In dem 1655 in Frankreich erschienenen Erotikklassiker "L´École des Filles", dessen Autor unbekannt ist, unterhalten sich zwei Cousinen sehr detailfreudig über die Techniken der körperlichen Liebe. Im ersten Teil belehrt die ältere Suzanne die jungfräuliche Fanchon über sexualtechnische Basics und schildert ihre reichhaltigen persönlichen Erfahrungen. Im zweiten Teil berichtet Fanchon, wie sie das Gelernte mit ihrem neuen Liebhaber in die Praxis umgesetzt hat. Zusätzlich gibt ihr Suzanne weitere Ratschläge. Die von Horst Tran aus München erstellte Übersetzung ist die erste, die jemals von "L´Ecole des Filles" nicht nur ins Deutsche, sondern in eine Fremdsprache überhaupt erstellt wurde. Im Internet wird zwar die "School of Venus" von 1680 als "englische Übersetzung" angeben, was aber ein Irrtum ist, da dieser Text das französische Original nur paraphrasiert, d.h. er weicht an den allermeisten Stellen vom Originaltext zum Teil erheblich ab und bringt viele eigenen Ideen ein. Von einer Übersetzung kann also keine Rede sein, eher von einer - um einen musikalischen Ausdruck zu gebrauchen - Coverversion, der man einen künstlerischen Wert aber nicht absprechen kann. Die vorliegende deutsche Version gibt den ersten Teil vollständig wieder, während der wesentlich längere zweite Teil stark gekürzt wurde, was einer Reduzierung des Gesamttextes um etwa die Hälfte entspricht. Eine ähnliche Kürzung liegt aber auch bei "The School of Venus" vor.
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Seitenzahl: 68
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Anonym, Horst Tran
Die Schule der Mädchen
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Inhaltsverzeichnis
Titel
ERSTES GESPRÄCH
ZWEITES GESPRÄCH
Impressum neobooks
SUSANNE. – Hallo, Fanchon.
FANCHON. – Ha! Guten Morgen, meine Cousine, und willkommen. Mein Gott, wie froh ich bin, Euch hier zu sehen! Was führt Euch zu dieser Stunde hierher, wo meine Mutter nicht da ist?
SUSANNE. – Ich möchte dich nur sehen, meine Freundin, und ein wenig mit dir plaudern, denn ich habe mich gelangweilt, weißt du, und es ist zu lange her, dass wir uns gesehen haben.
FANCHON. – Das tut mir wirklich leid. Warum nehmt Ihr nicht Platz? Wie Ihr seht, ist niemand hier außer mir und unserem Dienstmädchen.
SUSANNE. – Du Arme, was machst du? Du arbeitest ja.
FANCHON. – In der Tat.
SUSANNE. – Und du scheinst nichts anderes zu tun, denn du verlässt kaum das Haus, und die Frauen können dich hier besuchen, wann immer sie wollen, weil es für Männer wie ein Nonnenkloster ist, und selbst Nonnen kommen nicht hierher, als gäbe es sie gar nicht.
FANCHON. – So ist es, Cousine. Aber was sollen mich nach Eurer Meinung Männer kümmern, wenn es doch keine gibt, die an mich denken? Außerdem sagt meine Mutter, ich tauge noch nicht zum Heiraten.
SUSANNE. – Nicht zum Heiraten taugen! Ein sechzehnjähriges Mädchen, so groß und üppig wie du! Das sollte doch einer Mutter genügen, um an das Vergnügen ihrer Tochter genauso zu denken wie an ihr eigenes. Wo bleiben Liebe und Barmherzigkeit der Väter und Mütter gegenüber ihren Kindern? Das ist aber nicht das, worüber ich mit dir sprechen wollte, denn sag mir, denkst du nicht, dass man im schlimmsten Fall die Gesellschaft eines Mannes auch haben kann, ohne mit ihm verheiratet zu sein?
FANCHON. – Aber nein, da sagt Ihr mir nichts Neues, und wisst Ihr denn nicht, dass oft genug welche hierherkommen?
SUSANNE. – Wer denn? Ich sehe keinen.
FANCHON. – Wer? Nun, da sind zunächst meine beiden Onkel, mein Patenonkel, Monsieur de Beaumont, mein Cousin de la Mothe, und so viele andere.
SUSANNE. – Na toll, davon habe ich schon gehört. Sie sind Verwandte, ich meinte aber Fremde.
FANCHON. – Nun, Fremde... Da gibt es zwei aus der Obstplantage und aus der Mühle, Monsieur de Lorme und der junge Monsieur Robinet, den ich als ersten nennen müsste, denn er kommt oft genug her und sagt mir, dass er mich liebt, und viele andere Sachen, die ich nicht verstehe. Aber was nützt mir das? Ich habe mit diesen Männern nicht mehr Spaß als mit meiner Mutter und meiner Tante, die mich manchmal zum Lachen bringen, und es wäre mir lieber, sie kämen gar nicht, als dieses Theater zu sehen, das sie veranstalten. Denn wenn ich mit ihnen spreche, machen sie immer so ein Getue und haben einen Blick, als wollten sie mich essen, und sagen am Ende kein Wort, das meiner würdig wäre; und wenn sie gehen, sind sie genauso unzufrieden wie zuvor; ich aber muss mich damit zufriedengeben und bin all dem so überdrüssig.
SUSANNE. – Aber sagen sie dir nicht manchmal, dass du schön bist, oder wollen sie dich nicht küssen oder an irgendeiner Stelle berühren?
FANCHON. – Ach, das allerdings, Cousine; aber Gott, wer hat das Euch gesagt? Ich denke, Ihr habt das erraten oder hinter ihnen gestanden, als sie mit mir sprachen, denn glaubt mir, das meiste, das sie mir sagen, ist, dass ich schön bin, oder sie wollen ihre Hände auf meine Brüste legen; sie sagen, sie zu berühren mache ihnen Freude; was mich angeht, habe ich daran aber keine Freude.
SUSANNE. – Und du hast nichts dagegen, dass sie das tun?
FANCHON. – Eigentlich doch, denn meine Mutter hat mir gesagt, es sei nicht richtig, solche Dinge zuzulassen.
SUSANNE. – Ha, wie unschuldig du bist, wenn ich dich so reden höre, und wie unwissend in allem, was du sagst.
FANCHON. – Was meint Ihr damit, Cousine? Und was soll ich wissen, was ich nicht weiß?
SUSANNE. – Alles sollst du wissen, und nichts weißt du. FANCHON. – Dann sagt es mir bitte, damit ich es lerne.
SUSANNE. – So ist das, wenn man nur auf die Mutter hört und nie auf das, was die Männer sagen.
FANCHON. – Und was lehren uns die Männer, von denen es heißt, sie seien so schlecht?
SUSANNE. – Leider weiß ich erst seit kurzem, was sie uns zu meiner Freude lehren. Sie sind nicht so schlecht, wie du denkst, Kind, aber du bist weit davon entfernt, das zu wissen, so wie ein Blinder das Licht nicht sieht, und solange du ihre Gesellschaft und ihre Ratschläge meidest, wirst du immer in dummer Unwissenheit verharren, die dir niemals im Leben Freude bereitet. Denn sag mir, so wie du als Tochter bei deiner Mutter lebst, welches Vergnügen kannst du da schon haben?
FANCHON. – Welches Vergnügen? Ich habe viele, Cousine. Ich esse, wenn ich hungrig bin, trinke, wenn ich durstig bin, schlafe, wenn ich müde bin, ich lache, singe, tanze, springe, und manchmal gehe ich mit meiner Mutter in den Feldern spazieren.
SUSANNE. – Das ist ja alles gut und schön, aber tun das nicht alle?
FANCHON. – Dann gibt es also eine Vergnügung, die nicht jeder hat, Cousine?
SUSANNE. – Es gibt tatsächlich eine, die du nicht hast, und die ist besser als alle anderen zusammengenommen, so wie Wein besser ist als Flusswasser.
FANCHON. – Ich gebe zu, dass ich nicht alles weiß, Cousine,
und auch nicht das Vergnügen kenne, von dem Ihr sprecht, es sei denn, Ihr erklärt es mir.
SUSANNE. – Haben denn die Männer, mit denen du so oft redest, und insbesondere Monsieur Robinet, dir nichts darüber gesagt?
FANCHON. – Nein, Cousine, ich versichere Euch, wenn dieses Vergnügen so angenehm ist, dann hatten sie nicht die Güte, mir davon zu erzählen.
SUSANNE. – Was heißt, so angenehm? Es ist die beste Sache der Welt. Was mich aber mehr als alles andere verwundert, ist, dass Monsieur Robinet dir nichts darüber erzählt hat, denn dir gegenüber hat er mehr Zuneigung gezeigt als die anderen; du musst ihn irgendwie verärgert haben.
FANCHON. – Ach, im Gegenteil, Cousine, wenn er seufzt und sich bei mir beklagt, wofür ich keineswegs die Ursache bin, dann frage ich ihn immer, was ihn bedrückt, und beteuere von Herzen, dass ich wünschte, ich könnte etwas zu seiner Erleichterung tun.
SUSANNE. – Ah, ich beginne nun euer beider Problem zu verstehen. Aber wenn er sagt, dass er dich liebt, sagst du ihm dann nicht, dass du ihn auch liebst?
FANCHON. – Nein, Cousine, wozu soll das gut sein? Würde ich denken, dass er für etwas gut wäre, dann würde ich es ihm sagen, aber da er das nicht ist, kann ich mich nicht dazu zwingen.
SUSANNE. – Da irrst du dich, armes Mädchen, denn hättest du ihm gesagt, dass du ihn liebst, hätte er dir sicherlich das Vergnügen gezeigt, das ich dich lehren will, doch er traut sich das nur, wenn du ihn liebst.
FANCHON. – Das ist aber seltsam, Cousine, dass man viel Vergnügen hat, wenn man einen Mann liebt; denn mir scheint, wenn ich Robinet und hunderttausend andere mit ihm liebe, nicht mehr Vergnügen habe, als wenn ich sie nicht liebe.
SUSANNE. – Das wäre in Ordnung, dummes Mädchen, wenn
wir uns immer nur anschauen würden, aber was denkst du, meine Dame? Wir berühren uns doch manchmal.
FANCHON. – Aber ich habe ihn schon oft berührt und auch viele anderen Jungen, nur Spaß hatte ich nicht dabei.
SUSANNE. – Du hast nur ihre Kleidung berührt, du musst aber etwas anderes berühren.
FANCHON. – Ach, um Himmels Willen, Cousine, lasst mich nicht so zappeln, wenn Ihr mich mögt, sondern sagt mir geradeheraus, was ich tun müsste, um mit ihm glücklich zu sein.
SUSANNE. – Dann merke dir das, ein Junge und ein Mädchen können zusammen das größte Vergnügen auf der Welt haben, und es kostet sie nicht einmal etwas.
FANCHON. – Ha! Cousine, das will ich genauer wissen. Was ist es und wie ist es?
SUSANNE. – Sei geduldig, und ich erzähle dir alles. Hast du jemals einen Mann gesehen, der nackt war?
FANCHON. – Nein, noch nie in meinem Leben; ich habe einige kleine Jungen gesehen.
SUSANNE. – Das ist nichts; sie müssen groß sein, mindestens siebzehn Jahre alt, und das Mädchen muss fünfzehn sein.
FANCHON. – Wenn das so ist, dann habe ich keine gesehen.