Die Pickwickier - Charles Dickens - E-Book

Die Pickwickier E-Book

Charles Dickens.

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Beschreibung

"Die Pickwickier" ist der erste Roman von Charles Dickens. Mit ihm begründete er seinen literarischen Ruhm. Das humoristische Werk, zwischen 1836 und 1837 als zwanzigteiliger Fortsetzungsroman veröffentlicht, machte den 23-jährigen Autor über Nacht berühmt. Hauptfigur der Geschichte ist der exzentrische Gelehrte Samuel Pickwick, Gründer und Präsident des Pickwick-Klubs. Um neue "Erkenntnisse" zu sammeln, unternimmt er zusammen mit den Klubmitgliedern Tracy Tupman, Augustus Snodgraß und Nathanael Winkle zahlreiche absurde Forschungsreisen innerhalb Englands. Mit viel Humor und Situationskomik schildert Charles Dickens dabei die zu bestehenden Abenteuer. Die Seiten sind gefüllt mit komischen Episoden und schrägen Figuren. Der Klub muss an einer Jagd teilnehmen, entlarvt einen Mitgiftjäger, wird auf eine Hochzeit geladen und einzelne Mitglieder landen selbst vor Gericht. "Die Pickwickier" ist mit Sicherheit Dickens kurzweiligstes und witzigstes Buch. "Ein Buch, das man auf jeden Fall im Hause haben sollte: Die Pickwickier verbinden Schelm- und Episodenroman." (Rheinischer Merkur) "Der Titelheld ist bald nach Erscheinen des Romans in den Volksmund eingegangen und inzwischen zu einer unsterblichen Gestalt geworden." (Kindlers Literatur Lexikon) Null Papier Verlag

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Seitenzahl: 1247

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Charles Dickens

Die Pickwickier

Charles Dickens

Die Pickwickier

(The Posthumous Papers of the Pickwick Club)Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2024Klosterstr. 34 · D-40211 Düsseldorf · [email protected]Übersetzung: Gustav Meyrink 3. Auflage, ISBN 978-3-954183-44-9

null-papier.de/neu

Inhaltsverzeichnis

Das Buch

Au­tor und Werk

Ers­tes Ka­pi­tel – Die Pick­wi­ckier

Zwei­tes Ka­pi­tel – Die Rei­se des ers­ten Ta­ges und die Aben­teu­er des ers­ten Abends nebst ih­ren Fol­gen

Drit­tes Ka­pi­tel – Eine neue Be­kannt­schaft. Die Er­zäh­lung des wan­dern­den Schau­spie­lers. Eine un­an­ge­neh­me Stö­rung und ein un­er­freu­li­ches Zu­sam­men­tref­fen

Vier­tes Ka­pi­tel – Die Er­zäh­lung des wan­dern­den Schau­spie­lers

Fünf­tes Ka­pi­tel – Ein Tag im Frei­en. Neue Freun­de. Eine Ein­la­dung aufs Land

Sechs­tes Ka­pi­tel – Ein kur­z­es Ka­pi­tel, in dem un­ter an­de­rem be­rich­tet wird, wie Mr. Pick­wick sich ver­lei­ten ließ, zu kut­schie­ren, und Mr. Winkle, zu rei­ten, und wie sie bei­de da­mit zu­recht­ka­men

Sie­ben­tes Ka­pi­tel – Eine alt­mo­di­sche Spiel­par­tie. – Die Er­zäh­lung von der Rück­kehr des Sträf­lings

Ach­tes Ka­pi­tel – Wie Mr. Winkle, an­statt auf Mr. Tup­man zu zie­len und die Krä­he zu tö­ten, auf die Krä­he schoss und Mr. Tub­man traf; wie der Kricket­klub von Dingley Dell ge­gen Mug­gle­ton spiel­te und wie Mug­gle­ton auf Kos­ten von Dingley Dell speis­te, nebst an­de­ren an­zie­hen­den und lehr­rei­chen Vor­fäl­len

Neun­tes Ka­pi­tel – Das den Satz: »Die Lie­be ist kei­ne Ei­sen­bahn« in ein hel­les Licht rückt

Zehn­tes Ka­pi­tel – Ent­de­ckung und Ver­fol­gung

Elf­tes Ka­pi­tel – Be­sei­tigt auch den letz­ten Zwei­fel an Mr. Jingles Unei­gen­nüt­zig­keit

Zwölf­tes Ka­pi­tel – Aber­ma­li­ge Rei­se und eine ar­chäo­lo­gi­sche Ent­de­ckung. Mr. Pick­wicks Ent­schluss, ei­ner Par­la­ments­wahl bei­zu­woh­nen, und das Ma­nu­skript des al­ten Geist­li­chen

Drei­zehn­tes Ka­pi­tel – Ein Vor­fall von ein­schnei­den­der Wir­kung auf Mr. Pick­wicks Le­ben und Ge­schich­te

Vier­zehn­tes Ka­pi­tel – Ei­ni­ges über die Wah­len in Ea­t­ans­will

Fünf­zehn­tes Ka­pi­tel – Eine kur­ze Be­schrei­bung der Ge­sell­schaft im »Pfau« und die Er­zäh­lung des Rei­sen­den

Sech­zehn­tes Ka­pi­tel – In dem ein ge­treu­es Kon­ter­fei von zwei dis­tin­guier­ten Per­so­nen vor­kommt so­wie die ge­naue Be­schrei­bung ei­nes fa­shio­na­blen Früh­stücks, das zur Er­neue­rung ei­ner al­ten Be­kannt­schaft führt

Sieb­zehn­tes Ka­pi­tel – Ent­hält zu vie­le Aben­teu­er, um sie kurz an­ge­ben zu kön­nen

Acht­zehn­tes Ka­pi­tel – Wo­rin mit we­ni­gen Wor­ten zwei Punk­te dar­ge­tan wer­den: ers­tens die Macht der Krämp­fe, und zwei­tens die Ge­walt der Um­stän­de

Neun­zehn­tes Ka­pi­tel – Ein an­ge­neh­mer Tag mit ei­nem un­er­freu­li­chen Schluss

Zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Zeigt, was für tüch­ti­ge Ge­schäfts­leu­te Dod­son und Fogg sind und wie gut sich ihre Schrei­ber un­ter­hal­ten. Ein rüh­ren­des Wie­der­se­hen zwi­schen Mr. Wel­ler und sei­nem Va­ter und eine Schil­de­rung, welch aus­er­le­se­ne Geis­ter in der »Els­ter« zu­sam­men­kom­men

Ein­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – In dem der alte Mann sich über sein Lieb­lings­the­ma ver­brei­tet und eine Ge­schich­te von ei­nem merk­wür­di­gen Kli­en­ten er­zählt

Zwei­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Mr. Pick­wick reist nach Ips­wich und er­lebt ein ro­man­ti­sches Aben­teu­er mit ei­ner Dame in mitt­le­ren Jah­ren und gel­ben Haar­wi­ckeln

Drei­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Mr. Sa­mu­el Wel­ler bie­tet al­les auf, Mr. Trot­ter sei­ne Schuld ab­zu­zah­len

Vier­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Mr. Pe­ter Ma­g­nus wird ei­fer­süch­tig und die Dame in den mitt­le­ren Jah­ren so be­sorgt, dass die Pick­wi­ckier Ge­fahr lau­fen, dem Arme der Ge­rech­tig­keit über­lie­fert zu wer­den

Fün­f­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Zeigt nebst an­de­ren er­götz­li­chen Din­gen, wel­che Wür­de und Un­par­tei­lich­keit Mr. Nup­kins an den Tag leg­te, und wie Mr. Wel­ler sei­ne Schuld Mr. Hiob Trot­ter mit Zin­ses­zin­sen heim­zahl­te

Sechs­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Ent­hält einen kur­z­en Be­richt über den wei­te­ren Ver­lauf der Klagsa­che Bar­dell kon­tra Pick­wick

Sie­ben­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Sa­mu­el Wel­ler macht eine Wall­fahrt nach Dor­king und be­kommt sei­ne Stief­mut­ter zu Ge­sicht

Acht­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Ein hei­te­res Weih­nachts­ka­pi­tel nebst Er­zäh­lung ei­ner Hoch­zeit und ei­ni­ger an­de­rer Lust­bar­kei­ten

Neun­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Wie die Pick­wi­ckier die Be­kannt­schaft zwei­er fei­ner jun­ger Her­ren mach­ten, und wie sie sich auf dem Eise be­lus­tig­ten

Drei­ßigs­tes Ka­pi­tel – Han­delt le­dig­lich von Ge­richt­spra­xis und ver­schie­de­nen be­deu­ten­den Rechts­ge­lehr­ten

Ein­und­drei­ßigs­tes Ka­pi­tel – Mr. Bob Sa­wyer gibt eine lus­ti­ge Abend­ge­sell­schaft in sei­ner Woh­nung im Bo­rough

Zwei­und­drei­ßigs­tes Ka­pi­tel – Mr. Wel­ler se­ni­or macht ei­ni­ge kri­ti­sche Be­mer­kun­gen über Brief­stel­le­rei und Poe­sie und übt mit Hil­fe sei­nes Soh­nes Sa­mu­el eine klei­ne Wie­der­ver­gel­tung an dem hoch­wür­di­gen Herrn mit der ro­ten Nase

Drei­und­drei­ßigs­tes Ka­pi­tel – Das ein­zig und al­lein ei­nem aus­führ­li­chen und wahr­heits­ge­treu­en Be­richt über die denk­wür­di­ge Ge­richts­ver­hand­lung in Sa­chen Bar­dell kon­tra Pick­wick ge­wid­met ist

Vierund­drei­ßigs­tes Ka­pi­tel – Mr. Pick­wick be­schließt, nach Bath zu ge­hen

Fün­fund­drei­ßigs­tes Ka­pi­tel – Ent­hält eine au­then­ti­sche Ver­si­on des Mär­chens vom Prin­zen Bla­dud und zu­gleich ein höchst merk­wür­di­ges Mal­heur, das Mr. Winkle wi­der­fuhr

Sechs­und­drei­ßigs­tes Ka­pi­tel – Wie Mr. Winkle aus dem Re­gen in die Trau­fe kommt

Sie­ben­und­drei­ßigs­tes Ka­pi­tel – Mr. Sa­mu­el Wel­ler wird zum Po­stil­li­on d’a­mour er­nannt und ver­sieht sein Amt als sol­cher höchst ge­wis­sen­haft

Achtund­drei­ßigs­tes Ka­pi­tel – Führt Mr. Pick­wick in eine neue und in­ter­essan­te Pha­se im großen Dra­ma des Le­bens

Neun­und­drei­ßigs­tes Ka­pi­tel – Wie es Mr. Pick­wick in der Fleet er­ging, was für Schuld­ge­fan­ge­ne er da­selbst an­traf und wie er die Nacht zu­brach­te

Vier­zigs­tes Ka­pi­tel – Wo­rin sich, wie im vor­her­ge­hen­den, das alte Sprich­wort be­währt, dass das Un­glück den Men­schen mit son­der­ba­ren Schlaf­ka­me­ra­den zu­sam­men­führt

Ein­und­vier­zigs­tes Ka­pi­tel – Zeigt, wie Mr. Sa­mu­el Wel­ler ins Un­glück kommt

Zwei­und­vier­zigs­tes Ka­pi­tel – Mr. Winkles ge­heim­nis­vol­les Be­neh­men. Der Kanz­lei­ge­fan­ge­ne wird end­lich er­löst

Drei­und­vier­zigs­tes Ka­pi­tel – Schil­dert eine rüh­ren­de Zu­sam­men­kunft Mr. Sa­mu­el Wel­ler mit sei­nen Ver­wand­ten. Mr. Pick­wick be­sich­tigt die klei­ne Welt, die er be­wohnt, und fasst den Ent­schluss, künf­tig­hin so we­nig wie mög­lich mit ihr zu ver­keh­ren

Vierund­vier­zigs­tes Ka­pi­tel – Ein er­schüt­tern­der, wenn auch nicht un­lus­ti­ger Vor­fall, her­bei­ge­führt durch die Um­sicht der Her­ren Dod­son und Fogg

Fün­fund­vier­zigs­tes Ka­pi­tel – Han­delt von Ge­schäfts­an­ge­le­gen­hei­ten und dem zeit­li­chen Vor­teil der Her­ren Dod­son und Fogg. Mr. Winkle tritt un­ter au­ßer­or­dent­li­chen Um­stän­den wie­der auf, und Mr. Pick­wicks gu­tes Herz siegt über sei­ne Hart­nä­ckig­keit

Sechs­und­vier­zigs­tes Ka­pi­tel – Mr. Pick­wick er­weicht mit Hil­fe Sa­mu­el Wel­lers das Herz Mr. Ben­ja­min Al­lens und be­sänf­tigt den Zorn Mr. Ro­bert Sa­wyers

Sie­ben­und­vier­zigs­tes Ka­pi­tel – Wie Mr. Pick­wick nach Bir­ming­ham reis­te und Ver­stär­kung an ei­nem höchst un­er­war­te­ten Bun­des­ge­nos­sen er­hielt

Achtund­vier­zigs­tes Ka­pi­tel – Mr. Pick­wick trifft einen al­ten Be­kann­ten

Neun­und­vier­zigs­tes Ka­pi­tel – Eine wich­ti­ge Ver­än­de­rung in der Fa­mi­lie Wel­ler. Mr. Stigg­ins fällt in Un­gna­de

Fünf­zigs­tes Ka­pi­tel – Mr. Jingles und Hiob Trot­ters letz­ter Austritt. Ab­wick­lung ei­nes Ge­schäfts in Grays Inn Squa­re und ein lau­tes Klop­fen an Mr. Per­kers Tür

Ein­und­fünf­zigs­tes Ka­pi­tel – Ent­hält ei­ni­ge nä­he­re Um­stän­de be­treffs des eben er­wähn­ten Klop­fens und un­ter an­de­rem auch in­ter­essan­te, be­deut­sa­me Auf­schlüs­se in Be­zug auf Mr. Snod­graß und eine jun­ge Dame

Zwei­und­fünf­zigs­tes Ka­pi­tel – Mr. Sa­mu­el Pell ord­net mit Bei­hil­fe ei­nes aus­er­le­se­nen Kut­scher­ko­mi­tees die An­ge­le­gen­hei­ten Mr. Wel­lers se­ni­or

Drei­und­fünf­zigs­tes Ka­pi­tel – Eine wich­ti­ge Be­ra­tung zwi­schen Mr. Pick­wick und Sam, der Mr. Wel­ler bei­wohnt. Ein al­ter Herr in sthnupf­ta­bakjar­be­nen Klei­dern tritt un­er­war­tet auf

Vierund­fünf­zigs­tes Ka­pi­tel – In dem der Pick­wick-Klub auf­ge­löst wird und al­les zur größ­ten Zufrie­den­heit en­det

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Ro­bin­son Cru­soe

Das Got­tes­le­hen

Meis­ter­no­vel­len

Eine Weih­nachts­ge­schich­te

und wei­te­re …

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Das Buch

www.null-papier.de/dickens

»Die Pick­wi­ckier« ist der ers­te Ro­man von Charles Di­ckens. Mit ihm be­grün­de­te er sei­nen li­te­ra­ri­schen Ruhm.

Das hu­mo­ris­ti­sche Werk, zwi­schen 1836 und 1837 als zwan­zig­tei­li­ger Fort­set­zungs­ro­man ver­öf­fent­licht, mach­te den 23-jäh­ri­gen Au­tor über Nacht be­rühmt.

Haupt­fi­gur der Ge­schich­te ist der ex­zen­tri­sche Ge­lehr­te Sa­mu­el Pick­wick, Grün­der und Prä­si­dent des Pick­wick-Klubs. Um neue »Er­kennt­nis­se« zu sam­meln, un­ter­nimmt er zu­sam­men mit den Klub­mit­glie­dern Tra­cy Tup­man, Au­gus­tus Snod­graß und Na­tha­na­el Winkle zahl­rei­che ab­sur­de For­schungs­rei­sen in­ner­halb Eng­lands.

Mit viel Hu­mor und Si­tua­ti­ons­ko­mik schil­dert Charles Di­ckens da­bei die zu be­ste­hen­den Aben­teu­er. Die Sei­ten sind ge­füllt mit ko­mi­schen Epi­so­den und schrä­gen Fi­gu­ren. Der Klub muss an ei­ner Jagd teil­neh­men, ent­larvt einen Mit­gift­jä­ger, wird auf eine Hoch­zeit ge­la­den und ein­zel­ne Mit­glie­der lan­den selbst vor Ge­richt.

»Die Pick­wi­ckier« ist mit Si­cher­heit Di­ckens kurz­wei­ligs­tes und wit­zigs­tes Buch.

»Ein Buch, das man auf je­den Fall im Hau­se ha­ben soll­te: Die Pick­wi­ckier ver­bin­den Schelm- und Epi­so­den­ro­man.« (Rhei­ni­scher Mer­kur)

»Der Ti­tel­held ist bald nach Er­schei­nen des Ro­mans in den Volks­mund ein­ge­gan­gen und in­zwi­schen zu ei­ner un­s­terb­li­chen Ge­stalt ge­wor­den.« (Kind­lers Li­te­ra­tur Le­xi­kon)

In­for­ma­tio­nen über Gra­ti­s­an­ge­bo­te und Neu­ver­öf­fent­li­chun­gen un­ter:

www.null-papier.de/newsletter

Autor und Werk

Charles John Huf­fam Di­ckens (als Pseud­onym auch Boz; geb. 7. Fe­bru­ar 1812 in Land­port bei Ports­mouth, Eng­land; gest. 9. Juni 1870 auf Ga­d’s Hill Place bei Ro­che­s­ter, Eng­land) ist ein eng­li­scher Schrift­stel­ler und Jour­na­list.

Er gilt als ei­ner der her­aus­ra­gends­ten Au­to­ren sei­ner Zeit und als ei­ner der Ers­ten, die in rea­lis­ti­schen Schil­de­run­gen das Leid ei­ner un­ter­pri­vi­le­gier­ten Be­völ­ke­rung auf­zeich­ne­ten.

Zu sei­nen be­kann­tes­ten Wer­ken ge­hö­ren »Oli­ver Twist«, »Da­vid Cop­per­field«, »Eine Ge­schich­te aus zwei Städ­ten«, »Gro­ße Er­war­tun­gen« so­wie »Eine Weih­nachts­ge­schich­te«. Di­ckens ver­wen­det einen blu­mi­gen und poe­ti­schen Stil, der vie­le hu­mo­ris­ti­sche Ele­men­te be­sitzt. Be­son­ders sei­ne Sei­ten­hie­be auf die Bri­ti­sche Ari­sto­kra­tie sind weit ver­brei­tet und be­liebt.

Di­ckens ist das Zwei­te von acht Kin­dern von John Di­ckens (1786–1851), ei­nem mit­tel­lo­sen Ma­ri­ne­schrei­ber. 1823 kann der Va­ter die hung­ri­ge Fa­mi­lie nicht mehr er­näh­ren und kommt ins Schuld­ge­fäng­nis von Lon­don. Eine Tra­gö­die, die den Jun­gen Charles Di­ckens fürs Le­ben prägt - nicht um­sonst kri­ti­siert er in sei­nen Schrif­ten den un­ge­rech­ten Um­gang mit schuld­los Ver­schul­de­ten. Charles muss schon mit 12 Jah­ren als La­ger- und Fa­brik­ar­bei­ter sei­ne Fa­mi­lie un­ter­stüt­zen; auch die­se Er­fah­rung fließt in sein Werk um »Da­vid Cop­per­field« ein.

Als sein Va­ter 1824 aus dem Ge­fäng­nis ent­las­sen wird, geht Charles bis 1826 zu­rück in die Schu­le und wird 1827 als Schrei­ber bei ei­nem Rechts­an­walt an­ge­stellt. Er ar­bei­tet sich bis zum Par­la­ment­ss­te­no­gra­fen hoch (1929).

1836 hei­ra­tet Di­ckens Ca­the­ri­ne Ho­garth (1816–1879), von der er sich 1858 trennt. Das Ehe­paar hat zehn Kin­der.

Ab 1831 ver­dient Di­ckens sei­nen Le­bens­hun­ter­halt als Jour­na­list für ver­schie­de­ne Zei­tun­gen. 1836–37 er­schei­nen in mo­nat­li­chen Hef­ten die »Pick­wick Pa­pers«, durch die Di­ckens rasch Be­kannt­heit als Schrift­stel­ler er­langt. Eben­so sei­ne fol­gen­den Ro­ma­ne ent­ste­hen als Fort­set­zungs­ge­schich­ten in Zei­tun­gen. Oft schreibt er an meh­re­ren gleich­zei­tig.

Aber Di­ckens will nicht nur li­te­ra­ri­schen Er­folg, son­dern auch auf ge­sell­schaft­li­che Miss­stän­de hin­wei­sen und den Weg für so­zia­le Re­for­men eb­nen. 1838 er­scheint »Oli­ver Twist« und Di­ckens wird Her­aus­ge­ber der li­be­ra­len Ta­ges­zei­tung »Dai­ly News«.

Auf ei­ner er­folg­rei­chen Le­se­rei­se in die Ve­rei­nig­ten Staa­ten bringt Di­ckens, der un­ter nicht au­to­ri­sier­ten Ver­öf­fent­li­chun­gen auf dem ame­ri­ka­ni­schen Kon­ti­nent lei­det, die Idee ei­nes welt­wei­ten Uhr­he­ber­rech­tes auf, aber ern­tet da­für kei­ne Un­ter­stüt­zung.

1843 ver­öf­fent­licht Di­ckens sei­ne be­kann­te »Weih­nachts­ge­schich­te«, in der er eine fan­tas­ti­sche Hand­lung mit der mo­ra­li­schen Idee von So­li­da­ri­tät und Nächs­ten­lie­be ver­knüpft.

1856 er­lau­ben ihm sei­ne Ein­künf­te, den Land­sitz Ga­d‘s Hill Place in Ro­che­s­ter zu er­wer­ben. Am 9. Juni 1865 über­lebt Di­ckens den schwe­ren Ei­sen­bah­n­un­fall von Staple­hurst. Die­sen über­steht er kör­per­lich un­ver­sehrt, wird aber zeit­le­bens an den Erin­ne­run­gen lei­den.

1869 macht er eine letz­te Le­se­rei­se durch Groß­bri­tan­ni­en, auf der er wäh­rend ei­ner Le­sung einen Schlag­an­fall er­lei­det. Am 9. Juni 1870 stirbt Charles Di­ckens auf sei­nem Land­sitz an ei­nem zwei­ten Schlag­an­fall. Er wird am 14. Juni in der West­mins­ter Ab­bey bei­ge­setzt.

Di­ckens ist ei­ner der meist­ge­le­se­nen Schrift­stel­ler der eng­li­schen Li­te­ra­tur. Der als Kind Mit­te­lo­se hin­ter­lässt bei sei­nem Tode ein statt­li­ches Ver­mö­gen.

Charles Di­ckens bei Null Pa­pier

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Erstes Kapitel – Die Pickwickier

Der ers­te Licht­strahl, der das Dun­kel er­leuch­tet und blen­den­de Hel­lig­keit an Stel­le je­ner Fins­ter­nis ver­brei­tet, in wel­che die frü­he Ge­schich­te der öf­fent­li­chen Lauf­bahn des un­s­terb­li­chen Pick­wick bis­her ein­gehüllt schi­en, ging von der sorg­sa­men Durch­sicht fol­gen­der Ein­tra­gun­gen in den Sit­zungs­be­rich­ten des Pick­wick-Klubs aus, die der Her­aus­ge­ber die­ser Pa­pie­re sei­nen Le­sern mit leb­haf­tem Ver­gnü­gen als Be­weis für die gründ­li­che Auf­merk­sam­keit, den un­er­müd­li­chen Fleiß und das fei­ne Un­ter­schei­dungs­ver­mö­gen vor­legt, wo­mit die Nach­for­schun­gen in der Fül­le ver­schie­den­ar­ti­ger Do­ku­men­te, die ihm an­ver­traut wa­ren, sei­ner­seits durch­ge­führt wor­den sind.

12. Mai 1817. Prä­si­di­um: Jo­seph Smig­gers, Hoch­wohl­geb. SVL.–PKM.1 Fol­gen­de Re­so­lu­tio­nen wur­den ein­stim­mig an­ge­nom­men:

I. »Dass die Sit­zungs­teil­neh­mer mit dem Ge­fühl un­ge­trüb­ter Be­frie­di­gung so­wie un­ein­ge­schränk­ter Zu­stim­mung die Ver­le­sung des von Sa­mu­el Pick­wick, Hoch­wohl­geb. HV. PKM.,2 bei­ge­brach­ten Schrift­stücks an­hör­ten, wel­ches den Ti­tel trug: Spe­ku­la­tio­nen über die Quel­le der Tüm­pel von Hamps­tead3 nebst ei­ni­gen Be­mer­kun­gen zur ›Theo­rie der Stich­lin­ge‹, und dass die Sit­zungs­teil­neh­mer hier­mit dem be­sag­ten Sa­mu­el Pick­wick, Hoch­wohl­geb. HV. PKM., ih­ren wärms­ten Dank da­für aus­spre­chen.«

II. »Dass die Sit­zungs­teil­neh­mer voll und ganz die Vor­tei­le wür­di­gen, wel­che der Wis­sen­schaft glei­cher­ma­ßen aus dem eben er­wähn­ten Opus wie über­haupt aus den un­er­müd­li­chen For­schun­gen Sa­mu­el Pick­wicks, Hoch­wohl­geb. HV. PKM., in Horn­sey, High­ga­te, Brix­ton und Cam­ber­well er­wach­sen müs­sen, und da­her nicht um­hin kön­nen, sich den un­schätz­ba­ren Ge­winn leb­haft zu ver­ge­gen­wär­ti­gen, der sich aus ei­ner Aus­deh­nung der Spe­ku­la­tio­nen die­ses Ge­lehr­ten auf ein brei­te­res Feld, aus ei­ner Er­wei­te­rung sei­ner Rei­sen und da­mit ei­ner Ver­grö­ße­rung sei­nes Beo­b­ach­tungs­rau­mes zwangs­läu­fig für den Fort­schritt der Wis­sen­schaft und die Ver­brei­tung von Ge­lehr­sam­keit er­ge­ben wür­de.«

III. »Dass die Sit­zungs­teil­neh­mer in der eben er­wähn­ten Ab­sicht einen Vor­schlag ernst­lich in Er­wä­gung ge­zo­gen ha­ben, der von be­sag­tem Sa­mu­el Pick­wick, Hoch­wohl­geb. HV. PKM., und drei an­de­ren, nach­ste­hend auf­ge­führ­ten Pick­wi­cki­ern aus­ging, näm­lich, eine neue Un­ter­ab­tei­lung der Ve­rei­nig­ten Pick­wi­ckier un­ter der Be­zeich­nung ›Kor­re­spon­die­ren­de Ge­sell­schaft des Pick­wick-Klubs‹ zu grün­den.«

IV. »Dass der ge­nann­te Vor­schlag die Un­ter­stüt­zung und Bil­li­gung der Sit­zungs­teil­neh­mer ge­fun­den hat.«

V. »Dass da­her die Kor­re­spon­die­ren­de Ge­sell­schaft des Pick­wick-Klubs hier­mit kon­sti­tu­iert ist und dass Sa­mu­el Pick­wick, Hoch­wohl­geb. HV. PKM., Tra­cy Tup­man, Hoch­wohl­geb. PKM., Au­gus­tus Snod­graß, Hoch­wohl­geb. PKM., und Na­tha­na­el Winkle, Hoch­wohl­geb. PKM., hier­mit nach er­folg­ter No­mi­nie­rung zu Mit­glie­dern der­sel­ben er­nannt so­wie fer­ner er­sucht wor­den sind, von Fall zu Fall au­then­ti­sche Be­rich­te über ihre Rei­sen und Un­ter­su­chun­gen, über ihre Beo­b­ach­tun­gen der Sit­ten und Ge­bräu­che wie auch über alle ihre Er­leb­nis­se un­ter Bei­fü­gung sämt­li­cher De­tails und Be­le­ge, zu de­nen je­weils die ört­li­che Sze­ne­rie oder ir­gend­wel­che Ide­en­ver­bin­dun­gen An­lass ge­ben soll­ten, an den in Lon­don re­si­die­ren­den Pick­wick-Klub ein­zu­sen­den.«

VI. »Dass die Sit­zungs­teil­neh­mer auf­rich­tig den Grund­satz der Selbst­fi­nan­zie­rung der Kor­re­spon­die­ren­den Ge­sell­schaft hin­sicht­lich ei­ge­ner Rei­se­kos­ten an­er­ken­nen und nicht das ge­rings­te da­ge­gen ein­zu­wen­den ha­ben, dass die Mit­glie­der der ge­nann­ten Sek­ti­on un­ter die­ser Be­din­gung ihre For­schungs­rei­sen be­lie­big lan­ge aus­deh­nen.«

VII. »Dass den Mit­glie­dern der oben­er­wähn­ten Kor­re­spon­die­ren­den Ge­sell­schaft hier­mit er­öff­net wird und ist, dass ihr Vor­schlag, die Post­wert­zei­chen für ihre Brie­fe so­wie die Por­to­ge­büh­ren für ihre Pa­ke­te selbst zu be­zah­len, von den Sit­zungs­teil­neh­mern reif­lich er­wo­gen wor­den ist und dass die Sit­zungs­teil­neh­mer zu dem Er­geb­nis ka­men, die­ser Vor­schlag sei der großen Geis­ter, die ihn auf­brach­ten, durch­aus wür­dig, und dass sie sich hier­durch vor­be­halt­los mit ihm ein­ver­stan­den er­klä­ren.«

Ein nach­läs­si­ger Beo­b­ach­ter – so fügt der Schrift­füh­rer, des­sen Auf­zeich­nun­gen wir den fol­gen­den Be­richt ver­dan­ken, hin­zu –, ein nach­läs­si­ger Beo­b­ach­ter also hät­te viel­leicht nichts Au­ßer­ge­wöhn­li­ches an der Glat­ze ge­fun­den, auch nicht an den kreis­run­den Bril­lenglä­sern, die wäh­rend der Ver­le­sung obi­ger Re­so­lu­tio­nen un­ver­wandt auf sein (des Schrift­füh­rers) Ge­sicht ge­rich­tet wa­ren. Für sol­che aber, die da wuss­ten, dass Pick­wicks gi­gan­ti­sches Hirn hin­ter die­ser Stirn ar­bei­te­te und dass die strah­len­den Au­gen Pick­wicks hin­ter je­nen Glä­sern fun­kel­ten, war der An­blick wahr­haft fes­selnd.

Da saß der Mann, der die ge­wal­ti­gen Tüm­pel von Hamps­tead bis zu ih­ren Quel­len er­forscht und die wis­sen­schaft­li­che Welt mit sei­ner Theo­rie der Stich­lin­ge auf­ge­wühlt hat­te, da saß er so ru­hig und un­be­wegt wie die tie­fen Was­ser der erst­ge­nann­ten an ei­nem eis­kal­ten Tag oder wie ein ein­sa­mes Exem­plar der letz­te­ren tief im Bauch ei­nes ir­de­nen Kru­ges. Und um wie viel reiz­vol­ler wur­de das Schau­spiel noch, als sei­ne An­hän­ger ein­stim­mig in den Ruf ›Pick­wick‹ aus­bra­chen, wor­auf Le­ben und Mun­ter­keit in ihn fuh­ren und die­ser er­lauch­te Mann ge­las­sen den Lehn­stuhl be­stieg, auf dem er so lan­ge ge­ses­sen hat­te, und sich an den Klub wand­te, der von ihm selbst ge­grün­det wor­den war. Welch eine Stu­die für einen Künst­ler bot die­se er­re­gen­de Sze­ne dar! Pick­wick in sei­ner Be­red­sam­keit, die eine Hand mit Gra­zie hin­ter sei­nem Rock­schoß ver­ber­gend, die an­de­re in der Luft schwen­kend, um sei­nen be­geis­tern­den Vor­trag noch le­ben­di­ger zu ge­stal­ten! Sei­ne ex­po­nier­te Stel­lung ent­hüll­te Röh­ren­ho­sen und Ga­ma­schen, die wohl un­be­ach­tet ge­blie­ben wä­ren, wenn sie einen ge­wöhn­li­chen Men­schen ge­ziert hät­ten, die nun aber, da Pick­wick sei­ner­seits sie zier­te (wenn wir uns des Aus­drucks be­die­nen dür­fen), spon­ta­ne Ehr­furcht und Hochach­tung ein­flö­ßten. Rings um ihn die Män­ner, die sich frei­wil­lig ent­schlos­sen hat­ten, die Ge­fah­ren sei­ner Rei­sen zu tei­len, und da­her aus­er­wählt wa­ren, auch den Ruhm sei­ner Ent­de­ckun­gen mit ihm zu ge­nie­ßen. Zu sei­ner Rech­ten saß Mr. Tra­cy Tup­man; der all­zu emp­fäng­li­che Tup­man, der stets die Weis­heit und Er­fah­rung rei­fe­rer Jah­re mit der Be­geis­te­rung und Glut des Jüng­lings ver­band, wenn es sich um die reiz­volls­te und ver­zeih­lichs­te al­ler mensch­li­chen Schwä­chen han­del­te – um die Lie­be. Die Jah­re und das Wohl­le­ben hat­ten sei­ner einst ro­man­ti­schen Ge­stalt einen grö­ße­ren Um­fang ver­lie­hen; die schwarz­sei­de­ne Wes­te hat­te sich im­mer mehr her­vor­ge­drängt, Zoll für Zoll war die gol­de­ne Uhr­ket­te dem Ge­sichts­kreis Tup­mans ent­rückt wor­den, nach und nach war das vol­le Kinn über die Gren­zen der wei­ßen Kra­wat­te hin­aus­ge­quol­len, aber Tup­mans In­ne­res hat­te kei­ne Ver­än­de­rung er­lit­ten: Be­wun­de­rung des schö­nen Ge­schlechts war im­mer noch sei­ne Haupt­lei­den­schaft.

Zur Lin­ken sei­nes großen Meis­ters saß der poe­ti­sche Snod­graß und ne­ben ihm Mr. Winkle, der Freund der Wäl­der und Jag­den. Ers­te­rer poe­tisch in einen Man­tel gehüllt, des­sen ge­heim­nis­vol­les Blau von ei­nem Kra­gen aus Ka­nin­chen­fell ge­krönt wur­de, wäh­rend letz­te­rer in ei­nem neu­en grü­nen Jagd­rock, ei­nem ge­wür­fel­ten schot­ti­schen Hals­tuch und eng­an­lie­gen­den Tuch­bein­klei­dern prang­te.

Mr. Pick­wicks Rede bei die­sem An­lass so­wie die dar­auf­fol­gen­den De­bat­ten sind in den Pro­to­kol­len des Klubs nie­der­ge­legt. Bei­de ha­ben große ähn­lich­keit mit den Dis­kus­sio­nen an­de­rer be­rühm­ter Kör­per­schaf­ten, und da es im­mer in­ter­essant ist, der Ver­wandt­schaft zwi­schen den äu­ße­run­gen großer Män­ner nach­zu­ge­hen, sei­en hier we­nigs­tens die ers­ten Sei­ten er­wähnt.

Mr. Pick­wick be­merk­te (so lau­tet die Dar­stel­lung des Schrift­füh­rers), dass der Ruhm je­der­mann be­son­ders am Her­zen läge. Sei­nem Freun­de Snod­graß gin­ge es vor al­lem um dich­te­ri­schen Ruhm; eben­so er­stre­bens­wert wäre der Ruhm, Her­zen zu er­obern, für sei­nen Freund Tup­man, und der Ehr­geiz, Ruhm zu ern­ten in den weid­män­ni­schen Be­rei­chen zu Lan­de, zu Was­ser und in der Luft wäre schier über­mäch­tig in der Brust sei­nes Freun­des Winkle. Er (Mr. Pick­wick) woll­te nicht ab­leug­nen, dass auch auf ihn mensch­li­che Lei­den­schaf­ten und Ge­füh­le ge­wis­sen Ein­fluss hät­ten (Bei­fall) – viel­leicht so­gar mensch­li­che Schwä­chen (lau­te Zu­ru­fe: »Kei­nes­falls!«); aber er möch­te doch an­neh­men, dass die Flam­me der Selbst­sucht, wenn sie je in sei­ner Brust auf­lo­der­te, mit Nach­druck von dem Wun­sche er­stickt wür­de, in ers­ter Li­nie der Mensch­heit zu die­nen. Lob und Preis dem Men­schen­tum – das wäre der Fit­tich sei­nes Geis­tes; Men­schen­lie­be wäre für ihn die höchs­te In­stanz. (Stür­mi­scher Bei­fall.) Er hät­te einen ge­wis­sen Stolz emp­fun­den – das gäbe er of­fen zu, und sei­ne Fein­de dürf­ten nun dar­über her­fal­len –, er hät­te also einen ge­wis­sen Stolz emp­fun­den, als er der Welt sei­ne Stich­lings­theo­rie er­öff­net hät­te; sie moch­te nun an­er­kannt wer­den oder auch nicht. (Ein Ruf: »Das ist sie schon!« und lau­ter Bei­fall.) Er woll­te der Ver­si­che­rung des eh­ren­wer­ten Pick­wi­ckiers, des­sen Stim­me er so­eben ge­hört hät­te, Glau­ben schen­ken – also gut: sie wäre an­er­kannt; aber wenn auch der Ruhm je­ner Ab­hand­lung bis an die äu­ßers­te Gren­ze der Welt drin­gen soll­te, so wür­de doch der Stolz, mit dem er auf die Au­tor­schaft die­ses Er­zeug­nis­ses blick­te, nichts ge­gen das Ge­fühl des Stol­zes sein, mit dem er in die­sem, dem stol­zes­ten Au­gen­blick sei­nes Da­seins um sich blick­te. (Bei­fall.) Er wäre ja nur eine un­schein­ba­re Per­son (Wi­der­spruch); aber er könn­te trotz­dem nicht um­hin, zu emp­fin­den, dass man ihn zu ei­ner sehr eh­ren­vol­len und auch nicht un­ge­fähr­li­chen Sen­dung aus­er­ko­ren hät­te. Das Rei­sen wäre jetzt eine miss­li­che Sa­che; zu­mal bei der no­to­ri­schen Un­zu­ver­läs­sig­keit der Kut­scher. Man brauch­te sich nur um­zu­bli­cken und die Vor­fäl­le zu be­trach­ten, die sich rings­um­her er­eig­ne­ten. Über­all wür­den Wa­gen um­ge­wor­fen, Pfer­de gin­gen durch, Boo­te kipp­ten um und Dampf­kes­sel platz­ten. (Bei­fall – eine Stim­me: »Nein!«) Nein? (Bei­fall.) Das ver­ehr­li­che Pick­wick-Klub-Mit­glied, das so laut »Nein!« ge­ru­fen hät­te, möch­te doch vor­tre­ten und al­les das leug­nen, wenn es könn­te! (Bei­fall.) Der da »Nein!« ge­ru­fen hät­te, soll­te sich mel­den! (En­thu­sias­ti­scher Bei­fall.) Ob es wo­mög­lich ein er­folg­lo­ser und ent­täusch­ter Mensch wäre, um den Aus­druck Klei­nig­keits­krä­mer zu ver­mei­den (lau­ter Bei­fall), den die Ei­fer­sucht auf das – viel­leicht un­ver­dien­te – Lob, das man sei­nen (Mr. Pick­wicks) Un­ter­su­chun­gen ge­zollt hät­te, und der Kum­mer über den Schimpf, den ihm sei­ne ei­ge­nen läp­pi­schen Kon­kur­renz­ver­su­che ein­ge­bracht hät­ten, schließ­lich zu die­ser ekel­haf­ten und ver­leum­de­ri­schen Art…

Hier mel­de­te sich Mr. Blot­ton (von Ald­ga­te) un­ter Be­ru­fung auf die Ge­schäfts­ord­nung zum Wort. Ob etwa der ver­ehr­li­che Pick­wi­ckier auf ihn an­spie­len woll­te? (Rufe: »Zur Ge­schäfts­ord­nung!« – »Hin­set­zen!« – »Ja!« – »Nein!« – »Wei­ter!« – »Lass doch sein!« und so wei­ter.)

Mr. Pick­wick er­klär­te, er könn­te es nicht über sich brin­gen, sich durch Ge­schrei un­ter­krie­gen zu las­sen. Er hät­te al­ler­dings den eh­ren­wer­ten Herrn ge­meint. (Gro­ße Auf­re­gung.)

Mr. Blot­ton sag­te, er hät­te dar­auf wei­ter nichts zu er­wi­dern, als dass er die un­wah­re und lä­cher­li­che Be­schul­di­gung des eh­ren­wer­ten Vor­red­ners mit tiefer Ver­ach­tung zu­rück­wei­sen müss­te. (Gro­ße Be­we­gung.) Der eh­ren­wer­te Vor­red­ner wäre ein Auf­schnei­der. (Un­ge­heu­re Ver­wir­rung und lau­te Rufe: »Zur Ge­schäfts­ord­nung!« und »Hin­set­zen!«.)

Mr. A. Snod­graß mel­de­te sich zum Wort. Er sähe sich ge­nö­tigt, an den Vor­sit­zen­den zu ap­pel­lie­ren. (»Hört!«) Er wünsch­te zu wis­sen, ob es ge­dul­det wer­den könn­te, dass die­ser schmäh­li­che Streit zwi­schen zwei Mit­glie­dern des Klubs fort­ge­setzt wür­de. (»Hört, hört!«)

Der Vor­sit­zen­de gab hier­auf sei­ner Über­zeu­gung Aus­druck, dass der eh­ren­wer­te Pick­wi­ckier den Aus­druck zu­rück­neh­men wür­de, des­sen er sich so­eben be­dient hät­te.

Mr. Blot­ton er­klär­te, dies bei al­ler Ach­tung vor dem Vor­sit­zen­den nicht tun zu wol­len.

Der Vor­sit­zen­de hielt es dar­auf für sei­ne Pf­licht, den eh­ren­wer­ten Herrn di­rekt zu fra­gen, ob er sich des ihm ent­schlüpf­ten Aus­drucks im land­läu­fi­gen Sin­ne be­dient hät­te.

Mr. Blot­ton zö­ger­te nicht im Ge­rings­ten, die Fra­ge zu ver­nei­nen; er hät­te das Wort le­dig­lich in sei­ner pick­wicki­schen Be­deu­tung ge­braucht. (»Hört, hört!«) Er fühl­te sich ver­pflich­tet, zu er­klä­ren, dass er per­sön­lich die größ­te Hochach­tung für den be­trof­fe­nen eh­ren­wer­ten Herrn emp­fän­de. Als einen Auf­schnei­der hät­te er ihn le­dig­lich in ei­ner ge­wis­sen pick­wicki­schen Per­spek­ti­ve be­trach­tet. (»Hört, hört!«)

Mr. Pick­wick fühl­te sich durch die of­fe­ne, auf­rich­ti­ge und um­fas­sen­de Er­klä­rung sei­nes ver­ehr­ten Freun­des voll­kom­men zu­frie­den­ge­stellt und er­klär­te gleich­zei­tig, dass auch sei­ne ei­ge­nen Be­mer­kun­gen nur als Klu­b­aus­druck auf­zu­fas­sen wä­ren. (Bei­fall.)

Hier en­den die­se Ein­tra­gun­gen, und mit der De­bat­te ge­sch­ah, nach­dem sie zu ei­nem so über­aus be­frie­di­gen­den und ein­leuch­ten­den Er­geb­nis ge­führt hat­te, zwei­fel­los das glei­che. Wir be­sit­zen zwar kei­ne of­fi­zi­el­len Be­rich­te über die Tat­sa­chen, wel­che der Le­ser im nächs­ten Ka­pi­tel ver­zeich­net fin­den wird, aber sie wur­den sorg­fäl­tig aus Brie­fen und an­de­ren hand­schrift­li­chen Do­ku­men­ten zu­sam­men­ge­stellt, de­ren Echt­heit ge­nü­gend au­ßer Zwei­fel steht, um ihre zu­sam­men­hän­gen­de Dar­stel­lung in er­zäh­le­ri­scher Form zu recht­fer­ti­gen.

Stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der auf Le­bens­zeit. – Pick­wick-Klub-Mit­glied.  <<<

Haupt­vor­sit­zen­der. – Pick­wick-Klub-Mit­glied.  <<<

ein Teil Lon­d­ons  <<<

Zweites Kapitel – Die Reise des ersten Tages und die Abenteuer des ersten Abends nebst ihren Folgen

Eben war die pünkt­li­che Hel­fe­rin bei al­lem Ta­ge­werk, die Son­ne, auf­ge­gan­gen und be­gann mit ih­rem Schein den Mor­gen des drei­zehn­ten Mai ein­tau­sen­dacht­hun­dert­sie­ben­und­zwan­zig zu er­hel­len, als sich Mr. Sa­mu­el Pick­wick gleich ei­ner zwei­ten Son­ne von sei­nem La­ger er­hob, das Fens­ter sei­nes Schlaf­ge­machs öff­ne­te und auf die Welt zu sei­nen Fü­ßen hin­abblick­te.

Gos­well­street lag un­ter ihm. Gos­well­street zu sei­ner Rech­ten, Gos­well­street zu sei­ner Lin­ken – so weit das Auge reich­te. Die an­de­re Sei­te der Gos­well­street lag ge­nau ge­gen­über. »Be­schränkt wie der Ho­ri­zont je­ner Phi­lo­so­phen«, mur­mel­te Mr. Pick­wick, »die sich da­mit be­gnü­gen, die Din­ge zu un­ter­su­chen, die vor ih­nen lie­gen, ohne sich um die Wahr­hei­ten zu küm­mern, die da­hin­ter lie­gen. Gen­au­so­gut könn­te ich mich da­mit zu­frie­den­ge­ben, im­mer nur Gos­well­street zu be­gaf­fen, ohne mir die Mühe zu ma­chen, die Ge­bie­te zu er­grün­den, von de­nen sie rings um­ge­ben ist.« Nach die­ser be­wun­derns­wer­ten Re­fle­xi­on schlüpf­te Mr. Pick­wick in sei­ne Klei­der und pack­te zu­sätz­li­che Gar­de­ro­be in sei­nen Man­tel­sack. Gro­ße Män­ner sind hin­sicht­lich ih­res äu­ße­ren sel­ten wäh­le­risch. Die Tä­tig­keit des Ra­sie­rens, An­klei­dens und Kaf­fee­trin­kens war bald be­en­det, und eine Stun­de spä­ter lang­te Mr. Pick­wick, mit dem Man­tel­sack in der Hand, sei­nem Fern­rohr in der Ta­sche des Über­rocks und sei­nem No­tiz­buch in der Wes­ten­ta­sche – also be­reit zur Auf­nah­me al­ler merk­wür­di­gen Ent­de­ckun­gen – bei Saint Mar­tin le Grand an, wo die Drosch­ken ste­hen.

»Fuhr­werk!« rief Mr. Pick­wick.

»Genau rich­tig, mein Herr!« brüll­te ein Pracht­stück von Kerl in ei­ner sack­lei­ne­nen Ja­cke, mit ei­ner gleich­ar­ti­gen Schür­ze und ei­nem num­me­rier­ten Mes­sing­schild um den Hals aus­ge­stat­tet, als wäre er ei­ner Ra­ri­tä­ten­samm­lung ent­sprun­gen. Es war ein so­ge­nann­ter Schlep­per. »Genau rich­tig, mein Herr! Na los, ers­te Drosch­ke ran!« Gleich wur­de die »ers­te Drosch­ke« aus dem Wirts­haus ge­zerrt, wo sie ge­ra­de ihre Mor­gen­pfei­fe ge­raucht hat­te, und Mr. Pick­wick nebst Man­tel­sack im Wa­gen ver­staut.

»Gol­den Groß«, be­fahl Mr. Pick­wick.

»Wie­der bloß ’n Schiet­kram, Tom­my«, rief der Kut­scher ver­drieß­lich sei­nem Freund, dem Schlep­per, zu, der ihm die­sen Kun­den zu­ge­wie­sen hat­te, und trieb sein Pferd an.

»Wie alt ist die­ses Tier, mein Freund?« frag­te Mr. Pick­wick und rieb sich mit dem Schil­ling, den er als Fahr­geld be­reit hielt, die Nase.

»Zwei­und­vier­zig«, ent­geg­ne­te der Kut­scher mit ei­nem for­schen­den Blick auf sei­nen Pas­sa­gier.

»Was?« rief Mr. Pick­wick und lang­te nach sei­nem No­tiz­buch.

Der Kut­scher wie­der­hol­te sei­ne Be­haup­tung. Mr. Pick­wick sah ihm scharf ins Ge­sicht, aber der Mann zuck­te nicht mit der Wim­per; da­her no­tier­te er un­ver­züg­lich das Fak­tum.

»Und wie lan­ge hal­ten Sie es ein­ge­spannt?« forsch­te Mr. Pick­wick wei­ter, um ge­naue­re Aus­künf­te zu er­hal­ten.

»Zwei bis drei Wo­chen«, er­wi­der­te der Mann.

»Wo­chen?« sag­te Mr. Pick­wick er­staunt und griff wie­der nach sei­nem No­tiz­buch.

»Es hat sei­nen Stall in Pen­ton­wil«, be­merk­te der Kut­scher kalt­blü­tig, »aber ich neh­me es sel­ten mit nach Hau­se, von we­gen die Schwä­che.«

»We­gen sei­ner Schwä­che?« wie­der­hol­te ver­blüfft Mr. Pick­wick.

»Es fällt im­mer um, wenn’s aus dem Ge­schirr kommt«, fuhr der Kut­scher fort, »aber wenn’s drin ist, so rich­tig fest­ge­würgt, und ich halt die Zü­gel stramm, da kann’s ja nicht um­kip­pen. Ich habe auch ’n paar mäch­tig brei­te Rä­der; so­bald der Gaul sich rührt, lau­fen sie ihm nach, und vor­wärts muss er, da hilft ihm al­les nichts.«

Mr, Pick­wick trug die­se äu­ße­rung wört­lich in sein Ta­schen­buch ein, in der Ab­sicht, die Tat­sa­che als ein ein­zig­ar­ti­ges Bei­spiel für die Zä­hig­keit der Pfer­de, selbst un­ter den küm­mer­lichs­ten Le­bens­ver­hält­nis­sen, dem Klub mit­zu­tei­len. Die Ein­tra­gung war kaum be­en­det, da wa­ren sie auch schon in Gol­den Groß. Der Kut­scher sprang vom Bock und half Mr. Pick­wick her­aus; Mr. Tup­man, Mr. Snod­graß und Mr. Winkle, die be­reits sehn­süch­tig auf ih­ren be­rühm­ten Meis­ter ge­war­tet hat­ten, um­dräng­ten ihn bei der Be­grü­ßung.

»Hier ist Ihr Fahr­geld«, sag­te Mr. Pick­wick und reich­te dem Kut­scher den Schil­ling; aber wie er­staunt war der Ge­lehr­te, als die­ser un­be­re­chen­ba­re Mensch die Mün­ze auf das Stra­ßen­pflas­ter warf und in blu­mi­gen Re­de­wen­dun­gen um das Ver­gnü­gen bat, mit Mr. Pick­wick um die­sen Be­trag bo­xen zu dür­fen.

»Sie sind wohl toll?« rief Mr. Snod­graß.

»Oder be­trun­ken!« mein­te Mr. Winkle.

»Oder bei­des!« sag­te Mr. Tup­man.

»Ran hier!« rief der Drosch­ken­kut­scher und fuch­tel­te mit den Fäus­ten wie ein Uhr­werk. »Ran hier – alle vier Mann!«

»Das gibt ’n Fez!« schrie ein hal­b­es Dut­zend Miet­kut­scher. »Nimm sie in die Ma­che, Sam!« Und schon dräng­ten sie sich ver­gnügt um die Ge­sell­schaft.

»Was für ’n Skan­dal ist hier los, Sam?« frag­te ein Gent­le­man in schwar­zen Ka­li­ko­är­meln.

»Skan­dal?« wie­der­hol­te der Kut­scher, »zu was braucht er mei­ne Num­mer?«

»Ich habe Sie ja gar nicht nach Ih­rer Num­mer ge­fragt«, sag­te Mr. Pick­wick er­staunt.

»Na, zu was brau­chen Sie sie denn?« frag­te der Kut­scher.

»Aber ich weiß sie ja gar nicht«, ant­wor­te­te Mr. Pick­wick un­wil­lig.

»Soll­te man das glau­ben?« sag­te der Kut­scher zu den Um­ste­hen­den. »Soll­te man das glau­ben: steigt doch da so ’n Spit­zel in den Wa­gen und schreibt sich nicht bloß die Num­mer auf, son­dern oben­drein noch je­des Wort, das man sagt – al­les in sei­ne Klad­de.« (Mr. Pick­wick ging ein Licht auf: das No­tiz­buch war ge­meint.)

»Hat er tat­säch­lich?« frag­te ein an­de­rer Kut­scher.

»Klar, hat er«, ant­wor­te­te der ers­te, »und da­mit er mir noch fes­ter am Kra­gen hat, be­sorgt er sich noch drei Zeu­gen, von we­gen Be­wei­se und so. Aber dem will ich’s ge­ben, und wenn ich sechs Mo­na­te da­für krie­ge. Los, ran hier!« Und schon warf der Kut­scher, ohne die ge­rings­te Rück­sicht auf sein Pri­vatei­gen­tum, sei­nen Hut auf die Erde, schlug Mr. Pick­wick die Bril­le aus dem Ge­sicht und ließ die­sem An­griff so­fort einen Schlag ge­gen Mr. Pick­wicks Nase und einen wei­te­ren ge­gen des­sen Brust fol­gen. Ein drit­ter traf Mr. Snod­graß’ Auge und ein vier­ter zur Ab­wechs­lung Mr. Tup­mans Wes­te. Dann tanz­te der Kut­scher auf der Stra­ße her­um, kam wie­der auf den Bür­ger­steig zu­rück und be­raub­te Mr. Winkle durch einen har­ten Schlag ge­gen den Bauch völ­lig des Atems. All das ge­sch­ah in kaum ei­nem hal­b­en Dut­zend Se­kun­den.

»Wo ist die Po­li­zei?« rief Mr. Snod­graß.

»Zerrt ihn un­ter die Pum­pe!« riet ein Pas­te­ten­ver­käu­fer.

»Das sol­len Sie mir bü­ßen!« keuch­te Mr. Pick­wick.

»Spit­zel!« brüll­te die Men­ge.

»Ran hier!« schrie der Drosch­ken­kut­scher, der wäh­rend der gan­zen Zeit un­un­ter­bro­chen sei­ne Box­übun­gen fort­ge­setzt hat­te.

Die Men­ge hat­te bis­her un­tä­tig da­ge­stan­den und die Sze­ne ver­folgt; als sich aber die Kun­de ver­brei­te­te, die Pick­wi­ckier soll­ten Spit­zel sein, da be­gan­nen die Leu­te mit be­acht­li­cher Leb­haf­tig­keit den Vor­schlag des Pas­te­ten­ver­käu­fers auf sei­ne Zweck­mä­ßig­keit zu er­ör­tern, und man kann nicht ah­nen, zu wel­chen Tät­lich­kei­ten es noch ge­kom­men wäre, wenn nicht ein neu­er An­kömm­ling sich ein­ge­mischt und das Ge­plän­kel über­ra­schend be­en­det hät­te.

»Was ist das hier für ’n Fez?« frag­te ein lan­ger, schmäch­ti­ger jun­ger Mann in ei­nem grü­nen Rock, der ganz plötz­lich auf­ge­taucht war.

»Spit­zel!« brüll­te die Men­ge aber­mals.

»Wir sind kei­ne«, ächz­te Mr. Pick­wick in ei­nem Ton, der je­den Un­be­fan­ge­nen so­fort über­zeu­gen muss­te.

»Wirk­lich nicht? Tat­sa­che? Wirk­lich nicht?« frag­te der jun­ge Mann Mr. Pick­wick, wäh­rend er sich durch wohl­ge­ziel­te Stö­ße mit den El­len­bo­gen in die Ge­sich­ter der Leu­te Bahn brach. Der Ge­lehr­te leg­te in we­ni­gen has­ti­gen Wor­ten den wah­ren Stand der Din­ge dar.

»Na, dann kom­men Sie«, sag­te der Grün­rock, der un­un­ter­bro­chen re­de­te, und zog Mr. Pick­wick mit Ge­walt hin­ter sich her. »Da, Num­mer neun­hun­dert­vier­und­zwan­zig, nimm dein Geld und pack dich – re­spek­ta­bler Herr – ken­ne ihn gut – ist ja Blöd­sinn, was du sagst – hier­her, mein Herr! Und wo sind Ihre Freun­de? – Al­les nur Miss­ver­ständ­nis, wie ich sehe – macht nichts – kommt schon mal vor – bes­ten Fa­mi­li­en – kei­ne Le­bens­ge­fahr – Schwein muss der Mensch ha­ben – ab da­für! – Star­ker To­bak – schät­ze die Sor­te – ver­damm­te Schur­ken.« Mit sol­chen und ähn­li­chen ab­ge­bro­che­nen Sät­zen, die er mit au­ßer­or­dent­li­cher Zun­gen­fer­tig­keit her­aus­spru­del­te, führ­te der Frem­de Mr. Pick­wick und sei­ne Jün­ger in die Gast­stu­be ei­nes Wirts­hau­ses.

»He, Kell­ner!« schrie der Frem­de und läu­te­te da­bei hef­tig mit der Glo­cke, »Glä­ser her, Brannt­wein und Was­ser, heiß, stark, süß, an­stän­di­ge Men­ge – Auge be­schä­digt, mein Herr? – Kell­ner! Ro­hes Rind­fleisch für das Auge die­ses Herrn! – nichts bes­ser als ro­hes Rind­fleisch für eine Quet­schung, mein Herr; kal­ter La­ter­nen­pfahl auch sehr gut, aber un­be­quem – ver­dammt un­be­quem, hal­be Stun­de auf of­fe­ner Stra­ße mit Auge am La­ter­nen­pfahl ste­hen – äh – aber sehr gut – ha­ha­ha!« Und ohne auch nur Atem zu ho­len, schluck­te der Frem­de auf An­hieb einen Vier­tel­li­ter der damp­fen­den Mi­schung und warf sich be­hag­lich in einen Stuhl, als wäre nichts Un­an­ge­neh­mes vor­ge­fal­len.

Wäh­rend sich die drei Jün­ger in Dan­kes­be­teue­run­gen ge­gen­über ih­rem neu­en Be­kann­ten er­gin­gen, hat­te Mr. Pick­wick Muße, des­sen Klei­dung und äu­ße­re Er­schei­nung ge­nau­er in Au­gen­schein zu neh­men.

Er war von mitt­ler­er Sta­tur, aber die Schmäch­tig­keit sei­nes Kör­pers und die Län­ge sei­ner Bei­ne lie­ßen ihn viel grö­ßer er­schei­nen. Sein grü­ner Rock moch­te zu je­ner Zeit, als die Schwal­ben­schwän­ze Mode wa­ren, hübsch ge­we­sen sein; er hat­te aber au­gen­schein­lich da­mals ei­nem weit klei­ne­ren Man­ne ge­hört, da die ver­schmier­ten, fa­den­schei­ni­gen är­mel dem Frem­den kaum bis zum Hand­ge­lenk reich­ten. Er war bis ans Kinn zu­ge­knöpft; da­für droh­te je­doch sicht­lich die Ge­fahr, dass die Rücken­näh­te plat­zen könn­ten. Eine alte Kra­wat­te zier­te sei­nen Hals – aber kei­ne Spur ei­nes Hemd­kra­gens war vor­han­den. Die knap­pen schwar­zen Bein­klei­der zeig­ten da und dort glän­zen­de Stel­len und ver­rie­ten so, dass sie schon lan­ge ih­ren Dienst leis­te­ten. Sie wa­ren straff über ein Paar ge­flick­te Schu­he ge­zo­gen, um die schmut­zi­gen wei­ßen St­rümp­fe zu ver­ber­gen; aber ohne Er­folg. Sein lan­ges schwar­zes Haar quoll in un­ge­pfleg­ten Lo­cken zu bei­den Sei­ten un­ter ei­nem ver­dell­ten al­ten Hut her­vor, und hin und wie­der kam das nack­te Hand­ge­lenk zwi­schen den En­den der Hand­schu­he und den Auf­schlä­gen der Rock­är­mel zum Vor­schein. Das Ge­sicht war schmal und ha­ger, aber ein un­be­schreib­li­cher Aus­druck von zu­dring­li­cher Un­ver­schämt­heit und gren­zen­lo­ser Selb­st­über­he­bung sprach sich in der gan­zen Er­schei­nung des Man­nes aus.

So sah die Ge­stalt aus, die Mr. Pick­wick durch sei­ne Bril­le, die er glück­li­cher­wei­se wie­der­ge­fun­den hat­te, mus­ter­te und der er sich jetzt – nach­dem sei­ne Freun­de sich er­schöpft hat­ten – mit den wärms­ten und ge­wähl­tes­ten Dan­kes­be­teue­run­gen für den so­eben ge­währ­ten Bei­stand nä­her­te.

»Gern ge­sche­hen«, schnitt ihm der Frem­de kurz das Wort ab. »Kein Wort mehr – ver­damm­ter Kerl, der Drosch­ken­kut­scher. Nimm­t’s mit fün­fen auf – wäre ich Ihr Freund Grün­rock ge­we­sen – hol mich die­ser und je­ner – hät­te ihm den Kopf zer­dro­schen – ohne Um­stän­de – Kell­ner, einen Schweins­rüs­sel – und den Pas­te­ten­mann dazu – nein, kei­nen Schin­ken.«

Die­se zu­sam­men­hän­gen­de Rede wur­de durch die Mel­dung des Ro­che­s­ter Po­stil­li­ons un­ter­bro­chen, dass der »Kom­mo­do­re«1 so­gleich ab­fah­ren wür­de.

»Kom­mo­do­re?« rief der Frem­de auf­sprin­gend. »Mein Wa­gen – ein­ge­schrie­ben – Au­ßen­sitz – zah­len Sie mei­nen Grog – kein Klein­geld – ab­ge­grif­fe­nes Sil­ber – die reins­ten Ho­sen­knöp­fe – geht nicht – wie?« Da­bei schüt­tel­te er pfif­fig den Kopf.

Nun hat­ten zu­fäl­lig Mr. Pick­wick und sei­ne Beglei­ter eben­falls Ro­che­s­ter als ers­tes Rei­se­ziel fest­ge­setzt und ka­men des­halb mit ih­rem neu­en Be­kann­ten über­ein, dass sie die Rück­sit­ze des Wa­gens neh­men woll­ten, wo sie alle ne­ben­ein­an­der Platz hät­ten.

»Rauf mit Ih­nen«, sag­te der Frem­de und half Mr. Pick­wick mit ei­ner Hast auf die Kut­sche, die der Wür­de des Ge­lehr­ten be­trächt­lich Ab­bruch tat.

»Kein Ge­päck, Sir?« frag­te der Kut­scher.

»Wer – ich? – Da, die­ses Pa­pier­pa­ket – wei­ter nichts – das an­de­re Ge­päck ist zu Was­ser fort – Kis­ten, zu­ge­na­gelt und groß wie die Häu­ser – schwer, schwer, ver­dammt schwer«, er­wi­der­te der Frem­de und zwäng­te sein Pa­ket, das ver­däch­tig da­nach aus­sah, als ent­hiel­te es nur ein Hemd und ein Sack­tuch, so gut es ging, in die Ta­sche.

»Ach­tung – Köp­fe«, rief er gleich dar­auf, als sie un­ter ei­nem nied­ri­gen Tor­bo­gen durch­füh­ren. »Schau­der­haf­ter Durch­lass – ge­fähr­li­che Sa­che – vor­ges­tern – fünf Kin­der – Mut­ter – große Dame, aß Sand­wi­ches – denkt nicht an den Bo­gen – Krach – Bumm – Kin­der se­hen sich um – Mut­ter ohne Kopf – Sand­wich in der Hand – kei­nen Mund, um ihn hin­ein­zu­ste­cken – Haupt der Fa­mi­lie tot – scheuß­li­che Ge­schich­te. Se­hen Sie dort Whi­te­hall, Sir? Schö­ner Ort – klei­nes Fens­ter – auch dort je­mand Kopf ver­lo­ren – Karl der Ers­te näm­lich. – Nahm sich auch nicht ge­nug in acht – was mein­ten Sie, Sir?«

»Ich dach­te so­eben«, sag­te Mr. Pick­wick, »über die Ver­gäng­lich­keit al­ler ir­di­schen Din­ge nach.«

»Ja, ja. Karl der Ers­te – heu­te zur Tür des Palas­tes hin­ein – mor­gen durchs Fens­ter hin­aus, aufs Scha­fott. – Phi­lo­soph, Sir?«

»Hm, ja. Ein Beo­b­ach­ter der mensch­li­chen Na­tur, Sir«, ver­setz­te Mr. Pick­wick.

»So? – Ich auch. – Die meis­ten Leu­te sin­d’s, wenn sie we­nig zu tun und noch we­ni­ger zu le­ben ha­ben. – Poet, Sir?«

»Mein Freund, Mr. Snod­graß, hat eine star­ke poe­ti­sche Ader.«

»So? – Ich auch. – Epi­sches Ge­dicht – zehn­tau­send Ver­se – Ju­li­re­vo­lu­ti­on – an Ort und Stel­le ver­fasst – Mars bei Tag, Apol­lo bei Nacht – Ka­no­nen­don­ner – Geis­tes­blit­ze.«

»Sie wa­ren bei je­nem glor­rei­chen Schau­spiel an­we­send, Sir?« frag­te Mr. Snod­graß.

»An­we­send?« wie­der­hol­te der Grün­rock. »Will’s mei­nen2 – feu­er­te drauf­los – Idee durch den Kopf ge­schos­sen – rasch in ein Wein­haus – schrieb sie nie­der – wie­der zu­rück – Schuss auf Schuss – eine an­de­re Idee – aber­mals ins Wein­haus – Fe­der und Tin­te – aufs neue zu­rück – ge­sto­chen und ge­hau­en – groß­ar­ti­ge Zeit, Sir. – Jagd­lieb­ha­ber, Sir?« wand­te er sich plötz­lich an Mr. Winkle.

»Ein we­nig, Sir.«

»Fei­ner Sport, Sir, fei­ner Sport. Hun­de, Sir?«

»Zur­zeit nicht«, ent­geg­ne­te Mr. Winkle.

»Ah, Sie soll­ten Hun­de hal­ten – herr­li­che Tie­re – schlaue Ge­schöp­fe – hat­te selbst ein­mal einen – Hüh­ner­hund – merk­wür­di­ger In­stinkt – gehe ei­nes Ta­ges auf den An­stand – tre­te in eine Um­zäu­nung – pfei­fe – Hund wie fest­ge­na­gelt – pfei­fe wie­der – ›Pon­to!‹ Rührt sich nicht. – Rufe noch mal: – ›Pon­to! Pon­to!‹ – Rührt sich nicht – wie fest­ge­wur­zelt – stiert auf ein Brett – sehe auf und lese die In­schrift: ›Der Wild­hü­ter hat Be­fehl, alle Hun­de, die er im Be­reich die­ser Um­zäu­nung an­trifft, tot­zu­schie­ßen.‹ – Wun­der­vol­ler Hund, un­schätz­ba­rer Hund – ko­los­sal.«

»In der Tat, ein­zig in sei­ner Art«, sag­te Mr. Pick­wick »Wür­den Sie ge­stat­ten, dass ich mir das no­tie­re?«

»Ge­wiss, Sir, ge­wiss. Kön­nen noch hun­dert Ge­schich­ten von dem­sel­ben Tier ha­ben. – Schö­ne Mäd­chen, Sir!«

»Sehr schö­ne«, be­stä­tig­te Mr. Tup­man, der so­eben ei­ner vor­über­ge­hen­den jun­gen Dame ei­ni­ge nicht eben pick­wicki­sche Bli­cke zu­ge­wor­fen hat­te.

»Eng­li­sche Mäd­chen nicht so schön wie spa­ni­sche – edle Ge­stal­ten – pech­schwar­zes Haar – dunkle Au­gen – lieb­li­che For­men – süße Ge­schöp­fe – be­zau­bernd.«

»Sie sind in Spa­ni­en ge­we­sen, Sir?«

»Hm – leb­te dort – hal­b­es Men­schen­al­ter.«

»Vie­le Erobe­run­gen ge­macht, Sir?« frag­te Mr. Tup­man wei­ter.

»Erobe­run­gen? – Tau­sen­de. – Don Bo­laro Fiz­z­gig – Gran­de – ein­zi­ge Toch­ter – Don­na Chris­ti­na – pracht­vol­les Ge­schöpf – ver­liebt in mich bis zum Wahn­sinn – ei­fer­süch­ti­ger Va­ter – hoch­her­zi­ge Toch­ter – schö­ner Eng­län­der – Don­na Chris­ti­na in Verzweif­lung – Blau­säu­re – Ma­gen­pum­pe im Man­tel­sack – Ope­ra­ti­on glück­lich durch­ge­führt – der alte Bo­laro au­ßer sich vor Ent­zücken – wil­lig­te in un­se­re Ver­bin­dung – Hän­de­drücke und Trä­nen­strö­me – ro­man­ti­sche Ge­schich­te – ko­los­sal.«

»Ist die Dame jetzt in Eng­land, Sir?« frag­te Mr. Tup­man, auf den die Schil­de­rung der Rei­ze Don­na Chris­tinas einen mäch­ti­gen Ein­druck ge­macht hat­te.

»Tot, Sir, tot«, sag­te der Frem­de und drück­te den spär­li­chen Über­rest ei­nes ur­al­ten Baum­woll­schnupf­tu­ches an sein rech­tes Auge. »Nie ganz ge­ne­sen, trotz der Ma­gen­pum­pe – un­ter­gra­be­ne Kon­sti­tu­ti­on – Op­fer ge­wor­den.«

»Und ihr Va­ter?« frag­te der poe­ti­sche Snod­graß.

»Elend und Ge­wis­sens­bis­se. – Plötz­lich ver­schwun­den – Stadt­ge­spräch – Nach­for­schun­gen über­all – er­folg­los – öf­fent­li­cher Brun­nen auf dem Haupt­plat­ze hört auf zu sprin­gen – Wo­chen ver­ge­hen – im­mer noch kein Was­ser – Ar­bei­ter kom­men – schöp­fen aus – fin­den mei­nen Schwie­ger­va­ter mit dem Kopf in der Haupt­röh­re ste­cken, mit ei­nem aus­führ­li­chen Be­kennt­nis in sei­nem rech­ten Stie­fel – zie­hen In her­aus. – Brun­nen springt wie­der – wie frü­her.«

»Wür­den Sie mir ge­stat­ten, Sir, die­sen klei­nen Ro­man nie­der­zu­schrei­ben?« frag­te Mr. Snod­graß, tief er­grif­fen.

»Ge­wiss, Sir, ge­wiss – noch fünf­zig an­de­re, wenn Sie sie hö­ren wol­len. – Ein selt­sa­mes Le­ben ge­führt – merk­wür­di­ge Ge­schich­te – nicht un­ge­wöhn­lich, aber höchst in­ter­essant.«

An die­sem Fa­den spann der Frem­de – nur hin und wie­der ein Glas Bier ein­schal­tend, wenn die Pfer­de ge­wech­selt wur­den – so lan­ge wei­ter, bis sie die Ro­che­s­ter­brücke er­reich­ten; und be­reits zu die­sem Zeit­punkt hat­ten Mr. Pick­wick und Mr. Snod­graß ihre No­tiz­bü­cher mit aus­ge­wähl­ten Par­ti­en sei­ner Aben­teu­er rest­los voll­ge­schrie­ben.

»Groß­ar­ti­ge Rui­ne!« rief Mr. Au­gus­tus Snod­graß mit der poe­ti­schen Glut, der er sei­nen Dich­ter­ruhm ver­dank­te, als sie des schö­nen al­ten Schlos­ses an­sich­tig wur­den.

»Welch herr­li­che Ge­le­gen­heit für einen Al­ter­tums­for­scher!« ließ sich Mr. Pick­wick ver­neh­men, als er sein Fern­rohr ans Auge ge­bracht hat­te.

»Hm, schö­ner Platz«, sag­te der Frem­de. – »Glo­rio­ses Ge­bäu­de – zür­nen­de Mau­ern –wan­ken­de Bo­gen–­dunkle Ni­schen – kra­chen­de Stie­gen – ehr­wür­di­ger Dom – dump­fer Ge­ruch – alte Stu­fen – aus­ge­höhlt von den Trit­ten der Pil­gri­me – klei­ne säch­si­sche Tü­ren – Beicht­stüh­le wie Thea­ter­kas­sen­lo­gen – wun­der­li­che Käu­ze, die­se Mön­che – Päps­te, Lord­schatz­meis­ter und alle Ar­ten al­ter Bur­schen mit großen ro­ten Ge­sich­tern und ab­ge­broch­nen Na­sen – alle Tage zu se­hen – auch Kol­ler von Büf­fel­haut – Lun­ten­ge­weh­re – Sar­ko­pha­ge – herr­li­cher Ort – alte Le­gen­den – wun­der­li­che His­to­ri­en – ko­los­sal.« – Der Frem­de fuhr in die­sem Selbst­ge­spräch fort, bis sie das »Wirts­haus zum Och­sen« in High­street er­reich­ten und halt­mach­ten.

»Blei­ben Sie hier, Sir?« frag­te Mr. Na­tha­na­el Winkle.

»Hier? – Ich nicht – aber Sie wer­den gut dar­an tun – gu­tes Haus – fa­mo­se Bet­ten – Wrights Ho­tel ne­ben­an teu­er – sehr teu­er – ’ne hal­be Kro­ne auf der Rech­nung, wenn Sie den Kell­ner nur an­se­hen – for­dern Ih­nen noch mehr ab, wenn Sie zu ei­nem Freun­de es­sen ge­hen – ver­wünsch­te Ker­le – toll.«

Mr. Winkle beug­te sich zu Mr. Pick­wick hin­über und flüs­ter­te ihm ei­ni­ge Wor­te zu. Mr. Pick­wick be­sprach sich lei­se mit Mr. Snod­graß, und Mr. Snod­graß mit Mr. Tup­man. All­ge­mei­nes Ein­ver­ständ­nis und bei­fäl­li­ges Kopf­ni­cken. Dann wand­te sich Mr. Pick­wick zu dem Frem­den.

»Sie ha­ben uns die­sen Mor­gen einen sehr we­sent­li­chen Dienst ge­leis­tet, Sir. Wür­den Sie uns viel­leicht ge­stat­ten, Ih­nen einen klei­nen Be­weis uns­rer Dank­bar­keit zu lie­fern, in­dem wir Sie um die Ehre Ih­rer Ge­sell­schaft bei Tisch bit­ten?«

»Mit größ­tem Ver­gnü­gen – will na­tür­lich nichts vor­schrei­ben, aber Ge­flü­gel und Cham­pi­gnons – ka­pi­ta­le Sa­che! – Wel­che Zeit?«

»Sa­gen wir ein­mal…« Mr. Pick­wick zog sei­ne Uhr zu Rate; »es ist jetzt bald drei Uhr; passt Ih­nen fünf Uhr?«

»Wür­de mir sehr pas­sen«, ent­geg­ne­te der Frem­de. »Also prä­zis fünf Uhr – habe die Ehre bis da­hin.«

Er lüf­te­te sei­nen zer­drück­ten Hut ei­ni­ge Zoll, setz­te ihn nach­läs­sig wie­der aufs Ohr und be­gab sich dann mit sei­nem Pa­pier­pa­ket ei­li­gen Schrit­tes auf die Stra­ße.

»Au­gen­schein­lich ein weit­ge­reis­ter Mann und ein treff­li­cher Beo­b­ach­ter«, sag­te Mr. Pick­wick.

»Ich hät­te gern sein Epos ge­le­sen«, mein­te Mr. Snod­graß.

»Und ich sei­nen Hund ge­se­hen«, sag­te Mr. Winkle.

Mr. Tup­man sag­te nichts, aber er dach­te an Don­na Chris­ti­na, die Ma­gen­pum­pe und den Spring­brun­nen, und sei­ne Au­gen füll­ten sich mit Trä­nen.

Die Her­ren lie­ßen sich ein ge­mein­sa­mes Wohn­zim­mer ge­ben, prüf­ten ihre Schlaf­zim­mer, be­stell­ten ein Mit­ta­ges­sen und ver­lie­ßen so­dann den Gast­hof, um sich die Stadt und ihre Um­ge­bung an­zu­se­hen.

Nach sorg­fäl­ti­ger Durch­sicht der No­ti­zen Mr. Pick­wicks fin­den wir, dass sei­ne Be­mer­kun­gen über die vier Städ­te Stroud, Ro­che­s­ter, Chat­ham und Bromp­ton sich von de­nen and­rer Rei­sen­den, die gleich­falls die­se Orte be­sucht ha­ben, nicht we­sent­lich un­ter­schei­den. Wir kön­nen da­her eine all­ge­mei­ne Über­sicht sei­ner Schil­de­run­gen ge­ben.

»Die Haup­ter­zeug­nis­se die­ser Städ­te«, sag­te Mr. Pick­wick, »schei­nen Sol­da­ten, Ma­tro­sen, Ju­den, Krei­de, Gar­ne­len, Po­li­zei­män­ner und Dock­ar­bei­ter zu sein. Die Haupt­han­dels­ar­ti­kel, die man in den Stra­ßen aus­ge­stellt sieht, sind See­manns­ar­ti­kel, Zwie­back, äp­fel, See­zun­gen und Aus­tern. Die Stra­ßen bie­ten einen sehr be­leb­ten An­blick, be­son­ders in­fol­ge der ge­ho­be­nen Stim­mung des Mi­li­tärs. Es ist wahr­haft ent­zückend für das Herz ei­nes Phil­an­thro­pen, die­se Bra­ven be­geis­tert um­her­tor­keln zu se­hen, be­son­ders wenn wir in Be­tracht zie­hen, dass es den ih­nen nach­zie­hen­den Gas­sen­jun­gen eine wohl­fei­le, un­schul­di­ge Un­ter­hal­tung und An­lass zu Scherz und Fröh­lich­keit bie­tet. – Nichts«, setzt Mr. Pick­wick hin­zu, »kommt der Gut­mü­tig­keit ei­nes Sol­da­ten gleich. So wur­de am Tage vor mei­ner An­kunft ein sol­cher in dem Hau­se ei­nes Gast­wirts gröb­lich be­lei­digt. Das Schenk­mäd­chen wei­ger­te sich näm­lich ent­schie­den, ihm noch wei­ter Brannt­wein zu ge­ben, und er zog – na­tür­lich nur im Scher­ze – das Ba­jo­nett und ver­wun­de­te das Mäd­chen da­mit an der Schul­ter. Und doch war die­ser bra­ve Bur­sche der ers­te, der am nächs­ten Mor­gen wie­der im Hau­se er­schi­en und da­durch be­wies, dass er ge­neigt sei, den ihm zu­ge­füg­ten Schimpf zu über­se­hen und den Vor­fall zu ver­ges­sen.

Der Ver­brauch von Ta­bak«, fährt Mr. Pick­wick fort, »muss in die­sen Städ­ten sehr groß sein, wie auch sein Ge­ruch, der die Stra­ßen er­füllt, al­len de­nen, die das Rau­chen lie­ben, un­ge­mein an­ge­nehm sein muss. Ein ober­fläch­li­cher Beo­b­ach­ter wür­de sich viel­leicht über den herr­schen­den Schmutz be­schwe­ren; wenn man je­doch ins Auge fasst, dass die­ser nur ein Be­weis für den leb­haf­ten und blü­hen­den Han­dels­ver­kehr ist, so kann man sich na­tür­lich nur dar­über freu­en.«

Punkt fünf Uhr er­schi­en der Frem­de und bald dar­auf das Es­sen. Er hat­te sich sei­nes Pa­pier­pa­ke­tes ent­le­digt, aber sein An­zug war un­ver­än­dert; auch war er wo­mög­lich noch red­se­li­ger als am Mor­gen.

»Was ist das?« frag­te er, als der Kell­ner den De­ckel von ei­ner der Schüs­seln ent­fern­te.

»See­zun­gen, Sir.«

»See­zun­gen – ah! – Ka­pi­ta­le Fi­sche – kom­men alle von Lon­don – Post­wa­ge­nei­gen­tü­mer ge­ben po­li­ti­sche Di­ners – Wa­gen voll See­zun­gen – Dut­zen­de von Kör­ben – pfif­fi­ge Bur­schen. Glas Wein, Sir?«

»Bit­te sehr«, sag­te Mr. Pick­wick.

Zu­erst trank der Un­be­kann­te mit Mr. Pick­wick, dann mit Mr. Snod­graß, dann mit Mr. Tup­man, dann mit Mr. Winkle und schließ­lich auf die Ge­sund­heit der gan­zen Ge­sell­schaft, al­les fast eben­so schnell hin­ter­ein­an­der, wie er sprach.

»Teu­fels­lärm auf der Trep­pe, Kell­ner«, sag­te er. »Bän­ke hin­auf – Zim­mer­leu­te her­un­ter – Lam­pen, Glä­ser, Har­fen. – Was gib­t’s denn?«

»Ball, Sir«, ant­wor­te­te der Kell­ner.

»As­sem­blee – wie?«

»Nein, Sir, kei­ne As­sem­blee; Ball für wohl­tä­ti­ge Zwe­cke, Sir.«

»Wis­sen Sie nicht, Sir, ob hier in der Stadt vie­le schö­ne Frau­en sind?« frag­te Mr. Tup­man an­ge­le­gent­lich.

»Präch­tig – fa­bel­haft. Kent, Sir, Kent ist welt­be­rühmt; äp­fel, Kir­schen, Hop­fen und Frau­en. – Glas Wein, Sir?«

»Bit­te sehr.«

Der Frem­de füll­te und leer­te sein Glas.

»Ich wür­de ganz gern mit da­bei­sein«, sag­te Mr. Tup­man, dem der Ball nicht aus dem Kopf ging.

»Ein­tritts­kar­ten zu ei­ner hal­b­en Gui­nee3 beim Wirt, Sir«, misch­te sich der Kell­ner ein.

Mr. Tup­man drück­te wie­der­holt sei­nen Wunsch aus, der Fest­lich­keit bei­zu­woh­nen, mach­te sich aber, da er in dem um­flor­ten Blick Mr. Snod­graß und in den in Ge­dan­ken ver­lo­re­nen Mie­nen Mr. Pick­wicks kei­nem Ver­ständ­nis be­geg­ne­te, mit großem Ei­fer über den Port­wein und das Des­sert her. Der Kell­ner ent­fern­te sich, und die Ge­sell­schaft blieb al­lein, um die der Mahl­zeit fol­gen­den Stun­den in trau­li­cher Un­ter­hal­tung zu ver­brin­gen.

»Sie ent­schul­di­gen, Sir«, sag­te der Frem­de. »Fla­sche ruht – muss krei­sen – der Son­ne gleich – bis zum letz­ten Trop­fen – kei­ne Rest­chen.« Wie­der leer­te er sein Glas, das er kaum zwei Mi­nu­ten zu­vor ge­füllt hat­te, und schenk­te sich mit der Mie­ne ei­nes an Wein ge­wöhn­ten Man­nes aufs neue ein.

Die Fla­sche mach­te die Run­de, und bald wur­de eine neue be­stellt. Der Frem­de schwatz­te, und die Pick­wi­ckier hör­ten zu. Mr. Tup­man fühl­te sich mit je­dem Au­gen­blick mehr ge­neigt, den Ball zu be­su­chen. Mr. Pick­wicks Ge­sicht er­glüh­te in ei­nem Aus­druck al­les um­fas­sen­der Men­schen­lie­be, und Mr. Winkle und Mr. Snod­graß san­ken in fes­ten Schlaf.

»Oben fan­gen sie be­reits an«, sag­te der Frem­de. »Hö­ren Sie? – Gei­gen­klän­ge – jetzt die Har­fe – es geht los.« Mu­sik tön­te durch das Haus und ver­kün­de­te den Be­ginn der ers­ten Qua­dril­le.

»Ich gin­ge gar zu ger­ne«, be­gann Mr. Tup­man aber­mals.

»Ich auch«, ver­setz­te der Frem­de. »Ver­damm­tes Ge­päck – lang­wei­li­ges Ge­zot­tel – kei­nen pas­sen­den An­zug – är­ger­lich, nicht wahr?«

Nun ge­hör­te zu den Grund­zü­gen der Pick­wick-Theo­rie un­ter an­de­rem auch all­um­fas­sen­des Wohl­wol­len, und nie­mand er­wies sich eif­ri­ger in der Be­fol­gung die­ses ed­len Grund­satzes als Mr. Tra­cy Tup­man. Die Zahl der in den Pro­to­kol­len der Ge­sell­schaft ver­zeich­ne­ten Fäl­le, in de­nen die­ser vor­treff­li­che Mann Hilfs­be­dürf­ti­ge zu an­de­ren Klub­mit­glie­dern nach Geld­un­ter­stüt­zung oder ab­ge­leg­ten Klei­dern ge­schickt hat, ist fast un­glaub­lich.

»Ich wür­de mich glück­lich schät­zen, Ih­nen zu die­sem Zwe­cke einen An­zug bor­gen zu kön­nen«, sag­te er, »aber Sie sind ziem­lich schlank und ich…«

»Biss­chen fett – ein ech­ter Bac­chus – ohne Kranz – vom Fass ge­stie­gen und in Tuch­ho­sen ge­schlüpft. – Haha! – Ge­ben Sie mal die Fla­sche rü­ber.«

Ob Mr. Tup­man ein we­nig in­di­gniert über den be­feh­len­den Ton war, oder ob er als ei­nes der be­deu­tends­ten Pick­wick-Klub-Mit­glie­der sich durch den re­spekt­lo­sen Ver­gleich mit ei­nem un­be­rit­te­nen Bac­chus ver­letzt fühl­te, ist ein Fak­tum, das sich heu­te nicht mehr mit Si­cher­heit er­mit­teln lässt. Je­den­falls reich­te er die Fla­sche hin­über, hus­te­te ein paar­mal und sah den Frem­den ei­ni­ge Se­kun­den mit fins­te­rem Ge­sich­te an. Als er je­doch be­merk­te, dass sich die­ser durch sei­ne Bli­cke nicht im Ge­rings­ten be­ir­ren ließ, ge­wan­nen sei­ne Züge all­mäh­lich ih­ren mil­de­ren Aus­druck wie­der, und er brach­te aufs neue den Ball zur Spra­che.

»Ich woll­te be­mer­ken, Sir«, sag­te er, »dass, wenn auch mein An­zug Ih­nen zu weit ist, Ih­nen doch viel­leicht der mei­nes Freun­des Mr. Winkle bes­ser pas­sen wür­de.«

Der Frem­de maß Mr. Winkle mit den Au­gen, und sei­ne Züge er­glänz­ten von Zufrie­den­heit.

»Wie an­ge­gos­sen.«

Mr. Tup­man sah sich um. Der Wein, der be­reits an Mr. Snod­graß und Mr. Winkle sei­ne schlaf­brin­gen­de Wir­kung ge­übt, hat­te sich auch der Sin­ne Mr. Pick­wicks be­mäch­tigt. All­mäh­lich hat­te der wür­di­ge Gent­le­man die ver­schie­de­nen Sta­di­en durch­lau­fen, die der durch eine reich­li­che Mahl­zeit ver­an­lass­ten Lethar­gie und ih­ren Fol­gen vor­an­ge­hen, von dem Gip­fel­punkt der Hei­ter­keit bis zu der Ab­grund­tie­fe geis­ti­gen Elends, und wie­der zu­rück. Wie eine Glas­lam­pe im Frei­en, mit Luft in der Röh­re, hat­te er für einen Au­gen­blick einen un­na­tür­li­chen Glanz ver­brei­tet, dann war sein Licht zu ei­nem kaum sicht­ba­ren Flämm­chen zu­sam­men­ge­schrumpft, das nach ei­ner Wei­le für einen Mo­ment wie­der mit ir­rem und un­si­che­rem Schei­ne auf­fla­cker­te, um schließ­lich ganz zu er­lö­schen. Sein Kopf war auf die Brust her­ab­ge­sun­ken, und ein be­stän­di­ges Schnar­chen, ge­le­gent­lich durch einen Er­sti­ckungs­an­fall un­ter­bro­chen, war das ein­zig hör­ba­re An­zei­chen der An­we­sen­heit des großen Man­nes.

Die Ver­su­chung, den Ball zu be­su­chen und die ers­ten Ein­drücke der Schön­heit der Ken­ter Da­men zu ge­nie­ßen, übte ge­wal­ti­gen Ein­fluss auf Mr. Tup­man aus, und nicht min­der groß war die Ver­su­chung, den Frem­den mit­zu­neh­men, zu­mal er Ort und Ein­woh­ner so gut zu ken­nen schi­en, als ob er von Kind­heit auf da­selbst ge­lebt hät­te. Mr. Winkle schlief, und Mr. Tup­man wuss­te aus Er­fah­rung, dass sein Freund beim Er­wa­chen so­fort schwer ins Bett sin­ken wür­de. Er schwank­te noch.

»Schen­ken Sie sich ein und ge­ben Sie die Fla­sche her­über«, mahn­te der un­er­müd­li­che Gast.

»Winkle und ich schla­fen zu­sam­men. Wenn ich ihn jetzt weck­te, könn­te ich ihm nicht gut be­greif­lich ma­chen, was ich von ihm will; aber er hat einen Abend­an­zug in sei­nem Ge­päck«, be­gann Mr. Tup­man nach ei­ner Wei­le. »Ich den­ke, Sie könn­ten ihn ganz gut auf dem Ball tra­gen; ich bräch­te ihn nach­her wie­der an Ort und Stel­le, ohne dass er über­haupt et­was von der Sa­che er­füh­re.«

»Glän­zend!« mein­te der Frem­de. »Fa­mo­se Idee – ver­dammt ver­drieß­li­che Lage – vier­zehn Rö­cke in den Kis­ten – und jetzt frem­de Klei­der an­zie­hen müs­sen – sehr gu­ter Ge­dan­ke das – ge­wiss.«

»Wir müs­sen aber jetzt uns­re Ein­tritts­kar­ten lö­sen«, sag­te Mr. Tup­man.

»Nicht der Mühe wert, Gui­nee zu hal­bie­ren. – Wol­len lo­sen, wer für bei­de zahlt. – Ich rate – Sie wer­fen. Also: – Frau­en­zim­mer – Frau­en­zim­mer – hol­des Frau­en­zim­mer.«

Das Gold­stück fiel nie­der, und der Dra­che, aus Galan­te­rie Frau­en­zim­mer ge­nannt, kam nach oben zu lie­gen.

Mr. Tup­man klin­gel­te, kauf­te die Kar­ten und ließ Ker­zen brin­gen. In ei­ner Vier­tel­stun­de war der Frem­de mit Na­tha­na­el Winkles Klei­dern aus­staf­fiert.

»Es ist ein neu­er Frack«, er­klär­te Mr. Tup­man, als sich der Frem­de mit großer Selbst­ge­fäl­lig­keit in ei­nem An­klei­de­spie­gel be­trach­te­te. »Der ers­te, der mit un­sern Klub­knöp­fen ge­macht wur­de.« – Er zeig­te auf die ver­gol­de­ten Knöp­fe, die die Buch­sta­ben P. K. und da­zwi­schen Mr. Pick­wicks Brust­bild auf­wie­sen.

»P. K.?« sag­te der Frem­de. – »Schnur­ri­ger Ein­fall – Bild des al­ten Kna­ben und P. K.? – Was be­deu­tet P. K.? – Selt­sa­mer Frack – wie?«

Mr. Tup­man er­klär­te mit stei­gen­dem Un­wil­len und großer Wich­tig­keit die Be­deu­tung der ge­heim­nis­vol­len De­vi­se.

»Et­was kurz in der Tail­le – nicht?« mein­te der Frem­de und ver­renk­te sich, um im Spie­gel einen Blick auf die rück­wär­ti­gen Knöp­fe zu er­ha­schen, die al­ler­dings so ziem­lich zwi­schen den Schul­ter­blät­tern sa­ßen. »Gera­de wie eine Brief­trä­ger­ja­cke – wun­der­li­che Frä­cke das – sta­tu­ten­mä­ßig an­ge­fer­tigt – kein Maß ge­nom­men – ge­heim­nis­vol­le Schi­ckung der Vor­se­hung. – Alle klei­nen Leu­te krie­gen lan­ge Rö­cke – alle großen kur­ze.«

So schwatz­te der Frem­de wei­ter, stutz­te da­bei sei­ne – oder viel­mehr Mr. Winkles – Gar­de­ro­be zu­recht und ging, von Mr. Tup­man be­glei­tet, die Trep­pe hin­auf, die in den Ball­saal führ­te.

»Ihre Na­men, mei­ne Her­ren?« frag­te der Tür­ste­her.

Mr. Tup­man woll­te vor­tre­ten, um sei­nen Na­men und Ti­tel an­zu­ge­ben, aber der Frem­de hin­der­te ihn dar­an.

»Nein. Kei­ne Na­men, ganz gute Na­men – aber nicht be­kannt – nicht be­rühmt ge­nug – ganz fa­mo­se Na­men für eine klei­ne Rei­se­ge­sell­schaft, ma­chen aber kei­nen Ein­druck in öf­fent­li­chen As­sem­blees – in­ko­gni­to bes­ser – Her­ren aus Lon­don – dis­tin­guier­te Frem­de oder so.«

Die Tür wur­de ge­öff­net: Mr. Tra­cy Tup­man und der Frem­de be­tra­ten den Ball­saal.

Es war ein lan­ger Raum mit schar­lach­rot aus­ge­schlagnen Bän­ken, der durch Wachs­ker­zen in glä­ser­nen Wand­leuch­tern er­hellt wur­de. Für die Mu­sik war eine er­höh­te Tri­bü­ne auf­ge­schla­gen, und die Qua­dril­len wur­den von zwei oder drei Rei­hen von Tän­zern ge­wis­sen­haft ab­sol­viert. Zwei Spiel­ti­sche stan­den in ei­nem an­sto­ßen­den Zim­mer, und zwei­mal zwei alte Da­men mit ei­ner ent­spre­chen­den An­zahl Her­ren sa­ßen beim Whist.4

Die Tour war zu Ende; die Tän­zer und Tän­ze­rin­nen pro­me­nier­ten im Saa­le, und Mr. Tup­man pflanz­te sich mit sei­nem Ge­fähr­ten in ei­ner Ecke auf, um die Ge­sell­schaft zu be­ob­ach­ten.

»Ent­zücken­de Wei­ber«, mein­te er.

»War­ten Sie noch ein Weil­chen«, sag­te der Frem­de. »Wird gleich lus­ti­ger. – Bes­te Ge­sell­schaft fehlt noch – ku­rio­ses Nest – obers­te Ar­se­nal­be­am­ten ken­nen nicht die un­tern – un­te­re Ar­se­nal­be­am­te nicht die nie­dern Pa­tri­zi­er – nie­de­re Pa­tri­zi­er nicht die Kauf­leu­te – Be­zirks­haupt­mann kennt kei­nen Men­schen.«

»Was ist das für ein jun­ger Mensch, der dort, mit dem blon­den Haar, den klei­nen Au­gen und dem bun­ten Frack?« frag­te Mr. Tup­man.

»Pst, bit­te – klei­ne Au­gen? – Bun­ter Frack? – Jun­ger Mensch? – Fähn­rich im sie­ben­und­neun­zigs­ten Re­gi­ment. Wil­mot Sni­pe Wohl­ge­bo­ren – vor­neh­me Fa­mi­lie – die Sni­pes – sehr vor­nehm.«

»Sir Tho­mas Club­ber, Lady Club­ber und Fräu­lein Töch­ter!« rief der Tür­ste­her mit Sten­tor­stim­me.5

Gro­ße Sen­sa­ti­on: ein hoch­ge­wach­se­ner Gent­le­man in blau­em Frack mit blan­ken Knöp­fen, be­glei­tet von ei­ner großen Dame in blau­em At­las­kleid und zwei jun­gen Da­men in sehr mo­der­nen Ro­ben in der­sel­ben Far­be, trat in den Saal.

»Be­zirks­haupt­mann – großes Tier – höchst be­deu­ten­der Mann«, flüs­ter­te der Frem­de Mr. Tup­man ins Ohr, als der Wohl­tä­tig­keits­aus­schuss Sir Tho­mas Club­ber nebst Fa­mi­lie nach dem obe­ren Teil des Saa­l­es führ­te.

Wil­mot Sni­pe, Wohl­ge­bo­ren, nebst än­dern Gent­le­men der bes­ten Ge­sell­schaft dräng­ten sich an die Mis­ses Club­ber her­an, um ih­nen ihre Hul­di­gun­gen dar­zu­brin­gen, und Sir Tho­mas Club­ber stand bol­zen­ge­ra­de da und be­trach­te­te über sein schwar­zes Hals­tuch hin­weg die ver­sam­mel­te Ge­sell­schaft.

»Mr. Smi­t­hie, Mrs. Smi­t­hie und Fräu­lein Töch­ter!« lau­te­te die nächs­te Mel­dung des Tür­ste­hers.

»Wer ist Mr. Smi­t­hie?« frag­te Mr. Tra­cy Tup­man.

»Ir­gend­ein Ar­se­nal­be­am­ter«, ant­wor­te­te der Frem­de.

Mr. Smi­t­hie ver­beug­te sich ehr­furchts­voll vor Sir Tho­mas Club­ber, und Sir Tho­mas Club­ber er­wi­der­te den Gruß mit stol­zer Herab­las­sung. Lady Club­ber belor­gnet­tier­te Mrs. Smi­t­hie nebst Fa­mi­lie, wäh­rend Mrs. Smi­t­hie ih­rer­seits eine Mrs. Sound­so an­starr­te, de­ren Gat­te nicht Ar­se­nal­be­am­ter war.

»Oberst Bul­der nebst Frau Ge­mah­lin und Fräu­lein Toch­ter«, wa­ren die nächs­ten An­kömm­lin­ge.

»Gar­ni­sons­kom­man­dant«, be­ant­wor­te­te der Frem­de Mr. Tup­mans fra­gen­den Blick.

Miss Bul­der wur­de sehr warm von den Mis­ses Club­ber be­will­komm­net, und auch zwi­schen der Frau Oberst und Lady Club­ber fand eine über alle Be­schrei­bung zärt­li­che Be­grü­ßung statt. Oberst Bul­der und Sir Tho­mas Club­ber bo­ten sich ge­gen­sei­tig ihre Do­sen an und sa­hen ganz wie ein Paar Ro­bin­son Cru­soes aus – Al­lein­herr­scher auf ei­ner men­schen­lee­ren In­sel.

Wäh­rend die Ari­sto­kra­tie der Stadt – näm­lich die Bul­ders, Club­bers und Sni­pes – in die­ser Wei­se ihre Wür­de oben im Saal wahr­te, ahm­ten die üb­ri­gen Klas­sen der Ge­sell­schaft ihr Bei­spiel in den än­dern Tei­len nach. Die we­ni­ger no­blen Of­fi­zie­re des Sie­ben­und­neun­zigs­ten wid­me­ten sich den Fa­mi­li­en der un­ter­ge­ord­ne­ten Ar­se­nal­be­am­ten. Die Frau­en der An­wäl­te und Wein­händ­ler stan­den an der Spit­ze ei­ner drit­ten Kas­te (die Frau des Brau­ers mach­te den Bul­ders einen Be­such), und Mrs. Tom­lin­son, die Gat­tin des Post­hal­ters, schi­en durch still­schwei­gen­de Übe­rein­kunft das Haupt der Frau­en aus dem Han­dels­stan­de zu re­prä­sen­tie­ren.

Eine der po­pu­lärs­ten Per­so­nen war ein klei­ner dick­bäu­chi­ger Herr mit ei­nem in die Höhe ge­strich­nen Kranz von schwar­zen Haa­ren, der eine un­ge­heu­re Glat­ze um­gab – Dr. Slam­mer, Re­gi­ments­arzt beim Sie­ben­und­neun­zigs­ten. Der Dok­tor schnupf­te mit je­der­mann, lach­te, tanz­te, mach­te Wit­ze, spiel­te Whist, kurz, tat al­les und war über­all. Aber noch viel wich­ti­ger als dies al­les nahm der klei­ne Dok­tor sei­ne un­abläs­si­gen Hul­di­gungs­ak­te vor ei­ner klei­nen al­ten Wit­we, de­ren kost­ba­res, mit Schmuck über­la­de­nes Kleid sie als eine äu­ßerst wün­schens­wer­te Zu­ga­be zu ei­nem ma­gern Ein­kom­men kenn­zeich­ne­te.

»Klot­zig reich – hei­rats­lus­ti­ge Alte – wind­beu­te­li­ger Dok­tor – kein üb­ler Ge­dan­ke – Mordss­paß.«

Mr. Tup­man sah den Frem­den fra­gend an.

»Will mit der Wit­we tan­zen«, sag­te der Frem­de.

»Wer ist sie?« frag­te Mr. Tup­man.

»Weiß nicht – in mei­nem Le­ben nie ge­se­hen – den Dok­tor aus­ste­chen. – Mal se­hen.«

Der Frem­de ging quer durch den Saal, lehn­te sich an das Ka­min­sims und be­gann, der fet­ten, klei­nen al­ten Dame Bli­cke ehr­furchts­vol­ler und me­lan­cho­li­scher Be­wun­de­rung zu­zu­wer­fen. Mr. Tup­man sah in stum­mem Er­stau­nen zu. Der Frem­de mach­te, wäh­rend der klei­ne Dok­tor mit ei­ner än­dern Dame tanz­te, rei­ßen­de Fort­schrit­te. Die Wit­we ließ ih­ren Fä­cher fal­len; der Frem­de hob ihn auf, über­reich­te ihn. – Ein Lä­cheln – eine Ver­beu­gung – ein Knicks – ei­ni­ge ver­bind­li­che Wor­te, dann ging er keck auf den Fest­ord­ner los, kehr­te mit ihm zu­rück – eine klei­ne ein­lei­ten­de Pan­to­mi­me –, und schon trat er mit Mrs. Bud­ger in die Qua­dril­le ein.

So groß auch Mr. Tup­mans Ver­wun­de­rung über die­ses sum­ma­ri­sche Ver­fah­ren war, so wur­de sie doch durch die des Dok­tors bei Wei­tem über­trof­fen. Der Frem­de war jung, und die Wit­we fühl­te sich ge­schmei­chelt. Des Dok­tors Auf­merk­sam­kei­ten blie­ben fort­an un­be­ach­tet, und sei­ne ent­rüs­te­ten Bli­cke mach­ten auf sei­nen un­er­schüt­ter­li­chen Ne­ben­buh­ler nicht den ge­rings­ten Ein­druck. Dr. Slam­mer war au­ßer sich. Er, der Dr. Slam­mer, Re­gi­ments­arzt vom Sie­ben­und­neun­zigs­ten, im Au­gen­blick aus­ge­löscht von ei­nem Men­schen, den nie­mand zu­vor ge­se­hen und von dem man auch jetzt noch nicht wuss­te, wer er war! Dr. Slam­mer, Dr. Slam­mer vom Sie­ben­und­neun­zigs­ten, ver­schmäht! Un­mög­lich! Es konn­te nacht sein! Und doch war es so. Da stan­den sie. Was, er stell­te ihr so­gar sei­nen Freund vor? Dr. Slam­mer woll­te sei­nen Au­gen nicht trau­en. Aber­mals sah er hin und fühl­te die schmerz­li­che Not­wen­dig­keit, sich ein­zu­ge­ste­hen, dass ihn sei­ne Seh­or­ga­ne nicht be­tro­gen. Mrs. Bud­ger tanz­te mit Mr. Tra­cy Tup­man, da war kein Irr­tum mehr mög­lich. Ja, es war leib­haf­tig die Wit­we, die da mit un­ge­wöhn­li­cher Leich­tig­keit an ihm vor­beihüpf­te, und Mr. Tra­cy mit der al­ler­fei­er­lichs­ten Mie­ne des­glei­chen, und sie tanz­ten, als sei eine Qua­dril­le nichts Be­lus­ti­gen­des, son­dern eine Feu­er­pro­be des Her­zens, die größ­te Stand­haf­tig­keit heisch­te.

Stumm und ge­dul­dig er­trug der Dok­tor all das, wie auch das dar­auf fol­gen­de Prä­sen­tie­ren von Glüh­wein und Kon­fekt nebst dem Ko­ket­tie­ren, das von sol­chen Auf­merk­sam­kei­ten un­trenn­bar ist.

Als je­doch der Frem­de ver­schwand, um Mrs. Bud­ger zu ih­rem Wa­gen zu ge­lei­ten, stürz­te Dr. Slam­mer rasch aus dem Saal, und je­des Teil­chen sei­nes bis­her ein­ge­stöp­sel­ten Grim­mes braus­te auf und trat ihm in großen Schweiß­trop­fen auf die zorn­ro­te Glat­ze.

Der Frem­de kehr­te mit Mr. Tup­man zu­rück. Er sprach lei­se und lach­te. Der klei­ne Dok­tor dürs­te­te nach sei­nem Blu­te. Of­fen­bar fühl­te sich sein Ne­ben­buh­ler als Sie­ger und frohlock­te dar­über!

»Sir!« sag­te der Dok­tor mit furcht­ba­rer Stim­me, trat in die Ecke zu sei­nem Geg­ner und zog eine Kar­te her­vor. »Mein Name ist Slam­mer, Dr. Slam­mer, – beim sie­ben­und­neun­zigs­ten Re­gi­ment – Chat­ham­ka­ser­ne. – Hier mei­ne Kar­te, mein Herr.«

»Ah«, ent­geg­ne­te der Frem­de kalt­blü­tig, »Slam­mer – sehr ver­bun­den – un­ge­mein auf­merk­sam – jetzt nicht krank. – Slam­mer – wer­de im Be­darfs­fall nach Ih­nen schi­cken.«

»Sie – Sie sind ein Int­ri­gant, mein Herr«, keuch­te der Dok­tor wü­tend. »Ein Ha­sen­fuß – eine Mem­me – ein Lüg­ner – ein – ein… Wer­den Sie mir nicht end­lich Ihre Kar­te ge­ben, Sir?«

»Aha – star­ker Glüh­wein hier – gut­mü­ti­ger Wirt – sehr tö­richt, sehr – Li­mo­na­de viel bes­ser – zu heiß im Saal – äl­te­re Her­ren – ha­ben dann mor­gen Kat­zen­jam­mer – böse Sa­che«, sag­te der Frem­de und mach­te Mie­ne, sich zu ent­fer­nen.

»Sie woh­nen hier im Hau­se, Sir«, knirsch­te der zor­ni­ge klei­ne Mann. »Sie sind jetzt be­trun­ken, Sir. Sie wer­den mor­gen von mir hö­ren, Sir. Ich wer­de Sie schon aus­fin­dig ma­chen, Sir.«

»Mei­net­we­gen, wenn’s Ih­nen Freu­de macht«, ver­setz­te der un­be­irr­ba­re Frem­de.

Dr. Slam­mer setz­te mit ei­nem Gift­blick und ei­nem zor­ni­gen Klaps sei­nen Hut auf, und der Frem­de und Mr. Tup­man gin­gen in das Schlaf­ge­mach, um das er­borg­te Ge­fie­der wie­der in den Hand­kof­fer des nichts­ah­nen­den Mr. Winkle zu ste­cken.

Der Gent­le­man lag in tie­fem Schlaf, und so war denn die Rück­er­stat­tung bald voll­zo­gen. Der Frem­de be­nahm sich sehr drol­lig, und dem von Sher­ry, Glüh­wein, Lich­tern und Da­men ver­wirr­ten Mr. Tra­cy Tup­man kam die gan­ze Sa­che als ein aus­ge­zeich­ne­ter Spaß vor. Der neue Freund ent­fern­te sich, und Mr. Tup­man half sich, nach­dem er mit ei­ni­ger Mühe die ur­sprüng­lich für den Kopf be­rech­ne­te öff­nung sei­ner Nacht­müt­ze ge­fun­den und bei sei­nen An­stren­gun­gen, dem Lich­te einen pas­sen­den Platz an­zu­wei­sen, den Leuch­ter um­ge­wor­fen hat­te, durch eine Rei­he kom­pli­zier­ter Evo­lu­tio­nen in sein Bett, in dem er kurz dar­auf in tie­fen Schlaf fiel.

Am nächs­ten Mor­gen hat­te es kaum sie­ben aus­ge­schla­gen, als Mr. Pick­wicks re­ger Geist aus dem Zu­stand der Be­wusst­lo­sig­keit, in den der Schlum­mer ihn ge­wiegt, durch ein lau­tes Po­chen an der Zim­mer­tür ge­weckt wur­de.

»Wer ist da?« rief Mr. Pick­wick, von sei­nem Kis­sen auf­fah­rend.

»Der Haus­knecht, Sir.«

»Was wol­len Sie?«

»Bit­te, kön­nen Sie mir nicht sa­gen, wel­cher Herr von Ih­rer Ge­sell­schaft einen blau­en Frack mit ver­gol­de­ten Knöp­fen trägt, mit den Buch­sta­ben P. K. drauf?«

Der Rock wird zum Aus­bürs­ten hin­aus­ge­hängt wor­den sein, über­leg­te sich Mr. Pick­wick, und der Mann hat ver­ges­sen, wem er ge­hört. – »Mr. Winkle«, rief er laut. »Im drit­ten Zim­mer rechts.«

»Dan­ke, Sir«, ver­setz­te der Haus­knecht und ent­fern­te sich.

»Was gib­t’s?« rief Mr. Tup­man, als ein lau­tes Klop­fen an sei­ner Tür ihn aus sei­ner tie­fen Ruhe auf­schreck­te.

»Kann ich mit Mr. Winkle spre­chen, Sir?« ent­geg­ne­te der Haus­knecht von au­ßen.

»Winkle! – Winkle!« rief Mr. Tup­man ins Ne­ben­zim­mer.

»Hal­lo?« ant­wor­te­te eine schwa­che Stim­me un­ter der Bett­de­cke her­vor.

»Je­mand will Sie spre­chen. An der Tür.«

Nach­dem sich Mr. Tra­cy Tup­man so­weit an­ge­strengt hat­te, dreh­te er sich auf die an­de­re Sei­te und fiel so­fort wie­der in tie­fen Schlaf.

»Mich spre­chen?« brumm­te Mr. Winkle, sprang aus sei­nem Bett und zog in al­ler Eile ein paar Klei­dungs­stücke an. »Mich? Hier, so weit von Lon­don? Wer, um Him­mels wil­len, kann hier et­was von mir wol­len?«

»Ein Herr im Gast­zim­mer, Sir«, ver­setz­te der Haus­knecht, als Mr. Winkle die Tür öff­ne­te. »Der Herr will Sie nicht lan­ge auf­hal­ten, doch er kann sich auf kei­nen Fall ab­wei­sen las­sen, sagt er.«

»Höchst selt­sam!« sag­te Mr. Winkle. »Nun, ich wer­de gleich hin­un­ter­kom­men.«

Er hüll­te sich rasch in einen Rei­se­schal, zog sei­nen Schlaf­rock an und ging die Stie­ge hin­un­ter. Eine alte Frau und ein paar Kell­ner scheu­er­ten das Gast­zim­mer. Ein Of­fi­zier in Hal­b­uni­form blick­te aus dem Fens­ter, wand­te sich dann mit ei­ner stei­fen Ver­beu­gung an den ein­tre­ten­den Mr. Winkle, be­fahl dem Dienst­per­so­nal, sich zu ent­fer­nen, und schloss sorg­fäl­tig die Tür.

»Mr. Winkle, wie ich ver­mu­te?«

»Das ist al­ler­dings mein Name, Sir.«

»Es wird Sie wahr­schein­lich nicht über­ra­schen, Sir, wenn ich Ih­nen mit­tei­le, dass ich Sie in der An­ge­le­gen­heit ei­nes Freun­des, des Dr. Slam­mer, von Sie­ben­und­neun­zig, be­su­che.«

»Dr. Slam­mer?« frag­te Mr. Winkle er­staunt.

»Dr. Slam­mer. Er bat mich, Ih­nen in sei­nem Na­men zu sa­gen, dass Ihr Be­neh­men ges­tern Abend nicht der Art war, dass es sich ein Mann von Ehre ge­fal­len las­sen kann und wie es sich kein Mann von Ehre ge­gen einen än­dern er­lau­ben wür­de.«

Mr. Winkles Er­stau­nen war zu echt und zu au­gen­fäl­lig, tun Mr. Slam­mers Se­kun­dan­ten zu ent­ge­hen.

»Mein Freund Dr. Slam­mer«, fuhr er da­her fort, »er­such­te mich, hin­zu­zu­fü­gen, dass er fest über­zeugt ist, Sie wä­ren einen großen Teil des gest­ri­gen Abends be­trun­ken ge­we­sen und wüss­ten da­her viel­leicht nichts mehr von dem Um­fang der Be­lei­di­gung, die Sie sich zu­schul­den kom­men lie­ßen. Er trug mir des­halb auf, Ih­nen zu sa­gen, dass er sich, wenn Sie die­sen Um­stand als eine Ent­schul­di­gung Ihres Be­neh­mens gel­tend ma­chen woll­ten, mit ei­ner schrift­li­chen Ab­bit­te, die ich Ih­nen in die Fe­der zu dik­tie­ren hät­te, be­gnü­gen.«

»Eine schrift­li­che Ab­bit­te?« wie­der­hol­te Mr. Winkle im Tone gren­zen­lo­sen Stau­nens.

»Sie wis­sen na­tür­lich, wel­che Wahl Ih­nen üb­rig­bleibt«, ver­setz­te der Of­fi­zier kühl.

»Wur­de Ih­nen die­ser Auf­trag wirk­lich für mich über­ge­ben?« frag­te Mr. Winkle, des­sen Sin­ne sich wäh­rend die­ser selt­sa­men Un­ter­hal­tung hoff­nungs­los ver­wirr­ten.

»Ich war nicht an­we­send«, ent­geg­ne­te der Be­such, »und in­fol­ge Ih­rer ent­schie­de­nen Wei­ge­rung, Dr. Slam­mer Ihre Kar­te zu ge­ben, hat mich be­sag­ter Herr ge­be­ten, mir über die Iden­ti­tät des Be­sit­zers ei­nes höchst un­ge­wöhn­li­chen Rockes – ei­nes blau­en Fracks mit ver­gol­de­ten Knöp­fen, auf de­nen sich ein Brust­bild und die Buch­sta­ben P. K. be­fin­den – Ge­wiss­heit zu ver­schaf­fen.«