sind.
CHEVALIER: Aber sag mir, ich bitte dich, wer ist die junge Person?
MADEME DE SAINT-ANGE: Man nennt sie Eugenie; sie ist die Tochter eines gewissen Mistival, eines der reichsten Steuerbeamten der Hauptstadt; er ist ungefähr sechsunddreißig Jahre alt, die Mutter höchstens zweiunddreißig, und das kleine Mädchen fünfzehn. Mistival ist ebenso libertin wie seine Frau bigott. Was Eugenie angeht, so würde ich vergeblich versuchen, sie dir zu schildern: Sie übertrifft meine Darstellungsmittel; dir sei an der Überzeugung genug, dass sicherlich weder du noch ich jemals auf der Welt etwas so Wunderbares gesehen haben.
CHEVALIER: Aber deute wenigstens an, wenn du nicht schildern kannst, damit ich, wenn ich ungefähr weiß, mit wem ich zu tun habe, besser meine Fantasie mit dem Idol erfüllen kann, dem ich opfern soll.
MADEME DE SAINT-ANGE: Nun denn, mein Freund, ihr kastanienfarbenes Haar, das eine Hand kaum fassen kann, reicht ihr bis über die Hüften hinunter; ihr Teint ist von blendender Weiße, ihre Nase leicht gebogen, ihre Augen sind ebenholzschwarz und von einer Glut, o Freund, es ist unmöglich, diesen Augen zu widerstehen … Du kannst dir nicht vorstellen, zu wie vielen Torheiten sie mich gebracht haben … Wenn du die hübschen Brauen sähest, die sie krönen, die interessanten Lider, die sie umgeben! … Ihr Mund ist sehr klein, ihre Zähne sind prachtvoll, und das alles von einer Frische!
Ein Zug ihrer Schönheit ist die elegante Art, wie ihr schöner Kopf auf den Schultern sitzt, der Anflug von Adel, wenn sie ihn wendet … Eugenie ist groß für ihr Alter; man würde sie für siebzehn halten; ihre Taille ist ein Muster an Eleganz und Feinheit, ihre Brust entzückend … Ganz sicher die hübschesten Titten! Kaum genug, um eine Hand zu füllen, aber so weich … so frisch … so weiß! … Zwanzig Mal habe ich den Kopf verloren, als ich sie küsste; und wenn du gesehen hättest, wie sie sich unter meinen Liebkosungen belebte … wie ihre großen Augen mir den Zustand ihrer Seele spiegelten! … Mein Freund, ich weiß nicht, wie das Übrige ist. Oh, wenn ich nach dem urteilen soll, was ich kenne, so hat der Olymp nie eine Gottheit besessen, die ihr gleichkäme … Doch ich höre sie … Lass uns allein; geh durch den Garten hinaus, um ihr nicht zu begegnen, und sei pünktlich beim Rendezvous.
CHEVALIER: Die Schilderung, die du mir gegeben hast, bürgt dir für meine Pünktlichkeit… O Himmel!… dich verlassen in dem Zustand, in dem ich mich befinde! … Adieu! … Einen Kuss … Einen einzigen Kuss, Schwester, um mich bis dahin zufriedenzustellen. (Sie küsst ihn, berührt durch seine Hose hindurch sein Glied, und der junge Mann stürzt hinaus.)
MADEME DE SAINT-ANGE, EUGENIE
MADEME DE SAINT-ANGE: Guten Tag, meine Schöne; ich habe dich mit einer Ungeduld erwartet, die du leicht errätst, wenn du in meinem Herzen liest.
EUGENIE: O du Gute, ich glaubte, ich würde nie ankommen, so drängte es mich, in deinen Armen zu liegen; eine Stunde vor meinem Aufbruch zitterte ich, dass alles sich ändern könnte; meine Mutter war absolut gegen diesen herrlichen Ausflug; sie behauptete, es schicke sich nicht, dass ein junges Mädchen in meinem Alter allein gehe; aber mein Vater hatte sie vorgestern so übel behandelt, dass ein einziger Blick von ihm Madame ins Nichts versinken ließ; sie stimmte schließlich dem zu, was er mir erlaubte, und ich bin hergeeilt. Man gibt mir zwei Tage; unbedingt müssen übermorgen dein Wagen und eine deiner Frauen mich nach Hause bringen.
MADEME DE SAINT-ANGE: Wie kurz diese Spanne ist, geliebter Engel! Kaum kann ich dir in so geringer Zeit all das ausdrücken, was ich dir fühle … Und außerdem haben wir zu reden; weißt du nicht, dass ich dich bei diesem Zusammensein in die geheimsten Mysterien der Venus einführen muss? Haben wir in zwei Tagen die Zeit?
EUGENIE: Oh, wenn ich nicht alles weiß, bleibe ich … Ich bin hergekommen, um zu lernen, und ich gehe nicht, ehe ich belehrt bin.
MADEME DE SAINT-ANGE: (küsst sie) O Liebste, was wir einander sagen und tun werden! Doch da fällt mir ein: Willst du frühstücken, meine Königin? Es ist möglich, dass der Unterricht lange dauert.
EUGENIE: Liebe Freundin, ich habe kein anderes Bedürfnis als zu hören; wir haben eine Meile von hier gegessen; ich würde jetzt bis acht Uhr abends warten, ohne das geringste Bedürfnis zu fühlen.
MADEME DE SAINT-ANGE: Gehen wir also in mein Boudoir, dort werden wir es bequemer haben; ich habe meine Leute bereits unterrichtet; sei sicher, dass man sich nicht einfallen lassen wird, uns zu stören. (Sie gehen Arm in Arm hinüber.)
Die Szene spielt in einem entzückenden Boudoir
MADEME DE SAINT-ANGE, EUGENIE, DOLMANCÉ
EUGENIE: (sehr überrascht, in dem Zimmerchen einen Mann zu finden, den sie nicht erwartet hat) O Gott! Liebe Freundin, das ist Verrat!
MADEME DE SAINT-ANGE: (gleichfalls überrascht) Welcher Zufall führt Sie her, mein Herr? Sie sollten, wie mir scheint, erst um vier Uhr kommen!
DOLMANCÉ: Dem Glück, Sie zu sehen, Madame, eilt man stets so weit wie möglich voraus; ich habe Ihren Herrn Bruder getroffen; er sah die Notwendigkeit meiner Gegenwart bei dem Unterricht, den Sie diesem Fräulein erteilen wollen; er wusste, dass hier das Lyzeum ist, wo die Erziehung stattfinden soll; er hat mich heimlich hergebracht, da er nicht glaubte, dass Sie ihn missbilligen würden; und er seinerseits wird, da seine Vorführungen erst nach den theoretischen Darlegungen nötig sind, später erscheinen.
MADEME DE SAINT-ANGE: In der Tat, Dolmancé, dies ist ein Streich …
EUGENIE: Auf den ich nicht hereinfalle, liebe Freundin; all dies ist dein Werk … Wenigstens hätte man mich fragen müssen … Nun schäme ich mich so, dass bestimmt all unsere Pläne gestört werden.
MADEME DE SAINT-ANGE: Ich beteure dir, Eugenie, dass die Idee dieser Überraschung einzig von meinem Bruder stammt; doch darf sie dich nicht erschrecken: Dolmancé, den ich als einen sehr liebenswürdigen Mann kenne und der genau das Maß an Philosophie besitzt, das wir zu deiner Belehrung brauchen, kann unseren Plänen nur nützlich sein; was seine Diskretion betrifft, so bürge ich dir für ihn wie für mich. Meine Liebe, mache dich also mit dem Mann vertraut, der auf der ganzen Welt am besten in der Lage ist, dich zu bilden und auf den Weg des Glückes und der Lust zu führen, den wir zusammen durcheilen wollen.
EUGENIE: (errötet) Oh, ich bin trotzdem so verwirrt… DOLMANCÉ: Kommen Sie, schöne Eugenie, beruhigen Sie sich … Die Schamhaftigkeit ist eine veraltete Tugend, auf die Sie mit so vielen Reizen sehr gut verzichten können.
EUGENIE: Aber der Anstand …
DOLMANCÉ: Noch so ein mittelalterlicher Brauch, um den man sich heute wenig kümmert. Er widerspricht so sehr der Natur! (Dolmancé fasst Eugenie, presst sie in seine Arme und küsst sie.)
EUGENIE: (wehrt sich) Hören Sie auf, Monsieur! … Wirklich, Sie nehmen sehr wenig Rücksicht auf mich!
MADEME DE SAINT-ANGE: Eugenie, höre auf mich, wir sollten beide diesem charmanten Mann gegenüber nicht mehr prüde sein; ich kenne ihn besser als du: Aber sieh nur, wie ich mich ihm hingebe! (Sie küsst ihn lüstern auf den Mund.)
EUGENIE: Oh, meinetwegen; wer könnte mir bessere Beispiele geben! (Sie überlässt sich Dolmancé, der sie leidenschaftlich küsst, die Zunge in ihrem Mund.)
DOLMANCÉ: Oh, was für ein liebenswertes und entzückendes Geschöpf!
MADEME DE SAINT-ANGE: (küsst sie ebenfalls) Glaubst du denn, kleine Schelmin, dass ich nicht auch mein Teil haben will? (Jetzt hält Dolmancé sie beide in den Armen und züngelt sie eine Viertelstunde lang, und beide vergelten es ihm und einander.)
DOLMANCÉ: Oh, das sind Vorbereitungen, die mich mit Wollust berauschen! Meine Damen, glauben Sie mir, es ist überaus warm: Machen wir es uns bequem, wir können dann viel besser plaudern.
MADEME DE SAINT-ANGE: Ich bin einverstanden; ziehen wir diese langen Gazegewänder an: Sie verhüllen von unseren Reizen nur, was der Begierde verborgen werden muss.
EUGENIE: Wirklich, meine Liebe, Sie lassen mich Dinge tun …
MADEME DE SAINT-ANGE: (hilft ihr, sich auszuziehen) Ganz und gar lächerliche, nicht wahr?
EUGENIE: Jedenfalls sehr unschickliche, wirklich … Oh, wie du mich küsst!
MADEME DE SAINT-ANGE: Welch schöner Busen! … Eine kaum erblühte Rose.
DOLMANCÉ: (betrachtet Eugenies Brüste, ohne sie zu berühren) Und er verspricht andere Reize … unendlich höher zu schätzende.
MADEME DE SAINT-ANGE: Höher zu schätzende?
DOLMANCÉ: O ja, auf Ehre! (macht Miene, Eugenie umzudrehen, um sie von hinten zu betrachten)
EUGENIE: O nein, nein, ich beschwöre Sie!
MADEME DE SAINT-ANGE: Nein, Dolmancé … Ich will nicht, dass Sie schon jetzt … einen Gegenstand sehen, dessen Macht über Sie zu groß ist, als dass Sie, wenn Sie ihn einmal im Kopfe haben, noch kaltblütig überlegen könnten. Wir brauchen Ihre Lehren, geben Sie sie uns, und die Myrten, die Sie pflücken wollen, sollen Sie danach bekränzen.
DOLMANCÉ: Gut, doch um zu demonstrieren, um diesem schönen Kind die ersten Lektionen in Libertinage zu erteilen, müssen wenigstens Sie, Madame, die Freundlichkeit haben, sich zur Verfügung zu stellen.
MADEME DE SAINT-ANGE: Bitte sehr … Nun denn, hier haben Sie mich ganz nackt: Sprechen Sie über mich, soviel Sie wollen.
DOLMANCÉ: Oh, welch schöner Körper! … Das ist Venus selbst, von den Grazien verschönt!
EUGENIE: O liebe Freundin, welche Reize! Lass sie mich betrachten, soviel ich will, lass mich sie mit Küssen bedecken. (Sie tut es.)
DOLMANCÉ: Hervorragende Anlagen! Etwas weniger Feuer, schöne Eugenie; nur Aufmerksamkeit ist es, was ich in diesem Augenblick von Ihnen verlange.
EUGENIE: Gut, ich höre, ich höre … Aber sie ist so schön … so rundlich, so frisch! … Oh, meine Freundin ist zauberhaft, nicht wahr, Dolmancé?
DOLMANCÉ: Sie ist schön, gewiss vollendet schön; doch ich bin überzeugt, dass Sie ihr in nichts nachstehen … Kommen Sie, hören Sie zu, hübsche kleine Schülerin, oder fürchten Sie, dass ich, wenn Sie nicht folgsam sind, Rechte gegen Sie übe, die mir mein Titel als Ihr Lehrer in reichem Maße verleiht.
MADEME DE SAINT-ANGE: O ja, ja, Dolmancé, ich überlasse sie Ihnen; Sie müssen sie ordentlich schelten, wenn sie nicht brav ist.
DOLMANCÉ: Es könnte gut sein, dass ich mich nicht auf den Tadel beschränkte.
EUGENIE: Oh! Gerechter Himmel! Sie erschrecken mich … Und was würden Sie denn tun, Monsieur?
DOLMANCÉ: (stammelt und küsst Eugenie auf den Mund) Strafen … Züchtigungen … Und dieser hübsche kleine Arsch könnte mir wohl für die Fehler des Kopfes herhalten. (Er schlägt ihr durch das Gazegewand, das Eugenie nun trägt, auf den Hintern.)
MADEME DE SAINT-ANGE: Ja, ich billige den Plan, doch nicht die Geste. Beginnen wir mit unserem Unterricht, oder die kurze Zeit die uns bleibt, Eugenie zu genießen, verstreicht in Vorbereitungen, und die Belehrung findet nicht statt.
DOLMANCÉ: (berührt der Reihe nach an Madame de Saint-Ange alle Körperteile, die er vorführt) Ich beginne. Ich spreche nicht von diesen Fleischkugeln: Sie wissen so gut wie ich, Eugenie, dass man sie nach Belieben Busen, Brüste, Titten nennt; sie sind für das Vergnügen von großer Bedeutung; ein Liebender hat sie beim Genuss vor Augen; er liebkost sie, tätschelt sie, manche machen sie sogar zum Ort des Genusses; ihr Glied nistet sich zwischen den beiden Venushügeln ein, die die Frau um dieses Glied drückt und zusammenpresst, und nach wenigen Bewegungen gelingt es manchen Männern, dort den köstlichen Balsam des Lebens zu vergießen, dessen Ausfluss alles Glück der Libertins ausmacht … Doch wäre es nicht angebracht, Madame, dieses Glied, über das unaufhörlich zu sprechen sein wird, unserer Schülerin vorzuführen?
MADEME DE SAINT-ANGE: Das glaube ich auch.
DOLMANCÉ: Nun denn, Madame, ich will mich auf dieses Sofa legen; Sie platzieren sich neben mich, ergreifen das Objekt und erklären unserer jungen Schülerin seine Eigenschaften. (Dolmancé legt sich hin und Madame de Saint-Ange demonstriert.)
MADEME DE SAINT-ANGE: Dieses Zepter der Venus, das du vor Augen hast, Eugenie, ist der Haupterreger der Liebeslust: Man nennt es vorzugsweise Glied; es gibt keinen Teil des menschlichen Körpers, in den es nicht eindringen könnte. Immer gehorsam den Leidenschaften dessen, der es bewegt, nistet es sich bald hier (sie berührt Eugenies Fotze) ein: Das ist sein gewöhnlicher Weg, der gebräuchlichste, doch nicht der angenehmste; auf der Suche nach einem geheimnisvolleren Tempel will der Libertin oft hier (sie spreizt ihre Hinterbacken und zeigt ihr Arschloch) genießen: Wir kommen auf diesen Genuss zurück, er ist der köstlichste von allen; der Mund, die Brust, die Achselhöhlen bieten ihm ebenfalls häufig Altäre, auf denen sein Weihrauch brennt; und welchen Ort von all diesen er auch schließlich bevorzugt, sehen wir das Glied, nachdem es sich ein paar Augenblicke bewegt hat, eine weiße und zähe Flüssigkeit ausspritzen, deren Erguss den Mann in einen Rausch versetzt, stark genug, um ihm die süßeste Lust zu gewähren, die er je im Leben erhoffen kann.
EUGENIE: Oh, wie gern möchte ich diese Flüssigkeit fließen sehen!
MADEME DE SAINT-ANGE: Das wäre möglich durch die bloße vibrierende Bewegung meiner Hand: Sieh, wie es sich erregt, indem ich es hin und her bewege! Diese Bewegungen heißen Masturbation, und in der Sprache der Libertinage heißt diese Handlung Wichsen.
EUGENIE: O liebe Freundin, lass mich dieses schöne Glied wichsen!
DOLMANCÉ: Ich halte das nicht aus! Lassen wir sie, Madame: Diese Naivität erregt mich schrecklich.
MADEME DE SAINT-ANGE: Ich bin gegen diese Aufregung. Seien Sie vernünftig; der Ausfluss dieses Samens würde, indem er die Aktivität Ihrer Lebensgeister verminderte, das Feuer Ihrer Darlegungen lähmen.
EUGENIE: (betastet Dolmancés Hoden) O liebe Freundin, wie kränkst du mich durch den Widerstand, den du meinen Wünschen entgegensetzt … Und diese Kugeln, wozu dienen sie, und wie nennt man sie?
MADEME DE SAINT-ANGE: Der Fachausdruck ist Eier … Hoden der medizinische. Diese Kugeln umschließen das Reservoir des fruchtbaren Samens, von dem ich dir gesprochen habe und dessen Ejakulation in die Gebärmutter der Frau die menschliche Rasse hervorbringt; doch gehen wir auf diese Details nicht weiter ein, Eugenie, sie betreffen mehr die Medizin als die Libertinage. Ein hübsches Mädchen soll sich nur mit Ficken befassen und nie mit Zeugen. Wir gehen über alles hinweg, was zum platten Mechanismus der Fortpflanzung gehört, um uns hauptsächlich und einzig an die libertinen Lüste zu halten, deren Geist absolut nicht der der Fortpflanzung ist.
EUGENIE: Aber liebe Freundin, wenn dieses riesige Glied, das ich kaum in der Hand halten kann, in ein so kleines Loch wie das deines Hintern eindringt – und du versicherst mir, dass das möglich sei, muss das der Frau ziemliche Schmerzen verursachen.
MADEME DE SAINT-ANGE: Ob es von vorn, ob es von hinten eindringt, wenn eine Frau noch nicht daran gewöhnt ist, empfindet sie immer Schmerz. Es hat der Natur gefallen, uns nur durch Qualen zum Glück gelangen zu lassen; doch einmal besiegt, kann nichts die Lust beschreiben, die man genießt, und das Vergnügen, das man fühlt, wenn das Glied in unserem Arsch eindringt, ist zweifellos all denen vorzuziehen, die sein Eindringen von vorn bewirken kann. Welche Gefahren vermeidet eine Frau übrigens auf diese Weise! Weniger Risiken für ihre Gesundheit und keines der Schwangerschaft. Ich verbreite mich jetzt nicht weiter über diese Wollust; unser beider Lehrer, Eugenie, wird sie bald ausführlich analysieren und dich, indem er die Praxis zur Theorie fügt, hoffentlich überzeugen, meine Liebe, dass du unter allen Vergnügen des Geschlechtsgenusses einzig diesem den Vorzug geben musst.
DOLMANCÉ: Beeilen Sie sich mit Ihren Darlegungen, Madame, ich beschwöre Sie, ich kann es nicht mehr aus- halten; ich werde mich entladen, ohne es zu wollen, und dieses fürchterliche Glied, zu einem Nichts geworden, könnte Ihren Belehrungen nicht mehr dienen.
EUGENIE: Wie! Es verschwände, meine Liebe, wenn es den Samen verlöre, von dem du mir erzählst! … Oh, lass mich es ihn verlieren machen, damit ich sehe, was aus ihm wird … Und außerdem würde es mir solchen Spaß machen, das fließen zu sehen!
MADEME DE SAINT-ANGE: Nein, nein, Dolmancé, stehen Sie auf; denken Sie daran, dass dies der Preis für Ihre Mühen ist und dass ich ihn Ihnen erst überlassen kann, wenn Sie ihn verdient haben.
DOLMANCÉ: Gut; doch wäre etwas dagegen einzuwenden, dass Sie, um Eugenie besser von all dem zu überzeugen, was wir über das Vergnügen vortragen werden, sie zum Beispiel vor meinen Augen wichsten?
MADEME DE SAINT-ANGE: Zweifellos nichts, und ich werde es mit umso größerer Freude tun, als diese lustvolle Episode unseren Belehrungen nur förderlich sein kann. Lege dich auf das Sofa, meine Liebe.
EUGENIE: O Gott, was für eine entzückende Nische! Aber wozu all diese Spiegel?
MADEME DE SAINT-ANGE: Weil sie, indem sie tausendfältig die Stellungen wiederholen, unendlich die gleichen Genüsse in den Augen derer vermehren, die sie auf dieser Ottomane kosten. Kein Teil des einen oder des anderen Körpers kann auf diese Weise verborgen bleiben: Alles muss sichtbar sein; es sind ebenso viel Gruppen, die sich um die scharen, die die Liebe verkettet, ebenso viel Nachahmer ihrer Wonnen, ebenso viele köstliche Bilder, an denen ihre Lüsternheit sich berauscht und die dazu dienen, sie selbst zu vervollkommnen.
EUGENIE: Diese Erfindung ist wunderbar!
MADEME DE SAINT-ANGE: Dolmancé, entkleiden Sie selbst das Opfer.
DOLMANCÉ: Das ist nicht schwer, da man nur diesen Schleier wegnehmen muss, um die rührendsten Reize nackt zu erblicken. (Er zieht sie nackt aus, und seine ersten Blicke zielen sogleich auf den Hintern.) Ich soll ihn also sehen, diesen göttlichen und kostbaren Arsch, nach dem ich so leidenschaftlich verlange! … Beim Himmel! Welche Rundlichkeit und welche Frische, welcher Glanz und welche Eleganz! … Ich habe noch nie einen schöneren gesehen!
MADEME DE SAINT-ANGE: O Spitzbube! Wie deine ersten Huldigungen dein Vergnügen und deine Neigungen beweisen!
DOLMANCÉ: Aber kann es denn auf der Welt etwas geben, das dem gleichkäme? … Oh, hätte die Liebe göttlichere Altäre? … Eugenie … herrliche Eugenie, lassen Sie mich diesen Arsch mit den süßesten Liebkosungen bedecken! (Er betastet und küsst ihn begeistert.)
MADEME DE SAINT-ANGE: Hören Sie auf, Libertin! … Sie vergessen, dass mir allein Eugenie gehört, der einzige Preis der Lehren, die sie von Ihnen erwartet; erst nachdem sie sie empfangen hat, wird sie Ihr Lohn. Halten Sie diese Glut zurück, oder ich werde böse.
DOLMANCÉ: O Schelmin! Das ist Eifersucht … Nun, überlassen Sie mir Ihren: Ich werde ihn mit den gleichen Huldigungen überhäufen. (Er nimmt Madame de Saint-Ange den Gazestoff weg und liebkost ihren Hintern.) Oh, wie schön er ist, mein Engel… wie köstlich ist auch er! Lassen Sie mich sie vergleichen, einen neben dem anderen bewundern: Das ist Ganymed neben Venus! (Er bedeckt beide mit Küssen.) Madame, könnten Sie nicht, um meinen Augen ständig das bezaubernde Schauspiel von soviel Schönheit zu bieten, einander umschlingen und mir so immerfort die köstlichen Ärsche zeigen, die ich vergöttere?
MADEME DE SAINT-ANGE: Sicherlich! … So, sind Sie zufrieden? … (Sie umschlingen einander so, dass sich ihre Ärsche Dolmancé gegenüber befinden.)
DOLMANCÉ: Es könnte nicht besser sein: Das ist genau, was ich wollte; bewegen Sie diese schönen Ärsche mit allem Feuer der Lüsternheit; heben und senken Sie sie rhythmisch; lassen Sie sie den Impulsen folgen, die ihnen die Lust eingibt! Gut, gut, das ist herrlich!
EUGENIE: O meine Liebe, welches Vergnügen du mir machst! … wie nennt man das, was wir da tun?
MADEME DE SAINT-ANGE: Wichsen, mein Liebchen … sich Lust verschaffen; aber warte, lass uns die Plätze tauschen; betrachte meine Fotze … So nennt man den Tempel der Venus. Sieh ihn dir genau an, diesen Spalt, den deine Hand bedeckt: Ich will ihn ein wenig öffnen. Diese Erhebung, die ihn krönt, wie du siehst, heißt Hügel: Er bedeckt sich gewöhnlich mit vierzehn oder fünfzehn Jahren mit Haaren, wenn ein Mädchen die Regel bekommt. Dieses Zünglein, das man darunter entdeckt, heißt Klitoris. In ihr liegt die ganze Empfindungsfähigkeit der Frau; sie ist auch der ganze Sitz der meinen; man kann mich an dieser Stelle nicht kitzeln, ohne dass ich vor Lust außer mir gerate. Versuche es … O kleine Schelmin! Wie du loslegst! … Man möchte sagen, du hättest dein Leben lang nichts anderes getan! … Hör auf! … Hör auf! … Nein, ich sage dir, ich will mich nicht hingeben! … Oh, halten Sie mich zurück, Dolmancé! … Ich bin nahe daran, unter den Zauberfingern dieses hübschen Mädchens den Kopf zu verlieren!
DOLMANCÉ: Nun, wenn es möglich ist, ihre Gedanken abzukühlen, indem Sie sie variieren, wichsen Sie sie selbst; halten Sie sich zurück. Sie allein soll sich hingeben. So, ja! … in dieser Haltung; ihr hübscher Arsch befindet sich auf diese Weise unter meinen Händen; ich werde ihn leicht mit dem Finger reizen. Geben Sie sich hin, Eugenie; überlassen Sie all Ihre Sinne dem Vergnügen; es soll der einzige Gott Ihres Lebens sein; ihm allein soll ein junges Mädchen alles opfern, und nichts darf in seinen Augen so heilig sein wie das Vergnügen.
EUGENIE: Oh jedenfalls ist nichts so wonnevoll, ich fühle es … Ich bin außer mir … Ich weiß nicht mehr, was ich sage, noch, was ich tue …