Die Seelentröster - Franco Baumgartner - E-Book

Die Seelentröster E-Book

Franco Baumgartner

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Beschreibung

Etwas für sich klären oder sein Herz ausschütten. Das sind neben akuten Krisen und dem Wunsch nach Zuwendung die Hauptgründe für einen Anruf bei der Dargebotenen Hand. Was hilft eigentlich den Tausenden Hilfesuchenden? Was motiviert Freiwillige für diese anspruchsvolle Arbeit? Was heißt es, aktiv zuzuhören?Darauf gibt das Buch zum 60-Jahr-Jubiläum des großen Schweizer Sorgentelefons Antworten. Es berücksichtigt neue Erkenntnisse neurowissenschaftlicher Forschung und Ergebnisse aus Studien zur Freiwilligenarbeit. Es geht auch um Menschen mit ihren Geschichten und darum, wie Tel 143 von bescheidenen Anfängen zum bekannten Notruf für eine emotionale erste Hilfe wurde.

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Franco Baumgartner

Die Seelentröster

60 Jahre Dargebotene Hand – eine Erfolgsgeschichte

 

 

orell füssli Verlag

Orell Füssli Verlag, www.ofv.ch

© 2017 Orell Füssli Sicherheitsdruck AG, Zürich

Alle Rechte vorbehalten

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Dadurch begründete Rechte, insbesondere der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf andern Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Vervielfältigungen des Werkes oder von Teilen des Werkes sind auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie sind grundsätzlich vergütungspflichtig.

 

Lektorat: Michael Lenkeit

Umschlaggestaltung und Motiv:

Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, Zürich

 

ISBN 978-3-280-09019-0

 

Dieses Buch wurde ermöglicht durch die freundliche Unterstützung von Swisscom

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter www.dnb.de abrufbar.

Vorwort

 

Vorwort

Eine jüngere Männerstimme – zögernd, aufgeregt! Ob er hier richtig sei, fragt der Anrufer etwas unsicher. Er gibt zu verstehen, dass zurzeit einiges auf seiner Seele laste, vieles in seinem Leben ganz und gar nicht im Lot sei. Die Mitarbeiterin der Dargebotenen Hand bestärkt den Mann in seiner Hoffnung, dass er sich hier aussprechen kann – bedingungslos.

Die Philosophie von Tel 143 erlaubt es dem Anrufenden, seinem Gegenüber trotz schützender Anonymität gleichzeitig nahe zu sein – quasi Ohr an Ohr. Das erleichtert es dem jungen Mann, aus der »sicheren Distanz« heraus mit der Zuhörerin einen vertrauten Kontakt aufzubauen und sich ihr gegenüber zu öffnen – sein Herz auszuschütten. Von diesem besonderen Angebot der Dargebotenen Hand und dem, was es bei Anrufenden bewirken kann, handelt das erste Kapitel dieses Buches, das anlässlich des 60-Jahr-Jubiläums Einblicke in die Arbeit der Schweizer Notrufnummer für emotionale Erste Hilfe geben möchte. Welche Menschen wenden sich an die Dargebotene Hand? Was sind ihre häufigsten Anliegen? Mit welchen Leistungen steht ihnen Tel 143 zur Seite? Diese Fragen sowie die grossen Themen Einsamkeit, Suizidalität und psychische Leiden werden dabei auch vor dem aktuellen gesellschaftlichen Hintergrund betrachtet.

Was können Gespräche, was die Auseinandersetzung mit eigenen tiefen Gefühlen, mit belastenden Erlebnissen, Sorgen und Nöten bewirken? Wer zuhört, findet eher die richtigen Worte. Worte, die für Anrufende im besten Fall wie Medizin wirken. Dieser heilsame Zusammenhang zwischen Entlastung von seelischem Leid und Kommunikation wird auch von der neueren biomedizinischen Forschung untermauert. Ja, er geht sogar so weit, dass auch die körperliche Gesundheit positiv beeinflusst wird. So werden auch diese Prozesse in Körper und Gehirn, die bei der täglichen Arbeit der Dargebotenen Hand eine wichtige Rolle spielen, hier nicht unerwähnt bleiben.

Nach einigen Minuten wird der Anrufer etwas ruhiger, es entwickelt sich ein rund halbstündiges Gespräch, in dessen Verlauf der Mann den Mut fasst, eine Auslegeordnung seiner Probleme zu machen. Er merkt, dass ihm jemand mit Interesse zuhört. Das entlastet ihn fürs Erste etwas. Denn die akute Krise mit seiner Partnerin hat dazu geführt, dass ein solches aufmerksames gegenseitiges Zuhören in der Beziehung mit diesem ihm wichtigsten und vertrautesten Menschen immer schwieriger geworden ist.

Mit der unterschätzten Fertigkeit guten Zuhörens, dem wichtigsten Rüstzeug der Mitarbeitenden von Tel 143, beschäftigt sich das zweite Kapitel. Die Erfahrungen der Dargebotenen Hand zeigen, dass echtes Zuhören in vielen Beziehungen – ob im privaten oder öffentlichen und beruflichen Bereich – häufig zu kurz kommt. Dass die Nummer 143 in der Schweiz jährlich weit über 200 000 Mal angewählt wird – im Durchschnitt alle zwei Minuten rund um die Uhr –, hängt aber auch mit gesellschaftlichen Entwicklungen zusammen. Noch nie lebten in der Schweiz so viele Menschen in einem Singlehaushalt – rund 1,3 Millionen sind es aktuell. In urbanen Regionen lebt heute fast jeder Zweite in einem Einpersonenhaushalt. Viele der meist jüngeren Singles wählen diese Wohnform ganz bewusst und fühlen sich wohl damit. Doch es gibt auch die anderen. Das Risiko, inmitten des Trubels zu vereinsamen, ist im neuen Jahrtausend nicht geringer geworden.

Es fehlt nicht an Belegen, wonach das helfende Zuhören sogar bei jenen Menschen zu kurz kommt, die von Berufs wegen gut daran tun, diese Disziplin ganz besonders zu pflegen. Neuere Studien bescheinigen eindrücklich die ausserordentliche Bedeutung guten Zuhörens für Ärzte und für die Genesung ihrer Patienten. Zeitdruck und Kommunikationsdefizite sorgen aber dafür, dass dieses Potenzial bei Weitem nicht ausgeschöpft wird. Wer viel Stress hat, dem fällt die konzentrierte Arbeit mit den eigenen Ohren oft besonders schwer.

Etwa in der Mitte des Gesprächs, fühlt sich der Mann am Telefon psychisch, aber auch körperlich etwas besser, seine grosse Anspannung ist ein wenig gewichen. Der Anrufer hat dank des klärenden Gesprächs etwas Übersicht und auch wieder etwas mehr Klarheit über seine Gefühle gewonnen. Von einer Lösung seiner Probleme mag er noch weit entfernt sein; er hat aber neue Zuversicht gewonnen und weiss etwas besser, wo er ansetzen könnte. Ein paar Empfehlungen für konkrete Hilfsangebote aus der Region hat er sich notiert, falls er sich für weitergehende Schritte entscheiden sollte. Da er zum ersten Mal angerufen hat und die Dargebotene Hand gar nicht richtig kennt, möchte er gegen Ende des Gesprächs vom Gegenüber noch wissen, wer eigentlich hinter dem Angebot von Tel 143 steht.

Wer sind die Dargebotenen Hände? Von ihnen handelt das dritte Kapitel; von den schweizweit rund 640 Freiwilligen, die den »Service public für die Seele« rund um die Uhr und ohne finanzielle Entschädigung in Schwung halten. Was sind ihre Motive? Warum bleiben sie ihrer Organisation so besonders lange treu und identifizieren sich so stark mit ihr? Wo liegen die Stärken gut ausgebildeter Laien im psychosozialen Bereich? Was können sie allenfalls besser als die Profis, und wo gelangen sie an ihre Grenzen?»

Mit gutem Grund äussern sich Dargebotene Hände zu ihrer Tätigkeit in der Öffentlichkeit eher zurückhaltend, gilt es doch auch stets, der Anonymität – eines der Markenzeichen von Tel 143 – Sorge zu tragen. In kurzen Statements sollen sie nun aber zu Wort kommen und mit ihrer Offenheit Einblick in ihre wichtige Arbeit bei der Dargebotenen Hand geben. Diese Arbeit bringt es mit sich, im Hintergrund zu bleiben; sie ist aber gleichzeitig auch auf Öffentlichkeit angewiesen – einerseits, um immer wieder das Angebot in Erinnerung zu rufen, andererseits, um genügend neue Mitarbeitende zu finden.

Die Dargebotene Hand wurde im Jahr 1957 in Zürich gegründet – der Aufbau bis zur heutigen föderalistischen Struktur mit eigenständigen Stellen in zwölf Regionen dauerte rund 20 Jahre. Welche bekannten Namen standen hinter der Gründung? Und wie wurde aus einem Zweipersonen-Betrieb im Zürcher Aussenquartier die heutige Freiwilligenorganisation? Das vierte Kapitel wagt neben dem historischen Rückblick schliesslich auch den Ausblick in die Zukunft.

Der Mann, der sich in der Zwischenzeit für das Gespräch bedankt und verabschiedet hat, war nur einer von Zehntausenden, die jährlich in allen Sprachregionen der Schweiz die Nummer 143 wählen: Das Schlusskapitel bietet Einblicke in drei Dutzend authentische Gespräche aus dem vergangenen Jahr, die zum Schutz der Anrufenden anonymisiert und verfremdet wurden. Diese Gespräche zeigen vor allem eines: dass es wohl kein Thema, kein Problem, keine Not gibt, die nicht an die Dargebotene Hand herangetragen würden. Zwischen den Hauptkapiteln finden sich zudem drei Interviews mit namhaften Fachleuten, die aus ihrer jeweiligen Perspektive das Angebot der Dargebotenen Hand bewerten und einordnen.

Laut einer aktuellen repräsentativen Umfrage hat in der Schweiz rund jede zehnte Person bei der Dargebotenen Hand entweder selbst schon einmal angerufen (drei Prozent), oder sie kennt jemanden, der sich bei Tel 143 schon einmal Hilfe geholt hat (sechs Prozent).[1] Nach einer Anlaufstelle gefragt, an die man sich in einer persönlichen Krise oder Notlage anonym wenden kann, nennen 40 Prozent die Dargebotene Hand. Ebenso viele würden sich in einer Lebenskrise »sicher« oder »eher« an Tel 143 wenden. Diese Zahlen zeigen, wie bekannt die Kurznummer für emotionale Erste Hilfe ist. Dieses Buch möchte dazu beitragen, dass noch mehr Menschen wissen, was und wer hinter den drei Ziffern steht: ein Service public im besten Sinne des Wortes – von der Bevölkerung für die Bevölkerung.

I. 20 Minuten Gesundheit tanken

I.

20 Minuten Gesundheit tanken

»Hallo, guten Tag. Haben Sie Zeit?« So oder so ähnlich melden sich bei den zwölf Regionalstellen von Tel 143 in der ganzen Schweiz täglich Hunderte Anrufende. Im Durchschnitt dauert ein Gespräch rund 20 Minuten, die Unterschiede sind jedoch beträchtlich: Kurzgespräche von wenigen Minuten stehen Gesprächen gegenüber, die auch mal eine Stunde und mehr dauern können. Der Hälfte aller Anrufenden reicht eine Viertelstunde, die andere Hälfte liegt darüber.

Neben der Anonymität ist die schnelle und rund um die Uhr garantierte Verfügbarkeit das grosse Plus der Schweizer Notrufnummer für emotionale Erste Hilfe. Das bringt mit sich, dass die Menschen, die sich an die Nummer 143 wenden, und auch die Themen kaum unterschiedlicher sein könnten. Was zeichnet dieses Angebot besonders aus? Wo liegen die Möglichkeiten, wo aber auch die Grenzen des besonderen Settings von Tel 143?

Die zahlreichen Anrufenden erwarten von einem Gespräch neben Klärungen zu belastenden Problemen auch emotionale Entlastung. Verständlicherweise hoffen viele, dass es ihnen nach einem solchen Gespräch besser geht als vorher. Leider gelingt das nicht immer. Wenn es aber gelingt, dann hinterlässt das nicht nur in der Psyche, sondern auch im Körper der Anrufenden positive Spuren. Mit solchen Zusammenhängen zwischen psychischer Öffnung für eigenes Leid und körperlicher Gesundheit beschäftigt sich ein neuerer Forschungszweig der Medizin. Zugespitzt könnte man sagen, die Dargebotene Hand trage mit ihrem Angebot nicht nur täglich zur Wiederherstellung des emotionalen Gleichgewichts und damit zum psychischen Wohlbefinden der Menschen bei, sondern leiste auch einen messbaren Beitrag zur körperlichen Gesundheit. Davon handelt der zweite Teil dieses Kapitels.

Ohr an Ohr und doch geschützt

Möglichst schnell und unkompliziert in einer seelisch belastenden Situation erreichbar sein – das ist das Credo von Tel 143. Entlasten, trösten oder Mut machen, hinführen zu eigenen Entscheidungen, Hinweise geben zu weiterführender Hilfe und kompetenten Fachstellen, Begleiten von Anrufenden, die keine Hoffnung mehr haben – das sind Leistungen, die vom grossen Schweizer Sorgentelefon erwartet werden.

Das Spektrum der Ratsuchenden reicht dabei von Menschen mit der Bereitschaft und Fähigkeit zur Selbstreflexion, die sich zu einem Problem schon selbst einiges überlegt haben, über Menschen, die einen klärenden gedanklichen Austausch über ihre momentanen Emotionen brauchen, bis hin zu sogenannten »austherapierten« Menschen ohne Hoffnung auf Heilung oder IV-Bezügern ohne Chance auf eine Rückkehr in den Arbeitsmarkt. Nicht selten ist für solche perspektivlosen Menschen die Dargebotene Hand die einzige Möglichkeit zwischenmenschlicher Kommunikation.

Typisch für die Dargebotene Hand ist nicht nur dieses breite Spektrum der Anrufenden, sondern auch die nur auf die Stimme oder im Falle der Onlineberatung nur auf das Schreiben beschränkte Kommunikation. Es fehlt also die Unmittelbarkeit des persönlichen Kontaktes, welche die Wahrnehmung des Gegenübers mit allen Sinnen ermöglicht. Diese »reduzierte Kommunikation« via Telefon und Internet hat zwar einige Nach-, aber auch gewichtige Vorteile.

Der Telefon- oder Onlinekontakt ist fragil, Kontakte können ebenso einfach und schnell wieder abgebrochen werden, wie sie zustande gekommen sind. Gelegentlich gelingt es einer Dargebotenen Hand nicht, zu einer besonders ängstlichen oder kritischen Person das für ein Gespräch notwendige minimale Vertrauen aufzubauen – der Anrufende quittiert dies mit dem Auflegen des Hörers. Oder die anrufende Person wollte das Angebot nur einmal ausprobieren, fühlt sich dann aber doch nicht im Stande, ein Gespräch zu führen. Sogenannte »Schweigeanrufe«, bei denen eine Person hör- oder spürbar in der Leitung ist, jedoch trotz Einladung nicht zu sprechen beginnt, sind daher nicht selten.

Die Reduktion auf den akustischen Kanal lässt einiges offen: Es besteht Raum für Fantasien über Anrufende. Deshalb tun die Mitarbeitenden gut daran, sich diese »Gefahr« der eigenen Interpretationen und damit Verzerrungen immer wieder vor Augen zu führen. Dass man immer wieder gerne seinen eigenen Bezugsrahmen nutzt, um Unbekanntes einzuordnen, ist unvermeidlich, man sollte sich dessen aber ganz besonders bewusst sein.

Die Dargebotenen Hände konzentrieren sich bei ihrer Arbeit ganz auf die Stimme, auf den sprachlichen Inhalt. Nonverbale Signale wie Aussehen, Mimik oder Körperhaltung, die bei direkten Kontakten einen wesentlichen Anteil an der Kommunikation haben, fehlen also im Setting von Tel 143 gänzlich.

Diese reduzierte Kommunikation hat jedoch auch klare Vorteile: Die Konzentration auf den einen Kanal erleichtert einerseits das aktive Zuhören. Fachleute weisen aber vor allem auf einen Umstand hin, der mit der treffenden Formel »Nähe durch Distanz« umschrieben wird. Mit der auf den ersten Blick paradox klingenden Umschreibung ist gemeint, dass es Hilfesuchenden wegen der reduzierten Kommunikation leichter fallen kann, Dinge aus ihrem Leben offen auszusprechen. Obwohl sich zwei Menschen am Telefon ganz nahe sein können, sind Anrufende durch die Distanz gleichzeitig besser geschützt als bei einem Vieraugengespräch. Damit bietet das Setting der Dargebotenen Hand Anrufenden neben der Anonymität eine zusätzliche Sicherheit und Motivation, sich zu öffnen. Sie können ihre Emotionen dosierter »zeigen« und behalten so eine grössere Kontrolle: Wenn Anrufende weinen oder die Haltung verlieren, werden sie vom Gegenüber nicht mit allen Sinnen wahrgenommen – sie müssen sich weniger »entblössen«.

Noch stärker trifft die Formel »Nähe durch Distanz« bei der Onlineberatung zu. Hier können die Schreibenden noch besser kontrollieren, wann sie was von sich preisgeben möchten. Es erstaunt daher nicht, dass schambehaftete oder tabuisierte Themen wie Suizidalität, Gewalt oder Sexualität bei der Onlineberatung überdurchschnittlich häufig angesprochen werden.

Die Autorin Rabea Kosakowski, die die Möglichkeiten und Grenzen der mit der Dargebotenen Hand vergleichbaren deutschen Telefonseelsorge in einem Artikel auf den Punkt bringt, schreibt dazu: »Gerade weil das Telefon Intimität und Distanz auf diese einzigartig ambivalente Weise kombiniert, fällt es Anrufenden leichter, etwas auszusprechen, das sie im direkten persönlichen Gespräch von Angesicht zu Angesicht eher verschweigen würden, denn die Möglichkeit zu Anonymität und Unverbindlichkeit entlastet von Verantwortung.«[2]

Eine weitere Besonderheit des Angebots ist, dass Anrufende sehr schnell zur Sache kommen können. Die Mitarbeitenden sind nicht selten bereits nach wenigen Minuten mitten im Thema. Sie hören von Anrufenden, oft verbunden mit grossen Emotionen oder grossem Mitteilungsbedürfnis, mitunter gleich am Anfang Details zu einem Problem, über das sie noch gar nicht zur Gänze im Bilde sind. Oder sie sehen sich mit eher diffusen Bedürfnissen, Wünschen und Erwartungen konfrontiert und müssen versuchen, das Anliegen quasi über die Zwischentöne herauszuhören, da die Anrufenden selbst es vielleicht gar nicht benennen können oder wollen. Deshalb ist es grundlegend, die Gespräche möglichst gut zu strukturieren, gleichzeitig aber offen und flexibel zu bleiben.

Eine Anrufende steigt zum Beispiel mit der pauschalen Forderung ins Gespräch ein, sie wolle »endlich mehr respektiert werden«. Sicher kann ihr die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter auf wertschätzende und achtsame Art das Gefühl geben, dass sie bei der Dargebotenen Hand willkommen ist und mit ihrem Anliegen ernst genommen wird: dies auch mit dem Ziel, eine vertrauensvolle Gesprächsbeziehung aufzubauen. Aber der Anruferin geht es um mehr. Sie möchte ihre Geschichte erzählen, Situationen beschreiben, bei denen sie sich nicht genügend respektiert fühlte. Vielleicht hat die Anruferin nur jemanden gesucht, der sie in ihrer eigenen Sicht der Dinge bestärken und bestätigen soll, ohne diese weiter zu reflektieren oder gar zu hinterfragen. In einem solchen Fall könnte es für die Dargebotene Hand notwendig werden, sich vom reinen Bestätigungswunsch der Anruferin auf eine gute Art abzugrenzen. Vielleicht wünscht die Anruferin aber gerade die Reflexion und hofft, mit dem Gespräch eine neue Sichtweise, eine veränderte Perspektive in Bezug auf das zu erhalten, was sie zurzeit besonders umtreibt. »Was bedeutet für Sie Respekt?«, »Wenn Sie plötzlich so respektiert würden, wie Sie sich das wünschen, woran würden Sie es merken?« und »Was würde sich dadurch bei Ihnen, was in Ihrem Umfeld verändern? Wie würden Sie sich dabei fühlen?« – dies könnten Fragen sein, um in eine solche weiterführende, gemeinsame Reflexion einzusteigen. Dabei geht es meist weniger um eine detaillierte Beratung als vielmehr darum, Anrufenden mit einer geeigneten Gesprächs- und Fragetechnik anleitend zur Seite zu stehen, ihre eigenen Gedanken, Ideen und Gefühle wachsen zu lassen und diesen einen Raum zu geben.

In der zeitlich begrenzten Begegnung am Telefon müssen die Dargebotenen Hände sich also meist um mehrere Sachen gleichzeitig kümmern: Noch während Mitarbeitende sich darum bemühen, das Vertrauen der Anrufenden zu gewinnen und eine tragfähige Beziehung herzustellen, geht es auch bereits um die Klärung des Anliegens. Und während das Gespräch sich im Idealfall dank einer geeigneten Zuhör- und Fragetechnik fokussiert und eine eigene Dynamik entfaltet, ist bereits an einen möglichst guten, nicht zu abrupten Abschluss zu denken, der nicht erst in den letzten Minuten eingeleitet werden sollte.

Einen guten Ausstieg aus einem Gespräch zu finden, ohne den Anrufenden vor den Kopf zu stossen und dadurch das gemeinsam Erarbeitete teilweise wieder aufs Spiel zu setzen, ist nicht immer einfach. Dass es gelingt, die sich teils überlagernden Gesprächsphasen gut zu strukturieren, ist einerseits eine Frage der Ausbildung und Erfahrung. Den Mitarbeitenden kommt aber auch die generelle Fähigkeit aller Menschen zugute, sehr viel schneller denken als sprechen zu können. Während Menschen 100 bis 200 Wörter pro Minute sprechen, können Zuhörende 400 bis 600 Wörter verarbeiten. Es besteht also meist genügend Zeit, um das Gesagte aktiv zu hören und zu verarbeiten und gleichzeitig auch die für ein gutes Gespräch notwendigen Schritte zu planen und umzusetzen.

Anrufende und ihre Anliegen

Die Tür zu den Angeboten der Dargebotenen Hand ist so weit offen und die Schwelle so tief, dass man ohne Übertreibung sagen kann: Es gibt nichts, was es nicht gibt bei der Dargebotenen Hand. Nichts, was nicht besprochen, emotional ausgelebt oder auch einfach nur mal deponiert werden möchte – die Anfragen und Themen sind so bunt wie das Leben selbst. Diese enorme Bandbreite ist letztlich ein Spiegel der Sorgen und Probleme, aber auch Krankheiten, emotionalen Antriebe und Bedürfnisse der Gesellschaft. Dabei kommt das Setting von Tel 143 der Spontanität von Emotionen besonders entgegen: Sorgen und Probleme müssen nicht erst genauer definiert werden, bevor man zum Hörer greift. Oft hilft einem gerade der Gesprächspartner am Telefon oder beim Onlinekontakt dabei, etwas Übersicht und Klarheit über zuvor noch diffuse Ängste und Sorgen zu erhalten. Es muss auch nicht erst ein Termin festgelegt werden, um ein Anliegen zu besprechen. Das Angebot kann genau dann »angezapft« werden, wenn der Schuh am meisten drückt. Welche grosse Rolle spontane Gefühle spielen können, zeigt eine häufige Erfahrung: So können Anrufende Mitarbeitende am Telefon ganz schön bedrängen, wenn sie bei einem momentanen Engpass erst einmal vertröstet werden müssen. Wird es dann nur wenig später wieder ruhiger in den Büros von Tel 143, warten Mitarbeitende nicht selten vergeblich auf den erneuten Anruf einer Person, die eben noch kaum warten konnte. Der Antrieb aus dem Moment heraus, die spontane Emotion hat sich wenig später offenbar bereits wieder gelegt.

Die Bedürfnisse der Anrufenden zeigen sich deutlich in der anonymisierten Statistik. Die Mitarbeitenden erheben zu jedem Gespräch einige standardisierte Informationen, die für die zwölf Regionalstellen einheitlich sind. So nützlich diese Statistik für die Organisation auch ist, so soll ihre eingeschränkte Aussagekraft doch nicht unerwähnt bleiben. Die Daten basieren ja stets auch auf den subjektiven Einschätzungen der Mitarbeitenden und sind deshalb in gewisser Weise »gefärbt«. Ferner gibt es bei der Dargebotenen Hand eine erhebliche Anzahl Wiederholungsanrufender, die gelegentlich – oder manchmal auch sehr oft – anrufen, was zu Verzerrungen der Statistik führt. Zudem sind die Themenkategorien nicht trennscharf, es gibt thematische Überschneidungen, die wissenschaftlichen Kriterien nicht standhalten. Dennoch spiegeln die Daten bis zu einem gewissen Grad gesellschaftliche Gegebenheiten wider, und diese erweisen sich über die Jahre hinweg als erstaunlich stabil. Das hängt damit zusammen, dass der Themenkatalog der Statistik von Tel 143 eher die grossen menschlichen Fragen und Probleme umfasst, deren Gewicht sich nicht so schnell verschiebt wie bei eher sachbezogenen Sorgenbarometern, die in der Regel stärker vor dem Hintergrund der Aktualität zu sehen sind.

Im Durchschnitt der letzten zehn Jahre wurden jährlich 219 384 Anrufe verzeichnet – also täglich etwas über 600. Wie Abbildung 1 zeigt, hat sich die Zahl der Gespräche in den letzten zehn Jahren etwas weniger stürmisch entwickelt im Vergleich zum starken Wachstum früherer Jahre (siehe Kapitel IV). Ausgeprägter war in den letzten Jahren dagegen die Dynamik bei der Onlineberatung, die seit 2002 angeboten wird, deren Umfang allerdings nach wie vor sehr viel kleiner ist als bei den Telefongesprächen.

Abb. 1: Gespräche* mit der Dargebotenen Hand von 1957 – 2016: Von 600 auf 200 000 in 60 Jahren

*Beratungsgespräche und sogenannte »verschobene Gespräche«, bei denen der Anruf entgegengenommen wurde, Anrufende ohne unmittelbare Not aber gebeten wurden, später noch einmal anzurufen

Online gab es seit 2006 im Durchschnitt jährlich 4311 Kontakte, 2016, im letzten erfassten Jahr, waren es 5360 Onlinekontakte oder täglich 15. Besonders ins Gewicht fällt hierbei die starke Zunahme der Chat-Kontakte, die sich seit 2006 verdreifacht haben. Beim Chat tauschen sich Beratende und Hilfesuchende schriftlich im direkten Kontakt aus, was im Unterschied zum asynchronen Mailkontakt dem Telefongespräch deutlich näher kommt. Die Smartphone-Generation hat in jüngster Zeit deutlich zum Anstieg der Chat-Kontakte beigetragen, womit sich auch bei der Dargebotenen Hand die veränderte Mediennutzung zeigt. Generell hat die Bedeutung der Handys bei Tel 143 ohnehin massiv zugenommen: Kam bis zu den frühen Nullerjahren die überwiegende Zahl der Anrufe über das Festnetz, so liegt der Handy-Anteil aller Anrufe mittlerweile bei 50 Prozent.

Das Gesprächsangebot von Tel 143 wird am häufigsten von 40- bis 65-jährigen Frauen genutzt. Das zeigen die wenigen soziodemografischen Daten, die zu jedem Gespräch erhoben werden. Seit vielen Jahren steht rund zwei Drittel Frauen ein knappes Drittel Männer gegenüber. Am Telefon sind 20 Prozent der Anrufenden unter und 80 Prozent über 40 Jahre alt, bei der Onlineberatung ist es genau umgekehrt. Ein knappes Fünftel der Nutzerinnen und Nutzer von Tel 143 ist über 65 Jahre alt. Im Unterschied zur deutschen Telefonseelsorge erhebt die Dargebotene Hand nicht, ob jemand anonym anruft oder seinen Namen nennt. Die meisten Anrufenden melden sich jedoch auch bei der Dargebotenen Hand nicht mit ihrem Namen – der Anteil von 85 Prozent gemäss den Zahlen der deutschen Telefonseelsorge dürfte also in etwa auch für Tel 143 zutreffen.

Die Statistik ordnet jedem Gespräch mindestens ein Thema zu – die Mitarbeitenden können jeweils aus einem Dutzend Gesprächsthemen auswählen. Und das hat die Anrufenden in den letzten zehn Jahren am meisten bewegt: Beziehungen, psychische Leiden und Einsamkeit. Probleme in der Partnerschaft und Familie, aber auch in Beziehungen generell oder am Arbeitsplatz machten in den letzten Jahren stets rund ein Viertel aller Gespräche aus. Ähnlich hoch war der Anteil der Gespräche zu psychischen Problemen und Krankheiten, während die Einsamkeit im Durchschnitt bei jedem zehnten Gespräch im Zentrum stand. Abbildung 2 zeigt die Anteile der Gesprächsthemen für das Jahr 2016. Demnach spielen auch Probleme mit dem Job oder Arbeitslosigkeit, finanzielle Probleme, körperliche Leiden oder Gewalt und Suizidgedanken eine wichtige Rolle.

Abb. 2: Gesprächsthemen 2016: Was Anrufende bewegt

 

Bei aller Vielfalt gibt es schliesslich aber dennoch etwas Verbindendes, das über allen Themen steht. Diese treffenden Sätze aus dem Handbuch der deutschen Telefonseelsorge gelten deshalb uneingeschränkt auch für die Dargebotene Hand: »Menschen brauchen einen Zeugen dafür, dass das, was sie erleben, wahr ist, dass sie ihrem Erleben trauen dürfen. Manchmal sogar müssen. Menschen brauchen Hilfe, um das, was ihnen wiederfährt, in einen Zusammenhang stellen zu können, in dem sie sich aufgehoben fühlen. Nicht selten entsteht genau daraus Vertiefung und auch neuer Sinn und Orientierung.«[3]

Wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Arbeit bei der Dargebotenen Hand soll hier auf vier Gesprächsthemen noch etwas genauer eingegangen werden: psychische Leiden, Einsamkeit, Gewalt und Suizidalität.

Psychische Leiden

17 Prozent der Schweizer Bevölkerung leiden gemäss einer aktuellen Bestandsaufnahme von Bund und Kantonen zur »Psychischen Gesundheit in der Schweiz« an einer oder mehreren psychischen Erkrankungen.[4] Psychische Krankheiten, die zu den häufigsten und einschneidendsten überhaupt zählen, werden darin als die »grosse gesundheitspolitische Herausforderung« der kommenden Jahre bezeichnet. Über 40 Prozent der neuen IV-Fälle gehen mittlerweile aufs Konto psychischer Krankheiten, die somit die häufigste Ursache für eine Invalidenrente ausmachen. Bei den direkten Gesundheitskosten stehen heute psychische Erkrankungen mit jährlich rund 6,3 Milliarden Franken auf dem dritten Platz unter den grossen Gruppen von Erkrankungen (den ersten Platz belegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen).

Ziel der erwähnten aktuellen Auslegeordnung von Bund und Kantonen zur »Psychischen Gesundheit« ist laut dem Bericht die Entwicklung einer gemeinsamen Strategie zur Verbesserung der Prävention gegen psychische Krankheiten in der Schweiz.

Auch bei der Dargebotenen Hand findet die stark gewachsene Bedeutung psychischer Krankheiten deutlichen Niederschlag: Die Statistik zu den wichtigsten Gesprächsthemen hat gezeigt, dass sich in den letzten Jahren mehr als jedes fünfte Gespräch um psychische Leiden drehte. Der Anteil psychisch kranker Anrufender dürfte allerdings weit höher liegen: Denn wenn psychisch kranke Menschen in einem Gespräch nicht über ihre Krankheit sprechen, findet das in der Statistik auch keinen Niederschlag – und das ist gut so. Denn es geht nicht darum, psychisch kranke Menschen zu erfassen, sondern Gespräche auf Augenhöhe anzubieten, bei denen Anrufende stets selbst entscheiden, ob ihre Erkrankung Thema sein soll.

Ein guter Teil psychisch kranker Anrufender dürfte hingegen auch beim Thema Alltagsbewältigung zu finden sein, das von den Mitarbeitenden codiert wird, wenn Menschen in ihrem Alltag eine stützende Begleitung benötigen (siehe Abbildung 2). Im Unterschied zur Dargebotenen Hand erfasst die deutsche Telefonseelsorge den Anteil Anrufender mit diagnostizierter psychischer Erkrankung. Dieser lag 2014 bei über einem Viertel – 26,2 Prozent von über 800 000 ausgewerteten Gesprächen.[5]

Warum rufen so viele psychisch Kranke bei Tel 143 an und welchen Beitrag leisten dabei gut ausgebildete Laien? Die kurze Antwort: weil bei psychischer Not die einfache Erreichbarkeit so entscheidend ist und Tel 143 trotz der Anonymität ein sehr persönliches Beziehungsangebot darstellt.

Belastungen, die zu ernsteren psychischen Störungen führen können, sind häufig. Ein Beispiel dafür gibt der jährlich erhobene Job-Stress-Index, der für 2016 besagt, dass ein Viertel aller Berufstätigen am Arbeitsplatz gestresst ist, bei der Arbeit mehr Belastungen als Ressourcen hat und sich erschöpft fühlt.[6] Für Menschen, die wenig Erfahrung mit psychischen Krankheiten haben, ist ein Anruf bei Tel 143 meist leichter zu bewerkstelligen als der direkte Gang zum Therapeuten. Dabei kann es um eine erste Orientierung oder Klärung gehen, vielleicht auch um den ersten Schritt hin zu einer Therapie.

Weit häufiger sind jedoch Anrufe von Menschen mit erheblichen psychischen Beeinträchtigungen, die Tel 143 meist ergänzend zu anderen Angeboten nutzen. Auf sie kann allein schon das Wissen um die jederzeitige Erreichbarkeit beruhigend wirken. Nicht selten empfehlen Therapeuten ihren Patienten einen Anruf bei der Dargebotenen Hand für die Zeit zwischen den Terminen.

Anrufende mit oft chronischen, multiplen psychischen Leiden erhoffen sich dabei meist eine Stabilisierung ihres labilen seelischen Gleichgewichts, einen emotionalen Halt. Nicht selten ist die Dargebotene Hand eines der noch wenigen verfügbaren Angebote – manchmal gar die letzte Anlaufstelle für »Austherapierte« ohne Hoffnung. Hierbei ist der respektvolle Umgang wichtiger als das tatsächliche »Heilen«. Im Moment präsent zu sein und das Gegenüber in seiner eigenen Welt, mitsamt seinen Gefühlen und Bedürfnissen, abzuholen und ernst zu nehmen ist von immenser Bedeutung.

Im Zusammenhang mit den vielen chronifizierten psychisch kranken Anrufenden bei der deutschen Telefonseelsorge hat der deutsche Psychoanalytiker Martin Weimer eine bedenkenswerte Theorie formuliert: Häufig handle es sich bei diesen »Daueranrufern« um in frühester Kindheit schwer traumatisierte Menschen, »die dauerhaft externen emotionalen Halt benötigten«. Und: »Mit ihren drei grundlegenden Strukturmerkmalen, immer, überall und für alles da zu sein«, entspreche die Telefonseelsorge »exakt der Mutter des ersten Lebensjahres.«[7]

Die mit keinem anderen Angebot vergleichbare Verfügbarkeit und Konstanz von Tel 143 gibt solchen Menschen demnach emotionalen Halt und Sicherheit. Immer wieder äussern sich Anrufende mit entsprechender Problematik denn auch in diese Richtung, man muss sie nur danach fragen.