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Drizzt Do'Urden und Cattie-brie geraten an Bord der Seekobold in größte Gefahr, als ein Doppelgänger, ein rätselhaftes Poem und eine falsch buchstabierte Zauberformel sie zur Rückkehr zwingen. Auf dem von Piraten überfüllten Weg zwischen der Küste der Schwerter und dem Schneeflockengebirge schmieden der Dunkelelf und seine Freunde Bündnisse gegen ein Heer von Feinden, die nicht nur den abtrünnigen Drow Drizzt Do'Urden selbst vernichten wollen...
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Seitenzahl: 535
R. A. Salvatore wurde 1959 in Massachusetts geboren. Bereits sein erster Roman »Der gesprungene Kristall« machte ihn bekannt und legte den Grundstein zu seinen weltweit beliebten Romanen aus den Vergessenen Welten um den Dunkelelf »Drizzt Do’Urden«.
Von R. A. Salvatore bereits erschienen:
Die Vergessenen Welten:
DIE VERGESSENEN WELTEN 1-6: 1. Der gesprungene Kristall (24549), 2. Die verschlungenen Pfade (24550), 3. Die silbernen Ströme (24551), 4. Das Tal der Dunkelheit (24552), 5. Der magische Stein (24553), 6. Der ewige Traum (24554)
DIE SAGA VOM DUNKELELF: 1. Der dritte Sohn (24562), 2. Im Reich der Spinne (24564), 3. Der Wächter im Dunkel (24565), 4. Im Zeichen des Panthers (24566), 5. In Acht und Bann (24567), 6. Der Hüter des Waldes (24568)
DAS LIED VON DENEIR: 1. Das Elixier der Wünsche (24703), 2. Die Schatten von Shilmista (24704), 3. Die Masken der Nacht (24705), 4. Die Festung des Zwielichts (24735), 5. Der Fluch des Alchemisten (24736)
DIE VERGESSENEN WELTEN, WEITERE BÄNDE: 1. Das Vermächtnis (24663) [= 7. Band], 2. Nacht ohne Sterne (24664) [= 8. Band], 3. Brüder des Dunkels (24706) [= 9. Band], 4. Die Küste der Schwerter (24741) [= 10. Band], 5. Kristall der Finsternis (24931) [= 11. Band], 6. Schattenzeit (24973) [= 12. Band], 7. Der schwarze Zauber (24168) [= 13. Band], 8. Die Rückkehr der Hoffnung (24227) [= 14. Band], 9. Der Hexenkönig (24402) [= 15. Band], 10. Die Drachen der Blutsteinlande (24458) [= 16. Band]
DIE RÜCKKEHR DES DUNKELELF: 1. Die Invasion der Orks (24284), 2. Kampf der Kreaturen (24299), 3. Die zwei Schwerter (24369)
Drachenwelt:
DIE DRACHENWELT-SAGA: Der Speer des Kriegers/Der Dolch des Drachen/ Die Rückkehr des Drachenjägers. Drei Romane in einem Band! (24314)
Dämonendämmerung:
Der dunkle Mönch. Die Vorgeschichte von Dämonendämmerung (24327)
DÄMONENDÄMMERUNG: 1. Nachtvogel (24892), 2. Juwelen des Himmels (24893), 3. Das verwunschene Tal (24905), 4. Straße der Schatten (24906), 5. Der steinerne Arm (24936), 6. Abtei im Zwielicht (24937), 7. Der ewige Fluch (24988), 8. Das brennende Herz (24989)
SCHATTENELF: 1. Der dunkle Sohn (24990), 2. Das Turnier (24994), 3. Der Herr der Flammen (24995), 4. Feuerzauber (24996), 5. Die Unterwerfung (24136), 6. Der letzte Kampf (24137)
STAR WARS von R. A. Salvatore:
STAR WARS: Episode II. Angriff der Klonkrieger (35761), Das Erbe der Jedi-Ritter 1. Die Abtrünnigen (35414)
Weitere Bände sind in Vorbereitung.
Sie war sehr schön, wohlgeformt und hellhäutig, und ihr dichtes, glänzendes Haar fiel ihr bis weit über den nackten Rücken. Sie bot ihre Reize offen und kühn dar, und eine sanfte Berührung verhieß noch mehr. So sanft. Kleine, streichelnde Energieblitze kitzelten sein Kinn, seinen Kiefer, seinen Hals.
Jeder Muskel seines Körpers spannte sich, und er kämpfte um die Kontrolle, kämpfte mit jedem Fetzen Willenskraft, der ihm nach so vielen Jahren noch verblieben war, gegen die Verführerin an.
Er wußte nicht, warum er überhaupt noch Widerstand leistete, erinnerte sich nicht mehr bewußt, welche Verheißungen der anderen Welt, der wirklichen Welt, seinen Starrsinn speisten. Was hatte »falsch« und »richtig« an diesem Ort zu bedeuten? Was mochte der Preis für diesen Genuß sein?
Was hatte er noch zu geben?
Die sanfte Berührung hielt an, besänftigte seine bebenden Muskeln, erzeugte Gänsehaut, wo immer ihre Finger entlangstreichelten. Sie griff nach ihm. Befahl ihm aufzugeben.
Aufgeben.
Er spürte, wie seine Willenskraft verebbte, lag im Widerstreit mit seinem eigenen Starrsinn. Es gab keinen Grund, sich zu wehren. Er hätte weiche Decken und eine bequeme Matratze haben können; der Geruch – dieser Gestank, der so furchtbar war, daß er sich selbst nach Jahren noch nicht daran hatte gewöhnen können – würde verschwinden. Sie konnte das mit ihrer Magie bewirken. Sie hatte es ihm versprochen.
Er fiel schnell, schloß die Augen halb und spürte weiterhin die Berührung, spürte sie deutlicher als vorher.
Er hörte sie fauchen. Es war ein wildes, raubtierhaftes Geräusch.
Jetzt sah er an ihr vorbei. Sie befanden sich am Rand eines Felsgrates, einem der zahllosen Grate auf dem zerklüfteten, hügeligen Untergrund, der bebte, als wäre er ein lebendes Wesen, das ihn auslachte, ihn verspottete. Sie waren hoch oben. Das wußte er. Die Kluft hinter dem Felsgrat war breit, aber er konnte nur ein paar Fuß über den Rand hinaus sehen. Die Landschaft war durch einen wirbelnden Mantel aus Rauch verhüllt.
Der Abgrund.
Jetzt war es an ihm zu knurren, ein Laut, der nicht raubtierhaft war, nicht urtümlich, sondern aus dem Verstand, aus Moral geboren, aus jenem winzigen Funken, der noch von dem verblieben war, was er einmal gewesen war. Er packte ihre Hand und schob sie von sich, bog sie fort und verdrehte sie. Die Stärke, mit der sie ihm Widerstand leistete, bestätigte seine Erinnerungen, denn sie war übernatürlich, war viel kräftiger, als ihre zierliche Gestalt zulassen würde.
Aber dennoch war er stärker, und er schob ihre Hand fort, drehte sie herum und starrte die Frau an.
Ihr volles Haar war ein wenig zerzaust, und eines ihrer winzigen weißen Hörner ragte daraus hervor.
»Tu es nicht, Geliebter«, schnurrte sie. Die Macht ihrer Bitte zerbrach ihn beinahe. Genau wie ihre Körperkraft, hatte ihre Stimme mehr Gewicht, als zu erwarten war. Ihre Stimme war ein Ausdruck des Betrugs, der ultimativen Lüge, die dieser Ort darstellte.
Ein Schrei löste sich von seinen Lippen, und er schob sie mit aller Kraft von sich, stieß sie von der Felskante.
Riesige, fledermausartige Flügel entfalteten sich, und der Succubus schwebte in der Luft. Sie lachte ihn aus, und ihr geöffneter Mund enthüllte schreckliche Reißzähne, die sich in seinen Hals gebohrt hätten. Sie lachte, und er wußte, daß er trotz seines Widerstandes nicht gesiegt hatte, daß er niemals gewinnen würde. Diesmal hätte sie ihn beinahe gebrochen, war ihrem Ziel nähergekommen als zuvor, und beim nächsten Mal würde sie es vielleicht erreichen. Und so lachte sie ihn aus, verspottete ihn. So wie sie ihn immer verspottete!
Ihm war klar, daß es eine Prüfung gewesen war, daß es immer eine Prüfung war. Er wußte, wer dies ersonnen hatte, und war nicht überrascht, als die Peitsche ins Fleisch seines Rückens schnitt und ihn zu Boden warf. Er versuchte, in Deckung zu gehen, spürte, wie sich gewaltige Hitze um ihn herum aufbaute, und wußte, daß es kein Entrinnen gab.
Ein zweiter Hieb ließ ihn zum Felskamm kriechen. Dann kam der dritte Schlag, und er packte die Kante, schrie und zog sich hinüber. Er wollte in die Kluft stürzen, wollte sich auf den Felsen zerschmettern. Er war entschlossen zu sterben.
Errtu, der große Balor, eine zwölf Fuß große Gestalt, die nur aus qualmenden roten Schuppen und knotigen Muskelsträngen zu bestehen schien, schlenderte zum Felsrand und blickte hinüber. Mit Augen, die seit Anbeginn der Zeiten die Nebel des Abgrundes durchdrungen hatten, suchte Errtu nach der fallenden Gestalt und griff dann nach ihr.
Er fiel langsamer. Dann fiel er überhaupt nicht mehr. Er stieg langsam auf, gefangen in einem telekinetischen Netz, das von seinem Herrn eingeholt wurde. Die Peitsche wartete auf ihn, und der nächste Hieb ließ ihn in gnädiger Weise in die Bewußtlosigkeit taumeln.
Errtu holte die Peitschenschnüre nicht wieder ein. Der Balor benutzte abermals telekinetische Energie, um sie um sein Opfer zu wickeln, ihn zu binden. Errtu sah zu dem hysterischen Succubus hinüber und nickte. Sie hatte ihre Sache heute gut gemacht.
Beim Anblick der bewußtlosen Gestalt lief ihr Geifer über die Unterlippe. Sie wollte ihr Festmahl haben. In ihren Augen war der Tisch gedeckt und wartete auf sie. Ein Schlag ihrer Flügel brachte sie wieder auf den Felsgrat hinab, und sie näherte sich vorsichtig.
Errtu ließ sie nahe herankommen, dann riß er leicht an seiner Peitsche. Sein Opfer zuckte über den Boden, vorbei an den ständig lodernden Flammen des Balors. Errtu trat einen Schritt zur Seite und schob seinen massigen Leib zwischen das Opfer und den Succubus.
»Ich muß«, heulte sie und wagte, halb gehend und halb fliegend näher zu kommen. Ihre täuschend zarten Hände streckten sich aus und krallten in die rauchige Luft. Sie zitterte und keuchte.
Errtu trat beiseite. Sie schob sich stückweise näher.
Der Balor spielte mit ihr, das wußte sie, aber sie konnte nicht widerstehen, nicht mit diesem hilflosen Opfer vor Augen. Sie winselte, denn sie wußte, daß sie bestraft werden würde, aber sie konnte nicht aufhören.
In einem kleinen Bogen ging sie an dem Balor vorbei. Sie winselte erneut, während ihre Füße nach festem Halt tasteten, so daß sie sich auf das Opfer stürzen konnte und zumindest von ihm kosten konnte, bevor Errtu es ihr entzog.
Errtus Arm schoß hervor und hielt ein Schwert, das aus Blitzen geschmiedet war. Er hob es hoch empor, stieß einen Befehl aus, und der Boden erbebte wie von einem Donnerschlag.
Der Succubus wartete nicht, sondern eilte davon. Er rannte zur Kante und sprang in die Luft, dabei ununterbrochen laut kreischend. Errtus Blitz traf die Kreatur in den Rücken und riß sie herum. Sie war bereits tief unterhalb der Felskante, als sie endlich die Kontrolle zurückgewann.
Oben auf dem Felsgrat schenkte Errtu ihr keine Beachtung mehr. Der Balor dachte an seinen Gefangenen, immer nur an seinen Gefangenen. Er genoß es, das Häufchen Elend zu quälen, aber er durfte ihn nicht vernichten, durfte ihn nicht vollständig brechen, sonst würde er seinen Wert als Opfer verlieren. Es war nur ein einzelnes Wesen, und gemessen an dem Versprechen, wieder frei auf der materiellen Ebene wandeln zu dürfen, schien dies kein übermäßiger Preis zu sein.
Nur Drizzt Do’Urden, der abtrünnige Dunkelelf, derjenige, der Errtu für hundert Jahre in den Abgrund verbannt hatte, konnte ihm diese Freiheit gewähren. Errtu war sicher, daß der Drow dies im Austausch für das armselige Wesen tun würde.
Errtu wandte seinen gehörnten, affenartigen Kopf und blickte über seine massige Schulter zurück. Die Feuer, die den Balor umgaben, loderten nur noch schwach, ähnlich wie auch Errtus Zorn. Geduld, ermahnte der Balor sich selbst. Der Armselige war kostbar und mußte gehegt werden.
Errtu wußte, daß die Zeit näher kam. Er würde mit Drizzt Do’Urden sprechen, bevor noch ein weiteres Jahr auf der materiellen Ebene verstrichen war. Errtu hatte Kontakt mit der Hexe aufgenommen, und sie würde seine Botschaft überbringen.
Dann würde der Balor, einer der wahren Tanar’ri, die zu den mächtigsten Bewohnern der tieferen Ebenen gehörten, wieder frei sein. Dann würde Errtu diese armselige Kreatur vernichten, er würde Drizzt Do’Urden vernichten und jedes Wesen, das den abtrünnigen Drow liebte.
Geduld.
Sechs Jahre. Nicht sehr lange für die Lebensspanne eines Drow, und dennoch, wenn ich die Monate, Wochen, Tage und Stunden zählte, kam es mir vor, als wäre ich bereits hundert Mal so lange fort von Mithril-Halle. Es war ein ganzes Leben, eine ganze Lebensweise weit entfernt. Mithril-Halle war nicht mehr als eine Stufe zu …
Wozu? Wohin?
Meine lebendigste Erinnerung an Mithril-Halle ist die an jenen Moment, als ich mit Catti-brie an meiner Seite von dort fortritt, wir über die Schulter zurücksahen und über die Rauchschwaden, die von Siedelstein aufstiegen, zu dem Berg Vierter Gipfel blickten. Mithril-Halle war Bruenors Königreich, Bruenors Heim, und Bruenor gehörte zu meinen liebsten Freunden. Aber es war nicht mein Heim, war es nie gewesen.
Ich konnte es damals nicht erklären und kann es auch jetzt noch nicht. Nach der Abwehr der Invasionsarmee der Drow hätte alles gut sein müssen. Mithril-Halle war mit allen benachbarten Königreichen in Freundschaft und Handel verbunden, es war Teil einer Gemeinschaft von Königreichen, die über die Macht verfügten, ihre Grenzen zu schützen und ihre Bürger zu ernähren.
Aber dennoch war Mithril-Halle nicht mein Zuhause, weder meines noch das von Catti-brie. Und so waren wir fortgezogen und ritten nach Westen zur Küste und nach Tiefwasser.
Ich habe nie mit Catti-brie über ihre Entscheidung gestritten, Mithril-Halle zu verlassen – obgleich sie das sicher von mir erwartete. Wir empfanden dasselbe. Wir hatten beide niemals wirklich unsere Herzen an den Ort gehängt; wir waren zu beschäftigt damit gewesen, unsere Feinde zu besiegen, die Zwergenminen wieder zu öffnen, nach Menzoberranzan zu reisen und schließlich die Dunkelelfen zu bekämpfen, die gegen Mithril-Halle gezogen waren. Nachdem dies alles vorbei war, schien es an der Zeit zu sein, zur Ruhe zu kommen, sich niederzulassen und Geschichten von unseren Taten zu erzählen und auszuschmücken. Wäre Mithril-Halle schon vor diesen Kämpfen unser Heim gewesen, so wären wir auch geblieben. Nach den Kämpfen, nach den Verlusten, war es sowohl für Catti-brie als auch für Drizzt Do’Urden zu spät. Mithril-Halle war Bruenors Heim, nicht das unsere. Es war ein vom Krieg gezeichneter Ort, an dem ich erneut dem Vermächtnis meiner dunklen Herkunft hatte gegenübertreten müssen. Es war der Anfang der Straße, die mich zurück nach Menzoberranzan geführt hatte.
Es war der Ort, an dem Wulfgar gestorben war.
Catti-brie und ich hatten geschworen, eines Tages dorthin zurückzukehren, und das würden wir auch tun, denn Bruenor war dort und Regis ebenfalls. Aber Catti-brie hatte die Wahrheit erkannt. Man würde den Gestank des Blutes niemals aus den Steinen herauswaschen können. Wir waren dabeigewesen, als das Blut vergossen worden war, und dieser Geruch würde Bilder in uns wecken, die zu schmerzlich waren, als daß wir damit hätten leben können.
Sechs Jahre, und ich habe Bruenor und Regis vermißt und Stumpet Reißklaue und sogar Berkthgar den Tapferen, der über Siedelstein herrscht. Ich habe meine Reisen in das faszinierende Silbrigmond vermißt und den Anblick des Tagesanbruchs, wie er sich von einem der vielen Felskämme von Vierter Gipfel bietet. Ich befahre jetzt die Wellen entlang der Schwertküste, den Wind und die Gischt im Gesicht. Meine Höhlendecke sind die vorbeiziehenden Wolken und ein Baldachin aus Sternen; mein Fußboden sind die knarrenden Planken eines schnellen, sturmerprobten Schiffes, und hinter diesem erstreckt sich die azurene Weite, die flach und still daliegt, die wogt und rollt, unter dem Regen prasselt und unter dem Aufprall eines hindurchbrechenden Wales explodiert.
Ist dies mein Heim? Ich weiß es nicht. Eine weitere Stufe, nehme ich an, aber ich kann nicht sagen, ob es wirklich eine Straße, eine Treppe gibt, die mich zu einem Ort führen wird, den ich Heim nennen kann.
Und ich denke auch nicht oft darüber nach, denn ich habe erkannt, daß es mich nicht kümmert. Wenn diese Straße, diese Treppe, nirgendwohin führt, so sei es. Ich gehe diesen Weg mit Freunden, und bei ihnen habe ich mein Zuhause.
Drizzt Do’Urden
Drizzt Do’Urden stand ganz am Ende des Bugspriets, so weit vorne, wie er nur konnte, und hatte mit einer Hand fest das Haltetau des Außenklüvers gepackt. Das Schiff war ein schnittiger Renner, dessen Ballast und Gleichgewicht perfekt ausgeglichen waren und dessen Mannschaft zu den besten zählte. Aber die See war an diesem Tag rauh, und die Seekobold schnitt mit vollen Segeln durch die Wogen und hinterließ eine hochspritzende Gischtspur.
Drizzt kümmerte das nicht. Er liebte das Gefühl von Gischt und Wind, den Geruch des Salzwassers. Das war Freiheit: über das Wasser zu gleiten, durch die Wogenkämme zu schneiden, beinahe zu fliegen. Drizzts volles weißes Haar flatterte in der Brise, wogte hinter ihm wie sein grüner Mantel und trocknete fast so schnell, wie das Wasser es benetzte. Flecken aus getrocknetem Salz konnten den Schimmer seiner ebenholzfarbenen Haut nicht verringern, die vor Feuchtigkeit glitzerte. Seine violetten Augen funkelten vor Freude, als er zum Horizont blickte und kurz die Segel des Schiffes ausmachen konnte, das sie verfolgten.
Das sie verfolgten und einholen würden, denn es gab kein Schiff nördlich von Baldurs Tor, das Kapitän Deudermonts Seekobold davonsegeln konnte. Sie war ein dreimastiger Schoner neuer Bauart, leicht, schmal gebaut und mit viel Segelfläche. Die Karavelle mit den Rah-Segeln, die sie jagten, war ihnen auf gerader Linie etwa ebenbürtig, aber sobald das klobigere Gefährt auch nur leicht den Kurs änderte, konnte die Seekobold sofort ein Stück aufholen. Und sie holte beständig auf.
Zu diesem Zweck war sie geschaffen worden. Erbaut von den besten Ingenieuren und Zauberern von Tiefwasser, finanziert von den Fürsten der Stadt, war der Schoner ein Piratenjäger. Drizzt war ganz begeistert gewesen, als er von dem Glück erfuhr, das sein alter Freund Deudermont gehabt hatte. Mit Deudermont war er einst, als der Meuchelmörder Artemis Entreri Regis den Halbling entführt hatte, den ganzen Weg von Tiefwasser nach Calimshan gesegelt. Jene Reise, insbesondere der Kampf in Asavirs Kanal gegen drei Piratenschiffe, den Kapitän Deudermont – mit der nicht unbeträchtlichen Hilfe von Drizzt und seinen Gefährten – gewonnen hatte, hatte an der gesamten Schwertküste die Aufmerksamkeit von Seeleuten und Händlern erregt, und daher hatten die Herren von Tiefwasser diesen Schoner Deudermont angeboten. Der Kapitän liebte seinen kleinen Zweimaster, die ursprüngliche Seekobold, aber kein Seemann hätte dieser neuen Schönheit widerstehen können. Deudermont war in den Dienst von Tiefwasser getreten, und man hatte ihm erlaubt, dem Schiff seinen Namen zu geben und seine Mannschaft selbst auszusuchen.
Drizzt und Catti-brie waren einige Zeit später in Tiefwasser eingetroffen. Als die Seekobold das nächste Mal in den großen Hafen einlief, hatte Deudermont gleich Platz für seine alten Freunde in der vierzig Mann starken Besatzung gemacht. Das war vor sechs Jahren und siebenundzwanzig Reisen gewesen. Für jene, die die Schiffahrtswege an der Schwertküste belauerten, war der Schoner zur Geißel geworden. Siebenunddreißig Siege, und das Schiff schwamm noch immer.
Jetzt war Nummer achtunddreißig in Sicht.
Die Karavelle hatte sie bemerkt, war aber zu weit weg, um die Flagge von Tiefwasser erkennen zu können. Das machte jedoch keinen großen Unterschied, denn kein anderes Schiff in der Region sah so aus wie die Seekobold und besaß drei Masten mit den vom Wind gewölbten, dreieckigen Lateinsegeln. Die Segel der Karavelle wurden gehißt, und die Jagd ging los.
Drizzt stand im Bug, einen Fuß auf den löwenköpfigen Rammsporn gestellt, und genoß jede einzelne Sekunde. Er spürte die rohe Kraft der See, die unter ihm wogte, spürte die Gischt und den Wind. Er hörte laute Musik, denn einige der Besatzungsmitglieder der Seekobold waren Spielleute, und immer wenn eine Jagd losging, nahmen sie ihre Instrumente und spielten aufputschende Lieder.
»Zweitausend!« rief Catti-brie aus dem Krähennest herab. Das war der Abstand, der noch einzuholen war. Sobald ihre Schätzung bei fünfhundert lag, würde sich die Mannschaft auf ihre Kampfstellungen begeben. Drei würden die große Ballista bedienen, die auf einem Drehzapfen auf dem Achterdeck der Seekobold montiert war. Zwei andere würden die kleineren drehbaren Armbrüste bemannen, die am Vorderteil der Brücke angebracht waren. Drizzt würde sich zu Deudermont am Steuer begeben und von dort aus den Nahkampf beaufsichtigen. Unwillkürlich legte er bei diesem Gedanken die Hand auf den Griff eines seiner Krummsäbel. Die Seekobold war aus der Ferne ein fürchterlicher Gegner. Sie verfügte über hervorragende Bogenschützen, eine geschickte Mannschaft an der Ballista, einen besonders bösartigen Zauberer, einen Beschwörer, der voller Feuerbälle und Blitze steckte, und natürlich Catti-brie mit ihrem tödlichen Bogen Taulmaril, dem Herzenssucher. Aber es war der Nahkampf, wenn Drizzt, seine Panther-Freundin Guenhwyvar und die anderen fähigen Kämpfer das andere Schiff enterten, bei dem die Seekobold wirklich tödlich wurde.
»Achtzehnhundert!« erscholl Catti-bries nächster Ruf. Drizzt nickte bei dieser Bestätigung ihrer Geschwindigkeit, obgleich sie erstaunlich schnell aufholten. Die Seekobold lief geschwinder als je zuvor. Drizzt mußte sich fragen, ob ihr Kiel überhaupt feucht wurde!
Der Drow fuhr mit einer Hand in seine Tasche, um nach der kleinen Statuette zu fühlen, die er verwendete, um den Panther von der Astralebene herbeizubeschwören, und fragte sich, ob er Guenhwyvar diesmal überhaupt rufen sollte. Sie war den Großteil der letzten Woche an Bord gewesen und hatte die Hunderte von Ratten gejagt, die die Nahrungsvorräte des Schiffes bedroht hatten, und jetzt war sie sicherlich erschöpft.
»Nur wenn ich dich brauchen sollte, meine Freundin«, flüsterte Drizzt. Die Seekobold schwenkte hart nach Steuerbord, und Drizzt mußte das Halteseil mit beiden Händen packen. Er gewann das Gleichgewicht wieder und hielt den Blick auf den Horizont gerichtet, wo das mit Rah-Segeln betakelte Schiff immer größer wurde. Drizzt fühlte tief in sich hinein und bereitete sich geistig auf den kommenden Kampf vor. Er nahm das Schäumen und Spritzen des Wassers in sich auf, die aufputschende Musik, die den Wind übertönte, und Catti-bries Rufe.
Fünfzehnhundert, tausend.
»Schwarzes Entermesser auf rotem Grund!« rief die junge Frau, als sie dank ihres Fernrohrs in der Lage war, das Wappen auf der flatternden Flagge der Karavelle auszumachen.
Drizzt kannte das Emblem nicht, aber das war ihm gleich. Die Karavelle war ein Piratenschiff, eines von vielen, die sich zu dicht an die Häfen von Tiefwasser gewagt hatten. Wie auf allen Handelsrouten, hatte es auch an der Schwertküste immer Piraten gegeben. Bis vor ein paar Jahren hatten sich diese jedoch verhältnismäßig gesittet aufgeführt und an gewisse Regeln gehalten. Als Deudermont in Asavirs Kanal den Piratenkapitän Pinochet besiegt hatte, hatte er den Seeräuber anschließend freigelassen. So verlangte es die unausgesprochene Übereinkunft.
Doch nun war die Lage anders. Die Piraten aus dem Norden waren immer kühner und bösartiger geworden. Schiffe wurden jetzt nicht mehr nur geplündert, sondern ihre Mannschaften wurden, insbesondere, wenn Frauen an Bord waren, gefoltert und ermordet. Viele Wracks waren in den Gewässern von Tiefwasser treibend gefunden worden. Die Piraten hatten eine Grenze übertreten.
Drizzt, Deudermont und die gesamte Besatzung der Seekobold wurden gut für ihre Arbeit bezahlt, doch bis zum letzten Mann und der letzten Frau (vielleicht mit Ausnahme des Zauberers Robillard) jagten sie die Piraten nicht des Geldes wegen.
Sie bekämpften sie, um die Opfer zu rächen.
»Fünfhundert!« rief Catti-brie.
Drizzt riß sich aus seiner Trance und schaute zur Karavelle. Er konnte jetzt Männer auf ihren Decks ausmachen, die wie eine Ameisenarmee hin und her liefen und sich auf den Kampf vorbereiteten. Die Mannschaft der Seekobold war in der Unterzahl. Wahrscheinlich würden sie es mit etwa doppelt so vielen Piraten zu tun haben, und die Karavelle war zudem schwer bewaffnet. Im Heck war ein recht großes Katapult aufgebaut, und wahrscheinlich befand sich darunter eine Ballista, die man durch eines der offenen Bullaugen abschießen konnte.
Der Drow nickte und wandte sich dem eigenen Deck zu. Die Armbrüste auf der Brücke und die Ballista waren bemannt. Ein Großteil der Männer hatte sich an der Reling aufgestellt und prüfte die Zugkraft ihrer Langbögen. Die Spielleute würden Musik machen, bis das Entern begann. Hoch über dem Deck konnte Drizzt Catti-brie sehen, die in der einen Hand Taulmaril hielt und in der anderen das Fernrohr. Er pfiff zu ihr hinauf, und sie winkte ihm kurz zu – ihre Erregung war offenkundig.
Wie könnte es auch anders sein? Die Jagd, der Wind, die Musik und das Wissen, daß sie auf der richtigen Seite standen. Mit einem breiten Lächeln rutschte der Drow den Bugspriet zurück, stieg über die Reling und gesellte sich dann zu Deudermont ans Steuerrad. Er bemerkte den Zauberer Robillard, der, wie immer mit gelangweilter Miene, auf der Kante des Achterdecks saß. In Abständen winkte er mit einer Hand in Richtung des Hauptmastes. Robillard trug einen riesigen Ring an dieser Hand, einen Reif aus Silber, der mit einem Diamanten besetzt war, und dessen Funkeln wurde nicht nur durch die Reflektion des Lichtes hervorgerufen. Bei jeder Geste des Zauberers setzte der Ring seine Magie frei und sandte einen Windstoß in die bereits bis zum Bersten gefüllten Segel. Drizzt hörte ein protestierendes Knarren vom Hauptmast her und erkannte jetzt den Grund für ihre ungewöhnliche Geschwindigkeit.
»Carrackus«, meinte Kapitän Deudermont, sobald der Drow neben ihm stand. »Schwarzes Entermesser auf rotem Grund.«
Drizzt sah ihn fragend an, er kannte den Namen nicht.
»Ist früher mit Pinochet gesegelt«, erklärte Deudermont. »War erster Maat auf dem Flaggschiff des Piraten. Er gehörte zu denen, gegen die wir in Asavirs Kanal gekämpft haben.«
»Ist er gefangen worden?« fragte Drizzt.
Deudermont schüttelte den Kopf. »Carrackus ist ein Scrag, ein Seetroll.«
»Ich kann mich nicht an ihn erinnern.«
»Er hat einen Hang dazu, sich rechtzeitig zu verdrücken«, erwiderte Deudermont. »Wahrscheinlich ist er über Bord gesprungen und ins Meer getaucht, sobald Wulfgar unser Schiff gedreht hatte, um sie zu rammen.«
Drizzt erinnerte sich an das damalige Geschehen, an den unglaublichen Zug, mit dem sein starker Freund die erste Seekobold fast auf der Stelle gewendet hatte, so daß sie direkt auf die erstaunten Piraten zugefahren war.
»Carrackus war jedenfalls dabei«, fuhr Deudermont fort. »Allen Berichten zufolge war er es, der Pinochets beschädigtes Schiff gerettet hat, als ich ihn vor Memnon treiben ließ.«
»Und ist der Seetroll noch immer mit Pinochet verbündet?« fragte Drizzt.
Deudermont nickte grimmig. Die Schlußfolgerung war offensichtlich. Pinochet konnte nicht persönlich gegen die lästige Seekobold kämpfen, da er im Gegenzug für seine Freiheit geschworen hatte, sich nicht an Deudermont zu rächen. Der Pirat verfügte jedoch über andere Möglichkeiten, es seinen Feinden heimzuzahlen. Er besaß viele Verbündete wie Carrackus, die nicht durch einen persönlichen Eid gebunden waren.
In diesem Augenblick wußte Drizzt, daß Guenhwyvar gebraucht werden würde, und er zog die feingeschnittene Figur aus der Tasche. Er sah den Kapitän prüfend an. Deudermont war groß und hielt sich aufrecht. Er war schlank, dabei aber muskulös, sein graues Haar und sein Bart waren sauber geschnitten. Er war ein eleganter Mann, seine Kleidung war tadellos und hätte genausogut zu einem großen Ball gepaßt wie hier auf offener See. Jetzt verrieten seine Augen, deren Färbung so hell war, daß sie vor allem die Farben seiner Umgebung reflektierten, wie angespannt er war. Viele Monate lang schon hatten sie Gerüchte vernommen, die besagten, daß die Piraten sich gegen die Seekobold organisierten. Die Bestätigung, daß die Karavelle vor ihnen mit Pinochet verbündet war, ließ in Deudermont die Gewißheit wachsen, daß dies hier keine zufällige Begegnung war.
Drizzt warf einen Blick zu Robillard, der sich jetzt auf ein Knie aufgerichtet, die Augen geschlossen und die Arme ausgestreckt hatte und tief in Meditation versunken war. Jetzt verstand der Drow, warum Deudermont mit einem so halsbrecherischen Tempo fuhr.
Einen Moment später stieg eine Nebelwand um die Seekobold auf, die den Blick auf die Karavelle verschleierte, die inzwischen nur noch knapp hundert Meter entfernt war. Ein lautes Platschen neben ihnen zeigte an, daß das Katapult mit seinem Beschuß begonnen hatte. Einen Augenblick später zuckte vor ihnen eine Feuerwand auf, die in einem zischenden Schwall aus Dampf verging, als die Seekobold und ihr Schutzwall aus Nebel hindurchfuhren.
»Sie haben einen Zauberer«, meinte Drizzt.
»Das überrascht mich nicht«, erwiderte Deudermont. Er blickte zu Robillard. »Beschränke dich auf Schutzmaßnahmen«, befahl er. »Wir können sie mit Ballista und Bögen kriegen! «
»Der Spaß gehört euch«, kam Robillards trockene Antwort.
Deudermont lächelte trotz seiner offensichtlichen Anspannung.
»Geschoß!« erklangen erst ein, dann mehrere Rufe von vorne. Deudermont riß instinktiv das Steuerrad herum. Die Seekobold legte sich so weit zur Seite, daß Drizzt schon befürchtete, sie würde umschlagen.
Im gleichen Augenblick hörte er rechts von sich einen Windstoß, als ein riesiger Ballista-Pfeil vorbeischoß, ein Tau zerfetzte, die Kante des Achterdecks direkt neben dem überraschten Robillard streifte, abprallte und ein kleines Loch in das Kreuzsegel riß – das Segel am Besanmast.
»Sichert das Tau!« befahl Deudermont ruhig.
Drizzt war bereits auf dem Weg dorthin, und er bewegte sich mit unglaublicher Geschwindigkeit. Er erwischte das zuckende Seil, band es schnell fest und trat dann an die Reling, als die Seekobold sich wieder aufrichtete. Er blickte zu der Karavelle hinüber, die sich jetzt etwa fünfzig Fuß entfernt an Steuerbord befand. Das Wasser zwischen den beiden Schiffen war aufgewühlt. Hohe Wellenkämme sprühten weiße Gischt in die Luft, wo sie vom Wind zu Nebel zerstäubt wurden.
Die Mannschaft der Karavelle verstand nicht, was vorging, und so schossen sie weiter Pfeilsalven auf das Schiff ab. Doch selbst die schwersten Armbrustbolzen wurden abgelenkt, sobald sie auf die Wand aus Wind trafen, die Robillard zwischen den Fahrzeugen errichtet hatte.
Die Bogenschützen der Seekobold, die diese Taktik kannten, schossen noch nicht. Catti-brie befand sich oberhalb der Wand aus Wind, genauso wie der Bogenschütze im Ausguck des gegnerischen Schiffes – ein häßlicher, sieben Fuß großer Gnoll mit einem Gesicht, das mehr an einen Hund als an einen Menschen erinnerte.
Die Kreatur schoß ihren schweren Pfeil zuerst ab. Es war ein guter Schuß, der sich nur wenige Zoll unterhalb von Catti-brie tief in den Hauptmast senkte. Der Gnoll duckte sich hinter die Holzwand seines eigenen Krähennests und legte einen neuen Pfeil auf.
Er fühlte sich anscheinend sicher, denn er kannte Taulmaril nicht.
Catti-brie nahm sich Zeit und zielte sorgfältig, während die Seekobold sich dem anderen Schiff weiter näherte.
Dreißig Meter.
Catti-bries Pfeil schoß los wie ein Blitz. Silbrige Funken umsprühten ihn, und er durchstieß den schwachen Schutz des anderen Krähennests, als wäre das Holz nicht stärker als ein Stück altes Pergament. Splitter und der unglückselige Ausguck wurden hoch durch die Luft geschleudert. Der todgeweihte Gnoll schrie auf und prallte vom Querbalken des Hauptmastes ab. Mit einem mächtigen Platschen stürzte er ins Wasser und wurde schnell von den dahinsausenden Schiffen zurückgelassen.
Catti-brie schoß erneut. Diesmal zielte sie nach unten auf die gegnerische Katapultmannschaft. Sie traf einen der Schützen, dem Aussehen nach ein halborkisches Scheusal, aber das Katapult schoß dennoch seine Ladung brennenden Pechs ab.
Die Schützen auf der Karavelle hatten die Geschwindigkeit der Seekobold nicht ausreichend berücksichtigt, und der Schoner sauste unter dem Pech durch und war schon lange fort, als es mit protestierendem Zischen auf dem Wasser aufschlug.
Deudermont brachte den Schoner längsseits der Karavelle, so daß die Schiffe nur knapp zwanzig Fuß voneinander entfernt waren. Plötzlich beruhigte sich das Wasser und wurde nicht mehr vom Wind aufgepeitscht. Die Bogenschützen der Seekobold ließen sofort ihre Pfeile fliegen, deren Spitzen mit brennendem Pech bedeckt waren.
Catti-brie schoß diesmal direkt auf das Katapult, und ihr verzauberter Pfeil riß einen tiefen Spalt in den Wurfarm der Maschine. Die tödliche Ballista der Seekobold schleuderte einen schweren Bolzen direkt in den Rumpf der Karavelle, wo er auf Meereshöhe einschlug.
Deudermont wirbelte das Steuerrad nach Backbord. Er war zufrieden mit der Breitseite und lenkte sein Schiff wieder vom Gegner weg. Weitere Geschosse, viele davon brennend, flogen noch hin und her, bis Robillard eine Wand aus schützendem Nebel hinter dem Heck der Seekobold errichtet hatte.
Der Zauberer der Karavelle schickte einen Blitz in diesen Nebel. Obwohl seine Energie ein wenig abgelenkt wurde, krachte er doch gegen die Seekobold, und der Ruck warf mehrere Männer auf das Deck.
Drizzt, dessen Haar sich von der Wucht des Blitzschlags wild sträubte, lehnte sich weit über die Reling und spähte angestrengt zum Deck der Karavelle hinüber. Er entdeckte den Zauberer mittschiffs, nahe dem Hauptmast. Bevor die Seekobold, die sich jetzt im rechten Winkel von dem Piratenschiff entfernte, zu weit entfernt war, beschwor der Drow seine angeborenen Kräfte und ließ eine Kugel aus undurchdringlicher Dunkelheit über den Mann fallen.
Er ballte unwillkürlich die Faust, als er sah, wie sich die Kugel über das Deck der Karavelle bewegte, denn er hatte sein Ziel getroffen, und die Magie hatte den Zauberer erwischt. Die Kugel würde ihm jetzt folgen und ihn blenden, bis er einen Weg gefunden hatte, die Magie zu bekämpfen. Darüber hinaus machte der zehn Fuß große Ball aus Dunkelheit den gefährlichen Zauberer zu einem unübersehbaren Ziel.
»Catti-brie!« rief Drizzt.
»Ich hab ihn!« erwiderte sie. Taulmaril sang, und zwei silbrige Blitze schossen in die Kugel aus Dunkelheit.
Die Kugel bewegte sich weiter. Catti-brie hatte den Zauberer nicht erwischt, aber sie und Drizzt hatten ihn wohl zumindest etwas ins Grübeln gebracht!
Ein zweiter Bolzen aus der Ballista flog von der Seekobold zu dem Piratenschiff hinüber und durchschlug den Bug der Karavelle. Sofort danach explodierte einer von Robillards Feuerbällen noch in der Luft vor dem dahineilenden Schiff. Die Karavelle, die nicht mehr besonders manövrierfähig war und deren Zauberer ihr nicht helfen konnte, raste direkt in die Explosion hinein. Als der Feuerball sich auflöste, waren beide Masten des gegnerischen Schiffs in Flammen gehüllt und sahen aus wie riesige Kerzen.
Die Karavelle versuchte, mit ihrer Ballista den Beschuß zu erwidern, aber Catti-bries Pfeile hatten ihre Arbeit getan, und der Wurfarm zerbrach, sobald die Mannschaft versuchte, ihn zu belasten.
Drizzt eilte zum Steuerrad. »Kreuzen wir noch einmal an ihr vorbei?« fragte er Deudermont.
Der Kapitän schüttelte den Kopf. »Wir hatten nur Zeit für ein einziges Mal«, erklärte er. »Und keine Zeit, uns mit Entern aufzuhalten.«
»Zweitausend Meter! Zwei Schiffe!« rief Catti-brie herab.
Drizzt blickte Deudermont anerkennend an. »Noch mehr Verbündete von Pinochet?« fragte er, obgleich er die Antwort bereits kannte.
»Diese Karavelle alleine hätte uns nicht besiegen können«, erwiderte der erfahrene Kapitän ruhig. »Carrackus weiß das, und auch Pinochet wäre das klar. Sie sollte uns nur anlocken.«
»Aber wir waren zu schnell für diese Taktik«, erkannte Drizzt.
»Bist du bereit für einen Kampf?« fragte Deudermont listig.
Bevor der Drow noch antworten konnte, drehte Deudermont hart am Steuer, und die Seekobold lehnte sich tief in eine Steuerbordkurve, bis sie die langsamer gewordene Karavelle wieder vor sich hatte. Die Masten des gegnerischen Schiffes brannten, und die Hälfte seiner Besatzung war eifrig beschäftigt, die Takelage zu reparieren, um die Karavelle wenigstens unter halber Beseglung zu halten. Deudermont brachte sein Schiff auf Abfangkurs, so daß es vor der Karavelle kreuzen und den Bogenschützen ermöglichen würde, den Bug zu beschießen.
Die beschädigte Karavelle konnte der Gefahr nicht ausweichen. Ihr Zauberer hatte allerdings, obwohl er nichts sehen konnte, die Geistesgegenwart besessen, eine Wand aus dichtem Nebel zu errichten, die übliche und wirkungsvolle Verteidigungstaktik auf See.
Deudermont wählte seinen Kurs sehr sorgfältig. Er wollte die Seekobold direkt in den Rand der Nebelwand und in das aufgepeitschte Wasser bringen, um so dicht wie möglich an die Karavelle heranzukommen. Dies war das letzte Mal, daß sie sich dem Piratenschiff stellen konnten, und das mußte so verheerend wie möglich für die Gegner werden, oder die Karavelle würde in der Lage sein, ihre Schwesterschiffe, die sich schnell näherten, bei deren Angriff zu unterstützen.
Ein Blitz zuckte auf dem Deck des Piratenschiffs, ein Funken Licht, der Drizzts Dunkelheitszauber konterte.
Von ihrem hohen Ausguck oberhalb der Verteidigungsmagie konnte Catti-brie es sehen. Sie zielte bereits auf das Dunkel, als der Zauberer auftauchte. Er begann sofort mit einer Beschwörung, die der Seekobold einen vernichtenden Zauber entgegenschleudern sollte, bevor sie vor dem Bug der Karavelle kreuzte. Doch er hatte erst wenige Worte ausgesprochen, als er einen enormen Schlag gegen die Brust spürte und hinter sich die Planken des Schiffsdecks splittern hörte. Er blickte an sich hinab und sah das Blut, das auf das Deck zu spritzen begann. Er bemerkte, daß er saß, dann lag, und schließlich wurde die ganze Welt dunkel.
Die Nebelwand, die der Zauberer errichtet hatte, verschwand.
Robillard erkannte, was das bedeutete, und klatschte in die Hände. Zwillingsblitze zuckten über das Deck der Karavelle, schlugen in den Hauptmast ein und töteten viele Piraten. Die Seekobold kreuzte vor der Karavelle, und die Bogenschützen schossen ihre Salven ab. Das tat auch die Mannschaft der Ballista, doch diesmal schleuderten sie keinen langen Speer. Statt dessen verwendeten sie einen gekürzten, unregelmäßig geformten Bolzen, an dem eine lange, mit vielzackigen Enterhaken besetzte Kette befestigt war. Das seltsame Gerät wirbelte durcheinander, als es durch die Luft flog, verhedderte sich in vielen Tauen und machte die Takelung des anderen Schiffes endgültig unbrauchbar.
Ein weiteres Geschoß, ein lebendes Geschoß aus sechshundert Pfund sehnigem, muskulösem Panther flog von der Seekobold hinüber, als sie vorbeikreuzte und den Bugspriet streifte.
»Bist du bereit, Drow?« rief Robillard, der zum ersten Mal in diesem Kampf aufgeregt wirkte.
Drizzt nickte und trat zu seinen Kampfgefährten, den knapp zwei Dutzend Veteranen, die den Entertrupp der Seekobold bildeten. Als Drizzt, der den Angriff führte, Robillard erreichte, hatte der Zauberer bereits ein leuchtendes Feld – ein magisches Tor – neben sich auf dem Deck errichtet. Ohne zu zögern, stürmte Drizzt mit gezückten Krummsäbeln hindurch.
Auf der anderen Seite von Robillards magischem Tunnel tauchte er mitten zwischen den überraschten Piraten wieder auf. Er hieb nach links und rechts, riß so eine Lücke in ihre Reihen, und sauste mit unglaublicher Geschwindigkeit hindurch. Er wandte sich abrupt zur Seite, ließ sich zu Boden fallen und rollte ab, um einem gegnerischen Pfeil auszuweichen. Er kam wieder auf die Beine, sprang direkt auf den Schützen zu und streckte ihn nieder.
Immer mehr Krieger von der Seekobold strömten durch das Tor, und auf der Karavelle brach eine wilde Schlacht aus.
Am Bug war die Verwirrung nicht geringer, denn hier versetzte Guenhwyvar die Piraten mit Klauen und Zähnen in Panik. Viele Männer gerieten unter ihre mächtigen Pranken, während andere einfach über Bord sprangen und riskierten, von Haien angegriffen zu werden, nur um dieser furchtbaren Bestie zu entkommen.
Wieder lehnte die Seekobold weit ins Wasser, als Deudermont sie hart nach backbord drehte, um sich von der Karavelle zu entfernen und auf das näherkommende Duo zuzusteuern. Der große Kapitän lächelte, als er den Kampf auf dem Schiff hinter sich hörte. Er hatte Vertrauen zu seinem Entertrupp, auch wenn die Männer einer doppelt so großen Zahl von Gegnern entgegentreten mußten.
Der Dunkelelf und sein Panther glichen ein solches Ungleichgewicht gewöhnlich aus.
Von ihrem hochgelegenen Platz aus sandte Catti-brie noch mehrere Pfeile hinab. Jeder von ihnen tötete einen strategisch plazierten Bogenschützen, und einer fuhr sogar durch das erste Opfer hindurch und tötete noch einen Piratengoblin, der neben ihm kauerte!
Dann wandte die junge Frau ihre Aufmerksamkeit von der Karavelle ab und nach vorne, um die Bewegungen der Seekobold dirigieren zu können.
Drizzt rannte, sprang und hechtete in verwirrenden Wirbeln über das Schlachtfeld, und immer, wenn er auf seine Gegner herabstieß, trafen die Krummsäbel in die lebenswichtigen Organe seiner Feinde. Unter seinen Stiefeln trug er Bänder aus glänzenden Mithrilringen, die an schwarzem Material befestigt waren und einen Geschwindigkeitszauber in sich bargen. Drizzt hatte sie von Dantrag Baenre erbeutet, einem berühmten Waffenmeister der Drow, der sie als Armschutze verwendet hatte, um seine Hände zu beschleunigen. Doch Drizzt hatte erkannt, worin ihr wirklicher Wert bestand. An seinen Fußgelenken getragen, erlaubten sie dem Drow, zu rennen und Haken zu schlagen wie ein Hase.
Er benutzte dies nun, zusammen mit seiner unglaublichen Gewandtheit, um die Piraten zu verwirren, sie im unklaren darüber zu lassen, wo er sich gerade befand oder wo sie erwarten mußten, ihn zu sehen. Immer wenn einer sich verschätzte und dadurch ohne Deckung war, nutzte Drizzt die Gelegenheit und stürzte sich mit zuckenden Krummsäbeln auf ihn. Sein Weg führte ihn in die Richtung von Guenhwyvar, seiner Kampfgefährtin, die ihn am besten kannte und mit der er sich in der Schlacht perfekt ergänzte.
Er kam nicht ganz dorthin. Der Sieg auf der Karavelle war fast perfekt, viele Piraten waren tot, andere warfen ihre Waffen fort oder sprangen verzweifelt über Bord. Einer der Seeräuber jedoch, der erfahrenste und wildeste von ihnen, ein persönlicher Freund Pinochets, war nicht so schnell bereit aufzugeben.
Er tauchte aus seiner Kabine auf, die unter der vorderen Brücke lag. Er ging dabei vornübergebeugt, da die niedrige Konstruktion des Schiffes nicht für seine Größe von zehn Fuß ausgelegt war. Er trug nur eine ärmellose Weste und eine kurze Hose, die nur wenig von seiner schuppigen, grünen Haut bedeckte. Glattes Haar, das die Farbe von Algen besaß, hing ihm über die breiten Schultern hinab. Er trug keine Waffe, die auf dem Amboß eines Schmiedes geschaffen worden war, doch seine schmutzigen Klauen und Unmengen von Zähnen wirkten tödlich genug.
»Die Gerüchte stimmten also, Dunkelelf«, sagte er mit seltsam röchelnder Stimme. »Du bist aufs Meer zurückgekehrt. «
»Ich kenne dich nicht«, sagte Drizzt und kam in sicherer Entfernung von dem Scrag zum Halt. Er nahm an, daß es sich um Carrackus handelte, von dem Deudermont gesprochen hatte, doch er konnte es nicht mit Gewißheit sagen.
»Ich kenne dich!« knurrte der Scrag. Er stürmte vor und schlug mit klauenbewehrten Händen nach Drizzts Kopf.
Drei schnelle Schritte brachten den Drow aus der Bahn des Ungetüms. Drizzt ließ sich auf ein Knie fallen. Mit ausgestreckten Krummsäbeln, deren Klingen kaum einen Zoll voneinander entfernt waren, wirbelte er herum.
Gewandter als Drizzt erwartet hatte, bewegte sich sein Gegner zur entgegengesetzten Seite, drehte sich und zog ein Bein an. Die Krummsäbel des Drow ritzten das Monster kaum, als es an ihm vorbeischoß.
Der Scrag warf sich nach vorn, um Drizzt unter sich zu begraben, während dieser noch kniete, doch erneut war der Drow zu schnell für eine so geradlinige Taktik. Er sprang auf und setzte an, nach links auszuweichen. Dann, als der Seetroll den Köder geschluckt hatte und sich dorthin orientierte, warf sich der Dunkelelf unter dem zuschlagenden Arm des Ungeheuers hindurch nach rechts.
Blaues Licht traf eine Hüfte des Scrag, und Drizzts andere Klinge riß einen tiefen Schnitt in seine Seite.
Der Drow unternahm nichts gegen den Rückhandschlag seines Gegners, da er wußte, daß der Scrag aus dem Gleichgewicht gebracht worden war und nicht viel von seiner enormen Stärke und seinem Gewicht in den Hieb legen konnte. Der lange, dürre Arm des Ungeheuers prallte erst von der Schulter des Drow ab und dann von den zur Parade gehobenen Krummsäbeln, als Drizzt herumwirbelte, um dem taumelnden Scrag wieder gegenüberzustehen.
Jetzt griff Drizzt an, blitzschnell und geradeaus. Er fuhr mit Blaues Licht unter den Ellbogen des Seetrolls, riß damit eine lange, klaffende Wunde auf und hakte dann die rasiermesserscharfe, gekrümmte Klinge unter das herabhängende Hautstück. Gleichzeitig glitt sein zweiter Krummsäbel unter dem anderen, hastig fuchtelnden Arm durch und stieß nach der Brust des Scrags.
Das aus dem Gleichgewicht gebrachte Ungeheuer hatte nur eine Möglichkeit, sich zu bewegen. Das wußte Drizzt, und er sah den Rückzug des Scrag exakt voraus. Er packte Blaues Licht fester und stützte sogar seine Schulter gegen den Griff der Waffe, um sie an ihrem Platz zu halten. Der Scrag brüllte vor Pein und warf sich nach hinten und zur Seite, fort von dem bösartigen Biß der Klinge. Das kränklich aussehende Fleisch der Kreatur wurde vom Bizeps bis zum Handgelenk von den Knochen geschält. Der abgerissene Fleischlappen fiel mit einem übelkeiterregenden Laut aufs Deck.
Die schwarzen Augen des Scrag füllten sich mit Wut und Haß. Er starrte erst den entblößten Knochen und dann den blutenden Klumpen Trollfleisch auf dem Boden an. Und schließlich sah er zu Drizzt, der ruhig dastand, die Krummsäbel mit nach unten weisenden Spitzen vor sich gekreuzt.
»Sei verdammt, Drizzt«, knurrte der Pirat.
»Gib auf«, befahl Drizzt.
»Glaubst du, du hast gewonnen?«
Als Antwort blickte Drizzt auf den Fleischklumpen.
»Das wird heilen, törichter Dunkelelf!« beharrte der Pirat.
Drizzt wußte, daß der Scrag die Wahrheit sprach. Seetrolle waren nahe Verwandte normaler Trolle, schrecklicher Kreaturen, die für ihre Selbstheilungskräfte bekannt waren. Selbst ein zu Tode verstümmelter Troll konnte sich wieder erholen.
Es sei denn …
Drizzt beschwor erneut seine angeborenen Fähigkeiten, jenen kleinen Teil Magie, der der Rasse der Dunkelelfen eigen war. Einen Augenblick später stiegen purpurne Flammen an der hochragenden Gestalt des Scrags auf und leckten an seinen grünen Schuppen. Es war nur Feenfeuer, harmloses Licht, das die Dunkelelfen dazu benutzen konnten, die Umrisse ihrer Gegner zu erleuchten. Es hatte nicht die Macht, etwas zu verbrennen, und es konnte auch nichts gegen die Heilkräfte eines Trolls ausrichten.
Drizzt wußte dies; er hoffte jedoch, daß dies seinem Gegner nicht bekannt war.
Die scheußlichen Züge des Scrag verzogen sich zu einer Grimasse reinen Grauens. Er wedelte mit seinem unverletzten Arm, schlug sich gegen Bein und Hüfte. Die hartnäckigen purpurnen Flammen ließen sich davon nicht beeindrucken.
»Gib auf, und ich werde die Flammen löschen, so daß deine Wunden heilen können!« forderte Drizzt.
Der Scrag warf dem Drow einen Blick puren Hasses zu. Er trat einen Schritt vor, aber sofort fuhren Drizzts Krummsäbel hoch. Das Ungeheuer entschied, daß es ihren Biß nicht noch einmal spüren wollte, insbesondere, wenn die Flammen verhinderten, daß seine Wunden heilten!
»Wir werden uns wiedersehen!« versprach der Scrag. Die Kreatur wirbelte herum und fand sich einem Dutzend Gesichter gegenüber – Deudermonts Mannschaft und den gefangenen Piraten –, die ihn ungläubig anstarrten. Er heulte auf und stürmte über das Deck, wobei er alle beiseite schleuderte, die ihm dabei in den Weg kamen. Dann sprang er über die Reling, zurück ins Meer, zurück in seine wahre Heimat, wo er seine Wunden heilen konnte.
Drizzt war so schnell, daß er das Deck überquerte und dem Scrag einen weiteren Hieb versetzen konnte, bevor dieser über die Reling setzte. Ins Wasser konnte er seinen Gegner nicht verfolgen, und er wußte, daß der Seetroll dort wirklich wieder völlig gesunden würde.
Er hatte noch nicht einmal die Zeit für einen ärgerlichen Fluch gehabt, als er neben sich eine schnelle Bewegung bemerkte, einen schwarzen Blitz. Guenhwyvar sprang an Drizzt vorbei, über die Reling und tauchte direkt hinter dem Troll in die See.
Der Panther verschwand unter der himmelblauen Oberfläche, und die rauhen, aufgewühlten Wellen verwischten schnell jedes Anzeichen dafür, daß der Seetroll und die Katze hineingesprungen waren.
Mehrere Mitglieder des Entertrupps der Seekobold beugten sich über die Reling, besorgt um den Panther, der ihnen zum Freund geworden war.
»Guenhwyvar ist nicht in Gefahr«, erinnerte Drizzt sie, holte die Statue hervor und hob sie hoch, so daß alle sie sehen konnten. Das Schlimmste, was der Scrag tun konnte, war, den Panther zurück auf die Astralebene zu schicken, auf der die Katze jede Wunde ausheilen und frisch erholt auf Drizzts nächsten Ruf warten konnte. Dennoch waren die Züge des Drow düster, als er zu der Stelle blickte, an der Guenhwyvar ins Wasser gesprungen war, und an die Wunden dachte, die der Panther möglicherweise davontragen würde.
An Deck der eroberten Karavelle wurde es völlig still, und nur das Gebälk des alten Gefährts knarrte.
Eine Explosion im Süden ließ alle Köpfe herumfahren, und alle Augen versuchten, winzige Segel zu identifizieren, die noch weit, weit entfernt waren. Eines der Piratenschiffe hatte abgedreht; die andere Karavelle brannte, während die Seekobold sie umkreiste. Wie silberne Blitze zuckte ein Pfeil nach dem anderen aus dem Ausguck der Seekobold und hagelte auf Rumpf und Mast des beschädigten und anscheinend manövrierunfähigen Schiffes nieder.
Selbst aus der großen Entfernung konnten die Kämpfer auf der Karavelle sehen, daß die Piratenflagge vom Hauptmast genommen wurde und das Schiff die Segel strich.
Das Jubelgeschrei des Entertrupps kam zu einem abrupten Ende, als plötzlich neben der Karavelle das Wasser aufgewühlt wurde. Sie sahen grüne Schuppen und schwarzes Fell, die in heftigem Kampf ineinander verschlungen waren. Ein Arm des Scrag löste sich aus der sich herumwälzenden Masse, und Drizzt konnte erkennen, daß es Guenhwyvar gelungen war, sich am Rücken ihres Gegners festzukrallen. Sie hatte die Vorderbeine fest um die Schultern des Monsters gelegt, und die Hinterbeine traten und krallten wild um sich, während die mächtigen Kiefer in den Nacken des Scrag verbissen waren.
Dunkles Blut färbte die See. Kurz darauf kam Guenhwyvar zur Ruhe und hielt sich mit den Klauen und Zähnen an dem Rücken des toten, auf dem Wasser treibenden Scrag fest.
»Fischen wir das Ding besser heraus«, meinte ein Mann aus dem Entertrupp, »sonst züchten wir uns eine ganze Mannschaft stinkender Trolle heran!«
Sie traten mit langen Fischhaken an die Reling und begannen mit der scheußlichen Arbeit, den Leichnam an Bord zu hieven. Guenhwyvar sprang ohne Mühe wieder an Bord der Karavelle. Sie schüttelte sich heftig und besprühte alle in ihrer Nähe reichlich mit Wasser.
»Scrags heilen nicht, wenn sie außerhalb des Wassers sind«, sagte ein Mann zu Drizzt. »Wir werden diesen hier zum Trocknen an der Rahe aufhängen und das verdammte Ding dann verbrennen.«
Drizzt nickte. Der Entertrupp kannte seine Pflichten gut genug. Die Männer würden die gefangenen Piraten bewachen und die Karavelle so weit wieder seetüchtig machen, daß sie sie nach Tiefwasser segeln konnten.
Drizzt sah zum südlichen Horizont und erblickte die zurückkehrende Seekobold. Das beschädigte Piratenschiff segelte schwerfällig an ihrer Seite.
»Achtunddreißig und Neununddreißig«, murmelte der Drow.
Guenhwyvar antwortete darauf mit einem leisen Knurren und schüttelte sich erneut so heftig, daß ihr Gefährte bis auf die Haut durchnäßt wurde.
Kapitän Deudermont wirkte auf der Hafenstraße, jener berüchtigten Straße am Hafen von Tiefwasser, vollkommen fehl am Platze. Seine Kleidung war maßgeschneidert, seine Haltung war perfekt, und sein Haar und der Ziegenbart waren sorgfältig gestutzt. Überall um ihn herum taumelten heruntergekommene Matrosen, nach Bier stinkend, aus den Tavernen oder fielen bewußtlos in den Dreck. Das einzige, was sie vor den vielen Dieben schützte, die hier herumlungerten, war der Umstand, daß sie kein Geld und keine Wertsachen mehr besaßen, die zu stehlen sich gelohnt hätte.
Deudermont ignorierte diesen Anblick und hielt sich selbst für nichts Besseres als diese Matrosen. Tatsächlich gab es an ihrem Lebensstil sogar etwas, das dem vornehmen Kapitän gefiel, eine Ehrlichkeit, die in der dünkelhaften Gesellschaft des Adels fehlte.
Deudermont zog seinen gefütterten Umhang fester um sich, um die kühle Nachtbrise abzuwehren, die vom Hafen herüberwehte. Normalerweise ging niemand alleine die Hafenstraße entlang, nicht einmal im hellen Tageslicht, aber Deudermont fühlte sich sicher. Er trug sein verziertes Entermesser an der Seite, und er wußte sehr wohl, es zu benutzen. Darüber hinaus war in allen Tavernen und an jedem Pier von Tiefwasser bekannt, daß der Kapitän der Seekobold den persönlichen Schutz der Fürsten von Tiefwasser genoß, darunter auch einiger sehr mächtiger Zauberer, die jeden finden und vernichten würden, der den Kapitän oder seine Mannschaft belästigte, solange sie sich an Land befanden. Tiefwasser war der Heimathafen der Seekobold, und so dachte sich Deudermont nichts dabei, alleine die Hafenstraße entlang zu gehen. Er verspürte eher Neugier als Furcht, als ein abgemagerter, runzliger alter Mann, der kaum fünf Fuß groß war, ihn von der Ecke einer Gasse her anrief.
Deudermont blieb stehen und sah sich um. Es war ruhig in der Hafenstraße, abgesehen von den Geräuschen, die aus den vielen Tavernen drangen, und dem Knarren alten Gebälks in der unaufhörlichen Seebrise.
»Du bis’ Däu-da-monn, nä?« fragte das alte Rauhbein leise, und ein leises Pfeifen begleitete jede Silbe. Er grinste breit, fast unanständig, und zeigte dabei die letzten Zahnstümpfe, die in seinem schwarzen Gaumen verblieben waren.
Deudermont hielt erneut inne und musterte den Mann. Er spürte kein Verlangen, die Frage zu beantworten.
»Wenn de’s bist«, zischelte der Mann, »dann hab ich ’ne kleine Nachricht für dich. ’ne Warnung von ’nem Mann, vor dem de zu Recht Angst hast.«
Der Kapitän stand hochaufgerichtet und reglos da. Auf seiner Miene spiegelte sich nichts von den Fragen, die ihm durch den Kopf schossen. Vor wem sollte er Angst haben? Sprach das alte Wrack von Pinochet? Das schien recht wahrscheinlich, vor allem, wenn man an die beiden Karavellen dachte, die der Seekobold Anfang der Woche in den Hafen von Tiefwasser gefolgt waren. Aber nur wenige in Tiefwasser hatten Kontakt zu dem Piraten, dessen Revier viel weiter im Süden lag, sogar noch südlich von Baldurs Tor in den Gewässern der Mondscheininseln.
Aber wen konnte der Mann sonst meinen?
Noch immer grinsend, winkte der Seemann Deudermont zu, in die Gasse zu kommen. Der Kapitän rührte sich nicht, als der Alte sich umdrehte und einen Schritt weiterging.
»Na, haste Angst vor ’m alten Scaramundi?« pfiff die alte Teerjacke.
Deudermont befürchtete, daß die scheinbare Gebrechlichkeit des Alten täuschend war. Viele der besten Meuchelmörder in den Reichen konnten so hilflos aussehen wie dieser hier, nur um einen vergifteten Dolch in die Brust ihrer Opfer zu rammen.
Der Seemann kam wieder zum Anfang der Gasse zurück und trat dann auf die Mitte der Straße hinaus, direkt auf Deudermont zu.
Das war keine Verkleidung, sagte sich der Kapitän, es war alles zu vollständig, zu perfekt. Außerdem erinnerte er sich jetzt, daß er denselben alten Mann schon früher gesehen hatte. Auch dann hatte er genau an dieser Gasse gesessen, die ihm wahrscheinlich als sein Zuhause diente.
Was wollte er also? Lauerte in jener Gasse ein Hinterhalt auf ihn?
»Dann mach doch, was de willst«, zischelte der alte Mann, als Deudermont abwehrend eine Hand hob. Er stützte sich schwer auf seinen Gehstock und hinkte vor sich hin grummelnd zu seiner Gasse zurück. »Bin nur ’n Bote, bin ich, und es schert mich nich’, ob de dir de Nachricht anhör’n tust oder nich’!«
Deudermont sah sich erneut vorsichtig um. Als er niemanden entdeckte und auch keine möglichen Plätze für einen Hinterhalt ausmachen konnte, trat er auf die Gasse zu. Der alte Seemann war zehn Schritte von ihm entfernt, am Rande des Schattens, den das Gebäude zur Rechten warf, und im Dunkeln kaum noch zu sehen. Er lachte, hustete und ging noch einen Schritt weiter.
Mit einer Hand am Heft seines Entermessers trat Deudermont vorsichtig näher, wobei er sich bei jedem Schritt sorgsam umsah. Die Gasse schien völlig leer zu sein.
»Das ist weit genug!« sagte Deudermont plötzlich und brachte damit den Alten zum Stehen. »Wenn du eine Botschaft für mich hast, dann gib sie mir, und zwar jetzt.«
»Einige Dinge sollten nicht zu laut gesagt werden«, erwiderte der alte Mann.
»Jetzt«, beharrte Deudermont.
Das heruntergekommene Seewrack grinste breit und hustete, vielleicht war es auch ein Lachen. Er humpelte ein paar Schritte zurück und blieb knapp drei Fuß vor Deudermont stehen.
Der Gestank des Alten war fast zu viel für den Kapitän, der starke Körpergerüche durchaus gewohnt war. Es gab nicht viele Gelegenheiten, an Bord eines Schiffes auf hoher See zu baden, und die Seekobold war oftmals für mehrere Wochen und sogar Monate auf dem Meer. Doch die Kombination aus billigem Wein und altem Schweiß ergab einen besonders widerwärtigen Geruch, der Deudermont das Gesicht verziehen ließ. Er legte sogar die Hand über die Nase, um wenigstens einen Teil der Ausdünstungen fernzuhalten.
Der abgewrackte Seemann brach darüber natürlich in schrilles Gelächter aus.
»Jetzt!« wiederholte der Kapitän.
Noch während Deudermont sprach, packte ihn der Alte am Handgelenk. Der Kapitän, der keine Angst hatte, drehte seinen Arm, aber der alte Mann ließ nicht los.
»Ich will, daß du mir von dem Schwarzen erzählst«, sagte der Alte, und Deudermont brauchte einen Augenblick lang, um zu bemerken, daß der Hafenjargon seines Gegenübers verschwunden war.
»Wer bist du?« wollte Deudermont wissen und versuchte vergeblich, dem Alten seinen Arm zu entziehen. Erst jetzt erkannte er die Stärke des übermenschlichen Griffes; er hätte ebensogut versuchen können, einen der großen Nebelriesen, die weit im Süden auf dem Riff um die Insel Delmarin lebten, von der Stelle zu bewegen.
»Der Dunkle«, wiederholte der alte Mann. Fast ohne Anstrengung schob er Deudermont tiefer in die Gasse hinein.
Der Kapitän griff nach seinem Entermesser, denn obgleich der alte Mann seine rechte Hand festhielt, konnte Deudermont auch mit seiner linken recht gut kämpfen. Es war etwas umständlich, die gekrümmte Klinge mit dieser Hand aus der Scheide zu ziehen, und bevor das Entermesser völlig frei war, schoß die leere Hand des alten Mannes vor und schlug Deudermont ins Gesicht. Der Kapitän flog nach hinten und krachte gegen die Wand. Geistesgegenwärtig zog er die Klinge endgültig, nahm sie mit der jetzt wieder freien rechten Hand und schlug fest nach den Rippen des näherkommenden Mannes.
Das Entermesser drang tief in die Seite des alten Seemanns ein, doch der zuckte nicht einmal zusammen. Deudermont versuchte, den nächsten Schlag abzublocken, und auch den darauffolgenden, doch seine Abwehr war nicht stark genug. Er versuchte, mit dem Entermesser zu parieren, aber der alte Mann schlug es einfach zur Seite, so daß es im hohen Bogen davonflog, und prügelte weiter auf Deudermont ein. Mit der Geschwindigkeit einer zustoßenden Schlange versetzte er ihm mit offenen Handflächen feste Schläge, die Deudermonts Kopf hin und her wirbelten, und der Kapitän wäre zu Boden gefallen, hätte der alte Mann ihn nicht an der Schulter gepackt und festgehalten.
Durch verquollene Augen sah Deudermont blinzelnd seinen Gegner an. Verwirrung zeigte sich auf seinen angespannten Zügen, als das Gesicht seines Gegners schmolz und sich neu zusammensetzte.
»Der Dunkle?« fragte er, es, erneut, und Deudermont hörte kaum mehr die Stimme, seine Stimme, so perplex war er, als er in seine eigenen Augen blickte, die ihn böse anfunkelten.
»Er sollte schon längst hier sein«, sagte Catti-brie und stützte sich auf die Theke.
Sie wurde allmählich ungeduldig, erkannte Drizzt, und das lag nicht daran, daß Deudermont sich verspätete – der Kapitän wurde häufig von der einen oder anderen Pflicht in Tiefwasser aufgehalten –, sondern weil der Seemann auf ihrer anderen Seite, ein kurzer, untersetzter Mann mit dichtem Bart und krausem Haar von der Farbe eines Rabenflügels, immer wieder gegen sie stieß. Er entschuldigte sich jedesmal, blickte dabei über die Schulter und musterte die schöne Frau intensiv, immer lächelnd und manchmal zwinkernd.
Drizzt drehte sich so, daß er die Theke im Rücken hatte. Die Taverne Zur Meerjungfrau war in dieser Nacht fast leer. Das Wetter war gut, und der Großteil der Fischerei- und der Handelsflotten war ausgelaufen. Dennoch war es in der Kneipe noch laut genug, denn es gab immer genügend Seeleute, die sich nach Monaten der Langeweile an Bord mit Trinkgelagen, guten Freunden, viel Geschrei und ein paar Prügeleien amüsieren wollten.
»Robillard«, flüsterte Drizzt, und Catti-brie blickte in die Richtung, die der Dunkelelf wies. Sie sah, wie der Zauberer sich durch die Menge drängte und auf sie zukam.
»Guten Abend«, sagte Robillard ohne viel Begeisterung. Er blickte die Gefährten nicht an, während er sprach, und er wartete nicht, bis der Barmann in seine Nähe kam, sondern schnippte einfach mit den Fingern, und eine Flasche und ein Glas erschienen auf magische Weise vor ihm. Der Barmann wollte protestieren, doch da erschien ein Stapel Kupfermünzen in seiner Hand. Der Mann schüttelte angewidert den Kopf und ging fort. Er hielt nicht viel von dem Zauberer der Seekobold und seinem arroganten Gehabe.
»Wo ist Deudermont?« fragte Robillard. »Verschwendet wahrscheinlich gerade meinen Lohn.«
Drizzt und Catti-brie tauschten ein ungläubiges Lächeln aus, wie schon so oft bei ähnlichen Gelegenheiten. Robillard gehörte zu den unangenehmsten Männern, die sie jemals getroffen hatten. Er war noch muffiger als General Dagna, der säuerliche Zwerg, der Bruenor als Garnisonskommandeur in Mithril-Halle diente.
»Wahrscheinlich«, erwiderte Drizzt.
Robillard wandte sich ihm zu und funkelte ihn wütend an.
»Natürlich, Deudermont bestiehlt uns ja die ganze Zeit«, fügte Catti-brie hinzu. »Er liebt schöne Frauen und guten Wein und ist äußerst freigebig mit allem, was ihm nicht gehört. «
Ein Knurren kam über Robillards schmale Lippen. Er stieß sich von der Theke ab und ging weiter.
»Ich wüßte zu gerne, wie der so geworden ist«, meinte Catti-brie.
Drizzt nickte zustimmend und blickte dabei dem Zauberer nach. Robillard war wirklich ein seltsamer Kerl, und der Drow nahm an, daß ihm in der Vergangenheit irgend etwas Schreckliches widerfahren sein mußte. Vielleicht hatte er ohne es zu wollen jemanden getötet, oder er war von seiner großen Liebe abgewiesen worden. Vielleicht hatte er Orte gesehen, die die Augen eines Menschen niemals erblicken sollten.
Catti-bries harmlos ausgesprochener Gedanke hatte wie ein Funke gewirkt, der Drizzt Do’Urdens Interesse weckte. Wer war dieser Robillard, und was hatte diese Arroganz und diesen Zorn hervorgerufen.
»Wo ist Deudermont?« fragte eine Stimme neben Drizzt und riß ihn aus seinen Überlegungen. Er drehte sich um und sah Waillan Micanty, einen Jungen von knapp zwanzig Wintern mit sandfarbenem Haar, zimtbraunen Augen und großen Grübchen, die fast immer zu sehen waren, weil Waillan stets zu lächeln schien. Er war der Jüngste in der Mannschaft der Seekobold, sogar noch jünger als Catti-brie, besaß aber ein unfehlbares Auge für die Ballista. Waillans Schüsse wurden schnell legendär, und wenn der junge Mann lange genug lebte, würde er sich mit Gewißheit einen guten Ruf an der Schwertküste erwerben. Waillan Micanty hatte einen Ballista-Bolzen auf vierhundert Meter Entfernung durch das Fenster eines Piratenkapitäns geschossen und den Mann aufgespießt, als dieser sich gerade sein Entermesser umschnallte. Die Wucht des schweren Speers hatte den Piraten durch die geschlossene Kabinentür und auf das Deck hinaus geschleudert. Das Piratenschiff hatte sofort aufgegeben, und der Kampf war bereits zu Ende gewesen, bevor er noch richtig angefangen hatte.
»Wir erwarten ihn bereits«, antwortete Drizzt, und seine Stimmung hob sich allein schon beim Anblick des strahlenden jungen Mannes. Unwillkürlich mußte er an den Kontrast zwischen diesem Jüngling und Robillard denken, der, mit Ausnahme von Drizzt, wahrscheinlich das älteste Mannschaftsmitglied war.
Waillan nickte. »Er sollte schon hier sein«, murmelte er leise, aber die scharfen Ohren des Drow hörten jedes Wort.
»Du erwartest ihn?« fragte Drizzt schnell.
»Ich muß mit ihm sprechen«, gab Waillan zu. »Es geht um einen Vorschuß.« Der junge Mann errötete tief und trat dichter zu Drizzt, damit Catti-brie ihn nicht hören konnte. »Es ist wegen einer Freundin«, erklärte er.
Drizzt merkte, daß sein Lächeln noch breiter wurde. »Der Kapitän ist überfällig«, sagte er. »Ich bin sicher, er wird jetzt bald auftauchen.«
»Als ich ihn zuletzt gesehen habe, war er nur ein Dutzend Türen entfernt«, sagte Waillan. »In der Nähe vom Nebelhafen und auf dem Weg hierher. Ich hatte angenommen, er würde vor mir eintreffen.«
Drizzt war zum ersten Mal ein wenig beunruhigt. »Wie lange ist das her?«