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Studienarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Romanistik - Italianistik, Note: 1,3, Universität Potsdam (Institut für Romanistik), Veranstaltung: Proseminar Giovanni Boccaccios Decameron, Sprache: Deutsch, Abstract: Geht man davon aus, daß Boccaccio der “Vater der Novelle“ überhaupt ist, sollte jede, nach der Veröffentlichung des Decameron publizierte, Novelle auf gewisse Weise von Boccaccio beeinflußt sein. Obwohl Cervantes, als er 1613 sein Werk veröffentlichte, im Prólogo al lector stolz von sich behauptete, seine Novellen seien weder imitiert noch gestohlen, lassen sich bei genauerem Hinsehen nichtsdestotrotz zahlreiche Parallelen zu Bocaccios Werk feststellen. Um herauszufinden, inwiefern die Novelas ejemplares von Boccaccios Decameron beeinflußt sein könnten, werden zunächst die Novellen beider Werke allgemein und im Anschluß daran der Prólogo al lector der Novelas ejemplares mit dem Proemio sowie der Conclusione dell´autore des Decameron, also die Teile des jeweiligen Werkes, die sich explizit an den Rezipienten richten, miteinander verglichen. Dem folgt eine Gegenüberstellung zweier Novellen: La gitanilla, die erste Novelle der Novelas ejemplares, und die Novelle V, 5 aus dem Decameron sollen dabei auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede sowohl auf inhaltlicher als auch auf formaler Ebene überprüft werden, um zu ergründen, ob und wie sich Cervantes an Boccaccio orientiert haben könnte.
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Bis ins 16. Jh. hinein besteht die spanische Novellistik, die sich sowohl unter italienischen als auch französischen Einflüssen entwickelt1, im wesentlichen aus der Übersetzung italienischer Autoren, wobei deren Werke, vermutlich aufgrund der starken (katholisch motivierten) Zensur, nach Möglichkeit von erotischen Inhalten befreit und infolge der ausgeprägten Exempla-Tradition den spanischen Vorstellungen von Nützlichkeit angepaßt werden.2
Zu den wenigen genuin spanischen Sammlungen gehörtConde Lucanorbzw.Libro de los enxiemplos del Conde Lucanor et del Patronio(ca. 1335) von Don Juan Manuel (*1282 †1348), eine vierteilige Zusammenstellung von Erzählungen, von denen besonders die fünfzig Erzählungen des ersten Teils Berühmtheit erlangten.3Eingebettet in einen Rahmen, getragen vomCondeLucanor und dessenconsejeroPatronio4, beziehen sich die Einzelerzählungen jeweils exemplarisch auf eine einleitend dargestellte Situation und enden stets mit einer lehrreichen Sentenz (Zweizeiler).5Die Form, insbesondere die Schachtelerzählungen, verweist auf orientalische Vorbilder.6
Erstmalig erscheinen Novellen als solche in Gestalt von Binnenerzählungen innerhalb des wohl bekanntesten spanischen SchäferromansLos siete libros de la Diana(1558/59), verfaßt von Jorge de Montemayor (*um 1520 †1561).7