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Wenn er könnte, würde Rhennon sein ganzes Leben dem Studium der alten Mysterien widmen. Als ihn jedoch die Nachricht vom Tod seines Vaters, dem mächtigen Graf Andavar, erreicht, bleibt ihm keine andere Wahl, als dessen Erbe anzutreten. Während Rhennon allerdings mit den Bürden seines neuen Amtes kämpft, verfolgt sein jüngerer Bruder Lucan ganz eigene Pläne. Er hat erkannt, dass die verhasste Republik im Süden geschwächt ist, und will die politische Situation für seine Zwecke ausnutzen. Mit Gewalt, wenn es sein muss.
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Seitenzahl: 133
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Inhaltswarnungen
Karte von Mesembra
Die Zeit der Asche
Dramatis Personae
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Weitere Werke
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Über die Autorin
DIE ZEIT DER ASCHE
© 2022 Katharina Jach
ISBN: 978-3-7568-366-04
Verlag: Katharina Jach, Baumwall 7, 20459 Hamburg
Lektorat: Nina C. Hasse, www.texteule-lektorat.com
Korrektorat: Sophie Jenke www.lektorat-weltenbau.de
Covergestaltung: Jesh Art Studio
Vertrieb durch: Books on Demand GmbH
Alle Orte, Personen und Namen in diesem E-Book sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder realen Orten sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Mehr Informationen unter
www.dunkelwunder.de | [email protected]
Inhaltswarnungen
Diese Geschichte enthält explizite Darstellungen von Gewalt, Machtmissbrauch, Unterdrückung und Rassismus.
Rhennon Andavar, Student
Gill Marton, Professor
Samson Eido, Student
Ashton Abernassy, Studentin
Lucan Andavar, Adeliger
Andrazs Leduc, Seneschall
Deros Telto, Kammerdiener
Méchant Trivett, Kammerdiener
Derek Silthus, Graf von Belind
Liobe Vanover, Gräfin von Utar
Gijs Algerton, Graf von Lertes
Rohan Siraat, Graf von Sarkadien
Ezra Marjik, Graf von Semnai
»Es ist offen.«
Rhennon sog die Luft ein und hielt den Atem an. Vorsichtig legte er die Hand auf den Türgriff. Das Messing fühlte sich kalt unter seinen Fingern an.
Da war er nun, der große Augenblick. Es gab kein Entkommen mehr. Wie viele angehende Gelehrte hatten schon hier gestanden, innegehalten und sich auf das folgende Gespräch vorbereitet?
Der junge Assistent des Professors, der hinter einem Schreibtisch im Vorzimmer saß und eintreffende Besucherinnen und Besucher willkommen hieß, sah von seiner Lektüre auf und musterte Rhennon abschätzig.
»Armer Wicht«, murmelte er und schnalzte mit der Zunge. Die Seiten des dicken Schmökers, über dem er brütete, raschelten leise, während er das nächste Kapitel aufschlug.
Rhennon schluckte seinen Ärger herunter, packte den Türgriff fester und drehte ihn langsam nach links. Die massive Holztür öffnete sich mit einem leisen Quietschen.
Es geht los.
Professor Martons Büro roch nach Staub und altem Papier. Alles in allem kein unangenehmer Geruch, wie Rhennon zugeben musste, erinnerte er ihn doch an einige seiner glücklichsten Kindheitserinnerungen. Als kleiner Junge hatte er es geliebt, die Bibliothek seines Vaters nach alten Geheimnissen zu durchforschen. Wahrscheinlich empfand er deshalb auch eine zarte Zuneigung zu dem Mann, dem dieses Büro gehörte. Professor Marton war ein älterer und leicht untersetzter Herr mit weißer Haut und ergrautem Haar, das trotz aller Bemühungen sich nie ganz zu einer Frisur formen wollte. Während der Vorlesungen trug er wie alle Gelehrten einen Talar, der seinem Amt und seiner Stellung entsprach. An diesem Tag hatte er sich allerdings für eine Kombination aus Kniebundhosen, Stiefeln und einem steifgebügelten Hemd mit Volants an den Aufschlägen entschieden. Sein Gehrock aus erdfarbenem Tweet hing über einem Ständer in der Ecke.
»Ah, Rhennon«, rief der alte Professor und klappte den Folianten zu, in dem er gelesen hatte. Er rückte die zarte Brille auf seiner Nase zurecht. »Kommen Sie rein.«
»Guten Morgen, Professor«, sagte Rhennon und bemühte sich, seine Nervosität mit einem gewinnenden Lächeln zu verdecken.
»Bitte nehmen Sie Platz«, sagte Marton und deutete auf den Holzstuhl, der vor einem massigen Schreibtisch stand. Er selbst nahm auf dem dunklen Ledersessel dahinter Platz.
Rhennon setzte sich und nahm sich einen Augenblick Zeit, das Zimmer näher in Augenschein zu nehmen. Abgesehen von den schwarzen Vorhängen, die zugezogen worden waren, um das grelle Sonnenlicht draußen zu halten, wurde der Raum zu allen Seiten von riesigen Regalwänden dominiert. Darin befand sich eine – selbst nach den Maßstäben eines renommierten Historikers – ungewöhnlich große Sammlung alter Bücher, Pergamente und Folianten. Auf Anhieb entdeckte Rhennon Erstausgaben von einem Dutzend berühmter Gelehrter, die mit ihren Forschungen das Verständnis der Welt bis zu diesem Tag prägten. Ergänzt wurden sie von kleineren Ausstellungsstücken wie dem Schädel eines Phönix, der durch eine gläserne Glocke vor Staub und Schmutz geschützt wurde. Der Vogel galt wie so viele andere Arten als ausgestorben.
»Vielen Dank, dass Sie so früh vorbeigekommen sind«, sagte der Professor und entzündete eine Öllampe, die als Leselicht auf seinem Schreibtisch stand.
»Es ist mir ein Vergnügen, Professor.«
»Nun ja«, sagte Marton und zog ein besticktes Tuch aus der Brusttasche seines Gehrocks, um daran zu riechen. »Das wird sich zeigen.«
Rhennon rutschte unruhig auf dem Stuhl umher. Es war besser, wenn er die Angelegenheit schnell hinter sich brachte. »Sicher wollten Sie mit mir über meinen Antrag sprechen.«
Marton lehnte sich zurück und legte nachdenklich die Fingerspitzen aneinander. Das Sesselpolster quietschte unter seinem Gewicht. »Ach ja. Richtig.«
»Und was halten Sie davon?«
»Nun, ich muss gestehen, dass ich einigermaßen verblüfft war.«
Rhennon befeuchtete seine Lippen und bemühte sich um eine gelassene Miene. »Habe ich einen Fehler bei der Einreichung gemacht?«
»Oh, nein, das nicht. Es ist eher der Inhalt des Antrags, der mich irritiert.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte Rhennon.
Marton verschränkte die Finger ineinander und seufzte. »Sie fragen nach einer Förderung der Universität für eine Expedition, um im Feld Beweise für Ihre Theorie über die Entstehung der Menschen und ihren Aufstieg an die Spitze der Evolution zu finden.«
»Ja.«
»Auf Delphos?«
»Das ist richtig.«
Marton seufzte. »Mir ist nicht entgangen, dass Sie ein Faible für die Frühgeschichte entwickelt haben«, sagte er mit einigem Bedauern in der Stimme. »Auch wenn ich diese ferne Epoche als Sujet wenig beachtenswert finde, kann ich Ihr Interesse bis zu einem gewissen Grad verstehen. Viele junge Menschen interessieren sich für die ferne Vergangenheit, und ich gebe zu, es ist faszinierend, die Ursprünge unserer Art zu untersuchen und sie bis in die heutige Zeit zu verfolgen. Doch gilt diese Epoche als weitestgehend erforscht. Soubrey Sandrin hat dieses Kapitel mit der Veröffentlichung ihrer Prinzipien bereits vor Jahrhunderten abgeschlossen. Was also glauben Sie auf den Zeitlosen Inseln finden zu können, das nicht schon ausreichend erforscht wäre?«
Rhennon straffte die Schultern. So viel hing davon ab, dass er Marton davon überzeugte, ihm die Mittel für seine Expedition zur Verfügung zu stellen. Vielleicht sogar seine gesamte Karriere. Natürlich, er hätte seinen Vater bitten können, die Reise zu finanzieren, aber das wäre nicht dasselbe. In den Augen der Historischen Fakultät wäre er dann nur ein weiterer Glücksritter, ein akademischer Narr. Und er hatte nicht vor, sich vor ihnen lächerlich zu machen.
»Delphos ist seit Jahrhunderten von der Außenwelt abgeschnitten«, erklärte Rhennon. »Nach allem, was ich bei meiner bisherigen Recherche herausgefunden habe, könnten dort unzählige Erkenntnisse auf uns warten, die uns etwas Neues über den Ursprung der Menschheit verraten. Wir könnten Beweise für einige der ältesten Erzählungen unseres Geschlechts finden und damit ihre Entstehung rekonstruieren. Schließlich sprechen wir hier von den Zeitlosen Inseln. Warum sollten wir sie so nennen, wenn dort nicht die Zeit selbst stehen geblieben ist?«
»Möglicherweise«, sagte Marton verkniffen. »Es ist nur so, mein Junge, Sie widersprechen mit Ihren Ansichten klar den Sandrinischen Prinzipien in Bezug auf die Entstehung der Arten.«
»Diese Forschungen gelten als alles andere als gesichert.« Rhennon bemühte sich um ein entschuldigendes Lächeln. »Wenn wir ehrlich sind, sind sie kaum mehr als eine Vermutung. Eine Vermutung, die besagt, dass die Menschen eine Phase der Mutation durchmachten, die ihren natürlichen Intellekt gestärkt hat und sie das wahre Wesen aller Dinge erkennen ließ. Etwas sehr … praktisch, diese Erklärung, finden Sie nicht?«
Martons Nasenflügel bebten. »Wenn Sie Sandrins Forschungen für kaum mehr als Vermutungen halten, muss ich mich fragen, warum Sie es für eine gute Idee hielten, für Ihre Beweisführung Werke heranzuziehen, deren Inhalt man bestenfalls als mythologisch bezeichnen kann.«
»Haben nicht alle Mythen einen historischen Ursprung? Denken Sie nur an Bar Sharan, die Nacht, als die Sterne vom Himmel fielen. Auch dies wurde einst als Schöpfungsmythos abgetan. Heute wissen wir, dass es einen sehr realen Meteoritenschauer gegeben hat, der über dem Aschwallgebirge niederging. Warum also sollten sich nicht auch einige der alten Erzählungen über die Ursprünge der Menschheit als wahr herausstellen?«
»Sie sprechen davon, dass die Menschen auf unnatürliche Weise in diese Welt gekommen sind«, rief Marton und hob die Hände in einer Geste der Verzweiflung. »Dass sie sich nicht durch die Evolution entwickelt haben, sondern wie durch ein Wunder hierher versetzt wurden und anschließend aus einem kollektiven Traum erwachten. Diesen Mumpitz glauben Sie doch nicht wirklich?«
»Es würde so vieles erklären«, beharrte Rhennon. »Die Menschen sind sehr plötzlich auf der Weltbühne erschienen und haben sich in Windeseile in ganz Mesembra ausgebreitet. Für einen solchen Siegeszug bedarf es vieler Fertigkeiten, die sich bei anderen Arten nur sehr langsam entwickelten. Zudem gibt es aus der Zeit vor diesem Erwachen keinerlei Zeugnisse, obwohl wir wissen, dass die Zharen ihre Geschichte bereits seit über sechstausend Jahren in Form von mündlichen Überlieferungen weitergeben. Aber auch sie kennen keine Geschichten über primitive Menschen, die unserer Zivilisation vorangegangen sind.«
»Das liegt daran, dass sich die Menschen nicht wie gewöhnliche Tiere entwickelt haben, sondern von den Kräften der Natur in ihrer Vollkommenheit erweckt wurden.«
Das ominöse Erwachen. Die kleine Zauberkarte, die Gelehrte seit Jahrtausenden nutzten, um die Überlegenheit der menschlichen Spezies zu erklären. Rhennon kniff die Lippen zusammen.
»Bei allem Respekt, Professor, es gibt keine Hinweise darauf, wie die Natur allein die rasante Entwicklung der Menschen möglich gemacht haben will. Es muss noch etwas anderes gegeben haben, eine Art begleitendes Ereignis.«
»Die Lehre vom Erwachen ist einer der Grundpfeiler, auf dem unsere Gesellschaft beruht«, erklärte Marton in einem Ton, als hielte er Rhennon für ein sehr dummes Kind, das sich einer gerechtfertigten Rüge entzog. »Sehen Sie sich doch nur an, was mit dem Kaiserreich geschehen ist, sobald sich die Menschen von diesem Ideal abgewandt hatten. Götterglaube, Polygamie, Demokratie. Die Leute kamen auf die verrücktesten Ideen. Heute herrschen im Süden nur noch Unsitten und der allgemeine Verfall der Moral. Nur hier halten wir die alte Ordnung der Sicherheit und Stabilität aufrecht.«
Rhennon hielt den Atem an. Er wusste, dass Marton die Grafschaften meinte, jenen den Norden umfassenden Verbund von Ländern, die von den letzten kaisertreuen Adelshäusern von Mesembra beherrscht wurden.
»Aber Sie sind Historiker«, beharrte er. »Sie haben sich der Forschung nach der Wahrheit verpflichtet.«
»Die Wahrheit?« Die Stimme des Professors klang spöttisch. »Glauben Sie wirklich, dass Sie in Ihrer Arbeit die Wahrheit aufgedeckt haben? Es tut mir leid, mein Junge, ich bin nicht überzeugt. Aber ich rechne Ihnen hoch an, dass Sie die Verve besitzen, Ihre Ansichten mit so viel Hingabe zu verteidigen. Ohne Zweifel haben Sie hart daran gearbeitet, auch wenn ich das Ergebnis für ausgemachten Unsinn halte.«
»Lassen Sie mich erklären!«
Der Professor hob die Hand. »Glauben Sie mir, wenn Sie es als Akademiker zu etwas bringen wollen, sollten Sie diesen Quatsch vergessen. Konzentrieren Sie sich auf gesicherte Fakten und nicht auf Fantastereien.«
Rhennon schluckte schwer. Ihm war von Anfang an klar gewesen, dass es schwer werden würde, einen renommierten und überaus konservativen Historiker wie Professor Marton von einem neuen Weltbild zu überzeugen. Trotzdem wollte er sich nicht so leicht geschlagen geben.
»Das ist nicht das, was Sie hören wollten«, stellte Marton fest und lehnte sich vor. »Aber es ist meine Pflicht als Ihr Mentor, Sie über Ihre Irrtümer aufzuklären. Das ist nicht einfach, glauben Sie mir. Umso schwerer fällt es mir, mit Ihnen über den eigentlichen Grund zu sprechen, aus dem ich Sie sehen wollte.«
Das ließ Rhennon aufhorchen. Seine Finger krallten sich in den Saum seines Gehrocks. Wieso nur hatte er das Gefühl, dass sich ein gewaltiger unsichtbarer Hammer auf ihn zubewegte?
Stille senkte sich wie ein schweres Tuch über den Raum herab. Marton atmete tief ein, sammelte sich. Ein Ausdruck des Bedauerns und Mitgefühls huschte über sein Gesicht. Die Veränderung ließ Rhennons Blut in den Adern gefrieren.
»Wie Sie wissen, sind Ihr Vater und ich alte Freunde«, erklärte der Professor und starrte ins Licht der Öllampe. »Als Sie hier ankamen, bat er mich, über Sie zu wachen und Sie in allen Belangen zu fördern, so wie Ihre Mutter es sich gewünscht hätte.« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Es ist ein Jammer, dass das Serengi-Fieber sie so früh dahingerafft hat, wirklich.«
»Worauf wollen Sie hinaus, Professor?«, fragte Rhennon und versuchte nicht an all das Silber zu denken, mit dem sein Vater sich Martons Gunst gesichert hatte.
Der Professor seufzte und öffnete eine Schublade seines Schreibtischs, holte eine schmale Papierrolle hervor und legte sie vor Rhennon auf den Tisch. Das Siegel war gebrochen.
»Diese Nachricht traf heute Morgen mit einem Kurier ein.«
Rhennons Finger zitterten, als er die Rolle nahm und das Siegel betrachtete. Das Wachs war grün und mit Silberstaub versetzt, der im Licht der Öllampe glitzerte. Das Wappen des Hohen Hauses Andavar – ein Schwarzadler, der mit seinen Krallen ein Schwert umklammert hielt – prangte in der Mitte.
»Ihr Vater ist vor zwei Wochen gestorben«, sagte Marton. »Es tut mir sehr leid.«
Die Neuigkeit traf Rhennon wie ein Hieb in die Magengrube.
»Was?«, keuchte er. »Wie ist das möglich?«
»Die Zharen, fürchte ich«, sagte Marton in einem beiläufigen Ton. »Offenbar hat es im Bergwerk bei Silbers Ende einen Aufstand gegeben. Ihr Vater wollte mit einem Trupp Gardisten für Ruhe sorgen und wurde in einem Scharmützel tödlich verwundet.«
Rhennons Mund war wie ausgetrocknet. Er hatte seit Monaten nichts mehr von seinem Vater gehört. In seinem letzten Brief war er guter Dinge gewesen und hatte über verbesserte Förderquoten und seine Ausbaupläne für Schloss Andavar gesprochen. Dass er nicht mehr am Leben sein sollte, war unvorstellbar.
Rhennon entrollte das Papier und überflog die hastig geschriebenen Zeilen. Die Handschrift gehörte dem Seneschall seines Vaters. In seiner Nachricht berichtete er knapp vom unerwarteten Tod des Grafen und der immensen Trauer seines Haushalts und bat Marton, Rhennon die Nachricht zu einem geeigneten Zeitpunkt und so schonend wie möglich beizubringen.
Tränen stiegen ihm in die Augen. »Ich danke Ihnen«, brachte Rhennon mühsam hervor und gab Marton die Nachricht zurück.
Der Professor verstaute das Papier wieder in der Schublade. »Sie wissen, was das bedeutet, nicht wahr?«
»Dass ich meine Forschung an den Nagel hängen kann?«, erwiderte Rhennon in einem schwachen Versuch, nicht allzu verbittert zu klingen.
»Sie sind Graf Simeons ältester Sohn und der Erbe eines Hohen Hauses. Ihr Vater hat Sie so gut wie möglich auf die Aufgaben vorbereitet, die Sie nun erwarten. Es ist Ihr Recht und Ihre Pflicht, seinen Platz einzunehmen.«
»Ja, natürlich.« Rhennon stand auf und strich sich das lange schwarze Haar nach hinten. Sein Blick huschte rastlos durchs Zimmer. »Zu schade. Mit einer Expedition nach Delphos hätte ich meine Theorie sicher beweisen können.«
Einen Moment lang erwartete Rhennon, dass Marton ihn erneut zurechtweisen würde. Stattdessen erhob sich der ältere Mann aus seinem Sessel, kam um den Schreibtisch herum und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
»Die Zeitlosen Inseln sind nur eine Geschichte«, sagte er. »Eine Geschichte, Rhennon. Nicht die Geschichte. Vergessen Sie das nicht.«
Rhennon blinzelte heftig gegen die Tränen an, die er in sich aufsteigen spürte. Er hatte verloren und es gab nichts, um diese Niederlage in einen Sieg zu verwandeln. Eine Niederlage, die so vollkommen war, dass er keine Worte dafür hatte.
Es klopfte an der Tür. Marton, offenbar dankbar für die Unterbrechung, rief die Person herein. Sein Assistent stand in der Tür und hielt ein Tablett mit Frühstück in die Höhe. »Für Sie, Professor.«
»Stellen Sie es da hin«, wies der Professor seinen Assistenten an und gestikulierte vage in Richtung seines Schreibtischs. An Rhennon gewandt fügte er hinzu: »Es tut mir wirklich leid, mein Junge. Sehr sogar.«
Rhennon verabschiedete sich und ging, bevor ihn der Wunsch übermannen konnte, den Professor mit einem seiner eigenen Folianten zu erschlagen.
In der Goldenen Feder