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70 Jahre ruhte ein dunkles Geheimnis im Gleichgewicht der Mächte, bis zwei Männer sich aufmachten, der Spur der Ratten zu folgen … Ulrich Faßmann, charismatischer Selfmade-Millionär und leidenschaftlicher Schatzsucher aus Leipzig, stößt bei seinen Recherchen auf ein uraltes Dokument. Es weist auf ein verschollenes Schiff mit einem milliardenschweren Schatz hin. Viele versuchten bislang, das Wrack zu finden, doch einige bezahlten die Suche mit ihrem Leben, während andere auf rätselhafte Weise spurlos verschwanden. Gemeinsam mit seinem Partner Wilhelm von Berg, einem alten erfahrenen Seemann, macht er sich dennoch auf die Suche. Beide ahnen nicht, dass sie dabei ins Visier des Geheimdienstes der katholischen Kirche und einer skrupellosen Organisation ehemaliger NS-Funktionäre geraten, die vor nichts zurückschrecken, um ihr dunkles Geheimnis zu bewahren. Käme die Wahrheit ans Licht, müssten bedeutende Teile der jüngeren Geschichte neu geschrieben werden. Eine Jagd auf Leben und Tod über mehrere Kontinente beginnt, bei der die Grenzen zwischen Jäger und Gejagtem zunehmend verschwimmen.
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Seitenzahl: 726
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Impressum
Christian Sünderwald
»Die Spur der Ratten«
www.edition-winterwork.de
© 2024 edition winterwork
Alle Rechte vorbehalten.
Satz: edition winterwork
Umschlag: edition winterwork
Druck/E-BOOK: winterwork Borsdorf
ISBN Druck 978-3-98913-123-1
ISBN E-BOOK 978-3-98913-127-9
Christian Sünderwald
Die Spur der Ratten
Thriller
edition winterwork
In der Geschichtsschreibung zweigen immer wieder einige Pfade ins Reich der Fiktion ab. Manchmal sind sich dann selbst die Gelehrten nicht mehr einig, was eine Beschreibung unumstößlicher Tatsachen ist und was mit der Zeit nur hinzugedichtet wurde, auch wenn es noch so plausibel klingt.
Dieses Buch erzählt in erster Linie ausgedachte Ereignisse, die jedoch auf einige dunkle und kontroverse Kapitel unserer Vergangenheit zurückgreifen. So taucht der Roman in die Wirren der Geschichte ab und folgt ihren verschlungenen Pfaden, bewusst, ohne zwischen Wirklichkeit und Fiktion eine klare Trennlinie zu ziehen. Gleichwohl sind die vorkommenden Institutionen, Unternehmen und Organisationen großteils real und die Ereignisse finden an authentischen Orten statt. Die Figuren und Begebenheiten sind wiederum großteils frei erfunden, auch wenn sie sich eben im Kontext historischer Ereignisse und Schauplätze bewegen.
Die Handlung dieses Romans bringt ausdrücklich keinerlei Sympathie oder gar Unterstützung für historische Verbrechen oder deren Urheber zum Ausdruck. Es ist eine rein literarisch-künstlerische und damit gänzlich wertungsfreie Auseinandersetzung mit jenen Teilen der Vergangenheit, die bis heute nachhallen und deren Echo in unserer Gegenwart immer noch zu spüren ist. Verflechtungen historischer Begebenheiten mit fiktiven Elementen dienen allein dem Zweck, eine packende und unterhaltsame Geschichte zu erzählen. Sie sind eine Einladung an die Leser, sich auf eine Reise zu begeben, die ebenso spannend ist wie nachdenklich macht, eine Reise, die die Grenzen des Möglichen auslotet und uns gleichzeitig an die Verantwortung erinnert, die wir gegenüber der Geschichte tragen.
Begleiten Sie mich auf diesem Weg in die Welt der Spekulation und der Geschichte. Lassen Sie uns gemeinsam erkunden, was hätte sein können, und dabei nie vergessen, was tatsächlich war und das mit offener Neugier und kritischem Geist.
Dieses Buch ist also weder eine historische Dokumentation noch eine Unterstützung oder gar Verherrlichung irgendwelcher Ideologien.
„Wir beginnen heute mit der Spezialtherapie, über die wir neulich gesprochen haben“, erklärte der Anstaltsleiter dem hageren, für seine 14 Jahre aber schon recht großgewachsenen Jungen.
„Zieh dein T-Shirt aus und leg dich hin.“
Der Junge befolgte widerspruchslos die ihm erteilte Anweisung, zog sein T-Shirt aus und legte sich rücklings auf die mit grauem Kunstleder überzogene medizinische Liege, die in der Mitte des kahlen, in grelles Neonlicht getauchten Raumes stand. Der Anstaltsleiter, ein schmächtiger älterer Mann im weißen Kittel mit blassem Gesicht, eingefallenen Wangen und tiefliegenden Augen, setzte sich auf einen Hocker neben der Liege und ergriff den rechten Arm des Jungen. Er drehte ihn leicht nach außen, sodass die Arminnenseite frei lag. Dann legte er ein Stauband am Oberarm an. Mit einer vorbereiteten Spritze injizierte er in die durch die Stauung hervorgetretene Vene eine aus mehreren Wirkstoffen bestehende, transparente Flüssigkeit, der unter anderem das starke Narkosemittel Propofol beigemischt war. „Es dauert jetzt etwa zehn Minuten, bis die Wirkung einsetzt, dann fangen wir an“, erklärte der Anstaltsleiter und blieb, ohne ein weiteres Wort zu sagen, neben dem Jungen sitzen und ließ seine Hand auf dem Unterarm des Jungen liegen. Tatsächlich dauerte es nur etwa zwei Minuten, bis der Junge zu schlafen schien. Der Anstaltsleiter prüfte den Zustand des Jungen durch ein paar Tests seiner Reaktionsfähigkeit. Als diese Tests das erwartete Ergebnis aufwiesen, ging er zu einem neben dem Eingang montierten Wandtelefon und wählte eine kurze interne Nummer. „Unser Patient ist soweit“, sagte er und legte direkt wieder auf. Wenig später betrat eine massige Gestalt den Raum, Mitte 30, mit langen, zum Zopf gebundenen roten Haaren und einem struppigen Bart. „Ist er für die Behandlung jetzt wirklich bereit?“, fragte der Fettleibige. „Ja, ganz sicher, ich habe ihn ausreichend medikamentiert und er ist bereit“, erwiderte der Anstaltsleiter. Sodann begann der Dicke unter den detaillierten Anweisungen des Anstaltsleiters mit der Prozedur der Spezialtherapie.
Nach etwa 30 Minuten kam der Junge wieder zu sich und konnte die ersten halbwegs klaren Gedanken fassen, fühlte sich aber noch sehr benommen und hatte Mühe, sich zu orientieren. Außerdem plagten ihn starke Kopf- und Gliederschmerzen. „Wie geht es dir?“, fragte ihn der Anstaltsleiter mit aufgesetzt fürsorglichem Tonfall. „Ja, geht so“, erwiderte dieser mit brüchiger Stimme. „Wir sind mit der ersten Sitzung sehr zufrieden“, erklärte der Anstaltsleiter und der Junge nahm erst jetzt wahr, dass noch eine weitere Person im Raum war. Er erkannte den fettleibigen Mann, der tief atmend mit schweißnasser Stirn etwas abseits stand und den Eindruck machte, als hätte er eben erst die Ziellinie eines Marathonlaufs passiert. Der Anstaltsleiter verabschiedete seinen Mitarbeiter mit Dank für seine Unterstützung und begleitete den Jungen zurück. In seinem Zimmer angekommen, ließ dieser sich kraftlos auf sein Bett fallen, kauerte sich eher instinktiv als bewusst in die Embryostellung und wollte nicht mehr, als alleine zu sein.
Die Sonne stand tief über dem spiegelglatten Atlantik und tauchte den mit flüchtigen Schleierwolken durchzogenen Himmel in ein warmes, kräftiges Orange. Die Hitze des Tages wich angenehmen Temperaturen und sanfte Windstöße trugen den salzigen Duft des Meeres heran. Ein Gefühl unbeschwerter Freiheit lag in der Luft. So kündigte sich eine traumhafte Sommernacht an, während der Wetterbericht für Deutschland Schneeregen vorhersagte. Die aufwändige Soundanlage der „Blue Diamond„, einer luxuriösen, 40 Meter langen Sunseeker-Yacht, verströmte gleichmäßig sanfte rhythmische Klänge. Unaufdringliche aber gleichwohl omnipräsente Hostessen in knappen maritimen Uniformen sorgten mit äußerster Aufmerksamkeit dafür, dass keiner der 71 Gäste länger als einen Wimpernschlag ein leeres Glas in der Hand hielt. Das riesige Buffet ließ kaum einen kulinarischen Wunsch offen. Als die Nacht hereinbrach und ein eigens für den Abend engagierter DJ auflegte, wurde die Stimmung so richtig ausgelassen. Es wurde getanzt und gelacht, während die Lichter der „Blue Diamond„ sich glitzernd im Wasser spiegelten.
Ulrich Faßmann, 44 Jahre alt, groß, mit dichtem schwarzen Haar und durchdringenden kastanienbraunen Augen, ist das, was man allgemein als einen attraktiven Mann bezeichnet. Nicht zuletzt wegen seines durchtrainierten Körpers wirkt er einige Jahre jünger. Wilhelm von Berg ist 22 Jahre älter und sein markantes, wettergegerbtes Gesicht zeugt von einem nicht gerade ereignisarmen Leben. Auch er macht für sein Alter noch eine wortwörtlich gute Figur.
Die beiden Männer genossen die gelungene Party auf der weit vor dem Kap der guten Hoffnung ankernden Yacht, die sie gemietet hatten, um den ersten großen Erfolg ihrer gemeinsamen Unternehmung mit Freunden und ihrer Crew, bei der sie aus der letzten Expedition außerdem noch was gut zu machen hatten, gebührend zu feiern. Sie hatten mit ihrem ersten Fund auf einen Schlag sagenhafte 10 Millionen Euro eingenommen, die es Ihnen ermöglichten, es mal so richtig krachen zu lassen.
Durch den Partylärm von allen unbemerkt, näherte sich aus der Schwärze der Nacht plötzlich ein Schnellboot der „Blue Diamond“. Als erster wurde der erfahrene Skipper auf der Brücke, ein seit Jahrzehnten mit seiner Familie in Kapstadt lebender Filipino, auf das sich schnell nähernde Boot aufmerksam. Er vermutete die Küstenwache, wunderte sich aber gleichzeitig, dass diese so weit draußen und um diese Zeit noch patrouillierte. Außerdem war das Boot ungewöhnlich schwach beleuchtet. Als es näher kam, erkannte er, dass er mit seiner Vermutung falsch lag. Das Boot hielt mit unvermindert hoher Geschwindigkeit auf die Yacht zu. Er starrte mit seinem Fernglas auf das immer näherkommende Boot, obwohl wegen der Dunkelheit kaum Details zu erkennen waren. Als das Boot nur noch wenige Meter entfernt endlich langsamer wurde, erkannte der Skipper auch ohne Fernglas, von wem sie Besuch bekamen. Er sog die Luft ein und erstarrte vor Entsetzen. Es waren ganz offensichtlich Piraten. Es dauerte einige Sekunden, bis er wieder einen klaren Gedanken fassen konnte. Dann setzte er sofort einen Funkspruch ab.
„PAN-PAN-PAN, hier ist die ‘Blue Diamond’, wir werden von Piraten angegriffen. Unsere Position ist Drei Vier Grad, Zweiundfünfzig Komma Sieben Eins Minuten Süd, Eins Acht Grad, Sechsundsiebzig Komma Drei Null Minuten Ost.“
Er betete im Stillen, dass er eine Antwort bekam, die schnelle Hilfe versprach. Doch nichts als ein monotones Rauschen drang durch den Lautsprecher des Funkgeräts. Inzwischen war das Boot längsseits der Yacht zum Stehen gekommen und der Skipper konnte beobachten, wie eine Leiter mit zu halbrunden Haken gebogenen Enden an der Reling festgemacht wurde. Kurz darauf stürmten mit großer Geschicklichkeit fünf schwarzafrikanische Gestalten in ärmlicher und teilweise zerlumpter Kleidung an Bord. Sie waren alle mit Pistolen bewaffnet. Einer hielt sogar so etwas wie ein kompaktes Maschinengewehr in der Hand. Der Skipper verschloss die Tür zur Brücke, setzte sich wieder vor das Funkgerät, diesmal tief gebückt, um möglichst nicht gesehen zu werden, und wiederholte den Notruf. Obwohl die basslastige Musik des DJs immer noch lief, hörte er panisches Geschrei, klirrend zu Boden fallendes Geschirr und umstürzendes Mobiliar von den beiden Decks unter ihm. Er hörte, wie einige Gäste von den Piraten aufgefordert wurden, Geld und Wertsachen auszuhändigen. Dann endlich eine Antwort aus dem Funkgerät.
„Hier spricht die Küstenwache. Wir haben Ihren Notruf erhalten, ‘Blue Diamond’. Bitte bestätigen Sie Ihre Position.“
„Unsere Position ist Drei Vier Grad, Zweiundfünfzig Komma Sieben Eins Minuten Süd, Eins ..“
Ein lautes Krachen unterbrach ihn plötzlich. Die eigentlich verschlossene Tür sprang auf und schlug mit Wucht gegen die Rückwand der Brücke. Vor ihm stand einer der Piraten. Sein Gesicht glänzte vor Schweiß und seine weit aufgerissenen Augen starrten ihn an, wie die eines Raubtiers kurz vor dem Angriff. „You captain?“ brüllte der Pirat in schlechtem Englisch, dem ein ölverschmiertes rotes T-Shirt von den knochigen Schultern seines sichtlich mangelernährten Körpers hing.
„Yes, I am the captain.“
„Wo dein Chef und die Kollege?“
„Welcher Chef, welcher Kollege?“
„Der Mann, der hat bezahlt das Schiff. Sein Name ist ‘Wasmann’ und Kollege hier an Bord.“
„Ich weiß nicht, wo er ist.“
„Du weißt es! Wenn du es nicht sagst, bist du tot.“
„Ich weiß wirklich nicht, wo er ist. Er könnte überall auf dem Schiff sein.“
„Los, du zeigen mir ‘Wasmann’ und die Kollege.“
Der Pirat, der die ganze Zeit mit einer Pistole auf den Skipper zielte, zwang ihn nun, ihn zu Faßmann zu führen. Mit der Mündung der Waffe im Genick lief der Skipper über die verschiedenen Decks der Yacht auf der Suche nach Faßmann, vorbei an den Gästen, die von den anderen Piraten mit vorgehaltener Waffe in Schach gehalten wurden. Immer wieder brüllte der Pirat den Namen von Faßmann und wurde immer wütender, je länger sie umher gingen, ohne Faßmann zu finden.
Kurz bevor der Überfall begann, hatten sich Faßmann und von Berg in den Meetingraum der Yacht zurückgezogen, um sich für einen Moment unter vier Augen zu besprechen. Als sie die Schüsse hörten und den Tumult an Bord mitbekamen, wollte Faßmann sofort nach draußen, um nachzusehen, was los ist, doch von Berg hielt ihn zurück. „Bleib hier“, zischte er und hielt Faßmann am Arm fest.
„Das hört sich nach Piraten an.“
„Und was machen wir jetzt?“
„Wir bleiben erstmal hier. Wir können da draußen zu zweit und unbewaffnet nichts ausrichten.“
So schwer es Faßmann fiel, erkannte er doch, dass von Berg recht hatte. Von Berg löschte das Deckenlicht und die beiden Männer setzten sich auf den Boden unter dem Fenster des Raums, um von draußen nicht gesehen zu werden. Plötzlich hörten sie, wie der eine Pirat immer wieder laut den Namen von Faßmann und sowas wie ‘Kollege’ rief. Faßmann erschrak zu Tode. Ihm wurde plötzlich klar, dass es die Piraten nicht nur auf das Geld und die Wertsachen der Passagiere abgesehen hatten, sondern, dass sie vor allem nach ihm und wohl auch von Berg suchten. Zudem wurde ihm bewusst, dass es nur noch eine Frage kurzer Zeit sein würde, bis sie in dem Raum entdeckt würden. In Faßmann stieg immer mehr Panik auf und sein Puls raste.
„Was wollen die von uns?“ flüsterte Faßmann gepresst.
„Keine Ahnung. Ich will das im Moment aber auch gar nicht herausfinden. Wir sollten verschwinden.“
„Verschwinden?“
„Ja, wir versuchen erst mal in den Maschinenraum zu kommen. Da werden sie uns zuletzt suchen.“
Die beiden Männer zogen sich die Schuhe aus und versteckten sie in einem kleinen Beistellschränkchen. Von Berg öffnete langsam und geräuschlos die Tür, sah in den Gang und flüsterte: „Keiner da“. Beide gingen so leise und gleichzeitig so schnell wie möglich in Richtung des Maschinenraums. Es gelang ihnen tatsächlich, ihn unbemerkt zu erreichen. Sie versteckten sich so gut es ging hinter dem riesigen Dieselaggregat, das den Großteil des Raumes ausfüllte.
Der Pirat packte den Skipper plötzlich von hinten an dessen Hemdkragen und trieb ihn vor sich her in Richtung des großen verglasten Gesellschaftsraums auf dem Hauptdeck. Dort warf er ihn unter den entsetzten Blicken der Gäste zu Boden und brüllte: „Sag mir, wo ‘Wasmann’ – sofort.“ „Ich weiß es wirklich nicht“, rief der Skipper verzweifelt und in sichtlicher Todesangst aus, während er sich langsam wieder soweit aufrichtete, dass er vor dem Pirat kniete. Dieser richtete langsam seine Waffe auf den Skipper, ruhig und präzise, um seine Drohung noch ultimativer wirken zu lassen. Dann presste er den kalten Lauf der Pistole gegen die zitternde Stirn des Skippers. „Sag mir, wo ‘Wasmann’!“ zischte er. Der Skipper, dessen Augen weit aufgerissen waren vor nacktem Entsetzen, stammelte: „Ich schwöre, ich weiß es nicht!“ Es lag eine unerträgliche Anspannung in der Luft. Plötzlich zog der Pirat die Waffe zurück, und ohne einen weiteren Moment abzuwarten, schoss er dem Skipper in den linken Oberschenkel. Ein markerschütternder Schrei durchbrach die Stille des Raumes und der Skipper brach zusammen. Sein Hosenbein färbte sich in Sekundenschnelle dunkelrot vom Blut, das aus der Wunde strömte. Gepeinigt von Schmerz und Schock, krümmte sich der Skipper am Boden, seine Hände krampfhaft um die blutende Einschussstelle geklammert. Der Pirat beugte sich drohend über ihn und näherte sich bis auf wenige Zentimeter seinem Gesicht, sodass er den üblen Mundgeruch des Piraten trotz seiner Schmerzen wahrnahm. Da wiederholte er seine Frage mit unerbittlicher Härte: „Wo ist ‘Wasmann’?“
Faßmann und von Berg konnten trotz des laufenden Stromgenerators die wiederholten Fragen nach ihnen, die der Pirat brüllte, gut verstehen. Als der Schuss fiel, zuckten sie erschrocken zusammen. „Wir müssen hier endlich verschwinden“, beschwor von Berg seinen Partner.
„Wie willst du das anstellen?“
„Nur ein paar Schritte von hier ist ein Notausstieg. Von dem aus schwimmen wir ans Heck, machen den Jetski los und fahren damit zur Küste. Bis die Piraten das mitbekommen, haben wir einen so großen Vorsprung, dass wir es schaffen können.“
Die Zustimmung von Faßmann gar nicht erst abwartend, stand von Berg auf und ging aus dem Maschinenraum in Richtung des Notausstiegs. Faßmann folgte ihm. Mit Geschick öffnete von Berg den massiven Notausstieg im hinteren Teil der Bordwand und ließ sich so geräuschlos wie möglich in den pechschwarzen Atlantik sinken. Schwimmend drehte er sich zu Faßmann um und winkte ihm auffordernd zu. Auch Faßmann ließ sich langsam ins Wasser hinab. Eng an der Bordwand entlang schwammen sie zum Heck.
Der Pirat presste nun die Mündung seiner Pistole erneut direkt auf die Stirn des vor ihm kauernden Skippers und schaute ihm mit vor Wut glühenden Augen frontal ins Gesicht.
„Du weißt also nicht, wo ‘Wasmann’ ist, ja?!“
„Nein, bitte glauben Sie mir, ich weiß es nicht!“ entgegnete der Skipper flehend. Er wünschte insgeheim, er wäre inzwischen gefunden, damit der Pirat endlich von ihm ablässt. Dem Skipper immer noch tief in die Augen blickend, betätigte der Pirat den Abzug. Als die Kugel die Stirn durchschlug, wurde der Kopf des Skippers nach hinten geschleudert, während sein Körper unmittelbar darauf regungslos erschlaffte. Aus der Einschussstelle pulsierte mit den letzten Herzschlägen eine große Menge Blut, das sich über den polierten Holzboden ergoss. Die Passagiere, die mit ansehen mussten, wie der Skipper von einer Sekunde auf die andere aus seinem Leben gerissen wurde, starrten stumm und vor Entsetzen zu keiner Regung fähig auf den Toten. Einer der anderen Piraten stürmte herbei und schrie seinen Komplizen in einer unverständlichen Sprache an, während er ihm mit dem Handballen wütend gegen die linke Schulter stieß. Offensichtlich missbilligte er, dass der andere den Skipper erschossen hatte. Der entgegnete lauthals einige Sätze in der gleichen, für alle Anwesenden völlig fremden Sprache. Danach wandte er sich an die umherstehenden Passagiere, brüllte „Wo ist Wasmann?“ und schoss in die Kabinendecke. Allen wurde klar, dass jeder von ihnen der nächste sein könnte, wenn er nicht in der Lage ist, Faßmann herbeizuschaffen.
Die beiden Männer im Wasser konnten zwar nicht sehen, was an Bord vor sich ging, doch was sie hörten, genügte. Nach dem ersten Schuss fielen in kurzen Abständen weitere, stets gefolgt von panischem Aufschreien. Mit Entsetzen begriffen sie, dass jetzt mehrere Menschen tot sein müssen und von Berg beschlich die schreckliche Ahnung, dass es sich vor allem um Mitglieder ihrer Crew handelte.
Am Heck der Yacht angekommen, löste von Berg vorsichtig die Befestigung des Jetski und beide zogen ihn, von den Piraten immer noch unbemerkt, ins Wasser. „Bist du mit so einem Ding schon mal gefahren?“, fragte von Berg flüsternd.
„Ja, aber da steckte der Zündschlüssel.“
„Na großartig.“
Während Faßmann sich inzwischen auf den Jetski gesetzt hatte, entdeckte er ein kleines Fach unter der Lenkstange und öffnete es. Auf dem nach unten klappenden Deckel des einem Handschuhfach ähnelnden Stauraums rutschte ihm tatsächlich der Zündschlüssel entgegen, der an einem pinkfarbenen Spiralkabel mit einem Karabinerhaken aus Plastik in der gleichen Farbe befestigt war. Faßmann dachte sich: „Das ist Südafrika“ und dass auf einem deutschen Schiff in diesem Fach alles gewesen wäre, nur niemals der Zündschlüssel. Inzwischen hatte sich von Berg auf den Sozius gesetzt. „Na los, nun mach schon“, drängte er Faßmann. Als dieser den Motor startete, war beiden klar, dass sie spätestens jetzt die Aufmerksamkeit der Piraten auf sich ziehen würden und sie ihren Vorsprung so gut es ging nutzen mussten. Faßmann gab Vollgas. Der kleine Jetski stemmte sich aus dem Wasser und spie eine steile Wasserfontäne aus seinem Heck. Von Berg drehte sich um und bekam einen kurzen Einblick in das Schnellboot, das sich immer noch längs neben der Yacht befand. Für einen flüchtigen Moment konnte er jemanden auf der Brücke erkennen – einen hellhäutigen älteren Mann, der in ihre Richtung blickte und der von den gegenwärtigen Geschehnissen recht unbeeindruckt zu sein schien. Wenn er sich nicht täuschte, war er jemand, dem er am liebsten nie in seinem Leben begegnet wäre und dem er einen Schwur geleistet hatte, dessen Bruch ihn das Leben kosten konnte. Doch es blieb ihm keine Zeit, sich damit weiter zu beschäftigen, denn wenige Sekunden später sah er, wie die Piraten zurück auf ihr Boot stürmten, es starteten und ihre Verfolgung aufnahmen. „Sie kommen uns hinterher – gib Gas“, schrie er Faßmann an.“ „Das Spielzeug gibt nicht mehr her. Ich hab’ den Hahn schon auf Anschlag“, erwiderte dieser. Das Schnellboot folgte ihnen nun mit großem Getöse. Von Berg drehte sich immer wieder um und hatte den Eindruck, dass es näher kam. Als sie von dem Boot aus beschossen wurden, bückten sie sich so tief es ging, um nicht getroffen zu werden. Ein Schuss traf das Heck des Jetski und durchschlug offensichtlich den Tank, da es trotz der schnellen Fahrt anfing, nach Benzin zu riechen. Ein weiterer Schuss traf von Berg am rechten Unterschenkel. Er spürte einen brennenden Schmerz, ließ sich aber nichts anmerken, um Faßmann nicht noch mehr in Panik zu versetzen. Sie rasten weiter über den tiefschwarzen Atlantik, in dem sich nur schemenhaft das wenige Mondlicht spiegelte, das der bewölkte Himmel freigab. „Ich glaube, wir schaffen es, sie abzuhängen“, rief von Berg, als er sich sicher war, dass das Boot nicht mehr weiter aufholte und sie sogar an Abstand gewannen. Plötzlich waren keine Schüsse mehr zu hören und das grummelnde Getöse des Bootes ihrer Verfolger wurde leiser. Von Berg drehte sich ein weiteres Mal um und sah, dass die Piraten die Verfolgung aufgaben und beidrehten.
„Die geben es auf“, rief von Berg fast euphorisch. Nach einer Weile ging Faßmann vom Gas und drehte sich ebenfalls um. Er stieß die Luft aus und ließ sich erleichtert mit seinen Unterarmen auf die Lenkstange sinken, als auch er erkannte, dass sie tatsächlich entkommen waren. Als Faßmann den ersten Schreck einigermaßen verdaut hatte, richtete er sich wieder auf und polterte: „Verdammte Scheiße, was war das denn?“ „Glaub mir, ich habe nicht den leisesten Schimmer“, erwiderte von Berg. „Wie viel ist noch im Tank?“, fragte er sofort darauf, als wollte er auch dem Thema aus dem Weg gehen.
„Viertel voll.“
„Dann sollten wir langsam weiterfahren, damit uns der Sprit nicht ausgeht.“
Doch er hatte den Satz noch nicht ganz ausgesprochen, da ging beiden auf, dass sie überhaupt nicht wussten, in welche Richtung sie während ihrer Flucht gefahren waren. „Hast du eigentlich eine Ahnung, wo wir sind?“, fragte Faßmann, während er um sich sah und hoffte, die Lichter der Küste irgendwo zu erkennen. „Um ehrlich zu sein, gerade nicht“, erwiderte von Berg in bemüht ruhigem Tonfall. Auch von Berg tastete angestrengt den nachtschwarzen Horizont ab, in der Hoffnung, die Küste ausmachen zu können. „Sag mir bitte, dass du weißt, in welche Richtung wir jetzt fahren müssen“, sagte Faßmann mit einem panischen Beben in der Stimme. „Ganz ruhig – keine Panik“, versuchte von Berg die Situation zu deeskalieren. „Wir müssen warten, bis es hell wird. Dann können wir uns problemlos orientieren und fahren zur Küste“, erklärte von Berg. „Echt jetzt?“, sagte Faßmann gereizt. Von Berg blickte auf seine alte Rolex Yacht-Master.
„Es ist schon nach drei. In gut zwei Stunden geht die Sonne auf und dann wissen wir, wohin wir fahren müssen.“
„Verdammt noch mal ...“ erwiderte Faßmann. „Jetzt bleib mal ruhig. Es wäre idiotisch, jetzt weiter zu fahren, vor allem mit dem wenigen Sprit, den wir noch haben. Wir müssen warten, bis wir uns orientieren können.“
„Aye Captain“, erwiderte Faßmann ironisch.
Von Berg stand vorsichtig auf und drehte sich auf dem Sozius um, sodass er mit dem Rücken zu Faßmann saß. Faßmann erkannte die gute Idee, lehnte sich wortlos an den Rücken seines Partners und atmete tief durch.
Von Berg schaute an seinem rechten Bein herab und sah in der Mitte des Unterschenkels das Loch in der Hose, das der Schuss verursachte. Von dem Loch abwärts war der Stoff trotz der Nässe sichtlich blutdurchtränkt. Er krempelte das Hosenbein hoch und erkannte selbst im schwachen Mondlicht erleichtert, dass es nur ein Streifschuss war und die Blutung auch bereits deutlich nachgelassen hatte. „Was machst du da?“ wollte Faßmann wissen.
„Ich habe einen leichten Streifschuss abbekommen – nicht weiter schlimm.“
„Nicht weiter schlimm?“ rief Faßmann erschrocken aus. „Nein, wirklich nicht. Es blutet auch kaum noch“, sagte von Berg beruhigend. „Vielleicht gibt es ja hier einen Verbandskasten. Lass uns mal unter dem Sitz nachsehen“, schlug Faßmann vor und stand dabei bereits auf.
Auch von Berg erhob sich von der Sitzbank und drehten sich um. Faßmann klappte die Sitzbank zur Seite. Er wühlte sich durch ein paar verdreckte Handtücher, leere Sonnencreme- und Wasserflaschen. Dann kam zwischen angerostetem Werkzeug und alten Zündkerzen tatsächlich ein in Folie eingeschweißtes Paket zum Vorschein. Es war bedruckt mit einem großen roten Kreuz, das trotz der Verschmutzung noch gut zu erkennen war.
„Das war mal eine gute Idee, Ulrich“, sagte von Berg und griff nach dem Paket, das ihm Faßmann reichte. Faßmann klappte daraufhin die Sitzbank runter und beide setzten sich wieder Rücken an Rücken darauf.
Von Berg hatte Faßmann zwar schon wenige Wochen nach Beginn ihrer Zusammenarbeit das ‘Du’ angeboten, doch vermied er bis heute, ihn in der Kurzform ‘Uli’ anzusprechen, wie das ansonsten alle seine Freunde taten. Faßmann hatte von Berg nie darauf angesprochen. Er schob es auf sein Alter und das blaublütige ‘von’ im Namen, dass er ihn nicht in der Kurzform ansprechen wollte. So hat er es auch bis heute strikt vermieden, von Berg ‘Willi’ zu nennen, wenngleich er schon mehrfach miterlebt hatte, dass Freunde ihn so ansprachen. Obwohl die beiden nun schon zwei Jahre intensiv zusammenarbeiteten, wussten sie wenig voneinander. Vor allem von Berg, aber auch Faßmann vermied es bisher, über Privates zu sprechen.
An ihrer gemeinsamen Firma, der ‘Faßberg Explorers Ltd.’ mit Sitz in Singapur, war jeder mit genau 50% beteiligt. Halbe-halbe und jeder hat genauso viel zu sagen wie der andere, war die Maxime, auf die sie sich für ihre Partnerschaft damals geeinigt hatten. Faßmann steuerte zwar beinahe zu 100% das für den Anfang nötige Geld bei, hatte dafür aber fast 0% Ahnung von der Seefahrt, geschweige denn davon, wie man nach versunkenen Schiffen sucht. Diesen Teil hatte von Berg wiederum zu 100% eingebracht. Was sie auf der ‘Blue Diamond’ feiern wollten, war der erste gemeinsame große Fund. Es war das im Jahre 1806 gesunkene englische Kaperschiff „Forbes“, das damals vor der Insel Belitung zwischen Borneo und Sumatra auf ein Riff gelaufen und gesunken war. Sie konnten Silber- und Goldmünzen, Schmuck und Kristalle im Wert von rund 20 Millionen Euro bergen und der zuvor mit der indonesischen Regierung geschlossene Deal sicherte ihnen genau die Hälfte davon.
Als von Berg sich seine Wunde so gut es ging gereinigt und verbunden hatte, atmete er tief durch und lehnte sich das erste Mal mit dem ganzen Gewicht seines Oberkörpers an Faßmanns Rücken. Beide saßen minutenlang ohne ein Wort zu sagen auf dem leicht schaukelnden Jetski und versuchten, die unglaublichen Geschehnisse der letzten Stunden zu verarbeiten.
Unvermittelt durchschnitt von Berg die Stille: „Ich hab dich nie gefragt, woher die ganze Kohle stammt, die du am Anfang in die Firma gesteckt hast.“
„Stimmt, hast du nicht.“
„Und?“
„Ist ‘ne lange und langweilige Geschichte.“
„Hab heute nichts mehr vor und ich fürchte, langweiliger als im Moment kann’s auch kaum werden.“
„Na gut. Ich hab Töpfe und Pfannen verkauft und das in rauen Mengen.“
„Okay, das ist wirklich langweilig, aber keine lange Geschichte. Mich interessiert’s wirklich, Ulrich – los, erzähl’.“
Faßmann atmete tief durch und hob schließlich an, von Berg seinen Werdegang zu erzählen.
„Meine Eltern haben sich getrennt, als ich 11 war. Meine Mutter hat es dann alleine mit mir nicht hingekriegt. Sie hat mich mit 12 in ein Heim einweisen lassen – eins für schwererziehbare Jugendliche in einem schrecklichen Kaff namens Naila in der Nähe der DDR-Grenze. Es war eine kirchliche Einrichtung, in der es aber teilweise zuging wie im alten Rom. Na ja, wie auch immer, als ich da mit 17 wieder rauskam, bin ich nach Hof gezogen und hab’ Elektriker gelernt. Ein Freund schwärmte mir damals vor, wie schnell sagenhaft viel Geld zu verdienen wäre bei Amway. Ein Strukturvertrieb für Haushaltsgeräte, Reinigungsmittel und Kosmetika.“
„Entschuldige bitte, aber was ist ein ‘Strukturvertrieb’?“
„Es geht dabei nicht nur darum, selbst möglichst viel von dem Zeug zu verkaufen, sondern weitere Leute anzuwerben, die mitmachen. Die sollten dann all die tollen Produkte ihren Freunden und Bekannten andrehen und vor allem ihrerseits wiederum Leute anwerben, die mitmachen und das Gleiche tun und immer so weiter. An all denen unter mir, als eben meiner ‘Struktur’ habe ich dann mitverdient und bin in der Hierarchie aufgestiegen.“
„Und damit kann man reich werden? Dann wäre ja jeder blöd, der einem normalen Job nachgeht.“
„Genau das haben wir jedem erzählt und in vielen Fällen hat das auch schon gereicht, ihn oder sie dazu zu kriegen, mitzumachen. Wirklich reich werden aber die wenigsten.“
„Und du gehörst also zu den Wenigen?“
„So ist es, mein Lieber. Dafür hat allerdings in meinem Fall ein Ereignis gesorgt, das in der Geschichte ziemlich einzigartig ist. Ohne dieses Ereignis wäre ich vermutlich heute längst wieder Elektriker und würde in den spießigen oberfränkischen Einfamilienhäuschen, mit akkurat gestutztem Rasen im Vorgarten und Passat Kombi in der Garage, Kabel verlegen und Sicherungskästen montieren. Ich hab’ mich damals gefühlt wie ein Zootier, das plötzlich ausgewildert wird und das in einen Nationalpark, in dem es keine natürlichen Feinde, aber jede Menge Beute gibt. Es war eine unglaubliche Aufbruchstimmung. Nur ein paar Kilometer von meiner Haustür entfernt wurde aus dem Ende der Welt das Tor zu einer völlig unbekannten neuen Welt, die nur darauf wartete, erobert zu werden. Das war meine Chance. Noch nie und wahrscheinlich auch nie wieder war es so einfach, Leute für so ein System wie das von Amway zu begeistern. Ich machte mich auf in den wilden Osten und hatte einen unglaublichen Erfolg. Die Menschen in der gerade untergegangenen DDR waren den Ansteckungsgefahren des Kapitalismus schutzlos ausgeliefert. Wir hatten die größten Stadthallen gemietet für unsere Seminare, wie wir es nannten. Es reichten ein paar Zeitungsannoncen, um einen Saal mit 1000 Leuten zu füllen. Denen erzählten wir dann mit einem riesigen Tamtam, wie sie bald im Monat 10.000 D-Mark und mehr verdienen könnten. Sie saßen da wie die hypnotisierten Kaninchen. Danach sind sie los gerannt und verkauften die Produkte von Amway und warben immer neue Verkäufer an, die ihrerseits wieder verkauften und neue Verkäufer anwarben und so weiter. Ich hab’ da eine Lawine losgetreten, der ich bald nur noch zuschauen musste, wie sie immer größer und größer wurde. Ich schaffte es bis ganz nach oben. Am Schluss war ich ‘Crown Ambassador’. Das ist so etwas wie ein Kardinal im Vatikan. Danach kommt nur noch der Papst und das war in diesem Fall der Bigboss in den USA.“
Von Berg war sichtlich beeindruckt. Hatte er doch tatsächlich noch nie zuvor von dieser Firma und dem merkwürdigen Vertriebssystem gehört. Er hatte selbst erlebt, was Menschen so alles tun, wenn man ihnen erst mal eine Grundüberzeugung eingepflanzt hat, die es Wert ist, dieser großen Sache alles andere unterzuordnen. Was er eben gelernt hatte, war, dass es offensichtlich völlig egal ist, um welche große Sache es dabei geht. Das scheint also auch zu funktionieren, wenn man Töpfe und Pfannen verkaufen will, dachte er sich und musste innerlich schmunzeln.
„Und warum machst du das heute nicht mehr?“, wollte von Berg wissen.
„Ich bekam Brustkrebs.“
„Brustkrebs? Ich habe mir schon immer gedacht, dass mit dir irgendwas nicht stimmt, Ulrike“, machte sich von Berg direkt lustig, merkte aber sofort, dass er gerade etwas zu weit ging.
„Sehr witzig.“
„Entschuldige, war nicht so gemeint.“
Faßmann fühlte sich tatsächlich etwas beleidigt, wusste aber selbst, wie merkwürdig das klingt und außerdem wusste er, von wem die Bemerkung kam. So sparte er sich jeden weiteren Kommentar und fuhr fort.
„Diesen Krebs können auch Männer bekommen. Ich musste mich operieren lassen und war danach ein halbes Jahr auf Chemotherapie. Mir ging es zeitweise echt dreckig. In einer solchen Vertriebsorganisation ist es wie in einem Wolfsrudel. Wenn ein Leitwolf schwer verletzt ist, wird er abgelöst. Noch während der Chemo legten sie mir nahe, abzudanken und boten mir einen goldenen Handschlag zur Verabschiedung an. Ich wollte mir meinen Abgang aber so richtig teuer bezahlen lassen. Da hab’ ich mich erst noch der Konkurrenz angeboten und gepokert – sehr hoch gepokert. Das hat geklappt. Dafür, dass ich nicht zur Konkurrenz, sondern für immer nach Hause ging, haben sie mir einen großzügigen zweistelligen Millionenbetrag überwiesen.“
Von Berg war erstaunt darüber, was es neben seinem schon so langen und ereignisreichen Leben doch noch alles gab, von dem er bis jetzt keine Ahnung hatte. Er dachte sich, wie leicht es doch auch sein kann, schnell zu viel Geld zu kommen, wenn man zur richtigen Zeit am richtigen Ort nur das Richtige tut. Man braucht natürlich auch einen Riecher für solche Gelegenheiten, dachte er sich weiter, und dass er diesen wohl nicht besitzen würde. Ein kurz in ihm aufgekommenes Gefühl von Neid verblasste durch diese Erkenntnis auch sogleich wieder. „Was es alles gibt?“, sagte von Berg und schloss direkt die Frage an: „Und wie um alles in der Welt bist du dann auf die Idee gekommen, auf Schatzsuche zu gehen?“
„Der Krebs hat mir bewusst gemacht, wie schnell das Leben vorbei sein kann, und man dann kaum das getan hat, was man wirklich machen wollte. Außerdem haben mich versunkene Schiffe und ihre Schätze schon als Kind total fasziniert. Ich hab’ früh viele Bücher darüber gelesen. Das hat mir auch über meine Zeit in dem Heim geholfen, in dem ich zum Teil aufgewachsen bin. Später fing ich an, mich mit den Geschichten der Schiffe zu beschäftigen und sogar selbst etwas zu recherchieren. Ich tauchte vor allem in Südafrika mit meiner Frau nach Wracks. Das waren aber bisher nur solche, die in jedem Reiseführer für Hobbytaucher angepriesen werden, wie die S.A.S Good Hope, die S.A.S Pietermaritzburg oder die S.S. Lusitania. Alles ein spannender Zeitvertreib, aber es war nicht annähernd das, was ich eigentlich machen wollte: Nach bisher unentdeckten Wracks tauchen und die Schätze bergen, die sie einst mit in die Tiefe genommen haben.“
„Und da hast du dir gedacht, du kaufst dir nicht nur ein Schiff dafür, sondern auch gleich den, der sich mit sowas auskennt.“
„Ja, so war’s. Du hättest ja auch ablehnen können.“
„Stimmt, und wenn ich uns hier gerade so sitzen sehe, hätte ich das wohl besser auch getan.“
Faßmann hatte in seinem Leben die beste Erfahrung damit gemacht, etwas, das ihn interessierte und er unbedingt machen wollte, einfach auszuprobieren. Der Rest hatte sich dann schon immer irgendwie ergeben. So hielt er es auch diesmal. Er googelte einfach drauflos und fand auf der Internetseite www.schiffe-kaufen.de die „Benedicto“, das Boot, das von Berg dort inserierte. Ein umgebautes ehemaliges Patrouillenboot der Klasse P400 der französischen Marine, das sehr gut in Schuss zu sein schien. Es war auf den ersten Blick genau das, wonach Faßmann suchte. Nach ein paar E-Mails und einem Telefonat fuhr er nach Neustadt an der Lübecker Bucht, um sich mit von Berg zu treffen und das Boot in Augenschein zu nehmen. Von Berg wollte sich zur Ruhe setzen und seinen größten Lebensabschnitt, den er mit der Suche nach Schiffswracks und deren möglichst wertvoller Ladung verbracht hatte, endgültig hinter sich lassen. Und wäre er Faßmann nicht über den Weg gelaufen, wäre es wohl auch so gekommen. Doch wenn Faßmann eines konnte, dann andere Menschen wortgewaltig für sich einzunehmen und zu begeistern. Dieser Fähigkeit hatte er auch seinen enormen geschäftlichen Erfolg und baldigen Reichtum zu verdanken. So war es ihm schließlich auch gelungen, von Berg zu überreden, ihm nicht nur sein Boot zu verkaufen, sondern ihm auch sein Wissen über die Suche nach versunkenen Schiffen weiterzugeben. Es gelang ihm außerdem, das erloschene Feuer in ihm neu zu entfachen, das ihn einst angetrieben hatte, selbst nach alten Schiffswracks zu suchen. Aus einem anfänglichen Beratervertrag wurde so relativ schnell eine Geschäftspartnerschaft denkbar ungleicher Menschen, die beide eigentlich nicht viel voneinander hielten, aber doch irgendwie eine untergründige Verbundenheit zueinander spürten.
„Wie bist du damals zur Schatzsuche gekommen?“, fragte Faßmann in der Überzeugung, dass wohl kaum so bald wieder eine derart gute Gelegenheit kommen würde, diese Frage direkt zu stellen und eine ehrliche Antwort erwarten zu dürfen.
„Es war wie bei dir, nur, dass es damals nicht um viel Geld, sondern um viel Abenteuer ging, das mir ein Freund versprochen hatte. So kam ich zur ‘Légion Étrangère Marine’, auf deutsch die ‘Marinekompanie der Fremdenlegion’.“
„Und wann war das?“
„1968“
„Ha, in dem Jahr hab’ ich gerade erst das Licht der Welt erblickt – vermutlich in Form einer Neonröhre an der Decke des Kreißsaals in einem Nürnberger Krankenhaus“, sagte Faßmann eher zu sich, als zu von Berg.
„Tja, du könntest mein Sohn sein“, kommentierte von Berg die Anmerkung. „Lieber nicht“, erwiderte Faßmann. „Ja, lieber nicht“, fügte von Berg an und beide mussten kurz lachen.
Faßmann musste in der Vergangenheit schon viele spitze Bemerkungen und derbe Kommentare von von Berg über sich ergehen lassen. Wirklich böse deswegen war er ihm nie.
„So ist der alte Bär eben“, dachte sich Faßmann in der Überzeugung, dass man an seinem Charakter wohl schon lange kein Jota mehr ändern könne und er schon mal gar nicht.
„Gehen zur Fremdenlegion nicht aber vor allem die, die ..“
„.. was ausgefressen haben?“ ergänzte von Berg den Satz von Faßmann, als er an dieser Stelle zögerte.
„Ich wollte damit nicht sagen, dass ..“ schob Faßmann eilig nach, als von Berg ihn wieder unterbrach: „.. ich was ausgefressen habe?“
„Ja, genau!“
„Ich habe aber was ausgefressen.“
Faßmann blickte in die konturlose Dunkelheit der Nacht und wusste nicht, was er darauf erwidern sollte, obgleich er begierig darauf war, zu erfahren, was von Berg ausgefressen und damit dazu bewogen hat, zur Fremdenlegion zu gehen.
„Ich habe einen Polizisten überfahren“, sagte von Berg nach einigen Sekunden der Stille.
„Du hast was?“
„Du hast mich schon verstanden.“
„Warum hast du das getan?“
„Ich war jung, dumm und pleite. Genau der Freund, der mich später zur Fremdenlegion gebracht hatte, war mit mir vorher zum Wehrdienst bei der Marine der Bundeswehr. Als wir entlassen wurden, hatten wir tausend Pläne, aber null Geld. Da schlug er vor, mit Scheckfälschung schnell ein paar 1000 Mark zu machen. Es wäre ganz einfach und völlig ohne Risiko. Es käme auch niemand zu Schaden, außer die Bank, die das nicht jucken würde, weil sie gegen sowas versichert ist.“
„Ihr habt Schecks gefälscht?“
„Na ja, wir haben schon echte Schecks verwendet, die aber als gestohlen gemeldet waren und die Unterschrift darauf war auch nicht die echte.“
„Tut mir leid, verstehe ich nicht.“
„Okay, im Grunde war das ganz einfach. Ich habe bei meiner Bank einige Euroschecks als gestohlen gemeldet, die ich aber natürlich noch hatte. Mein Freund ging dann in verschiedene Bankfilialen und hat mit den Schecks, meinem Ausweis, den ich ebenfalls als gestohlen gemeldet hatte, und meiner Unterschrift gegen die Schecks Geld abgehoben. So einfach ging das damals. Die abgehobenen Beträge wurden mir von der Bank später wieder gutgeschrieben, da ich ja die Schecks rechtzeitig als gestohlen gemeldet hatte. So hatten wir das abgehobene Geld, ohne dass mir letztlich auch nur ein Pfennig auf dem Konto fehlte.“
„Ah. Jetzt hab’ ich’s kapiert. Und dabei ist dann doch was schiefgelaufen?„
„So richtig schief! Bei der letzten Bankfiliale hatte der Schalterangestellte wohl irgendwas gewittert und verschwand mit dem Scheck nach hinten. Vielleicht wegen dem Ausweis – mein Freund sah mir nicht besonders ähnlich. Da verlor er die Nerven. Er ist aus der Bank gerannt, als hätte er sie soeben ausgeraubt. Zurück im Auto, in dem ich in der Nähe der Bank wartete, schrie er nur voller Panik, dass ich sofort losfahren soll. So gab ich ohne zu überlegen Gas. Zu spät bemerkte ich einen Polizisten, der wie aus dem Nichts plötzlich mit gezogener Waffe vor uns auf der Straße stand. Noch ehe ich versuchte zu bremsen, machte der einen unfreiwilligen Salto über die Motorhaube. Weit sind wir dann nicht mehr gekommen. Am Ortsausgang haben sie uns in einer Straßensperre geschnappt. Für die Aktion gab’s eineinhalb Jahre Gefängnis und mein Führungszeugnis zierte eine Vorstrafe. Das machte sich bei einer Bewerbung gar nicht gut. Ich konnte machen, was ich wollte, ich bekam nirgendwo einen Job, außer eben bei der Fremdenlegion. Die hat weder mein Führungszeugnis noch sonst irgendwas interessiert.“
Faßmann wusste im ersten Moment nicht recht, was er von der Geschichte halten sollte. Dass von Berg kein Kind von Traurigkeit war, wusste er, dass er allerdings eine derartige Tat auf dem Kerbholz hatte, erstaunte ihn doch.
„Mein Geschäftspartner ist also ein Krimineller“, erwiderte Faßmann direkt.
„Hast du mal nachgerechnet, wie lange das her ist? Selbst wenn sie uns nicht geschnappt hätten, wäre das heute längst verjährt.“
Faßmann machte eine lange Pause und sagte schließlich nur „Danke“.
„Danke für was?“
„Ich nehme an, diese Geschichte gehört nicht zu deinem Smalltalk-Repertoire“.
Von Berg verstand sofort, was Faßmann damit sagen wollte und ließ es unkommentiert.
„Ihr habt also damals bei der Fremdenlegion nach Schiffswracks gesucht?“, fragte Faßmann vorsichtig weiter nach.
„Nein, ich habe viele Jahre in Vietnam gekämpft und habe mich zuletzt mit dem Pack rumgeschlagen, das uns heute diese lauschige Zweisamkeit beschert hat.“
„Du hast gegen Piraten gekämpft?“
„Ja und gegen private Söldnertruppen und anderes Gesindel, für das Recht und Gesetz so viel gilt, wie für einen hungrigen Wolf das Leben eines Schafs. Ich habe mich damals für 10 Jahre verpflichtet und verließ danach die Legion. Mit einigem Geld, das ich mir während der Zeit zusammengespart hatte, habe ich mir dann die Teile der Welt angesehen, in die mich die Legion noch nicht gebracht hatte.“
Immer noch beeindruckt von seiner unerwarteten Offenheit, hätte Faßmann beinahe vergessen, dass von Berg bis jetzt seine eigentliche Frage noch nicht beantwortet hatte.
„Du hast mir aber bis jetzt immer noch nicht verraten, wie du dazu kamst, auf die Suche nach Schiffswracks zu gehen.“
„Durch die Reiserei wurde irgendwann das Geld knapp und ich musste mich wieder nach einem Job umsehen. Ein ehemaliger GI und alter Freund aus meiner Vietnam-Zeit gab mir den Tipp, dass die Neptun Marine Exploration Inc. erfahrene Seeleute sucht. Die haben mich sofort genommen. Das war 1981. Da warst du noch ein zartes Bübchen.“
„Wenn du wüsstest“ unterbrach Faßmann ihn unvermittelt. „Wie bitte?“, entgegnete von Berg von der Unterbrechung etwas überrascht.
„Ach nichts“, wiegelte Faßmann sogleich ab. „Entschuldige – ich wollte dich nicht unterbrechen.“
„Schon gut. Na jedenfalls war ich 13 Jahre mit dieser Truppe unterwegs und das nicht ganz ohne Erfolg. 1993 hat die französische Marine dann einige ihrer Boote verkauft. Über einen alten Kameraden von der Legion konnte ich mir einen der Kähne für einen schmalen Taler angeln. Seitdem war ich auf eigene Rechnung mit eigener Crew unterwegs.“
Faßmann sagte lange nichts. Er tauchte in Gedanken sofort in von Bergs Erzählung ein und stellte sich vor, was er alles in den Jahren gesehen und erlebt haben musste. Ermutigt von der seltenen Redseligkeit von von Berg, schob Faßmann dann eine weitere Frage nach: „Und warst du mal verheiratet?“ „Was willst du denn noch alles wissen“, entgegnete von Berg und spielte leicht genervt.
„Nein, war ich nie. Das wäre bei meinem Lebenswandel auch niemals was geworden. Du ja schon.“
„Ja und ich bin‘s noch – also auf dem Papier.“
„Soll heißen?“
„Sie hat mich wegen so einem Sesselfurzer verlassen. So’n schmalbrüstiger Beamtenarsch vom Finanzamt, mit dem sie jetzt in der Provence Urlaub macht, in die moderne Oper geht und Vernissagen besucht, um über irgendein gerahmtes Geschmier zu philosophieren, bei dem es keiner merken würde, wenn man den gepinselten Dünnschiss verkehrt herum an die Wand gehängt hätte.“
„Jesses, da hat dir einer wohl ganz schön am Ego gehobelt.“
„Auch wenn du dir das natürlich nicht vorstellen kannst, ich habe diese Frau sehr geliebt und wenn du es wissen willst, tue ich das heute noch“.
Von Berg spürte, wie ernst Faßmann es meinte und dass jedes weitere Wort zu viel wäre. Er zog es daher vor, darauf nichts mehr zu erwidern. Faßmann übermannte plötzlich die Müdigkeit. Er beugte sich vor, legte seine Arme verschränkt auf die Lenkstange des Jetski und schließlich den Kopf auf seine Oberarme. Sekunden später war er eingeschlafen. Von Berg merkte, dass Faßmann eingenickt war. Auch er spürte die Erschöpfung und eine aufsteigende Müdigkeit, wollte aber unbedingt wach bleiben, schon wegen der vielen Weißhaie, die es hier gab. Würde einer von ihnen im Schlaf von der Sitzbank rutschen und ins Wasser fallen, würde ein Biss dieser riesigen Meeresräuber genügen, um sich keine Gedanken mehr darum machen zu müssen, wie es zurück zur Küste geht. Wahrscheinlich waren die Haie ohnehin schon angelockt von der Wunde in von Bergs Bein und lauerten unter dem Jetski auf ihre Beute. Von Berg nahm also seinen einsamen Kampf mit der Müdigkeit auf. Er behielt – nicht zuletzt dank der nur noch etwa 18° Lufttemperatur – die Oberhand, abgesehen von dem einen oder anderen Sekundenschlaf.
Die Nacht wich langsam der hereinbrechenden Morgendämmerung. Angestrengt suchte von Berg den Horizont ab, in der Hoffnung, die Küste ausmachen zu können. Es lag noch ein Dunstschleier auf der Wasseroberfläche, in dem von Berg die Ursache hoffte, noch nichts erkennen zu können. Doch von Minute zu Minute wurde es heller und die ersten Sonnenstrahlen tilgten den Schleier über dem Atlantik und damit auch den letzten Rest Hoffnung, den von Berg noch hatte, die Küste sehen zu können. Er kniff die Augen zusammen und tastete den Horizont immer und immer wieder ab, aber nichts – einfach nichts als Wasser. Inzwischen kam auch Faßmann wieder zu sich. Er streckte beide Arme in die Höhe und sagte fast vergnügt: „Guten Morgen, Herr Kollege. Hoffe, wohl geruht zu haben.“ Von Berg war gar nicht zum Scherzen zumute. „Wir müssen gestern in die völlig falsche Richtung gefahren sein. Wahrscheinlich sind wir zu allem Übel in der Nacht dann auch noch weiter aufs offene Meer abgetrieben„, sagte er in ernstem aber bedacht ruhigem Tonfall. „Okay, und was bedeutet das jetzt?“, fragte Faßmann in der Hoffnung, dass von Berg ihm gleich sagen wird, wie sie dennoch sicher zur Küste kommen würden. „Das bedeutet, dass wir ziemlich weit von der Küste weg sind“, erklärte er in dem gleichen ruhigen Ton. Faßmann tastete sodann ebenfalls mit seinen Augen angestrengt den Horizont ab. Auch er sah nichts, nichts als die Weiten des Atlantiks. Von Berg versuchte, sich mit seiner Erfahrung aus jahrelanger Seefahrt am Stand der Sonne zu orientieren. „Die Küste muss in diese Richtung sein“, sagte er schließlich, als er über seinen ausgestreckten Arm und Zeigefinger in Richtung Horizont blickte. „Okay, dann lass uns fahren“, sagte Faßmann, während er bereits zum Zündschlüssel griff, um den Motor zu starten. „Ja, aber fahr langsam, damit wir nicht unnötig Sprit verbrauchen“, ermahnte ihn von Berg. „Keine Sorge“, erwiderte Faßmann, der die Anmerkung für etwas überflüssig hielt. Er drehte den Zündschlüssel bis zum Anschlag nach rechts, und der Motor sprang an. Sie fuhren mit der aufgehenden Sonne im Rücken langsam über den immer noch ruhigen Atlantik, ohne dass von der Küste irgendetwas zu sehen war. Nach einer halben Stunde und weiterhin ohne einen Schimmer von der Küste, fragte von Berg: „Wieviel Sprit haben wir noch?“
„Immer noch viertel voll.“
„Gut.“
Plötzlich bekam der Motor kleine Aussetzer.
„Was ist los?“, fragte von Berg.
„Keine Ahnung. Am Sprit kann’s nicht liegen.“
Aus den Aussetzern wurde schnell ein andauerndes Stottern, bis der Motor schließlich überhaupt keinen Schub mehr gab und ganz ausging. Faßmann betätigte den Anlasser – nichts. Er versuchte es wieder und wieder, bis der Anlasser hörbar schwächer wurde, durch die sich damit schnell entladende Batterie. „So eine verdammte Scheiße!“ brüllte Faßmann schrill. Er war offensichtlich kurz davor, die Nerven zu verlieren. „Jetzt lass uns erst mal nachsehen, woran es liegen kann“, versuchte von Berg ihn zu beruhigen. Von Berg kam der Benzingeruch wieder in den Sinn, als sie auf der Flucht vor den Piraten mit Vollgas durch die Nacht rasten. Er untersuchte den Rumpf des Jetski um den Tank herum und fand das Einschussloch, das sich allerdings recht weit oben befand, sodass der Tank mindestens halb voll geblieben sein musste. „Gut, daran kann es also schon mal nicht liegen“, dachte sich von Berg. Doch im nächsten Moment traf ihn eine Vermutung wie ein Schlag. Durch das Loch ist wahrscheinlich während der Fahrt kontinuierlich Wasser in den Tank gelangt, bis der Treibstoff so verdünnt war, dass der Motor nicht mehr zündete. „Und? Irgendeine Ahnung, woran es liegen könnte?“, fragte Faßmann, der sich inzwischen wieder etwas gefangen hatte.
„Ich fürchte ja.“
„Und?“
Von Berg schilderte Faßmann seine Vermutung, die so einleuchtend war und auch zu dem sich kein bisschen verändernden Füllstand des Tanks passte, dass auch er sofort erkannte, die Ursache für den Ausfall des Motors konnte nur das eingedrungene Meerwasser sein. „Was machen wir denn jetzt bloß?“, fragte Faßmann, dem man ansah, dass sein Nervenkleid auf’s äußerste angespannt war.
„Jetzt können wir nur warten und hoffen, dass rechtzeitig ein Schiff vorbeikommt, das uns aufnimmt.“
„Und wenn kein Schiff vorbeikommt?“
„Es wird eins vorbeikommen. Das ist ein viel befahrenes Gewässer.“
„Und wann wird das sein, denkst du?“
„Vielleicht gleich heute oder auch erst morgen. Das kann man nicht so genau wissen. Wir können jetzt nur abwarten.“
„Na, dann warten wir’s eben einfach mal ab!“, erwiderte Faßmann mit verzweifelter Ironie.
Von Berg wusste, dass ihnen deutlich weniger Zeit blieb, als Faßmann ahnte. Auf dem Meer in praller Sonne könnten sie kaum länger als drei bis höchstens vier Tage überleben und von Berg wusste, wie unwahrscheinlich es war, dass rechtzeitig ein Schiff nahe genug an ihnen vorbeifahren würde, sodass sie sich auf dem winzigen Jetski bemerkbar machen können.
Die beiden saßen stundenlang ohne ein Wort auf dem kleinen Wasserfahrzeug und starrten in die grenzenlose Weite, die sie umgab. Faßmann erinnerte sich an einen Zeitungsartikel, den er vor längerer Zeit gelesen hatte, in dem es um das Verhalten von Flugzeugpassagieren ging, nachdem ihnen der Kapitän eröffnete, dass sie abstürzen werden. Entgegen dem, was man allgemein vermuten sollte, bricht in dem Flugzeug kein panischer Tumult aus, sondern fast alle bleiben auffällig ruhig sitzen. Nicht wenige schreiben auf die Kotztüte oder was sie sonst schnell in die Finger bekommen ihr Testament und letzte Worte an ihre Lieben. Faßmann fühlt sich in einer ähnlichen Situation und war erstaunt, an sich keine Panik zu verspüren, sondern eher tief in Gedanken versunken zu sein an die besonderen Ereignisse, die sein bisheriges Leben geprägt hatten.
Plötzlich stand von Berg auf und bat Faßmann, ebenfalls aufzustehen. Als beide standen, klappte von Berg die Sitzbank zur Seite und nahm aus dem Fach darunter zwei der alten Handtücher. „Die legen wir uns über den Kopf und die Schultern“, sagte von Berg, während er eines Faßmann reichte, der sofort erkannte, dass das angesichts der inzwischen sengenden Sonne eine sehr gute Idee war. Dann durchsuchte von Berg die Mineralwasserflaschen und fand eine, die noch zu einem reichlichen Drittel gefüllt war. Er platzierte sie sorgsam gesichert aufrecht, nachdem er sich vom festen Sitz des Verschlusses überzeugt hatte. Faßmann erkannte sofort den potentiellen Wert des Fundes, auch wenngleich es in ihm weiteres Unbehagen auslöste. Beide setzten sich wieder hin und legten sich die Handtücher über Kopf und Schultern, die muffig und nach altem Motoröl rochen.
Faßmann verlor jedes Zeitgefühl. Als die Sonne ihren Zenit schon weit überschritten hatte und begann, sich wieder dem Horizont zuzuneigen, fragte Faßmann nach der Uhrzeit.
„Kurz nach vier.“
„Der Tag ist fast vorbei und in deinem viel befahrenen Gewässer war noch kein einziges Schiff zu sehen.“
„Das steigert nur die Wahrscheinlichkeit, dass bald eins vorbeikommen wird.“
„Ich hoffe, du hast recht. Kann ich mal einen Schluck aus der Wasserflasche haben?“
„Klar“, erwiderte von Berg. Sie erhoben sich, von Berg holte die Flasche aus dem Fach unter dem Sitz hervor und reichte sie Faßmann, der einige kleine Schlucke nahm und darauf achtete, nicht mehr als die Hälfte dessen zu trinken, was sie noch beinhaltete. Er gab sie von Berg zurück, der einen Blick auf ihren Füllstand warf und sie Faßmann noch mal reichte.
„Nimm noch einen Schluck.“
„Die andere Hälfte ist für dich.“
„Ja, die andere Hälfte“, sagte von Berg und hielt Faßmann die Flasche weiter entgegen. Faßmann nahm noch einen kleinen Schluck und gab die Flasche von Berg zurück. Dann setzte von Berg an und trank den Rest der Flasche in einem Zug aus. Danach stand er unvermittelt auf, öffnete seine Hose und pinkelte in die leere Flasche. Überrascht und auch ein wenig angewidert fragte Faßmann: „Was willst du mit der Urinprobe?“
„Nur für den schlimmsten Fall. Habe ich bei der Legion gelernt.“
Faßmann wurde klar, dass auch von Berg nicht unbedingt davon ausging, dass so bald ein Schiff vorbeikommen würde.
Inzwischen stand die Sonne tief und beide richteten sich gedanklich mehr und mehr darauf ein, eine weitere Nacht auf dem offenen Ozean zu verbringen. Doch plötzlich sprang Faßmann auf.
„Wilhelm, schau mal da! Das ist doch ein Schiff?“
„Ja, das ist eins! Versuch’ nochmal, den Motor zu starten.“ Faßmann betätigte den Anlasser, doch er gab mit seinen immer schwächer werdenden Umdrehungen nur einmal mehr die starke Erschöpfung der Batterie wieder. Dann standen beide auf, winkten mit den Armen in Richtung des Schiffes und schrien, so laut sie konnten, um Hilfe. Als sie merkten, dass das zwecklos war, sagte von Berg: „Los, wir versuchen in die Nähe zu paddeln“. Er kniete sich halbseitig auf das Trittbrett, das andere Bein ausgestreckt auf der Sitzbank, um mit der Hand so gut es geht durch das Wasser zu kraulen. Ohne einen Moment zu zögern, tat Faßmann das Gleiche. Und es schien, dass sie sich dem Schiff tatsächlich etwas nähern konnten. Beide mobilisierten ihre letzten Kräfte und wühlten sich so schnell und so kräftig sie konnten durch das Wasser. Als sie genau auf der Höhe des kreuzenden Schiffes waren, standen sie wieder auf und schrien, was ihre Stimmbänder hergaben, um Hilfe. Sie waren dem riesigen Containerschiff inzwischen so nahe, dass sie jedes Detail an Deck erkennen konnten. Das einzige, das nicht auszumachen war, war ein Mensch, der sie hätte sehen können. So beschlossen sie, sich wieder hinzuknien und noch weiter an der Schiff heran zu paddeln. Immer wieder suchten sie das Deck ab in der Hoffnung, einen Menschen darauf zu erblicken. Da sprang Faßmann plötzlich auf. „Ich habe jemanden gesehen – auf der Brücke“, rief er. Auch von Berg stand auf und beide schrien erneut aus Leibeskräften um Hilfe, während sie der Backbordseite der Brücke zuwinkten. Doch dann sahen sie, wie der Mann in einem kurzärmeligen weißen Hemd sich wieder langsam abwendete und wegging. Verzweifelt paddelten sie weiter in Richtung des Ozeanriesen, der seine Fahrt indes unvermindert fortsetzte. Inzwischen waren sie dem Schiff so nahe gekommen, dass Sie steil hinauf sahen. Wieder und wieder riefen Sie um Hilfe, doch niemand hörte oder sah sie, während das Schiff unerbittlich seine Fahrt fortsetzte. „Schnell, wir müssen wieder ein Stück von dem Schiff weg paddeln“, sagte von Berg mit inzwischen leicht heiserer Stimme.
„Wieso denn das?“
„Wir kommen dem Heck gefährlich nahe und wenn wir zu dicht dran sind, reißt uns der Schraubenstrudel mit.“
Von Berg ging wieder in die Knie und fing an, entgegengesetzt zu paddeln. Faßmann schaufelte mit seinem linken Arm in die andere Richtung durch das Wasser, um den Jetski zu wenden. So sehr die beiden dann auch ruderten, sie gewannen nicht schnell genug den nötigen Abstand. Auf der Höhe des Hecks bauten sich plötzlich für den kleinen Jetski riesige Wellen auf, die ihn wie ein Stück Treibholz anhoben und kurz darauf wieder in die Tiefe stürzen ließen. Beide hatten Mühe, sich auf der Sitzbank zu halten. Als sich der Jetski längsseits zur Fahrtrichtung des Schiffes drehte und von der nächsten Welle erfasst wurde, kenterte er, drehte sich um 180° und begrub Faßmann und von Berg unter sich. Es ging so schnell, dass keine Zeit blieb, bewusst tief einzuatmen. So blieb ihnen kaum mehr als eine Minute, um unter dem Jetski hinweg- und wieder aufzutauchen. Zuerst gelang es von Berg wieder an die Wasseroberfläche zu kommen. Sofort sah er sich nach Faßmann um, konnte ihn aber nicht finden. Er wusste, spätestens nach einer weiteren Minute würde Faßmann unwillkürlich dem Atemreflex nachgeben. Dann würde sich seine Lunge schlagartig mit Wasser füllen und er würde das Bewusstsein verlieren. Wenig später wäre er tot. Er holte tief Luft und tauchte wieder ab. Von Faßmann war weiterhin nichts zu sehen. Er schwamm wieder an die Oberfläche und sog so viel Luft ein, wie er nur konnte. Als er erneut abtauchte, fand er Faßmann einige Meter unter sich, wie er leblos in die Tiefe sank. Mit aller Kraft schwamm er zu ihm hinab, griff ihm unter die Arme und versuchte, mit seinen Beinen so schnell wie möglich an die Oberfläche zu schwimmen, wobei er zunehmend gegen das Brennen in seinen Schenkeln und den Körperreflex ankämpfte, den Mund zu öffnen, um einzuatmen. Im allerletzten Moment durchstieß er mit dem leblosen Körper Faßmanns die Wasseroberfläche, riss den Mund auf und stieß die längst verbrauchte Luft aus seiner Lunge, um sie sofort darauf mit einem tiefen Atemzug wieder zu füllen. Er wusste, dass es nach wie vor um Sekunden ging. Er zerrte mit schwindenden Kräften Faßmanns Körper auf die aus dem Wasser ragende Unterseite des Jetski. Zunächst war er froh, bei Faßmann noch einen, wenn auch schwachen Pulsschlag zu spüren. Deutlich beunruhigender war, dass er keine Atmung mehr feststellen konnte. Sofort begann er mit der Mund-zu-Mund-Beatmungen, wie er sie bei der Fremdenlegion nicht nur einmal schon anwenden musste. Plötzlich bäumte sich Faßmann krümmend auf und spie hustend Wasser aus. Von Berg half ihm, sich aufzusetzen, während er weiter wie wild hustete und fast gleichzeitig nach Luft schnappte. Als sich Faßmann halbwegs stabilisiert hatte und wieder zu sich kam, ließ sich von Berg auf die Unterseite des Jetski sinken. Völlig erschöpft auf seine Unterarme gestützt und ebenso tief nach Luft schnappend sah er Faßmann an. „Ich hab’ jetzt was gut bei dir“, sagte er zwischen zwei schnellen Atemzügen. Faßmann blickte von Berg nur an. Aus seinen Augen aber sprach unendliche Dankbarkeit. Von Berg hatte ihm gerade das Leben gerettet, wobei er beinahe seines verloren hätte.
„Wir müssen den Jetski wieder umdrehen“, sagte von Berg, als er spürte, seine Muskulatur wieder etwas beanspruchen zu können.
„Schaffst du es, für ein paar Minuten nochmal ins Wasser zu gehen?“
„Ja, klar“, erwiderte Faßmann, obwohl er sich tatsächlich alles andere als sicher war, dazu schon wieder in der Lage zu sein. Faßmann rutschte vom Rücken des Jetski und versuchte, sich so kräftesparend wie möglich über Wasser zu halten. Von Berg stellte sich mit den Zehenspitzen seitlich auf den Stoßfänger, der aus dem Wasser ragte und fing an, den Jetski aufschaukeln. Dann beugte er sich über das Gefährt und packte den Stoßfänger auf der gegenüberliegenden Seite und zog daran, während er sich ins Wasser fallen ließ, wodurch sich der Jetski tatsächlich wieder aufrichtete. Faßmann war schwer beeindruckt von dem, was er da sah. Von Berg stieg wieder auf und rief: „Los komm’, bevor dich die Haie noch in ihre Menüfolge aufnehmen“. Faßmann machte mit Mühe ein paar Schwimmzüge und ergriff von Bergs Hand, die ihn hinaufzog. Als beide wieder auf dem Jetski saßen, fiel alle Anspannung von ihnen ab und sie kamen für einen Moment zu einer erlösenden Ruhe. Inzwischen stand die Sonne nur noch knapp über dem Horizont und legte einen orange-rot glitzernden Streifen über die Wasseroberfläche. Faßmann dachte an die traumhaften Sonnenuntergänge, die er mit seiner Frau in Camps Bay erlebt hat, einem kleinen malerischen Küstenort in der Nähe von Kapstadt. Einmal haben sie sich nach dem Essen mit einer Flasche Wein einfach in den Sand gesetzt und eng umschlungen zugesehen, wie die Sonne langsam im Atlantik versank. Plötzlich überkam ihn eine schreckliche Sehnsucht nach Anja, die sich wie ein bleierner Druckschmerz auf der Brust anfühlte.
„Diesmal wechseln wir uns mit der Nachtwache aber ab“, sagte von Berg bestimmt und riss Faßmann aus seinen Gedanken.
„Ja, natürlich.“
„Dann gehe ich jetzt mal in den Ruhezustand“, sagte von Berg und legte seinen Kopf in die verschränkten Arme, mit denen er die Lenkstange des Jetski bedeckte, ganz so wie die Nacht zuvor Faßmann. Diesmal blieb Faßmann die ganze Nacht wach und dachte sich, dass das das Mindeste ist, was er gerade für von Berg tun könne.
Als der nächste Tag anbrach, hatte sich das Wetter verschlechtert und der Himmel war wolkenverhangen. Faßmann quälte zunehmend ein brennender Durst und er dachte an von Bergs Urinprobe, die jedoch verloren ging, als der Jetski umkippte. Es fühlte sich an, als würde die Zeit immer langsamer vergehen, wie ein zähflüssiger Lavastrom, der im Begriff ist, zu erkalten. Beiden war unausgesprochen klar, dass sie bald elendig verdursten und als Aas von den Haien verspeist werden würden, wenn nicht bald ein Schiff auftaucht, dem sie sich auch bemerkbar machen können. Die Hoffnung auf Rettung schwand zunehmend dahin, je weiter auch dieser Tag sich seinem Ende zuneigte und sich die Dämmerung ankündigte. Doch da tauchte in der Ferne erneut ein Schiff auf, das diesmal zuerst von Berg entdeckte.
„Da hinten kommt ein Schiff!“
Faßmann riss den Kopf herum, richtete sich auf und rief: „Wo?“ Von Berg zeigte in die Richtung des Schiffes. „Tatsächlich“, rief Faßmann aus. In ihm brannte die Hoffnung wieder auf, dass sie vielleicht doch noch gerettet werden. „Lass uns hin paddeln“, sagte er zu von Berg und strahlte wie jemand, der gerade erfahren hat, dass sich sein Arzt bei der Diagnose einer tödlichen Krankheit geirrt hat.