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Der Roman basiert auf einer - im wahrsten Sinne des Wortes - verrückten Idee: Robinson Crusoe gelingt nach vielen Jahren der Einsamkeit auf der Tropeninsel Calora die Reise zurück in die Zivilisation. Auf einem Containerschiff gelangt er zur Schildkröteninsel, die im Herzen von Europa liegt. Aber nebst der örtlichen Verschiebung erlebt er auch eine Zeitreise vom 17. ins 21. Jahrhundert und erfährt so, wie das Leben in einem heutigen Staat abläuft, der sich von jeglichen ausländischen Einflüssen abzuschotten versucht und dessen Bewohner ganz andere Wertvorstellungen haben als er. In der Person von Yvonne, einer Sozialarbeiterin, erhält er eine Figur zur Seite gestellt, die ihm helfen soll, sich in der provisorischen Heimat zu integrieren, was jedoch für beide alles andere als einfach ist. Der Text ist teils humorvoll gehalten, gelegentlich aber auch nachdenklich. Während Robinson sich vorerst bemüht, die vielfältigen Gewohnheiten, Regeln und Vorschriften der Schildkröteninsel zu befolgen, macht sich Yvonne kritische, existenzielle Gedanken zum eigenen Leben. Die Liebesgeschichte zwischen Robinson und Yvonne verläuft dementsprechend mit Höhen und Tiefen. Sie besteht voller Spannungen, die auf den gesellschaftlichen und geschichtlichen Gegensätzen der beiden Hauptfiguren gründen und unüberbrückbar zu sein scheinen. Kann ihre Liebe die vielfältigen Hindernisse schließlich überwinden oder scheitert sie am sozialen und historischen Umfeld, in das der Autor die beiden Figuren stellt?
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Seitenzahl: 143
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Abschied und Rettung
Ankunft im Paradies
Neuland
Künstliche Welten
Fern der Natur
Die sieben Weisen
Alles unter Kontrolle
Vom wahren Glauben
Andere Leute, andere Sitten
Arbeit, Frust und Leiden
Ein Hauch von Liebe
Komplikationen
Von Schildkröten und Igeln
Die Suche nach dem Glück
Konkrete Pläne
Der Abschiedsbrief
Aufbruch nach Anderswo
In letzter Verzweiflung wagte ich einen erneuten Versuch, die verwunschene Insel Calora, auf der ich 28 Jahre, sechs Monate und zwölf Tage gefangen war, auf einem selbst gebauten Floss zu verlassen. Freitag und einige andere Dorfbewohner hatten mir geholfen, Bäume zu fällen und ein solides Floss zu zimmern. Kurz nach Sonnenaufgang verabschiedete ich mich von ihnen mit dem Ziel, zur weit entfernten Angel Island, meiner Heimat, aufzubrechen. Die Sehnsucht danach zerriss mich und ich wünschte mir inständig, ein paar Jahre bis zu meinem Tod in meiner kleinen Heimatstadt zu verbringen, von der ich vor ewigen Zeiten aufgebrochen war, um die Welt zu entdecken. Aber es sollte anders kommen…
Wind und Strömung trieben mich langsam vom Ufer weg. Meine Augen hingen stundenlang an der kleinen Tropeninsel, auf der ich lange Zeit gefangen war, die aber trotzdem zu einer Art zweiter Heimat wurde. Viel hatte sich dort während all der Jahre ereignet, so dass für mich ein Leben ausserhalb der Grenzen dieser Insel, die ich wegen der permanenten Hitze Calora nannte, kaum mehr vorstellbar war. Die schwachen Erinnerungen an meine Kindheit und Jugendzeit in einer ärmlichen Kleinstadt auf der Angel Island waren jedoch nicht vollständig gelöscht, Erinnerungen, die mich all die Jahre am Leben hielten und mir immer wieder neue Hoffnung verliehen.
Mehrere Male hatte ich versucht, in einem Einbaum oder auf einem Floss meinen Zufluchtsort zu verlassen. Aber jedes Mal warf mich die See schon nach kurzer Zeit an den Strand oder auf die Felsen zurück, wie wenn die Zeit für die Heimkehr noch nicht reif wäre. Ich akzeptierte das Urteil für einige Zeit, bis mich die Sehnsucht wieder packte und ich einen neuen Versuch wagte. Meine Mitbewohner konnten meine Unrast und Unruhe nie ganz verstehen, denn für sie war ein Leben ausserhalb der Insel schlicht unvorstellbar. Ausser einer Handvoll Schiffbrüchiger waren die meisten von ihnen auf Calora geboren worden und sie waren ein entbehrungsreiches Leben in einem einfachen, wenn auch geschützten Rahmen, gewohnt. Jeder war für den anderen da, weil man wusste, dass ein Überleben nur in der Gemeinschaft möglich war. Gemeinsam hatten wir Piraten und Kannibalen getrotzt, hatten Unwetter, Hunger und Durst überstanden und uns eine Heimat gebaut, auf die wir stolz waren und die wir bis in den Tod zu verteidigen bereit waren. Als Dank schenkten uns das Meer und die Insel alles, was wir zum Leben brauchten. Wir lebten vom Fischen, von Viehzucht und Ackerbau, aber auch von den wilden Früchten und Beeren, die im Tropenwald zu finden waren. Wenn uns keine Krankheiten plagten, unsere Vorräte voll waren und wir unseren Frieden hatten, wähnte ich mich gelegentlich in einem kleinen Paradies. Aber ein einziges Unwetter konnte unsere ganze Ernte vernichten, unsere Siedlungen zerstören und die Fluten rissen Mensch und Tier mit sich fort. Es gab keine Sicherheiten und man lobte aus diesem Grund den Tag niemals vor dem Abend.
Das Floss, auf dem ich mich jetzt befand, war grösser und robuster als alles, was ich zuvor gebaut hatte. Es mass ungefähr sechs auf zehn Meter, besass eine dreifache Schicht an Baumstämmen und war rundherum mit aufgeblasenen Ziegenmägen gesichert, um die Stabilität im Wasser zu erhöhen. In der Mitte thronte ein Zelt, in dem ich schlafen und essen konnte. Vorne, zwischen Zelt und Bug, ragte ein fünf Meter hoher Mast empor, an dem ein Quermast hing, an welchem das Hauptsegel befestigt war. Selbst bei der kleinsten Brise wurde das Floss mit beachtlicher Geschwindigkeit vorwärts geschoben. Bliess der Wind jedoch zu stark, würde ich gezwungen sein, es einzurollen, damit es nicht zerriss. Im Heck war ein langes Ruder befestigt, mit dem ich mir die Strömung zunutze machen wollte. Ausserdem konnte man das Gefährt bei Windstille oder nahe einer Küste mit gezielten Paddelschlägen vorantreiben. Die Nahrungsmittel hatte ich in zwei grossen hölzernen Kisten verstaut, die auf beiden Seiten des Zelts angebracht waren. Vorne im Bug und hinten im Heck beim Ruder hatte ich je einen bequemen Sessel aus Bananen- und Palmblättern montiert, um Wind, Wetter, Vögel und Meerestiere beobachten zu können. Sie sollten auf der Fahrt zurück in die alte Welt meine einzigen Orientierungshilfen sein.
Nachdem die Insel meinem Gesichtsfeld entschwunden war, stand die Sonne bereits hoch am Himmel. Es war heiss und ich befestigte deshalb einen Sonnenschirm aus Ziegenfell über meinem Sessel. Die Fahrt verlief ruhig, aber ich war trotzdem aufgeregt und gespannt, ob es mir dieses Mal gelingen würde, die Insel für immer zu verlassen. Ich holte mir eine Banane aus der Essenskiste und setzte mich wieder ans Ruder. Ich spürte einen sanften Wind und eine starke Strömung, die mich vorantrieben. Das Segel war gestrafft und ich sah hinter mir eine hell schimmernde Spur von Blasen und Schaumkrönchen, die sich wie ein weisser Teppich über Hunderte Meter erstreckte.
Die endlosen Tage allein auf dem Floss wären öde und langweilig gewesen ohne die ständige Furcht vor einem Unwetter oder einer länger anhaltenden Flaute. Beides konnte meinen sicheren Untergang bedeuten. Innerlich spürte ich eine ungeheure Anspannung und ich stellte mir vor, mit meinen blossen Gedanken die unbändige Natur zu meinen Gunsten beeinflussen zu können. Jedes Mal, wenn dunkle Wolken am Horizont aufzogen, beschwörte ich den Wind inständig, sie zu vertreiben. Und wenn der Wind nachliess und mein Floss orientierungslos auf der weiten See liegen zu bleiben drohte, versuchte ich ihn mit einem innigen Gebet wieder zu beleben.
Einmal sah ich von der Seite eine merkwürdige Erscheinung auf mich zurollen. Das Meer schien zu kochen und immer wieder tauchten hell glänzende Körper aus der weissen Gischt auf, um sogleich wieder in der Tiefe des Ozeans zu verschwinden. Als ich nahe genug war, konnte ich einen Schwarm Delfine erkennen, die sich geradewegs auf mich zubewegten. Mein Floss war für sie wohl nicht mehr als eine kleine Nussschale. Auf jeden Fall steuerten sie direkt darauf zu und erst im letzten Moment änderten sie die Richtung. Die einen zischten am Bug oder Heck vorbei, die anderen tauchten unter dem Floss hindurch und einzelne sprangen sogar in hohem Bogen über mein Gefährt. Dabei lachten sie und schienen mir eine gute Reise zu wünschen. Ich sah ihnen lange nach und verspürte eine positive Energie und Zuversicht.
Nach sieben Tagen erlebte ich meinen ersten Sturm auf See. Die Wellen waren bestimmt bis zu sieben Meter hoch und trafen im Abstand von achzig bis hundert Meter auf mein Floss. Glücklicherweise hatte ich zuvor das Hauptsegel in Sicherheit gebracht, mein Hab und Gut festgezurrt und mich selber auf dem Sessel hinten beim Ruder angeschnallt. In wilder Fahrt ging es bergauf und bergab – ein wahrer Höllenritt. Mein Gefährt zitterte und stöhnte in Todesangst, aber es widerstand den Kräften der Natur. Gegen Abend verzogen sich die dunklen Wolken und die rote Abendsonne tauchte die See in ein unwirkliches Licht. Plötzlich hörte ich ein unbekanntes Zischen und Pfeifen hinter mir. Als ich mich umdrehte, sah ich geradewegs in die Augen eines riesigen Walfischs, der zum Tauchgang ansetzte. Er war nicht allein unterwegs, wie ich gleich darauf bemerkte. Eine Gruppe von etwa sechs Walen, die friedlich durch die Wogen glitten, kreuzte meinen Weg. Ihre grauen Körper glitzerten rötlich im Abendlicht, und jedes Mal, wenn sie zu einem Tauchgang ansetzten, schienen sie mich mit einer Wasserfontäne und ihrer Schwanzflosse zu grüssen.
In der zehnten Nacht nach meiner Abreise musste ich einen besonderen Schutzengel gehabt haben, der mich vor dem sicheren Untergang bewahrte. Ich hatte das Ruder festgebunden und musste kurz nach Mitternacht eingeschlafen sein, als mich in der Ferne ein Dröhnen und Poltern weckte. Ich sah im hellen Mondlicht ein finsteres Ungetüm auf mich zurasen, wie ich es in all den Jahren auf See noch nie gesehen hatte. Es war viel grösser als die grössten Walfische, die mir je begegnet waren. Der dunkle Schatten bewegte sich unaufhaltsam auf mich zu, und ich versuchte ein Ausweichmanöver. Würde mich das Monster verschlingen, bliebe nichts von mir und meinem Gefährt übrig. Und weder auf Calora noch auf der Angel Island würde man je etwas über mein Schicksal erfahren. Ich geriet in Panik und war wütend zugleich, verlief doch die Reise bis zu diesem Tag mehr oder weniger problemlos. Da ertönte ein Furcht erregendes Horn wie auf einem Schlachtfeld. Im letzten Moment erkannte ich, dass es sich um ein Riesenschiff handelte, welches wohl über zehn Stockwerke hoch war. Seine Bugwelle war so gewaltig, dass mein Floss wie von Geisterhand zur Seite geschoben wurde. Ich schätzte die Länge des Ungetüms auf etwa zwei- bis dreihundert Meter. An Deck war niemand zu sehen, obwohl ich aus Leibeskräften schrie. Nur ganz oben schimmerte ein helles Licht aus einem Gebäude, welches wie ein Palast aussah. Mit einem feindlichen Brummen strich das Heck an mir vorbei und liess das Wasser noch einmal aufwirbeln. Dann verschwand das Ding in der Dunkelheit der Nacht und bald leuchteten nur noch ein gelber Vollmond und Tausende Sterne vom Himmel herab, wie wenn sie mich beruhigen wollten.
Die nächsten Wochen stellten meine Geduld auf eine harte Probe. Immer wieder regnete es heftig und es war inzwischen auch empfindlich kühler geworden. Die meiste Zeit verbrachte ich deshalb im Zelt mit Essen und Schlafen. Noch hatte ich genügend Vorräte in den Kisten, aber ewig würden sie auch nicht reichen. Meinen Schätzungen zufolge hatte ich schon mindestens tausend Seemeilen zurückgelegt, aber Land war noch keines in Sicht. Jeden Morgen stand ich auf dem Floss und schaute angestrengt in die Ferne in der Hoffnung, einen hellen Sandstrand, eine grüne Landzunge oder eine graue Bergspitze zu erblicken. Meine Sinne waren nach wie vor intakt, obwohl ich seit meiner Abreise an Gewicht verloren hatte. Ich roch die See, spürte das Salz des Meeres auf meiner Haut, fühlte den Wind und die Gischt auf meinem Körper und die ruhigen Bewegungen meines Gefährts unter mir. Ich hatte eigentlich keinen konkreten Anlass, an meine Rettung zu glauben, aber meine Zuversicht war ungebrochen. Gott hätte mich bestimmt fallen lassen, hätte mich den Haien zum Frass vorgeworfen oder mich im Sturm untergehen lassen. Allein die Tatsache, dass ich noch unterwegs und am Leben war, stimmte mich optimistisch.
Am Abend des vierzigsten Tages geschah etwas Ungewöhnliches. Ich war gerade dabei, einen Fisch aus dem Meer zu ziehen, als ich auf ein Schiff am Horizont aufmerksam wurde. Das Merkwürdige war, dass das Riesending keine Segel gesetzt hatte, sich aber trotzdem langsam vorwärts bewegte. Während der untere Teil des Gefährts schwarz war, glänzten auf dem Deck eine Unmenge farbiger Kisten, die in Reih und Glied auf und nebeneinander gestapelt waren. Ich beobachtete die Erscheinung während gut einer Stunde und es schien mir, als käme ich dem Gefährt langsam näher. Es bewegte sich zwar schneller als mein Floss, und irgendwie schienen sich unsere Routen zu kreuzen. Gespannt stand ich vorne im Bug meines Flosses und machte eine bunte Flagge bereit, die ich für solche Gelegenheiten vorbereitet hatte. Das Schiff glich immer mehr dem Riesenkoloss, welchem ich damals in der Nacht nur knapp entronnen war, nur dass ich das Monster dieses Mal bei Tageslicht genau betrachten konnte. So entpuppten sich die Kisten allmählich als riesige Behälter aus Eisen, auf denen verschiedenartige Bilder und Schriftzeichen angebracht waren.
Ich wartete noch einen Augenblick und begann dann, meine Flagge zu schwenken. Zuerst sah ich keine Reaktion auf mein Unterfangen, die Besatzung auf mich aufmerksam zu machen. Ruhig glitt das Schiff voran, obwohl kaum ein Windhauch auszumachen war. Aus einem grossen Schornstein dampfte schwarzer Rauch und ich hörte ein Brummen ähnlich jenem in der Nacht, als mich der Schiffskoloss beinahe gerammt hätte. Plötzlich kam aber Bewegung auf und einige Leute liefen an der Reling auf und ab und zeigten in meine Richtung. Es ertönte ein langes Tuten und der Kahn begann seine Fahrt zu verlangsamen, während gleichzeitig an seinem Heck ein riesiger Wasserwirbel entstand. An der Seite wurde ein rotes Beiboot klar gemacht und an langen Seilen zu Wasser gelassen. Drei Matrosen stiegen ein und legten ab. Ohne Segel, Ruder oder Paddel glitt das Boot direkt auf mich zu. Ich fühlte mich hilflos auf meinem Floss und legte die Flagge weg. Einerseits war ich froh, endlich gerettet zu werden, andererseits ahnte ich, dass es mit meinem Frieden nun vorbei wäre. Schon von Weitem deuteten mir die drei Gestalten mit Gesten an, ich solle Ruhe bewahren. Ich wusste nicht genau, was sie damit meinten, denn noch waren wir auf hoher See und von Land war keine Spur in Sicht.
Das kleine Boot näherte sich langsam meinem Floss und ein älterer Seemann mit weissem Bart warf mir ein Tau zu, das ich am Mast meines Flosses festmachte. Ich begann meine Habseligkeiten zusammenzuraffen, aber die drei schrien immer wieder und deuteten mit Handzeichen, ich solle mich beeilen und auf ihr Boot steigen. Ich versuchte ihnen mit Gesten zu erklären, dass ich den restlichen Proviant mitnehmen wolle. Sie lachten und winkten mir zu, ich solle endlich einsteigen. Ich nahm also meine braune Seemannstasche, die ich damals aus dem Wrack gerettet hatte, und kletterte ins Boot, dessen Holz sich unglaublich kalt und glatt anfühlte. Kaum war ich an Bord, betätigte ein Matrose einen Hebel und augenblicklich setzte sich das Boot unter lautem Knurren in Gang. Mit Hilfe eines kleinen Steuerrads drehte er das Beiboot und hielt Kurs aufs Schiff. Ich blickte noch einmal auf mein Floss zurück, das mich über viele Seemeilen sicher bis hierher gebracht hatte und nun verlassen inmitten der endlosen See trieb. Dankbar nahm ich Abschied von ihm und sah es langsam und majestätisch zwischen den Wogen verschwinden.
Über eine Strickleiter kletterten wir an Bord, danach wurde das Boot mit einem Kran in die Höhe gehievt. Wiederum sah ich niemanden arbeiten, nur ein Matrose betätigte einen kleinen roten Knopf und schon schwebte das Beiboot in der Luft und wurde wie von magischen Kräften nach oben gehoben. Ich staunte nicht schlecht, als ich die Schiffsmannschaft sah. Anstelle der Uniformen hatten sie seltsame Kleider an. Jeder schien hier seine eigene Uniform zu tragen. Nur den Kapitän erkannte man an den vier breiten, goldenen Streifen an den Ärmeln seiner dunklen Veste. Er war es auch, der mir im Kommandoraum des riesigen Schiffs ein paar Fragen stellte. Ich stellte mich als Robinson Crusoe vor, was ihn in höchstem Masse zu amüsieren schien. Wir sprachen Englisch, aber er hatte einen seltsamen Akzent, der mir reichlich fremd vorkam. Freundlich bot er mir Früchte sowie einen heissen Tee und Kekse an, was ich gerne annahm. Ich erzählte ihm von meinen Abenteuern, von der ersten Reise als Achzehnjähriger nach Portobras bis zum jahrelangen Aufenthalt auf der kleinen Insel Calora. Er war erstaunt, als ich ihm nicht genau sagen konnte, wo sie lag. Ich sagte, ich wolle zur Angel Island zurückkehren, von wo ich im Jahre 1652 aufgebrochen war. Er grinste und meinte, dort habe sich wohl in der Zwischenzeit einiges verändert. Man schreibe nämlich bereits das 21. Jahrhundert. Zuerst dachte ich, ihn falsch verstanden zu haben, aber als er mir aktuelle Dokumente und Zeitschriften zeigte, wurde ich unsicher. Ich wollte jedenfalls der Sache auf den Grund gehen und mich erst nach der Prüfung weiterer Beweise überzeugen lassen.
Dann erklärte er mir, sein Schiff sei unterwegs zur Schildkröteninsel. Da ich noch nie von dieser Insel gehört hatte, fragte ich ihn, welche Bewandtnis es denn mit dieser Insel habe. Er lachte wiederum und meinte, das müsse ich selber herausfinden. Morgen schon würden sie in einem Hafen im Norden der Insel vor Anker gehen. Die Stadt sei die eigentliche Pforte zur Schildkröteninsel und von dort führten Eisenbahn, Busse und sogar Flugzeuge in die übrigen Regionen der Insel. Als er merkte, dass ich seinen Ausführungen nicht folgen konnte, nahm er eine grosse Karte vom Regal und breitete sie vor mir aus. Er erklärte mir, auf welchem Weg wir zur Schildkröteninsel gelangten, die inmitten grösserer und kleinerer Inseln lag. Er zeigte mir, dass wir uns bereits der Insel Iberia näherten, auf der sich die zwei Staaten Hispania und Portogallo befanden. Nördlich davon lag eine zweite grosse Insel mit dem Namen Frankenland. Weiter östlich lagen die Alemannen- sowie die Servusinsel. Im Süden erstreckte sich eine Insel, die wie ein Stiefel aussah und Pizanova hiess. Die kleineren Inseln trugen Namen wie Fürsteninsel und Ballermania. Weiter im Norden erkannte ich die Umrisse von Skandinavia und westlich davon schliesslich jene Insel, auf der meine Heimatstadt lag: die Angel Island.
Der Kapitän war bemüht, mich mit den geografischen Einzelheiten dieses Erdteils vertraut zu machen, aber es entging mir nicht, dass er mich immer wieder mit grossen, ungläubigen Augen ansah. Die meisten Namen waren mir unbekannt und auch weitere Details über Land und Leute schienen mir seltsam fremd. Er erklärte mir, dass