Dimensionen digitaler Lehre in der universitären Fremdsprachenlehrkräftebildung -  - E-Book

Dimensionen digitaler Lehre in der universitären Fremdsprachenlehrkräftebildung E-Book

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Beschreibung

Lehrpersonen in der akademischen Fremdsprachendidaktik zeigten während der COVID-19-Pandemie einigen Ideenreichtum in Bezug auf die Konzeption ihrer Lehrveranstaltungen. Vor allem die Aktivierung der Studierenden musste weitgehend neu gedacht und mithilfe digitaler Medien realisiert werden. Termini wie "synchron", "asynchron" oder "hybrid" gehörten plötzlich zum Alltagsvokabular. Dieser Band beschreibt die metareflexiven Prozesse einer Disziplin, die im Zuge einer radikalen Umstellung auf digitale Lehre das eigene Selbstverständnis befragt und dabei zukunftsweisende Praktiken exploriert.

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Leo Will / Jürgen Kurtz / Tamara Zeyer / Hélène Martinez (Hrsg.)

Dimensionen digitaler Lehre in der universitären Fremdsprachenlehrkräftebildung

DOI: https://doi.org/10.24053/9783823395959

 

© 2022 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KGDischingerweg 5 • D-72070 Tübingen

 

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetztes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich.

 

Internet: www.narr.deeMail: [email protected]

 

ISSN 0175-7776

ISBN 978-3-8233-8595-0 (Print)

ISBN 978-3-8233-0466-1 (ePub)

Inhalt

VorwortZur Einführung in den SammelbandAusgangsüberlegungen zur Rolle digitaler Technologien, Medien und Werkzeuge für die Professionalisierung von FremdsprachenlehrkräftenZu synchronen, asynchronen oder kombiniert digitalen LehrveranstaltungsformatenZu digital ermöglichten bzw. gestützten Aktivierungs- und PartizipationsformenZu den Beiträgen in diesem SammelbandLiteraturWie bewerten angehende Fremdsprachenlehrkräfte verschiedene Veranstaltungs-, Aufgaben- und Aktivierungsformate in der digitalen universitären Lehre? Ergebnisse einer explorativ angelegten Online-BefragungEinleitung und Problemaufriss1 Erkenntnisinteressen2 Orientierungspunkte3 Fragebogenkonstruktion4 Sampling5 Datenauswertung5.1 Teilnehmerpopulation5.2 Veranstaltungsformate5.3 Aktivierungs- und Partizipationsformen5.4 Dimensionen der Fremdsprachenlehrkräftebildung6 Zusammenfassung7 Rück- und AusblickLiteraturAnhang: Das Online-Erhebungsinstrumentarium in der PrintversionInteraktive Präsentationen als Format zur Aktivierung von Studierenden in der digitalen Hochschullehre – ein datenbasierter Einblick in Bearbeitungs- und Reflexionsprozesse von Lehramtsstudierenden des Faches Spanisch1 Einleitung2 Theoretische und methodische Zugänge zu dem Format der interaktiven Präsentation2.1 Aktivierung und Interaktivität: Terminologie und Forschungsergebnisse2.2 Das Proseminar „Kompetenzorientierung im Spanischunterricht“3 Methodisches Vorgehen3.1 Studienteilnehmende und Datensätze3.2 Datenerfassung und -auswertung3.3 Datenbasierte Entwicklung eines Analyserasters4 Ergebnisse der Untersuchung: Datengestützte Einblicke in Formate der Aktivierung und Interaktivität sowie Reflexionsprozesse der Studierenden4.1 Das Thema „Wortschatzarbeit“ – kontinuierliche Aktivierung und Interaktivität auf kognitiver, emotionaler und sozialer Ebene 4.2 Das Thema „inter- und transkulturelle Kompetenz“ – digital gestützte und multimodale Aktivierung und Interaktivität4.3 Das Thema „(mehrsprachige) Sprachmittlung“ – experimentelles Erleben in der Rolle der Lernenden5 Fazit und ImplikationenBibliographieEinen digitalen Begegnungsraum für und mit Literatur schaffen1 Einleitung2 Theoretische Fundierung:2.1 Literaturdidaktische Prinzipien3 Seminarbeschreibung4 Datenanalyse4.1 Methodik4.2 Ergebnisse4.3 Diskussion5 ZusammenfassungLiteraturverzeichnisReden ist Silber, Kollaboration ist Gold: Aktivierung angehender Lehrkräfte in einem digital gestützten Theorie-Praxis-Projekt zur Förderung der Mündlichkeit im Englischunterricht1 Einleitung2 Kollaboration2.1 Community of Practice2.2 CMC-gestützte CoP3 Lernziele und zentrale Konzepte innerhalb der Lehrveranstaltung4 Projektbeschreibung4.1 Genese4.2 Status quo4.3 Rolle des Dozenten5 Dimensionen der Aktivierung im Rahmen des Projekts5.1 Synchrone Treffen in Kleingruppen5.2 Video assignments5.3 Diskussionen zwischen Studierenden und Expert*innen5.4 Learning logs6 Qualitative Analyse6.1 Methodik6.2 Ergebnisse7 Diskussion8 ZusammenfassungLiteraturverzeichnisHybride Lehre meistern1 Einleitung2 Hybride Lehre und 360°-Streaming – Einbettung in den Forschungsstand3 Gesamtstudie und Forschungsfrage3.1 Setting3.2 Ergebnisse4 Die Sicht der Lehrperson – Auswertung, Ergebnisse und Diskussion4.1 Methode4.2 Auswertung4.3 Ergebnisse und Diskussion5 Aktivierung der Studierenden6 FazitLiteraturEFL Teaching Methods: Analyse einer vorwiegend asynchronen englischdidaktischen Online-LehrveranstaltungEinleitung und Problemaufriss1 Beschreibung der Lehrveranstaltung1.1 Begründung des Themas der Lehrveranstaltung1.2 Lehrkräfteleitbild und hochschuldidaktische Konzeption1.3 Digitale Konzipierung der LV2 Konkrete Zielsetzungen und Inhalte der LV2.1 Digitale Rahmenbedingungen und hochschuldidaktische Umsetzung der LV2.2 Aufgabenformate und Formen der digitalen Studierendenaktivierung3 Wissenschaftliche Analyse der Untersuchung3.1 Erkenntnisinteressen und Forschungsfragen3.2 Forschungsansatz und Methodik3.3 Sample / Fallbeschreibung3.4 Datenerhebung3.5 Datenaufbereitung3.6 Datenauswertung4 Erkenntnisse der Fallstudie4.1. Zur Teilnahmebereitschaft der Studierenden an der Erforschung dieser digitalen LV4.2. Zur studentischen Beurteilung des zur Evaluation der LV bereitgestellten Fragebogens4.3 Zur studentischen Beurteilung der Wissenschaftsorientierung der LV4.4 Zur Bezugsfeldorientierung der LV4.5 Zur Subjektorientierung der LV5 Fazit und AusblickLiteratur

Vorwort

Dienstagnachmittags kommen an der Justus-​Liebig-​Universität (JLU) Gießen seit vielen Jahren schon Nachwuchswissenschaftler*innen und Professor*innen zum interdisziplinären Austausch im Forschungskolloquium „Fremdsprachendidaktik und Sprachlehrforschung“ zusammen. Anknüpfend an die Tradition des ehemaligen Gießener Graduiertenkollegs „Didaktik des Fremdverstehens“ geht es dabei einerseits um die kritisch-​konstruktive Betrachtung und systematische (Weiter-)Entwicklung innovativer Forschungsprojekte in der Englisch-, Französisch-, Spanisch- und DaF-/DaZ-​Didaktik, andererseits – und damit eng verbunden – um das gemeinsame Entdecken und Analysieren von Forschungsperspektiven sowie Forschungsansätzen und -methoden, die für das Lehren und Lernen fremder Sprachen in diversen nationalen und internationalen Kontexten von Bedeutung sind. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der empirischen Forschung in all ihren Facetten, immer bezogen auf die konkreten Erkenntnisinteressen und die jeweils unterschiedlichen (z.B. schulischen) Untersuchungskontexte. Besonders gelungene Forschungsarbeiten, hier in erster Linie Dissertations- und Habilitationsschriften, aber nicht nur diejenigen, die im Kontext des Forschungskolloquiums entstanden sind, werden in den Gießener Beiträgen zur Fremdsprachendidaktik publiziert, in dieser wissenschaftlichen Reihe also, die mittlerweile etwa 240 Bände umfasst und in der u.a. auch die Arbeitspapiere der jährlichen Frühjahrskonferenzen zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts veröffentlicht werden.

Die Digitalisierung von Lehre, Forschung und Fremdsprachenunterricht steht bereits seit geraumer Zeit im Fokus der fremdsprachendidaktischen Forschung an der JLU Gießen. Ergänzend sei hier auf die unmittelbar jeweils im Anschluss an das dienstägliche Forschungskolloquium regelmäßig stattfindende „Tech AG“ verwiesen, die sich seit ihrer Gründung vor 25 Jahren speziell mit mediendidaktischen Aspekten des Fremdsprachenunterrichts und der Lehrkräftebildung befasst.

Die vorliegende Sammelpublikation geht auf Überlegungen zu empirischen Forschungsprojekten zurück, die im Kontext der Covid-19-Pandemie und der damit verbundenen, sehr weitreichenden Digitalisierung der Lehre in den Jahren 2020-22 in diesem fruchtbaren wissenschaftlichen Kontext und Klima aufkeimten.

Der Dank der Beitragenden gilt dem Herausgeberteam der Gießener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik und dem Gunter Narr Verlag Tübingen für die großzügige Gewährung eines Druckkostenzuschusses, ohne den die Veröffentlichung der hier versammelten Forschungsbeiträge nicht möglich gewesen wäre. Ferner danken wir unseren ‚kritischen Freunden‘ aus dem Forschungskolloquium und der „Tech AG“, die das Projekt mit ihren wertvollen Ideen und Kommentaren, aber auch mit der sorgfältigen Begutachtung einzelner Texte, bereichert haben.

 

Leo Will, Jürgen Kurtz, Tamara Zeyer & Hélène Martinez im August 2022

Zur Einführung in den Sammelband

Leo Will, Jürgen Kurtz, Tamara Zeyer & Hélène Martinez

Technology and the advancement of digital media not only have the potential to change the way we learn languages, but also the way foreign language teachers learn to teach. Setting up and managing learning platforms, using learning software and educational apps effectively, designing complex web-​based tasks, and using videoconferencing in the scope of cooperation projects are just a few examples of digital media use in the foreign language instruction of today’s technology-​rich schools. However, in order for teachers to become competent, critical, and reflective users of information and communication technology (ICT) in and beyond the foreign language classroom, they need to develop knowledge, a certain set of skills, and a positive attitude toward digital media use – a learning process that ideally should start early in pre-​service teacher education. (Benitt, Schmidt & Legutke 2019)

Dieser kleine Sammelband fasst die Ergebnisse eines explorativ angelegten, im Kontext der fremdsprachendidaktischen Nachwuchsförderung an der Justus-​Liebig-​Universität (JLU) Gießen entstandenen, interdisziplinären Begleitforschungsprojekts zur pandemiebedingt rein digitalen universitären Fremdsprachenlehrkräftebildung zusammen1. Am Anfang des Projekts standen zahlreiche, in der fremdsprachendidaktischen Forschung noch weitgehend offene Fragen hinsichtlich der bestmöglichen Gestaltung digitaler Lehr-/Lernsettings, hier exemplarisch auf die Bereiche Englisch, Deutsch als Fremd-/Zweitsprache (DaF/DaZ) und Spanisch bezogen:

Welche digitalen Lehrveranstaltungsformate haben Lehramtsstudierende in den Fächern DaF/DaZ, Englisch oder Spanisch in den ‚Pandemie‘-Semestern der Jahre 2020-21 erlebt?

Wie bewerten sie diese im Hinblick auf die Entwicklung professioneller Kompetenzen?

Mit welchen Aufgaben-, Aktivierungs- und Partizipationsformen sind sie konfrontiert worden? Wie beurteilen sie diese hinsichtlich der Entwicklung professioneller Kompetenzen, hier insbesondere in den drei Dimensionen Wissenschafts-, Berufsfeld- und Subjektbezug?

Wie lassen sich Studierende in der digitalen universitären Lehre aktivieren? Welche digitalen Technologien, Medien und Werkzeuge eignen sich in welchen speziellen Verwendungsweisen zur Aktivierung der Studierenden?

Inwieweit lassen sich aktivierende Methoden, die in der analogen Lehre eingesetzt werden, auf digitale Lehr-/Lernkontexte übertragen? Wie kann man im digitalen Setting Räume für studentische Interaktion und Reflexion schaffen?

Wie sollten diese digitalen Räume bestenfalls gestaltet sein? Wie kann hier der studentische Austausch angeleitet werden (z.B. über entsprechende Aufgabenstellungen in digitalen Breakout-​Räumen)?

Welche Aktivierungs- und Interaktionsformen empfinden die Studierenden als nachhaltig wichtig?

Wie bzw. mit welchen Forschungsmethoden bzw. Erhebungs- und Analyseinstrumenten lässt sich studentische Aktivierung, Interaktion und Reflexion zielgenau erheben und auswerten?

Aus diesen ersten, für das angedachte Begleitforschungsprojekt noch zu weit aufgefächerten und zu unscharf formulierten Fragen kristallisierte sich der gemeinsame Wunsch heraus, die Potenziale, Herausforderungen und Chancen diverser digitaler Lehrveranstaltungsformate sowie sinnvoller und ertragreicher Aufgaben, Aktivierungs- und Partizipationsformen empirisch unter die Lupe zu nehmen. Das besondere, aber nicht das alleinige Erkenntnisinteresse sollte dabei der Studierendenperspektive gelten.

Forschungsmethodisch erschien es im Sinne der anfänglichen Fragen grundsätzlich angebracht und sinnvoll, sowohl quantitativ (im Sinne einer universitätsübergreifenden studentischen Online-​Befragung) als auch qualitativ (im Sinne einer detaillierten Analyse einzelner digitaler Seminarkonzepte) zu arbeiten bzw. voranzuschreiten, sozusagen rück- und vorwärtsblickend. In diesem Gesamtzusammenhang erschienen die folgenden Aspekte von besonderem Interesse:

Die Rolle digitaler Technologien, Medien und Werkzeuge für die Professionalisierung von Fremdsprachenlehrkräften

Digitale universitäre Lehrveranstaltungsformate: synchron, asynchron, kombiniert

Digital gestützte Aufgaben-, Aktivierungs- und Partizipationsformen (hier vor allem deren Wahrnehmung durch die Studierenden).

Ausgangsüberlegungen zur Rolle digitaler Technologien, Medien und Werkzeuge für die Professionalisierung von Fremdsprachenlehrkräften

Die Thematisierung und Beforschung digitaler Lehr-/Lernformate an Universitäten, aber auch an schulischen Bildungseinrichtungen ist keinesfalls neu und entfaltete sich nicht erst infolge der Coronavirus-​Pandemie. Im Kontext der Diskussion zur universitären Professionalisierung von Fremdsprachenlehrkräften beschäftigten sich zum Beispiel Niesen, Elsner und Viebrock (2020) bereits vor Ausbruch der Pandemie mit den potenziellen Mehrwerten digitaler Medien in der universitären Fremdsprachenlehrkräftebildung. Ab 2020 verschob sich allerdings der Fokus der Forschung. Die Frage, inwiefern der Medieneinsatz im Lehr-​Lernprozess sinnvoll und nützlich sein könnte, war obsolet geworden. Zunächst galt es schlicht, unter Zuhilfenahme verfügbarer digitaler Technologien, Medien und Werkzeuge die universitäre Lehre, nicht nur in der universitären Fremdsprachenlehrkräftebildung, ‚aufrechtzuerhalten‘.

Bei der Umstellung der Hochschullehre auf digitale Lehrveranstaltungsformate griffen Hochschullehrende in allen akademischen Disziplinen zunächst wohl erst einmal auf ihre Erfahrungen der Präsenzlehre1 zurück. Mitunter bzw. offenbar nicht selten wurden vertraute hochschuldidaktische Methodenansätze und Aktivierungsformen übernommen, die sich in der Präsenzlehre bewährt hatten, teilweise wurden sie digital adaptiert. Als Beispiele für die Adaption sog. Lehrmethoden in der nunmehr weitestgehend digitalen Lehre lassen sich nach Ulrich et al. (2020) die folgenden, tabellarisch zusammengefassten Vorgehensweisen nennen:

Abb. 1: Adaptation exemplarischer ‚Lehrmethoden‘ je nach Lehrformat (Ulrich et al. 2020: 158)

Wahl (2020) verweist jedoch auf die Spezifik der Fachdidaktiken und betont, dass Lehrpersonen über spezielle Fähigkeiten verfügen müssen, um Studierende zum Analysieren, Denken und Problemlösen anzuregen bzw. sie kognitiv zu aktivieren (vgl. Wahl 2020: 139). Das Zusammentragen der damit verbundenen Herausforderungen sei „eine in jeder einzelnen Fachdidaktik zu erbringende Leistung“ (ebd.).

Nach Arnold et al. (2018: 49) können digital aufbereitete Lernangebote und Informationen zwar „unaufwändig konsumiert werden, sind aber ohne aktiven Erschließungsaufwand, eigene Informationsbewertung und aktive Aneignung des Studiengegenstands für Bildungsprozesse relativ wertlos“. Eine stärkere studentische Eigenaktivität gehört daher neben selbstständiger Informationsgewinnung sowie kooperativer Zusammenarbeit zu den Forderungen an und den zentralen Zielsetzungen einer Lehre, die auf das eigeninitiativ-​konstruierende und zugleich kollaborative Lernen mit digitalen Technologien, Medien und Werkzeugen abhebt (vgl. hierzu Schulz-​Zander & Tulodzieki 2011: 41).

Im Kreise der Beitragenden zu diesem Sammelband kam hiervon ausgehend die Frage auf, ob nicht insbesondere in fremdsprachendidaktischen universitären Lehrveranstaltungen aus der pandemischen Not eine Tugend gemacht werden müsse. In der Folge wurde der Entschluss gefasst, empirisch zu erkunden, inwiefern fremdsprachendidaktisch zentrale Studieninhalte und Aktivierungsformen ‚digital adaptiert‘ bzw. unter den Vorzeichen der Digitalisierung neu gedacht oder anders angelegt werden müssten. In diesem Zusammenhang stellte sich auch die Frage, ob bzw. inwieweit bestimmte, digital gestützte Lehr-/Lernansätze Horizonte zu eröffnen imstande seien, die auch in nach- oder nicht-​pandemischen Zeiten die universitäre Lehre für angehende Fremdsprachenlehrkräfte bereichern könnten.

Zu berücksichtigen war hierbei grundsätzlich, dass der Einsatz digitaler Technologien, Medien und Werkzeuge in der fremdsprachendidaktischen Forschung auf zwei eng miteinander verbundene Ebenen verweist, nämlich einerseits die der Hochschuldidaktik, andererseits die der Unterrichtsdidaktik. Auf der letztgenannten Ebene geht es um den beruflichen Zielbereich der Fremdsprachenlehrkräftebildung, der zunehmend auf die Verwendung digitaler Technologien, Medien und Werkzeuge angewiesen bzw. ausgerichtet war und ist, und zwar in einem solchen Maße, dass hochschuldidaktisch für angehende Fremdsprachenlehrkräfte über ggf. neuartige, digital ermöglichte Lehr-/Lernkonzepte nachzudenken ist, die den integrativen Charakter der zu entwickelnden studentischen Medienkompetenz in den Blick nehmen (vgl. hierzu Eisenmann & Steinbock 2020: 9). Graf et al. (2021: 249-250) sehen die Entwicklung bzw. Förderung fundierter mediendidaktischer Kompetenzen2 als einen integralen Teil der Lehrkräftebildung. Sie vertreten die Auffassung, dass diese Förderung

durch ein eigenes Erleben digitaler Medien und ihrer Einsatzmöglichkeiten innerhalb einer Lehrveranstaltung, durch eine gezielte Thematisierung der pädagogischen Einsatzmöglichkeiten von digitalen Tools oder durch ein ‚Doppeldeckerprinzip‘ des eigenen Erlebens und Erlernens der Technologie stattfinden [sollte] (ebd.: 250).

Engelen und Korell gehen in ihrer, in diesem Band dokumentierten Fallstudie zur digitalen Lehre in der universitären Spanischlehrer*innenbildung, den hochschuldidaktischen Implikationen dieses sog. Doppeldeckerprinzips nach.

Zu synchronen, asynchronen oder kombiniert digitalen Lehrveranstaltungsformaten

Die sog. Präsenzlehre war durch den pandemiebedingten Lockdown plötzlich nicht mehr möglich. Klier verweist allerdings auf eine doppelte Bedeutung des Präsenzbegriffes: „Präsenz im Sinne einer physischen Anwesenheit im Rahmen der Präsenzlehre hat … eine zwar wichtige, … aber sehr eingeschränkte Bedeutung, weil die Geistesgegenwärtigkeit davon unabhängig zu sehen ist“ (Klier 2017:3). Diese Differenzierung wurde in dem hier geschilderten Begleitforschungsprojekt als zentral angesehen. Sie spielt etwa bei Wolbergs und Ketzer-​Nöltge in diesem Band eine besondere Rolle. Dort wird der Einsatz von 360°-Technologien in der digitalen DaF- bzw. DaZ-​Lehre erkundet.

In der digitalen Lehre findet die Auseinandersetzung mit den Lerninhalten vielfach in synchronen und asynchronen Formaten oder in einer Kombination der beiden statt (vgl. hierzu die Ergebnisse der studentischen Online-​Befragung in Will und Kurtz in diesem Band). Auf diesem Hintergrund war zu überlegen, welche Aktivitäten wie in den jeweiligen Formaten zu gestalten sind. Hierzu die folgenden Vorüberlegungen:

In synchronen Veranstaltungen via Video-​Konferenz ist ‚digitale Präsenz‘ erforderlich. Auch wenn sich Studierende und Lehrende in unterschiedlichen physischen Räumlichkeiten befinden, sind sie in einem virtuellen Raum zugegen. Entscheidend für die Interaktion und Aktivierung sind die Rahmenbedingungen digital geschaffener Räume, da sich die Gruppendynamik dort erfahrungsgemäß anders entwickelt als ‚in Präsenz‘. Die Interaktion unter Studierenden wird in synchron-​digitalen Formaten zudem offenbar im Wesentlichen durch die Lehrperson initiiert und gesteuert. Dies erfordert überzeugend angelegte Lehr-/Lernkonzepte, die die Möglichkeiten und Grenzen digitaler Lehre im Blick haben. Vier der fünf Fallstudien in diesem Sammelband (Engelen und Korell, Will und Blume, Brotzmann, Wolbergs und Ketzer-​Nöltge) stellen jeweils eine synchrone fremdsprachendidaktische Lehrveranstaltung vor und untersuchen diese.

In der asynchron-​digitalen Lehre geht es demgegenüber um die Orchestrierung von digital ermöglichten Lehr/-Lernprozessen, bei denen die Beteiligten nicht nur in räumlicher Distanz, sondern auch zeitversetzt interagieren. Die Interaktion verläuft hier in der Regel schriftlich via E-​Mails, Foren bzw. über komplexe Kommunikations- und Lernplattformen. Die asynchrone Lehre lässt den Studierenden viel Raum, sich das Studium individuell einzuteilen und ihrem eigenen Rhythmus sowie ihren individuellen Lerngewohnheiten und Lernstrategien zu folgen. Die Lerninhalte stehen jederzeit online zur Verfügung und können bei Bedarf mehrmals rezipiert und – zunehmend selbstverantwortlich – reflektiert werden. Dies erfordert allerdings ein nicht zu unterschätzendes Maß an (systematisch zu entwickelnder) studentischer Selbstdisziplin und Selbstorganisation, d.h. die Fähigkeit, den eigenen Lernprozess zunehmend selbst in die Hand zu nehmen. In asynchronen Settings hängt der Lernerfolg daher auch und vor allem von der Gestaltung und dem jeweils unterbreiteten Angebot aktivierender, die Interaktion und Reflexion fördernder Studienaufgaben ab. Wichtig erscheint dabei die Qualität und Relevanz der jeweils gestellten Aufgaben in der Wahrnehmung der Studierenden, aber auch die Transparenz der (hier im Wesentlichen schriftlich verfassten) Erwartungen an die zu erbringenden studentischen Leistungen. Der Beitrag von Kurtz in diesem Band untersucht ein asynchrones Seminarveranstaltungsformat in der Englischdidaktik, in dem diese Aspekte Beachtung finden.

Eine holzschnittartige, sozusagen binäre Unterscheidung zwischen synchronen und asynchronen Lehrveranstaltungsformaten ist jedoch problematisch, zumal in synchronen Veranstaltungen vielfach auch asynchrone Elemente enthalten sind. So lesen die Studierenden hier beispielsweise zur Vorbereitung der jeweiligen Videosessions wissenschaftliche Texte und bereiten darauf bezogene Live-​Präsentationen vor. Es ist anzunehmen, dass viele Seminarveranstaltungen in der pandemiebedingten Distanzlehre letztlich in der Kombination synchroner und asynchroner Aufgaben- und Aktivierungsformen angelegt waren. Von daher war zunächst zu eruieren, aus welchen verschiedenen hochschuldidaktischen (Design-)Elementen sich digitale Lehrveranstaltungen in der universitären Fremdsprachenlehrkräftebildung zusammensetzen (vgl. hierzu die Ergebnisse der studentischen Online-​Befragung in dem Beitrag von Will und Kurtz).

Zu digital ermöglichten bzw. gestützten Aktivierungs- und Partizipationsformen

Eine für die Studierenden ertragreiche, digitale Hochschullehre ist von vielen Faktoren abhängig. Zwei in der Lernforschung immer wieder herausgearbeitete, wesentliche Faktoren, die gerade im Rahmen virtueller Lehre als besonders herausfordernd gesehen werden, sind die studentische Aktivierung und Interaktion (vgl. Ammenwerth 2021: 1329). Gelingt es nicht, die Studierenden zu aktivieren, so wird die digitale Lehre nach Ammenwerth (2021: 1330) „als ‚Frontalunterricht‘ negativ konnotiert und als ‚zäh‘ und ‚langatmig‘ empfunden und Studierende reagieren darauf mit gedanklicher Abwesenheit, welche sich in parallelen Aktivitäten (wie E-​Mail-​Schreiben) oder im Abschalten des eigenen Videos zeigt“. Aktivierung (im Sinne aktiven, zunehmend eigenverantwortlichen Lernens) ist insbesondere auch insofern wichtig, als sie das Erreichen von höheren kognitiven Lernzielen unterstützen bzw. das higher-​order thinking fördern kann (vgl. hierzu Camacho & Legare 2015).

Eng mit dem Konzept der studentischen Aktivierung verbunden ist das Konzept des student engagement bzw. – im Rahmen der Online-​Lehre – des online engagement, welches ebenso als Erfolgsfaktor in der Hochschulbildung wirksam wird1. Allerdings verweisen Redmond et al. (2018) auf das Fehlen einer konsensfähigen Definition von student engagement. Allen Definitionsansätzen ist nach Redmond et al. (2018) aber zumindest gemein, dass online engagement die drei Schlüsselbereiche des verhaltensbezogenen, emotionalen und kognitiven engagement umfasst.

In diesem Zusammenhang schlagen Redmond et al. (2018) einen umfassenderen und für das hier dokumentierte Begleitforschungsprojekt interessanten konzeptuellen Rahmen vor, der insgesamt fünf Schlüsselbereiche des online engagement umfasst: soziale, kognitive, verhaltensbezogene, emotionale und kollaborative. Das Ziel des dementsprechend angelegten Online Engagement Framework for Higher Education ist es, zu einem besseren Verständnis beizutragen, wie verschiedene Formen des student engagement bei der Unterstützung des Lernens in Online-​Umgebungen zusammenwirken können (vgl. ebd.: 190). Die hier herausgearbeiteten sog. Schlüsselbereiche orientieren sich an den Prinzipien des aktiven Lernens. Sie sind in der folgenden Tabelle (vgl. Abb. 2) zusammengefasst. Für jede Dimension werden Indikatoren benannt, die zur Analyse des studentischen Engagements und als Orientierung für die Gestaltung entsprechender digitaler Lehrveranstaltungen verwendet werden können.

Abb. 2: Online Engagement Framework for Higher Education (Redmond et al. 2018: 190)

Eng verbunden mit der Frage der studentischen Aktivierung sind Überlegungen zur Interaktion und Interaktivität in digitalen Lehr-/Lernsettings. Vier Typen von Interaktionen sind im Rahmen der transdisziplinären wissenschaftlichen Diskussion zur digitalen Lehre identifiziert worden: (1) Lernende - Lehrende; (2) Lernende - Inhalte; (3) Lernende - Lernende; und (4) Lernende - Lernplattform (Hillman, Willis & Gunawardena 1994 zitiert nach Wegmann & Thompson 2014: 74). Anders ausgedrückt: Interaktion mit anderen, Interaktion mit Inhalten, Interaktion mit sich selbst und Interaktion mit einer digitalen Lernplattform. Dabei wird angenommen, dass die social presence, als „the extent to which learners feel a close proximity to instructors, peers, and content in an online setting“, Auswirkungen hat auf den Grad der studentischen Partizipation (vgl. Wegman & Thompson 2014: 79). Nach Wegmann und Thompson (2014: 74f.) stimmen nicht alle Forschenden darin überein, dass ein bloßes Mehr an Interaktion notwendigerweise auch besser ist, aber die meisten konzedieren, dass ein höheres Maß an Interaktion in Online-​Kursen das studentische Engagement und die Beteiligung fördern könnte. Laut Wagner (2005, zitiert nach Wegmann & Thompson 2014: 76) wirkt sich die Ermöglichung interaktiver Lernerfahrungen offenbar positiv auf die von studentischer Seite wahrgenommene Qualität einer Lernerfahrung aus. Dixson (2015: 2) fasst die Relevanz des aktiven Lernens und der studentischen Interaktion in digitalen Lehr-​Lernumgebungen wie folgt zusammen:

Briefly, the need for active learning and interaction means that students need to feel as if they are dealing with real people (social presence), that they belong in some way with/to this group of learners (community), and that they are involved in sharing, negotiating, arguing, discussing, and perspective taking (meaningful interaction).

Im Kontext der Begleitforschung wurden die folgenden Dimensionen studentischer Aktivierung im digitalen Raum, speziell für die digitale fremdsprachendidaktische Lehre, zusammengetragen (hier gleichermaßen theoretisch informiert wie erfahrungsbasiert, im Ganzen vorläufig und ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben zu wollen):

Sozialformen

Einzelarbeit

Partnerarbeit

Gruppenarbeit

Plenum

Ausdrucksformen

schriftlich (vorwiegend Fließtext vs. vorwiegend Stichpunkte)

mündlich

grafisch

multimodal

mimisch und gestisch

Aktivierungsmodi

reflexiv

diskursiv

kreativ-​produktiv

physisch

kollaborativ

affektiv

Zeitliche Modi

synchron

asynchron

Zeitliche Ausdehnung

kurz

lang-​iterativ (bestehend aus wiederkehrenden Elementen)

lang-​komplex (bestehend aus diversen Elementen)

Bezug zu fremdsprachenunterrichtlichen Lehr-/Lernkontexten

videografisch-​vermittelter Berufsfeldbezug (Studierende reflektieren und diskutieren zum Beispiel über in der jeweiligen Lehrveranstaltung präsentierte unterrichtliche Videoausschnitte)

simulativ-​performativer Berufsfeldbezug (etwa in der Form von micro teaching; auch über die theoriegeleitete, kollaborative oder individuelle Entwicklung von Unterrichtsentwürfen oder die Erstellung von Sprachlernmaterialien)

praktisch-​performativer Berufsfeldbezug (z.B. digital gestützte Umsetzung von jeweils entwickelten Lehr-/Lernvorhaben mit Schüler*innen an verschiedenen Schulen und Schulformen)

Sprache

muttersprachliche Lehre (d.h. auf Deutsch)

zielsprachlich

Digitale Technologien, Medien und Werkzeuge

Videokonferenztools

Lernplattformen

Präsentationstools (z.B. PowerPoint, Prezi)

etc.

Wie diese Dimensionen jeweils sinnvoll und ertragreich kombinierbar sein könnten, wie sie einander beeinflussen und welche Folgen ihr Zusammenspiel haben kann, wird in den verschiedenen Einzelstudien dieses Bands untersucht.

Ein bestimmter Aktivierungsmodus, nämlich der der wissenschaftlichen, berufsfeld- und subjektbezogenen Reflexion, findet in den nachfolgend dokumentierten Einzelstudien besondere Berücksichtigung. Er soll eingangs daher etwas näher betrachtet werden:

In der Diskussion um die universitäre Fremdsprachenlehrkräftebildung kommt der Reflexion und ihrer Aktivierung und Förderung eine zentrale Bedeutung zu (vgl. hierzu beispielsweise Abendroth-​Timmer 2017; Legutke & Schart 2016). Hochschuldidaktisch betrachtet lässt sich die studentische Reflexion über die jeweils im Vordergrund stehenden Seminarinhalte auf verschiedenen Wegen in Gang setzen und fördern. Abendroth-​Timmer (2017) fasst folgende Möglichkeiten zusammen: individuell-​monologische, kollegial-​dialogische, visualisierende, experimentelle. Gerlach (2015) beschreibt den Erwerb von Reflexionskompetenz als einen Prozess, der schrittweise entwickelt werden und angelegt sein sollte: „Reflexives Denken in seinen verschiedenen Formen müsste strukturiert im Rahmen der Ausbildung unter Anleitung methodisch aufgebaut und dann zunehmend den tatsächlich Reflektierenden überlassen werden“ (Gerlach 2015: 312).

Dazu bedürfe es allerdings entsprechender Lerngelegenheiten, die eine fruchtbare Kombination unterschiedlicher Reflexionsformen ermöglichen, wobei wiederum Aktivierung und Interaktion zentral sind, d.h.

die Selbstreflexion als Nachdenken im Dialog mit sich selbst, die Fremdreflexion als Nachdenken im Dialog mit den anderen, die kritische Reflexion als Nachdenken im Lichte von alternativen Handlungsmöglichkeiten und die theoriegeleitete Reflexion als Nachdenken unter Bezugnahme auf theoretische Konzepte (Abendroth-​Timmer & Frevel 2013: 137f.).

Die angeleitete Reflexion als eine zentrale Facette (hier speziell der digitalen) universitären Fremdsprachenlehrkräftebildung sei hier nur grob angerissen. Wie sie in speziellen digitalen Lehr-/Lernsettings Berücksichtigung finden und umgesetzt werden könnte, wird in den einzelnen Studien in diesem Band erkundet.

Zu den Beiträgen in diesem Sammelband

In dem vorangestellten Beitrag von Leo Will und Jürgen Kurtz werden die Ergebnisse einer explorativ angelegten Online-​Befragung zur studentischen Wahrnehmung und Bewertung digitaler Lehrveranstaltungs-, Aufgaben- und Aktivierungsformate in den (Lehramts-)Studiengängen Englisch, Spanisch, Französisch und Deutsch als Fremd- bzw. Zweitsprache dokumentiert. Die Online-​Umfrage hob im Wesentlichen darauf ab, empirisch zu erkunden, wie Studierende die von ihnen erlebten, pandemiebedingt rein digital angebotenen Lehr-/Lernformate einschätzen, hier unter anderem auch hinsichtlich ihres Beitrags zur Entwicklung professioneller Kompetenzen in den drei Dimensionen Wissenschafts-, Berufsfeld- und Subjektbezug. Insgesamt nahmen 288 Studierende an sieben Universitäten in Deutschland und Österreich an der Befragung teil.

Im Beitrag von Sophie Engelen und Johanna Lea Korell wird die Frage in den Fokus gerückt, wie das Format der digitalen interaktiven Präsentation sowie dessen schriftliche Reflexion Lehramtsstudierende im Fach Spanisch dazu bewegen kann, sich selbstständig und eigenverantwortlich mit fremdsprachedidaktischen Gegenständen auf einer gleichermaßen theoretischen wie berufsfeldorientierten Ebene auseinanderzusetzen. Es wird erkundet, wie studentische Peers aktiv in die Erarbeitung des Seminarthemas in einem digitalen Lehrveranstaltungsrahmen eingebunden werden können. Der Schwerpunkt der empirischen Betrachtung liegt dabei auf verschiedenen Dimensionen der digital gestützten Aktivierung, insbesondere auf der thematischen, material- sowie subjektbezogenen Ebene. Nach einer entsprechenden, terminologischen Standortbestimmung werden Fragebogendaten, digitale interaktive Präsentationen sowie schriftliche Reflexionen von Lehramtsstudierenden im Fach Spanisch als empirisches Datenmaterial herangezogen und Einblicke aus der Perspektive der Studierenden auf das Konzept der Aktivierung in digitalen Lehr-​Lernkontexten gegeben. Auf dieser Grundlage werden einige vorläufige Implikationen für die zukünftige Gestaltung aktivierender digitaler Lehr-/Lernsettings in der universitären Fremdsprachenlehrkräftebildung formuliert.

In dem Beitrag von Darja Brotzmann wird ein synchron angelegtes Seminar im Bereich der anglistischen Literaturdidaktik beleuchtet, das als ein digitaler Begegnungsraum konzipiert ist. Sukzessive aufeinander aufbauende Reflexionsaufgaben sowie Einträge in studentische Reflexionsportfolios gewähren nicht nur Einblicke in die jeweilige Lese- und Lernhistorie der Studierenden, sondern auch in die damit verbundenen Einstellungen und Haltungen zum Lesen englischsprachiger Literatur. Die studentischen Reflexionen lassen einige zentrale Herausforderungen digital realisierter literaturdidaktischer Lehre erkennen. Der Beitrag gibt zudem einige wertvolle Einblicke, wie die geschilderte, digital gestützte literaturdidaktische Lehrveranstaltung zum Semesterabschluss für eine digitale Mini Conference mit einem anderen literaturdidaktischen Seminar veranstaltungsübergreifend geöffnet und genutzt werden konnte.

In dem Beitrag von Leo Will und Carolyn Blume wird eine neue, letztlich so nur digital mögliche Variante der Theorie-​Praxis-​Verzahnung in der universitären Fremdsprachenlehrkräftebildung untersucht. Drei physisch (bzw. auch geografisch) voneinander getrennte und in ihren jeweiligen Rollen unterschiedlich zu verortende Personengruppen interagierten dabei digital gestützt in einer die Grenzen von Universität und Schule überschreitenden, kollaborativ-​interaktiv angelegten community of practice: Begleitet von einer Lehrkraft und dem Dozenten fungierten Lehramtsstudierende als digitale Mentor*innen für Schüler*innen einer hessischen Gesamtschule. Erprobt wurden mündliche Aufgabenformate, die von den Studierenden gemeinsam erarbeitet und mit kleinen Schüler*innengruppen digital umgesetzt wurden. Die kollaborative studentische Aufgabenentwicklung und Anwendung sowie deren Nachbesprechung in Studierendentandems, jeweils wiederum begleitet von der Lehrkraft und dem Dozenten, geben einen Eindruck davon, wie tradierte Formen des Berufsfeldbezugs in der universitären Lehre (i.e. die fachspezifischen Unterrichtspraktika) digital sinnvoll ergänzt bzw. erweitert werden könnten.

In dem Beitrag von Julia Wolbergs und Almut Ketzer-​Nöltge wird eine explorative Studie zum Einsatz eines 360°-Video-​Streams in der hybriden Lehre vorgestellt. Um zu eruieren, welche Herausforderungen mit einem derart angelegten, hybriden Lehr-/Lernsetting für die Lehrenden verbunden sind, wurde ein leitfadengestütztes Einzelinterview geführt und qualitativ ausgewertet.

Jürgen Kurtz befasst sich schließlich mit der Darstellung und qualitativ-​empirischen Analyse einer Online-​Lehrveranstaltung zum Thema English as a Foreign Language (EFL) Teaching Methods, die er im Sommersemester 2021 an der JLU Gießen vorwiegend asynchron-​schriftlich durchführte. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen die studentischen Wahrnehmungen und Bewertungen der in dieser universitären Lehrveranstaltung angebotenen Aufgaben-, Aktivierungs-, Partizipations- und Reflexionsformen, unter besonderer Berücksichtigung der für die universitäre Lehrkräftebildung als zentral erachteten Perspektiven der Wissenschafts-, der Berufsfeld- und der Subjektorientierung von Lehre und Studium.

Im Rückblick auf dieses explorative Begleitforschungsprojekt ergibt sich ein vielschichtiges Bild, das einige Potenziale und Chancen, aber auch Probleme und Herausforderungen der digitalen Lehre in der universitären Fremdsprachenlehrkräftebildung zeigt.

Literatur

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Wahl, Diethelm (2020). Wirkungsvoll unterrichten in Schule, Hochschule und Erwachsenenbildung. Von der Organisation der Vorkenntnisse bis zur Anbahnung professionellen Handelns. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt.

Wie bewerten angehende Fremdsprachenlehrkräfte verschiedene Veranstaltungs-, Aufgaben- und Aktivierungsformate in der digitalen universitären Lehre? Ergebnisse einer explorativ angelegten Online-Befragung

Leo Will & Jürgen Kurtz

Einleitung und Problemaufriss

Die pandemiebedingt weitestgehend online zu realisierende universitäre Lehre in den Jahren 2020-2021 machte eine tief greifende Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und Grenzen digitaler Lehrveranstaltungsformate sowie auch den zum Einsatz gebrachten Aufgaben- und Aktivierungsformen erforderlich. Wenig erhellend bzw. befriedigend stellten sich in diesem Zusammenhang bereits vorliegende, allzu pauschale Einschätzungen dar, wie sie zum Beispiel im „Monitor Digitale Bildung – Die Hochschulen im digitalen Zeitalter“ (CHE 2017), der die vorpandemische Situation in den Blick nimmt, zu finden sind. Dort wird u.a. festgehalten:

(Lehramts-)Studierende sind keine Enthusiasten der Digitalisierung. Hochschulleitungen und Verwaltungsmitarbeiter setzen auf Lehrende und Studierende als Treiber der Digitalisierung der Lehre. Bei den Lehrenden steht und fällt alles mit deren Eigeninitiative: Wer sich für das Thema ohnehin interessiert, bringt es auch in die Lehre ein; wer nicht selbst affin ist, lehrt auch weniger digital. Die Studierenden sind in der Regel keine enthusiastischen Treiber der Digitalisierung. Sie nutzen die digitalen Angebote, die Lehrende ihnen machen – oder eben auch nicht. Insbesondere Lehramtsstudierende erweisen sich als wenig digital-​affin. Sie nutzen digitale Medien im Vergleich zu anderen Fächergruppen am wenigsten und zeigen dahingehend auch die geringste Motivation (CHE 2017: 6).

Die im Folgenden dokumentierte Online-​Befragung sollte dazu beitragen, perspektivisch zu differenzierteren Erkenntnissen in Bezug auf die digitale Lehre in den (Lehramts-)Studiengängen Englisch, Französisch, Spanisch und Deutsch als Fremdsprache/Deutsch als Zweitsprache zu gelangen.1 Das Hauptaugenmerk richtete sich dabei auf die persönlichen Wahrnehmungen, Erfahrungen und Urteile der vermeintlich ‚wenig digital-​affinen‘ Studierenden. Den theoretischen Bezugspunkt der Studie bildete die in Kurtz (2011a, 2011b, 2018) im Grundriss dargestellte Konzipierung der universitären Fremdsprachenlehrkräftebildung unter den drei eng aufeinander zu beziehenden Gesichtspunkten der Wissenschafts-, der Berufsfeld- und der Subjektorientierung (vgl. hierzu weitergehend die Arbeitspapiere der 38. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts, dokumentiert in Burwitz-​Melzer, Riemer & Schmelter 2018).

1Erkenntnisinteressen

Zunächst sollte in Erfahrung gebracht werden, welche digitalen Lehrveranstaltungsformate die (an der Teilnahme an dieser Untersuchung interessierten) Studierenden im o.g. Zeitraum an verschiedenen Standorten der Fremdsprachenlehrkräftebildung kennengelernt hatten. Davon ausgehend sollte erkundet werden, wie einzelne digitale Lehrveranstaltungsformate von den Studierenden jeweils wahrgenommen und erlebt wurden. Das besondere Erkenntnisinteresse galt dabei der studentischen Beurteilung der in den verschiedenen Lehrveranstaltungen angebotenen, digitalen Aufgaben- bzw. Aktivierungsformen, hier vor allem hinsichtlich ihrer von den Studierenden zugeschriebenen Bedeutung für die Fremdsprachenlehrkräftebildung in den zuvor genannten Dimensionen Wissenschafts-, Berufsfeld- und Subjektbezug.

2Orientierungspunkte

Einen wichtigen Ausgangs- und Orientierungspunkt für die im Sommersemester 2021 realisierte Befragung stellte die transdisziplinär ausgerichtete Online-​Fragebogenstudie „Erfolgsfaktoren digitaler Hochschullehre“ (EdiHo) (UDE 2021) dar1. Im Zentrum dieser bundesweiten, auf das Sommersemester 2020 bezogenen Studie, steht die Frage, welche Faktoren für das Gelingen digitaler Hochschullehre transdisziplinär grundsätzlich in Betracht zu ziehen sind. Hierzu wurden Studierende und Lehrende an mehreren Universitäten gebeten, „diese [sog. Erfolgsfaktoren] nach Abschluss des Semesters und der Prüfungen summativ für unterschiedliche Veranstaltungsformate und Szenarien einzuschätzen“ (UDE 2021: 14). Zu berücksichtigen ist, dass das groß angelegte EdiHo-​Projekt darauf abhebt, Informationen bereit zu stellen, die evidenzbasierte Entscheidungen für die längerfristige Gestaltung ‚guter‘ digitaler Hochschullehre ermöglichen sollen.

Die Ergebnisse der EdiHo-​Studie, so wie sie beispielsweise für die Universität Duisburg-​Essen in ihrem überaus detaillierten Hochschulbericht (vgl. UDE 2021) dokumentiert sind, verweisen auf ein sehr breites Spektrum von Faktoren, die Einfluss auf die Realisierung einer als ‚gut‘ zu erachtenden digitalen Hochschullehre nehmen können. Von Interesse für die universitäre Fremdsprachenlehrkräftebildung sind hier vor allem die gewonnenen Erkenntnisse zu den lehr- und lernseitigen Grundhaltungen zur digitalen Lehre, zur Planung und Organisation der digitalen Lehre, zur jeweils gewählten Lehr- und Lernstrategie, zur Beurteilung der Lehre hinsichtlich des digitalen Austauschs (Studierende, Lehrende) und der Einschätzung des Erreichens von Lehr-​Lernzielen in verschiedenen (synchronen, asynchronen, etc.) Veranstaltungsformaten (Studierende, Lehrende).2

Gleichwohl erschien es nicht angebracht, die in ‚EdiHo‘ vorzufindenden Kategorisierungen der digitalen Lehrveranstaltungsangebote und die darauf bezogenen Fragebogenitems für die hier dokumentierte Befragung zu übernehmen. Dies sei an den folgenden Beispielen verdeutlicht.

Die EdiHo-​Studie unterscheidet vier Kategorien von Online-​Lehrveranstaltungen (vgl. UDE 2021: 73):

Materialbasiert‐asynchrone Lehrveranstaltungen: In diesem Veranstaltungsformat werden (fast) ausschließlich digitale Materialien für Studierende bereitgestellt (z.B. Aufzeichnungen, Skripte, Foliensätze, Literatur und Übungsaufgaben).

Vortragsbasiert‐synchrone Lehrveranstaltungen: Dieses Veranstaltungsformat besteht (fast) ausschließlich aus live übertragenen Lehrvorträgen (ohne interaktive Elemente).

Interaktiv‐synchrone Lehrveranstaltungen: In diesem Veranstaltungsformat liegt der Schwerpunkt auf der digitalen Live‐Interaktion zwischen Lehrenden und Studierenden, ggf. werden zusätzlich Materialien online bereitgestellt.

Interaktiv‐asynchrone Lehrveranstaltungen: In diesem Veranstaltungsformat liegt der Schwerpunkt auf der zeitversetzten Interaktion zwischen Lehrenden und Studierenden (bspw. über E‐Mail, Foren oder Wikis), ggf. werden zusätzliche Materialien online bereitgestellt.

Mit Blick auf die universitäre Fremdsprachenlehrkräftebildung stellte sich diese Kategorisierung digitaler Veranstaltungsformate als wenig sinnvoll dar, da in diesem speziellen Kontext vielfach offenbar, insbesondere im weiterführenden Studium, von nicht immer eindeutig zu klassifizierenden Mischformen (vorwiegend synchron oder asynchron; mitunter vortragsbasiert – materialbasiert – interaktiv) auszugehen ist. Vortragsbasiert-​synchrone Lehrveranstaltungen sind hier eher unterrepräsentiert. Digitale Lehrveranstaltungen dieser Art kommen heutzutage am ehesten wohl noch bzw. vorwiegend für die fremdsprachendidaktischen oder bezugswissenschaftlichen Einführungsvorlesungen infrage.3 Für die hier dargestellte Online-​Befragung wurden von daher ausschließlich digitale Seminarveranstaltungsformate in den Blick genommen.

Im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung stand die Frage, wie Studierende die von ihnen erlebten, pandemiebedingt rein digitalen Lehrveranstaltungen bzw. Aufgaben- und Aktivierungsformen hinsichtlich ihres Beitrags zur Entwicklung professioneller Kompetenzen in den drei Dimensionen Wissenschafts-, Berufsfeld- und Subjektbezug einschätzen. Im Rahmen der EdiHo-​Studie wird eine ähnlich gelagerte, jedoch noch deutlich allgemeiner gefasste Frage gestellt. Sie lautet: „Wie gut (- war die folgende Veranstaltungsart -) (- waren die folgenden Veranstaltungsarten -) Ihrer Erfahrung nach generell für das Erreichen Ihrer (- L: Lehrziele) (- S: Lernziele) geeignet? (schlecht - teils teils - gut)“ (UDE 2021: 110).

Es ist diskussionswürdig, ob bzw. inwieweit es sinnvoll ist, nach der ‚generellen‘ Eignung bestimmter digitaler Lehrveranstaltungsformate für das Erreichen von universitären Lehr-/Lernzielen (zudem mithilfe einer derart grobkörnig angelegten Ratingskala) zu fragen. Überdies erscheint es problematisch, nach den sog. Erfolgsfaktoren digitaler Hochschullehre Ausschau zu halten, solange der Begriff ‚Erfolg‘ nicht klar definiert ist. Ob etwa die Zufriedenheit der Studierenden mit einer bestimmten digitalen Veranstaltungsart bereits als Erfolg gewertet werden sollte, ist als umstritten zu bezeichnen. Es bedarf von daher einer tiefergreifenden Betrachtung, um zu fach- bzw. disziplinenbezogen aussagekräftigeren Erkenntnissen zu gelangen.

Alles in allem stellt sich die EdiHo-​Studie (hier allein bezogen auf den veröffentlichten Bericht der UDE 2021) zwar als überaus informativ, jedoch zu wenig ergiebig und verlässlich in Bezug auf die konkrete studentische Wahrnehmung und Beurteilung bzw. die Konturierung und Entwicklung künftiger digitaler Lehr-​Lernangebote, insbesondere in der universitären Fremdsprachenlehrkräftebildung dar.

3Fragebogenkonstruktion

Um zu eruieren, welche Erfahrungen Studierende mit digitalen Lehrveranstaltungen in der Fremdsprachenlehrkräftebildung im Untersuchungszeitraum sammeln konnten, und wie sie verschiedene Lehr-/Lernformate sowie Aufgaben- und Aktivierungsformen hinsichtlich ihrer Entwicklung hin zu einer kompetenten Fremdsprachenlehrkraft beurteilen, wurde, teils erfahrungsbasiert, teils theoriegeleitet, ein halb-​standardisiertes, explorativ angelegtes Online-​Befragungsinstrumentarium entwickelt, das insgesamt drei Themenblöcke mit entsprechend zugeordneten Fragen bzw. Ratingitems (standardisierte, geschlossene Erhebungsitems) sowie ergänzend angebotenen Möglichkeiten zur schriftlichen verbalen Kommentierung (nicht-​standardisierte, offene Erhebungsitems) umfasst (vgl. hierzu Zydatiß 2012: 115-125 zur Fragebogenkonstruktion im Kontext deskriptiver Forschung, hier speziell zum Thema survey research design):

 

A. Veranstaltungsformate

B. Formen der studentischen Beteiligung und Aktivierung (kurz: Aktivierungsformen)

C. Dimensionen der Fremdsprachenlehrkräftebildung (Wissenschaftsbezug, Berufsfeldbezug, Subjektbezug)

 

Zu A. (Veranstaltungsformate):

Im erfahrungsbasierten, hochschuldidaktisch geleiteten Austausch mit den anderen Beiträgern und Beiträgerinnen zu diesem Sammelband kristallisierte sich die folgende, vorläufige Kategorisierung üblicherweise verwendeter digitaler Lehrveranstaltungsformate in der universitären Fremdsprachenlehrkräftebildung heraus:

Rein synchrone Online-​Seminarveranstaltungen (wöchentliche digitale Präsenzlehre, etwa über Videokonferenzdienste wie Webex, Teams, Zoom, etc.)

Vorwiegend synchrone Online-​Seminarveranstaltungen (überwiegend digitale Präsenzlehre mit asynchronen Phasen, während derer beispielsweise ein Projekt umgesetzt wird oder schriftliche Aufgaben zu erledigen sind)

Vorwiegend asynchrone Online-​Seminarveranstaltungen (überwiegend schriftliche Kommunikation und/oder Projektarbeit, dazu einige Videokonferenzen)

Rein asynchrone Online-​Seminarveranstaltungen (zeitversetzte, zumeist schriftliche Kommunikation unter Einbeziehung digitaler Lernmanagementsysteme, Diskussionsforen und/oder E-​Mail-​Dienste; keinerlei digitale Präsenzpflicht)

Die Studierenden wurden einerseits gebeten, darüber Auskunft zu geben, welche dieser Formate sie kennengelernt bzw. erlebt haben. Andererseits sollten sie mithilfe einer vierstufigen Ratingskala mitteilen, wie sie die o.g. digitalen Lehrveranstaltungsformate hinsichtlich der Entwicklung ihrer professionellen Kompetenzen einordnen. Ergänzend dazu wurde den Teilnehmenden die Möglichkeit eingeräumt, verbal dazu Stellung zu nehmen, d.h. ihre persönlichen Einschätzungen online schriftlich zu äußern bzw. weitergehend auch individuelle Anregungen zur Weiterentwicklung zu geben. Auf diesem Wege sollten sowohl ‚quantitative‘ als auch ‚qualitative‘ Daten generiert werden.

 

Zu B. (Formen der studentischen Beteiligung und Aktivierung):

Ebenfalls im Gespräch mit den anderen Beiträgern und Beiträgerinnen zu diesem Band wurde die folgende Kategorisierung möglicher Aktivierungsformen (vorwiegend erfahrungsbasiert im Rückblick auf den Untersuchungszeitraum) vorgenommen:

Individuell eine Online-​Präsentation vorbereiten und synchron durchführen

In Partner- oder Gruppenarbeit eine Online-​Präsentation vorbereiten und synchron durchführen

Individuell ein digitales Produkt im Rahmen eines asynchronen Projekts erstellen (z.B. Podcast, Video, Präsentation, Unterrichtsmaterial)

In Partner- o. Gruppenarbeit ein digitales Produkt im Rahmen eines asynchronen Projekts erstellen (z.B. Podcast, Video, Präsentation, Unterrichtsmaterial)

Individuell einen Arbeitsauftrag in Echtzeit während der Online-​Sitzung bearbeiten (z.B. Ideen sammeln und später im Plenum vorstellen)

In Partner- o. Gruppenarbeit einen Arbeitsauftrag in Echtzeit während der Online-​Sitzung bearbeiten (z.B. Ideen sammeln und später im Plenum vorstellen)

Individuell einen asynchronen Schreibauftrag bearbeiten (z.B. bezogen auf Fachliteratur oder Seminarinhalte, z.B. als Beitrag zu einem E-​Portfolio)

In Partner- o. Gruppenarbeit einen asynchronen Schreibauftrag bearbeiten (z.B. bezogen auf Fachliteratur oder Seminarinhalte, z.B. als Beitrag zu einem E-​Portfolio)

In Kleingruppen in breakout rooms online diskutieren

Im Plenum online diskutieren

Mit einem interaktiven Tool arbeiten (z.B. Wiki, Umfrage-​Tool, interaktive Videos, Padlet, Etherpad)

Asynchrone Arbeitsaufträge im Rahmen der Vor- und Nachbereitung einer Seminarsitzung bearbeiten

Auch hier wurden die Studierenden gebeten, einerseits Auskunft über die von ihnen erlebten Beteiligungs- und Aktivierungsformate zu geben, andererseits diese Formate hinsichtlich ihrer persönlich wahrgenommenen Bedeutung für die Lehrkräftebildung bzw. die Entwicklung der (von ihnen) als zentral erachteten Kompetenzen zu bewerten. Die Bewertung sollte sowohl über eine vierstufige Ratingskala als auch über verbale Kommentare diesbezüglich erfolgen.

 

Zu C. (Dimensionen der digitalen Fremdsprachenlehrkräftebildung: Wissenschaftsbezug, Berufsfeldbezug, Subjektbezug):

Zur Beurteilung des wahrgenommenen Wissenschafts-, Berufsfeld- und Subjektbezugs der von den Teilnehmenden erlebten Online-​Lehre kam ebenfalls eine vierstufig angelegte Ratingskala zum Einsatz, auch hier in Kombination mit der Möglichkeit, sich hierzu online schriftlich im Detail zu äußern:

Die Online-​Lehre, wie ich sie erlebt habe, hatte einen besonders ausgeprägten Wissenschaftsbezug

Die Online-​Lehre, wie ich sie erlebt habe, hatte einen besonders ausgeprägten Berufsfeldbezug