Die Rhetorik-Matrix - Georg Nagler - E-Book

Die Rhetorik-Matrix E-Book

Georg Nagler

0,0
25,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Neue Erkenntnisse der Psychologie und der Neurowissenschaften als Ergänzung der klassischen Rhetoriklehre Das Buch verfolgt einen neuen Ansatz für versiertes Reden auf der Grundlage moderner Verhaltensökonomie und Neurobiologie. Die Lektüre verbessert die Einsicht in die eigenen Denkmechanismen. Neue Erkenntnisse über die Arbeitsweise unseres Gehirns helfen, Reden besser zu meistern und mit manipulativer Rhetorik souveräner umzugehen. Der Band führt klassische Rhetorik und neurolinguale Methoden zu einer ganzheitlichen Rhetorik-Matrix zusammen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Georg Nagler

Die Rhetorik-Matrix

Erfolgreich reden mit neurolingualer Intervention

A. Francke Verlag Tübingen

 

 

© 2019 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen www.francke.de • [email protected]

 

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

E-Book-Produktion: pagina GmbH, Tübingen

 

ePub-ISBN 978-3-8463-5025-6

Inhalt

VorwortGrundlagenI. Einleitung: Wozu reden in Zeiten von WhatsApp und Twitter?II. Strukturen unseres Denkens1. Zwei Sinnes- und Aktionssysteme2. Zwei Regelkreise3. Drei wichtige Instrumente der neurolingualen Intervention4. Rhetorik für „Econs“ (Vernunftmenschen) oder „Humans“ (Alltagsmenschen)?III. Der Hörer ist das Ziel: Was ein Redner bei seinen Hörern voraussetzen kann – und wie er an sie herankommt1. Die Interaktion Redner – Hörer2. Kommunikation als Transaktion3. Auf dem Weg zur neurolingualen Intervention (NLI)VorbereitungIV. Die richtige Strategie für eine Rede = die richtige Vorbereitung einer Rede1. Vier Schritte für die Vorbereitung einer Rede2. Die kluge Vorbereitung – sammeln, prüfen und sortierenV. Der Redeaufbau – die richtige Gliederung für den richtigen Redetyp1. Die Gelegenheitsrede – nutzen Sie die Gelegenheit!2. Die Sachrede/das Referat: Information geht vor rhetorischen Spielchen3. Die Überzeugungsrede – die Königin der Reden4. Der Diskussionsbeitrag5. Der richtige Gliederungstyp für die individuelle RedeStrategien der ArgumentationVI. Vom Standpunkt des Redners zur Überzeugung des Zuhörers1. Reden, um zu überzeugen2. Reden mit Gefühl – mental-emotionale Hörerführung3. Wahrscheinlichkeit und Plausibilität schlägt WahrheitVII. Die Argumentation und ihre unterschiedlichen Wirkungsniveaus1. Zwingende oder logische Argumente2. Argumente mit hohem Überzeugungswert3. Plausible Argumente: 11 klassische Argumente der Antike4. Manipulative Argumente oder reine Scheinargumente5. Destruktive Argumentationsführung6. Der ArgumentationsaufbauVIII. Der sprachliche Inhalt der Rede1. Allgemeines: Aktiver Wortschatz und rhetorische Stilmittel2. Besondere rhetorische Stilmittel und Instrumente3. Die rhetorischen Stilmittel im Einzelnen4. Die rhetorische Optimierung der Einleitung5. Der Schluss – ein unvergessliches FinaleIX. Die rhetorische Gestaltung des HauptteilsHaltenX. Der richtige Auftritt – innerlich und äußerlich1. Der richtige psychische Tonus oder: Spannung tut dem Redner gut!2. Die Redeschwäche oder der „innere Schweinehund“3. Das Lampenfieber – der rhetorische KolbenfresserXI. Die Körpersprache – ganzheitlich erfolgreich als Körperredner1. Erkenntnisse der Psychologie – Erfahrungen der Rhetorik2. Die wichtigsten Elemente des Codes der Körpersprache3. Das richtige ÄußereXII. Sprechen – aber richtig1. Die physiologischen Grundlagen2. Wesentliche Empfehlungen für den verbesserten Einsatz von Sprache und StimmeXIII. Welcher Rednertyp sind Sie?XIV. Resümee: Auf dem Weg zu einem neuen wissenschaftlichen Verständnis der angewandten RhetorikLiteraturverzeichnis

Ich widme dieses Buch meiner Frau Kerstin

in Liebe

und

Dankbarkeit für viele – auch rhetorische – Einsichten

Vorwort

Gute und erfolgreiche Rhetorik: Seit Jahrtausenden wissen Redner, Zuhörer und die Rhetorik als Wissenschaft um die enorme Bedeutung des überzeugenden Redens. Eine erfolgreiche Rede kann sowohl an der Hochschule, etwa in einem Seminar, als auch im Berufsleben, etwa bei einer Projektpräsentation, entscheidende Vorteile bringen. Gute Redner sammeln daneben viele Pluspunkte im gesellschaftlichen Leben. Erfolgreichen Rednern wird viel Vertrauen gerade in ihre charakterlichen Eigenschaften und ihre Führungsfähigkeiten entgegengebracht. Dabei bieten sich dem Redner in unserer Zeit umwälzender wissenschaftlicher Erkenntnisse neue Chancen, aber auch enorme Herausforderungen. Immer deutlicher zeigt sich, dass neben der klassischen Rhetorik auch die neuen Ergebnisse neurolingualer Forschung eine wichtige Rolle für Erwerb und Anwendung rhetorischen Könnens spielen. Wer sie nicht verinnerlicht, wird das anspruchsvolle Ziel eines erfolgreichen Redners künftig kaum mehr erreichen können.

Die Rhetorik durchlebt in den letzten 20 Jahren eine tiefgreifende Revolution. Was früher als sogenannte klassische Rhetorik für Jahrhunderte galt und auch heute noch weitgehend an den Universitäten gelehrt wird, steht aktuell auf dem Prüfstand. Ausgangspunkt dieser Umwälzung sind die modernen Forschungsergebnisse der messenden, analytischen Psychologie. Sie führen zu neuen, sehr plausiblen Modellen dafür, welche psychologischen Prinzipien in vielen Kommunikationssituationen auf die Adressaten wirken. Denken Sie nur an das sogenannte Neuro-Marketing, die Psychometrie oder die modernen Aussagen der Verhaltensökonomie. Es gibt zunehmend neue wissenschaftliche Erkenntnisse auch dazu, wann ein Zuhörer bei vielen Rednern und Reden schlichtweg seine Aufmerksamkeit abschaltet oder gelangweilt weghört – aber bei anderen gebannt zuhört und sich zu dem ver-führen lässt, was dieser Redner beabsichtigt. Für viele Studierende, aber auch Praktiker in allen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft stellt sich daher eine zentrale Frage: Sind die Regeln der klassischen Rhetorik heute noch ausreichend, um eine gute Rede zu schreiben, ein guter Redner zu werden? Oder kann ich auch moderne Ansätze für meine eigene Redepraxis nutzen?

Die klassischen Leitlinien und Lehrmeinungen von 2500 Jahren rhetorischer Wissenschaft können heute wirkungspsychologisch unterlegt werden. Die Ziele der Kommunikation bleiben zwar an sich unverändert: Es geht darum, im wissenschaftlichen Disput argumentativ die Oberhand zu behalten, den Zuhörer zu einer politischen Entscheidung in einer Wahl zu motivieren oder ihn zu einem Kauf oder einer zentralen Meinungseinstellung zu bringen. Aber was als rhetorische Strategie oder als Wirkmechanismus schon lange bekannt war, das kann nunmehr mit den sogenannten Urteils- und Kognitionsheuristiken psychologisch sehr genau analysiert und beschrieben werden.

Bislang glaubte man, es sei für eine Rhetorik-Ausbildung ausreichend, wenn man auf der Grundlage der klassischen Rhetorik eine Selbstanalyse des Redners durchführen und dann das Wesentliche an rhetorischer Wirkung durch Üben der einzelnen Teilbereiche verbessern würde. Wichtig war es dabei, den Verstand des Einzelnen als Ausgangspunkt und Zielwert im Auge zu behalten: Was logisch und vernünftig war, das sollte im logisch-vernünftigen Vortrag unter Verwendung der rhetorischen Stilmittel verbal und nonverbal an den Adressaten weitervermittelt werden. Wer etwa an der Universität im akademischen Disput unter Verwendung korrekter Argumentation überzeugender wirkte, der sollte logischerweise der erfolgreichere Redner sein (s. dazu beispielhaft den Bericht zum Münchner Debattier-Club der Universität „Ein Leben für Argumente“, SZ vom 23.10.2017, S. R 6).

Donald Trump steht (aktuell) an der Spitze einer neuen – zwar total „unkorrekten“, aber dennoch enorm wirkmächtigen – Rhetorik-Strategie: Sprich nicht an, was logisch und vernünftig ist! Sprich an, wovon du subjektiv eigentlich überzeugt bist, auch wenn es nicht logisch und nicht objektiv vernünftig ist. Und weil es sehr viele gibt, die das Gleiche tun (nicht nur in den USA , sondern auch in Europa), wirst du dann erfolgreich sein, wenn du bei den Hörern ihre tief im Unterbewusstsein verankerten und daher schon unbewusst wirkmächtigen subjektiven Überzeugungen adressierst. Verstärke diese emotional verankerten Einstellungen gezielt und so auch deinen Standpunkt, zumindest wenn du ihn der relativen Mehrheit deiner Sympathisanten vermitteln willst. Praktiziere das in einem Ausmaß, dass gerade diese Klientel sich vom Redner bestärkt fühlt und ihn deswegen umso mehr unterstützt.

Diese Rhetorik-Trends zeigen etwas Revolutionäres: Der Schlüssel zum neuen Verständnis der Rhetorik liegt nicht im bewussten Verstand – er liegt im Unterbewusstsein! Die Neuroökonomiker um Daniel Kahneman und die Neurobiologen um David Eagleman haben eine tiefgreifende Erkenntnis herausgearbeitet: Eigentlich alles, wovon wir glauben, bewusst überzeugt zu sein, ist weit überwiegend ein Produkt unserer unbewussten Voreinstellungen und Vorbewertungen. Nicht nur bei den klassischen sogenannten optischen Täuschungen, sondern auch bei den argumentativen und rhetorischen Überzeugungen und Äußerungen bestimmt im Wesentlichen das, was der Mensch in vielen Jahren gelernt und im Unbewussten abgespeichert hat, sein Denken und Reden. Und zwar so umfassend, dass alles, was er letztlich bewusst als richtige Wahrheit auszusprechen glaubt, überwiegend vom Unterbewusstsein voreingestellt wurde. Selbst wenn der Mensch abstrakt zu denken glaubt, mit klarem Verstand und völlig unbeeinflusst – in den meisten Fällen gibt hier das unbewusste Denken mit abgespeicherten Beispielen, Bildern und Emotionen die Denkweise vor.

Wie findet der Mensch etwa die Beispiele für die Argumente und die Thesen, die er in einer abstrakten Erörterung anführt? Die klassische Rhetorik glaubt, dass der Redner nur eine vernünftige Argumentationsstrategie entwickeln müsse, dann füge sich alles automatisch ein. Dieses Credo dominiert auch heute noch weithin die Hörsäle. Aus der Sicht der Neuroökonomie ist es genau umgekehrt: Demnach werden die Beispiele und ihre Argumente im Unterbewusstsein aufbereitet. Diese vorfabrizierten Gedankengänge beeinflussen bereits messbar die Thesen sowie die Rede- beziehungsweise Antwortstrategie des Redners oder Diskutanten. In vielen Fällen gibt daher das Unterbewusstsein dem bewussten Reden Lösungstendenz und Argumentationsform vor – selbst wenn der Redner felsenfest davon überzeugt ist, aus vollem Bewusstsein heraus zu reden.

So stellt das neue Verständnis der Rhetorik die Prinzipien der klassischen Rhetorik teilweise auf den Kopf. Die provokante These, mit der wir uns in diesem Buch intensiv beschäftigen, lautet: Es kann nicht darum gehen, in erster Linie das Bewusstsein zu überzeugen. Wer den Zugang zu den unbewussten, lange vor der Rede abgespeicherten Bildern, Beispielen, Erfahrungen, Gedankenrahmen oder Denkmechanismen findet, der wirkt automatisch auch für das Bewusstsein überzeugend. Was als plausibel für das Unterbewusstsein und die dort neurobiologisch und neuroökonomisch abgespeicherten Denkweisen gilt, das findet das Bewusstsein plausibel. Und es geht sogar noch weiter: Es hält manches für wahr, obwohl man den Gegenbeweis führen könnte (wenn man Zeit hätte). Wir werden sehen, dass es für das Denken nicht nur optische Täuschungen gibt, sondern auch massive kognitive Irrtümer.

Damit stellt sich die Frage neu, wie Manipulationen in der Rhetorik funktionieren und wie man ihnen entgegentritt. Es geht darum, die nunmehr erforschten psychoneuronalen Mechanismen aufzudecken, vor allem um manipulative Rhetorik zu erkennen und ihr auf Augenhöhe zu begegnen. Eines steht fest: Die neuen Arbeits- und Forschungsergebnisse der Neurobiologie und Neuroökonomie müssen in die Rhetorik ganzheitlich einfließen – nur so kann etwa die Wirkweise von rhetorischen Stilmitteln für das menschliche Denken im Zusammenspiel von unbewusstem „Vordenken“ und bewusstem „Nachdenken“ erklärt werden. Und je besser wir ihre Wirkung verstehen, desto gezielter können wir sie anwenden. Dadurch wird freilich der Grat zwischen Überzeugen und Manipulieren schmaler denn je. Dieser Gefahr wirkt man aber nicht entgegen, indem man sie verschweigt: Hier etwas vorschnell auszuklammern, weil es möglicherweise missbraucht werden könnte, das wäre schlicht unwissenschaftlich. Und es würde letztlich die neuen Erkenntnisse einer modernen neurolingualen Sichtweise auf die Rhetorik mit Denkverboten belegen, die sehr gefährlich wären. Die wissenschaftliche Kommunikation ist damit ganzheitlich herausgefordert.

Die aktuelle Problemstellung für die Rhetorik ist eindeutig: Fake-Rhetorik ist ein Fakt – man sollte daher die modernen Denkweisen und auch Techniken analysieren und adressieren, mit denen sie arbeitet. Das „Fake-Potenzial“ und den rhetorischen Umgang damit zeigen etwa die Beispiele von Donald Trump und anderen Zeitgenossen, die ich im Folgenden bei einzelnen Punkten eingearbeitet habe.

Dabei erleben wir aktuell ein Paradoxon: Zum einen können die Wirkprinzipien und damit die Grundsätze des erfolgreichen Redens und Argumentierens wissenschaftlich beschrieben werden; sie können damit viel leichter verstanden und erlernt werden. Man hat zum anderen aber das Gefühl, dass sich viele Menschen in Zeiten der „ein-Satz-Kommunikation“ von Twitter und WhatsApp zunehmend von der Option verabschieden, erfolgreich durch gutes Reden zu sein. Man lernt etwa lieber, Emojis am Smartphone zu bedienen als Emotionen wirkungsvoll auszusprechen. Und die Redakteure von Talkshows gestehen unumwunden zu, dass etwa die Zahl präsentabler Gäste, die eine Gesprächsrunde mit sprachlich fundierten Beiträgen bereichern und beleben können, sehr überschaubar ist.

Dieses Buch will die althergebrachten Prinzipien der Rhetorik mit den neuen Einsichten der Psychologie und der sogenannten Verhaltensökonomie verbinden. Wir können heute besser denn je verstehen und beschreiben, wie und warum gutes Reden „tickt und funktioniert“. Und daraus können wir ableiten, was zu einer guten Praxis als Redner gehört, und wie man gutes Reden lernen und praktizieren kann. Das ist für einen zeitgemäßen Dialog der Wissenschaften relevant, angefangen bei den erfahrenen Dozenten bis hin zum Erstsemester, aber auch in allen anderen beruflichen und gesellschaftlichen Bereichen. An dieser Stelle möchte ich mich für die hervorragende Unterstützung bedanken, die ich durch meine Lektorin Frau Dr. Valeska Lembke und das Team des Verlages erhalten habe.

Wer ein guter Redner ist, der kann alle sprachlichen Herausforderungen besser beherrschen, sei es die angesprochene sogenannte ein-Satz-Kommunikation, die berühmt-berüchtigte Milieusprache oder das Reden im Dialekt. Rhetorik ist daher generationen- und schichtenübergreifend wichtig, und sie steht jedem offen, der bereit ist, sich mit ihr zu beschäftigen und ihre Möglichkeiten zu entdecken. Die digitale Revolution zeigt: In der Welt des 21. Jahrhunderts ist richtiges und gutes Reden wichtiger denn je. Nur dann, wenn der Auftritt, die Präsentation, das Gespräch oder die Rede glaubwürdig, authentisch und professionell vorgebracht wird, bürgt das für Erfolg. Auch im Internet und der digitalisierten Welt gilt diese Binsenweisheit stärker als je zuvor: Jeder kann online leicht Millionen von Menschen weltweit ansprechen – die Herausforderung besteht darin, sie tatsächlich zu erreichen. Wir alle wissen, dass wir im richtigen Reden und wirkungsvollen Überzeugen geschult sein sollten, um erfolgreich im Beruf, an den Hochschulen und in der Gesellschaft zu sein – doch wie viele lassen sich wirklich darauf ein?

Ich lade Sie zu einer Reise in die moderne Rhetorik ein. Wir werden viele Einzelelemente kennenlernen, von nonverbaler Körpersprache bis hin zu den Kniffen, mit denen Fake-Rhetorik bedenklich wirksam argumentiert und funktioniert. Vieles fügt sich so zu einer hocheffektiven, komplexen Rhetorik-Matrix ineinander. Diese nur zu verstehen, wird dabei nicht ausreichen: Lernen Sie, die Rhetorik-Matrix selbst anzuwenden. Viele erfolgreiche Persönlichkeiten machen es uns vor – von Steve Jobs bis Mark Zuckerberg:

 

Schweigen ist nicht einmal mehr Silber! Gute rhetorische Kommunikation ist Gold!

Grundlagen

I.Einleitung: Wozu reden in Zeiten von WhatsApp und Twitter?

Die Nachfrage nach gutem Reden und guten Rednern ist heute konstant hoch. Gute Kommunikation spielt in einer als zunehmend komplizierter empfundenen sozialen und technischen Umwelt sowohl in Wirtschaft, Gesellschaft und natürlich auch Politik eine unveränderte große Rolle. Durchaus seriöse Schätzungen gehen alleine bei den sogenannten „Keynote-speaker“-Reden in Deutschland von einem Marktvolumen in Höhe von 400 Millionen Euro aus – pro Jahr! (Vgl. www.keynotespeakers.eu unter Bezugnahme auf den bekannten Redner, Autor und Trainer Hermann Scherer.) Ich muss gestehen: Wäre ich nicht Professor, könnte ich wohl auch als Rhetorik-Trainer meinen Lebensunterhalt durchaus passabel verdienen. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass viele Studierende ihre Chance auf rhetorische Ausbildung an der Hochschule nicht nutzen. Einige durchaus repräsentative Erfahrungsdaten von meinen bisherigen Hochschulen belegen, dass die Rhetorik als Lerndisziplin von vielen so lange unterschätzt wird, bis sie selbst in der Erfolgsfalle sitzen, eine Rede halten zu müssen: Obwohl fast alle Hochschulen Rhetorik-Seminare anbieten, liegt der Anteil der Studierenden, die ein solches Seminar belegen, bei maximal 5 bis 8 Prozent eines Studienjahrgangs. Das heißt, dass sich über 90 Prozent potenzieller künftiger Führungskräfte und Politiker, Manager und Forscher, aber auch Lehrer, Sozialarbeiter, Journalisten und Marketingfachleute während ihrer zentralen akademischen Ausbildung an der Hochschule nicht mit diesem Thema vertieft beschäftigen (wollen), vom Rest der deutschen, ach so hochentwickelten Zivilgesellschaft ganz zu schweigen.

Erfahrungsgemäß stellen sich im Berufsleben dann für viele der „Nicht-Rhetoriker“ die typischen Notlagen ein, in denen sie spüren, gerade in einer Redesituation weit unter den persönlichen Selbsterwartungen zu bleiben. Bereits bei Studierenden sind rednerische Defizite für jeden Prüfer ein Anlass, in Zweifelsfällen kritischer zu bewerten; dies sehen die meisten akkreditierten Prüfungsordnungen durchweg vor. Im beruflichen und gesellschaftlichen Alltag trennt sich nicht selten bei der Berufung zu Führungs- und Verantwortungspositionen die Spreu vom Weizen, wenn es darum geht, ob ein Kandidat gut reden, auftreten und präsentieren kann. In vielen Segmenten in Handel und Industrie bleibt das Kundengespräch der zentrale Point of Sale, egal ob für das Dax-Unternehmen oder den Existenzgründer. Und wer als Klassenlehrer einen Elternabend unbeschadet überstehen will, wird dankbar auf sein rhetorisches Rüstzeug zurückgreifen.

Beispiele: Wo ist gutes Reden heute notwendig?

Personalführung

Mitarbeiter motivieren: für neue Projekte begeistern – Krisensituationen meistern

Mitarbeiter integrieren, lenken und auch das Controlling gewährleisten

Mit Mitarbeitern verhandeln: von der Gehaltsverhandlung über die Abmahnung bis zur Betriebsvereinbarung und den Tarifvertrag

Als Mitarbeiter verhandeln, einen Redebeitrag bei einer Projektdiskussion einbringen, sich bei einer Betriebsversammlung positiv durch einen Diskussionsbeitrag präsentieren

Wissenschaftliche Tätigkeiten

Erfolgreich präsentieren: von der Keynote Speech eines Professors bis zum Referat eines Bachelorstudenten

Gut und wirkungsvoll argumentieren im wissenschaftlichen Seminar, einem Planspiel oder einer Fallstudie

Motivieren – in vielen Situationen hängt der nächste Pitch für ein wissenschaftliches Projekt von der exzellenten Vorstellung eines Projektes ab

Marketing

Überzeugen im Kundengespräch: gezielt und interessenkonform informieren, den Kunden geschickt überzeugen, unmittelbar zur Kaufentscheidung motivieren

Öffentlichkeitsarbeit

Statements zu Firmendaten und Unternehmensereignissen sowie Innovationen

Krisenmanagement

Podiumsdiskussionen und Interviews

Gesellschaftsleben

Feiern im „circle of life“: Taufe, Geburtstag (von eins bis zum hohen „runden“), Konfirmation/ Erstkommunion, Hochzeit, Todesfälle

Anlässe im „circle of the year“: Weihnachtsfeiern, Mutter- und Vatertag, Jahreswechsel

Veranstaltungen im Vereinsleben: Jahreshauptversammlungen, Vereinsjubiläen, Festreden

Gutes Reden ist ein unverzichtbares Instrument für das moderne Management, die Politik, die Wissenschaft und das Gesellschaftsleben

Gleichwohl: Die Rhetorik als „Kunst gut zu reden“ (lat. ars bene dicendi) halten viele Zeitgenossen auch und gerade im deutschsprachigen Raum nach wie vor für sehr verdächtig, seitdem auch zwei Titanen der deutschen Geisteswissenschaft sie als eher minderwertig eingestuft haben: Immanuel Kant und Johann Wolfgang von Goethe. So schimpft etwa Kant: „Rednerkunst ist, als Kunst sich der Schwächen der Menschen zu seinen Absichten zu bedienen (diese mögen immer so gut gemeint, oder auch wirklich gut sein, als sie wollen) gar keiner Achtung würdig“ (Kant, Kritik der Urteilskraft, 1790). Und Goethe äußert sich in „Maximen und Reflexionen“ (Nr. 1251) vergleichbar abschätzig: „Die Redekunst ist angewiesen auf alle Vorteile der Poesie, auf alle ihre Rechte; sie bemächtigt sich derselben und missbraucht sie, um gewisse äußere, sittliche oder unsittliche, augenblickliche Vorteile im bürgerlichen Leben zu erreichen“ (vgl. Schlüter, Grundkurs, S. 9f., eingehend Kramer, Goethe und die Rhetorik). Der fürchterliche Missbrauch, den die Rhetorik im Nationalsozialismus in Deutschland und vielen anderen totalitären Staatssystemen des 20. Jahrhunderts erlitten hat, lieferte einen weiteren Beitrag dazu, sie zu diskreditieren. So muss man sich auch nicht wundern, dass die Redekunst in den Lehrplänen der deutschen Schulen seit Generationen ein Schattendasein führt.

Dies ändert aber nichts an der objektiven Notwendigkeit der Rhetorik für die Kommunikation einer modernen Gesellschaft in allen Bereichen. Ein guter Beleg sind die Manöverkritiken zum Medienverhalten der beiden Kanzlerkandidaten im Bundestagswahlkampf 2017 in Deutschland (vgl. SZ vom 4.9.2017, „Duell versemmelt“). Auch die Schlammschlachten in den sozialen Medien während des Wahlkampfs zum österreichischen Nationalparlament 2017 zeigen, wie wichtig rhetorische Analysen und eine gute rhetorische Praxis wären. Es gibt aber offensichtlich noch vieles, was richtigzustellen ist. Der fundamentale Irrtum, dem etwa Kant erlag, war auf sein damaliges Unvermögen zurückzuführen, die Rhetorik als wissenschaftlich fundiertes Instrumentarium überhaupt begreifen zu können (vgl. zu den Nachweisen Plett, Systematische Rhetorik, S. 248ff.). Die moderne Psychologie, die sogenannte Verhaltensökonomie und die Neurobiologie haben mit ihren Erkenntnissen dazu beigetragen, dass unser Verständnis von Rhetorik komplett neu zu bewerten ist. Dies gilt für die Performance von Reden in allen Medien, vom klassischen Podium bis hin zum selbstproduzierten Redebeitrag in Youtube (vgl. dazu die wirklich sehenswerten Beiträge des ehemaligen kalifornischen Gouverneurs Arnold Schwarzenegger gegen Präsident Donald Trump, z.B. Message on Charlottesville violence).

II.Strukturen unseres Denkens

Bevor wir uns der Rhetorik zuwenden, sind einige zentrale Ausführungen zu den neuen psychologischen und neurobiologischen Erkenntnissen über die Wirkmechanismen unseres Gehirns vorauszuschicken. Vieles von dem, was in den letzten Jahrzehnten im Kommunikationsprozess psychologisch untersucht und in vielen Einzelstudien detailliert analysiert wurde, trägt dazu bei, auch wichtige rhetorische Fragestellungen ganz neu zu sehen und zu beantworten. Häufig ist es dabei so, dass die klassische Rhetorik mit ihren Jahrtausende alten Erkenntnissen durchaus zu richtigen Schlüssen kam und kommt. Die dahinterliegenden (häufig unbewussten) Wirkmechanismen blieben aber verborgen und können erst heute verstanden werden.

Gerade die Bedeutung der unbewusst aktivierten neuronalen Denkprozesse wird in ihrem Umfang erst allmählich richtig begriffen. Daraus lassen sich für die Rhetorik und die rhetorische Wirksamkeit als analytischer Wissenschaft wichtige Aussagen generieren. Es wird aber auch klar, mit welchem Instrumentarium man daran gehen kann, die rhetorische Wirksamkeit noch intensiver zu verbessern. Besonders was sorgfältig vorbereitete Rednerauftritte in der Öffentlichkeit betrifft, können die Folgen dieser Entwicklung als revolutionär eingestuft werden. Davon kann nicht nur der „rhetorische Leistungssport“ profitieren – schon wer als einfacher „rhetorischer Aktivist“ unterwegs ist, kann seine Wirkung mit einigen grundlegenden neuen Erkenntnissen signifikant verbessern. Für dieses Ziel müssen wir allerdings im Folgenden einige wesentliche Grundsätze zur Psychologie des Redens intensiv beackern und uns Punkt für Punkt voranarbeiten (s.a. Wartenburger, Sprache und Gehirn, S. 196ff.).

1.Zwei Sinnes- und Aktionssysteme

Das Reden ist ein psychisch-physischer Vorgang, der zwei Sinnes- und Aktionssysteme beim Redner/Sender und zwei Sinnes- und Aktionssysteme beim Zuschauer/Rezipienten aktiviert. Diese zwei Sinnes- und Aktionssysteme produzieren zum einen (natürlich) den bewussten Sprechvorgang. Hinzu treten aber eine Fülle von Aktivitäten der unbewussten Verarbeitung von rhetorisch relevanten Aktionen und Signalen. Die revolutionäre Erkenntnis der Neurobiologie war, dass das Ausmaß der unbewussten Verarbeitung von Eindrücken und die Generierung von Erkenntnissen daraus den Umfang der bewussten Gedankenarbeit um ein Vielfaches übersteigen. Dies kann mithilfe von Scans der Denkprozesse in modernen MRT s gemessen werden (vgl. Eagleman, Inkognito, S. 57ff., S. 59ff.; ders., The Brain, S. 45ff.). Dieser Prozess der „verkörperlichten Kognition“ („Embodied Cognition“) im Unterbewusstsein ist der eigentliche Kernmechanismus (vgl. Wehling, S. 21f.) für das Denken und Sprechen. Unterbewusstsein und Bewusstsein widmen sich parallel dem Ziel, eine Rede zu produzieren und den Redner ganzheitlich diese Aufgabe bewältigen zu lassen.

Der Redner nutzt also nicht nur bewusst seine Stimme – er ist auch ganzheitlich darauf eingestellt, zu reden, gesehen und gehört zu werden. Sein nonverbales Körperverhalten – also die Gesamtheit der körperbezogenen Transaktionen als Oberbegriff zur Körpersprache – ist daher automatisch – und zumeist unbewusst – überdurchschnittlich aktiviert. Es gibt eine wesentliche rhetorische Sondersituation, in der ein Redner diesen Zustand buchstäblich am eigenen Leib erfährt: Es ist die Situation, in der er subjektiv glaubt oder fürchtet, seine Rede gehe schief – also die Empfindung des Lampenfiebers. Kurt Tucholsky hat diese Empfindung in einem berühmten Zitat in treffende Worte gefasst: „Ein Podium ist eine unbarmherzige Sache – da steht der Mensch nackter als im Sonnenbad“ (Tucholsky, Ratschläge für einen guten Redner, abgedruckt in Lay, S. 257).

Den zwei Sinnes- und Aktionssystemen des Redners entsprechen die beiden Sinnes- und Aktionssysteme des Rezipienten/Zuschauers: Er hört und sieht dem Redner bewusst zu und analysiert und reflektiert den Gesamteindruck in seinem Denken. Aber auch beim Rezipienten werden die meisten empfangenen Reize unbewusst verarbeitet: Die menschliche Erzeugung von Wirklichkeit ist weit überwiegend eine Denkleistung des Unterbewusstseins (Eagleman, The Brain, S. 45ff.). Durch den Mechanismus der sogenannten Spiegelneutronen findet eine überwiegend unbewusste kognitive Simulation statt, die von Elisabeth Wehling so treffend beschrieben wird: „Wir begreifen, was einer sagt, indem unser Gehirn so tut, als würden wir selbst es sagen“ (Wehling, S. 23).

Klassisches Beispiel dafür ist die berühmte Untersuchung zu der Frage, welche Eindrücke wesentlich für die Einschätzung eines Redners sind: Ist es der bewusst aufgenommene Inhalt des gesprochenen Wortes? Oder sind es vielmehr die Faktoren Stimme und Mimik sowie das Aussehen? Wir wissen mittlerweile eines sicher, auch wenn die Untersuchungen hierzu im Einzelnen unterschiedliche Prozentsätze gebracht haben: Unser Zuhörer-Eindruck wird zu einem wesentlichen Anteil durch die nonverbalen Faktoren beeinflusst, sicher zu mehr als 50 Prozent. Der Anteil des bewusst wahrgenommenen Inhalts unserer Rede hat in Studien selten mehr als 25 Prozent erreicht. Moderne Neurolinguisten und Verhaltenspsychologen gehen aufgrund ihrer Forschungen sogar so weit, dass sie dem bewussten Denken nur 2 Prozent der gesamten Denkleistung zubilligen (vgl. Wehling, S. 48ff. mit weiteren Nachweisen). Eine wirkungsvolle Präsentation der nonverbalen „Show“ für unseren Redeinhalt ist daher ausschlaggebend für den Erfolg als Redner.

2.Zwei Regelkreise

Die Steuerung des Redevorganges erfolgt im Gehirn über zwei „Regelkreise“, deren Bedeutung erst in den letzten Jahrzehnten eingehend erforscht wurde. Das Modell des Denkens über zwei Regelkreise bzw. „Systeme“ hat insbesondere das wirtschaftspsychologische Weltbild radikal verändert. Einer der prominentesten Vertreter dieser wirtschaftspsychologischen Schule ist der Psychologe Daniel Kahneman, der für die Entwicklung und Beschreibung dieses Modells im Jahr 2002 den Wirtschaftsnobelpreis erhielt.

Daniel Kahneman und die zwei Systeme

Das Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“ von Daniel Kahneman erschien 2011 in den USA und ist seitdem eines der meistgelesenen Bücher zur sogenannten Verhaltensökonomie und Wirtschafts- und Kognitionspsychologie. Das Buch beruht auf den jahrzehntelangen Studien, die Kahneman mit seinen Kollegen, vor allem Amos Tversky (†) und Richard Thaler, erarbeitet hat. Kahneman und Thaler haben für ihren Anteil an den bahnbrechenden neuen Erkenntnissen der Wirtschaftspsychologie 2002 und 2017 unabhängig voneinander den Nobelpreis erhalten. Eines der zentralen Werke von Richard Thaler ist „Nudge – wie man kluge Entscheidungen anstößt“, das ebenfalls 2011 erschienen ist.

Daniel Kahneman ist 1934 in Tel Aviv geboren und war als Hochschullehrer sowohl in Israel als auch in den USA tätig. Er widmete sich während seines gesamten wissenschaftlichen Wirkens in unterschiedlichsten Fragestellungen und Sachverhalten vor allem der Frage, wie das menschliche Denken – letztlich evolutionsbedingt – Entscheidungen trifft, die von rein mathematischen oder logischen Modellen abweichen. Das von ihm mitentwickelte und entscheidend propagierte Modell der „zwei Systeme“ ist für das Verständnis von menschlichen Denkgewohnheiten und Entscheidungstendenzen von epochaler Bedeutung. Kahneman gelang es, die wesentlichen Handlungseigenschaften der beiden Systeme so konkret zu fassen, dass sie zur Erklärung menschlicher Entscheidungen sogar mit mathematischen bzw. statistischen Funktionen beschrieben werden können. Damit ist er einer der Väter der sogenannten Verhaltensökonomik (vgl. Beck, Behavioral Economics, S. 25f.; Beispiel zur Beschreibung der sog. Endowment-Funktion S. 174).

Diese modellhafte Arbeitsstruktur unseres Denkens lässt sich wie folgt kurz beschreiben:

System 1 ist das unbewusst arbeitende, kognitive System, das laufend alle Eindrücke unserer Sinnesorgane „bemustert“, bewertet und vergleicht und in das vorhandene ungeheuer vielfältige Netzwerk unserer inneren neuronalen Verdrahtungen bei Bedarf integriert (vgl. Rappmund, Manipulation, S. 64, S. 69ff.). Daniel Kahneman (S. 33f.) weist System 1 die permanente „Generierung von Eindrücken, Intuitionen, Absichten und Gefühlen“ zu. Jeder von uns hat dieses Leben und Handeln in einem fast „automatischen“ Zustand erlebt: ob beim Autofahren, der Morgentoilette oder Situationen, in denen etwa im Beruf Entscheidungen und Handlungen wie von selbst erfolgen – ein Zustand, der von einigen Wissenschaftlern auch als „Flow“ beschrieben wird. Dieses Verhalten geht in der Regel auf die jahrzehntelangen Routinen zurück, die ein Mensch sich permanent aneignet, wieder aufruft, Schritt für Schritt erweitert – mit anderen Worten bewusst, aber noch viel häufiger unbewusst lernt.

Auch das Erlernen der Muttersprache ist eine der größten Leistungen des kindlichen Gehirns, die überwiegend unbewusst über beobachtendes Hören, spielerisches Üben hin zum Erwerb und der Anwendung erster Wörter bis zu ersten Sätzen erfolgt. (Eingehend zum Prozess des Sprachbegreifens auch Wehling, S. 20ff., Eagleman, S. 100ff.; zum allgemeinen Forschungsstand Viciano, „Der Baby-Code“, SZ vom 13.10.2017, S. 14.) Die dabei gemessenen internen Verarbeitungsgeschwindigkeiten sind ungeheuer schnell und laufen im Bereich von einigen 100 Millisekunden ab (vgl. Rappmund, Manipulation, S. 77f., Eagleman, S. 87ff.).

Mit anderen Worten: Auch der Prozess des Sprechens von der Wortfindung bis hin zur Satzbildung läuft überwiegend unbewusst ab. Die Sprachbildung im Gehirn folgt einem unbewussten Regelmuster, das bei einem Redner jahrzehntelang eingeübt ist. Infolge dieser jahrelangen Übung sind die Ergebnisse der Spracherzeugung zwar in der Regel durchaus verständlich. Man sollte sich aber davor hüten, nur noch „automatisch, unbewusst“ zu sprechen. Die unbewussten Fehlleistungen, die daraus resultieren, sind legendär. Seit Sigmund Freud sie in seinem berühmten Werk zur Psychopathologie des Alltagslebens analysiert hat, wissen wir zunehmend, welche Macht der unbewussten Gedanken selbst in einem unbedeutenden Versprecher zum Ausdruck kommen kann. Wehe also, Sie würden als Redner unkontrolliert unbewusst sprechen. Selbst der Volksmund kennt die Maxime: Unbewusstes Sprechen ist zu vermeiden – System 2 ist einzuschalten. Mit anderen Worten: Reden ist Silber – Schweigen (und Bedenken) ist Gold.

System 2 ist das bewusst arbeitende kognitive System, das letztlich für Konzentration und Aufmerksamkeit steht. Es ist notwendig, um sich bewusst auf die Gedankenführung und die Argumentation eines Redners zu konzentrieren und sie zu analysieren; das System ist aktiviert, wenn rhetorische Fragen gestellt werden und wir der Tendenz folgen, sie zu richtig zu beantworten. Das bewusste System 2 wird zum Beispiel bei uns als Zuhörern aktiviert, wenn uns etwas Unangenehmes oder Unnormales am Redner auffällt und wir uns plötzlich darauf konzentrieren, weil es uns tatsächlich in den Bann zieht.

Wer je den Sketch des Kabarettisten Loriot mit der Nudel in seinem Gesicht sah oder eine/-n Redner/-in vor sich hat, dessen Hosentüre geöffnet oder deren Make-up sichtbar verlaufen ist – der weiß, wie intensiv die Konzentration auf solche Details unsere Aufmerksamkeit fesselt und alles andere vergessen lässt. Dies gilt etwa auch für die beliebte Aufforderung: „Denken Sie jetzt nicht an einen weißen Elefanten!“ In diesem Moment kann der Redner weiter sprechen, was er will – Sie sind bzw. Ihr System 2 ist „gebannt“, der Rest wird von System 1 so erledigt, dass Sie sonst nichts mehr merken (hören, Umgebung beachten etc.): Sie denken an den weißen Elefanten!

Und natürlich leitet das bewusste System 2 den Redner, der bewusst Sätze und Argumente aktivieren muss, der das Auditorium im Blick hält, der Gesten gezielt einsetzt und die Stimmhöhe und das Tempo steuert. Vieles läuft dabei immer noch im Unterbewusstsein durch System 1 gesteuert ab: dies gilt etwa für die Stimmbildung, das Atmen, die Körperhaltung. Der Gesamtverlauf der Rede jedoch ist System 2 untergeordnet, das gezielt Schwerpunkte setzt, Konzentration verwendet und die „rhetorische Oberleitung und Überwachung“ bei sich hält (vgl. Kahneman, S. 34ff.). Dabei ist die psychologische Wissenschaft dem Prozess der Spracherzeugung zwar auf der Spur, aber noch lange nicht am Ergebnis angelangt (dann wäre der im Gehirn generierte Sprachprozess im Experiment nämlich jederzeit reproduzierbar – und davon sind wir wohl noch Jahrzehnte entfernt). Das Wunderwerk des menschlichen Gehirns mit seinen mehr als einhundert Billionen Nervenzellen (Neuronen), seinen synaptischen Verschaltungen, die von wenigen Punkten bis hin zur Aktivierung ganzer Hirnareale reichen, arbeitet im Wesentlichen autonom und außerhalb der bewussten Wahrnehmung. Diese Vorgänge lassen sich daher vorerst nur teilweise beschreiben, unsere Erkenntnisse dazu sind allerdings für die Rhetorik von enormer Bedeutung: Man stellt in unserem Gehirn das multiple Zusammenarbeiten eines enorm vielgliedrigen neuronalen Netzwerkes fest, das für die Vielzahl von phonologischen, prosodischen, syntaktischen und semantischen Informationen eines Redevorganges notwendig ist. Dies lässt weiter darauf schließen, dass intern sogenannte synaptische Musterprozesse und Musterverarbeitungen ablaufen, die viel mit intern abgelegten und gespeicherten Zuständen und Wahrnehmungen, aber auch Reflexen und Reaktionen zu tun haben, die ein Mensch über Jahre und Jahrzehnte hinweg erworben hat (vgl. Wartenburger, Sprache und Gehirn, S. 189ff.).

Es ist existenziell wichtig, dass auch der unbewusste Erwerb dieser „mustergestützten“ Denkprozesse für das Sprechen auf das neuronale Speichern zurückgeht und damit eines der wichtigsten Elemente von Lernen durch aktives Merken, wenn auch unbewusst, darstellt (vgl. Eagleman, S. 100f.). Mit anderen Worten: Was das Unterbewusstsein sich nicht merkt, das kann der Mensch gar nicht lernen! Oder drastisch für die Gegenwart gesagt: Wer nur Bilder auf dem IP ad wischt, sie aber nicht aktiv oder sprachlich verarbeitet, wird keinen mustergestützten Merkprozess in seinen Neuronen verankert haben und auf dieses Detail des Denkens auch nicht so leicht oder gar nicht zugreifen können.

Bitte beachten Sie dabei, dass die Verwendung der Begriffe „System 1“ und „System 2“ ein Kunstgriff ist, also ein Modell, das der Veranschaulichung dessen dient, was im Gehirn mit unbewusst ablaufenden und den damit korrelierenden bewussten Prozessen vor sich geht. Es sind dies – das möchte ich betonen – Fiktionen, die ausnahmslos der besseren Verständlichkeit der psychologischen Prozesse dienen, indem sie sie anhand eines plausiblen Modells bildhaft darstellen (vgl. Kahneman, S. 103f.).

Das bewusst arbeitende System 2 und das unbewusst arbeitende System 1 stehen miteinander in einem sehr komplizierten Prozess der Zusammenarbeit. Wichtig ist die wissenschaftliche Erkenntnis, dass das bewusste System 2 zwar „Chef im Ring“ ist, etwa wenn es um komplizierte Denkkprozesse wie den abstrakten Aufbau einer Rede geht. Es lässt sich aber von System 1 in wesentlich größerem Umfang beeinflussen, als man gemeinhin glauben möchte: System 1 bietet permanent aus dem ungeheuren Schatz seiner unbewusst gespeicherten Eindrücke Optionen an, um vorhandene Sachverhalte und Unklarheiten verstehen und beantworten zu können. Diese Optionen sind prinzipiell nicht mathematisch korrekt bearbeitet – nein: die Optionen basieren auf der Annahme, dass sich damit ein erkannter Sachverhalt plausibel und wahrscheinlich lösen lässt. Damit haben wir die zentrale Leistung der sogenannten Heuristik des menschlichen Denkens angesprochen: Es ist, „technisch definiert, ein einfaches Verfahren, das uns hilft, adäquate, wenn auch oftmals unvollkommene Antworten auf schwierige Fragen zu finden“ (Kahneman, S. 127), indem wir Schlussfolgerungen aus Informationen ziehen.

Heuristik: Wie unser Gehirn Entscheidungen trifft

Heuristik bezeichnet Strategien des Denkens, wie mit unvollständigen Informationen mit relativ großer Genauigkeit eine Entscheidung zu einer – durchaus schwierigen – Frage getroffen wird, ohne dafür zu viel Zeit in Anspruch zu nehmen (vgl. Gigerenzer, S. 380; Kahneman, S. 127ff.). Das menschliche Denken verwendet dazu u.a. folgende bekannte Instrumente: Versuch und Irrtum (trial and error); Wiedererkennung (Rekognitionsheuristik); operationales Entscheiden „mit einem guten Grund“ („One-Reason-Decision-Making“ bzw. „Take the Best“) oder soziale Information (Was machen deine Freunde/Vorbilder?). Gerd Gigerenzer zählt auch die sogenannten „Faustregeln“ dazu. Er weist in seinem Buch „Risiko“ nach, dass das weit verbreitete Urteil, Heuristiken seien „zweitbeste Lösungen“, unzutreffend ist.

Ein berühmtes Beispiel sind die geometrischen und dreidimensionalen Täuschungen, mit denen man in populärwissenschaftlichen Abhandlungen gerne konfrontiert wird: Unterschiedlich lange Pfeile (die doch gleich lang sind), dreidimensionale Täuschungen und das bivalente Bild von Hexe oder Schönheit zählen dazu. Eagleman betont, dass auch diesen Täuschungen der unbewusste Eindruck des sogenannten mühelosen Erkennens zugrunde liegt. In all diesen Fällen schlägt unser Unterbewusstsein keinen Alarm, also hat das bewusste System 2 keinerlei Anlass, kritisch zu reflektieren (vgl. Eagleman, S. 32ff.). Seien wir uns bewusst, dass gerade die sprachliche Kommunikation, und damit auch die Rede, ohne solche unbewussten heuristischen Vorgänge, ohne plausible Abkürzungen und Scheinbeweise schlichtweg nicht denkbar ist: System 1glaubt und akzeptiert bereits das, was plausibel erscheint und mit den vorhandenen Modellen verträglich. Dabei kann es nachweislich mathematisch und auch erkenntnisbezogen gewaltig falsch liegen. Die von Kahneman (vgl. S. 136) beschriebenen Fehlermerkmale des heuristischen und intellektuellen Denkens in System 1 sind für sich genommen kaum zu glauben. Aber wer sie liest, muss sich eingestehen: System 1 ist ein geradezu omnipräsentes und leider auch omnipotentes Tool, um Lösungen anzubieten, die man gerne akzeptiert, bis man ernüchtert vom Gegenteil belehrt wird. Und das passiert in einer Rede bzw. rhetorischen Situation leider viel zu oft.

Das Pralinenexperiment: Dividende durch Schokolade

Ein wichtiges Beispiel zur „Verführbarkeit“ mit messbarem Effekt liefert ein Experiment des amerikanischen Psychologen David Strohmetz (nach Dutton, Gehirnflüsterer, S. 110f.): In einem Restaurant wurden die Gäste in vier Gruppen eingeteilt. Zum Abschluss des Essens, und vor dem Bezahlen, brachte die Bedienung der ersten Gruppe keine Praline, der zweiten Gruppe eine und der dritten Gruppe zwei Pralinen. Bei der vierten Gruppe gab es folgenden Clou: Zunächst brachte die Bedienung eine Praline, ging dann weg, wandte sich um, als hätte sie es sich anders überlegt – und legte dann noch eine zweite Praline auf den Tisch. Die zentrale Frage war, welchen Einfluss das Verhalten der Bedienung auf die Großzügigkeit der Trinkgelder haben könne.

Das Ergebnis war verblüffend: Verglichen mit der Kontrollgruppe 1 (ohne Praline) zahlten diejenigen, die eine Praline erhalten hatten, durchschnittlich 3,3 Prozent höheres Trinkgeld. Bei zwei Pralinen waren es 14,1 Prozent – und bei der Gruppe mit der auffälligen Übergabe der zweiten Praline stieg das Trinkgeld um kaum glaubhafte 23 Prozent im Verhältnis zu Gruppe 1. Der scheinbar unerklärliche Sinneswandel – „Mensch, Leute, für euch zwei statt eine“ – ist eine nicht erwartete Geste der Wertschätzung, die unmittelbar unser unbewusstes Denken anrührt und positiv stimmt. Durch nonverbales Verhalten wurde unmittelbar das Belohnungsverhalten angeregt. Eine Praline für 10 Cent und eine kleine Geste brachten eine enorme Dividende.

Wir werden diesen und andere Effekte noch bei der Analyse wichtiger Strategien der Argumentation und scheinlogischer Schlüsse intensiv bearbeiten. Und wir werden sehen: Auch das unbewusste System 1der Zuhörer ist mit Inhalten des Redners einverstanden, die mit den plausiblen Eigenerfahrungen übereinstimmen, auch wenn sie nicht wirklich richtig sind! Und dies gilt auch dann, wenn wir „rhetorische Pralinen verteilen“ …

Lieber angehender Redner: Dies ist kein Appell an Sie, die Unwahrheit zu sagen! Aber es rechtfertigt die rhetorische Neigung, mit Plausibilität – rhetorisch geschickt verpackt – weiter zu kommen und effektiv zu sein.

Die Erkenntnis, dass das bewusste System 2 durch die unbewussten Plausibilitätslösungen von System 1 massiv beeinflusst werden kann, ist aber nur die eine Seite der Medaille: Natürlich können wir mit gezielten Eingriffen des bewusst arbeitenden und entsprechend trainierten System 2 wichtige Effekte nutzen, um das unbewusste System 1 massiv seinerseits zu beeinflussen oder auch zu manipulieren. Lassen Sie uns dazu drei Interventionsmethoden näher betrachten, die mittlerweile psychologisch gesicherte Erkenntnisse darstellen.

3.Drei wichtige Instrumente der neurolingualen Intervention

a)Priming

Die Erkenntnis, dass unser unbewusstes System 1 mit Plausibilität und auch Assoziationen intensiv arbeitet, führte in der Psychologie zu mittlerweile berühmten und auch allgemein anerkannten Experimenten, in denen reproduzierbar wissenschaftlich beschrieben und belegt wird, wie man auch mit Rhetorik auf das Unbewusste unmittelbar einwirken kann.

Einen wesentlichen Prozess nennt man „Priming“ (vgl. Eagleman, Inkognito, S. 79ff., S. 110ff.; Kahneman, S. 72ff.): Ein Redner spricht ein bestimmtes Thema an – dann formuliert das Unterbewusstsein des Hörers dazu sofort Assoziationsketten, die zu messbaren und vorhersagbaren Ergebnissen in seiner Reaktion führen. Ein einfaches Experiment kann diesen Prozess veranschaulichen. Ich nenne Ihnen den Begriff „Essen“ und bitte Sie dann, folgenden Leertext zu ergänzen: „S…e“. Fast niemandem würde jetzt als Lösung „Seife“ einfallen, die meisten Testpersonen assoziieren „Suppe“. Sie sind also durch das „primäre“ Ausgangswort in ihren Assoziationen gezielt unbewusst „geprimt“ worden (vgl. Kahneman, S. 72).

So wurde etwa eine Versuchsgruppe dazu gebracht, sich mit dem Thema „Altern“ in einer bestimmten Situation zu beschäftigen. Der Versuch brachte den klar messbaren Effekt, dass sich die Probanden danach langsamer fortbewegten als eine Vergleichsgruppe, die sich mit derselben Situation beschäftigten, ohne dass das Altern dabei eine Rolle spielte (s. dazu auch Wehling, S. 37f.). Allein die Reihenfolge zweier Fragen an Probanden führt zu geradezu unglaublichen Ergebnissen:

 

Erste Frage: Wie glücklich sind Sie zurzeit?

Zweite Frage: Wie viele Verabredungen hatten Sie im letzten Monat?

 

Wenn Sie diese beiden Fragen vertauschen und zuerst nach der Zahl der Verabredungen fragen, denken bildhaft gesagt zwei Drittel der Probanden tatsächlich, sie seien glücklicher, je mehr Verabredungen sie hatten (gleichgültig wie sie verliefen). Unser assoziativ arbeitendes Unterbewusstsein (System 1) ist also für das Angebot des Redners für Assoziationen nachweislich empfänglich – ohne dass dies je dem „Überwachungssystem 2“ bewusst wird. Im Gegenteil: System 2 lässt sich von System 1 geleitet auf diesen Holzweg weiterführen!

Wer etwa Zuhörer in einer Rede assoziativ auf die positiven Eigenschaften von Geld bringt, löst messbar folgende Effekte aus: eine egoistischere Einstellung, weniger Hilfsbereitschaft und Solidarität, mehr Tendenz zum Individualismus (s. dazu eingehend Kahneman, S. 75ff.). Wer Zuhörer mit vertrauten Erfahrungen, Beispielen bekannter Persönlichkeiten oder plausiblen Assoziationen anspricht, dem glaubt der Zuhörer mit erhöhter „kognitiver Leichtigkeit“ auch nachfolgende Behauptungen des Redners: Damit haben Sie einen Wirkmechanismus verstanden, der die Macht von Zitaten zuvor genannter bedeutender Persönlichkeiten erklärt.

Die Macht eines Zitates

a) Standardsetting: Der Redner liest

„Es gibt nur eines, was teurer ist als Bildung – keine Bildung.“ (John F. Kennedy)

b) Intervention: Der Redner liest

„John F. Kennedy formulierte einmal zum Wert von Bildung: ‚Es gibt nur eines, was teurer ist als Bildung – keine Bildung.‘“

 

Indem Sie zuerst den Autor des Zitates nennen, führt dessen enorme Bekanntheit und Wertschätzung dazu, dass der rhetorische Effekt für das Bewusstsein messbar höher wird (sogenannter Mere-Exposure-Effekt, vgl. Kahneman, S. 89ff.).

Aber diese Effekte wirken auch umgekehrt – sind also reziprok in Richtung auf den Redner selbst: Wenn das bewusste System 2 beim Redner gezielt die Körpersprache positiv beeinflusst, also eine positive Stimmungslage etwa durch (situationsangemessenes) Lächeln oder gute Laune erzeugt, dann bewirkt dies auch beim Zuhörer eine positive Stimmungslage, die die kognitive Akzeptanz des Gesagten und die intuitive „Leichtigkeit“ begünstigt. Dasselbe gilt „selbstinduktiv“ aber auch für den Redner selbst; auch seine Stimmung verbessert sich spürbar (vgl. Kahneman, S. 81f., S. 84).

Vor diesem Hintergrund gewinnt das alte chinesische Sprichwort eine ungeahnte Aktualität: „Wer nicht lächeln kann, soll kein Geschäft aufmachen“ (Achtung: Autor vor Zitat – jetzt sind Sie mir mit dem eingesetzten Mere-Exposure-Effekt auf den Leim gegangen …).

Allerdings möchte ich hier eine Warnung anbringen: Die sogenannten Priming-Effekte führen zwar statistisch nachweisbar zu verändertem Verhalten. Das muss allerdings im Einzelfall nicht gelten. Wie so oft können wir uns daher nicht blind und gesetzmäßig auf automatisch ausgelöste Effekte verlassen. Deswegen seien Sie vorsichtig, wenn man Sie glauben machen will, man könne quasi automatisch „linguistisch programmieren“ oder manipulieren (vgl. Kahneman, S. 77ff.). Aber schon eine kleine Steigerung Ihrer positiven rhetorischen Effizienz mithilfe einiger bewusst eingesetzter einfacher Mittel kann, im Zusammenspiel mit anderen Faktoren, Ihre Überzeugungskraft als guter Redner deutlich verbessern.

b)Ankern

Die Wirkungsweise des Priming-Effektes führt zu einem weiteren Wirkfaktor, der gerade bei Verkaufsansprachen enorme Bedeutung hat und auch auf andere Redearten ausstrahlt. Es handelt sich um das Phänomen des sogenannten „Ankerns“, das wir sogleich an einem belegten Fall betrachten (vgl. auch Fälle nach den Vorgaben von Northcraft/Neale bei Kahneman, S. 157ff.; s.a. Kitz/Tusch, Psycho? Logisch!, S. 98ff.):

Ein Immobilienhändler, der ein Immobilienprojekt vorstellt, erwähnt scheinbar beiläufig ein vergleichbares Projekt und die dabei erzielten Konditionen – gezielt mit einem Preisaufschlag von ca. 15 Prozent. Verblüffenderweise wird in den darauf folgenden Verhandlungen dieser Wert eine Orientierungsfunktion haben, die geeignet ist, den angestrebten Preis nach oben in diese Richtung zu verhandeln. Auch hier erleben wir unmittelbar einen erstaunlichen Effekt: Das bewusste System 2 glaubt völlig rational die wertbildenden Faktoren für ein Immobiliengeschäft ohne fremde Einflüsse zu ermitteln. Und dennoch arbeitet es auf der Grundlage von Assoziationen und Informationen, die es unbewusst aus den im System 1 dazu laufenden Erkenntnisprozessen abruft. Da auf jeden Fall System 1 unbewusst den vom Verkäufer aufgerufenen Preis registriert und verarbeitet hat, orientiert sich das „Entscheidungskonvolut“, mit dem System 2 letztlich weiterverhandelt, tatsächlich in die Richtung des angesprochenen Preises – solange er plausibel klingt; ja manchmal selbst dann, wenn er völlig überhöht erscheint.

Ein anderer nachweislicher Fall, der unglaublich erscheint: Ein Jahrmarktverkäufer preist ein echtes Sonderangebot von Fertigsuppen in besten Worten an. Gleichzeitig erwähnt er, dass es nur maximal 12 Dosen pro Kunde gebe. Im identischen Vergleichsfall wird die Rationierung nicht erwähnt. Das Resultat ist bemerkenswert: Im ersten Fall hat der Verkäufer dem System 1 der Kunden einen dramatisch wirkenden Anker gesetzt: Rationierung. Daraus schließt das unbewusste System 1 auf eine gewisse Dringlichkeit. Konsequenz: Es werden doppelt so viele Dosen erworben wie ohne den Anker! Wissen Sie jetzt, was der Hinweis auslöst „Solange der Vorrat reicht“? (Kahneman, S. 160)

 

In vielen Experimenten hat die Psychologie die Wirkmächtigkeit derartiger Anker herausgearbeitet – die natürlich auch in Reden ohne weiteres Anwendung finden können. Hier ein zugegebenermaßen fieses Beispiel dafür ( SZ vom 18.2.2016): „2015 hatten wir etwa 1 Million Zuwanderer. Es ist eine Tatsache, dass sich die Zahl der Straftaten durch Zuwanderer verdoppelt hat – auf über 200000 Straftaten“ – der hier gesetzte Zahlen-Anker bezieht sich auf die von der Presse völlig korrekt wiedergegebene Zahl der Straftaten aller Zuwanderer insgesamt, die das Bundeskriminalamt bekannt gab. Eine – natürlich nur stichprobenartige – Erhebung unter meinen Studierenden erbrachte als Ergebnis, dass diese weit überwiegend davon ausgingen, dass jeder fünfte neue Zuwanderer2015 straffällig wurde – obwohl sich die Zahl der Straftaten auf die Gesamtzahl der Zuwanderer in Deutschland bezog: Die Kriminalitätsrate lag daher faktisch nicht einmal ein Viertel so hoch! Gleichwohl wirkte die angebotene Zahl als glaubwürdig dergestalt, dass niemand auch nur ansatzweise dieses Zahlenverhältnis in Frage stellen wollte.

Die Macht des unbewussten System 1 und seine massiven und permanenten Auswirkungen auf das bewusste System 2 werden dabei nach allgemeiner Meinung der Psychologie von den meisten Menschen völlig unterschätzt (vgl. Kahneman, S. 162). Dies ist eine wichtige Chance für eine effizienzorientierte Rhetorik, um hier erneut wirkungsvoll zu punkten. Wer Anker setzt, hat den Hörer an einem Haken, der unsichtbar ist und daher umso einflussreicher sein kann!

c)Framing

Die beiden Phänomene von Priming und Ankern zeigen, wie das unbewusste System 1 bereits durch wenige vorgegebene Informationen beeinflusst werden kann, die ein Redner bzw. Gesprächspartner bewusst vorgibt. Dies lässt den Schluss zu, dass auch ganze „Gedankenrahmen“, die von einem Redner vorgegeben werden, das Denken des Zuhörers, insbesondere über sein unbewusstes Assoziationssystem, aktiv beeinflussen können (s. dazu auch Bechmann, Sprachwandel – Bedeutungswandel, S. 270ff.). Das zentrale Ergebnis einer Studie dazu ist bei Elisabeth Wehling nachzulesen (vgl. Wehling, S. 76, nach Zhong/Liljenquist). Zwei Versuchsgruppen mussten einen Text Wort für Wort abschreiben:

Der Text der einen Gruppe handelte von einer guten Tat – jemand hatte einem Kollegen geholfen. Der Text der anderen Gruppe dagegen behandelte eine schlechte Tat – jemand hatte gegen seinen Kollegen intrigiert. Danach sollten die Teilnehmer angeben, wie sehr ihnen bestimmte Produkte gefielen. Und um solche Produkte ging es: Zahnpasta, Seife, Glasreiniger, Desinfektionstücher, Waschpulver, Orangensaft, Batterien, Post-It-sticker, CD -Hülle, Snickers und einiges mehr. Sie ahnen es schon: Diejenigen Teilnehmer, die eine schlechte Tat hatten abschreiben müssen, stuften die Reinigungsprodukte als viel attraktiver ein als jene, die von einer guten Tat geschrieben hatten.

Auslöser war ein assoziativer Frame: Moral wird mit Reinheit weitgehend gleichgesetzt und assoziiert. Die Folge der Assoziation war ein unmittelbarer Einfluss auf das Wahlverhalten der „unmoralischen“ Gruppe: Sie suchte nach Reinigung, natürlich im assoziativen Sinn. In einem vergleichbaren Setting wurden die beiden Testgruppen gefragt, ob sie bleiben und unentgeltlich einen Studierenden bei einem Projekt unterstützen wollten. Das Ergebnis verblüfft nicht weiter: 70 Prozent der „Unreinen“ entschieden sich, dem Studierenden zu helfen (und sich so zu rituell zu reinigen) – bei den „Reinen“ belief sich dieser Anteil nur auf 40 Prozent (Wehling, S. 77).

Die Schlussfolgerung liegt auf der Hand: Beispiele, Zitate, Geschichten können ganze Assoziationsketten auslösen, die das weitere kommunikative Denken des Zuhörers voreinstellen. Man spricht dabei vom „metaphorischen Mapping“ – es werden also regelrechte moralische Koordinatensysteme im Unterbewusstsein angestoßen und ausgelöst, die das weitere Denken und Sprechen sowie das weitere Handeln nachweislich beeinflussen können (vgl. Wehling, S. 77f.). Selbst kontroverse Diskussionen können so gezielt gesteuert werden. Wehling beschreibt unter anderem das metaphorische Framing der „Vertikalisierung“: Gutes/Gott ist oben angesiedelt; Schlechtes/der Teufel unten. Daraus folge, dass Bürger mit viel Vermögen als „Oberschicht“ und damit implizit als „die Guten“ bezeichnet werden, während der Begriff „Unterschicht“ eine eindeutige Stigmatisierung der dazugehörenden ärmeren Mitbürger beinhalte (vgl. Wehling, S. 120). Ähnlich verhält es sich mit den Begriffen „Mindestlohn“ und „Lohnuntergrenze“, mit denen zwei unterschiedliche „Viewpoints“, also linguistisch verschlüsselte Positionierungen zum gleichen Thema gesetzt werden (Wehling, S. 137; s. auch unten S. 83).

Ist ein solcher Rahmen erst einmal vom Redner bewusst gewählt und dann gesetzt worden, so wird er beim Zuhörer zwangsläufig Assoziationsprozesse im Weg der kognitiven Simulation auslösen, die davon beeinflusst werden. Und je mehr der Redner dieses assoziative Gerüst weiter bedient, umso wirksamer wird das aktivierte unterbewusste System 1 dies affirmativ unterstützen: Diese Assoziationen hat es schließlich gelernt und im Unterbewusstsein als Lerneinheit gespeichert. Wer etwa vom „Humankapital“ spricht, der entpersönlicht Diskussionen – Arbeit wird zur rein betriebswirtschaftlich zu behandelnden Ressource. Ist der Einzelne hingegen einer, der für den „Daimler“, „Bosch“ oder andere hart arbeitet – dann belegt er als Malocher oder treuer Arbeitnehmer, dass der Verlust eines Arbeitsplatzes ungemein stärker wirkt als der Begriff vom „Arbeitsabbau“ (vgl. Wehling, S. 139f.): „Wegrationalisierung“ wäre hier eine begriffliche Alternative, die deutlich negativer wirkt. Der assoziative Rahmen kann also bewusst durch solche wertenden Frames voreingestellt werden, was etwa in Podiumsdiskussionen durchaus erfolgsentscheidend sein kann.

Auch zum wirksamen Framing fehlen noch exakte wissenschaftliche Erkenntnisse, die dazu eine ganze Theorie formulieren können. Eines steht aber fest: Wir als „Humans“ lassen uns in unserem unbewussten System 1 massiv durch vorgegebene assoziative Frames in unserem Denken beeinflussen. Wer also für sich in bewusster sorgfältiger Auswahl den richtigen Sprachrahmen, die richtigen Metaphern und metaphorischen Rahmen setzt, kann zu seinen Gunsten einigen Einfluss auf das unbewusste System 1 des Zuhörers ausüben. Dieser Effekt wird sich auch auf das bewusste Denken des Zuhörers sehr subtil auswirken und kann dem Redeerfolg durchaus nachhaltig zugutekommen.

4.Rhetorik für „Econs“ (Vernunftmenschen) oder „Humans“ (Alltagsmenschen)?

Die Rhetorik als Wissenschaft war und ist seit Jahrtausenden darauf ausgelegt, auf den Grundlagen von sittlicher Vernunft, Argumentation und rationaler Entscheidungsfindung die wesentlichen Ziele von Wahrheitsfindung und Überzeugung durch richtiges Reden zu erreichen. Dabei stehen der „Ethos“ des Redners (seine Autorität und Glaubwürdigkeit) sowie der „Logos“ der Rede (die Beweis- und Argumentationsführung) im Vordergrund, wie etwa Aristoteles in seinem Standardwerk „Rhetorik“ ausführt (Aristoteles, Rhetorik, S. 11f.; s.a. Krieger/Hantschel, Handbuch Rhetorik, S. 18). Psychologische Elemente der Redekunst waren zwar bekannt; sie konnten mangels der Kenntnis der Psychologie als Wissenschaft aber nur unvollständig beschrieben und eingeordnet werden: In der Benutzung von rhetorischen Elementen, die das „Gefühl“ beeinflussen sollten, also der rhetorischen Funktion des Pathos, liegt das Hauptfeld dessen, was zwar als rhetorisch wirksam bekannt, aber letztlich nicht in seinen Wirkmechanismen verstanden war.

Die Rhetorik war damit am Vernunftmenschen ausgerichtet – genauso wie die klassische Volkswirtschaft am Econ, dem rationalen Entscheider/Agenten von wirtschaftlichen Sachverhalten (vgl. Kahneman, S. 508f.). Die Geschichte der Wortschöpfung „Econs vs. Humans“ ist auch bei Thaler/Sunstein in ihrem grundlegenden Buch „Nudge – Wie man kluge Entscheidungen anstößt“ nachzulesen (S. 16ff.); Richard Thaler hat für diese Theorien mit Recht den Wirtschaftsnobelpreis 2017 erhalten. Im Mittelpunkt der Rhetorik stand der Wettstreit der Econs um die Wahrheit vor dem Hintergrund des Einsatzes vernunftbetonter Argumente. Wer davon abwich und die „dunkle Seite“ der Rhetorik anging, die Kunst der Manipulation und der Verführung, der wurde schnell mit dem Verdikt der Demagogie belegt, also verdächtigt, Rhetorik bewusst zur Propaganda und Massenlenkung zu missbrauchen. Die Opfer waren dann die „verführbaren Humans“, die Alltagsmenschen, die allzu leicht den „schwarzen Redekünsten“ auf den Leim gingen. Zu denken ist etwa an den rhetorischen Super-Beelzebub Josef Goebbels, der beispielsweise in seiner berüchtigten Sportpalastrede zum „totalen Krieg“ 1943 das ABC der dunklen Rhetorik gnadenlos – und auch gnadenlos wirkungsvoll – durchdeklinierte.

Die moderne Psychologie bringt uns in der Rhetorik einen sehr nüchternen und klaren Standpunkt bei: Es gibt in der Rhetorik keine Econs! Es gibt nur Humans! Wirkungsvolle Rhetorik ohne die Berücksichtigung der elementaren psychologischen Grundlagen unseres Denkens ist schlichtweg nicht möglich. Letztlich gibt es kein rhetorisches Phänomen, das sich nicht diese Grundlagen zunutze macht. Rhetorik ist daher untrennbar mit der Bereitschaft verbunden, auch psychologische Wirkmechanismen und die wissenschaftlichen Erkenntnisse dazu zu nutzen. Gesicherte Forschungsergebnisse der modernen Neurobiologie und Verhaltenswissenschaften einzubeziehen, ist korrektes wissenschaftliches Verhalten. Dies ist – noch – keine Manipulation. Wer die Redekunst beherrschen will, muss künftig das ganze, und damit auch das psychologische Instrumentarium der Beeinflussung des Menschen als Human kennen und auch anwenden wollen. Die Frage der Demagogie ist eine der ethischen Bewertung des Einsatzes von Redekunst, und dann ganz gleich, ob religiöser Demagoge (etwa ein salafistischer Prediger) oder politischer Demagoge (z.B. der rechtsradikale Nazi).

Der Einsatz dieser modernen Erkenntnisse, deren Verwendung für die Rhetorik ich im Folgenden als neurolinguale Intervention (NLI) bezeichne, ist für den modernen Redner unausweichlich. Ihr Potential kann verglichen werden mit einem „Treibsatz“ in der Chemie: Man kann mit ihm formen (etwa im Druckpressverfahren), man kann mit ihm Raketen für friedliche Missionen starten. Aber man kann damit auch zerstören (als Sprengstoff). Es liegt an uns, wie wir unser Wissen über die Wirkung rhetorischer Mittel verantwortungsvoll einsetzen.

Der weitere Aufbau des Buches trägt dieser Herausforderung an die moderne Rhetorik Rechnung: Jedem „klassischen“ Thema der Redekunst, das man aus der Literatur und Praxis auch bislang kennt, wird der „wirkungspsychologische“ Ansatz zugeordnet, der für Redner und Hörer relevant ist. Daraus ergeben sich manche interessante Querverbindungen und Aha-Effekte zu Erkenntnissen, wie wir sie etwa in den kurzweiligen Büchern von Rolf Dobelli zur „Kunst des klaren Denkens“ und „klugen Handelns“ aktuell erstaunt für unser wirtschaftliches Denken aufnehmen. Auch in der Rhetorik zeigt sich, wie profund wir im Alltagsleben mit Täuschungen und Illusionen konfrontiert werden, ihnen erliegen und trotzdem Erfolg haben können. Das Verständnis dieses Phänomens ist besonders wichtig für heute junge Menschen und die künftigen Generationen, die von Anfang an mit diesem Rüstzeug werden leben müssen. Auch in Zukunft wird erfolgreiche Kommunikation sich nicht auf Wischen und Klicken beschränken können. Wer nur „World of Warcraft“ spielt, wird wohl allenfalls virtuell erfolgreich sein. Es ist und bleibt eine Illusion. Wer aber bereit ist, in Echtzeit auf modernster Grundlage rhetorisch zu sprechen, zu kommunizieren und zu führen, der kann das reale Game of Power gewinnen oder zumindest erfolgreich im Beruf und Privatleben sein.

III.Der Hörer ist das Ziel: Was ein Redner bei seinen Hörern voraussetzen kann – und wie er an sie herankommt

1.Die Interaktion Redner – Hörer

Nachdem wir die wesentlichen modernen Erkenntnisse erarbeitet haben, die dem kommunikativen Denken zugrunde liegen, können wir uns nun der Interaktion zwischen Redner und Hörer/Zuschauer zuwenden. Diese Interaktion heißt Kommunikation. Und auch hierfür gibt es einige wesentliche Grundlagen, die wir als Redner unbedingt kennen sollten: Nur dann können wir wirksam beeinflussen. Sollten Sie dies vertiefen wollen, darf ich Ihnen dazu eine Empfehlung mitgeben: Das deutsche Standardbuch hierzu ist nach wie vor von Friedemann Schulz von Thun „Miteinander reden 1: Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation“; es erscheint seit über 30 Jahren mittlerweile in der 54. Auflage (s.a. zu den psychologischen Grundlagen Höhle, Psycholinguistik).

Grundlage der wirksamen Kommunikation ist die Erkenntnis, dass sie auf verschiedenen Kanälen parallel erfolgt. Wir kennen zwei Hauptkanäle: Verbale Kommunikation und nonverbale Kommunikation. Beide Aktivitätsebenen „produziert“ der Redner zur gleichen Zeit und parallel. Und nur dann, wenn beide „Produkte“ authentisch und glaubwürdig parallel beim Zuhörer ankommen, wird dieser den Redner und seine Rede akzeptieren.

Da wir uns der nonverbalen Kommunikation noch später intensiv widmen, zuerst eine Darlegung der wichtigsten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur verbalen Kommunikation. Die verbale Kommunikation ist – wie wir mittlerweile wissen – ein „Gemeinschaftsprodukt“ von unbewusstem System 1 und bewusstem System 2. Diese Kooperation führt letztlich zu vier potentiellen Inhalten einer Rede und damit ihrer Kommunikationsaussage:

Die Sachinformation: Hier wird, klar von System 2 überwacht, das mitgeteilt, was sachlich-objektiv vermittelt werden soll.