Die verschwundene Braut - Arthur Conan Doyle - E-Book

Die verschwundene Braut E-Book

Arthur Conan Doyle

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Beschreibung

Sherlock Holmes ist eine vom britischen Schriftsteller Sir Arthur Conan Doyle geschaffene Kunstfigur, die in seinen im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert spielenden Romanen als Detektiv tätig ist. Besondere Bedeutung für die Kriminalliteratur erlangte Holmes durch seine neuartige forensische Arbeitsmethode, die ausschließlich auf detailgenauer Beobachtung und nüchterner Schlussfolgerung beruht. Er gilt bis heute weithin als Symbol des erfolgreichen, analytisch-rationalen Denkers und als Stereotyp des Privatdetektivs. Der Kanon um den Detektiv umfasst 56 Kurzgeschichten und vier Romane.

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Seitenzahl: 37

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Die verschwundene Braut

Die verschwundene BrautImpressum

Die verschwundene Braut

Lord St. Simons Hochzeit mit ihrem merkwürdigen Ausgang fesselt schon längst nicht mehr das Interesse der hohen Kreise, in denen sich der unglückliche Bräutigam bewegt. Andere Aufsehen erregende Ereignisse haben dieses Thema verdrängt und bilden mit ihren pikanteren Einzelheiten nunmehr den Gesprächsstoff an Stelle jenes Dramas, das sich bereits vor vier Jahren abgespielt hat. Ich darf wohl als ausgemacht annehmen, daß die bezüglichen Thatsachen dem großen Publikum niemals im Zusammenhang mitgeteilt worden sind. Da nun aber mein Freund Sherlock Holmes an der Aufklärung des Falles bedeutenden Anteil hat, so sollte nach meiner Überzeugung, wo es sich um eine Darstellung seines Wirkens handelt, eine kurze Skizze dieses merkwürdigen Vorfalls nicht fehlen, die auf Vollständigkeit Anspruch machen will.

Es war wenige Wochen vor meiner eigenen Hochzeit, während ich noch mit Holmes in der Bakerstraße zusammen wohnte, als dieser eines Nachmittags beim Nachhausekommen einen Brief an seine Adresse auf dem Tisch vorfand. Ich hatte den ganzen Tag das Haus nicht verlassen, denn das Wetter war plötzlich regnerisch geworden; dabei wehte ein scharfer Herbstwind, und die Flintenkugel in meinem Bein, die ich als Andenken aus dem afghanischen Feldzug heimgebracht habe, quälte mich mit eigensinniger Hartnäckigkeit. In einem bequemen Stuhle sitzend, hatte ich die Beine auf einem zweiten Stuhle ausgestreckt und mich in einen ganzen Berg von Zeitungen vergraben, bis ich zuletzt die Tagesneuigkeiten satt bekam und sie sämtlich beiseite schob. Während ich nun so in verdrossener Stimmung dalag, betrachtete ich mit träger Neugier das mächtige Wappen und Monogramm, das auf dem Umschlag des vor mir liegenden Briefes prangte, und fragte mich, wer wohl der adlige Briefschreiber sein möchte.

»Da liegt ein höchst vornehmer Brief für dich,« rief ich meinem Freund bei seinem Eintritt entgegen. »Deine Briefe heute früh waren von einem Fischhändler und einem Zolleinnehmer, wenn ich mich recht erinnere.«

»Ja, mein Briefwechsel besitzt entschieden den Reiz der Abwechslung,« erwiderte er lächelnd, »und je weniger vornehm, desto interessanter sind sie in der Regel. Das da sieht gerade aus, wie eine jener unwillkommenen gesellschaftlichen Einladungen, die einen entweder zu einer Marter oder zu einer Lüge verdammen.« Er erbrach das Siegel und überflog den Inhalt. »Warte einmal, das kann am Ende etwas ganz Interessantes geben,« rief er nun plötzlich.

»Also nichts Gesellschaftliches?«

»Nein, durchaus geschäftlich.«

»Und von vornehmer Seite?«

»Von einer der vornehmsten Personen in ganz England.«

»Nun, ich gratuliere, mein lieber Junge.«

»Ich versichere dir, Watson, es ist keine Ziererei, wenn ich sage, daß ich auf den gesellschaftlichen Rang meiner Kunden nicht soviel Wert lege, als auf das Interesse, das die Fälle bieten. Übrigens ist es wohl möglich, daß es bei dieser neuen Aufgabe auch an dem letzteren nicht fehlt. Du hast doch in diesen Tagen die Zeitungen pünktlich gelesen, nicht wahr?«

»Na, und ob!« erwiderte ich in kläglichem Ton und deutete dabei auf einen mächtigen Stoß, der in einer Ecke aufgehäuft lag; »ich habe ja sonst nichts zu thun gehabt.«

»Nun, das ist ein Glück, dann kannst du mir vielleicht Auskunft geben. Ich lese nichts als die Kriminalberichte und den Briefkasten. Aus letzterem erfährt man doch wenigstens immer etwas. Aber wenn du die neuesten Ereignisse so genau verfolgt hast, mußt du wohl auch etwas über Lord St. Simon und seine Hochzeit gelesen haben?«

»O ja, und zwar mit dem lebhaftesten Interesse.«

»Das ist schön. Der Brief hier ist von Lord St. Simon. Ich will ihn dir vorlesen und dafür mußt du die Zeitungen noch einmal durchgehen und mir alles zusammensuchen, was sich auf die Angelegenheit bezieht. Er schreibt: –

»Mein lieber Herr Sherlock Holmes! – Lord Backwater sagt mir, daß ich Ihrem Scharfsinn und Ihrer Verschwiegenheit unbedingtes Vertrauen schenken dürfe. Ich habe mich daher entschlossen, bei Ihnen vorzusprechen und mir Ihren Rat in Beziehung auf das höchst schmerzliche Ereignis zu erbitten, das sich bei Gelegenheit meiner Hochzeit zugetragen hat. Herr Lestrade von der Geheimpolizei ist zwar in der Sache bereits thätig; allein er hat, wie er mir versichert, gegen Ihre Mitwirkung nicht nur nichts einzuwenden, sondern verspricht sich sogar Nutzen von derselben. Ich gedenke mich um vier Uhr heute nachmittag einzufinden und hoffe, daß Sie etwaige anderweite Verpflichtungen auf später verschieben werden, da die vorliegende Angelegenheit von allerhöchster Wichtigkeit ist. – Ihr aufrichtiger

St. Simon.«

»Der Brief ist aus Schloß Grosvenor datiert und mit einer Kielfeder geschrieben, wobei dem edlen Lord das Mißgeschick begegnet ist, einen Tintenklecks außen an seinen rechten kleinen Finger zu bringen,« bemerkte Holmes, während er das Schreiben zusammenfaltete.

»Er sagt vier Uhr. Jetzt ist es drei. In einer Stunde ist er da.«