Die Regulatoren in Arkansas - Friedrich Gerstäcker - E-Book

Die Regulatoren in Arkansas E-Book

Friedrich Gerstäcker

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Beschreibung

Die ersten Siedler im Wilden Westen müssen sich gegen marodierende Pferdediebe erwehren und beginnen damit Selbstjustiz zu üben ... Friedrich Gerstäcker war ein deutscher Schriftsteller. Er ist vor allem durch seine Bücher über Nordamerika bekannt

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Die Regulatoren in Arkansas

Aus dem Waldleben Amerikas

Friedrich Gerstäcker

Inhalt:

Friedrich Gerstäcker – Biografie und Bibliografie

Die Regulatoren in Arkansas

Vorwort

1. Der Leser macht die Bekanntschaft von vier würdigen Leuten und erfährt etwas Näheres über ihre Lebensverhältnisse

2. Mehrere neue Personen erscheinen auf dem Schauplatz. Wunderbares Jagdabenteuer des »kleinen Mannes«.

3. Der Indianer und der Methodist. – Die Einladung zur Hochzeit.

4. Die Regulatoren. – Zank und Kampf.

5. Brown und Marion.

6. Die Bärenhetze. – Der sonderbare Fund. – Des Indianers Scharfsinn.

7. Zwei ächte Backwoodsmen. – Bahren's und Harper's Erzählungen.

8. Der Morgen in der Blockhütte. – Das Aufsuchen der am vorigen Abend gefundenen Blutspuren. – Assowaum taucht nach der Leiche.

9. Das vierblätterige Kleeblatt verhandelt eine Geschäftssache. – Rowson's gerechte Entrüstung über den Mord und Marions' Schwachheit.

10. Die Sheriffswahl in Pettyville. – Die Verfolger sind auf den Fährten.

11. Assowaum, der »befiederte Pfeil«, und seine Squaw. – Weston und Cotton erwarten ungeduldig die Kameraden.

12. List der Pferdediebe. – Die Ueberraschung. – Alapaha und Rowson.

13. Der Prediger von der Indianerin entlarvt. – Die gelungene Flucht.

14. Brown auf dem Rückwege. – Die geheimnißvolle Zusammenkunft. – Der Indianer. – Der alte Farmer. – Canoefahrt.

15. Die Betversammlung. – Die Schreckensbotschaft.

16. Die Leichenwache.

17. Das Begräbniß der Indianerin.

18. Roberts' Abenteuer auf der Pantherjagd. – Die Wasserpartie.

19. Harper's Wohnung. – Cook's Bericht über die Verfolgung der Pferdediebe. – Harper's und Bahrens' wunderbare Erzählungen.

20. Rowson bei Roberts. – Assowaum.

21. Wilson's Geständnisse. – Die schöne Wäscherin. – Arkansische Wiege. – Der Rückzug.

22. Atkins' Wohnhaus. – Der fremde Besuch. – Die Parole.

23. Die verbündeten Verbrecher. – Unerwartete Gäste. – Der neue Plan.

24. Die Pionier-Familie. – Der neue Regulator stellt sich selbst seine Falle.

25. Harper und Marion. – Ellen's Ankunft bei Roberts.

26. Die Regulatorenversammlung. – Jones befindet sich in einer höchst unangenehmen Lage. – List gegen List.

27. Die Rückkehr von der Versammlung.

28. Der Indianer auf Johnson's Fährten.

29. Rowson bei Roberts. – Die Truthühnerjagd. – Ellen und Marion.

30. Der Hinterhalt.

31. Die Damengesellschaft. – Die Ueberraschung.

32. Die Kreuzeiche.

33. Der entlarvte Verbrecher.

34. Die Belagerung.

35. List und Gegenlist. – Der Ueberfall – Indianer und Methodist.

36. Das Gericht der Regulatoren.

37. Roberts' Haus.

38. Die Rache des »befiederten Pfeiles«.

39. Schluß.

Die Regulatoren in Arkansas, F. Gerstäcker

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849615574

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Friedrich Gerstäcker – Biografie und Bibliografie

Roman- und Reiseschriftsteller, geb. 10. Mai 1816 in Hamburg, gest. 31. Mai 1872 in Braunschweig, Sohn eines seinerzeit beliebten Opernsängers, kam nach dessen frühzeitigem Tode (1825) zu Verwandten nach Braunschweig, besuchte später die Nikolaischule in Leipzig, widmete sich dann auf Döben bei Grimma der Landwirtschaft und wanderte 1837 nach Nordamerika aus, wo er mit Büchse und Jagdtasche das ganze Gebiet der Union durchstreifte. 1843 nach Deutschland zurückgekehrt, widmete er sich mit Erfolg literarischen Arbeiten. Er gab zunächst sein Tagebuch: »Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten von Nordamerika« (Dresd. 1844, 2 Bde.; 5. Aufl., Jena 1891) heraus, schrieb kleine Sagen und Abenteuer aus Amerika nieder und wagte sich endlich an ein größeres Werk: »Die Regulatoren in Arkansas« (Leipz. 1845, 3 Bde.; 10. Aufl., Jena 1897), worauf in rascher Reihenfolge »Der deutschen Auswanderer Fahrten und Schicksale« (Leipz. 1847; 3. Aufl., Jena 1899), »Mississippibilder« (Leipz. 1847–48, 3 Bde.), »Reisen um die Welt« (das. 1847–48, 6 Bde.; 3. Aufl. 1870), »Die Flußpiraten des Mississippi« (das. 1848, 3 Bde.; 10. Aufl. 1890) und »Amerikanische Wald- und Strombilder« (das. 1849, 2 Bde.) neben verschiedenen Übersetzungen aus dem Englischen erschienen. 1849–52 führte G. eine Reise um die Welt, 1860–61 eine neue große Reise nach Südamerika aus; 1862 begleitete er den Herzog Ernst von Koburg-Gotha nach Ägypten und Abessinien. 1867 trat er eine neue Reise nach Nordamerika, Mexiko und Venezuela an, von der er im Juni 1868 zurückkehrte. Seine letzten Jahre verlebte er in Braunschweig. Seine spätern Reisen beschrieb er in den Werken: »Reisen« (Stuttg. 1853–1854, 5 Bde.); »Achtzehn Monate in Südamerika« (Jena 1862, 3. Aufl. 1895) und »Neue Reisen« (Leipz. 1868, 3 Bde.; 4. Aufl.). Gerstäckers Reisen galten nicht wissenschaftlichen oder sonstigen allgemeinen Zwecken, sondern der Befriedigung eines persönlichen Dranges ins Weite; seine Schilderungen sind daher vorwiegend um ihrer frischen Beobachtung willen schätzbar. Ebenso verfolgte der fruchtbare Autor bei seinen zahlreichen Romanen und Erzählungen schlechthin Unterhaltungszwecke. Wir nennen davon: »Der Wahnsinnige« (Berl. 1853); »Wie ist es denn nun eigentlich in Amerika?« (2. Aufl., Leipz. 1853); »Tahiti«, Roman aus der Südsee (5. Aufl., das. 1877); »Nach Amerika« (das. 1855, 6 Bde.); »Kalifornische Skizzen« (das. 1856); »Unter dem Äquator«, javanisches Sittenbild (7. Aufl., Jena 1902); »Gold« (4 Aufl., Leipz. 1878); »Inselwelt« (3. Aufl., das. 1878); »Die beiden Sträflinge« (5. Aufl., das. 1881); »Unter den Penchuenchen« (das. 1867, 3 Bde.; 4. Aufl. 1890); »Die Blauen und Gelben«, venezuelisches Charakterbild (das. 1870, 3 Bde.); »Der Floatbootsmann« (2. Aufl., Schwerin 1870); »In Mexiko« (Jena 1871, 4 Bde.) etc. Seine kleinern Erzählungen und Skizzen wurden unter den verschiedensten Titeln gesammelt: »Aus zwei Weltteilen« (Leipz. 1851, 2 Bde.; 6. Aufl. 1890); »Hell und Dunkel« (das. 1859, 2 Bde.; 6. Aufl. 1890); »Heimliche und unheimliche Geschichten« (das. 1862, 3. Aufl. 1884); »Unter Palmen und Buchen« (das. 1865–67, 3 Bde.; 3. Aufl. 1896); »Wilde Welt« (das. 1865–67, 3 Bde.); »Kreuz und Quer« (das. 1869, 3 Bde.); »Kleine Erzählungen und nachgelassene Schriften« (Jena 1879, 3 Bde.); »Humoristische Erzählungen« (Berl. 1898) u. a. Unter seinen Jugendschriften verdienen »Die Welt im Kleinen für die kleine Welt« (Leipz. 1857–61, 7 Bde.; 4. Aufl. 1893), unter seinen Humoresken besonders »Herrn Mahlhubers Reiseabenteuer« (das. 1857, 11. Aufl. 1896) Auszeichnung. Gerstäckers »Gesammelte Schriften« erschienen in 44 Bänden (Jena 1872–79), eine Auswahl in 24 Bänden, hrsg. von Dietrich Theden (das. 1889–90); »Ausgewählte Erzählungen und Humoresken«, hrsg. von Holm in 8 Bänden (Leipz. 1903).

Die Regulatoren in Arkansas

Vorwort

Wenige Worte werden genügen, diese Erzählung aus den westlichen Wäldern Amerikas bei dem Leser einzuführen und ihn darauf vorzubereiten, was er überhaupt darin zu erwarten hat.

Arkansas, von den Vereinigten Staaten seit 1836 in die Union aufgenommen, hatte sich in früheren Jahren den Ruf erworben, daß alles Gesindel aus dem Osten und Süden in seinen weglosen Wäldern und Sümpfen einen Zufluchtsort gegen den strafenden Arm der Gerechtigkeit gesucht und gefunden habe und dort auf eigene, freie Hand sein Wesen treibe.

Solche Gerüchte waren nicht ohne Grund, Spruch und Gesetze aber machtlos in diesen Wäldern. Ehe der Sheriff einen Verbrecher erfassen konnte, hatte sich dieser auf dem Rücken seines eigenen oder eines fremden Pferdes in ein anderes County geflüchtet und wurde nicht mehr gesehen. Aber auch wirklich ergriffen, blieb es eine fast noch schwierigere Aufgabe, den Gefangenen festzuhalten. Entweder brach er sich selbst Bahn aus dem Blockhaus, in das man ihn gesperrt, oder er sah sich von einer Bande seiner Freunde, die es vielleicht kaum für nöthig hielten, ihre Gesichter zu färben und unkenntlich zu machen, in der ersten Nacht befreit und trieb nach wie vor sein Unwesen. 

Auf den Pferdediebstahl legte sich die Genossenschaft besonders, da nach der westlichen Sitte die Thiere und Herden der Pioniere frei im Walde selbst ihr eigenes Futter suchten und also keiner so genauen, ja oft nicht der mindesten Aufsicht unterworfen waren. Als nun noch überdies im Jahre 1839 die Todesstrafe für Pferdediebstahl aufgehoben warde, machten in verschiedenen Theilen des Staates Manche ein wirkliches Geschäft daraus, und die Hinterwäldler sahen sich endlich zu ernsten Maßregeln gezwungen.

Die Gesetze vermochten nicht, sie auf ihren einzelnen, oft viele Meilen von einander entfernten Farmen zu schützen, die »Männer von Arkansas« traten daher zusammen und bildeten den Regulatorenbund, ergriffen, was ihnen verdächtig schien, peitschten die Gefangenen, bis sie ihre Vergehen gestanden und ihre Mitschuldigen nannten, und hängten oder erschossen die Missethäter, sobald das Verbrechen nur erst einmal hinlänglich bewiesen werden konnte.

Daß bei diesem willkürlichen Verfahren auch manches Unrecht geschah, läßt sich denken. Mehrere Male wurden sogar Unschuldige aus ihrer friedlichen Hütte geschleppt und gezüchtigt. Deren freies arkansisches Blut empörte sich dann natürlich gegen die unverdiente Mißhandlung, die sie nicht auf dem Wege der Gesetze, sondern durch eigene Kraft wieder zu rächen suchten und ihre Richter heimlich oder öffentlich niederschossen. Im allgemeinen erreichte aber doch dieses ernste Durchgreifen der Pioniere seinen Zweck, und als dem Lynchgesetz, wie die Regulatoren ihr Gerichtsverfahren nannten, erst an verschiedenen Orten des Staates mehrere Opfer gefallen waren, fingen die Pferdediebe an einzusehen, daß es in Amerika noch sicherere und wohnlichere Plätze für sie gäbe, als gerade Arkansas, und die meisten flüchteten nach Texas.

Meine Erzählung fällt nun in jene Zeit, wo das Unwesen seinen höchsten Grad erreicht hatte und Selbstschutz den Farmern und Jägern zur Nothwendigkeit wurde. Der größte Teil der Ereignisse ist auch keineswegs erdichtet, sondern hat sich, wenn auch auf verschiedenen Plätzen und in ausgedehnterem Zeitraum, wirklich zugetragen, besonders ist der Methodist eine geschichtliche Figur. Ich selbst war Zeuge mehrerer Scenen und schrieb einst an Ort und Stelle sechsundzwanzig Namen solcher Ehrenmänner nieder, die durch die Regulatoren und mit Hülfe des schwarzen »Hickorys« einem der aufgegriffenen Verdächtigen entlockt wurden.

So möge sich denn der freundliche Leser auf kurze Zeit mit mir zurückversetzen in die schönen Wälder jenes herrlichen Landstriches, und wenn er auch nicht gleich nach Durchsicht des Buches sattelt und aufsitzt und nach den fernen Regionen des Westens, wie die Hinterwäldler sagen, »Fährten macht« so hoffe ich doch, daß er, neben einigen weniger angenehmen Bekanntschaften, auch recht gute, liebe und herzige Leute kennen lernen wird, die ihn mit den Nacht- und Schattenseiten der Uebrigen aussöhnen mögen.

1. Der Leser macht die Bekanntschaft von vier würdigen Leuten und erfährt etwas Näheres über ihre Lebensverhältnisse

Dem freundlichen Mai waren die wilden Frühlingsstürme gewichen. Blumen und Blüthen drängten sich zwischen dem gelben Blätterlager hervor, das dicht den Boden bedeckte und nur hier und da von saftgrünen, lebensfrischen Grasflecken unterbrochen wurde. Aber Blüthe an Blüthe quoll auch aus den Zweigen der niederen Dogwoodbäume und Gewürzbüsche hervor; Blumen und Knospen hingen an den üppigen Lianengewinden, die sich von Baum zu Baum schlangen, nieder, verwandelten die Wildniß in einen Garten und erfüllten mit lieblichem Wohlgeruch den von riesigen Fichten-, Eichen- und Sassafrasbäumen überwölbten Waldesdom. Drängte sich die Sonne durch die dichtbelaubten Wipfel der gewaltigen Stämme, so ließ dieses Gewirr von Schlingpflanzen und Buschwerk kaum hier und da einen verstohlenen Strahl zur Erde nieder, und Dämmerung herrschte in diesem Theil der Niederung, während das Tagesgestirn schon hoch am Himmel glühte. Damit schienen übrigens die Gestalten, die sich hier am Fuß einer mächtigen Kiefer niedergelassen hatten, ganz einverstanden zu sein, denn der Eine von ihnen reckte die Glieder und sprach, zu dem grünen Laubdach über sich emporschauend:

»Ein herrlicher Platz das für vertrauliche Zusammenkünfte – ein ganz vorzüglicher Platz. Der Rohrbruch, nach dem Flusse hin, hält gewiß jeden vernünftigen Christenmenschen ab, seinen Weg in dieser Richtung einzuschlagen, und die Dornen und Greenbriars hier oben sind ebenfalls nicht so einladend, als daß sich Einer ganz nutzlos hineinwagen sollte – und nutzlos wär's, denn daß kein Wild mehr in der Nähe weilt, dafür, denk' ich, hätten wir gesorgt.«

Der Sprecher war, soweit es seine behagliche, auf dem Laub ausgestreckte Gestalt erkennen ließ, ein Mann von über sechs Fuß, mit muskulösem Körperbau und freien, offenen Zügen; die Augen hatten aber etwas unheimlich Wildes und flogen unstät von einem Ort zum andern, und sein ganzes Aeußere verrieth überhaupt einen hohen Grad von Nachlässigkeit. Der alte, zerstücke Filzhut war ihm vom Kopf gefallen, und das Haar stand struppig und ungekämmt empor; der borstige Bart schien eine Woche lang vernachlässigt zu sein, und ein sehr abgetragenes blauwollenes Jagdhemd, an dem einzelne einst gelb gewesene Franzen wild herabhingen, war mit alten wie neuen Blutflecken überdeckt. Diese wurden übrigens durch ein frisch abgestreiftes Hirschfell an seiner Seite erklärt. Ueberhaupt schien der Bursch den Wald zum Hauptaufenthalt zu haben. Die Büchse lag neben ihm am Boden; die Beine staken in vielfach ausgebesserten ledernen Leggins oder Gamaschen, und ein Paar Mokassins von Rindshaut vollendeten den keineswegs kleidsamen Anzug.

Sein Gefährte, der neben ihm, mit dem Rücken gegen den Baumstamm gelehnt, saß und mit einem langen Messer (in der Landessprache gewöhnlich »Arkansas-Zahnstocher« genannt) Holzspähne schnitzelte, unterschied sich etwas, und zwar zu seinem Vortheil, von dem rauhen Nachbar. Seine Kleidung war sauberer, sein ledernes Jagdhemd, das, wenn auch alt und viel gebraucht, doch mit besonderem Fleiß gearbeitet schien, etwas besser gehalten, als das des Ersteren, und sein ganzes Aussehen bewies, daß er eine bessere Erziehung erhalten, als der wilde Waldbewohner, oder doch wenigstens erst kürzlich aus dem elterlichen Haus gekommen sei. Das letztere wurde noch durch seine Jugend so viel wahrscheinlicher, da er kaum mehr als siebzehn Jahre zählen konnte.

Der Dritte war den beiden Beschriebenen total unähnlich, und was jene an Wildheit und Lebensmuth zu viel besaßen, schien dieser durch Sanftmuth und Leutseligkeit wieder ausgleichen zu wollen. Seiner Kleidung nach gehörte er der Klasse wohlhabener Farmer an. Der blaue, vom besten wollenen Stoff gefertigte Frack – die gewöhnliche Tracht der amerikanischen Landleute –, die saubere gelbe Weste, die sorgfältig geschwärzten Schuhe, der neue breiträndige Hut, Alles bewies, daß er etwas auf sein Aeußeres halte und, wenn auch in manchen anderen Stücken, doch keineswegs in jener Mißachtung jeder anständigen, reinlichen Kleidung mit der Gesellschaft, in der er sich gerade befand und zu der er offenbar zu gehören schien, harmoniere. Er lehnte, ein Bein über das andere geschlagen, an einer kleinen Eiche und sah sinnend zu dem Sprecher hinüber, der, nach der oben geäußerten Bemerkung, seinen Kopf wieder faul auf das die Wurzeln des Baumes bedeckende Moos zurücksinken ließ.

»Oder sorgt vielmehr jetzt noch dafür, Cotton,« fuhr er, mit etwas näselnder Stimme des Jägers Aeußerung beantwortend, fort; »wenn's auch nicht in Ordnung ist, daß Ihr selbst am heiligen Sabbath ohne dringende Noth umhergeht und die friedlichen Thiere des Waldes erlegt.«

»Oh geht zum Teufel mit Eurer Predigt, Rowson!« fuhr der Jäger halb ärgerlich, halb lachend auf, während der junge Bursch einen spöttischen Blick auf die ernsthafte Gestalt des Mahners warf – »spart die Moral, bis Ihr in die Ansiedlung kommt, und verschont uns hier mit dem Unsinn. – Wo aber nur Rusch stecken mag – verdammt will ich sein, wenn ich mir das erklären kann. Er versprach, mit Sonnenaufgang hier zu sein, und jetzt ist die Sonne bald drei Stunden hoch – die Pest in seinen Hals!«

»Ihr werdet ihn mit Eurem gotteslästerlichen Fluchen nicht herbeirufen,« erwiderte kopfschüttelnd der Andere – »aber,« fuhr er dann, etwas lebhafter werdend, fort, »auch mir dauert die Zeit zu lang'. Ich muß um zehn Uhr in der Betversammlung sein und habe noch sechs Meilen bis dahin zu reiten.«

»Die beiden Geschäfte scheinen sich bei Euch sehr gut zu vertragen!« lächelte verächtlich der Jäger. – »Predigen und Pferde stehlen – hm, paßt wirklich recht gut zusammen, kann auch recht gut neben einander bestehen, denn der ›Sabbath‹, wie Ihr ihn nennt, ist doch ein schlechter Tag für unser Geschäft. Aber laßt die Faxen hier im Wald, wo wir unter uns sind; 's ist – das Wenigste zu sagen – langweilig.«

»Nun, habt keine Angst, Ihr sollt nicht lange mehr damit belästigt werden,« lächelte der Farmer, während er mit Wohlbedacht eine Prise aus einer Muscheldose nahm. – »Doch seht,« fuhr er dann schneller und lebhafter fort – »Euer Hund spitzt die Ohren – er muß etwas wittern.«

Ein grau und schwarzgestreifter Schweißhund hatte sich, einige Schritte von den Männern entfernt, auf dem einzigen kleinen sonnigen Fleck zusammengeknäult, wo ein umgestürzter Baum in das dichte Laubdach eine Lücke gerissen. Vorsichtig windend hob dieser jetzt die Nase einen Augenblick in die Höhe, knurrte dann leise, wobei er einen schwachen Versuch machte, mit dem Schwanz zu wedeln, und fiel wieder in seine alte Lage zurück. Sein Herr, der ihn indessen aufmerksam beobachtet hatte, sprang mit zufriedenem Blick auf und rief:

»Nun endlich – Zeit ist's, daß er kommt. Deik kennt ihn auch gut genug, mag aber seinen warmen Fleck dort nicht verlassen. Hallo – da ist er schon! – Nun, Rusch, Ihr glaubt wohl, man hält sich hier der Annehmlichkeit wegen zwischen den Mosquitos und Holzböcken auf! Was, zum Henker, hat Euch abgehalten, zur rechten Zeit hier zu sein?«

Der Letztgekommene zeigte sich als ein Mann in mittleren Jahren und ging, wie der Farmer, anständig und reinlich gekleidet. Außerdem trug er aber, obgleich sonst gerade nicht jagdmäßig angezogen, eine Kugeltasche an der rechten Seite und eine lange gezogene Büchse auf der Schulter.

»Guten Morgen, Gentlemen,« wandte er sich jetzt an die ihn begrüßenden Männer, »guten Morgen, und seid nicht böse, daß Ihr habt auf mich warten müssen, aber – ich konnte nicht früher kommen. Der junge Laffe, der Brown, und der alte Harper, mit der verdammten Rothhaut, krochen mir im Weg herum, und ich wollte mich nicht gern nach dieser Richtung zu sehen lassen. Die guten Leute fangen mir überhaupt an zu gescheidt zu werden, und das schleichende Scalpirmesser schnüffelt in einem fort im Wald umher. Höll' und Teufel, warum dulden wir den Indianer eigentlich hier in der Nachbarschaft! – Ich habe fast so eine Ahnung, als ob die Kugel schon gegossen wäre, die ihm in seine Jagdgründe verhelfen mag.«

»Ich glaube selber, Rusch,« sagte Cotton, »daß das Stück Blei vortrefflich angewandt wäre.«

»Hört einmal, Cotton,« wandte sich der Neugekommene halb ärgerlich an den Jäger – »ich wollte, Ihr nenntet mich nicht immer bei dem verwünschten Namen. – Er fährt Euch einmal heraus, wenn es Fremde hören, und dann käm' ich in des Teufels Küche. – Sagt ›Johnson‹, wenn wir auch untereinander sind – Ihr gewöhnt Euch besser dran.«

»Nun meinetwegen,« lachte dieser – »mir auch recht, Rusch oder Johnson, dem Strick entgeht Ihr doch nicht, so wenig wie wir Anderen. Aber fidel wollen wir sein, so lange wir noch beisammen sind, und dann an's Geschäft, denn wir haben in den letzten vierzehn Tagen keinen Cent verdient. Es wird Zeit, daß wir wieder anfangen.«

Er hatte bei diesen Worten eine kleine Whiskyflasche aus seiner wollenen Decke herausgewickelt, drehte, während er lächelnd nach Rowson hinübernickte, den Stöpfel heraus und setzte sie dann mit einem sehr selbstzufriedenen »Prost« an die Lippen. Erst nachdem er sich in langem Zug Genüge geleistet, hielt er sie dem ihm am nächsten stehenden Rowson hin und rief:

»Da – stärkt Euch zu Eurer Predigt heute Morgen, Ihr werdet's brauchen können. Verdammt will ich sein, wenn ich nicht drei solche Flaschen im Leibe haben müßte, um ruhig zuhören zu können, und sogar dann würde ich noch die Bedingung stellen, daß ich eingeschlafen sein müßte, ehe Ihr angefangen hättet.«

»Danke,« sagte Rowson, den dargebotenen Trunk abweisend – »danke schön – ich möchte nicht gern heute Morgen nach Whisky riechen. – Gebt die Flasche an Johnson; der wirft ihr ohnedies schon sehnsüchtige Blicke zu.«

»Nichts besser als ein heißer Trunk am Morgen,« sagte der Neugekommene, indem er ohne weitere Umstände dem Jäger Bescheid that. – »Aber, Weston,« fuhr er dann, sich an den Jüngsten wendend, fort – »was habt Ihr denn, Ihr kratzt Euch ja, als ob Ihr wie eine Schlange die Haut abschälen wolltet; hat Euch ein Mosquito gestochen?«

»Einer?« fragte der junge Mann ärgerlich, indem er hinzutrat und die Flasche aus Johnson's Hand nahm – »Einer? Die Luft ist hier dick voll von ihnen, und es kommt mir fast so vor, als ob Harper Recht habe, der neulich behauptete, es wären so viele von den verwünschten, scharfgesichtigen Burschen hier, daß man bei Tisch, wenn man nur einmal mit dem Messer durch die Luft hiebe, den ganzen Teller voll Flügel und Beine hätte.«

»Hoho!« lachte Cotton, – »Ihr gewöhnt Euch schon daran; kommt da freilich gerade aus den Missouri-Bergen herunter, wo ich mir habe erzählen lassen, die Leute Nachts ohne Rauch im Freien schlafen könnten; hier möchte ihnen das schwer fallen.«

»Gentlemen, denken Sie daran, weshalb wir hier sind,« bemerkte Rowson jetzt etwas ungeduldig, »die Zeit vergeht und ich muß wahrhaftig fort. Ueberhaupt ist dies keineswegs ein so ungemein sicherer Platz, wenn Johnson wirklich den Indianer mit seinen Genossen hat in der Nähe herumkriechen sehen. Ich schlage also vor, daß wir ohne weitere Umstände an's Werk gehen und verabreden, was wir eigentlich verabreden wollten.«

»Brav gesprochen, großer Prophet!« rief Cotton, dem Redner dabei mit so kräftiger Faust auf die Schulter schlagend, daß dieser schmerzhaft das Gesicht verzog und dem Allzufreundlichen einen tückischen Seitenblick zuwarf, jedoch mit großer Selbstüberwindung seinen Ärger verbiß und, die Männer bedächtig im Kreis ansehend, fortfuhr:

»Wir haben, Dank den geschäftigen Schuften, die nicht allein in der Ansiedlung, sondern im ganzen County, ja im ganzen Staate umherstreifen und sich unter dem Namen ›Regulatoren‹ breit machen, mehrere Wochen lang brach gelegen und nicht einen Pfennig verdient. Gestern ist, wie Ihr Alle wißt, ein Botschafter von der Insel dagewesen, der einen Transport guter Pferde dringend fordert, die zu einem Landtransport oder was weiß ich verwandt werden sollen, und wir kleben hier und legen die Hände in den Schooß. – Das geht nicht länger – ich brauche Geld – wie Jeder von Euch, und mit Maisbau und Schweinezucht das durch Jahre lange Arbeit zu verdienen, was gewissermaßen auf dem Tischtuch vor uns liegt, wäre lächerlich; also zur That denn. Da ich durch den guten Ruf, den ich mir zu erwerben gewußt habe, obgleich ich doch eigentlich nur ein schwacher, sündhafter Mensch bin –«

»Höll' und Teufel, laßt den Unsinn!« rief Cotton, ärgerlich mit dem Fuß stampfend – »plappert Euren Gebetkram her, wenn Ihr bei Roberts seid, aber schenkt uns hier reinen Wein ein.«

»Da ich durch den guten Ruf, den ich mir zu erwerben gewußt,« wiederholte Rowson, eine besänftigende Geberde gegen Cotton machend – »auf vielen, sehr vielen Farmen Zutritt erhalten habe, so hat mir das natürlich Gelegenheit gegeben, den Vieh- und besonders den Pferdestand der Eigenthümer genau zu untersuchen. Meiner Meinung nach also gibt es für uns keine ergiebigere Gegend als Springcreek, an der anderen Seite vom Petite-Jeanne. Husfield dort hat herrliche Tiere, und ich bin fest überzeugt, daß wir von der einen Farm allein acht Pferde wegholen können, wobei ich noch zwei Tage Vorsprung garantiere.«

»Nicht so übel,« meinte Johnson, »aber bedenkt auch, daß uns das wieder fast fünfzig Meilen weiter vom Mississippi fortbringt.«

»Höchstens fünfunddreißig,« erwiderte Rowson, »und zwei Tage und zwei Nächte Vorsprung. Hier in der Gegend müssen wir gewärtig sein, daß sie uns noch in derselben Stunde auf der Fährte sind, und das ist denn doch, das Wenigste zu sagen, störend.«

»Wie wär's, wenn wir den Zug bis auf nächste Woche verschöben?« meinte Johnson, »ich hätte gern einen kleinen Abstecher an den Washita gemacht.«

»Keine Stunde,« rief Rowson – »wozu die Zeit versäumen, die wir bald so höchst nöthig brauchen werden.«

»Was, zum Henker, habt Ihr denn auf einmal für eine verwünschte Eile?« fragte Cotton verwundert, »Ihr laßt's ja doch sonst an Euch kommen.«

»Ich brauche Geld« sagte Rowson lakonisch – »mein Land ist vermessen, und wenn ich bis zum ersten Montag im Juni die volle Summe nicht einliefere, so kann es mir, wie Ihr Alle recht gut wißt, vor der Nase weggekauft werden. Außerdem leben hier in der Gegend einige so freundliche Seelen, die sich ein ganz besonderes Vergnügen daraus machen würden, mir den Gefallen zu thun. – Da ist unter Anderen dieser Mr. Harper – die Pest auf seinen Kopf –«

»Hahahaha, Rowson,« lachte Cotton, – »wenn Mrs. Roberts hörte, daß Ihr einem andern Christenmenschen die Pest auf den Schädel wünscht, ihre fromme Meinung von Euch würde einen bedeutenden Leck bekommen.«

»Spottet nur, Cotton, Ihr habt Euch das Recht dazu erworben – 's ist ja Euer täglich Brot – aber wenn ich nicht Wahrheit rede, daß hier Einige leben, denen ich selbst mit Wollust ein Messer – doch das gehört nicht hierher,« fuhr er, sich schnell fassend, fort – »sprecht Euch jetzt aus, wollt Ihr meinem Rath folgen, oder nicht? Wir können in acht Tagen à Person dreihundert Dollar verdienen, und das ist mehr, als sich auf ehrliche Art und Weise zu Stande bringen läßt.«

»Gut! mir ist's recht –« rief Cotton – »diesmal geht Ihr Beiden aber; wir Zwei, Weston und ich, haben das vorige Mal den Hals riskirt.«

»Ja, ja« stimmte Weston bei – »'s ist wahr – wir wären auch beinahe noch erwischt worden – diesmal ist die Reihe an uns, auszuruhen.«

»Oh halt! nicht so schnell,« unterbrach sie Johnson, »vorerst müssen wir über den Plan einig werden, und dann bitt' ich, daß die beiden Herren bedenken mögen, welche Last wir mit dem Verkauf hatten, und daß ich selbst bis jetzt noch nicht einmal von jedem Verdachte frei bin. Erst also der Plan – wie hattet Ihr's Euch gedacht, Rowson?«

»Nun seht,« erwiderte dieser, indem er ein breites Bowiemesser unter der Weste vorzog und damit zu schnitzeln anfing – »Zweie von uns – (mehr dürfen es auf keinen Fall sein, um nicht Verdacht zu erwecken, wenn sie zufälliger Weise gesehen werden sollten) – also Zweie von uns gehen mit ihren Büchsen – und jeder mit drei oder vier Zügeln, die er auf irgend eine Art an sich verbergen muß, von hier aus über Petite-Jeanne nach der Mühle am Springcreek zu. Die Zügel erwähn' ich deshalb, damit wir nicht wieder solchen Aerger beim Verkauf der Pferde haben, da das letzte Mal die scharfe Baumrinde den Thieren die Mäuler blutig gerissen hatte und die Seelenverkäufer auf der Insel am Preise mäkeln wollten. Von der Mühle aus ist's nicht mehr weit, ein paar Meilen höchstens, zu Husfields, und an der ersten Fenzecke angelangt, haltet Euch nur gleich links auf dem ersten Fußpfade hin, der scheinbar in den Wald wieder hineinläuft; er biegt aber nur deshalb aus, um ein paar umgestürzten Eichen Raum zu geben, nachher dreht er sich wieder der Farm zu und läuft gerade nach dem Pferdehofe hin, der auf der andern Seite mit dem Haus selbst in Verbindung steht.

Husfield hat etwa siebenundzwanzig Pferde, Alles gerechnet, mit Füllen und Hengsten, von denen er gewöhnlich acht füttert. – Die letzteren aber dürfen wir nicht berühren, er würde sie schon am nächsten Morgen vermissen und ist ein zu guter Waldmann, als daß er uns nicht auf der Fährte bleiben sollte. Die übrigen weiden, unter der Führung eines jungen, dreijährigen Hengstes, draußen im Freien.«

»Er darf ja im Frühjahr keinen Hengst frei herumlaufen lassen,« unterbrach ihn Johnson.

»Ich weiß wohl,« fuhr Rowson fort – »er thut's aber doch. Jetzt wenigstens, dessen bin ich sicher, ist der Hengst noch draußen und kommt jeden Abend regelmäßig an die Fenz der Umzäunung – nach ein paar Stuten, denen er, auswendig herumtrabend, wiehernd seine Liebeserklärung macht, und kehrt dann wieder in den Wald, nach seinem gewöhnlichen Schlafplatz, zurück. Ihm folgt der ganze Trupp, und das ist der Zeitpunkt, sich der besten zu bemächtigen, denn die Bewohner des Hauses achten nicht viel auf die Thiere. Ich bin zweimal dort eingekehrt, um dessen auch gewiß zu sein.«

»Wenn man die Stuten aus der Umzäunung nehmen könnte,« meinte Weston schmunzelnd, »dann hätte man nachher die ganze Herde und könnte so schnell reiten, wie die Thiere laufen wollten.«

»Ja, und hätte am nächsten Morgen etwa zehn oder zwölf von den Schuften, mit Büchsen und ellenlangen Messern, auf einer Fährte hinter uns her, der ein Blinder mit dem Stock folgen könnte,« rief Rowson dagegen. – »Nein, sicher müssen wir gehen, denn wir wollen nicht allein nicht erwischt sein, sondern auch jeden Verdacht vermeiden, und das können wir nur dadurch bezwecken, daß wir die Sache so vorsichtig wie möglich anfangen. An der Mühle dürfen Die, welche die Pferde entführen sollen, sich ebenfalls nicht blicken lassen. Am besten ist's, man geht gleich da, wo die Straße den Springcreek berührt, hindurch, an's andere Ufer, was zufällig des Weges Kommende zu der irrigen Meinung veranlassen wird, die Reiter hätten hinüber nach Dardanella gewollt. An der Ecke der Fenz, eben da, wo sich der Weg links abzieht, ist noch dazu ungemein steiniger Boden, und eine Fährte, über den Weg zurück, kann kaum bemerkt werden. Was nachher zu thun ist, wenn man sich erst einmal an Ort und Stelle befindet, brauch' ich Euch nicht weiter zu sagen, das wißt Ihr gut genug.«

»Wer geht aber?« brummte Cotton unwillig, »Ihr gebt uns so gute Lehren, als ob Ihr selbst gar nicht mit zur Partie gehörtet. – Wir haben's das letzte Mal riskiert, es ist nicht mehr als recht und billig, daß jetzt zwei Andere ihren Hals dransetzen.«

»Noch dazu, da Ihr so sehr gut dort in der Gegend bekannt seid,« warf Weston ein. »Andere, die alle jene beschriebenen Pfade erst suchen müssen, würden sehr viel Zeit dabei verlieren.«

»Wahr – wahr, in vielen Stücken,« meinte Rowson lächelnd, »aber, junger Mann, Johnson und ich haben, wie schon gesagt, das letzte Mal fast mehr Angst und Gefahr ausgestanden als Ihr Beiden, die Ihr blos die Pferde abholtet. Doch es sei – ich biete mich zu Einem der ›Abholenden‹ an, bestimmt Ihr den Andern; doch nur unter der Bedingung, daß ich blos verpflichtet bin, die Entführten bis an die Mamelle zu schaffen, das heißt bis auf den Bergrücken, der die Wasser der Mamella vom Fourche la fave trennt. Dort an den Quellen des Creeks wollen wir zusammentreffen, und von da an mögen die anderen Beiden die Pferde nach der Insel befördern.«

»Dann wär's das Beste, daß Ihr und Johnson den ersten Theil übernähmt; Weston und ich wollen sie dann schon in Sicherheit bringen.«

»Halt da« – rief Johnson – »dem schurkischen Husfield gehe ich nicht freiwillig auf's Land – Ihr wißt vielleicht nicht, daß wir vor vierzehn Tagen einen Streit mit einander hatten, in dem ich – das verdammte Pistol schnappte und der Schuft schlug mich nieder. – Ich bin der Canaille dafür etwas schuldig« – fuhr er zähneknirschend fort – »möchte das aber nicht auf seinem eigenen Grund und Boden abmachen, das spräche nachher vor Gericht gegen mich. – Nein, laßt lieber das Loos bestimmen, wer gehen soll; wir können ja Grashalme ziehen.«

»Ach was, Grashalme,« brummte Cotton – »die Jagd soll entscheiden. – Wir wollen morgen früh alle Vier – oder vielmehr mir Drei, da Rowson diesmal Freiwilliger ist, nach verschiedenen Revieren aufbrechen, und kommen hier den Dienstag Morgen wieder zusammen. Wer morgen die meisten Hirsche schießt, oder überhaupt die beste Jagd macht, ist frei.«

»Einverstanden!« rief Rowson, »das ist ein guter Einfall, da geh' ich auch mit, und wenn es nur des Spaßes halber wäre.«

»Meinetwegen,« sagte Johnson, »wir sind Alle gute Jäger und das Glück mag entscheiden, wer von uns diesseit oder jenseit der Mamelle Pferdefleisch zu befördern bekommt; also morgen früh. Wir müssen aber auch eine Gegend bestimmen, daß wir einander nicht in die Schußlinie laufen. Ich meines Theils will den Fluß ein Stück Weges hinauf gehen und in der Niederung jagen.«

»Da kommt Ihr mir in mein Revier,« sagte Weston – »ich muß dort hinauf, denn ich habe mein Lager noch, mit Decke, Kochgeschirr und zwei Hirschhäuten, da oben.«

»Gut – dann gehe ich hinüber an den Petite-Jeanne; Jones von drüben sagte mir gestern, er hätte Unmassen von Fährten gesehen.«

»Und ich gehe ebenfalls nach der Gegend zu,« sagte Rowson, »werde aber nicht den ganzen Tag jagen können, weil ich der Mrs. Laughlin versprochen habe, gegen Abend hinüber zu kommen und Betstunde zu halten.«

»Und wo thust Du indessen Deine Büchse hin?« lachte Johnson.

»Ih nun, zu Fulweals denk' ich. Dort ist ja auch Cotton's Schwester, und wenn ich Abends nach Hause reite, nehme ich sie wieder mit.«

»Rowson, Rowson,« rief Cotton, lachend mit dem Finger drohend – »mit der Witwe Fulweal ist mir die Sache nicht so ganz richtig. Ihr kriecht und schwänzelt in der Gegend herum, und wie ich neulich einmal so unverhofft zu Eurer Betversammlung kam, da knietet Ihr Beide mir sehr verdächtig nahe zusammen.«

»Unsinn!« sagte Rowson, schien aber doch ein wenig verlegen zu werden und wandte sich jetzt schnell an Weston, dem er zurief: »Apropos, junger Mann, die beiden Felle, die Ihr schon im Lager habt, zählen nicht mit.«

»Oh bewahre,« erwiderte dieser, »ehrliches Spiel – morgen früh, wenn es hell genug wird, das Korn auf der Büchse zu erkennen, geht die Jagd an.«

»Jetzt ist's aber Zeit aufzubrechen,« sagte Rowson, die Hände in die Tasche schiebend – »also, Gentlemen, auf ein fröhliches Wiedersehen!«

»Halt! noch Eins,« rief ihm Cotton zu, als er sich schon nach der Richtung hin, wo er an der Außenseite des Dickichts sein Pferd angebunden hatte, entfernen wollte, – »wir dürfen nicht auseinander gehen, ehe wir nicht einen festen Entschluß gefaßt haben, wie wir uns verhalten wollen, falls – die vermaledeiten Regulatoren uns auf die Spur kämen. Hölle und Gift, ging's nach mir, so lebte morgen Abend um diese Zeit keiner von den Schuften mehr.«

Rowson kehrte wieder um und blieb, an den Nägeln kauend, neben Cotton stehen. – »Ich hätte bald vergessen, Euch eine Nachricht mitzutheilen,« sagte er dann nach einer kleinen Pause, indem er einen Seitenblick auf seinen stämmigen Nachbar warf, »da Cotton aber gerade von den Regulatoren anfängt, fällt mir's wieder ein.«

»Und was ist das?« fragte Johnson eifrig.

»Nichts mehr und nichts weniger, als daß der Sheriff von Pulasky County einen Verhaftsbefehl für unsern guten Cotton in der Tasche trägt.«

»Der Teufel!« fuhr dieser auf, »und weshalb?«

»Oh – ich weiß nicht, ob gerade irgend etwas Besonderes erwähnt ist, es waren aber so verschiedene Sachen. Ich hörte etwas von einer Fünfzig-Dollar-Note munkeln, und von einem Heirathsversprechen in Randolph County, und von einem Menschen, den man eine Zeit lang vermißt habe, und dessen Leichnam dann später aufgefunden sei, und so mehrere Kleinigkeiten.«

»Die Pest!« rief mit dem Fuß stampfend der Jäger – »und das hättet Ihr beinahe vergessen? mich ganz arglos in die Ansiedlung hineintraben lassen? Ja, es wird Zeit, daß ich mich hier fortmache – Arkansas möchte mir ein wenig zu warm werden, oder ich bekomme vielmehr zu viele Bekannte hier.«

»Habt wohl eine recht ausgebreitete Bekanntschaft?« schmunzelte Rowson.

»Sehr,« sagte – die Frage halb überhörend – nachdenkend der Jäger. »Aber was thut's,« fuhr er dann plötzlich, sich hoch aufrichtend, fort, »was thut's – in wenigen Tagen ist unser Geschäft beendet, und mit dem Geld kann ich bis an den Mississippi und von da aus bequem nach Texas kommen.«

»Warum geht Ihr nicht lieber von hier zu Land? Da kostet's Euch keinen Cent und ist nicht den zehnten Theil so weit.«

»Wohl recht, ich habe aber meine Gründe, den nördlich lebenden Indianern nicht so besonders nahe zu kommen.«

»Alle Wetter, Cotton, erzählt uns die Geschichte,« bat Weston, »ich habe schon so viel davon reden hören und möchte gar zu gern wissen, wie das Alles zusammenhängt; was hattet Ihr mit den Cherokesen?«

»Jetzt wär' die Zeit dazu, eine Geschichte zu erzählen,« brummte der Gefragte.

»Man soll an Euren Armen,« lächelte Rowson, »noch die Spuren von eisernen –«

»Geht zum Teufel mit Eurem Kindergeschwätz – wir haben jetzt mehr zu thun. Nicht allein auf mich ist's gemünzt, sondern auf Euch Alle. Die Regulatoren haben durch irgend einen Schuft Wind bekommen und uns Alle auf dem Korn!«

»Mich nicht,« lächelte Rowson – »in dem frommen gottesfürchtigen Methodistenprediger sucht Keiner den Wolf.«

»Keiner?« lächelte Cotton ihn höhnisch an, »Keiner? was sagte doch neulich Heathcott, als er Euch einen Lügner und Schurken nannte?«

Rowson's Antlitz entfärbte sich und Todtenblässe vertrieb die frühere Röthe; seine Hand fuhr krampfhaft nach dem verborgenen Messer.

»Was für Beschuldigungen brachte er da zum Vorschein?« flüsterte der Jäger leise weiter, dem vor Wuth und Ingrimm Erbebenden einen Schritt näher tretend, »he? kam da nicht auch das Wort Seelenverkäufer mit vor? Und Ihr ließet Euch das Alles ruhig gefallen? – Pfui! ich schämte mich damals in Eure eigene Seele hinein –«

»Cotton,« sagte Rowson, sich gewaltsam sammelnd, »Ihr habt die rechte Saite berührt – der Mensch ist uns gefährlich. Er hat nicht allein eine Ahnung, wer ich bin, sondern er ließ auch neulich einzelne verdächtige Worte über Atkins fallen.«

»Was, Atkins? – der noch nie die Hand in einem Diebstahl gehabt hat und nur ruhig auf seiner Farm uns unterstützt?«

»Eben der Atkins. Weiß der Teufel, wie der Schuft darauf kommt, nach dieser Seite hin zu winden, wahr ist's aber, und daß ich damals den Lügner und Schurken hinnahm, hatte seine wohlweislichen Gründe. Wäre ich als Prediger aufgefahren und hätte ihm den Schuft zurückgegeben –«

»So hätt' er Euch zu Boden geschlagen,« lachte Cotton.

»So hätte das mir und meinem sonstigen gottesfürchtigen Wandel einen gewaltigen Stoß gegeben,« fuhr Rowson, ohne sich irre machen zu lassen, fort.

»Ja wohl Stoß,« sagte Cotton, »an den Schädel oder zwischen die Augen.«

»Laßt das Necken, zum Teufel,« fuhr jetzt Johnson auf – »wir sind doch nicht hier, um Eure Narrenspossen mit anzuhören. Rowson hatte ganz Recht; wenn er einmal predigt, so muß er sich auch wie ein Prediger betragen –«

»Und Pferde stehlen –« lachte der unverbesserliche Cotton.

»Wollt Ihr jetzt ernsthaft die ernste Sache betreiben oder nicht? – sagt's, denn ich habe Euer Gewäsch satt,« rie Rowson ärgerlich – »wir sind hierher gekommen, um zu einem gemeinsamen Plan gemeinsam zu wirken, und nicht, um uns zu entzweien. – Mir ist noch mehr bekannt – die Regulatoren werden heute oder morgen hier zusammenkommen.«

»Hier? wo?« frugen Alle schnell.

»Bei Roberts oder Wilkins, oder sonst Jemandem, was weiß ich – aber daß sie kommen, ist sicher – und dann – haben sie im Sinn, das allbeliebte Lynchgesetz wieder in Aufnahme zu bringen.«

»Das dürfen sie nicht!« rief Cotton, »die Gesetze sind erst kürzlich deswegen verschärft.«

»Was dürfen sie hier in Arkansas nicht,« lächelte Rowson, »wenn zwanzig oder fünfundzwanzig zusammentreten und ernsthaft wollen. Glaubt Ihr, der Gouverneur ließe Soldaten gegen sie anrücken? Nein, wahrhaftig nicht – und wenn er's thäte, hülfe ihm das eben so wenig. Sie dürfen Alles, was sie nur ordentlich wollen, und sie wollen unser Geschlecht (ich rede nicht von unseren stillen, freundlichen Familienkreisen), unser Geschlecht, sag' ich, ausrotten, auf daß ihre Pferde Abends vollzählig nach Hause kommen, und sie den Leuten nicht mehr aufzupassen brauchen, die unter der Weste ein Bowiemesser, ein Paar Pistolen und einen leichten Trensenzaum tragen.«

»Im Grunde genommen kann ich ihnen das auch eigentlich nicht so sehr verdenken,« lächelte Johnson – »da es sich aber keineswegs mit den Ansichten verträgt, die wir selbst vom Leben haben – was hat das Thier da? es hebt schon seit ein paar Minuten die Nase so sonderbar in die Höhe – sollte sich etwas nahen?«

»Nein, es ist nichts,« sagte Cotton, den Hund von der Seite ansehend, der sich jetzt wieder ruhig zusammenknäulte – »er bekam vielleicht Witterung von einem Truthahn, und den zeigt er wohl an, folgt ihm aber nicht.«

»Da sich dies also nicht mit unseren Ansichten verträgt, so müssen wir mit Gewalt oder List dagegen wirken. – Zur Gewalt sind wir zu schwach, denn gälte es Ernst, so würden uns nur Wenige beistehen, also muß uns List retten, und ich denke, daß wir mit Atkins' Hülfe, der auf keiner besseren Stelle wohnen könnte, sie Alle noch bei der Nase herumführen und wenn sie diesen dummstolzen Heathcott auch zum Anführer haben –«

»Heathcott ihr Anführer?« fuhr Rowson schnell auf.

»Ja! so sagte mir Harper wenigstens neulich, als ich ihn an der Mühle traf.«

»Dies müssen die letzten Pferde sein, die wir hier aus der Nachbarschaft holen,« murmelte Rowson sinnend vor sich hin, »'s ist doch zu gefährlich. – Die nächsten, denk' ich, beziehen wir aus Missouri; Weston macht da den Führer, und ich selbst bin am Big Black und um Farmington herum gut bekannt.«

»Auch gekannt?« frug Cotton.

»Ja gewiß,« entgegnete Jener, ohne den boshaften Sinn dieser Worte verstehen zu wollen –»auch gekannt, und die Leute haben mich dort Alle meines gottesfürchtigen Wandels wegen liebgewonnen.«

»Die Pferde auch,« lachte Weston, »als er von da fortging, folgten ihm drei der guten Thierchen aus purer Anhänglichkeit.«

Diesmal stimmte Rowson in das Gelächter, das dieser Bemerkung folgte, mit ein, war aber auch gleich darauf wieder ernsthaft und rief laut:

»Gentlemen, das geht nicht länger – bedenken Sie, daß unser Hals auf dem Spiele steht; es hat Alles seine Zeit, Possen und Ernst – hören Sie also jetzt meinen Plan. Ich habe mir die Sache anders überlegt; wir wollen die Pferde nicht in gerader Richtung nach der Insel schaffen, es wäre doch möglich, daß sie trotz aller Schlauheit von unserer Seite auf der Spur blieben, und nachher brächten wir nicht allein uns, sondern auch die Flußleute in Gefahr; wartet daher oberhalb Hoswells' Canoe – etwa eine halbe Meile weiter oben, da wo der Hurrikane anfängt, auf mich. Von dort aus habe ich einen Plan, wie wir die Verfolger herrlich an der Nase herumführen und selbst sicher fort können. Ich will sie nämlich auf eine falsche Fährte bringen, und das kann nur am Flusse geschehen. Doch davon später, zuerst müssen wir sehen, wer sich morgen frei jagt, und mit Einem von denen will ich dann Abrede nehmen.«

»Wenn sie uns nun aber zu Atkins folgen und damit unsern letzten Zufluchtsort entdecken?« frug Cotton mißtrauisch.

»Wir brauchen vielleicht gar nicht zu Atkins zu gehen,« rief lachend Rowson, »ich habe lange genug im Walde gelebt, um ein paar kläffende Hunde von der Fährte zu bringen. Bereinigt Euch nur jetzt darüber, wer noch mit mir gehen soll; Ihr Anderen seid dann richtig an dem bezeichneten Platze, und mein Name soll nicht Rowson sein, wenn ich mein Wort nicht löse.«

»Das ist ein gewaltiger Schwur!« lachte Cotton, – »in wenigen Wochen gäbt Ihr vielleicht Gott weiß was darum – wenn Euer Name nicht Rowson wäre. Nun, ich habe wenigstens den Trost, daß ich nicht mehr riskire, als ihr Alle. Jetzt aber noch den Schwur, einander in Noth und Tod nicht zu verrathen. – Ein Schuft, wer nur mit einem Blick, nur mit einem Athemzug falsch ist, und die Rache der Anderen treffe ihn, wo er sich auch hinflüchten mag, und sei's in den Armen seiner Mutter.«

»Blutigen Tod dem, der zum Verräther wird,« rief Weston, das breite Messer aus der Scheide reißend, »und möge sein Arm und seine Zunge verdorren und sein Auge erblinden!«

»Das ist ein Kraftschwur,« sagte Johnson – »ich stimme aber mit ein!«

»Auch ich,« sprach Rowson, »doch hoff' ich, der Schwur wird nicht nöthig sein, uns eng und fest zu verbinden; der eigene Nutzen thut es bis jetzt, und der hält stärker als Schwur und Bürgschaft. Sollte sich das freilich einmal ändern, dann will ich wünschen, daß ich – in Texas wäre!«

»Ihr werdet doch nicht glauben, daß Einer von uns niederträchtig genug sein könnte, die Freunde zu verrathen?« fiel Weston, hitzig ein, »schon der Gedanke wäre Verrath und Treubruch an unserer Freundschaft.«

»Gut, gut, ich will's glauben, daß Ihr's es aufrichtig meint, Weston,« sagte Rowson, ihm die Hand reichend, »Ihr seid aber noch jung, sehr jung, und wißt gar nicht, in welche Lagen ein Mensch kommen kann.«

»Die Tortur selbst sollte mir keine Antwort auspressen, die –«

»Es freut mich, daß Ihr so denkt, doch jetzt good bye, Gentlemen – adieu, Johnson – wo treffen wir uns denn morgen früh zur Jagd?«

»Da, wo Setter's Creek aus den Hügeln kommt; es stehen dort auf einer kleinen Erhöhung eine Menge Wallnußbäume zusammen –«

»Ich kenne den Platz.«

»Gut, dort also – bis dahin gute Geschäfte. – Macht's den armen Leuten nur nicht gar zu rührend –«

»Und der Wittwe,« rief ihm Cotton nach – Rowson hörte aber nicht weiter darauf, sondern verschwand bald in dem den kleinen lichten Fleck eng umschließenden Dickicht, dessen Zweige sich wieder hinter ihm zusammenbogen.

Cotton sah ihm eine lange Weile schweigend nach, endlich schulterte er, ohne ein Wort weiter zu sagen, die Büchse und wollte sich ebenfalls entfernen.

»Ihr traut Rowson nicht recht?« frug Johnson jetzt, ihn scharf betrachtend.

Cotton blieb noch einmal stehen, blickte wenige Secunden lang forschend in das Auge des Fragenden und sagte dann derb und entschieden:

»Nein! – aufrichtig geantwortet, nein! Das schleichende Wesen, das selbst bei den gröbsten Beleidigungen freundliche Gesicht kann kein Vertrauen erwecken. Gift und Tod, der Bursche haßt Heathcott wie die Sünde – halt – das Gleichniß war nicht gut gewählt – wie die Tugend, wäre hier besser am Platz, und doch sah ich, wie sich die Beiden wieder versöhnten; d.h. Rowson ging zu Heathcott hinan, schüttelte ihm die Hand und versicherte ihm, daß er weiter keinen Groll gegen ihn hege. Lebendig will ich mich in Stücke hacken lassen, wenn mir das möglich gewesen wäre. Mein Messer, aber nicht meine Hand hätte der Hund zu fühlen bekommen. Doch meinetwegen, es gilt hierbei seinen eigenen Nutzen, und da glaub' ich, daß er treu ist; auf keinen Fall brächt' es ihm Vortheil, uns zu verrathen, denn noch ist kein Preis auf meinen Kopf gesetzt. Hahaha, denken die Tintenlecker, den Cotton im Walde zu fangen? Das möchte schwer halten und könnte wahrhaftig auch nur durch Verrath geschehen.«

»Ihr denkt zu schlimm von Rowson,« beruhigte ihn Johnson, »er hat natürlich seine Fehler, nun die haben wir ja Alle, sonst ist er aber treu, und ich bin fest überzeugt, die Regulatoren könnten ihn schinden, ehe sie ihm einen Namen seiner Freunde über die Lippen preßten.«

»Ja – dann müßte aber erst noch bewiesen werden, daß ich zu denen gehörte,« lachte Cotton. – »Doch ade, Johnson – Ihr meint's gut, das weiß ich, und auf Euch kann man auch einmal im Nothfall rechnen – gehabt Euch wohl. Uebermorgen früh finden wir uns hier wieder zusammen, und haben wir erst einmal ein paar hundert Dollars in den Taschen, dann lebt sich's auch schon besser und sicherer. Es gibt Manche hier unter den Ansiedlern, die jetzt das Maul auf eine entsetzliche Art aufreißen und über Diebstahl und Sünde schreien, denen doch mit einer einzigen Fünf-Dollar-Note die Lippen zusammengeheftet werden könnten, daß sie sich nur noch zum freundlichsten Lächeln wieder öffneten. – Doch die Zeit drängt – auf baldiges und frohes Wiedersehen.«

Die Männer trennten sich jetzt, Cotton und Weston gingen zusammen dem Ufer des Flusses zu, Johnson aber wandte sich in gerader nördlicher Richtung durch die Büsche, überschritt die ausgehauene County-Straße und verschwand in den steilen, kieferbedeckten Hügeln.

Der Versammlungsort der »Pferdehändler,« wie sie sich selbst nannten, lag nun ruhig und verlassen in Sabbathstille da. – Wohl eine Viertelstunde wurde diese auch durch nichts unterbrochen, als durch das einfache Schirpen des Eichhorns und das muntere Geschrei des Hehers, als sich die Büsche wiederum, ohne jedoch das geringste Geräusch zu verursachen, theilten und die dunkle Gestalt eines Indianers den kaum verlassenen Platz betrat.

Vorsichtig horchte er nach allen Seiten hin, ehe er den lichten Fleck überschritt – gerade wie ein Hirsch, der, aus dem Waldesdunkel tretend, einen Pfad zu kreuzen im Begriff ist, fast stets stehen bleibt und zuerst rechts und links hinüberblickt, ob ihm keine Gefahr drohe – und glitt dann lautlosen Schrittes, die Augen auf den Boden geheftet, darüber hin. Plötzlich aber, und sehr wahrscheinlich durch die vielen Fußstapfen aufmerksam gemacht, blieb er stehen und überschaute spähend den engen Raum. Besonders genau betrachtete er den Platz, wo der Hund gelegen hatte, und umging dann in weiterem Kreise die kleine Lichtung, als ob er die Spuren zählen wolle, die von hier fortführten.

Er war eine kräftig schöne Gestalt, dieser rothe Sohn des Landes, und das dünne buntfarbige baumwollene Jagdhemd, das seinen Oberkörper bedeckte, konnte, an vielen Stellen von Dornen zerrissen, nicht ganz die breiten Schultern und sehnigen Arme verhüllen, die darunter hervorschauten. Dieses wurde um den Leib durch einen ledernen Gürtel zusammengehalten, der zugleich einen kleinen scharfen Tomahawk und, nach der Sitte der Weißen, ein breites Messer trug. Seine Beine staken in dunkelgefärbten ledernen Leggins, mit dem wohl zwei Zoll breiten Saum nach außen, und um den Hals trug er eine große silberne Platte, schildartig ausgeschnitten, auf der sehr einfach, aber nicht ungeschickt ein Rennthier graviert war. Sonst hatte er keinen Schmuck an sich, und selbst die Kugeltasche, die an seiner rechten Seite hing, war aller Glasperlen und bunten Lederstreifen bar, mit denen die Eingeborenen sonst so gern ihre Jagdgerätschaften schmücken. Der Kopf war ebenfalls unbedeckt, und die langen schwarzen, glänzenden Haare hingen ihm in Streifen an den Schläfen bis auf die Schultern hinunter. Seine Büchse war eine der gewöhnlichen langen amerikanischen Reifel.1

Mehrere Minuten lang hatte er seine Untersuchung fortgesetzt, dann richtete er sich hoch auf, strich die vorgefallenen Haare aus der Stirn, warf noch einen prüfenden Blick umher und verschwand auf der entgegengesetzten Seite von da, wo er den Platz zuerst betreten hatte, im Dickicht.

Fußnoten

1Rifle von rifled, »gezogen«.

2. Mehrere neue Personen erscheinen auf dem Schauplatz. Wunderbares Jagdabenteuer des »kleinen Mannes«.

Auf der County-Straße zogen an demselben Morgen, und kaum fünfhundert Schritt von dem im vorigen Capitel beschriebenen Dickicht, zwei Reiter hin, die augenscheinlich der besseren Farmerklasse des Landes angehörten. So sehr sie übrigens in ihrem ganzen Wesen und Aussehen von einander abstachen, so sehr schienen sie dagegen im Uebrigen zu harmonieren, denn sie unterhielten sich auf das Beste mitsammen. Der junge schlanke Mann, auf einem braunen feurigen Pony, das sich nur mit augenscheinlichem Unwillen und oft versuchter Widersetzlichkeit dem langsamen Schritt fügte, in den es sein Herr zurückzügelte, lachte wenigstens oft und laut über die Späße und Bemerkungen, die ihm sein kleiner wohlbeleibter Gefährte zum Besten gab.

Dieser war ein Mann etwa in den Vierzigen, mit sehr vollem und sehr rothem Gesicht und dem freundlichsten, gemüthlichsten Ausdruck in den Zügen, der sich nur möglicher Weise in eines Menschen Gesicht hineindenken läßt. Seine runde, stattliche Gestalt entsprach dabei seiner Physiognomie auf eine höchst liebenswürdige Weise, und die kleinen lebhaften grauen Augen blitzten so fröhlich und gut gelaunt in die Welt hinein, als hätten sie in einem fort sagen wollen: »Ich bin ungemein fidel, und wenn ich noch fideler wäre, wär's gar nicht zum Aushalten.« Er war von Kopf bis zu Füßen, die schwarzen und spiegelblank gewichsten Schuhe ausgenommen, in schneeweißes Baumwollenzeug gekleidet. Die kleine baumwollene Jacke aber, die er trug, hätte er um alle Schätze der Welt nicht mehr vorn zuknöpfen können, so war sie entweder in der Wäsche eingelaufen oder, was wahrscheinlicher, so hatte sich sein runder Leib ausgebreitet und »verburgemeistert«, wie er es selbst gern nannte. Ein hellgelber Strohhut beschattete sein Gesicht, und ein hellgelbes dünnes Halstuch hielt seinen offenen Hemdkragen vorn zusammen, zwischen dem ein Theil der breiten, sonnverbrannten Brust sichtbar wurde. Nicht ohne etwas Stolz oder wenigstens Eitelkeit zu verrathen, lugte dabei der Zipfel eines brennend rothen Taschentuches aus der rechten Beinkleidertasche, die wohl geräumig genug gewesen wäre, ein halbes Dutzend derselben zu verbergen.

Sein Begleiter war ein junger, stattlicher Mann mit freiem, offenem Blick und dunklen, feurigen Augen. Seine Tracht ähnelte der der übrigen Farmer im Westen Amerikas und bestand aus einem blauwollenen Frack, eben solchen Beinkleidern und einer schwarzgestreiften, aus demselben Stoff verfertigten Weste. Den Kopf bedeckte ein schwarzer, ziemlich abgetragener Filzhut, und in der Hand hielt er eine schwere lederne Reitpeitsche. Schuhe trug er jedoch nicht, sondern nach der indianischen Sitte sauber, aber einfach gearbeitete Mokassins, und dies sowohl wie der nicht unruhige, aber fortwährend umherschweifende und auf Alles achtende Blick verrieth den Jäger. Uebrigens führte er keine Büchse bei sich, so wenig wie sein Begleiter.

»Ein verfluchter Kerl, mein Bruder,« lachte der Kleine, in irgend einer begonnenen Erzählung fortfahrend – »und eine Wuth hatte er, alte Sachen zu kaufen, rein zum Rasendwerden! Wie ich vorigen Herbst in Cincinnati war, klagte mir seine Frau ihre Noth: das ganze Haus stand voll alter Möbel und Hausgeräthe und Kochgeschirre, von dem sie nicht den zehnten Theil gebrauchen konnte, und alle Abende lief trotzdem der Sappermenter noch auf den Auctionen herum, um Alles, was nur irgend billig war, aufzukaufen. Was er einmal hatte, sah er nachher nicht wieder an. Da gab ich denn meiner Schwägerin den Rath, sie solle einen Theil des Plunders heimlich auf eben diese Auktionen schaffen lassen, um es nur los zu werden, das Geld könne sie nachher hinlegen und später einmal etwas Nützliches dafür anschaffen. Der Plan war gut, ich bestellte einen Karrenführer, besorgte, als mein Bruder Nachmittags im Geschäft war, die ganze Bescherung selber hinunter nach Frontstreet, und ehe es dunkel wurde, war alles aus dem Haus. Meiner Schwägerin fiel ein Stein vom Herzen, und als ihr Mann Abends halb zehn Uhr, zu seiner gewöhnlichen Stunde, höchst aufgeräumt heimkam, machte sie uns noch einen capitalen Punsch. – Apropos, Bill, Punsch müssen wir uns einmal hier brauen, das verwünschte Volk in dieser Gegend gehört fast sämmtlich zum Mäßigkeitsverein. Also – wo war ich doch stehen geblieben, ja, beim Punsch. Bei dem Punsch blieben wir bis elf Uhr zusammen sitzen, und mein Bruder erzählte eine Schnurre nach der andern; konnte merkwürdige Schnurren erzählen, mein Bruder! Ich fragte ihn ein paar Mal, weshalb er so lustig sei, er wollte aber nicht mit der Sprache heraus; geht am nächsten Morgen wieder um sechs Uhr fort, und denke Dir, was bringt er auf drei Wagen nach Haus? den ganzen Plunder, den ich am Abend vorher fortgeschafft hatte. Kein Stück fehlte, und dabei prahlte er, was er für einen unmenschlich guten Handel gemacht hätte.«

»Nicht übel, Onkel,« lächelte der junge Mann, ihm einen schnellen Seitenblick zuwerfend, »vortrefflich sogar – wenn es wahr wäre.«

»Ei Du Sapperments-Junge, hab' ich Dir schon jemals etwas vorgelogen? Nie! Wenn ich Dir übrigens künftig eine Tatsache erzähle, so brauchst Du nicht zu feixen und das Maul von einem Ohr zum andern zu ziehen; hörst Du, Musjö?«

»Aber, bester Onkel, Sie müssen mir das nicht so übel nehmen. Wenn Sie anfangen, freu' ich mich immer schon auf's Ende, denn gewöhnlich ist etwas Komisches dabei – und da mag ich dann wohl manchmal ein wenig zu früh lachen –«

»Komisches? da hör' Einer den Laffen an. Ich erzähle nie komische Geschichten – hast Du schon je eine komische Geschichte von mir gehört? Ernst war das Berichtete, bitterer, trauriger Ernst; mein Bruder wird sich auch noch mit der verdammten Leidenschaft zu Grunde richten – er muß sich ruinieren.«

»Ihr Bruder soll doch aber ein sehr gewandter Geschäftsmann sein, und wenn er in dieser Hinsicht auch eine freilich etwas sonderbare Liebhaberei hat, so bringt er das sicherlich auf andere Art zehnfach wieder ein.«

»Gewandter Geschäftsmann? Gott segne Dich, Junge – es giebt keinen pfiffigeren Kaufmann, als mein Bruder ist; nur zu pfiffig manchmal, nur zu pfiffig! – Ich weiß die Zeit noch recht gut, wo wir zusammen in Kentucky jagten, und wie er die Krämer immer über's Ohr hieb mit alten Opossum-Fellen, denen er Waschbärenschwänze annähte und sie nachher für Schuppenfelle verkaufte. Manches Quart Whisky haben wir auf die Art zusammen vertrunken. – Aber einen Streich muß ich Dir doch erzählen, den er mir einmal am Cane-See spielte. Wir ruderten zusammen in einem alten Canoe auf dem See herum, theils um Fische zu harpunieren, theils um Hirsche zu schießen, die des kühlen Tranks wegen an den Wasserrand kamen. Es war merkwürdig heiß und die Sonne brannte auf eine sträfliche Art; um's mir daher bequemer zu machen, wollt' ich mein Jagdhemd ausziehen. Wie ich aber mein Pulverhorn vorher abnehme (ein capitales hörnernes Pulverhorn mit luftdichtem Stöpsel), bleib' ich mit dem Finger in der Schnur hängen, und wie der Blitz rutscht's über Bord und hinunter in's Wasser.

Da saß ich. Der See war klar wie Krystall, und obgleich er etwa fünfzehn Fuß tief sein mochte, so konnt' ich das Horn unten so deutlich liegen sehen, als ob ich's mit den Händen zu ergreifen vermöchte. George war nun immer ein merkwürdiger Springer, Läufer und auch Schwimmer und Taucher gewesen; als er daher meine Verlegenheit bemerkte, erbot er sich unterzutauchen und sprang auch ohne weitere Umstände über Bord. Pulver war damals in der Gegend unmenschlich theuer und überdies schwer zu bekommen. Als er auf den Grund und in den weichen Schlamm kam, wurde das Wasser ein wenig trübe, und er mußte einen Augenblick warten, bis es wieder klar wurde. Ich zog indessen mein Jagdhemd aus und setzte mich darauf; wie er mir aber doch endlich zu lange da unten blieb und ich ein wenig ängstlich über Bord hinuntersah – was meinst Du, was er da machte – heh?«

»Ja, ich weiß wahrhaftig nicht, was Einer in solcher Lage anders machen könnte, als den Versuch, so schnell als möglich wieder an die Oberfläche zu kommen.«

»Fehlgeschlagen!« rief der Alte und hielt in der Erregung des Augenblicks, wie von der Erinnerung überwältigt, sein Pony einen Augenblick an, »fehlgeschossen! – Unten stand er – ruhig, als wenn er sich auf ebener Erde befände, und bog sich vorn über, daß ich nicht sehen sollte, was er machte, ich sah's aber gut genug. – Der Spitzbube ließ mein Pulver heimlich in sein eigenes Horn laufen, und wie er nachher wieder heraufkam, war mein Horn halb leer. – Nun, Du brauchst nicht zu lachen, als ob Du vom Pferde fallen wolltest. – Das ist am Ende auch nicht wahr? – Hat Dir Dein alter Onkel schon jemals eine Lüge erzählt? – heh?«

»Nein, Onkel Ben, seien Sie nicht böse, ich glaube jede Silbe; aber – ha – sehen Sie das Rothe dort? – da drüben – hinter der umgestürzten Fichte hin – gerade dort zwischen dem Maulbeerbaum und der Eiche hindurch?«

»Wo denn? ach da – ja, das ist ein Hirsch fischer genug; wenn Assowaum mit seiner Büchse hier wäre, könnt' er ihn bequem schießen; hinter den Bäumen hin ließ er Einen sicher bis auf fünfzig, sechzig Schritt herankommen.«

»Wo nur Assowaum überhaupt bleibt?« sagte der junge Mann jetzt, sich etwas ungeduldig im Sattel aufrichtend und auf die Straße zurückschauend, als ob er dort die Gestalt des Indianers zu sehen erwartete; »er schlich auf einmal in den Wald hinein, und ich glaubte, er sähe ein Stück Wild, weiß aber der liebe Gott, was ihn wieder abgeführt hat. – Welch' herrlichen Schuß er von hier aus hätte,« fuhr er jetzt mit etwas unterdrückter Stimme fort, »ich wollte, ich hätte meine Büchse mitgenommen.«

»Roberts würden Dich schön bewillkommt haben, wenn Du ihnen am Sabbath mit dem Schießeisen gekommen wärst; will's die Frau doch nicht einmal von dem Indianer leiden, und dem – aber hol' mich Dieser und Jener – das Ding ist ordentlich zahm – es muß uns gar nicht hören.«

Die beiden Männer waren indessen, die Straße ruhig hinaufreitend, dem Hirsch sehr nahe gekommen. Dieser stand in einer der unzähligen Salzlecken, die sich an beiden Ufern des Fourche la fave, besonders reichhaltig aber am nördlichen finden, und schien keine Ahnung von einer nahenden Gefahr zu haben. Einmal hob er zwar den Kopf, das mochte aber mehr sein, um Athem zu schöpfen, als weil er irgend etwas Außergewöhnliches fürchtete. Die Männer sahen nämlich, daß er in einem tiefen, in dem Lehmufer des kleinen Baches befindlichen Loch geleckt hatte, das durch häufigen Gebrauch von Pferden, Kühen, insbesondere aber Hirschen, ausgehöhlt worden. Wenige Secunden blieb er in dieser Stellung und peitschte, den Rücken unseren beiden Freunden zugewandt, mehrere Male mit dem Wedel die ihn umschwärmenden Fliegen fort, dann aber bog er sich wieder nieder, um auf's neue den Salzgeschmack des fetten Erdbodens zu genießen. Er hatte erst frisch aufgesetzt. Das kaum vier Zoll lange Gehörn hinderte ihn deshalb nicht sehr in der Verfolgung seines Zweckes, so daß er bald darauf den Kopf, ihn seitwärts herumbiegend, wieder in die Höhlung hineinschob, um mit der langen Zunge die salzigsten Theile aus dem Innern herauszuholen.

»Wo nur der Indianer stecken mag, Bill!« sagte jetzt Harper leise und mit schlecht verhehlter Jagdlust; »ich glaube, man könnte sich bis auf fünf Schritt an das dumme Ding heranschleichen, es merkt' es nicht. – Ach, Bill, wie ich jung war da hättest Du mich sollen schleichen sehen, ich bin einmal, –«

»Wenn Sie sich hinter der Hickorywurzel hielten, Onkel, ich glaube, es ginge,« flüsterte ihm lächelnd der junge Mann zu.

»Unsinn, Junge! Glaubst Du, ich will mit meinen alten Knochen Sonntags im Walde herumkriechen, unschuldiges Viehzeug erschrecken? ich denke nicht dran.« – Trotz der abweisenden Worte war Harper aber doch vom Pferde gestiegen, das geduldig und regungslos stehen blieb, und auf den Zehen schlich jetzt der kleine dicke, weißgekleidete Mann mit immer röther werdendem Gesicht, die Wurzel eines umgestürzten Baumen zwischen sich und dem Wild haltend, auf dasselbe zu. Augenscheinlich nur in der Absicht, seinen Spaß an den gewaltigen Sätzen des Thieres zu haben, wenn dieses ihn endlich, und so ganz in der Nähe, wittern würde. Dieses schien ihn aber nicht zu wittern, da er gerade gegen den Wind stand, denn wieder hob er den Kopf, streckte sich einen Augenblick und begann seine leckere Mahlzeit auf's Neue.