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Sie sind tapfer Sie sind ohne Gnade Sie sind Jäger des Blutes Sechs Jahre sind nach den tragischen Ereignissen in Wien vergangen. Viktor und Elisabeth ziehen einsam durch die Lande. Sie meiden Menschen und auch andere Vampire. Als sie sich jedoch in der Nähe von Paris aufhalten, möchte Elisabeth die von Leben erfüllte Stadt unbedingt besuchen. Viktor kann seiner Schwester den Wunsch nicht abschlagen - ein fataler Fehler. Elisabeth wird von Victors Widersacher Frederic entführt. Was wird Frederic Elisabeth antun? Viktor macht sich auf die Suche. Er muss seine Schwester so schnell wie möglich finden und Frederic ein für alle Mal vernichten. Nicht nur um Elisabeths willen, denn auch Marie gerät in Frederics Visier.
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Seitenzahl: 582
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Epilog
Ein greller Blitz erhellte den nächtlichen Himmel über Paris. Das darauffolgende Donnergrollen war ohrenbetäubend. Das Unwetter hatte die Sommerluft sogar für Vampire spürbar abgekühlt. Unter Viktors Füßen knirschten kaum hörbar Ziegel. Regentropfen prasselten in sein Gesicht, als er vom Dach aus die Menschen beobachtete, die durch die engen Gassen eilten und Schutz vor dem Unwetter suchten. Er ging in die Hocke, sein Blick folgte einer jungen Magd, die Marie zum Verwechseln ähnlich sah. In ihm regte sich die Sehnsucht nach menschlicher Wärme, nach Maries Wärme. Über sechs Jahre waren vergangen, seit er zugesehen hatte, wie Ruben sie auf seinen Armen davontrug. Der Töpferbursche aus Maries Dorf war mit ihr in den Norden gezogen, auf die Ländereien des Ritterordens, aus dessen Reihen die Blutjäger stammten. Männer, die Viktor und seinesgleichen unerbittlich jagten. Heimlich hatte er Marie dort aufgesucht, sie aus der Ferne beobachtet, gesehen, wie glücklich sie der Töpferbursche machte. Der ihr das Leben bot, zu dem Viktor niemals imstande gewesen wäre. Dank seiner Fähigkeit, den Geist der Menschen zu manipulieren, konnte sich Marie weder an ihn erinnern, noch daran, dass Dämonen durch die Nächte streiften, die das Blut der Sterblichen tranken. Sie lebte ohne düstere Gedanken an der Seite ihres Mannes, teilte mit ihm das Bett. Viktor ballte die Hände zu Fäusten. Seine Eckzähne pochten, wollten sich bei dem Gedanken in die Kehle des verdammten Kerls versenken. Die Magd, die Marie so ähnlich sah, klopfte an eine Tür.
»Bruder, das Mädchen dort unten gleicht der Maid, der dein Herz gehört, beinahe aufs Haar.« Elisabeth trat neben ihn.
»Ist mir gar nicht aufgefallen«, erwiderte Viktor, ohne sie anzusehen. Stattdessen schaute er zu, wie die Tür geöffnet wurde und die Magd im Haus verschwand. Er erhob sich.
»Wir sollten in unsere Unterkunft zurückkehren, Bruder.«
»Warum, weil wir uns bei dem Wetter sonst den Tod holen?« Viktor lachte bitter, drehte sich zu seiner Schwester um. Die blickte zu ihm auf, ihr Umhang war ganz durchnässt. Mit dem Handrücken wischte sie sich über das Gesicht, um es von den Regentropfen zu befreien.
»Es ist ungemütlich hier draußen. Ich habe ein paar Ratten erwischt und bin satt. Du kannst ja hier im Regen bleiben, ich geh in die Schenke zurück«, erwiderte sie gereizt.
»Ich komme nach.« Viktor stieß sich ab und sprang vom Dach in die Tiefe. Ohne einen Laut zu verursachen, landete er in der Gasse, zog seinen klatschnassen Umhang zusammen und folgte dem Weg, der nun menschenleer war. Erneut leuchtete ein Blitz auf. Der anschließende Donner hörte sich an, als würde der Allmächtige seiner Wut über die Kreatur der Nacht, die durch die Straßen streifte, lautstark Ausdruck verleihen. Viktor konnte es ihm nicht verdenken. War er doch ein widerwärtiges Monster, das aufrecht stand, obwohl das Herz nicht mehr schlug. Der Geruch nach Leben erregte Viktors Aufmerksamkeit. Hastiger Pulsschlag wies auf ein kleines Tier hin. Tatsächlich, eine Ratte machte sich an Essensresten zu schaffen, die aus den umliegenden Häusern auf die Straße geschüttet worden waren. Viktors Fangzähne machten sich bereit. Schon zu lange hatte er nichts mehr zu sich genommen. Er vermied es, Blut zu trinken. Unstillbarer Durst war sein ständiger Begleiter geworden, denn schon mehrere Wochen hatte er auf Nahrung verzichtet. Die Bestie in ihm kratzte an der Oberfläche, sie wollte Blut um jeden Preis. Vielleicht sollte er sie zufriedenstellen. Viktor fixierte die Ratte. Der Nager hatte sich heute Nacht den falschen Müllhaufen ausgesucht. Lautlos wie ein Schatten pirschte er sich heran, und bevor die Ratte wusste, wie ihr geschah, hatte er sie gepackt. Der kleine Kerl zappelte, fiepte, versuchte, ihm die scharfen Zähnchen ins Fleisch zu rammen. Das winzige Herz raste vor Panik. Nachdenklich betrachtete Viktor das Tier in seiner Hand, das wie von Sinnen um sein Leben kämpfte, ohne die geringste Chance zu haben, diesen Kampf zu gewinnen. Wie konnte er so einem tapferen Ding das Leben aus den Venen saugen? Er setzte die Ratte wieder auf den Boden. Hastig verschwand sie zwischen Kisten und Unrat.
Das war kein Verlust. Das Blut von Ratten schmeckte sowieso schal, war mit dem menschlichen Lebenssaft in keiner Weise zu vergleichen. Viktor schloss die Augen. Verdrängte Erinnerungen krochen an die Oberfläche. Er war wieder in dieser Höhle, in der er damals mit Marie den Tag verbringen musste. Schmeckte das süße Blut. Warm rann ihr köstlicher Saft seine Kehle hinunter, der seinen toten Körper zum Leben erweckte, ihn berauschte und seine ungezügelte Lust entfachte. Ein Donnerschlag holte Viktor in die Gegenwart zurück. Vergangenes sollte man ruhen lassen. Marie ging es gut, das war das Wichtigste. Sie lebte und er existierte nur. Viktor setzte den Weg fort, lautes Himmelsgrollen begleitete ihn.
In Gedanken versunken saß Elisabeth am Kamin und beobachtete die Flammen, wie sie sich tänzelnd nach oben reckten. Schon vor Stunden war sie zurückgekehrt, Viktor trieb sich noch immer draußen herum. Unten in der Schenke war es still geworden. Auch das nächtliche Unwetter hatte sich zurückgezogen. Einzig das Geräusch der schlagenden Herzen der Übernachtungsgäste, die im Schankraum verteilt auf Strohsäcken lagen, war zu hören, hin und wieder begleitet von lautem Schnarchen. Viktor hatte die Nacht nicht zusammen mit den Sterblichen in einem Raum verbringen wollen und das luxuriöseste Zimmer gemietet. Elisabeth vermutete, dass es wahrscheinlich sogar die Gemächer des Wirtsehepaares waren. Denn nur Privaträume wurden üblicherweise beheizt und das einzig, wenn die Hausbesitzer über ein gewisses Vermögen verfügten. Beim Anblick des goldenen Schmuckstücks, das Viktor den Wirtsleuten unter die Nase gehalten hatte, waren sie ganz unterwürfig geworden und sehr bemüht gewesen, die edlen Gäste bei Laune zu halten. Wenn sie nur gewusst hätten, was sie sich da in ihr Haus geholt hatten. Elisabeth lauschte dem Chor schlagender Herzen. Allein dieses Geräusch weckte den unstillbaren Hunger. Seit Jahren hatte sie schon kein Menschenblut mehr zu sich genommen, ernährte sich von Tieren, aber der Durst war allgegenwärtig. Sie grub ihre Fingernägel in den Arm, um sich aus den Gedanken zu reißen. Sie durfte diese Sterblichen, die ahnungslos schliefen, keinesfalls gefährden. Um sich abzulenken, konzentrierte sie sich wieder auf das Feuer im Kamin.
Elisabeth streckte die Hände aus, spürte, wie die Wärme sie streichelte. Eigentlich brauchte sie das Feuer nicht, denn sie konnte weder frieren noch schwitzen. Aber es gab ihr ein kleines bisschen das Gefühl, menschlich zu sein.
Ihr Bruder hatte heute so traurig ausgesehen. Noch immer verzehrte er sich nach dieser Schmiedstochter. Er hätte sie lediglich wandeln müssen, um mit ihr glücklich zu werden. Warum quälte er sich so? Elisabeth erschauderte und schlang die Arme um die Brust. Sie musste ihrem Bruder helfen, denn so konnte es nicht weitergehen. Ihr Körper kribbelte, bald würde der Tag anbrechen und Viktor war noch nicht da. Besorgt erhob sie sich, trat zur Fensterluke, die nicht von Pergament abgedeckt wurden, sondern von einem Mosaik aus kleinen runden, mittels Blei zusammengehaltenen Glasscheiben ausgefüllt war. Etwas, das Elisabeth in letzter Zeit immer häufiger gesehen hatte. Gut betuchte Bürger ließen sich diesen Luxus einiges kosten. Die Glasfenster hatten für Untersterbliche nur einen Nachteil, sie waren lichtdurchlässig, und am Horizont graute bereits der Morgen.
»Ach Viktor, wo bleibst du nur?«, flüsterte Elisabeth. Sie nahm die Decke vom Bett und dichtete das Fenster ab. Anschließend verharrte sie, lauschte auf das Kommen ihres Bruders, aber sie hörte einzig das Schlagen vieler sterblicher Herzen, als die Tür aufging und endlich Viktor eintrat. Am liebsten wäre sie ihm um den Hals gefallen, doch sein missmutiges Gesicht hielt sie davon ab. Er würde diese Existenz niemals akzeptieren. Die Angst, dass er einmal ins Licht der Sonne treten würde, um zu sterben, war allgegenwärtig.
»Wo warst du so lange?«, fragte Elisabeth.
»Unterwegs«, antwortete Viktor knapp und warf seinen Umhang über den Stuhl vor dem Kamin.
»Ich habe mir Sorgen gemacht.« Elisabeth trat zu ihm, umrahmte sein Gesicht mit beiden Händen. »Ich will mir nicht unentwegt diese Sorgen machen. Versprich mir hier und jetzt, dass du niemals freiwillig deiner Existenz ein Ende bereitest. Schwöre es mir bei deiner Ehre als Ritter.« Sie sah, wie Viktors grüne Augen sich verdunkelten. »Schwöre es mir, Bruder«, beharrte sie. »Bitte«, fügte sie leise hinzu. Viktors Blick wurde weich.
»Ich schwöre es.« Er zog ihre Hände von seinem Gesicht und hielt sie fest.
»Bei deiner Ehre.«
»Bei meiner Ehre«, wiederholte er mit einem Seufzer.
»Gut.« Elisabeth befreite sich von ihm und strich durch sein schwarzes Haar.
»Lang hat es mir besser gefallen«, meinte sie.
»Es ging nicht anders, und da unser Haar nicht wächst, muss es eben kurz bleiben«, erwiderte ihr Bruder.
»Na, ja vielleicht gewöhne ich mich irgendwann einmal daran.«
»Nach all den Jahren solltest du dich daran gewöhnt haben.« Viktors Lippen umspielte ein amüsiertes Lächeln, während sie zur Tür schritt, um diese abzuschließen. Die Sterblichen sollten sie nicht stören. »Dann lass uns jetzt ruhen.« Elisabeth durchquerte den Raum und nahm auf dem Bett Platz, das sie sich mit Viktor teilte. Es war wie in ihrer Kindheit, als sie bei Gewittern zu ihm ins Bett gekrochen war, um Schutz zu suchen. Bei ihm fühlte sie sich noch immer geborgen. Viktor kam ihrer Aufforderung nach und nahm seinen Platz an ihrer Seite ein. Wie damals als kleines Mädchen schmiegte sie sich an ihn und er nahm sie in die Arme, küsste sanft ihr Haar.
»Einen schönen Tag, kleine Fee«, flüsterte er.
Viktor erwachte aus seinem totenähnlichen Schlaf, der Platz neben ihm war leer. Er rappelte sich auf, sein Blick durchsuchte den Raum nach Elisabeth, doch sie war nicht da. Unter ihm, im Schankraum, tobte das Leben. Eine Flöte war zu hören und Gelächter. Viktor roch die Ausdünstungen der Sterblichen. Vielleicht hatte sich Elisabeth zu den Leuten dazugesellt. Sie litt sehr unter der von Viktor auferlegten Einsamkeit. Aber zu viel Kontakt mit Menschen konnte ihnen gefährlich werden, daher erachtete er es für besser, sich von Sterblichen fernzuhalten. Anderen Vampiren gingen sie ebenfalls aus dem Weg, denn nur wenige der Unsterblichen verstanden ihre Lebensart. Elisabeth akzeptierte das. Meistens zumindest. Normalerweise verbrachten sie die Tage abseits von menschlichen Siedlungen in Höhlen oder leerstehenden Gebäuden. Aber als sie in der Nähe von Paris durch die Wälder gestreift waren, hatte sich Elisabeth so sehr gewünscht, dass sie einige Zeit hier verbrachten, in einer Stadt, die vor Leben nur so überquoll, und Viktor hatte ihr diesen Wunsch nicht abschlagen können. Vielleicht war das doch keine so gute Idee gewesen.
Zumindest gab es keine Sprachbarrieren mit den Einheimischen. Viktor hatte in seiner Zeit als Page etwas Französisch gelernt, und seit er diese mentalen Vampirkräfte besaß, gelang es ihm nahezu spielerisch, jede Sprache in kurzer Zeit zu erlernen. Gepaart mit seinen rudimentären Vorkenntnissen beherrschte er Französisch jetzt perfekt.
Er stand auf, zupfte seine Kleidung zurecht, fuhr mit den Fingern durch das Haar und verließ das Zimmer. Vor der Tür wurde das Gegröle fast unerträglich laut für sein empfindliches Gehör. Er folgte dem Gang, der an einer Treppe endete, die er langsam herunter schritt. Nirgendwo im ganzen Schankraum konnte er Elisabeth entdecken. Obwohl der Geräuschpegel konstant blieb, bemerkte er, dass misstrauische Augen ihn beobachteten. Die Menschen wussten wahrscheinlich gar nicht, warum er bedrohlich auf sie wirkte, doch sie spürten die Gefahr, die von ihm ausging, wie ein Hase die Anwesenheit einer Wildkatze spürte. Viktor durchmaß die Schenke, verstohlene Blicke folgten ihm. Vom Alkohol berauschtes Blut pulsierte in den Adern der Anwesenden und Viktors Fänge machten sich bereit. Durch ihr Pochen signalisierten sie, dass sie Kehlen aufreißen wollten. Ein Zittern durchlief seinen Körper, jeder Muskel war angespannt. Er musste hier raus, und zwar schnell. Schon zu lange hatte er nichts mehr zu sich genommen. Wenn die Bestie die Kontrolle übernahm, dann würde innerhalb von Augenblicken jedes Leben in diesem Raum ausgelöscht sein. Eilig riss Viktor die Tür auf und verließ das Gasthaus. Frische Nachtluft streifte sein Gesicht, das half ihm, die Bestie zurückzudrängen. Er straffte sich und verschmolz mit den Schatten. Es war an der Zeit, diese Stadt zu verlassen.
In der Schenke hielten sich nur noch die Übernachtungsgäste auf, als Viktor diese erreichte. In der Hoffnung, dass Elisabeth ebenfalls zurückgekehrt war, nahm er die Stufen. Keine einzige knarrte, was sie für gewöhnlich taten, wenn Menschen die Treppe hochstiegen. Schon im Flur strömte ihm ein Geruch entgegen, der nicht hierhergehörte. Er erreichte das Zimmer. Ganz deutlich vernahm er ein schlagendes Herz hinter der Tür. Befand sich ein Mensch dort drinnen? Dem verführerischen Duft nach zu urteilen, eine Frau. Er öffnete die Tür und sah sich der jungen Magd gegenüber, die ihn so sehr an Marie erinnert hatte. Sie starrte in die Ferne, ohne sein Eintreten zu bemerken, schien sich in einer Art Trance zu befinden. Elisabeth stand freudestrahlend hinter ihr.
»Sie ist so wunderhübsch.« Sanft streichelte sie der jungen Frau über das flachsblonde Haar. »Du wandelst sie, dann hast du eine Gefährtin und ich eine Freundin, das wird wundervoll.«
Leise schloss Viktor die Tür und blieb eine Armlänge entfernt vor der jungen Magd stehen.
»Zur Hölle, Elisabeth, was soll das?« Er erhob seine Stimme nicht, sprach sehr ruhig, was umso bedrohlicher wirkte. Seine Schwester wich einen Schritt zurück. »Ich wollte dir nur helfen. Du warst in letzter Zeit so unglücklich, und das Mädchen könnte Maries Schwester sein. Du hast ein wenig Hoffnung verdient, Bruder.« Tränen schimmerten in Elisabeths Augen.
»Das war äußerst dumm. Für so einfältig hatte ich dich nicht gehalten. Nun ja, was hatte ich anderes erwartet?« Viktor verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich werde dieser armen Seele nicht das antun, was du mir angetan hast.«
»Du sagtest, dass du mir verziehen hast. Aber das entspricht nicht der Wahrheit. Ist es nicht so? In Wirklichkeit hasst du mich aus dem tiefsten Grunde deines Herzens.« Tränen liefen nun ungehemmt über Elisabeths Gesicht. Erst jetzt wurde Viktor bewusst, dass er zu hart reagiert hatte. Er liebte seine Schwester und hatte ihr schon lange verziehen.
»Kleine Fee …«
»Sprich nicht weiter!«, fiel sie ihm ins Wort. »Du musst meinen Anblick keinesfalls länger ertragen. Unterstehe dich, mir zu folgen. Wir gehen ab sofort getrennte Wege.« Im nächsten Moment klirrte Glas. Kühle Sommerluft strömte durch das zerbrochene Fenster in den Raum und Elisabeth war verschwunden. Viktor wollte ihr folgen.
»Wo bin ich? Was ist passiert?« Ohne Elisabeths Kontrolle war die junge Magd aus ihrer Trance erwacht und er wandte sich der Frau zu. Er musste sich erst um sie kümmern. Wenn sie Alarm schlug, würde das zu viel Aufmerksamkeit mit sich bringen.
»Darf ich Euch aufhelfen?« Viktor reichte ihr die Hand.
»Wer seid Ihr?« Die Stimme der Frau zitterte. Sie sah ihn mit großen blauen Augen an. Die Ähnlichkeit zu Marie war verblüffend. Am liebsten hätte er sie in seine Arme gezogen, um sie zu spüren. Aber das war nicht Marie, sondern nur eine Lüge.
»Ich bin Viktor. Meine Schwester fand Euch bewusstlos und hat mich gebeten, Euch hierherzubringen, damit Euch kein Unheil geschieht, in solch hilfloser Lage.«
»Dann danke ich Euch sehr.« Sie nahm Viktors Hand und er zog sie auf die Beine. Ihre Haut war so warm und weich. Schon sehr lange war er einem menschlichen Wesen nicht mehr derart nahegekommen. Die Maid duftete nach Veilchen. Eine blonde Strähne hatte sich aus ihrem Zopf gelöst, die ihr frech ins Gesicht hing. Viktors Finger zuckten, fast hätte er das Haar hinter ihr Ohr gestrichen. Er räusperte sich, ließ die Hand los und machte einen hastigen Schritt zurück.
»Ihr solltet hier nicht länger verweilen, allein mit einem fremden Mann.«
»Allein? Wo ist Eure Schwester, Herr?« Die Frau machte nicht den Eindruck, dass sie der Umstand, mit ihm allein zu sein, beunruhigte. Im Gegenteil. Viktor entdeckte so etwas wie Verzückung in ihrem Gesicht. Er wusste auch, warum. Auf Frauen wirkte er verführerisch, wie klebriger Honig auf Fliegen. Erst wenn sie darin feststeckten, merkten sie, dass dies ihr Ende war.
»Es ist besser, Ihr geht jetzt.« Viktor öffnete die Tür.
»Ich habe Euch noch gar nicht ausreichend für meine Rettung gedankt.« Das Mädchen schien ihn nicht verlassen zu wollen. Nun musste er zu anderen Mitteln greifen.
»Du wirst erwartet, du kannst hier nicht länger bleiben, und du wirst alles vergessen, was in der letzten Stunde geschehen ist«, sagte er mit samtiger Stimme. Der Blick seines Gegenübers wurde glasig. »Ja, Herr, ich werde erwartet«, wiederholte sie monoton, um dann hastig das Zimmer zu verlassen. Erleichtert schloss Viktor die Tür und ging zum Fenster. Wohin konnte seine Schwester verschwunden sein? Er musste sie unbedingt finden und sich entschuldigen. Nur sie war der Grund dafür, warum er diese unselige Existenz ertrug. Was für ein Narr war er gewesen, sie so zu behandeln? Elisabeth hatte es doch nur gut gemeint.
Wütend sprang Elisabeth von einem Dach zum anderen, um so viel Abstand wie möglich zwischen sich und ihren Bruder zu bringen. Verflucht, er war ein dummer Tor. Er sah dieses Dasein nur als Bürde an, nicht als Chance, denn die Zeit war kein Feind mehr. Sie beide konnten tun und lassen, was sie wollten. Zur Hölle, sie respektierte ja, dass er keine Menschen töten wollte. Es war ihr selbst wichtig geworden, die Sterblichen zu schützen. Aber diese Kleine hätte ihn glücklich machen können. Möglicherweise wäre das Mädchen darüber froh gewesen, nicht mehr zu altern und eines Tages sterben zu müssen. Verdammt, Viktor war so unglaublich stur. Elisabeth blieb am Rand eines Daches stehen. Aber vielleicht hätte sich das Mädchen über die Verwandlung auch nicht so sehr gefreut. Zwei junge Männer stolperten Arm in Arm sichtlich betrunken den Weg entlang. Elisabeth beobachtete die beiden, denen die pure Lebensfreude ins Gesicht geschrieben stand. Viktor war im Recht, sie durften nicht in das Schicksal der Menschen eingreifen. Wie dumm war sie gewesen, dieses Mädchen anzuschleppen, in dem Wissen, dass Viktor niemals eine Sterbliche in die Dunkelheit, in der sie beide existierten, ziehen würde? Wenn Elisabeth ganz ehrlich zu sich selbst war, empfand sie dieses Dasein nicht als so romantisch, wie sie sich es immer einzureden versuchte. Sie wandelten am Rande eines Abgrunds, der sie irgendwann direkt in die Hölle führen würde. Aber daran wollte sie nicht denken. Sie musste zu ihrem Bruder zurück. Hoffentlich konnte Viktor ihr diese Torheit verzeihen. In der Gasse unter ihr schliefen Hühner auf einer Kiste. Nicht einmal die beiden Säufer hatten das Federvieh vertrieben, sie würden leichte Beute sein, denn Hunger regte sich in ihr. Lautlos landete Elisabeth auf dem morastigen Boden. Sie pirschte sich an das Geflügel heran, als sie selbst plötzlich gepackt wurde. Sie wollte die Unbekannten mit aller Macht abschütteln und trat dabei gegen die Kiste. Laut gackernd flatterten die Hühner davon. Aber sie schaffte es einfach nicht, sich zu befreien, die fremden Hände behielten sie im eisernen Griff. Ihr wurde klar: Es waren die Hände eines Unsterblichen, denn ein Mensch besaß keine derartigen Kräfte, um eine Vampirin zu bändigen.
»Hör auf, dich zu wehren, du hast keine Chance gegen mich. Tierblut hält uns zwar am Leben, aber es macht uns schwach«, flüsterte ihr eine raue Stimme ins Ohr. Ein zweiter Mann trat vor sie. Er betrachtete sie mit überheblichem Grinsen, entblößte seine Fangzähne.
»Da hat jemand Sehnsucht nach dir und wir sollen dich zu ihm bringen.«
»Wer soll das sein?« Elisabeth spie dem Fremden die Worte ins Gesicht.
»Frederic«, antwortete ihr Gegenüber knapp, und wenn Elisabeths Herz geschlagen hätte, hätte es in diesem Augenblick die Arbeit eingestellt.
»Ich will ihn aber nicht sehen«, schrie sie und trat dabei um sich, doch der Vampir, der sie festhielt, verstärkte seinen Griff.
»He, was macht ihr mit der Frau?«, lallte ein Betrunkener, der in die Gasse torkelte.
»Ich kümmere mich um ihn«, meinte der Vampir vor Elisabeth.
»Nein, lass den Trunkenbold, er ist keine Gefahr. Der wird morgen eh alles vergessen haben. Wir sollen die Frau unverzüglich zu Frederic bringen«, antwortete eine tiefe Stimme hinter ihr.
»Heute ist dein Glückstag, Alterchen«, rief der Vampir dem Mann zu. Elisabeth wurde an der Hüfte gepackt, und einen Wimpernschlag später stand sie mit ihren Entführern auf einem Dach. Sie konnte einen kurzen Blick von dem zweiten Unsterblichen erhaschen, der groß wie ein Bär war, ehe er sie über seine Schulter warf und in Richtung Süden über die Dächer hastete.
Der Tag brach an und Elisabeth war nicht zurückgekommen. Viktor verharrte am zerschlagenen Fenster, beobachtete, wie die ersten Sonnenstrahlen langsam die Metropole in Besitz nahmen. Hoffentlich hatte seine Schwester rechtzeitig Schutz gefunden. Sie wollte ihn mit Sicherheit nur bestrafen, denn Elisabeth würde ihn niemals verlassen. Ein Strahl traf Viktors Hand, die sofort zu qualmen begann. Unerbittlich ätzte die Sonne das Fleisch von seinen Knochen, und er zog sie schnell zurück. Im Schatten begann seine Verletzung sofort zu heilen. Eilig verhängte Viktor das Fenster mit einer Decke, die sanft im Wind flatterte und so immer wieder einen tödlichen Strahl durchließ. Das Bett stand glücklicherweise in einer Ecke des Raumes, die von der Sonne verschont blieb. Er nahm auf dem Bett Platz, erhob sich jedoch gleich wieder und wanderte unruhig vor dem Kamin auf und ab. Was sollte er tun? Vielleicht war Elisabeth in Gefahr. Leider kannte er die Stadt zu wenig, um einen Weg zu finden, den er auch tagsüber benutzen konnte. Eventuell gab es unterirdische Gänge, wie in Nürnberg. Doch er wusste nicht, ob sie wirklich existierten und wenn ja, wie er sie erreichen konnte. Heißer Zorn kochte durch seine Eingeweide und er rammte die Faust gegen den Kaminsims, der abplatzte. Steine prasselten auf den Boden. Solange die Sonne hoch am Himmel stand, war er zur Untätigkeit verdammt. Er besaß übermenschliche Stärke und Schnelligkeit, konnte besser sehen als ein Adler, sogar nachts, effektiver hören als jeder tierische Räuber, und trotzdem vermochte er seiner Schwester nicht zu helfen. Viktor zog einen Stuhl in den Schatten und setzte sich. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als darauf zu warten, dass die Sonne verschwand.
Die Nacht war schon fortgeschritten, als der große Vampir, der Gabriel hieß, Elisabeth zu einer Festung brachte. Oder, genauer gesagt, sie wie einen Sack Getreide schleppte. Der grobe Klotz ließ sie nicht selbst laufen. Immer wieder hatte sie versucht, ihm das Leben schwer zu machen, doch der Vampir war um ein Vielfaches stärker und größer. Drei Nächte waren sie unterwegs gewesen. Tagsüber hatten sie in Erdlöchern im Wald verweilen müssen, wie Tiere.
Elisabeth versuchte, sich ein Bild von der Umgebung zu machen. Die einst sehr imposante Festung stand offensichtlich schon lange leer, denn sie war dem Verfall preisgegeben worden. Das Areal um das Gebäude war gerodet worden, was zu ihrer Blütezeit das rechtzeitige Ausmachen von Feinden erleichtert hatte. Offenbar hatte die Natur es nicht geschafft, diese Verteidigungszone wieder zurückzuerobern.
Das hölzerne Tor, das sie passierten, war nur rudimentär vorhanden, morsche Reste der Torflügel hingen an eisernen Angeln, und eigentlich erfüllte das ganze Bauwerk keinen Zweck mehr. Einem Feind würde es mit Sicherheit nicht trutzen können. Der größte Teil der Ringmauern war bereits abgetragen worden, wahrscheinlich von der Bevölkerung in der Gegend, um damit Häuser zu bauen.
»André, öffne das Portal«, sagte Gabriel, darauf folgte ein lautes Knarren. Sie mussten das Wohngebäude erreicht haben. Elisabeth bemühte sich, ihren Oberkörper zu heben und stützte sich mit den Händen am muskulösen Rücken ihres Entführers ab, um etwas sehen zu können. Gabriel stieg mit ihr eine Treppe hoch.
»So, wir sind da.« Oben angekommen, stellte er sie auf die Füße. Vor ihr lag ein Gang, der von Fackeln beleuchtet wurde. Dies war keine Notwendigkeit, wenn hier nur Vampire hausten, sondern diente offenbar einzig der Theatralik. Ihr Entführer stieß sie hinein, während André das Portal wieder schloss.
»Komm jetzt.« Damit packte Gabriel sie am Arm und zwang sie, mit ihm zu gehen. Am Ende des Ganges lag eine weitere Tür, die André aufschob. Gabriel schubste Elisabeth unsanft in den Saal. Auch hier brannten Fackeln. Efeu hatte den ehemaligen Rittersaal zu großen Teilen erobert, das Licht des Mondes schien durch Fensterbögen, die einen weiten Blick auf die Landschaft zuließen. Früher hatten mit Sicherheit Mauern die Sicht verdeckt, denn Reste des einstigen Bollwerkes standen noch, ragten wie verfallen Zähne aus dem Boden. Eine leichte Brise brachte die Fackeln zum Flackern.
»Schön, dass du da bist.« Frederic trat hinter einer Säule hervor. Er sah noch genauso aus wie an dem Tag, an dem Elisabeth sich von ihm abgewandt hatte. Die Zeit konnte Vampiren nichts anhaben. Frederics Äußeres war nach wie vor schön und jung, doch seine Seele dagegen schwärzer als eine sternenlose Nacht.
»Du lebst? Wie ist dies möglich? Wir hatten in den letzten Jahren zwar nur wenig Kontakt zu anderen Vampiren, trotzdem hörte ich, du seist in Nürnberg bei einen Jägerangriff gestorben.« Elisabeth konnte es kaum fassen, hatte sie doch die ganze Zeit gedacht, sie wäre Frederic los.
»Da muss ich dich leider enttäuschen. Aber eines lass dir gesagt sein, Brandpfeile schmerzen höllisch. Als dieses verfluchte Jägerpack uns attackierte, da war es für mich an der Zeit, die Flucht zu ergreifen. Mein angeblicher Tod kam mir gelegen, denn so konnte ich mich unbehelligt von Feinden erholen, und es brauchte eine ganze Weile, bis meine Kräfte wiederhergestellt waren. Anschließend suchte ich nach dir, benötigte Jahre, bis ich dich aufspüren konnte, und schlussendlich gelang es mir. Aber dein vermaledeiter Bruder weicht dir ja kaum von der Seite. Als ihr dann nach Paris gegangen seid, war es mir unmöglich, euch dahin zu folgen, denn die Vampire sind nicht gut auf mich zu sprechen. Daher habe ich meine beiden Helfer erschaffen und ihnen den Auftrag gegeben, deiner habhaft zu werden, wenn sich ihnen die Gelegenheit bietet, um dich zu mir zu bringen.« Er wirkte zufrieden wie eine Schlange, die eben eine Maus gefressen hatte. Der Bastard war natürlich vor dem Kampf mit den Jägern davongelaufen. Was konnte man anderes von ihm erwarten? Ein Feigling blieb ein Feigling. Wut glühte in Elisabeths Adern.
»Was soll das hier?«, fuhr sie ihn an. »Ich will zu meinem Bruder zurück.«
»Viktor …« Frederic kam näher und schüttelte mit einem Seufzer den Kopf. »Das ist dein eigentliches Problem. Er vergiftet deine Gedanken mit seinen widernatürlichen Ansichten …«
»Er ist menschlich«, fiel Elisabeth ihm ins Wort. »Eine Eigenschaft, die dir fehlt und die du wahrscheinlich niemals besessen hast, selbst als Sterblicher.« Am liebsten hätte sie Frederic die Augen aus den Höhlen gekratzt.
Der legte die Hände zusammen, als würde er beten wollen, und berührte mit seinen Zeigefingern die Unterlippe, die so voll war, wie Elisabeth sie in Erinnerung hatte. Er war der Mann gewesen, von dem sie das allererste Mal in ihrem Leben leidenschaftlich geküsst worden war, der ihr die Unschuld genommen hatte und dies in mehrerlei Hinsicht. Sie erschauderte. Hätte sie damals schon gewusst, was für ein Teufel hinter diesem engelsgleichen Gesicht steckte, wäre sie auf dieses makellose Antlitz nicht hereingefallen. Aber sie war jung und einfältig gewesen, hatte es ihrem hartherzigen Vater heimzahlen wollen.
»Ich denke, wenn du erst einmal eine Weile hier bei mir bist, wirst du merken, wie falsch dein Bruder liegt und mit Freuden an meine Seite bleiben.« Frederic verschränkte die Arme vor der Brust.
»Lieber nehme ich einen Esel zum Gefährten«, schrie Elisabeth.
»Nun denn, dann muss ich dich wohl überzeugen«, erwiderte Frederic ruhig. Doch er war ganz und gar nicht ruhig, das bewies das Aufglühen seiner Iriden. »Gabriel, bring sie ins Verlies«, bellte er, ohne den Blick von ihr abzuwenden.
»Und wenn du mich hundert Jahre in ein Gefängnis steckst, werde ich dich nicht mehr lieben. Du bist grausam und abscheulich, verdammter Bastard«, schrie Elisabeth, während Frederics Lakai sie wegschleifte.
Vom Rittersaal aus erreichten sie einen Turm. All ihre verzweifelte Gegenwehr half nicht, um zu verhindern, dass Gabriel sie die Treppen heruntertrug. Sie erreichten den Kerker der Festung, und endlich durfte Elisabeth selbst laufen. Aber Gabriel umfasste ihren Arm mit hartem Griff, zerrte sie unbarmherzig mit, sie musste ihm folgen, ob sie wollte oder nicht. Er öffnete eine eisenbeschlagene Tür. Was Elisabeth in dem mittels Fackeln beleuchteten Raum dahinter erwartete, ließ sie erstarren. Zitternd saß ein junges Mädchen in dem Verlies, an die Wand gekettet wie ein Tier. Die Kleine konnte nicht mehr als fünfzehn Winter gesehen haben. Gabriel zog Elisabeth in den Kerker, legte ihr einen eisernen Ring, wie ihn auch das Kind trug, um den Hals. Er war mittels einer schweren Kette mit der Wand verbunden. Gerade lang genug, um das Mädchen erreichen zu können. Die Fackeln brannten nur für die Maid, damit sie den Schrecken sah, der auf sie zukam, denn Vampire brauchten kein Licht, um in der Dunkelheit etwas zu erkennen.
»Du hast gestern und heute Nacht nichts zu dir genommen. Höchstwahrscheinlich verbietet dein Bruder dir, menschliches Blut zu trinken.« Frederic lehnte im Türrahmen. »Normalerweise könntest du diese Kette zerreißen, aber in deinem geschwächten Zustand wohl kaum. Dein Hunger muss langsam schmerzen. Hier sitzt eine saftige Magd. Durch sie wärst du stark genug, um dich zu befreien. Wollen wir mal sehen, ob die Vampirin in dir früher oder später die Kontrolle übernimmt. Ich tippe auf früher.« Frederic grinste und entblößte so seine scharfen Eckzähne.
»Darauf kannst du lange warten.« Elisabeth verschränkte die Arme.
»Na, dann wollen wir es dir nicht zu leicht machen«, erwiderte Frederic. Er durchquerte den Raum. Das Mädchen begann zu wimmern, wollte zurückweichen, aber Frederic packte die Kette und zog sie zu sich. Schritt für Schritt kam sie ihm näher. »Nein, nein, bitte nein«, bettelte sie. Ihr Gesicht war tränennass. Doch Frederic blieb unerbittlich. Er manipulierte nicht einmal ihren Geist, ließ sie bei vollem Bewusstsein.
»Was bist du für ein Tier?«, brüllte Elisabeth.
»Nein, meine Geliebte, nicht wir sind die Tiere, sie sind es.« Damit versenkte er seine Fänge in der Kehle des Mädchens, das aufschrie. Er nahm ein paar kräftige Züge, dann ließ er von der Kleinen ab, schubste sie in den Dreck. Das Mädchen presste die Hände auf die Wunde, Blut quoll zwischen ihren Fingern hervor. Sie wollte schreien, doch es kam nur ein Gurgeln aus ihrem Mund.
»Sie wird es nicht mehr lange machen. Der schöne Lebenssaft wäre verschwendet.« Frederic wischte sich das Blut vom Mund. Der süßliche Geruch traf Elisabeth wie ein Faustschlag. Sie zitterte wie ein alter Säufer, ihre Beine wurden schwach. Am liebsten hätte sie sich in den letzten Winkel zurückgezogen und auf dem Boden zusammengerollt. Sie gab diesem Impuls nicht nach, blieb aufrecht stehen und reckte Frederic stolz ihr Kinn entgegen.
»Keinen einzigen Schluck werde ich nehmen.« Zur Hölle, ihre Stimme klang rau, was davon zeugte, dass die Vampirin dicht unter Oberfläche lauerte.
»Deine leuchtenden Augen sagen mir etwas anderes. Jetzt lasse ich euch beide allein.« Frederic verließ die Zelle und Gabriel folgte ihm. Die Tür fiel ins Schloss, anschließend wurde ein Schlüssel umgedreht. Ohne die Augen von dem Mädchen abzuwenden, das blutend am Boden lag und um sein Leben kämpfte, wich Elisabeth zurück, bis sie das Mauerwerk im Rücken spürte. Langsam sackte sie zusammen, umfasste die Knie mit den Armen. Die Fangzähne pulsierten schmerzhaft und ihr Körper bebte vor Verlangen. Nur ein kleiner Zug, flüsterte eine Stimme, ein winzig kleiner. Das Mädchen ist doch eh schon tot.
»Nein!« Elisabeth rammte die Eckzähne in ihren Arm, schmeckte ihr eigenes totes Blut. Der Durst wurde unerträglich, und vor ihr lag die Quelle, ihn zu stillen. Panik legte sich wie ein Seil um ihre Brust, das von einer unsichtbaren Macht zusammengezogen wurde, bis sie das Gefühl hatte, sie würde zerbersten. Sie ließ von ihrem Fleisch ab, packte die Kette und zog mit aller Gewalt daran. Die Ringe gaben keinen Deut nach. Frederic hatte recht, sie war zu schwach. Das Mädchen hatte inzwischen das Bewusstsein verloren, lag wehrlos auf dem Präsentierteller. Schreiend rüttelte Elisabeth an ihrer Fessel, die sie nicht freigab. Sie rutschte so weit von dem Mädchen weg, wie es die Kette gestattete, kauerte sich zusammen und senkte die Lider. Viktor, er würde sie finden. Ganz bestimmt. Sie musste nur durchhalten.
Sobald die Nacht angebrochen war, setzte Viktor seine Suche bis zum Morgengrauen fort. Seit Nächten durchstreifte er die Stadt, aber von Elisabeth fehlte jede Spur. Sie hatte ihn wirklich verlassen. Dieser grausamste aller Gedanken schmerzte mehr, als wenn ihn Blutjäger an einen Pfahl gebunden und angezündet hätten.
Er betrat die Schenke, die Menschen lachten laut und spotteten. Es war höchst ungewöhnlich, dass sich um diese Zeit noch so viele Gäste hier aufhielten. Aber dies waren nicht seine Angelegenheiten. Ohne weiter auf die Sterblichen zu achten, durchquerte er den Raum, hoffend, dass Elisabeth doch im Zimmer auf ihn wartete.
»Nein, so glaub mir doch. Die haben das rothaarige Mädchen gepackt und sind mit ihm aufs Dach gesprungen«, lallte ein alter Mann, worauf die anderen Gäste zu grölen begannen.
»Hatten sie Flügel, wie Engel?«, schrie ein Kerl.
»Keine Flügel, sie sind einfach nur gesprungen«, wiederholte der Alte seine Behauptung. Viktor hielt die Schankmagd auf.
»Wer ist das?«, erkundigte er sich.
»Ein unbelehrbarer Säufer. Er geht normalerweise in den Roten Eber, aber dort sollen Dämonen hausen. Daher ist er heute bei uns. Ich hoffe, er kann seine Rechnung begleichen.«
»Gib ihm, was er will.« Viktor steckte ihr einen goldenen Knopf zu. Dieser gehörte zu den Dingen, die Elisabeth und er aus den Ruinen der verbrannten Burg Hohenstein hatten retten können, wie auch ein paar Schmuckstücke.
»Natürlich, Herr.« Die Magd nickte und eilte davon. Anschließend bahnte sich Viktor den Weg zum Tisch des alten Mannes.
»Ist hier noch Platz?«, fragte er, und den Männern blieben die Münder offenstehen.
»Natürlich, Herr.« Einer fand seine Stimme wieder, schnell sprang er auf. »Setzt euch bitte.« Hastig wischte er mit der Hand über die Holzbank und Viktor kam der Einladung nach.
»Bring Bier für alle«, rief er der Bedienung zu, und die Menschen jubelten laut.
»Ihr seid bestimmt ein Ritter«, sagte der zierliche Mann neben ihm. »Das sieht man schon an der Haltung und Eurem Gang.«
»Da liegst du richtig, mein Freund«, erwiderte Viktor und sah dann zu dem Alten, der ihm gegenübersaß. »Du hast von einer seltsamen Begebenheit berichtet?«
»Ja, er hat wahrhaftige Dämonen gesehen«, brüllte ein feister Kerl, worauf der ganze Schankraum lachte.
»Wirklich?« Viktor blickte dem Mann tief in die Augen.
»Ja, so ist es«, antwortete dieser langsam. Die Trance setzte ein und Viktor konnte die Erinnerungen des Alten lesen. Er durchforstete dessen Geist, bis er auf ein Bild von Elisabeth stieß. Zwei Vampire hatten sie gepackt. Der Kleinere erzählte, dass Frederic sie sehen wollte, dann sprangen sie mit ihr aufs Dach und verschwanden in Richtung Süden. Im Anschluss reinigte Viktor das Gedächtnis des Mannes von diesen Erinnerungen, das war sicherer für ihn.
»He, Alter hat es dir die Sprache verschlagen, jetzt, wo der edle Herr deine Geschichte hören möchte?«, feixte ein Gast.
»Was ist los?« Verwirrt starrte der Greis Viktor an.
»Ich danke dir.« Damit stand Viktor auf.
»Wollt Ihr uns schon verlassen, edler Herr?«
»Ich denke, dass der Wirt sein Gasthaus bald schließen wird, es ist schon weit nach der Sperrstunde und der Morgen graut bereits.« Damit ging Viktor. Kurz vor der Treppe hielt ihn der Wirt auf.
»Äh, Herr, ich war in Eurem Zimmer und mir ist das zerbrochene Fenster und der beschädigte Kamin aufgefallen. Ihr müsst wissen, die Reparaturen werden mich einiges kosten.«
»Ich denke, damit wirst du die Reparaturen bezahlen können.« Viktor holte zwei weitere goldene Knöpfe aus einer Tasche, die in seinem Wams eingenäht war, hervor. »Mit dem zweiten bezahle ich das Freibier.«
»Vergelt’s Gott«, bedankte sich der Wirt, und Viktor schritt die Treppe hoch. Frederic, dieses kleine Wiesel, hatte Elisabeth entführen lassen. So, wie es aussah, von ansässigen Vampiren. In der nächsten Nacht würde er jeden Stein umdrehen, bis er die hier lebenden Unsterblichen unter einem fand.
Die Zellentür wurde aufgeschlossen. Elisabeth hob den Kopf. Vor ihr lag das tote Mädchen in einer rotbraunen Lache.
»Du bist ja noch immer angekettet.« Frederic trat ein.
»Ich bin keine Bestie wie du und es wird niemals wieder ein wir geben«, erwiderte Elisabeth und zog sich mit beiden Händen an der Kette hoch, bis sie aufrecht saß. Ihre Eckzähne schmerzten vor Blutdurst, die Stimme war rau.
»Erstaunlich, wie sehr dein Bruder dich unter seiner Kontrolle hat. Dann probieren wir es heute noch mal. Gabriel!« Frederics Lakai führte ein neues Mädchen in die Zelle, das völlig teilnahmslos war. Die Kleine stand ohne Zweifel unter der Kontrolle eines Vampirs. »Kette sie an und schaff das da weg.« Frederic deutete auf den leblosen Mädchenkörper am Boden. Gabriel nahm der Toten die Kette ab und legte den Ring um den Hals der neuen Maid. In diesem Moment erwachte sie aus ihrer Trance. Ihr Blick fiel auf ihre Vorgängerin und sie schrie. Hysterisch zerrte sie an ihrer Kette, bettelte und flehte.
»Jetzt schaff das schon weg«, wiederholte Frederic seinen Befehl und Gabriel gehorchte. Das schrille Kreischen war kaum zu ertragen. Frederic bewegte sich in übernatürlicher Geschwindigkeit durch den Raum, packte die Kleine an der Kehle und hob sie hoch, bis ihre Beine in der Luft baumelten.
»Du wirst jetzt mit dem Radau aufhören, sonst werde ich dir die Haut in Streifen abziehen. Hast du mich verstanden?«
Das Mädchen verstummte, versuchte zu nicken und ja zu sagen, doch nur ein Röcheln kam aus ihrem Mund.
»Sehr schön.« Zufrieden stellte Frederic sie wieder auf die Füße. »Ihr beide könnt euch nun ein wenig kennenlernen, ich werde später noch mal nach euch sehen«, sagte er und verschwand.
»Wo bin ich hier?« Das Mädchen starrte auf die Blutlache in der Mitte des Raumes.
»In der Hölle, mein Kind«, erwiderte Elisabeth, und der Blick ihres Gegenübers traf auf ihren. Nackte Panik lag darin.
Die ganze Nacht war Viktor durch die Gassen gestreift, aber die heimischen Vampire blieben verborgen. Jetzt musste er zu rabiateren Mitteln greifen. Auch wenn er Menschenmengen mied, ja, regelrecht hasste, brauchte er nun viele Sterbliche. Er musste nicht allzu lange danach suchen. Auf einem kleinen Platz gaben Schausteller etwas zum Besten. Ein brennender Holzhaufen sorgte für Licht. Die fahrenden Künstler führten ein Lustspiel auf. Gerade jagte ein liebestoller Wirt eine keusche Magd um das Lagerfeuer. Zuschauer umringten sie, johlten, feuerten der Mann an, dessen Wangen und Nase grellrot geschminkt waren. Die Magd war in Wirklichkeit ein Jüngling, der seine Stimme verstellte.
»Oh Herr, lasst ab von mir«, säuselte er mit Fistelstimme. Viktor schob die johlenden Menschen zur Seite, bis er die Schausteller erreichte.
»Wunderschöner Herr, errettet mich.« Der Jüngling in Frauengewändern zog ihn in den Kreis, die Zuschauer lachten.
Blitzschnell packte Viktor den jungen Mann an der Kehle, hob ihn hoch, bis seine zappelnden Füße keinen Kontakt mehr mit dem Boden hatten. Die Menschen wichen zurück, denn Viktors Augen leuchteten. Er drehte sich im Kreis, aufgeregtes Murmeln kam aus allen Richtungen. Ein Kind weinte, Frauen schluchzten.
»Ich weiß, dass ihr mich seht. Wenn ihr nicht wollt, dass ich diesem Mann vor den Augen aller Sterblichen das Blut aus den Adern sauge, dann zeigt euch.« Langsam zog Viktor sein Opfer näher, entblößte die Fangzähne.
»Er ist ein Dämon«, kreischte eine Frau. Panik brach aus, die Menschen rannten kopflos durcheinander, versuchten, den Platz zu verlassen und behinderten sich dabei gegenseitig, was sie noch mehr in Panik versetzte.
»Verschont mich«, flehte der Mann, den Viktor noch immer in seiner Gewalt hatte.
»Lass ihn los!«
Viktor drehte sich zu der Stimme. Vor ihm stand ein Vampir. Sofort gab er den Jüngling frei. Der klatschte mit dem Hinterteil voran unsanft auf Boden, rutschte hastig rückwärts über den Morast, kam dann auf die Beine und stolperte davon. Der Platz war nun menschenleer.
»Das war ein Fehler, vor all diesen Sterblichen deine wahre Natur zu zeigen.«
»Auf andere Weise vermochte ich euch ja nicht dazu zu bringen, mit mir zu sprechen.« Viktor verschränkte die Arme.
»Du hast gegen unsere Regeln verstoßen.« Der fremde Vampir machte einen Schritt in seine Richtung, doch Viktor wich keinen Fußbreit zurück. Der einheimische Unsterbliche schlich lauernd näher, während Viktor ihn, ohne die Miene zu verziehen, taxierte. Das weißblonde Haar floss offen über die Schultern. Wie bei Viktor bedeckte kein einziges Barthaar das Gesicht. Der Vampir konnte bei seiner Wandlung nicht älter als zwanzig gewesen sein. Aber das entsprach mit Sicherheit nicht seinem wahren Alter. Er war gut gekleidet, sah stattlich und vor allem kampferprobt aus. Eine Auseinandersetzung mit ihm würde nicht leicht werden, doch wenn es sein musste, war Viktor zu allem bereit. Jeder seiner Muskeln spannte sich an, als etwas in seinen Hals stach. Er fasste sich an die Stelle und drehte sich um. Eine exotisch aussehende Frau lächelte ihn an und zeigte die Fänge. Im nächsten Augenblick gaben seine Beine nach, Viktor sank auf die Knie. Die Vampirin umfasste seinen Kopf mit beiden Händen und hielt ihn fest.
»Du warst ein sehr böser Junge«, sagte sie. Viktor nahm sie nur noch verschwommen wahr, wollte ihre Hände von seinem Kopf ziehen, doch seine Arme versagten ihm den Dienst. Er hatte das Gefühl, krügeweise Met getrunken zu haben. Einen Wimpernschlag später ließ ihn die Frau los, er kippte nach vorn und klatschte mit dem Gesicht voran in den Matsch. Dann wurde es schwarz um ihn.
Die Magd kauerte schluchzend an der Wand. Elisabeth hockte ihr gegenüber, hörte das Herz aufgeregt schlagen, roch das Blut, das sie lockte wie Sirenengesang. Der Durst fraß ihr ein Loch in die Eingeweide und sie musste alle Kraft zusammennehmen, um sich nicht auf das hilflose Mädchen zu stürzen. Gerne hätte sie der Kleinen geholfen, sie mental beruhigt. Aber ihre Fähigkeiten reichten bei diesem geschwächten Zustand gerade mal aus, dass sie die Vampirin in sich unter Kontrolle behielt. Wie lange saß sie schon in dem fensterlosen Kerker? War es Tag oder Nacht? Sogar dieses Gespür hatte sie verloren. Was, wenn Viktor sie nun nicht suchte? Schließlich war sie weggelaufen und hatte ihm gesagt, dass er ihr keinesfalls folgen sollte. Offensichtlich hatte er auch genau das getan. Denn wäre er da gewesen, hätte er es niemals zugelassen, dass Frederics Schergen sie entführten. Sie musste der Wahrheit ins Auge sehen: Es würde keine Hilfe kommen. Elisabeth schlang beide Arme um ihren Oberkörper und presste die Stirn gegen den rauen Stein. Wahrscheinlich war Viktor ohne sie sowieso besser dran. Schließlich war sie es gewesen, die ihn dazu verdammt hatte, als blutdürstiger Dämon sein Dasein zu fristen. Eine Existenz, die er noch heute zutiefst verabscheute.
Im Schloss wurde der Schlüssel umgedreht. Kraftlos blieb Elisabeth sitzen, wollte nur noch ihre Ruhe.
»Du hast noch immer nicht getrunken«, stellte Frederic fest. »Dabei ist die Maid so jung und saftig.«
»Herr, bitte, so lasst mich doch frei«, bettelte das Mädchen. Elisabeth schloss die Augen, wollte am liebsten sterben, denn sie würde für immer in diesem Kerker festsitzen. Außer, sie nahm menschliches Blut zu sich. Was sie auf keinen Fall tun wollte.
»Lass die Magd doch gehen. Ich werde niemals von ihr trinken«, sagte Elisabeth, ohne Frederic anzusehen. Das Mädchen schrie: »Nein, nein, nein.« Dann hörte man schmatzende Geräusche, und das unverwechselbare Aroma von Blut kroch Elisabeths Nase hoch. Sie presste ihre Stirn härter gegen das rissige Gemäuer, damit der Schmerz sie von ihrem Hunger ablenkte.
Ein lebloser Körper schlug auf dem Boden auf, nur einen Wimpernschlag später packte Frederic sie grob an den Armen und zerrte sie auf die Beine.
»Du wirst trinken, hörst du! Jetzt komm doch endlich zur Vernunft. Dein Bruder ist verrückt!« Er schüttelte sie so sehr, dass ihre Zähne schmerzhaft aufeinander klackten. Frederic hielt inne. »Das wollte ich nicht. Ich wollte dir auf gar keinen Fall wehtun, aber du bringst mich dazu.« Er gab sie frei. Obwohl Elisabeth das Gefühl hatte, der Boden würde unter ihren Füßen nachgeben und sie kaum mehr stehen konnte, straffte sie die Schultern und blickte ihrem Gegenüber stolz in die Augen.
»Fass mich nie wieder an«, zischte sie. Sie sah zu der toten Magd. »Die arme Seele ist umsonst gestorben. Ich bin kein Monster wie du.«
»Wir werden sehen«, schnaubte Frederic, machte auf dem Absatz kehrt und stürmte aus der Zelle. André holte den Leichnam, dann wurde die Tür zugeschlagen und verschlossen. Erschöpft sank Elisabeth in sich zusammen. Frederic würde nicht aufgeben und ein Opfer nach dem anderen herzerren. Wie lange konnte sie dem animalischen Hunger wohl noch widerstehen?
Viktor erwachte in einer Art Höhle. Er rappelte sich auf, seine Gliedmaßen gehorchten ihm kaum. Wo, zur Hölle, war er? Es gab keine Lichtquelle. Aber dank seiner Fähigkeit, in tiefster Dunkelheit etwas sehen zu können, erkannte er jede Einzelheit seiner Umgebung, wie auch die Tür. Schwerfällig zog er sich an der Felswand hoch. Was immer ihm diese Vampirin gegeben hatte, es setzte ihm schwer zu. Er torkelte durch den Raum, erreichte schließlich sein Ziel und schlug gegen das Holz. Zwar stöhnte die Tür unter seinen Schlägen, hielt aber dennoch stand. Er hätte vor seinem Auftritt Nahrung zu sich nehmen sollen.
»He! Hört mich einer!« Erneut hämmerte er gegen das Holz. Es kam keine Reaktion. »Ich muss jemanden sprechen!«, brüllte er die Tür an. Niemand öffnete sie. Verflucht, waren diese Vampire mit Taubheit geschlagen? Er lehnte seine Stirn gegen das Holz und schloss die Augen. So würde er Elisabeth niemals finden. Eingeschlossen in einer Höhle, seiner Kräfte beraubt. Bestimmt gab es hier Ratten. Ihr Blut würde vielleicht reichen, um dieses Zeug aus seinem Körper zu bekommen und die Tür eintreten zu können. Er drehte sich um, sein Blick suchte jeden Winkel nach den kleinen Nagern ab. Leises Fiepen erregte seine Aufmerksamkeit. Lautlos schlich er in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Da, ein kleines Tier huschte die Wand entlang. Viktor sprang, alles andere als elegant, doch er bekam etwas zu fassen. In seiner Hand hielt er ein zappelndes Fellbündel.
»Tut mir leid.« Damit versenkte er seine Zähne in dem warmen Körper. Leben floss durch Viktors toten Leib. Das Gefühl, trunken zu sein, ließ nach, der Boden wankte nicht mehr so stark, aber es war zu wenig, damit seine vollen Kräfte zurückkehrten. Die Tür würde er nicht aufsprengen können. Die wochenlange Abstinenz forderte ihren Tribut. Er war auf Gedeih und Verderb der Gnade dieser Vampire ausgesetzt. Eines musste er sich eingestehen: Sein Plan war nicht sehr ausgeklügelt gewesen.
Elisabeth suchte nach einer bequemeren Position. Sie kam sich unglaublich verloren vor, wie lebendig begraben. Schon lange waren die Fackeln verloschen. Die Dunkelheit tat ihren Augen gut. Die übernatürliche vampirische Sehkraft hatte allerdings nicht nur Vorteile, denn der braunrote Fleck in der Mitte des Raumes zog ständig ihren Blick auf sich. Es war das Blut des Mädchens, dessen köstliches Aroma die Vampirin in ihr regelrecht verzauberte. Vielleicht konnte sie es vom Boden lecken? Sie war ja nicht schuldig am Tod der Kleinen und verletzte damit nicht ihre Prinzipien. Aber wenn es zu sehr verwest war, zeigte das Blut keine Wirkung. Nur falls es noch Lebenskraft besaß, bestand die reelle Chance, dass sie ihre Fesseln loswurde. Elisabeth krabbelte nach vorne, die Kette klirrte leise. Wie ein Schälchen Milch eine Katze verführte, lockte sie der Lebenssaft. Der Durst musste gestillt werden, um jeden Preis. Auch wenn sie sich erniedrigte und das Blut vom Boden leckte.
Was tat sie da! Hastig rutschte sie zurück, es schüttelte sie. Nein, verflucht, sie war doch kein Tier. Hatte sie so wenig Selbstbeherrschung? Frederic konnte ihr die Freiheit nehmen, aber ihre Würde auf keinen Fall. Was sollte sie tun? Er hatte unmissverständlich klargemacht, dass er sie niemals aufgeben wollte. Elisabeth schaute wieder zum Blutfleck. Wie viele arme Seelen mussten noch sterben? Wie lange würde sie die Bestie im Zaum halten können? Wenn sie Menschen tötete, um ihre Haut zu retten, würde sie Viktors Achtung verlieren, und viel schlimmer, sie würde die Achtung vor sich selbst verlieren.
Viktor. Bei dem Gedanken an ihren geliebten Bruder verspürte sie eine unendliche Traurigkeit, die weit mehr schmerzte als der Blutdurst. Ihrer beider zuletzt gewechselten Worte waren so voller Wut gewesen, und jetzt würde sie ihn vielleicht nie wiedersehen. Kalte Tränen liefen ihr über die Wangen. Es war besser, dass Viktor nicht nach ihr suchte. Er hatte seit Ewigkeiten keinen Schluck getrunken. Wenn ihre Kräfte schon nach wenigen Tagen so nachließen, wie würde es ihm ergehen? Wahrscheinlich hätte er gegen Frederic und seine Lakaien keine Chance, könnte bei dem Versuch, sie zu retten, getötet werden. Die Vorstellung, ihren Bruder zu verlieren, traf Elisabeth wie ein Hammerschlag. Es gab nichts auf der Welt, was ihr mehr Furcht einjagte. Viktor durfte sich ihretwegen nicht in Gefahr bringen. Wie fand sie nur einen Ausweg? Wenn es hier wenigstens Ratten gegeben hätte, dann wäre sie vielleicht imstande gewesen, ihrem Gefängnis zu entkommen. Doch seit ihrer Ankunft hatte sie keine einzige entdecken können.
Viktor suchte sein Gefängnis nach Schwachstellen ab, aber es gab nur massiven Stein und die Holztür. Langsam wurde er wieder Herr über seine Kräfte, und nach ein paar weiteren Ratten entschied er sich, es noch mal mit der Tür aufzunehmen. Er trat dagegen, dass die eisernen Scharniere stöhnten. Ein weiterer Tritt folgte und ein nächster, dann flog die Tür auf. Viktor sah eine größere Höhle vor sich, die von Fackeln beleuchtet wurde. Um eine Tafel standen mit Gobelin bezogene Stühle, in den Nischen goldverzierte Truhen, die einst mit Sicherheit der Kirche gehört hatten. Edel bestickte Teppiche schmückten die Wände, verbargen den Blick auf den Fels. Fast hätte man meinen können, man sei in einer königlichen Festung statt in einer Höhle.
»Sieh mal, Louis, unser Gast ist aufgewacht.«
Viktor drehte sich um. Die Vampirin, der er seinen jämmerlichen Zustand zu verdanken hatte, trat aus einem Tunnel. Sie lächelte, was ihr zugegebenermaßen sehr gut stand. Bei ihrer Wandlung durfte sie kaum älter als siebzehn Winter gewesen sein. Ihre Haut zeigte die für Vampire gewohnte Blässe, doch als Lebende musste ihr Teint ins Bräunliche gegangen sein, wie es für Orientalen üblich war.
»Gast – so behandelt Ihr Eure Gäste?«, erwiderte Viktor.
»Wenn sie sich nicht benehmen können«, antwortete der blonde Unsterbliche, der offenbar Louis hieß. Er folgte der schönen Vampirin.
»Nun, wie heißt du, mein attraktiver dunkler Vampir?« Die Frau blieb vor Viktor stehen, strich mit dem Zeigefinger sanft über seine Brust.
»Viktor«, antwortete er, darum bemüht, einen teilnahmslosen Gesichtsausdruck beizubehalten, denn er genoss die zarte Berührung mehr, als er sollte. Die Vampirin machte keine Anstalten, ihre Hand fortzunehmen, während sie ihn musterte. Ihr Blick verfing sich mit seinem. Obwohl die Iriden braungolden schimmerten, besaßen die Augen seines Gegenübers keinerlei Wärme.
»Mein Name ist Desdemona und das ist Louis.« Sie deutete kurz auf ihren Begleiter, ohne diesem weiter Beachtung zu schenken. All ihre Aufmerksamkeit galt einzig Viktor. Sie schien aufs Äußerste fasziniert von ihm zu sein. Ihr Name bedeutete Unglück, und irgendwie wurde Viktor das Gefühl nicht los, dass er zu der Frau vor ihm perfekt passte.
»Nun«, begann Desdemona, während sie zum Tisch ging. »Was hat dich bewogen, eine solche Dummheit zu begehen? Du machst eigentlich einen vernunftbegabten Eindruck.« Sie nahm Platz. »Bitte setz dich.«
Viktor kam ihrer Aufforderung nach, wählte den Stuhl ihr gegenüber, um Abstand zwischen sich und die Vampirin zu bringen. Desdemona legte die Hände in den Schoß und wartete auf seine Antwort.
»Es ist egal, was für Gründe er hatte. Er hat unser Gesetz gebrochen und muss bestraft werden«, ergriff Louis das Wort.
»Du weißt, wie die Strafe aussieht.« Er stellte sich an den Kopf der Tafel und fixierte Desdemona.
»Schweig«, fuhr sie ihn an. »Ich will ihn anhören.« Ihr Blick glitt zu Viktor.
»Der Tod ist die Strafe.« Ein Mann, der so um die Fünfzig gewesen sein musste, bevor er ein Unsterblicher wurde, betrat die Höhle, und mit ihm ein kleines Gefolge von Vampiren. Alles an ihm strahlte Macht aus. Er gehörte dem Hochadel an, daran bestand für Viktor kein Zweifel.
»Warum hast du mir nicht ausrichten lassen, dass unser Gast seine Zelle verlassen hat?« Der Vampir gesellte sich zu Desdemona, nahm ihre beiden Hände, um Küsse darauf zu hauchen. Anschließend entschied er sich für den Stuhl neben ihr.
»Mein hoher Herr, ich wollte nur hören, was Viktor zu sagen hat.«
»Viktor ist dein Name«, bemerkte der Vampir und musterte ihn. Betont gelassen lehnte Viktor sich zurück und verschränkte die Arme. In Wirklichkeit war alles in ihm zum Zerreißen angespannt. Er überlegte, wen er im Ernstfall zuerst angreifen wollte, plante weitere Schritte. Er war zum Sprung bereit, nur eine kleine feindliche Regung seiner Gegner reichte, und die Hölle würde losbrechen. Kampflos gab er sich nicht geschlagen. Aber die Vampire sollten das keinesfalls merken.
»So ist es. Mit wem habe ich das Vergnügen?«, fragte Viktor.
»Ich bin Jean Le Bon.«
»Der Gute also, Ihr seid von hohem Stand, das erkenne ich sofort. Was verschlägt euch in diese Katakomben?«, fragte Viktor, Spott lag in seiner Stimme. Er beugte sich nach vorne und lächelte. Kühl hielt er dem wütenden Blick seines Gegenübers stand.
»Wir haben uns freiwillig in den Untergrund zurückgezogen, das ist Teil unseres Handels«, erwiderte Le Bon scharf.
»Zu diesem Handel gehört auch das Gesetz, das es verbietet, die sterblichen Bewohner dieser Stadt anzugreifen und schon gar nicht öffentlich auf dem Marktplatz. Sonst ist der Pakt gebrochen und wir haben die Stadt bald voller verfluchter Blutjäger.« Angewidert verzog Le Bon seinen bartumrandeten Mund. »Ein Vergehen gegen dieses Gesetz wird mit dem Tod bestraft. Sag mir, Viktor, hast du Sehnsucht nach der Hölle? Falls es so ist, hättest du einfach nur in die Sonne gehen und nicht alle Unsterblichen hier gefährden müssen.«
»Wenn ich nicht bei meiner Ehre versprochen hätte, mich niemals selbst zu richten, wäre ich schon lange ein Häufchen Asche.« Viktor legte die Hände flach auf den Tisch. »Wollt Ihr mir über diesen Pakt mehr sagen?«
»Dies tut hier nichts zur Sache.« Le Bon machte eine wegwerfende Handbewegung.
»Wie dem auch sei, die Person, der ich das Versprechen gab, ist auch der Grund für meine Tat. Zwei Eurer Männer haben meine Schwester Elisabeth entführt, und zwar im Auftrag von Frederic Le Puiset«, erkläre Viktor.
»Frederic!«, wiederholte Desdemona aufgebracht, und wäre Le Bon ein Mensch gewesen, wäre er mit Sicherheit vor Zorn tiefrot angelaufen. Aufgeregtes Gemurmel brandete unter den Anwesenden auf.
»Eure Reaktion zeigt mir, dass Ihr Frederic kennt.«
»Ich habe viel von ihm gehört, und es war nichts Gutes. Dieser höfische Speichellecker weiß, dass er sich dieser Stadt nicht nähern darf«, polterte Le Bon los.
»Wo kann er meine Schwester hingebracht haben?«, fragte Viktor.
»Nach Les Tours, eine verfallene Festung drei Nachtmärsche von hier in südwestlicher Richtung. Da bin ich mir sicher. Dies ist der Ort, an dem Frederic gewandelt wurde, und die Burg ist seit Jahrzehnten dem Verfall preisgegeben«, erwiderte Desdemona. Sie presste die vollen Lippen aufeinander. Ihre Anspannung verriet Viktor, dass sie mit Frederic etwas verband, was sie nicht aussprechen wollte.
»War er Euer Liebhaber, Madame?«, fragte er ganz direkt. Die Iriden der Vampirin leuchteten auf. Le Bon nahm ihre Hand.
»Beruhige dich, meine Geliebte.« Er führte die Finger an seine Lippen, um sie sanft zu liebkosen. Das Glühen in Desdemonas Augen verlosch. Da hatte Viktor wohl in ein Wespennest gestochen. Zufrieden lehnte er sich zurück.
»Er ist ein Mistkerl, der den Tod verdient.« Desdemona spie die Worte regelrecht aus.
»Wegen seiner Maßlosigkeit sind viele Brüder und Schwestern gestorben. Ich selbst wurde nicht Zeuge seiner Verbrechen. Das geschah in der die Zeit vor meiner Wandlung und bevor der Pakt in Kraft trat«, sagte Le Bon. »Aber Desdemona hat geliebte Vampire verloren, darunter ihre Schwester«, fügte er leise hinzu. Schmerz flackerte in den Augen der Vampirin auf.
»Du willst damit sagen, dass du ihm ebenfalls nicht wohl gesonnen bist?« Desdemona entzog Le Bon die Hand und fixierte Viktor. Sie hatte offensichtlich die Fassung zurückgewonnen.
»Ich will ihn töten«, gab Viktor kalt zurück, worauf Desdemona lächelte.
»Nun gut, wenn du diesen Hund zum Teufel schickst, dann sei dir deine Tat vergeben.« Sie sah zu Le Bon, der nickte.
»Ein Feind Puisets ist ein willkommener Freund. Wir selbst würden sein Schicksal besiegeln, doch er hat viele mächtige Verbündete außerhalb von Paris und wir sind zudem nur hier in der Stadt sicher. Es wäre töricht, wegen dieses Hurensohns eine Auseinandersetzung mit den anderen Clans zu riskieren. Aber du, mein Freund, bist offensichtlich ein clanloser Vampir.« Le Bon fuhr nachdenklich über seinen Bart.
»Da liegt Ihr richtig.« Viktor verschränkte die Arme auf dem Tisch.
»Töte ihn und du und deine Schwester werdet hier in Paris immer einen Clan haben.«
»Ich würde es sowieso tun. Aber um Elisabeths Willen nehme ich Euer Angebot an. Es tut ihr auf Dauer nicht gut, so einsam durch die Welt zu streifen.« Viktor streckte Le Bon die Hand entgegen, der sie beherzt packte.
»Dann sind wir uns einig. Und nun lass es uns besiegeln.« Le Bon gab Viktor frei und klatschte in die Hände. Vampire betraten mit Krügen und Bechern die Höhle. Der Geruch, den die Krüge verströmten, traf Viktor gleich dem Hieb einer Eisenkeule. Schwindel erfasste ihn, sodass er kurz die Augen schließen musste. Dann kam der Durst mit einer Wucht, die ihn von den Füßen gehauen hätte, wäre er gestanden. Er wusste, dass seine Augen glühten, als er die Lider hob.
»Ich trinke kein Menschenblut«, sagte er, und seine Stimme klang unnatürlich rau.
»Du hast sehr lange nicht mehr richtig getrunken. Deine Haut ist fahler als für Vampire üblich, und dass du so lange gebraucht hast, die Tür aufzubrechen, zeugt ebenfalls davon. Wenn du deine Schwester retten willst, dann musst du menschliches Blut zu dir nehmen. Du wirst deine Kräfte brauchen.« Vor Desdemona wurde ein silberner Becher gestellt und mit Blut gefüllt. Als er voll war, schob sie ihn zu Viktor. Der hätte am liebsten dicke Wände zwischen sich und das Blut gebracht. Nur mit Mühe gelang es ihm, sich in Zaum zu halten und sich nicht auf den Kelch zu stürzen.
»Es ist mir zuwider.« Viktors Reißzähne pochten wild vor Vorfreude, er vermochte kaum zu sprechen.
»Warum hat Frederic deine Schwester entführt?« Ein zweiter Becher wurde gefüllt, diesen behielt Desdemona. Nach und nach bekam jeder der Anwesenden etwas von dem Blut. Die Bestie in Viktor war kurz davor, auszubrechen. Er zitterte vor Verlangen, konnte sich nur schwer auf Desdemonas Frage konzentrieren. Der rote Saft vor ihm beherrschte seine Gedanken, beherrschte ihn.
»Er kam damals auf unsere Burg. Verführte und wandelte sie.« Viktor schluckte, nur schwerfällig verließen die Worte seinen Mund und er erwischte sich dabei, wie er den Becher anstarrte. Es kostete ihn enorme Kraft, Desdemona anzusehen. »Meine Schwester war jung, erst fünfzehn Winter, hatte bis dahin selten Fremde getroffen. Frederic faszinierte sie und er machte sie zu seiner Gefährtin. Anschließend wandelte sie mich. Aus Liebe, wie sie dachte. Irgendwann erkannte sie, was für ein Monster Frederic wirklich war und verließ ihn. Wie es aussieht, hat er das bis heute nicht akzeptiert. Ganz offensichtlich begehrt er sie nach wie vor ungebrochen. Ich fürchte, dass er ihr etwas antun wird, falls ich sie nicht finde.«
»Dann solltest du trinken. Wenn Frederic so vernarrt in deine Schwester ist, wird er sie mit Sicherheit nicht kampflos aufgeben und eines, mein Freund, kann ich dir versichern: Er kämpft niemals fair. Willst du ihm wirklich in deinem erbärmlichen Zustand gegenübertreten?« Desdemona schob den Becher näher zu Viktor.
»Nein«, knurrte er, und die Bestie siegte. Er nahm das Gefäß und leerte es in einem Zug. Jemand schenkte nach, Viktor trank erneut. Pure Kraft sprudelte durch seinen Körper. Alles erwachte zum Leben. Er war wie neugeboren, hätte ganze Burgen zum Einsturz bringen können. Unverhohlen betrachtete er Desdemona, die den Kelch an ihre Lippen setzte. Zwischen Viktors Lenden kribbelte es, als er ihr dabei zusah, wie ihr sinnlicher Mund das Silber berührte. Bilder schossen durch seinen Kopf. Desdemona liebkoste seine nackte Brust und ganz langsam rutschte sie nach unten, hinterließ eine prickelnde Spur, bis sie …
»Das Blut scheint dir zu schmecken«, riss Le Bon ihn aus seinem wollüstigen Traum.
»Ich möchte aufbrechen«, sagte Viktor, um seine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken.
»Noch ist es Tag. Die Tunnel führen zwar aus Paris hinaus, aber wenn du sie verlässt, gibt es nur wenig Schutz. Louis soll dich begleiten, er wird dich sicher nach Les Tours bringen.«
»Aber Herr …« brauste Louis auf.