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»Ein isländischer Schriftsteller kann nicht leben, ohne beständig über die alten Bücher nachzudenken.« Halldór Laxness Der Stellenwert, den die Isländersagas im kulturellen Gedächtnis der Isländer einnehmen, ist enorm. Bis heute haben die fesselnden Geschichten rund um die Besiedelung der nordischen Insel nicht an Leuchtkraft verloren: Die Prosatexte aus dem 13. und 14. Jahrhundert sind eine Sternstunde der Geistesgeschichte Europas – und können hier in einer breiten Auswahl bewundert werden. Mit der vorliegenden Neuedition öffnet sich dem Leser ein Tor in eine Welt, die beseelt ist von wütenden Außenseitern, starken Frauen und Rechtskundigen, von Rache, Totschlag und Buße, aber auch von Schadenszauber und Wiedergängern und nicht zuletzt abenteuerlichen Reisen in ferne Länder. Die Isländersagas sind Weltliteratur. Die ›Isländersagas‹ - vorgelegt von den besten literarischen Übersetzern und angereichert mit wissenschaftlichen Zusatzinformationen - räumen einer der bedeutendsten Literaturen den Platz ein, der ihr gebührt. Mit einem Vorwort der Herausgeber Mit Faksimiles der mittelalterlichen Handschriften Mit Karten der Handlungsorte der Sagas Mit einem Glossar
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Seitenzahl: 159
Die Saga vom Hochlandkampf
Isländersagas
Herausgegeben von Klaus Böldl, Andreas Vollmer und Julia Zernack
Aus dem Altisländischen von Ursula Giger
Fischer e-books
Mit einer Einleitung von Laura Wamhoff
Mit einem Vorwort der Herausgeber
Mit Faksimiles der mittelalterlichen Handschriften
Mit einer Karte der Handlungsorte der Saga
Mit einem Glossar
Die Isländersagas (Íslendingasögur) sind umfangreiche Prosaerzählungen in altisländischer Sprache, entstanden im 13. und 14. Jahrhundert. Sie gelten als der wichtigste Beitrag Islands zur Weltliteratur und sind in viele Sprachen übersetzt worden, mehrfach auch ins Deutsche. Die vorliegende Ausgabe präsentiert eine breite Auswahl dieser Sagas in neuen deutschen Übertragungen, ergänzt durch eine Reihe thematisch und stilistisch verwandter Erzählungen (þættir) aus derselben Epoche. In ihrer novellenhaften Kürze und Pointiertheit legen sie zusammen mit den Isländersagas in eindrucksvoller Weise Zeugnis ab von der im Mittelalter einzigartigen Erzählkunst Islands.
Viele Übersetzer haben zum Entstehen der neuen Ausgabe beigetragen. Wenn die Übertragungen dadurch einen je individuellen Ton bekommen haben, dann ist dies durchaus beabsichtigt. Denn die Originaltexte haben bei allen Gemeinsamkeiten doch immer eine deutlich eigene Prägung, die auch in der Übersetzung noch durchscheint. Damit die Sagas als literarische Kunstwerke für sich wirken können, sollten sie von allen erläuternden Zusätzen möglichst frei bleiben. Für das Verständnis unverzichtbare Anmerkungen der Übersetzer sowie Karten zur geographischen Orientierung finden sich in einem Anhang. Den größeren kultur- und literaturgeschichtlichen Zusammenhang erschließt der Begleitband.
April 2011
Die Herausgeber
Heiðarvíga saga
Aus dem Altisländischen von Ursula Giger und mit einer Einleitung von Laura Wamhoff
Das Titelblatt einer Handschrift der Saga vom Hochlandkampf von 1780. Die Saga ist seit dem Brand von Kopenhagen 1728 nur noch fragmentarisch erhalten; der Inhalt der ersten 15 Kapitel ist aber aus einer kurz danach entstandenen Zusammenfassung bekannt, die in diesem Manuskript der Abschrift des Pergament-Fragments vorangestellt ist.
Die Saga vom Hochlandkampf, die aufgrund ihrer besonderen Überlieferung seit jeher für reichlich Diskussionsstoff sorgt, erzählt detailreich von einem langwierigen Konflikt zwischen zwei Familien aus dem Nordwesten und dem Westen Islands. Inhaltlich lässt sich der Text grob in zwei Teile gliedern: Der erste Teil erzählt von Víga-Styr und wurde deshalb auch als die Erzählung von Víga-Styr bezeichnet, der den Konflikt initiiert. Der zweite Teil berichtet hauptsächlich von Barði Guðmundarson, mit dessen Rache die Fehde schließlich ein Ende nimmt.
Zufällig stimmt die ungewöhnliche handschriftliche Überlieferung des Textes mit dieser inhaltlichen Aufteilung annähernd überein: Es liegen zwei Teile des Textes vor, der sogenannte Teil II beruht auf einer fragmentarisch überlieferten mittelalterlichen Handschrift (Holm perg 18 4to), die um 1300 entstand. Teil I hingegen ist nur in einer Nacherzählung von Árni Magnússons Schreiber Jón Ólafsson aus Grunnavík in den Westfjorden bewahrt. Zu dieser außergewöhnlichen Überlieferung kam es, als von dem mittelalterlichen Manuskript, das 1683 in die Königliche Bibliothek Stockholms gebracht wurde, die Hälfte des Textes (12 Blätter) 1725 für eine Abschrift nach Kopenhagen überführt wurde. Da sie nicht rechtzeitig zurückgegeben wurde, verbrannte sie schließlich im Stadtbrand 1728 mit vielen anderen Manuskripten. Bevor die mittelalterliche Handschrift verbrannte, hatte Árni Magnússons Schreiber Jón Ólafsson den Text kopiert und einige Listen mit charakteristischen sprachlichen Wendungen und archaischen Wörtern angelegt. Jóns Abschrift verbrannte zwar mit der Pergamenthandschrift, aber anhand der Wörterlisten verfasste Jón aus der Erinnerung eine Paraphrase des Textes dieser 12 Manuskriptblätter (etwa bis Kap. 15), der uns heute als Teil I der Saga vom Hochlandkampf überliefert ist. Als späte Nacherzählung aus dem Gedächtnis weist dieser Text allerdings erhebliche Unsicherheiten auf. Zudem fehlt auch dort der Sagabeginn, der bereits im mittelalterlichen Manuskript nicht mehr vorhanden war.
Jóns Paraphrase und damit Teil I der Saga vom Hochlandkampf beginnt unvermittelt mit dem Totschlag an einem gewissen Atli. Sofort wird er von dem maßlosen Víga-Styr gerächt, der seinerseits weitere Totschläge begeht, u.a. an zwei Berserkern, von denen er einem seine Tochter versprochen hatte. Diese wird nun mit dem Goden Snorri verheiratet, der eine der Hauptfiguren der Saga von den Leuten auf Eyr darstellt, in der die Totschläge an den Berserkern ebenfalls beschrieben werden (vgl. Kap. 28). Styrs letzter Mord ist der an Þórhall auf Jörvi, dessen Sohn Gest ihn umbringt. Gest kommt nach dieser Tat vorübergehend bei einigen Männern (u.a. bei Þorsteinn Gíslason und Kleppjárn) im Borgarfjord unter, bis er sich nach Norwegen absetzt. Dorthin verfolgt ihn Víga-Styrs Sohn Þorsteinn, der Gest zweimal in Norwegen und ein weiteres Mal in Konstantinopel zu töten versucht. Mit viel Glück überlebt dieser und legt den Streit bei, indem er verspricht, niemals in den Norden zurückzukehren. In Island geben sich Þorsteinns Verwandte jedoch nicht damit zufrieden, dass Gest auf diese Weise davongekommen ist. Der Gode Snorri mischt sich in den Konflikt um seinen erschlagenen Schwiegervater ein und bringt stellvertretend Þorsteinn Gíslason zusammen mit seinem Sohn Þorvarð um, weil sie Gest unterstützt hatten. Die Sache wird schließlich vor das Allthing gebracht, wo der Mord an Þorsteinn mit dem an Styr verglichen und die Acht für Gest offiziell verhängt wird. Daraufhin greifen Háreks Söhne, die mit Kleppjárn und Þorsteinn Gíslason verwandt sind, ein und versuchen in Norwegen Kolskegg, einen angeheirateten Verwandten von Snorri, trotz der gerichtlichen Beilegung zu töten. Kolskegg flieht mit Hilfe von Hall Guðmundarson nach England, und die Hárekssöhne bringen an seiner Stelle Hall in Trøndelag um. Hall wiederum muss von seinem Bruder Barði gerächt werden, und damit kommt die Blutrache zurück nach Island. Barði Guðmundarson auf Ásbjarnarnes ist eigentlich ein ruhiger Mensch, aber sein Ziehvater Þórarinn, ein ihm gänzlich entgegengesetzter Charakter, schmiedet an Barðis Stelle einen Racheplan. Er weist Barði an, sich zunächst in Geduld zu üben und auf dem Allthing eine friedliche Lösung zu finden, was er drei Sommer in Folge versucht.
An dieser Stelle beginnt der zweite Teil der Saga, die in der mittelalterlichen Handschrift überliefert ist und die Grundlage für die folgende Übersetzung darstellt. Þórarinn instruiert Barði darin schrittweise, wie er vorzugehen hat und wie er eine Mannschaft an Verbündeten für einen Anschlag sammeln kann. Die Fehde zwischen den Familien eskaliert schließlich auf der Hochebene Tvídægra im sogenannten Hochlandkampf (Heiðarvíg), nach dem die Saga benannt wurde.
Vor allem die archaische Sprache, die einfache Komposition und die Tatsache, dass etliche andere Sagas eng mit der Saga vom Hochlandkampf in Verbindung stehen, gaben Grund zur Annahme, dass sie eine der ältesten Isländersagas sei. Letztlich ist ihre Datierung allerdings wie bei allen Isländersagas unsicher, da einerseits die ungewöhnliche Überlieferungssituation aufgrund etlicher unsicherer Stellen in Jón Ólafssons Nacherzählung Probleme aufwirft und andererseits das genaue Verhältnis zu anderen Sagas bisher nicht geklärt ist. Auch die ausgefeilte und komplexe Fehdestruktur ist ein Beleg dafür, dass die Saga der Blütezeit der Gattung angehört.
Die Saga vom Hochlandkampf ist aufgrund ihrer einmaligen Überlieferungsgeschichte und der daraus entstehenden Fragen ein faszinierender Text unter den Isländersagas, der die unerbittliche Logik von Blutfehde und Rache besonders eindringlich vor Augen führt.
Barði und seine Brüder hatten in diesem Sommer viel Arbeit, kamen aber gut voran, da sie besser besetzt waren als sonst. Etwa sieben Wochen vor Ende des Sommers reitet Barði zu seinem Ziehvater Þórarinn nach Lækjamót. Sie redeten oft lange miteinander, und die Leute wussten nicht genau, was sie besprachen.
»Nun werden sich die Leute an einem Ort treffen, der Þingeyr heißt, das liegt zwischen Hóp und Húnavatn«, sagt Þórarinn. »Bislang habe ich dafür gesorgt, dass die Versammlung nicht hier stattfand. Reite nun dorthin und stell deine Freunde auf die Probe, denn ich glaube, dass nach so langer Zeit sehr viele Männer dort sein werden. Bestimmt wird Halldór, dein Ziehbruder, dort sein. Bitte ihn um Unterstützung, wenn du vorhaben solltest, den Bezirk zu verlassen, um deinen Bruder zu rächen.«
Ein Hof heißt Bakki, er liegt in der Nähe vom Húnavatn. Dort wohnte eine Frau, die Þórdís hieß und Gefn genannt wurde, sie war Witwe. Ein Mann bewirtschaftete ihren Hof, er hieß Odd und war sehr tüchtig. Er war weder wohlhabend noch stammte er aus einer angesehenen Familie, dennoch war er weithin bekannt.
»Bitte ihn, mit dir zu kommen, darüber wird er selbst entscheiden«, sagt Þórarinn.
Es gibt da eine Gegend mit Namen Kólgumýrar, wo viele Höfe liegen, einer heißt Meðalheim. Dort wohnte der Mann, der Þorgísl hieß und ein Vetter von Gefnar-Odd war; ein kräftiger Mann und guter Skalde, der vermögend und angesehen war.
»Fordere ihn auf mitzukommen.«
Ein Hof heißt Búrfell, er liegt zwischen Svínavatn und Blanda, das ist draußen hinter den Pässen. Dort wohnte der vorsichtige Eirík mit dem Beinamen Viðsjá. Er war ein Dichter und nicht unbedeutend.
»Bitte ihn, dich zu begleiten.«
Im Langadal liegt der Hof Auðólfsstaðir. Dort wohnte ein Mann, der Auðólf hieß; er ist ein tüchtiger Kerl und sehr angesehen. Sein Bruder heißt Þorvald, er wird vorher nicht erwähnt. Er wohnte in dem Tal, das Sléttadal heißt und oberhalb vom Svínavatn liegt. Es gibt dort zwei Höfe, die so heißen. Er war der weitaus stärkste Mann im Nordland.
»Bitte ihn nicht mit auf deine Reise, er hat einen schlechten Charakter.«
Ein Hof heißt Svínavatn, und dort wohnte ein Mann, der Sumarliði hieß und Gjallandi, der Schreier, genannt wird. Er ist wohlhabend und genoss großes Ansehen. Sein Enkel wohnte dort mit ihm und hieß Þorljót Gjallandafóstri, ein mutiger Mann.
»Bitte ihn, sich dir anzuschließen.«
Eyjólf hieß ein Mann, der auf Ásmundargnúp wohnte; das liegt zwischen Vatn und Víðidal.
»Geh zu ihm und bitte ihn, mit dir zu reiten, er ist ein Freund. Ich denke«, sagt er, »dass es niemandem weiter auffällt, wenn du das während der Versammlung machst und sie jeweils darauf ansprichst. Sag ihnen, dass sie so lange nicht in deiner Schuld stehen, bevor du nicht am Samstag, fünf Wochen vor Winterbeginn, auf dem Hof jedes Einzelnen erscheinst. Nimm niemanden mit, der dazu nicht bereit ist, auf so jemanden wäre kein Verlass.
Nimm lieber diese Männer aus dem Bezirk mit, da sie untereinander verwandt und wohlhabend sind, was auch für ihre Verwandten gilt. Sie sind die Tapfersten von allen, die hier im Víðidal und in der gesamten Gegend wohnen, und je enger wir mit ihnen befreundet sind, umso treuer werden sie euch beistehen.
Es kommt darauf an, tapfere und entschlossene Männer bei sich zu haben statt unerfahrener Taugenichtse, die auf nichts zurückgreifen können, wenn es Schwierigkeiten gibt. Die Leute von deinem Hof und deine Nachbarn, die alle mit dir verwandt oder verschwägert sind, sind bereit, sich mit dir auf die Fahrt zu begeben. Eyjólf, dein Schwager von Borg, ist ein kühner und mutiger Kerl.«
In Vesturhóp heißt ein Hof Þernumýr; dort wohnen zwei Brüder; der eine heißt Þórodd, der andere Þorgísl, beide sind Söhne von Hermund und der Verwandtschaft nach Barðis Vettern. Sie besitzen ein großes Vermögen, sind gute Kämpfer und immer zum Angriff bereit.
»Sie werden mit dir kommen.«
Barði und seine Brüder sind nun entschlossen, zu dritt zu reiten. Zusätzlich werden noch zwei Brüder genannt, die mit Barði dort auf dem Hof leben, der eine heißt Ólaf und der andere Dag, sie sind die Söhne von Barðis Tante und bei Guðmund aufgewachsen.
»Auch sie werden mit dabei sein.«
Schließlich sind noch zwei Männer zu erwähnen: Der eine heißt Grís, er wird Koll-Grís genannt und ist auf Ásbjarnarnes aufgewachsen. Er ist handwerklich sehr geschickt, ist der Bewirtschafter des Hofes und ihnen seit jeher gut gesonnen. Der andere heißt Þórð und wird Melrakki, der Fuchs, genannt. Er war der Ziehsohn von Þuríð und Guðmund, die ihn, weil er so arm war, als kleines Kind bei sich aufgenommen und aufgezogen hatten. Er ist jetzt erwachsen und sehr tüchtig, und die Leute sagen, dass ihm alles gelinge, ob mit Worten oder Taten, und seine Zieheltern liebten ihn sehr, vielleicht mehr, als er es verdient hätte.
»Er wird bestimmt mit dir reiten und dafür sein Zuhause verlassen.«
Nun sind die Männer genannt, die mit Barði ziehen sollen. Nachdem sie das alles besprochen haben, trennen sie sich.
Am Tag des Herrn reitet Barði nach Lækjamót und von dort aus weiter zu dem Treffen. Als er dort eintrifft, hat sich eine große Menschenmenge versammelt, und es geht dort vergnüglich zu; die Leute waren zum Reden aufgelegt, denn es war schon lange keine Versammlung mehr abgehalten worden. Deswegen fiel niemandem auf, welche Parteien sich unterhielten und was besprochen wurde.
Da begannen die Ziehbrüder Halldór und Barði eine Unterhaltung miteinander: Barði fragt, ob Halldór im Herbst nicht mit ihm eine andere Gegend aufsuchen wolle.
Halldór sagt, dass »es sicher nicht mannhaft ist, nicht mitzukommen, jetzt bin ich endlich für die Reise gerüstet, die ich schon zweimal in Angriff genommen habe. Aber mir scheint – wenn es denn so kommt, wie ich es vermute –, dass es besser ist, dir meine Unterstützung erst dann anzubieten, wenn du sie dringender benötigst. Hier sind viele, die sich sogar besser für das eignen, was du vorhast – wenn ich dein Vorhaben richtig einschätze.«
Barði gibt ihm zu verstehen, dass es so ist, wie er sagt, dass er aber nicht weniger sein Freund sei, wenn er nicht mitkomme.
»Um eine Sache möchte ich dich jedoch bitten«, sagt Halldór. »Diesen Sommer hatte ich eine Auseinandersetzung mit einem Mann namens Þórarinn. Ich bin auf ihn losgegangen und habe ihn verletzt. Er selbst ist nicht von großer Bedeutung, aber die Männer, deren Thingmann er ist und die seine Forderungen vertreten, sind Leute von großem Ansehen. Ich will Eilíf und Höskuld den Vergleich nicht verweigern, daher bitte ich dich, die Sache für mich zu begleichen. Ich bringe das nicht über mich, denn ich habe ihnen doch schon mal eine Vergeltung ausgeschlagen.«
Barði sucht Höskuld und Eilíf sofort auf und übernimmt Halldórs Angelegenheit. Sie vereinbaren zur Schlichtung ein Treffen auf Klif, dem Hof von Þórarinn, vier Wochen vor Beginn des Winters.
Daraufhin fragt Barði Gefnar-Odd, ob er wohl mit ihm in den Süden zum Borgarfjord kommen würde.
Odd antwortet darauf unverzüglich, »hättest du mich bereits vor einem oder zwei Wintern gefragt, wäre ich auch schon zu dieser Fahrt bereit gewesen.«
Nun geht Barði zu Þorgísl, Odds Vetter, und fragt ihn dasselbe.
Er antwortet: »Die Leute werden sagen, dass deine Anfrage nicht unerwartet kommt, und ich bin dabei, wenn du das möchtest.«
Da trifft er Arngrím, Auðólfs Ziehsohn, und fragt ihn, ob er mit ihm kommen wolle.
Er antwortet: »Ich werde bereit sein, wenn du bereit bist.«
Genauso sprach er mit jedem, der zuvor genannt wurde, und sie sagten alle bereitwillig zu.
Da sprach Barði: »Ihr habt mir anständig auf meine Bitte geantwortet. Ich werde also am Samstag fünf Wochen vor Beginn des Winters zu euch kommen, und sollte ich dann nicht erscheinen, seid ihr nicht verpflichtet, mit mir zu ziehen.«
Nun reiten alle von der Versammlung nach Hause.
Barði trifft sich mit seinem Ziehvater Þórarinn und erzählt ihm, was Halldór und er besprochen haben. Þórarinn nimmt es gut auf und sagt, dass diese Fahrt gelingen werde, auch wenn Halldór nicht mitkomme. »Er wird dir später noch sehr nützlich sein. Von dieser Fahrt habe ich erst vor kurzem zu sprechen begonnen, da ich wollte, dass man in der Gegend des Borgarfjords möglichst spät davon erfährt.«
Nun vergeht die Zeit bis zum Freitag der sechsten Woche vor Winterbeginn, und am Nachmittag haben Barðis Knechte einen Großteil der Heuernte eingebracht. Barði und seine Brüder waren draußen, als die Arbeiter nach Hause kamen, und begrüßten sie freundlich. Sie hatten ihre Werkzeuge bei sich, und Þórð Melrakki zieht seinen Sensenstiel hinter sich her.
Barði sprach: »Zieht der Fuchs jetzt seine Rute hinter sich her?«
»So ist es«, antwortet Þórð, »ich ziehe meinen Schwanz hinter mir her und halte ihn nur wenig hoch, wenn überhaupt. Ich sehe es kommen, dass du deine Rute ganz schön lange hinter dir herziehst, bis du endlich deinen Bruder Hall rächst.«
Barði strafte ihn mit keinem Wort. Dann gingen die Männer zu Tisch. Die Brüder essen hastig und stehen gleich wieder auf. Barði geht zu Þórð Melrakki und redet mit ihm, erteilt ihm die Aufgaben, die er diesen Abend und am nächsten Tag, dem Samstag, zu erledigen habe. Vierzig Heuladungen waren in Ásbjarnarnes noch nicht eingebracht worden. Barði sagt ihm, dass er sie einholen und die Arbeit bis zum Abend beendet haben sollte, »morgen holst du dann unseren Leithammel Fleygir, denn die Hammel sind von den Außenweiden in das eingezäunte Weideland zurückgekommen.« Diesen Auftrag bekam er, weil der Hammel wendiger war als andere Schafe und schwerer zu bändigen, »außerdem sollst du morgen im Ambáttardal unseren fünfjährigen Ochsen holen, ihn schlachten und das Fleisch am Samstag nach Borg bringen. Das ist viel Arbeit, und wenn du es nicht schaffst, wirst du schon sehen, wer dann die Rute höher hält.«
Þórð antwortet, dass er diese großspurigen Drohungen schon kenne und dass ihn das nicht beeindrucke.
Gegen Abend reitet Barði mit seinen Brüdern nach Lækjamót, wo Barði und Þórarinn viel miteinander zu bereden haben.
Nun ist davon zu berichten, wie Þórð mit seinen Aufgaben zurechtkam. Er trug alle Heuhaufen auf Víðines zusammen. Als er danach nach Hause kommt, ist der Schafhirte dabei, seine Herde nach Björg zu treiben. Þórð reitet seit dem Nachmittag dasselbe Pferd. Nun findet er die Hammelherde, nach der er geschickt worden war, kann sie aber erst weit draußen in Hópsós einholen. Er schlachtet den Leithammel und reitet mit dem Fleisch nach Hause. Damit überanstrengt er das Pferd. Er nimmt also ein anderes Pferd und reitet in Windeseile den Weg ins Tal hinüber. Es ist ihm gleichgültig, ob es Tag oder Nacht ist.
Früh am nächsten Morgen erreicht er den Ochsen, tötet ihn und nimmt ihn aus, bindet ihn auf das Pferd und nimmt schließlich den Weg nach Hause und lädt erst einmal das Hammelfleisch ab. Als er zurückkommt, ist ein Bein des Ochsen verschwunden. Þórð fluchte. Ein Mann bekannte sich dazu, es genommen zu haben, und drohte Þórð, er solle nicht wagen, den Mund aufzumachen, sonst würde er Prügel bekommen. Also nimmt er das restliche Schlachtgut und reitet in den Süden nach Borg, wie ihm aufgetragen worden war.
Dort nehmen Barðis Schwester Álöf und ihre Ziehmutter das Fleisch entgegen; sie hieß ebenfalls Álöf, war eine weise Frau und die Ziehmutter von Barði und seinen Brüdern. Sie wurde Kjannök, die mit dem großen Kiefer, genannt, und wegen des Beinamens konnte man die beiden Álöfs auseinanderhalten. Álöf, Barðis Ziehmutter, war sehr weise und hatte die Gabe, Dinge vorauszusehen, und war den Söhnen von Guðmund wohlgesonnen. Sie war zauberkundig und den heidnischen Bräuchen zugetan.
Nun wird davon berichtet, was Ziehsohn und Ziehvater – Þórarinn und Barði – miteinander besprachen, bevor Barði sich auf den Weg machte; sie hatten viel zu bereden. Es war früh am Samstagmorgen und der Plan war, aufzubrechen, um die Leute aufzusuchen, die ihn begleiten sollten. Als er zum Aufbruch bereit war, wurden zwei weiße Pferde auf den Hof geführt, beide hatten schwarze Ohren; es waren die Pferde von Þórð von Breiðavað, die im Sommer auf dem Thing verschwunden waren.