18,99 €
Studienarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Journalismus, Publizistik, Note: 2,3, Technische Universität Dortmund, Sprache: Deutsch, Abstract: „Die wahre Geschichte der Eiger-Nordwand ist furchtbarer und großartiger, als Menschen sie je erfinden könnten.“ Die Nordwand ist eine vertikale Arena, sie erhebt sich direkt über grünen Almweiden 1800 Meter in die Höhe. Von der kleinen Scheidegg aus lassen sich die Bergsteiger bequem durch Fernrohre beobachten und wie die Eiger-Nordwand aus ihnen entweder Helden oder Tragödien macht. Kurzum, der Berg bei Grindelwald bietet optimale Voraussetzungen für die Medien. Die erste Durchsteigung vom 21. bis 14. Juli 1938 gehört gewiss zu den großartigen Momenten in der Geschichte der Eiger-Nordwand und wurde ein medienträchtiges Ereignis. So schreibt Anderl Heckmair, einer der Erstbesteiger: „Lange noch waren wir dem Kreuzfeuer der Frager ausgesetzt, und erst jetzt erfuhren wir, welche Sensation wir aufgewirbelt haben. ... Sogar die Rundfunksendungen waren unterbrochen worden, um den neuesten Stand in der Eiger-Nordwand zu melden.“ In dieser Arbeit nun soll die Berichterstattung der Presse über die erste Durchsteigung verglichen werden. Auslöser dafür war Heinrich Harrers Buch „Die Weiße Spinne“ , eine spannende und umfassende Chronik über die Eiger-Nordwand. Harrer, der selbst zu den Erstbesteigern gehört, erwähnt darin immer wieder, wie die Presse mit dem Thema umging. So entstand die Idee seine Eindrücke mit der Realität zu überprüfen. Dazu werden vier Zeitungen, deutsche und ausländische, untersucht. Zunächst soll jedoch die Durchsteigung der Eiger-Nordwand und die vier beteiligten Bergsteiger im Vordergrund stehen. Danach wird die Pressepolitik im Dritten Reich behandelt, um anschließend die vier Zeitungen (Frankfurter Zeitung, Völkischer Beobachter, Neue Züricher Zeitung, The Times) ausführlich vorzustellen. Zu jeder werden Hypothesen betreffend die Berichterstattung über die Eiger-Nordwand formuliert. Es folgt der Vergleich der Zeitungen auf verschiedenen Ebenen, um im Ergebnis die aufgestellten Hypothesen zu überprüfen. Ein Ausblick auf die weitere Geschichte des Eiger als „Medienberg“ soll die Arbeit abrunden. Anzumerken ist, dass im Rahmen dieser Arbeit nicht auf die Einstellung der vier Erstbesteiger zum Nationalsozialismus und die immer wieder vermutete politische Motivation zur Eiger-Nordwand-Durchsteigung eingegangen wird . Denn dies zu diskutieren, würde den Umfang der Arbeit sicherlich sprengen und wahrscheinlich zu keinem befriedigenden Ergebnis führen.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Page 1
Universität
Dortmund Hauptfach: Journalistik Institut
für Journalistik
Nebenfach: Politik 4.
Semester
Die Wand der Wände
Page 3
„Die wahre Geschichte der Eiger-Nordwand ist furchtbarer und großartiger, als Menschen sie je erfinden könnten.“1Die Nordwand ist eine vertikale Arena, sie erhebt sich direkt über grünen Almweiden 1800 Meter in die Höhe. Von der kleinen Scheidegg aus lassen sich die Bergsteiger bequem durch Fernrohre beobachten und wie die Eiger-Nordwand aus ihnen entweder Helden oder Tragödien macht. Kurzum, der Berg bei Grindelwald bietet optimale Voraussetzungen für die Medien. Die erste Durchsteigung vom 21. bis 14. Juli 1938 gehört gewiss zu den großartigen Momenten in der Geschichte der Eiger-Nordwand und wurde ein medienträchtiges Ereignis. So schreibt Anderl Heckmair, einer der Erstbesteiger: „Lange noch waren wir dem Kreuzfeuer der Frager ausgesetzt, und erst jetzt erfuhren wir, welche Sensation wir aufgewirbelt haben. ... Sogar die Rundfunksendungen waren unterbrochen worden, um den neuesten Stand in der Eiger-Nordwand zu melden.“2In dieser Arbeit nun soll die Berichterstattung der Presse über die erste Durchsteigung verglichen werden. Auslöser dafür war Heinrich Harrers Buch „Die Weiße Spinne“3, eine spannende und umfassende Chronik über die Eiger-Nordwand. Harrer, der selbst zu den Erstbesteigern gehört, erwähnt darin immer wieder, wie die Presse mit dem Thema umging. So entstand die Idee seine Eindrücke mit der Realität zu überprüfen. Dazu werden vier Zeitungen, deutsche und ausländische, untersucht. Zunächst soll jedoch die Durchsteigung der Eiger-Nordwand und die vier beteiligten Bergsteiger im Vordergrund stehen. Danach wird die Pressepolitik im Dritten Reich (und später auch das Pressenotrecht der Schweiz in einem Exkurs) behandelt, um anschließend die vier Zeitungen ausführlich vorzustellen. Zu jeder werden Hypothesen betreffend die Berichterstattung über die Eiger-Nordwand formuliert. Es folgt der Vergleich der Zeitungen auf verschiedenen Ebenen, um im Ergebnis die aufgestellten Hypothesen zu überprüfen. Ein Ausblick auf die weitere Geschichte des Eiger als „Medienberg“ soll die Arbeit abrunden.
Anzumerken ist, dass im Rahmen dieser Arbeit nicht auf die Einstellung der vier Erstbesteiger zum Nationalsozialismus und die immer wieder vermutete politische Motivation zur Eiger-Nordwand-Durchsteigung eingegangen wird4. Denn dies zu diskutieren, würde den Umfang der Arbeit mit Sicherheit sprengen und wahrscheinlich zu keinem befriedigenden Ergebnis führen.
Page 4
Ein „1800 Meter hohe[s] Bollwerk aus Stein und Eis“5ist die Nordwand des Eigers. Ihre tiefster Punkt für den Einstieg liegt 2100 Meter über Null. Der Eiger befindet sich in der Schweiz, nahe Grindelwald, und gehört zum bekannten Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau im Berner Oberland. Der 3790 Meter hohe Eiger-Gipfel wurde 1858 zum ersten Mal von dem Iren Charles Barrington und zwei Bergführern über die Westflanke und den Westgrat erreicht.
1932 waren alle Seiten des Eigers bestiegen - fast, denn nur die Wand, als „glatt und absolut unbesteigbar“ beurteilt, fehlte noch. Als erste stiegen Max Sedelmayr und Karl Mehringer 1935 in die Nordwand. „Man kennt nur ihr Gesicht, das sich ständig verändert. Eis, Fels, Schnee ... Lawinen- und Steinschlagzüge. Ein Gesicht ohne Gnade, ohne Freundlichkeit.“ Die beiden kletterten drei Tage lang bis hinauf zum Bügeleisen, dann schlug in der Nacht das Wetter um. Die Lawinen und der Steinschlag bildeten eine furchtbare Falle. Erst Wochen später entdeckte man die Bergsteiger aus einem Flieger heraus, „bis an die Knie im Schnee steckend, stehend erfroren im letzten Biwak, an der Spitze des Bügeleisens, das seitdem das Todesbiwak genannt wird.“
Ein Jahr später gingen Willy Angerer, Anderl Hinterstoisser, Toni Kurz und Edi Rainer in die Eiger-Nordwand, unter der Roten Fluh machte Hinterstoisser einen Quergang zum ersten Eisfeld - und zog das Seil wieder ab. Danach stieg die Seilschaft über zwei Biwaks fast bis zum Bügeleisen auf. Dort mussten sie umkehren, weil einer der Bergsteiger vom Steinschlag verletzt war. Doch im Quergang hing kein Seil mehr, der Rückweg war versperrt. „Einen Seilzugquergang, ... kann man, wenn das Seil einmal abgezogen ist, nicht mehr in umgekehrter Richtung machen.“7Beim Abseilen über eine senkrechte Steilstufe stürzte Hinterstoisser schließlich ab, Angerer wurde dabei vom Seil erhängt und Rainer erfror. Nur Toni Kurz hing noch lebend in einer Seilschlinge in der Wand. Eine Nacht lang, in der ihm ein Arm erfror. Am nächsten Tag konnte er sich mit Hilfe von Bergführern weiter abseilen, bis ein Seilknoten nicht durch den Karabiner passte. Kurz starb nur fünf Meter entfernt vor den Augen seiner Retter an Erschöpfung.
Page 5
Bereits 1937 war Anderl Heckmair am Eiger, reiste aber wegen ungünstiger Verhältnisse wieder ab. Nach ihm traf Wiggerl Vörg mit Hias Rebitsch ein und zur gleichen Zeit befanden sich Franzl Primas und Bertl Gollackner in der Wand. Letzterer starb nach vier Tagen auf dem Mittellegigrat, Primas erreichte genauso wie Vörg und Rebitsch, auf der Suche nach den beiden Bergsteigern, die Mittellegihütte. Von da aus bargen Vörg und Rebitsch den toten Gollackner und stiegen einige Tage danach wieder unten in die Eiger-Nordwand. Dabei entdeckten sie diesmal den toten Hinterstoisser und bargen auch ihn. „Aber sie haben auf die Begehung, wahrscheinlich sogar auf den Erfolg, die erste Durchsteigung der Wand zu machen, verzichtet.“ Doch noch einmal wagten die beiden es, in die Wand zu klettern und schafften es über zwei Biwaks bis zum Todesbiwak. Hier fanden sie zwar keinen weiteren Toten, wurden aber vom Wetter zum Rückzug gezwungen. Vörg und Rebitsch hatten gleich zwei Seile im Quergang hängen lassen, den sie Hinterstoisser-Quergang tauften. So war ihr Rückzug erfolgreich und leitete die Wende an der Eiger-Nordwand ein.
„Die absolut unersteigbare, die unmögliche, ‚Die Wand’, die das von Norden und Nordwesten heranstürmende Wetter als erste empfängt und festhält“ hatte acht Menschen das Leben gekostet, bis am 21. Juli 1938 Fritz Kasparek und Heinrich Harrer um zwei Uhr morgens zu klettern begannen. Am Zerschrundenen Pfeiler wurden sie von der Seilschaft Fraißl-Brankowsky eingeholt und weiter oberhalb erreichten sie eine Höhle, in der Heckmair und Vörg biwakierten. Die beiden stiegen wieder ab, weil sich ein Wetterumschlag abzeichnete und „sechs Mann ... hindern sich gegenseitig und erhöhen die objektiven Gefahren derart, dass es in dieser Wand zur Katastrophe kommen müsste.“8Die anderen vier Bergsteiger kletterten weiter durch den Schwierigen Riss bis unter die Rote Fluh, da wurde einer vom Steinschlag getroffen und auch die Seilschaft Fraißl-Brankowsky kehrte um. „Nun sind wir, noch vor Sonnenaufgang, allein in der Wand. Und vor kurzem waren wir noch zu sechst.“ Kasparek und Harrer erreichten den Hinterstoisser-Quergang, in dem noch ein Seil vom Vorjahr hing, „fast senkrecht sind die Felsen, über die man nun nach links queren muss. Unterhalb brechen sie ins Leere ab.“ Nach dieser Stelle hielten die Österreicher Frühstücksrast im Schwalbennest und richteten es für einen möglichen Rückzug her, indem sie Ausrüstung und Proviant zurückließen. Dann stiegen sie weiter auf über das erste Eisfeld; den Übergang zum zweiten Eisfeld bildet ein Eisschlauch, für den Kasparek und Harrer Stunden benötigten. „Das
Page 6
Gestein ist dachziegelartig abwärts geschichtet. Und der Fels ist vom Steinschlag glattgescheuert, mit Schnee, Eis Schutt und Sand paniert.“ Schon am frühen Nachmittag rüsteten die beiden zum Biwak auf einem Felskopf und verbrachten eine lange, kalte Nacht mit nassen Kleidern in der Eiger-Nordwand. „Später werden wir feststellen, dass es das schlechteste der Wand war, obwohl wir relativ gute Sitzplätze hatten.“