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»Ein isländischer Schriftsteller kann nicht leben, ohne beständig über die alten Bücher nachzudenken.« Halldór Laxness Der Stellenwert, den die Isländersagas im kulturellen Gedächtnis der Isländer einnehmen, ist enorm. Bis heute haben die fesselnden Geschichten rund um die Besiedelung der nordischen Insel nicht an Leuchtkraft verloren: Die Prosatexte aus dem 13. und 14. Jahrhundert sind eine Sternstunde der Geistesgeschichte Europas – und können hier in einer breiten Auswahl bewundert werden. Mit der vorliegenden Neuedition öffnet sich dem Leser ein Tor in eine Welt, die beseelt ist von wütenden Außenseitern, starken Frauen und Rechtskundigen, von Rache, Totschlag und Buße, aber auch von Schadenszauber und Wiedergängern und nicht zuletzt abenteuerlichen Reisen in ferne Länder. Die Isländersagas sind Weltliteratur. Die ›Isländersagas‹ - vorgelegt von den besten literarischen Übersetzern und angereichert mit wissenschaftlichen Zusatzinformationen - räumen einer der bedeutendsten Literaturen den Platz ein, der ihr gebührt. Mit einem Vorwort der Herausgeber Mit Faksimiles der mittelalterlichen Handschriften Mit Karten der Handlungsorte der Sagas Mit einem Glossar
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Seitenzahl: 426
Die Saga von Grettir Ásmundarson
Isländersagas
Herausgegeben von Klaus Böldl, Andreas Vollmer und Julia Zernack
Aus dem Altisländischen von Kristof Magnusson
Fischer e-books
Mit einer Einleitung von Kristof Magnusson
Mit einem Vorwort der Herausgeber
Mit Faksimiles der mittelalterlichen Handschriften
Mit Karten der Handlungsorte der Sagas
Mit einem Glossar
Die Isländersagas (Íslendingasögur) sind umfangreiche Prosaerzählungen in altisländischer Sprache, entstanden im 13. und 14. Jahrhundert. Sie gelten als der wichtigste Beitrag Islands zur Weltliteratur und sind in viele Sprachen übersetzt worden, mehrfach auch ins Deutsche. Die vorliegende Ausgabe präsentiert eine breite Auswahl dieser Sagas in neuen deutschen Übertragungen, ergänzt durch eine Reihe thematisch und stilistisch verwandter Erzählungen (þættir) aus derselben Epoche. In ihrer novellenhaften Kürze und Pointiertheit legen sie zusammen mit den Isländersagas in eindrucksvoller Weise Zeugnis ab von der im Mittelalter einzigartigen Erzählkunst Islands.
Viele Übersetzer haben zum Entstehen der neuen Ausgabe beigetragen. Wenn die Übertragungen dadurch einen je individuellen Ton bekommen haben, dann ist dies durchaus beabsichtigt. Denn die Originaltexte haben bei allen Gemeinsamkeiten doch immer eine deutlich eigene Prägung, die auch in der Übersetzung noch durchscheint. Damit die Sagas als literarische Kunstwerke für sich wirken können, sollten sie von allen erläuternden Zusätzen möglichst frei bleiben. Für das Verständnis unverzichtbare Anmerkungen der Übersetzer sowie Karten zur geographischen Orientierung finden sich in einem Anhang. Den größeren kultur- und literaturgeschichtlichen Zusammenhang erschließt der Begleitband.
April 2011
Die Herausgeber
Grettis saga Ásmundarsonar
Aus dem Altisländischen und mit einer Einleitung von Kristof Magnusson
Der Text der Saga von Grettir Ásmundarson in einer Pergamenthandschrift vom Ende des 15. Jahrhunderts mit der Hand eines unbekannten Schreibers. Unten auf der Seite hat der Schreiber am Beginn des achten Kapitels Platz für die Überschrift gelassen, davor für eine kleine Initiale, jedoch ist an diesen Stellen nie etwas eingetragen worden.
Als Grettir Ásmundarson seinen Halbbruder Þorsteinn Drómund in Norwegen besucht, betrachtet dieser Grettirs muskulöse Oberarme und sagt: »Ich hätte dir weniger Kraft und mehr Glück gewünscht« (Kap. 41).
Dieser Satz beschreibt den zentralen Konflikt der Saga von Grettir Ásmundarson, denn sie erzählt die Geschichte eines Menschen, der ein Held sein könnte und doch zum Antihelden wird.
An Kraft mangelt es Grettir Ásmundarson wahrlich nicht. Er bedient sich der rustikalen Kampftechnik, Gegner mitsamt Waffen und Rüstung bis über seinen Kopf zu heben und dann auf den Boden zu schmettern. Er rettet Bauersfrauen vor Berserkern und befreit von Spuk verheerte Bauernhöfe von Trollfrauen und Wiedergängern. Er ist intelligent, schlagfertig und selten darum verlegen, seine Ruhmestaten mit Skaldenstrophen zu besingen. Doch obwohl er damit fast alle Eigenschaften besitzt, über die ein klassischer Held verfügen muss, scheitert Grettir immer wieder am Schicksal und an seinem aufbrausenden Temperament.
Bis Grettir Ásmundarson zum ersten Mal auftritt, vergeht einiges an Zeit. In den ersten Kapiteln erzählt die Saga von Grettirs Vorfahren, seinem Urgroßvater Önund und seinem Vater Ásmund, die dieselbe Unbeherrschtheit und Reizbarkeit an den Tag legen, die bei Grettir so verhängnisvolle Ausmaße annehmen wird. Der Name Grettir, der »Schlange« bedeuten kann und hier wohl eine Grimasse, eine Art mürrisch-grantiges Grinsen, bezeichnet, kommt anfangs als Beiname zweier Männer namens Ófeig vor – Grettir Ásmundarson hat erst in Kapitel 14 den ersten Auftritt in seiner eigenen Saga.
Über seine ersten Jahre auf dem Hof Bjarg in Nordwestisland heißt es in der Saga: »Schon als Kind war er überheblich, maulfaul und ungehorsam und unverschämt in allem, was er sagte und tat.« Bereits bei seinen Kinderstreichen erweist Grettir sich als ziemlich grausam, er bricht den Hausgänsen die Flügel und häutet die Lieblingsstute seines Vaters, wobei er seine Taten mit Dichtung oder markigen Sinnsprüchen kommentiert, die den Lesern von Anfang an vor Augen führen, dass hier kein gedankenloser Gewalttäter am Werk ist, sondern ein zwar skrupelloser, aber auch intelligenter junger Mann.
Bald darauf tötet Grettir einen Knecht und wird für drei Jahre aus Island verbannt. Als er sich auf den Weg nach Norwegen macht, heißt es über die Leute auf seinem Heimathof: »Viele wünschten ihm eine gute Reise, wenige wünschten, er käme zurück« (Kap. 17).
Doch Grettir kommt zurück, nachdem er sich in Norwegen mit seinen Heldentaten beträchtlichen Ruhm erworben hat, und hätte sich wahrscheinlich auch noch in die isländische Gesellschaft eingliedern können. Aus vielen der ehemals wilden Jugendlichen, die mit Grettir zusammen aufwuchsen, sind inzwischen respektable Bauern geworden – eine gewisse Anzahl an Gewalttaten wurde offenbar als postadoleszente Überspanntheit toleriert. Aber Grettir ist nachtragend. Sofort nach seiner Rückkehr reitet er zu Auðunn Ásgeirson, von dem er einst bei einem Ballspiel brutal verprügelt wurde, und will eine Revanche. Doch es zeigt sich schnell, dass den früheren Raufbold nun ganz andere Dinge interessieren. Grettir lauert Auðunn in dessen Haus auf und sagt: »Ich will mit dir kämpfen.« Doch Auðunn antwortet nur: »Ich muss mich erst um das Essen kümmern« (Kap. 28).
Es kommt nur noch zu einem Ringkampf, den der bald eintreffende Barði Guðmundarson mit den Worten beendet: »Du bist ein streitsüchtiger, unbeherrschter Mann, Grettir. Auðunn hingegen ist gutmütig und besonnen, und du lässt ihn jetzt sofort aufstehen.«
Es fällt auf, wie oft Personen in der Saga als gutmütig, verträglich oder friedlich bezeichnet werden. Das auf Ehre und Großfamilie ausgerichtete vorchristliche Wertesystem, in dem Angehörige nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet sind, ihre erschlagenen Verwandten zu rächen, scheint nicht mehr uneingeschränkt gültig. Die Zeit der Besiedlung ist vorbei, die inzwischen etablierten Bauern freunden sich allmählich mit den Werten des Christentums an. Ein impulsiver, rachsüchtiger Mann wie Grettir passt nicht mehr in diese Zeit oder, besser gesagt, nur die Hälfte seines Wesens passt.
Die Leute bewundern Grettir zwar für seinen Mut und seine Stärke, wollen aber im Alltag möglichst wenig mit ihm zu tun haben. Immer wieder versucht Grettir, andere junge Isländer in Kämpfe zu verwickeln, doch alle seine Versuche werden vereitelt. Grettirs Drang, seine Kraft zu erproben, wird derart stark, dass er es schließlich mit einem Wiedergänger aufnimmt, dem Schafhirten Glám, der nach einer gotteslästerlichen Rede an Weihnachten zu Tode gekommen ist und nun im Vatnsdal Angst und Schrecken verbreitet (Kap. 35).
Es wird Grettirs bisher schwerster Kampf. Es gelingt ihm zwar, Glám zu besiegen, doch bevor der Wiedergänger stirbt, spricht er über Grettir einen Fluch: »Bis jetzt bist du berühmt für deine Taten, doch von nun an werden Ächtung, Mord und Totschlag dein Schicksal sein, denn ich habe dich verflucht. Die meisten Dinge, die du tust, werden dir Leid und Unglück bringen.«
Hier zeigt sich Grettirs Situation in ihrer ganzen tragischen Ambivalenz. Der Sieg über Glám bringt ihm noch größeren Ruhm ein, doch der Fluch des Wiedergängers macht es Grettir endgültig unmöglich, ein normales Leben zu führen. Zu seiner Reizbarkeit kommt jetzt noch schicksalhaftes Pech hinzu, und sogar wenn Grettir Anerkennung von seiner Umgebung sucht, wird er zum Schuldigen: Kurz nach dem Kampf mit Glám will er einigen Kaufleuten helfen, mit denen er an der norwegischen Küste strandet, indem er zum nächsten Haus schwimmt, um Feuer zu holen (Kap. 38). Die Männer in dem Haus halten ihn für einen Troll und greifen ihn an, Grettir will sich nur verteidigen, doch das Haus fängt Feuer, und die Männer kommen um. Hiernach bemüht Grettir sich nach Kräften, seine Unschuld zu beweisen, doch als der norwegische König ihm einen Unschuldsbeweis zugesteht, schlägt er mitten in der Kirche einen Jungen nieder, der ihn verhöhnt hat (Kap. 39).
Wenig später wird Grettir auf dem Allthing zum Gesetzlosen erklärt und darf fortan nicht mehr unter Menschen leben – und das, obwohl er im Dunkeln nicht mehr allein sein kann, ohne die Augen des von ihm besiegten Wiedergängers vor sich zu sehen. Von nun an sind alle Aktionen des sonst so furchtlosen Grettir von dieser Angst vor der Dunkelheit geprägt.
Wie die meisten Isländersagas erzählt die Saga von Grettir Ásmundarson auch von den blutigsten Gefechten in knappem, lakonischem Stil. Hierbei finden sich immer wieder Episoden, die einen frappierend modernen Humor haben, wie diese Beschreibung des Todes von Grettirs Bruder Atli (Kap. 45):
»Da sprang Þorbjörn hervor und rammte Atli seinen Spieß mit beiden Händen in den Bauch, so dass er ganz hindurchging.
Als er den Stoß bekam, sagte Atli: ›Breite Spieße werden immer beliebter.‹«
Manche Passagen gehen gar ins Parodistische, wie zum Beispiel bei dem Kampf um den Wal von Rifsker, wenn sich die aufgebrachten Bauern in Ermangelung richtiger Waffen mit Walknochen schlagen (Kap. 12), oder als Grettir gegen den Berserker Snækoll kämpft (Kap. 40) und sich dessen Einschüchterungstaktik zunutze macht, auf möglichst martialische Art in seinen Schild zu beißen. Grettir tritt so heftig gegen den Schild, dass es dem Berserker den Kiefer abreißt.
In diesen humorvoll-beiläufigen Gewaltdarstellungen erinnert die Saga von Grettir Ásmundarson an American Psycho von Bret Easton Ellis oder Anthony Burgess’ A Clockwork Orange. Und nicht nur der Stil, auch die Erzählweise macht es zumindest wahrscheinlich, dass die Autoren der Saga von Grettir Ásmundarson für das Vergnügen ihrer Leser sorgen wollten: Retardierende Momente, Schnitte und Perspektivwechsel wie im modernen Roman oder Film erhöhen immer wieder die Spannung.
Zu einem zeitgenössischen Text wird die Saga von Grettir Ásmundarson durch diese erzählerischen Mittel natürlich nicht. Die von Geistern, Vorhersehungen und Verwünschungen durchzogene Welt, in der Grettir Ásmundarson lebte, bleibt heutigen Lesern letztendlich fremd. In einem Moment kämpft Grettir erbittert um seine Ehre, die ihm mehr wert ist als das eigene Leben, und erweist sich doch im nächsten Augenblick als schicksalsergebener Fatalist. Dies zeigt sich schon vor dem großen Wendepunkt der Saga, dem Kampf gegen den Wiedergänger Glám. Grettirs Schwager Jökull, bei dem er unterwegs Station macht, warnt ihn davor, sein Schicksal herauszufordern (Kap. 34). Auch Grettir ahnt vermutlich, dass ihm dieser Kampf nichts als Unglück bringen wird, ist aber davon überzeugt, seinem Schicksal nicht entkommen zu können. Er sagt: »Des einen Unglück wartet vor der Tür, beim anderen ist es schon hereingekommen«, dann zieht er los.
So präsentiert sich die Saga von Grettir Ásmundarson heutigen Lesern als überraschend modern erzählter und gleichzeitig rätselhaft fremder Text.
Die Saga von Grettir Ásmundarson in der charakteristischen Kanzleischrift Ásgeir Jónssons (†1707) in einer Handschrift aus den neunziger Jahren des 17. Jahrhunderts. Ásgeir war der Schreiber des in Norwegen ansässigen königlich dänischen Historiographen Þormóður Torfason (Thormod Torfaeus, 1636–1719) und außerdem für Árni Magnússon (1663–1730) tätig. Bis heute ist eine große Anzahl von Manuskripten in seiner Hand bewahrt.
Es war ein Mann namens Önund. Er war der Sohn von Ófeig Burlufót, dessen Vater Ívar Beytill war. Önund war der Bruder von Guðbjörg, der Mutter von Guðbrand Kúla, dessen Tochter Ásta die Mutter von König Ólaf dem Heiligen war. Die Familie von Önunds Mutter kam aus Opplönd, während die Vorfahren seines Vaters zum größten Teil aus Rogaland und Hordaland stammten.
Önund war ein großer Wikinger und segelte nach Westen, um zu plündern. Auf seinen Raubzügen begleiteten ihn Bálki Blængsson von Sótanes und Orm der Wohlhabende. Ihr dritter Begleiter hieß Hallvarð. Sie hatten fünf Schiffe, die alle gut ausgerüstet waren. Sie plünderten auf den Hebriden, und als sie die Insel Barra erreichten, trafen sie auf einen König namens Kjarval, der auch fünf Schiffe hatte. Sie griffen ihn an, und es kam zu einem heftigen Kampf. Önunds Männer kämpften erbittert. Auf beiden Seiten fielen zahlreiche Männer, doch am Schluss floh der König mit einem seiner Schiffe. Die anderen Schiffe und viele Reichtümer fielen Önund und seinen Leuten in die Hände, und sie überwinterten dort. Die nächsten drei Sommer plünderten sie in Irland und Schottland. Dann fuhren sie nach Norwegen zurück.
Zu dieser Zeit war in Norwegen großer Unfriede. Harald Zottelkopf, der Sohn von Hálfdan dem Schwarzen, griff nach der Herrschaft über das ganze Reich. Bisher war er König von Opplönd, doch nun zog er erst nach Norden, wo er viele Schlachten schlug, die er alle gewann. Dann zog er nach Süden und eroberte alles, was er betrat. Erst als er nach Hordaland kam, stellte sich ihm ein großes Heer von Männern entgegen, angeführt von Kjötvi dem Wohlhabenden und Þórir Haklang und den Leuten aus Süd-Rogaland und König Súlki.
Geirmund Heljarskinn war damals im Westen in Britannien und nahm nicht an dieser Schlacht teil, obwohl er in Hordaland viel Land besaß.
In diesem Herbst kam nun Önund mit seinen Leuten aus dem Westen zurück. Das erfuhren Þórir Haklang und König Kjötvi und schickten Männer zu ihnen, baten um Hilfe und versprachen Belohnung. Önund und seine Männer schlugen sich auf Þórirs Seite, denn sie brannten darauf, sich zu beweisen, und sagten, sie wollten da sein, wo der Kampf am härtesten war.
Sie trafen in Rogaland mit König Harald aufeinander, in einem Fjord namens Hafrsfjord. Beide Seiten hatten viele Männer. Diese Schlacht ist eine der größten in ganz Norwegen gewesen. Viele Sagas erzählen davon, da dort meist von den Leuten berichtet wird, die Geschichte machen. Es kamen Leute aus ganz Norwegen und anderen Ländern und viele Wikinger.
Önund positionierte sein Schiff mitten in der Flotte an der Seite des Schiffs von Þórir Haklang. König Harald fuhr auf Þórir Haklang zu, denn Þórir war ein großer Berserker und mutiger Krieger, und zwischen ihnen entbrannte ein erbitterter Kampf. Dann trieb der König seine Berserker voran. Sie wurden Wolfshäute genannt, kein Eisen verletzte sie, und als sie vorstürmten, hielt sie niemand auf. Nach langem, tapferem Kampf fiel Þórir auf seinem Schiff. Daraufhin räumten sie das Schiff mit Stangen und hieben alle Taue durch, so dass es zurücktrieb. Dann griffen die Männer des Königs das Schiff von Önund an, er stand ganz vorn und kämpfte furchtlos.
Da sagten die Männer des Königs: »Der wagt sich bis in den Bug vor. Lasst uns ihm ein Andenken an diese Schlacht verpassen.«
Önund stand mit einem Fuß auf der Bordwand und hieb auf jemanden ein, da griffen sie ihn an. Als er sie abwehrte, rutschte er aus. Da hieb einer aus dem Vorschiff im Boot des Königs nach Önund, traf sein Bein und schlug es unterhalb des Knies ab. Önund war kampfunfähig. Danach fielen die meisten seiner Leute.
Önund wurde auf das Schiff eines Mannes namens Þránd gebracht, sein Bruder war Eyvind der Norweger, und ihr Vater hieß Björn. Auch Þránd war gegen König Harald und lag auf der anderen Seite von Önunds Schiff.
Gleich darauf ergriffen fast alle die Flucht. Þránd und andere Wikinger machten sich davon, so sie es denn konnten, und segelten nach Westen. Önund fuhr mit ihm und Bálki und Hallvarð Súgandi.
Önund wurde geheilt und ging seitdem mit einem Holzbein, darum nannte man ihn Önund Holzbein, solange er lebte.
Damals gab es viele vorzügliche Männer auf den Britischen Inseln, die ihre Ländereien in Norwegen zurücklassen mussten, denn König Harald verbannte alle, die gegen ihn gekämpft hatten, und beschlagnahmte ihre Güter.
Als Önunds Wunden geheilt waren, fuhr er mit Þránd zu Geirmund Heljarskinn, der damals der berühmteste Wikinger westlich von Norwegen war, und sie fragten ihn, ob er nicht sein Herrschaftsgebiet in Hordaland zurückerobern wolle, und boten an, ihn zu begleiten. Sie bedauerten den Verlust ihres Besitzes sehr, denn Önund kam aus einer mächtigen Familie und war reich. Geirmund sagte, König Harald sei inzwischen so stark geworden, dass es kaum Hoffnung gebe, durch Kampf etwas zu erreichen, schließlich habe man sogar verloren, als man aus allen Landesteilen Männer zusammengesammelt hatte. Und ein Sklave des Königs wollte er nicht werden und um das bitten, was ihm von Recht her gehörte; da wollte er sich lieber an einem anderen Ort niederlassen. Er war damals auch kein junger Mann mehr. Önund und die anderen fuhren zurück auf die Hebriden und trafen dort viele ihrer Freunde.
Es war ein Mann namens Ófeig, der Grettir genannt wurde. Er war der Sohn von Einar, dessen Vater Ölvir Barnakarl war. Ófeigs Bruder war Óleif Breið, und dessen Sohn hieß Þormóð Skafti. Ein weiterer Sohn von Ölvir Barnakarl war Steinólf, der Vater von Una, die Þorbjörn Laxakarl heiratete. Steinmóð war auch einer von Ölvirs Söhnen. Er war der Vater von Konáll, dessen Tochter Álfdís von Barra war. Konálls Sohn Steinmóð war der Vater von Halldóra, die Eilíf heiratete, den Sohn von Ketill Einhendi. Ófeig Grettir heiratete Ásný, die Tochter von Vestar Hængsson. Ófeigs Söhne hießen Ásmund Skegglaus und Ásbjörn, seine Töchter waren Aldís, Æsa und Ásvör.
Ófeig war mit seinen Leuten vor König Harald über das Meer nach Westen geflohen, genau wie sein Verwandter Þormóð Skafti. Sie unternahmen viele Raubzüge auf den Britischen Inseln.
Þránd und Önund Holzbein beschlossen, nach Irland zu fahren und Eyvind den Norweger zu treffen, den Bruder von Þránd. Er war für die Verteidigung Irlands zuständig. Eyvinds Mutter war Hlíf, die Tochter von Hrólf Ingjaldsson, dem Enkel von König Fróði, während Þránds Mutter Helga war, die Tochter von Öndótt Krähe.
Der Vater von Þránd und Eyvind war Björn, der Sohn von Hrólf von Ár. Er war aus Gautland geflohen, nachdem er Sigfast, den Schwager von König Sölvi, in seinem Haus verbrannt hatte. Er fuhr im Sommer nach Norwegen und verbrachte den Winter bei dem Sohn von Kolbjörn Sneypir, einem Hersen namens Grím. Der wollte Björn seines Geldes wegen ermorden, woraufhin Björn zu Öndótt Krähe weiterzog, der im Hvinisfjord in Agder wohnte. Öndótt nahm Björn gut auf, er verbrachte die Winter dort und unternahm im Sommer Raubzüge, bis Björns Frau Hlíf starb. Danach verheiratete Öndótt seine Tochter Helga mit Björn, und Björn unternahm keine Raubzüge mehr.
Zu dieser Zeit hatte Eyvind die Kriegsschiffe seines Vaters übernommen und war einer der großen Anführer im Westen geworden. Er heiratete Rafarta, die Tochter des irischen Königs Kjarval, ihre Söhne waren Helgi der Magere und Snæbjörn.
Als Þránd und Önund auf die Hebriden kamen, trafen sie dort Ófeig Grettir und Þormóð Skafti und wurden gute Freunde, denn es schien ihnen, als hätte jeder den anderen aus der Hölle gerettet, als die Kämpfe in Norwegen auf ihrem Höhepunkt waren.
Önund wurde sehr still, und als Þránd das bemerkte, fragte er, was in ihm vorgehe.
Als Antwort sprach Önund diese Strophe:
Froh kann ich kaum sein, seit mich
der Feuerdonner des Schildes traf,
vieles geschieht allzu früh,
mir bleibt der Schaden durch
das Zauberlied der Riesin,
ich glaube, die meisten Männer
halten wenig von mir.
Das reicht aus, um die Freude zu verlieren.
Feuerdonner des Schildes = Kampf; Zauberlied der Riesin = Axt
Þránd sagte, dass Önund stets als tapferer Mann gelten würde, wohin er auch käme. »Du solltest dich niederlassen und heiraten. Ich werde dir helfen so gut ich kann, wenn du mir sagst, wen du im Auge hast.«
Önund fand das ehrenwert von ihm, sagte aber, die Aussichten auf eine gute Partie seien schon einmal besser gewesen.
Da antwortete Þránd: »Ófeig hat eine Tochter namens Æsa. Bei ihr könnten wir es versuchen, wenn du willst.«
Önund sagte, dass er das wollte.
Dann redeten sie mit Ófeig. Er nahm ihr Anliegen freundlich auf und sagte, er wisse, aus welch guter Familie Önund kam und dass er ein reicher Mann sei, »doch sein Land ist nichts wert. Auch scheint er mir nicht mit beiden Beinen im Leben zu stehen, und meine Tochter ist noch ein Kind.«
Þránd sagte, dass Önund kampfeslustiger sei als viele Männer mit zwei Beinen, und durch die Fürsprache von Þránd wurde die Sache beschlossen. Ófeig sollte seiner Tochter Wertsachen als Mitgift geben, weil die beiden nicht bereit waren, Land in Norwegen zu akzeptieren.
Bald danach wurde Þránd die Tochter von Þormóð Skafti versprochen. Beide Frauen sollten drei Jahre verlobt bleiben. Währenddessen fuhren Þránd und Önund weiterhin jeden Sommer auf Raubzug und verbrachten die Winter auf Barra.
Es waren zwei Wikinger namens Vígbjóð und Vestmar. Sie kamen von den Hebriden und fuhren sommers wie winters hinaus auf See. Sie hatten acht Schiffe und plünderten in Irland, wo sie viel Verwüstung anrichteten, bis Eyvind der Norweger dort die Landesverteidigung übernahm. Danach wandten sie sich den Hebriden zu, plünderten dort und bis in die Fjorde von Schottland hinein. Þránd und Önund machten sich auf die Suche nach ihnen und erfuhren, dass sie zu einer Insel namens Bute gesegelt waren.
Dorthin kamen Önund und Þránd mit fünf Schiffen. Die Wikinger zählten die Schiffe, merkten, dass sie in der Überzahl waren, griffen zu ihren Waffen und hielten auf sie zu. Da befahl Önund seinen Männern, die Schiffe zwischen zwei Klippen in Position zu bringen. Zwischen diesen Klippen war ein enger und tiefer Sund, der nur auf einer Seite befahren werden konnte und an dieser Stelle von nicht mehr als fünf Schiffen zugleich. Önund war klug und ließ seine Schiffe so in den Sund fahren, dass sie jederzeit auf das offene Meer zurückrudern konnten, das hinter ihnen lag. Auf der einen Seite war eine Art kleine Insel, dort ließ er ein Schiff hinfahren und viele Felsbrocken auf eine der Klippen bringen, so dass sie von den Schiffen niemand sah.
Die Wikinger stürmten nach vorn und dachten, die anderen wären in eine Falle geraten. Vígbjóð fragte, wer die Männer seien, die dort so eingeklemmt waren. Þránd sagte, er sei der Bruder von Eyvind dem Norweger, »und dies ist mein Gefährte Önund Holzbein.«
Da lachten die Wikinger und sprachen:
Trolle sollen das Holzbein holen.
Trolle sollen sie alle umstürzen.
»Selten sehen wir Männer zum Kampf schreiten, die nicht einmal stehen können.« Önund sagte, dass sie das erst wissen können, wenn sie es ausprobiert hatten. Dann brachten sie ihre Schiffe in eine geschlossene Reihe, und ein harter Kampf entbrannte. Beide Seiten griffen an. Als der Kampf in vollem Gange war, befahl Önund, sein Schiff zu den Klippen zurückzurudern, und als die Wikinger das sahen, dachten sie, er wollte fliehen, und verfolgten ihn. Als sie direkt unter den Klippen waren, kamen die Männer hervor, die dort oben standen, und warfen so große Felsbrocken auf die Wikinger, dass diese sich kaum wehren konnten. Viele kamen um, andere wurden so schwer verwundet, dass sie nicht mehr kämpfen konnten. Da wollten die Wikinger sich davonmachen, doch sie konnten es nicht, weil sie nun an der Stelle lagen, wo der Sund am schmalsten war und sie sowohl von den Schiffen als auch von der Strömung bedrängt wurden. Önund und seine Männer gingen mutig auf Vígbjóð los, und Þránd griff Vestmar an, allerdings ohne großen Erfolg. Als immer weniger Männer auf Vígbjóðs Schiff standen, machten Önund und seine Leute sich bereit zum Entern. Vígbjóð sah das und trieb seine Männer voran. Dann wandte er sich Önund zu, woraufhin viele von Önunds Männern zurückwichen, doch Önund befahl ihnen zuzusehen, wie es zwischen den beiden ausginge, denn Önund strotzte vor Kraft. Sie schoben einen Holzklotz unter sein Knie, so dass er ganz fest stand. Der Wikinger stürmte auf dem Schiff nach hinten, bis er Önund erreicht hatte, und hieb nach ihm, so dass sein Schwert Önunds Schild spaltete, dann aber auf den Holzklotz unter Önunds Knie traf und dort steckenblieb. Vígbjóð bückte sich, um es herauszuziehen. Da hieb Önund ihm so auf die Schulter, dass der ganze Arm abfiel. Nun war der Wikinger kampfunfähig. Als Vestmar sah, dass sein Gefährte verwundet war, sprang er auf das Schiff, das ganz außen lag, und floh mit allen, die es erreichen konnten. Danach durchsuchten Önund und seine Männer die Gefallenen. Vígbjóð war bereits dem Tode nah. Önund ging zu ihm und sprach:
Sieh, wie deine Wunden bluten,
mich zurückweichen sahst du nicht.
Der einbeinige Schatzvergeuder bekam
nicht eine Schramme von dir,
vielen ist Geschwätzigkeit gegeben
aber keine Klugheit,
der Brecher des Schlages der Riesin zeigt
keine Tapferkeit im Kampf.
einbeiniger Schatzvergeuder = Mann = Önund; Schlag der Riesin = Axt; Brecher der Axt = Krieger
Sie machten große Beute und segelten im Herbst zurück nach Barra.
Im folgenden Sommer machten sie sich auf, gen Westen nach Irland zu segeln. Bálki und Hallvarð segelten weiter über das Meer bis nach Island, wo es angeblich viel gutes Land gab. Bálki siedelte im Hrútafjord und lebte auf zwei Höfen, die er beide Bálkastaðir nannte. Hallvarð nahm den Súgandafjord und Skálavík bis hinter Stigi und siedelte dort.
Þránd und Önund fuhren zu Eyvind dem Norweger. Er hieß seinen Bruder willkommen, aber als er merkte, dass Önund auch dabei war, wurde er wütend und wollte ihn angreifen. Þránd hielt ihn zurück und sagte, dass man nicht auf einen Norweger losgehen dürfe, schon gar nicht einen, der selber nicht auf einen Kampf aus war. Eyvind sagte, dass Önund früher König Kjarval angegriffen hatte und nun dafür büßen sollte. Die beiden Brüder redeten lange darüber, und erst als Þránd drohte, auf Önunds Seite zu kämpfen, ließ Eyvind die Sache auf sich beruhen. Sie wohnten die meiste Zeit des Sommers dort und zogen mit Eyvind auf Raubzüge; Önund schien ihm ein äußerst mutiger Mann. Im Herbst fuhren sie auf die Hebriden. Eyvind versprach Þránd das ganze Erbe ihres Vaters Björn, falls dieser vor Þránd sterben sollte. Dann blieben sie auf den Hebriden, bis sie heirateten, und noch einige weitere Jahre.
Als Nächstes starb Björn, der Vater von Þránd, und als Grím der Herse das hörte, ging er zu Öndótt Krähe und forderte Björns Erbe, doch Öndótt sagte, dass Þránd das Vermögen seines Vaters bekommen solle. Grím sagte, Þránd sei nach Westen nach Britannien gegangen, Björn aber stamme aus Gautland, und es sei nun einmal so, dass der König von allen erbe, die im Ausland waren. Öndótt sagte, er wolle das Erbe für seinen Enkel Þránd einbehalten. Daraufhin ging Grím wieder fort, ohne von dem geforderten Vermögen etwas bekommen zu haben.
Als Þránd vom Tod seines Vaters erfuhr, segelte er sofort mit Önund Holzbein von den Hebriden los. Ófeig Grettir und Þormóð Skafti hingegen segelten samt Familien und Gesinde nach Island und kamen im Süden bei Eyrar an Land, wo sie ihren ersten Winter mit Þorbjörn Laxakarl verbrachten. Danach siedelten sie im Gnúpverjahrepp. Ófeig siedelte im Westteil zwischen den Flüssen Þverá und Kálfá und wohnte auf Ófeigsstaðir bei Steinsholt. Þormóð nahm den östlichen Teil in Besitz und wohnte auf Skaftaholt. Die Töchter von Þormóð hießen Þórvör, deren Sohn Þórodd der Gode von Hjalli war, und Þórvé, die Mutter von Þorsteinn dem Goden, dessen Sohn Bjarni der Weise war.
Von Þránd und Önund ist zu erzählen, dass sie einen so günstigen Wind nach Norwegen bekamen, dass niemand von ihrer Reise erfuhr, bevor sie bei Öndótt Krähe ankamen. Er nahm Þránd freundlich auf und erzählte ihm von dem Anspruch, den Grím der Herse auf Björns Erbe geltend machte: »Ich möchte, dass du als mein Verwandter das Erbe deines Vaters bekommst und nicht irgendwelche Knechte des Königs. Noch weiß zum Glück niemand von deiner Ankunft, aber ich ahne, dass Grím einen von uns beiden angreifen wird, sobald er kann. Nimm dein Erbe und geh ins Ausland.« Þránd sagte, das werde er tun. Er nahm das Geld und machte sich umgehend daran, Norwegen zu verlassen. Bevor Þránd in See stach, fragte er Önund Holzbein, ob er nicht mit nach Island kommen wolle. Önund sagte, er wolle erst seine Verwandten und Freunde in Südnorwegen sehen. Þránd sagte: »Dann trennen wir uns nun. Bitte steh meinen Verwandten bei, denn sie wird die Rache treffen, falls ich entkomme. Ich fahre nun nach Island und möchte, dass du das auch tust.«
Önund versprach es ihm, sie trennten sich als Freunde, und Þránd segelte nach Island. Ófeig und Þormóð Skafti nahmen ihn gut auf. Þránd wohnte auf Þrándarholt. Das ist westlich des Flusses Þjórsá.
Önund ging Richtung Süden nach Rogaland und traf dort viele seiner Verwandten und Freunde. Er wohnte heimlich bei einem Mann namens Kolbeinn und erfuhr, dass König Harald seine Ländereien beschlagnahmt und einen Mann namens Hárek als Verwalter eingesetzt hatte. Eines Nachts ging Önund hin und überfiel ihn. Hárek wurde geköpft. Önund nahm alle Wertsachen, die sie finden konnten, dann brannten sie den Hof nieder. Den Winter verbrachte er an wechselnden Orten.
In diesem Herbst tötete Grím der Herse Öndótt Krähe, weil der ihm den Erbteil des Königs verweigert hatte; doch Signý, Öndótts Frau, brachte noch in derselben Nacht alles Geld auf ein Schiff und fuhr mit ihren Söhnen Ásmund und Ásgrím zu ihrem Vater Sighvat. Wenig später schickte sie ihre Söhne ins Sóknadal zu ihrem Ziehvater Héðinn, doch sie fühlten sich dort nicht lange wohl und wollten zu ihrer Mutter zurück. Zum Julfest fuhren sie zu Ingjald Tryggvi nach Kvinesdal. Seiner Frau Gyða zuliebe nahm er sie auf, und sie verbrachten den Winter dort.
Im Frühjahr kam Önund in den Norden der Provinz Agder, weil er von Öndótts Tod gehört hatte und dass er getötet worden war. Als er Signý traf, fragte er, wie er ihnen am ehesten helfen könne. Sie sagte, dass sie sich gerne an Grím dem Hersen für den Mord an Öndótt rächen würden. Es wurde nach Öndótts Söhnen geschickt, und als sie Önund Holzbein kennenlernten, taten sie sich zusammen und kundschafteten aus, was Grím der Herse unternahm.
Im Sommer braute Grím viel Bier, da er Jarl Auðunn zu sich eingeladen hatte. Als Önund und die Söhne von Öndótt Krähe das hörten, zogen sie zu Grím, zündeten den Hof an, und da sie überraschend kamen, verbrannte Grím der Herse mit nahezu dreißig Leuten darin. Sie nahmen viele Wertsachen mit sich, und Önund versteckte sich im Wald, die Brüder hingegen nahmen das Boot von ihrem Ziehvater Ingjald, ruderten davon und versteckten sich in der Nähe des Hofes.
Jarl Auðunn kam wie verabredet zu dem Fest und vermisste seinen Freund sofort. Er rief seine Männer zusammen und blieb einige Nächte dort, ohne Önund und seine Gefährten zu bemerken. Der Jarl schlief mit zwei weiteren Männern in einem Haus unter dem Dach.
Önund verfolgte alles, was auf dem Hof vor sich ging, schickte nach den Brüdern, und als sie kamen, fragte Önund, ob sie lieber den Hof im Auge behalten oder auf den Jarl losgehen wollten; sie entschieden sich dafür, sich den Jarl vorzunehmen. Mit einem Balken brachen sie die Tür zu dem Dachboden auf, dann griff Ásmund die beiden, die mit dem Jarl dort oben lagen, und stieß sie so heftig zu Boden, dass sie fast zu Tode kamen. Ásgrím packte Jarl Auðunn und forderte eine Entschädigung für den Tod seines Vaters, denn Auðunn hatte Grím dem Hersen dabei geholfen, Öndótt zu ermorden. Der Jarl sagte, er habe kein Geld bei sich, und bat darum, später bezahlen zu dürfen, doch Ásgrím setzte dem Jarl die Spitze seines Speeres auf die Brust und befahl ihm, sofort zu zahlen. Daraufhin gab der Jarl ihm seine Halskette, drei goldene Ringe und einen kostbaren Brokatumhang; Ásgrím nahm diese Wertsachen und gab dem Jarl den Spitznamen Auðunn Ziege.
Als die Bauern und andere Männer aus der Gegend von dem Angriff erfuhren, kamen sie herbei und wollten dem Jarl beistehen. Ein erbitterter Kampf entbrannte, denn Önund hatte viele Männer. Viele angesehene Bauern und Männer aus dem Gefolge des Jarls kamen um. Dann gingen die Brüder zu Önund und berichteten, wie sie mit dem Jarl verfahren waren. Önund fand es schlecht, dass der Jarl nicht getötet worden war, »das wäre eine Rache an König Harald gewesen für all das, was wir durch ihn verloren haben.« Die Brüder sagten, dass für den Jarl auf diese Weise alles viel beschämender sei, und zogen dann weiter in das Súrnadal zu einem Landverwalter namens Eirík Ölfús. Er nahm sie alle den Winter über bei sich auf. Am Julfest hielten sie ein großes Trinkgelage ab mit einem Mann namens Hallsteinn Hest. Eirík bewirtete sie großzügig und gut. Als aber Hallsteinn als Gastgeber an der Reihe war, gab es dort Streit, und er schlug Eirík mit einem Trinkhorn. Eirík konnte keine Rache nehmen und kehrte unverrichteter Dinge nach Hause zurück.
Den Söhnen von Öndótt gefiel das überhaupt nicht, und nur wenig später zog Ásgrím zu Hallsteinns Hof, ging alleine hinein und verpasste Hallsteinn eine schwere Wunde. Die anderen Bewohner sprangen auf und hieben nach ihm, doch er verteidigte sich gut und entkam in die Dunkelheit, während sie dachten, sie hätten ihn getötet.
Önund und Ásmund hörten davon und dachten, Ásgrím wäre tot, ohne dass sie noch etwas tun könnten. Daraufhin riet Eirík ihnen, nach Island zu fahren, denn es wäre nicht klug, noch im Land zu sein, sobald der König käme, um sich der Sache anzunehmen. Sie stimmten zu, bereiteten die Fahrt nach Island vor und nahmen sich jeder ein Schiff. Hallsteinn lag im Wundfieber und starb, bevor Önund und seine Männer in See stachen. Kolbeinn, von dem schon einmal die Rede war, fuhr auf Önunds Schiff mit.
Sobald sie bereit waren, liefen Önund und Ásmund mit ihren Schiffen aus und segelten zusammen.
Da sprach Önund diese Strophe:
Einst hielt man mich und Hallvarð Súgandi
für tapfer im Sturmwind des Schwertes,
so stark der verderbliche Speersturm
auch war.
Nun muss man mit einem Bein
auf das Pferd der Planken steigen,
um nach Island zu gehen,
dieser Skalde sinkt.
Sturmwind des Schwertes = Schlacht; verderblicher Speersturm = verlustreicher Kampf; Pferd der Planken = Schiff
Sie hatten eine raue Überfahrt, ein starker Wind aus Süden trieb sie nach Norden ab. Als sie Island fanden und sich wieder orientieren konnten, waren sie nördlich von Langanes. Ihre Schiffe waren in Rufweite voneinander, und Ásmund meinte, sie sollten Richtung Eyjafjord fahren, und Önund stimmte zu. Sie kreuzten vor der Küste, da zog aus Südosten ein Sturm herauf, und als Önund und seine Männer versuchten, hart am Wind zu segeln, wurde die Rahe beschädigt, so dass sie die Segel einholten und auf das Meer hinaustrieben.
Ásmund suchte bei der Insel Hrísey Schutz und wartete, bis er einen günstigen Wind in den Eyjafjord bekam. Helgi der Magere gab ihm den ganzen Kræklingahlíð, er selber wohnte am südlichen Teil des Flusses Glerá.
Sein Bruder Ásgrím kam einige Jahre später nach Island und wohnte am nördlichen Teil der Glerá, er bekam einen Sohn namens Elliða-Grím, der seinen Sohn Ásgrím nannte.
Von Önund Holzbein bleibt zu erzählen, dass sie einige Tage mit ihrem Schiff umhertrieben. Dann drehte der Wind, und sie segelten Richtung Land. Die, die schon einmal diese Reise gemacht hatten, erkannten, dass sie westlich von Skagi waren. Sie segelten in den Strandaflói, und in der Nähe von Suður-Strandir ruderten sechs Männer in einem Boot mit zehn Rudern auf sie zu und fragten, wer den Befehl über das Schiff habe. Önund nannte seinen Namen und fragte, woher sie kämen. Sie sagten, sie seien Knechte von Þorvald aus Drangar.
Önund fragte, ob alles Land bei Strandir inzwischen in Besitz genommen worden sei. Ein kleiner Teil im inneren Strandir-Gebiet sei noch zu haben, sagten sie, Richtung Norden hingegen nichts mehr. Önund fragte seine Mannschaft, ob sie weiter im Westen suchen wollten oder das nehmen, was sich ihnen hier bot. Sie wollten sich das Land erst einmal näher ansehen, segelten weiter in den Fjord hinein und ankerten an einem Kap bei Árnes, unweit der Mündung eines Baches, setzten ein Boot aus und ruderten an Land.
Dort wohnte ein reicher Mann namens Eirík Snara, der das Land zwischen dem Ingólfsfjord und Ófæra im Veiðileysufjord in Besitz genommen hatte. Als Eirík erfuhr, dass Önund gekommen war, bot er ihm an, alles freie Land zu nehmen, was er wollte, wendete aber ein, dass nur noch wenig übrig sei. Önund sagte, er wolle das Land erst sehen.
Sie fuhren also weiter in den Fjord hinein, und als sie Ófæra erreichten, sagte Eirík: »Da seht ihr es. Von hier an ist alles frei, bis zu dem Land, das Björn beansprucht hat.«
Auf dieser Seite des Fjords ragte ein großer Berg auf, und dessen Rücken war bedeckt mit Schnee.
Önund blickte auf den Berg und sprach diese Strophe:
Diesen Speerschärfer treibt das Leben
schwankend fort von Macht und Land,
doch das Pferd der Planken durchzieht die See,
viele Verwandte habe ich verlassen
genau wie Land und jetzt noch dies:
ein schlechter Handel,
wenn ich Kaldbak bekomme
und Ackerland dafür gebe.
Speerschärfer = Krieger; Pferd der Planken = Schiff; Kaldbak = Kalter Bergrücken (der Name von Önunds Hof)
Eirík antwortete: »Mancher hat in Norwegen so viel verloren, dass er hier keinen Ersatz finden wird. Außerdem glaube ich, dass fast alles Land in den Hauptbezirken besiedelt ist, und kann dir daher nicht empfehlen, von hier fortzugehen. Ich halte mein Wort und gebe dir von diesem Land, was du willst.«
Önund sagte, er werde das Angebot annehmen, und nahm Land von Ófæra über die drei Buchten Byrgisvík und Kolbeinsvík und Kaldbaksvík bis zu den Felsen des Kaldbak. Später überließ Eirík ihm den ganzen Fjord Veiðileysa, den Reykjafjord und den Teil von Reykjanes, der auf ihrer Seite lag. Über das Treibgut redeten sie nicht weiter, es war so viel, dass jeder davon nahm, was er wollte.
Önund baute einen Hof in Kaldbak und hatte viele Leute. Als sein Vieh sich vermehrt hatte, baute er einen zweiten Hof im Reykjafjord.
Kolbeinn wohnte in Kolbeinsvík, und Önund blieb einige Winter friedlich zu Hause.
Önund war so kühn, dass es nur wenige mit ihm aufnehmen konnten, auch wenn sie unversehrt waren. Aufgrund seiner Abstammung war er in ganz Island wohlbekannt.
Bald darauf gab es einen Streit zwischen Ófeig Grettir und Þorbjörn Jarlakappi, der damit endete, dass Þorbjörn Ófeig in der Schlucht Grettisgeil in der Nähe von Hæll tötete. Ófeigs Söhne versammelten viele Männer, um den Mörder anzuklagen. Sie schickten nach Önund Holzbein, und er ritt im Frühling nach Süden und wohnte in Hvamm bei Auð der Tiefsinnigen. Sie nahm ihn freundlich auf, denn er war schon mit ihr in Britannien gewesen.
Ihr Enkel Ólaf Feilan war zu dieser Zeit bereits erwachsen, Auð war gebrechlich und alt. Sie erzählte Önund von ihrem Wunsch, dass ihr Enkel Ólaf um die Hand von Álfdís von Barra anhielt, die eine entfernte Kusine von Önunds Frau Æsa war. Önund fand das vielversprechend, und Ólaf ritt mit ihm nach Süden.
Als Önund seine Freunde und Verwandten traf, luden sie ihn zu sich ein. Es wurde über die Tötung von Ófeig geredet, und die Sache wurde vor das Thing von Kjalarnes gebracht, denn das Allthing gab es damals noch nicht. Es wurde ein Vergleich geschlossen, eine große Entschädigung gezahlt, und Þorbjörn Jarlakappi wurde verbannt. Sein Sohn hieß Sölmund, der Vater von Sviðu-Kári, und sie blieben hiernach eine lange Zeit im Ausland.
Þránd lud Önund zusammen mit Ólaf und Þormóð Skafti zu sich ein. Sie brachten Ólafs Antrag vor, was leicht war, da alle wussten, was Auð für eine angesehene und wohlhabende Frau war. Die Sache wurde beschlossen, und Önund und Ólaf ritten wieder nach Hause. Auð dankte Önund, dass er Ólaf geholfen hatte.
Im selben Herbst heiratete Ólaf Feilan Álfdís von Barra, dann starb Auð die Tiefsinnige, wie in der Saga von den Leuten aus dem Laxárdal berichtet wird.
Önund und Æsa bekamen zwei Söhne. Der ältere hieß Þorgeir, und den jüngeren nannten sie Ófeig Grettir. Wenig später starb Æsa. Danach heiratete Önund eine Frau namens Þórdís. Sie war eine Tochter von Þorgrím aus Gnúp im Miðfjord und mit Miðfjord-Skeggi verwandt. Mit ihr hatte Önund einen Sohn, der Þorgrím hieß. Er wuchs schnell zu einem großen und starken Mann heran und wurde ein erfolgreicher Bauer und kluger Mensch.
Önund lebte auf Kaldbak, bis er alt wurde. Er starb an einer Krankheit und ist in Tréfótshaug begraben. Es hat in Island nie einen mutigeren und flinkeren Einbeinigen gegeben.
Þorgrím war der wichtigste von Önunds Söhnen, obwohl er nicht der Erstgeborene war. Als er fünfundzwanzig Jahre alt war, hatte er bereits graue Haare. Daher wurde er Graukopf genannt. Seine Mutter Þórdís heiratete später Auðunn Skökull aus dem Víðidal im Norden. Ihr Sohn hieß Ásgeir aus Ásgeirsá. Þorgrím Graukopf und seine Brüder hatten zusammen viel Besitz und teilten ihn nie untereinander auf.
Eirík lebte, wie bereits erwähnt, auf Árnes und war mit Ólöf verheiratet, der Tochter von Ingólf aus dem Ingólfsfjord. Ihr Sohn hieß Flosi. Er war ein begabter Mann und hatte eine große Verwandtschaft. Drei Brüder kamen hierher nach Island, Ingólf und Ófeig und Eyvind, sie nahmen drei Fjorde, die nach ihnen benannt wurden, und lebten seitdem dort. Eyvinds Sohn Ólaf siedelte erst im Eyvindarfjord, zog dann nach Drangar und war ein mächtiger Mann.
Solange die älteren Männer lebten, gab es keinen Streit. Aber nachdem Eirík gestorben war, fand Flosi, dass die Leute von Kaldbak von Rechts wegen keinen Anspruch auf die Ländereien hatten, die Önund von Eirík bekommen hatte. Daraus erwuchs ein großes Zerwürfnis. Önunds Nachfahren konnten zwar trotzdem dort bleiben, aber sie konnten keine gemeinsamen Spiele mehr abhalten.
Þorgeir führte den Hof der Brüder im Reykjafjord und ruderte oft zum Fischen hinaus, weil die Fjorde damals voller Fische waren.
Dann machten die Menschen in Vík einen Plan. Es war ein Mann namens Þorfinn. Er war einer der Knechte von Flosi auf Árnes. Ihn setzte Flosi auf Þorgeirs Kopf an. Er versteckte sich im Bootsschuppen. Als Þorgeir am nächsten Morgen hinausrudern wollte, waren zwei Männer bei ihm, einer hieß Hámund und der andere Brand. Þorgeir ging voraus. Er hatte eine Lederflasche mit saurer Molke auf dem Rücken. Es war sehr dunkel. Als er vom Bootsschuppen zum Wasser ging, lief Þorfinn ihm hinterher, schlug ihm mit der Axt zwischen die Schulterblätter, und die Waffe sank ein, wobei es platschte. Er ließ die Axt los, denn er glaubte, dass es hier nichts mehr zu verbinden gäbe, und wollte sich so schnell wie möglich in Sicherheit bringen.
Von Þorfinn gibt es zu sagen, dass er nach Árnes zurücklief und dort ankam, bevor es ganz hell war. Er behauptete, Þorgeir getötet zu haben, und suchte bei Flosi Schutz; er sagte, ihnen bleibe wohl nichts übrig, als dafür eine Entschädigung zu zahlen, »das wird uns am ehesten helfen, bei allem, was passiert ist.«
Flosi sagte, er wolle erst abwarten, »außerdem merke ich, dass du nach deiner großen Tat eine ziemliche Angst hast.«
Um auf Þorgeir zurückzukommen: der hatte sich zur Seite gedreht, als der Hieb ihn traf, so dass die Axt in die Lederflasche auf seinem Rücken fuhr und er gar nicht verletzt wurde. Sie suchten nicht nach dem Mann, weil es noch dunkel war. Sie ruderten hinaus auf den Fjord und kamen nach Kaldbak, wo sie erzählten, was passiert war.
Sie lachten sehr über diesen Vorfall und nannten ihn Þorgeir Flaschenrücken, und so hieß er seitdem.
Dann dichteten sie dieses:
Einst wuschen berühmte Ehrenmänner
die Glanzfische der Schilde
im spitzgiebeligen Haus
des Wundenmeeres.
Nun rötet ein jämmerlicher Kerl,
dem man weithin schon die Ehre nahm,
beide Wangen des Werkzeugs der Wunde
in der Molke aus Feigheit.
Glanzfische der Schilde = Schwerter; spitzgiebeliges Haus des Wundenmeeres = tiefe Wunde; Werkzeug der Wunde = Schwert
Zu dieser Zeit kam eine so große Hungersnot über Island, wie es sie seitdem nie mehr gab. Fast alle Fische blieben aus, und es trieb auch nichts an Land. Sie dauerte viele Jahre.
In einem Herbst kamen Kaufleute von ihrem Kurs ab und erlitten Schiffbruch vor Vík. Flosi nahm vier oder fünf von ihnen bei sich auf. Ihr Schiffsführer hieß Steinn. Sie wohnten in verschiedenen Orten in der Gegend von Vík und wollten ein neues Schiff aus den Wrackteilen bauen, was ihnen nicht gelang; an den Enden war das Schiff zu schmal und mittschiffs zu breit.
Im Frühjahr kam ein schwerer Nordsturm auf, der fast eine Woche anhielt. Danach sahen die Leute nach dem Treibgut.
Auf Reykjanes wohnte ein Mann namens Þorsteinn. Er fand einen Wal, der an der inneren Seite der Landzunge angespült worden war, die Rifsker hieß. Es war ein großer Finnwal. Er schickte sofort einen Mann zu Flosi nach Vík und zu den Nachbarhöfen.
Ein Mann namens Einar wohnte auf Gjög. Er hatte von den Leuten aus Kaldbak Land gepachtet und sollte auf seiner Seite des Fjords das Treibgut bergen. Als er den gestrandeten Wahl sah, nahm er sein Schiff und ruderte über den Fjord nach Byrgisvík. Von dort schickte er einen Mann nach Kaldbak. Þorgrím und seine Brüder hörten das, handelten sofort und ruderten mit zwölf Mann in einem Boot mit zehn Rudern los. Kolbeinns Söhne Ívar und Leif waren auch dabei, zusammen mit vier von ihren Leuten. Alle Bauern, die konnten, machten sich auf den Weg zu dem Wal.
Von Flosi ist zu erzählen, dass er nach seinen Verwandten aus dem Ingólfsfjord und Ófeigsfjord schickte und nach Ólaf Eyvindarson, der damals auf Drangar wohnte. Flosi und die Leute aus Vík waren zuerst da. Sie begannen sofort, den Wal zu zerlegen, und zogen aufs Land, was abgeschnitten war. Anfangs waren sie um die zwanzig, doch es wurden schnell mehr.
Dann kamen die Leute aus Kaldbak mit vier Schiffen. Þorgrím forderte den Wal für sich und verbot den Leuten aus Vík, ihn zu zerschneiden, aufzuteilen und fortzuschaffen. Flosi forderte ihn auf, zu beweisen, dass Önund Holzbein von Eirík ausdrücklich das Recht auf alles Treibgut bekommen hatte, sonst würde er den Wal mit Gewalt verteidigen. Þorgrím Graukopf fand, er hatte zu wenig Männer, und entschied sich gegen einen Angriff.
Da kam ein Schiff mit voller Kraft über den Fjord und landete bald darauf an. Es waren Svan aus Hóll im Bjarnarfjord und seine Knechte. Und als er ankam, sagte Svan zu Þorgrím, er solle sich nicht berauben lassen. Sie waren schon länger gute Freunde, und Svan bot ihm seine Unterstützung an. Die Brüder nahmen dies an und gingen unerschrocken auf die anderen los. Þorgeir Flaschenrücken sprang zuerst auf den Wal und griff Flosis Knechte an. Þorfinn, der bereits erwähnt wurde, zerlegte den Wal. Er stand vorn am Kopf in einer Kuhle, die er sich hineingeschnitten hatte.
Þorgeir rief: »Hier hast du deine Axt zurück.«
Dann hieb er ihm in den Hals, so dass der Kopf abfiel.
Flosi stand auf dem Kies am Ufer und sah das. Er trieb seine Männer an, den Angriff abzuwehren. Sie kämpften lange, dann gewannen die Leute von Kaldbak die Oberhand. Abgesehen von den Äxten und Messern, mit denen sie den Wal zerlegten, hatten nur wenige Männer Waffen dabei. Die Leute aus Vík zogen sich vom Wal auf den Strand zurück. Die Norweger hingegen waren bewaffnet und gefährlich. Steinn, ihr Schiffsführer, schlug Ívar Kolbeinsson das Bein weg, Ívars Bruder Leif jedoch erschlug einen von Steinns Leuten mit einer Walrippe. Nun kämpften sie mit allem, was herumlag, und es gab Tote auf beiden Seiten.
Als Nächstes kam Ólaf aus Drangar mit vielen Schiffen an und schlug sich auf Flosis Seite. Die Leute von Kaldbak waren nun in der Unterzahl, hatten ihre Schiffe aber schon beladen. Svan befahl seinen Leuten, an Bord zu gehen, und sie liefen zu den Schiffen. Die Leute aus Vík verfolgten sie. Als Svan das Meer erreicht hatte, schlug er dem Schiffsführer Sveinn eine tiefe Wunde, dann sprang er auf sein Schiff. Þorgrím konnte entkommen, nachdem er Flosi schwer verwundete. Ólaf hieb nach Ófeig Grettir und traf ihn tödlich. Þorgeir packte Ófeig mit beiden Armen und sprang mit ihm auf das Schiff. Dann ruderten die Leute aus Kaldbak über den Fjord und trennten sich dort.
Über diese Begegnung wurde folgende Strophe gemacht:
Ich hörte, sie hatten bei Rifsker
recht harte Waffen dabei,
denn viele waffenlose Männer kämpften
meist mit Teilen des Wals,
doch die anderen wehrten sich tapfer
und warfen mit Walfleisch zurück,
mir scheint dieser Kampf
wie ein schlechter Scherz.
Sie schlossen Waffenruhe und brachten die Sache vor das Allthing. Þórodd der Gode, Skeggi von Miðfjord und viele Männer aus dem Süden von Island setzten sich für die Leute aus Kaldbak ein. Flosi und viele, die auf seiner Seite gewesen waren, wurden verbannt. Es wurde sehr kostspielig für ihn, da er alle Entschädigungen selber bezahlen wollte. Þorgrím und sein Bruder konnten nicht beweisen, dass sie Geld für die Ländereien und das Strandrecht bezahlt hatten, das Flosi für sich beanspruchte.
Þorkell Máni war damals der Gesetzessprecher und wurde gebeten, ein Urteil zu fällen. Er meinte, vor dem Gesetz gelte etwas auch dann als Kauf, wenn dafür nicht der volle Preis gezahlt worden sei, »so hatten es ja auch Steinuð die Alte und mein Großvater Ingólf gemacht, als sie von ihm ganz Rosmhvalanes bekam und ihm nur einen schäbigen Kapuzenmantel dafür gab. Diese Vereinbarung wurde nie für ungültig erklärt, obwohl es da um viel größere Werte ging. Aber hier schlage ich vor«, sagte er, »dass das umstrittene Stück Land geteilt wird und beide Parteien gleich viel bekommen. Von nun an soll jeder rechtmäßig das bekommen, was an seinem Land antreibt.«
So wurde es gemacht. Es wurde so geteilt, dass Þorgrím und sein Bruder den Reykjafjord und alles Land auf dessen Nordseite abgaben und dafür Kamb bekamen. Für Ófeigs Tod wurde eine große Geldbuße gezahlt. Für Þorfinn gab es keine Entschädigung. Þorgeir erhielt eine Entschädigung dafür, dass man versucht hatte, ihn umzubringen. Dann schlossen sie Frieden.
Flosi entschied sich dafür, mit dem Schiffsführer Steinn nach Norwegen zu fahren, und verkaufte seine Ländereien bei Vík an Geirmund Hvikatimb. Seitdem wohnte der dort. Das Schiff, das die Kaufleute gebaut hatten, war sehr breit geraten. Sie nannten es Trékyllir und benannten danach die Bucht. Flosi wollte mit ihm außer Landes segeln, wurde aber im Öxarfjord wieder angetrieben. Davon erzählt die Saga von Böðmóð, Grímólf und Gerpir.
Hiernach teilten Þorgrím und sein Bruder ihren Besitz untereinander auf. Þorgrím nahm das bewegliche Gut und Þorgeir die Ländereien. Dann zog Þorgrím in den Miðfjord und kaufte dort mit Hilfe von Skeggi Land bei Bjarg. Þorgrím heiratete Þórdís, die Tochter von Ásmund von Ásmundargnúp, der das Land um Þingeyr besiedelt hatte.
Þorgrím Graukopf und Þórdís hatten einen Sohn namens Ásmund. Er war groß, stark und klug und hatte schönes Haar. Er ergraute früh und wurde daher Grauhaar oder Graulocke genannt.
Þorgrím wurde ein erfolgreicher Bauer und ließ seine Leute hart arbeiten. Ásmund wollte wenig arbeiten und verstand sich mit seinem Vater nicht besonders gut. So ging es, bis Ásmund erwachsen wurde. Dann bat er seinen Vater um Geld, damit er ins Ausland fahren konnte. Þorgrím sagte, Ásmund hätte von ihm nicht viel zu erwarten, gab ihm aber doch ein paar Handelswaren. Ásmund verließ Island und kam bald zu Geld. Er bereiste viele Länder und wurde ein bedeutender, reicher Kaufmann. Außerdem war er beliebt und vertrauenswürdig und hatte viele hochgestellte Verwandte in Norwegen.
Eines Herbstes wohnte Ásmund in Norwegen in Vík bei einem mächtigen Mann namens Þorsteinn. Er kam aus Opplönd und hatte eine Schwester, die Rannveig hieß und eine sehr gute Partie war. Ásmund hielt um ihre Hand an, und nachdem Þorsteinn eingewilligt hatte, bekam er sie zur Frau. Ásmund ließ sich eine Zeitlang dort nieder und war sehr respektiert.
Rannveig und er hatten einen Sohn, der Þorsteinn hieß, einen besonders schönen und starken Mann mit voller Stimme. Er war groß, aber eher behäbig in seinen Bewegungen, weswegen man ihn Drómund nannte.
Dieser Þorsteinn konnte kaum laufen, da erkrankte seine Mutter Rannveig und starb, und Ásmund wurde in Norwegen nicht mehr froh. Er gab seinen Sohn und Besitz in die Obhut von Rannveigs Familie, fuhr wieder zur See und brachte es zu Ruhm.
Zu der Zeit, als Þorkell Krafla ein Oberhaupt der Leute aus dem Vatnsdal war, landete Ásmund mit seinem Schiff am Húnavatn. Als Þorkell von Ásmunds Ankunft hörte, ritt er zu ihm und lud ihn zu sich ein. Þorkell wohnte auf Másstaðir im Vatnsdal. Ásmund blieb einige Zeit bei ihm. Þorkell war der Sohn von Þorgrím, dem Goden von Kárnsá, einem sehr gelehrten Mann.
All dies geschah, nachdem Bischof Friðrek und Þorvald Koðránsson nach Island gekommen waren. Die beiden wohnten zu dieser Zeit auf Lækjamót und fingen in Nordisland an, die Leute zum christlichen Glauben zu bekehren. Þorkell und viele andere ließen sich das Zeichen des Kreuzes geben. Zwischen dem Bischof und den Leuten aus Nordisland passierten viele Dinge, die diese Saga nicht weiter betreffen.