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‘Es war warm hinter der Scheibe, Rauch fing sich unter der Decke. Vom Café in der Niederstraße aus konnte sie das Reisebüro sehen. Sie saß hinter grafisch exakten Gardinenkästchen, sie fixierte den Eingang. Vor Louise B. öffnete sich die bläuliche Glastür des Reisebüros. Sie hatte eine dieser Lichtschranken mit Gong. Überall Stahl, Glas, weiße Regale und diese neuen Bildschirme … Ja, bitte? Ich möchte mich nur einmal umschauen, sagte Louise B. Aber dann ging sie wieder. Sie hatte hier nichts zu suchen. Es war nur eine kurze Regung gewesen hereinzukommen. Jetzt ging sie hinüber zum Spani-schen Garten und kaufte das von ihr und Robert bevorzugte Obst.‘ Ein ergreifendes Frauenporträt. Auslöser dieser Geschichte einer Siebzigjäh-rigen sind ein Kriegstagebuch ihres Vaters, eigene Kriegs-und Jugenderlebnisse, das Leben mit ihrem Mann Robert und der Zustand der Welt. Louise B. beschließt ein einziges Mal die Linie ihrer Verpflichtungen zu verlassen, sie glaubt, die nie besser gewordene Welt voller Kriege und Gewalt könne nur durch eine mutige Tat erlöst werden. Dies gelänge ihr, wenn sie das Heilige Russland besuchte, (zu der Zeit die Sowjet-Union) und in der Erlöserkirche von Nowgorod betete. Sie bucht, 1985, ohne jemandem etwas zu sagen, eine vierzehntägige Reise nach Russland, wo ihr Bruder Karl, neunzehnjährig, 1942 erschossen wurde. Im Kloster Sagorsk erfährt sie unverhofft tiefe, religiöse Aufwallungen. Gott hat ihre Reise legitimiert. Da ist sie sich sicher. Wird sie die Welt, ihre Enkel retten? Wird sie ihre ureigene Spur finden? Sie tröstet sich mit dem Klavier, das Robert ihr kürzlich gekauft hat. Und sie wird Zeugin einer berührenden Liebesgeschichte zwischen einem Deutschen und einer jungen, schönen Russin. Mit glänzender Formulierungsgabe und bilderreicher Sprache versteht es der Autor, dem Leser Einblick in die tiefen Konflikte, die seine Protagonisten mit sich selbst austragen, zu verschaffen. buchprofil Der in Bonn lebende Jan Turovski gehört zu jenen Autoren, die bemerkenswert gute Literatur schreiben, ohne großes Aufheben von sich zu machen. Maria Herlo / Mannheimer Morgen
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Seitenzahl: 268