Die Weite der Welt - Richard EVO Jecht - E-Book

Die Weite der Welt E-Book

Richard EVO Jecht

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Beschreibung

In der Reihe "Bücher für Alle & Keinen" wird philosophische Literatur publiziert, die jenseits von links, rechts und bürgerlicher Mitte angesiedelt und ideologiefrei verfaßt ist. Im Buch "Die Weite der Welt" habe ich einen philosophischen Essay und Gedichte zu einem Ganzen verknüpft und dabei Sein und Wahrheit in einen, wie ich denke, überraschenden Zusammenhang gestellt. Die Weite der Welt ist noch da. "Weite der Welt", bete ich, und sie öffnet sich. Nimmt mich zu sich. Dann ist Erfüllung in einem ewigen Ja. Reine Glückseligkeit. Doch die Zeit holt Geist und Seele ein und zwingt sie zurück: in die scheußliche Enge jenes Stücks, das der kranke Mensch ersann. "Wirklichkeit", nennt er diese von ihm kreierte Schattenwelt, und ist ihr verfallen: mit allem, was er denkt und tut. Doch es ist gut. Denn in allem wohnt die Weite der Welt.

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Inhaltsverzeichnis

I. Teil

II. Teil

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

III. Teil

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

IV. Teil

I. Kapitel

II. Kapitel

III. Kapitel

Bücher für Alle & Keinen. Grundlegungen einer neuen Kultur. Manifest

HEGEL & JAZZ. Eine experimentelle Performance

Impressum

Die Weite der Welt ist noch da.

„Weite der Welt“, bete ich,

und sie öffnet sich. Nimmt mich zu sich.

Dann ist Erfüllung in einem ewigen Ja.

Reine Glückseligkeit. Doch die Zeit

holt Geist und Seele ein und zwingt sie zurück:

in die scheußliche Enge jenes Stücks,

das der kranke Mensch ersann. „Wirklichkeit“,

nennt er diese von ihm kreierte Schattenwelt,

und ist ihr verfallen: mit allem, was er denkt und tut.

Doch es ist gut.

Denn in allem wohnt die Weite der Welt.

Angesichts des Umstands, daß der hypermoderne westliche Mensch an sich selbst irre geworden ist, kehren wir dem nunmehr allseits herrschenden Abstrusen und Absurden den Rücken und setzen da an, wo die Philosophen schon immer angesetzt haben: beim Wesentlichen. Es ist unsere erklärte Absicht, zum Ausgangspunkt allen philosophischen Fragens zurückzukehren und in einer ähnlichen Weise zu philosophieren, wie es ehemals die ersten griechischen Philosophen taten.

Somit ist klar, daß wir mit dieser Arbeit nicht den Anspruch verfolgen, streng wissenschaftlichen Kriterien gerecht zu werden. So wertvoll das wissenschaftliche Denken und die wissenschaftliche Methodik für den Erkenntnisgewinn sind, so wenig eignen sie sich dazu, das geistige Fundament für eine lebensbejahende Kultur zu legen, in welcher die geistigen Kräfte des einzelnen umfassend befördert werden sollen. Das geistige Fundament für eine derartige Kultur zu legen, ist nicht Aufgabe der Wissenschaftler, sondern der Künstler unter den Denkern, der Philosophen.

Der sich durch diese Schrift ziehende Grundgedanke lautet: Wahrheit ist, weil das Sein wahr ist; weil es als etwas, das existiert, nicht nicht wahr sein kann, auch dann, wenn es nur ein scheinbares sein sollte.

Tanzen ist Beten.

Ich ruhte am Rand der Welt in tiefer Stille,

bis aus der Stille Bewegung erstand. Eine Fülle

innerer Bewegung, die durch den

Körper floß und Arme, Beine, Schultern beseelte,

so daß sich der Körper regte und Ausdruck wurde, Tanz.

Durch Hingabe wirkte der Körper auf die Welt, und der Abglanz

der Welt wirkte auf ihn zurück, aufs Selbst:

Da wurden Welt und Selbst ganz,

vermittelt durch den Tanz.

II.

Was ist wesentlich? Wesentlich ist, erneut die Grundfrage aufzuwerfen, was der Mensch ist. Halten wir zunächst fest, daß, wer so fragt, es als gegeben ansieht, daß dem Menschen Existenz zukomme. Ist dem so? Ja, dieses Alsgegeben-Ansehen, daß dem Menschen Existenz zukomme, geschieht mit dem größten Recht. Denn der Satz „Dem Menschen kommt Existenz oder Sein zu“ ist von der Art, daß niemand hinter ihn zurücktreten kann. Er gilt unbedingt, weil die umgekehrte Aussage, daß der Mensch nicht sei, offenkundig widersinnig ist. Etwas Existierendes kann nicht nicht sein.

Es geht hierbei um viel mehr als nur um einen logischen Schluß; es ist das Leben selbst, oder genauer: ein im Menschen vorhandenes lebendiges Empfinden, das die Aussage, der Mensch sei nicht, mit allem Nachdruck abweist und den Satz, daß dem Menschen Existenz zukomme, als zutiefst wahr verbürgt. Indem jeder so empfindet, und immer in dieser Weise empfindet, erkennen wir, daß es sich bei diesem Empfinden um die Grundgestimmtheit des Selbst handelt.

An dieser Stelle sei der Grundsatz ausgesprochen, daß der Mensch aus seiner Mitte fällt und pervertiert, wenn er den Instinkten, Trieben, Empfindungen und Gefühlen, den vermeintlich nonrationalen Wegweisern, den ihnen gebührenden Platz im Leben nicht einräumt.

Das Morgenlicht ging auf

wie eine neue Welt.

Und ich war diese Welt

und das Ich wurde Selbst,

und das Selbst geht wie das Morgenlicht auf.

Man mag einwenden, daß der Satz „Dem Menschen kommt Existenz zu“ nur auf der Grundlage der spezifisch menschlichen Wahrnehmung unbedingte Geltung besitze. Dies mag so sein. Es ist jedoch unerheblich, weil der Mensch ohnehin nicht anders kann, als das All stets in spezifisch menschlicher Weise wahrzunehmen und sich dem entsprechend in der Welt einzurichten.

Man mag außerdem einwenden, daß der große Mangel allen Philosophierens darin liege, nichts weiter als ein spezifisch menschliches „Sprachspiel“ zu sein, weshalb ihm keine oder nur wenig objektive Aussagekraft zukomme. Auch diesem Einwand ist zu entgegnen, daß die Menschen eben gar nicht anders können, als sich auf eine spezifisch menschliche Art und Weise zu verständigen, etwa über philosophische Sprachspiele. Ja wie auch sonst?! möchte man all jenen zurufen, die es für fortschrittlich halten, viele der durch die Sprache und durch die sprachlichen Konventionen erzielten kulturellen Errungenschaften als überholt abzuqualifizieren.

Wir hingegen halten an der Sprache und an den sprachlichen Konventionen fest, nicht nur, weil wir denken, daß mittels der Sprache auch Objektives ausgedrückt wird, auch wenn es durch die spezifisch menschliche Art der Wahrnehmung stets gefärbt ist, sondern auch, weil wir in der Schaffung der Schriftsprache eine der vollkommensten Früchte der menschlichen Kultur erblicken, eine nach menschlichen Begriffen zu höchster Vollkommenheit entwickelte Form.

2

Der Körper ist ein Schwingen im Wind:

aufwärts, abwärts, hin und her.

In ihm gibt es keine Schwere mehr,

denn er wurde Weltenkind.

Der Geist trieb Wurzeln in die Erde,

so daß sie sanft das Herz umfaßt;

und er stieg empor zum Himmel, so daß

dieser sich verbinde mit der Erde

und ums Herz sich lege, –

nun ist der Körper Weltenkind.

Ein Schwingen im Wind.

Eine allverbundene Seele.

Wir halten fest, daß dem Menschen Existenz zukommt. Wenn aber dem Menschen Existenz zukommt, dann muß auch allem anderen, was ist, Existenz zukommen. Es gilt: Allem, was ist, kommt Existenz zu. In dieser Feststellung liegt beschlossen, daß alles, was ist, wirklich ist. Denn Existenz und Wirklichkeit sind, gemäß dem jedem einwohnenden Grundempfinden, gleichursprünglich und voneinander nicht zu trennen. Für den Menschen gilt: Sobald etwas ist, kommt diesem auch Wirklichkeit zu, und zwar unabhängig davon, in welcher spezifischen Weise es ist. Hinter diesen Satz kann niemand zurückgehen, weil dieser eine spezifisch menschliche Grundwahrheit ausspricht; weil durch ihn etwas benannt wird, das eine Grundstruktur geistiger Selbstentfaltung darstellt, über die man nicht hinausgelangen kann. Freilich, man könnte die Aussage zerdenken und sie dadurch zersetzen, aber was wäre damit gewonnen?

Man mag einwenden, daß es durchaus Phänomene gibt, die nicht wirklich existieren, die dem Menschen aber als wirklich erscheinen, etwa Träume und Halluzinationen. Dieser Einwand liefe ins Leere, weil auch Traumbildern und Halluzinationen eine gewisse Form von Existenz zukommt, und also Wirklichkeit. Denn Träume und Trugbilder können auf den einzelnen einwirken, mitunter folgenschwer, und wie könnten sie das, wenn sie nicht in einer gewissen Weise existierten, etwa als Energieformen? Auch dann, wenn es sich bei der Entstehung von Träumen bloß um einen biochemischen Vorgang im Gehirn handeln sollte, basierte ihr Dasein doch immer noch auf einer realen physiologischen Grundlage. Traumbilder mögen dem Träumenden zwar als unwirklich erscheinen, als ganz und gar phantastisch; sie sind aber als etwas, dem in einer spezifischen Weise Existenz zukommt, ebenso wirklich wie alles andere, dem Existenz zukommt, unabhängig davon, ob der Mensch das Phänomen erklären kann oder nicht. Wir stellen fest: Allem, was ist, kommt deswegen Wirklichkeit zu, weil es wirkmächtig ist. Wirklichkeit ist immer ein Bewirkt-Worden-Sein, oder ein Bewirkt-Werden. Alles Sein ist wirkmächtig.

Der weiße Schlangenvater sang,

den Kopf bedächtig wiegend.

Er konnt‘ mit dem Gesang

ganze Gedankenarmeen besiegen.

Auch konnt‘ er Schatten locken und bezirzen,

so daß sie lauschend ihn umringten,

bis er sich auf einen stürzte,

um ihn einvernehmlich zu verschlingen

und so ins Licht zurückzuzwingen.

Dann begann erneut das Singen,

das unwiderstehliche Schatten-Bezwingen.

Mein Geist aber reiste auf Zauberschwingen.

3