Dirty Million - Nancy Salchow - E-Book

Dirty Million E-Book

Nancy Salchow

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Beschreibung

Er ist reich, attraktiv und extrem begehrt bei den Frauen – und doch hat der Starfotograf Marc im Moment nur eine Sorge: Seine depressive Mutter endlich wieder lächeln zu sehen. Ihr größter Wunsch ist es, dass Marc drei Jahre nach der Trennung wieder mit der einen Frau zusammenkommt, die sie für die einzig Richtige hält: Die Buchhändlerin Lory, die einst die Verlobung mit ihm löste. So sehr es Marc damals auch gekränkt hat, von Lory verlassen zu werden, seine Gefühle für sie sind nie ganz erloschen. Trotzdem betrachtet er das Angebot, das er ihr unterbreitet, als reines Geschäft: Wenn sie sich wenigstens zum Schein wieder auf ihn einlässt und so dabei hilft, seiner Mutter den größten Wunsch zu erfüllen, wird er ihren Buchladen vor dem finanziellen Ruin retten. Auch wenn sofort dieselbe erotische Anziehungskraft zwischen ihnen aufflammt wie früher, hält Lory die Idee für absurd. Das Geld käme zwar genau im richtigen Moment, aber ist es wirklich klug, sich auf die Vereinbarung einzulassen? Immerhin war sie nie eine von den Frauen, die einen Mann braucht, um im Leben klarzukommen. Außerdem waren gerade Marcs Geld und die Tatsache, wie sehr es ihn damals verändert hat, der Grund für ihre Trennung. Soll sie es wirklich riskieren, bei dem Deal erneut ihr Herz an den Mann zu verlieren, der sie damals so enttäuscht hat? Ein Roman über gefährliche Leidenschaft, große Geheimnisse und den verzweifelten Versuch, sich gegen eine unterdrückte Liebe zu wehren. Dieses Buch enthält sehr eindeutige und leidenschaftliche Szenen.

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Nancy Salchow

___________________________

Dirty Million

Liebe ist unkäuflich

 

Roman

Inhaltsverzeichnis

Title Page

Über das Buch

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Impressum

 

Über das Buch

 

 

Er ist reich, attraktiv und extrem begehrt bei den Frauen – und doch hat der Starfotograf Marc im Moment nur eine Sorge: Seine depressive Mutter endlich wieder lächeln zu sehen.

Ihr größter Wunsch ist es, dass Marc drei Jahre nach der Trennung wieder mit der einen Frau zusammenkommt, die sie für die einzig Richtige hält: Die Buchhändlerin Lory, die einst die Verlobung mit ihm löste. 

So sehr es Marc damals auch gekränkt hat, von Lory verlassen zu werden, seine Gefühle für sie sind nie ganz erloschen. Trotzdem betrachtet er das Angebot, das er ihr unterbreitet, als reines Geschäft: Wenn sie sich wenigstens zum Schein wieder auf ihn einlässt und so dabei hilft, seiner Mutter den größten Wunsch zu erfüllen, wird er ihren Buchladen vor dem finanziellen Ruin retten.

Auch wenn sofort dieselbe erotische Anziehungskraft zwischen ihnen aufflammt wie früher, hält Lory die Idee für absurd. Das Geld käme zwar genau im richtigen Moment, aber ist es wirklich klug, sich auf die Vereinbarung einzulassen? Immerhin war sie nie eine von den Frauen, die einen Mann braucht, um im Leben klarzukommen. Außerdem waren gerade Marcs Geld und die Tatsache, wie sehr es ihn damals verändert hat, der Grund für ihre Trennung. Soll sie es wirklich riskieren, bei dem Deal erneut ihr Herz an den Mann zu verlieren, der sie damals so enttäuscht hat?

 

Ein Roman über gefährliche Leidenschaft, große Geheimnisse und den verzweifelten Versuch, sich gegen eine unterdrückte Liebe zu wehren.

 

Dieses Buch enthält sehr eindeutige und leidenschaftliche Szenen.

 

Prolog

 

 

Er presst mich gegen den Baumstamm und beginnt, meinen Hals zu liebkosen.

Instinktiv winkele ich ein Bein an und werfe mein Haar in den Nacken, während ich mich in einem tiefen Seufzen verliere.

Alle scheint so unwirklich, und doch fühlt es sich so richtig an. So echt.

„Du bringst mich um den Verstand“, flüstert er in mein Haar, während meine Finger unter sein Shirt wandern.

„Das war nicht meine Absicht“, antworte ich leise.

Sein Körper ist so nah an meinem, dass ich seine Erregung spüren kann. Eine Feststellung, die den Moment noch prickelnder macht.

Als sich unsere Lippen berühren, suchen unsere Zungen atemlos nacheinander, als hätten sie seit Ewigkeiten auf diesen Moment gewartet.

Alles scheint möglich. Und was gestern noch falsch war, fühlt sich plötzlich so richtig an.

Ich spüre seinen definierten Unterleib unter meinen Fingern und erinnere mich an das Feuer, das allein eine einzige Berührung wie diese entfachen konnte. Das Feuer, das auch in diesem Moment wieder zu brennen scheint. So hell und heiß, dass sich keiner von uns beiden dagegen wehren kann.

Ungeduldig knabbert er an meinem Ohrläppchen, während seine Finger unter meinem Shirt zu meinen Brüsten wandern und eine Sehnsucht in mir wecken, die mir fast den Verstand raubt.

Für einen winzigen Moment schließe ich die Augen, um mich ihm mit Haut und Haaren hinzugeben. Doch als ich tief in mich hineinhöre, fühlt es sich plötzlich wie ein Traum an.

Bin ich wirklich hier? Ist er hier?

Die Gegenwart scheint vor meinem Innersten zu verschwimmen, sein Atem wird plötzlich geräuschlos, der Boden unter meinen Füßen schwindet.

Ja, es muss ein Traum sein. Eine andere Erklärung gibt es nicht.

 

 

Kapitel 1

 

 

Drei Jahre zuvor

 

Lory

 

Der Kloß in meinem Hals macht mir das Atmen schwer. Mit jeder Stufe, die ich bis zur Wohnungstür nehme, wächst meine Enttäuschung. Eine Enttäuschung, die so lähmend ist, dass ich mich nicht entscheiden kann, ob ich weinen oder schreien soll.

Als ich den Schlüssel ins Schloss stecke und die Tür öffne, bin ich überrascht, Musik zu hören. Aus dem Wohnzimmer dringt Licht.

Er ist zu Hause?

Mein Puls beginnt zu rasen.

Ich lege den Schlüssel in die kleine Schale auf der Schuhkommode und atme tief durch.

„Hey!“, ruft er fröhlich, als er mich bemerkt. „Da bist du ja.“ Mit leuchtenden Augen und einem Weinglas in der Hand steht er von der Sesselkante auf und kommt mit ausgebreiteten Armen auf mich zu. „Ist das nicht einfach ein genialer Song?“

Ich erwidere seine Umarmung nicht, stehe einfach nur regungslos da, während er die Arme um mich legt, aber selbst das scheint ihm in seiner Euphorie nicht aufzufallen.

„Das ist das Album von Edwards Band. Hatte heute ein Shooting mit denen. Die sind einfach der absolute Wahnsinn.“ Er schnappt sich die Fernbedienung der Musikanlage und spielt den nächsten Song ab. „Toll, oder? Die sind zur Zeit voll im Kommen. Das Album ist in fünf Ländern auf Platz eins. Dieser Auftrag wird meine Arbeit als Fotograf noch mal um einiges bekannter machen als ohnehin schon.“

„Schön für dich“, ist alles, was ich herausbekomme.

„Aber doch nicht nur für mich.“ Er greift nach meinen Händen und küsst sie. „Dass ich mir diesen Ruf erarbeitet habe, bedeutet für uns beide ganz neue Möglichkeiten. Wir können uns jetzt ein eigenes Haus leisten. Und wenn ich Haus sage, dann meine ich eine richtig schicke Villa. Wir müssen nur noch den richtigen Ort finden, um sie zu bauen. Oder wir kaufen uns eine bereits bestehende, aber wenn du mich fragst, ist es viel aufregender, sich etwas Eigenes aufzubauen. Was meinst du?“

Ich möchte etwas antworten, doch meine Ungläubigkeit macht mir das Reden schwer. Hat er es wirklich vergessen?

Als meine Antwort ausbleibt, lässt er seine Arme sinken. „Ist alles okay mit dir?“

Seufzend wende ich mich von ihm ab und gehe in die Küche, um mir ein Glas Wasser zu holen. In fast schon mechanischen Bewegungen öffne ich den Kühlschrank und hole die Flasche heraus. Wortlos nehme ich ein Glas vom Wandregal.

„Du bist heute spät dran“, stellt er fest, während er mir in die Küche folgt.

„Stimmt, ich bin spät dran.“ Ich nehme einen großen Schluck aus dem Glas und stelle es geräuschvoll zurück auf den Tisch. „Das liegt sicher daran, dass heute die Eröffnungsfeier für meinen Laden war. Du weißt schon, mein eigener Buchladen. Der größte Traum, seit ich vierzehn war.“

„Das war heute?“ Er fährt sich erschrocken mit der Hand an die Stirn. „Aber ich dachte ...“ Er verstummt, während sein Blick zum Magnet-Kalender am Kühlschrank wandert. „Ich hätte schwören können ...“

„Vergiss es, okay?“ Ich hebe abwehrend die Hand. „Es spielt keine Rolle mehr.“

„Keine Rolle mehr? Was soll das heißen?“

Eine Weile betrachte ich ihn schweigend. Für einen kurzen Moment verliere ich mich in seinen algengrünen Augen. Dieses wunderschöne Grün, das in Kombination mit seinem kaffeebraunen Haar umso mehr leuchtet und mir noch heute weiche Knie beschert. Trotzdem weiß ich, dass es kein Zurück gibt. Die Entscheidung, gegen die ich mich seit Monaten wehre, ist unausweichlich geworden.

„Mir ist schon klar, dass die Eröffnung eines kleinen Buchladens am Stadtrand nicht mit deiner aufregenden Glitzerwelt der Starfotografie mithalten kann“, sage ich. „Aber das ist nun mal mein großer Traum, Marc.“ Ich lege die Hand an meine Brust. „Mein Traum, okay? Der Traum, über den ich seit Monaten spreche und an den ich dich erst gestern Abend noch einmal erinnert habe.“ Ich lache bitter auf. „Aber ich hätte wissen müssen, dass du wieder mal nicht zugehört hast. Wahrscheinlich warst du in Gedanken schon wieder beim nächsten Star-Auftrag.“

„Ich ... ich habe da was durcheinandergebracht.“ Er legt die Hände auf meine Schultern. „Glaub mir, Lory, dein Laden ist mir wichtig. Alles, was du tust, ist mir wichtig. Aber am wichtigsten bist du.“

„Ach ja?“ Ich reiße mich aus seiner Berührung. „Und wie kommt es dann, dass du in letzter Zeit ständig unsere Verabredungen vergisst oder mich allein in irgendwelchen Restaurants warten lässt, weil dir irgendein Shooting wieder mal wichtiger als alles andere war?“

„Das war ein einziges Mal. Und ich habe dir erklärt, was passiert ist. Die Managerin der Band hat sich nicht an die Abmachung gehalten und ...“

„Einmal?“, falle ich ihm ins Wort. „Allein letzten Monat hast du mich sechsmal versetzt, Marc. Und in den Monaten davor war es nicht anders. Ständig vergisst du mich. Weißt du eigentlich, wie demütigend sich das anfühlt? Du bist einfach nicht mehr derselbe, seitdem du dich auf diese dämliche Starfotografie spezialisiert hast. Mit jedem neuen Promi, der vor deine Linse tritt und dir noch mehr Reichtum beschert, verlierst du den Bezug zur Realität.“

Ohne eine Antwort abzuwarten, wende ich mich von ihm ab und eile ins Schlafzimmer.

Aufgebracht geht er mir nach. „Was soll das, Lory? Gerade noch redest du von deinem großen Traum, aber für meinen Traum hast du kein Verständnis?“

„Kein Verständnis?“ Ich ziehe meinen Koffer vom Schrank und werfe ihn aufs Bett. „Ich habe monatelang Verständnis gehabt, Marc. Bei jedem neuen Auftrag, jedem neuen Star. Ich habe mich mit dir gefreut, mit dir gefeiert, dich für deinen Ehrgeiz bewundert.“ Ich wische mir eine Träne aus dem Augenwinkel. „Aber heute ging es um mich, Marc.“ Ich streiche mir eine Strähne hinter das Ohr. „Nur ein einziges Mal ging es um mich.“

Meine Tränen lassen ihn verstummen. Ich sehe die Reue in seinem Blick, trotzdem ist er unfähig, etwas daran zu ändern.

Ich zögere einen Moment, dann reiße ich die Schranktür auf und beginne, meine Klamotten wahllos herauszureißen und in den Koffer zu werfen.

„Was hast du vor, Lory? Wo willst du denn hin, verdammt? Lass uns darüber reden.“

„Ich will dich nicht darum bitten müssen, für dich von Bedeutung zu sein. So etwas kann man nicht erzwingen, das habe ich endlich begriffen. Wenn du diese Dinge nicht von allein begreifst, hat es ohnehin keinen Sinn.“

„Was zum ...“

„Weißt du, was das Verrückte daran ist?“ Ich schlucke meine Tränen herunter. „Dass ich im Grunde noch nicht mal überrascht war, dass du mich heute wieder mal vergessen hast. Tief in mir drin habe ich es vermutlich schon seit Tagen gewusst, dass du mich bei diesem wichtigen Ereignis wieder mal im Stich lassen würdest.“

Im Augenwinkel fange ich mein eigenes Spiegelbild in der verspiegelten Schranktür auf. Das lange bernsteinfarbene Haar, das ich mir für die Eröffnung mit Mühe und viel Liebe zum Detail hochgesteckt habe, hängt jetzt in einzelnen Strähnen auf meine Schultern hinunter. Meinem Gesicht ist sämtliche Farbe entwichen.

„Es tut mir leid, Lory.“ Er greift nach meiner Hand. „Ich wollte dir nicht wehtun. Die letzten Monate waren ziemlich stressig, das gebe ich zu. Und ich stand oft neben mir, aber wenn man ganz nach oben will, riskiert man manchmal einfach, dass das Privatleben etwas zu kurz kommt. Aber ich tue das alles doch auch für dich.“

„Für mich?“ Ich entziehe ihm meine Hand. „Ich brauche keine Villa am Stadtrand, Marc. Ich brauche keinen Luxus, kein Geld in Überfluss. Alles, was ich brauche, ist die Gewissheit, für den Mann, den ich liebe, an erster Stelle zu stehen oder zumindest nicht an letzter.“ Ich atme tief ein.

„Aber du stehst an erster Stelle, das weißt du.“

„Es ist okay, Marc. Ich werfe dir das nicht vor.“ Ich versuche, mich zu beruhigen. „Man kann niemanden zwingen, etwas zu empfinden, was er nicht fühlt. Alles, was ich tun kann, ist, meine Konsequenzen daraus zu ziehen.“

Es bricht mir das Herz, ihm so nah zu sein und gleichzeitig die einzig richtige Entscheidung vor Augen zu haben. Die einzige Entscheidung, die mir dennoch das Atmen schwermacht.

„Du reagierst über“, sagt er. „Lass uns einfach ein paar Tage nach Usedom fahren. Nur wir zwei, hm?“ Er kratzt sich am Kopf. „Zwischendurch habe ich nur ein kleines Shooting am Strand, aber wenn du willst, kannst du zuschauen.“

„Ich fasse es nicht.“ Ich verschränke die Arme vor der Brust. „Du versuchst schon wieder, einen Foto-Auftrag als romantischen Ausflug auszugeben, den du angeblich nur für mich organisiert hast.“

„Was soll das, Lory? Du versuchst ja regelrecht, mich falsch zu verstehen.“

„Da gibt es nichts falsch zu verstehen, Marc. Der heutige Abend allein hätte mich vielleicht gar nicht so sehr aus der Fassung gebracht. Es war einfach nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.“ Ich ziehe mein Lieblings-Sweatshirt aus dem Schrank und werfe es zu den anderen Sachen in den Koffer. „Und jetzt lass mich bitte in Ruhe weiterpacken, okay?“

„Du siehst das völlig falsch. Ich liebe meinen Job, ja. Und ich werde mich nicht dafür entschuldigen.“

„Darum geht es doch gar nicht. Du weißt, dass ich immer hinter dir stand. Aber du bist einfach nicht mehr der Mann, in den ich mich vor zwei Jahren verliebt habe. Ich habe dich früher für deine Begeisterungsfähigkeit bewundert. Dafür, alles für das richtige Motiv zu tun und mit ganzer Leidenschaft das zu machen, wofür du brennst. Aber inzwischen geht es nur noch darum, wie viel Geld oder Ruhm dir ein Auftrag einbringt.“

„Aber doch nur, weil mir das Geld die Freiheit gibt, nur noch die Arbeiten zu machen, die ich auch machen will. Keine Pärchen-Fotos und keine dämlichen Hochzeits-Jobs mehr.“

„Oh, gut dass du es erwähnst.“ Ich ziehe meinen Verlobungsring vom Finger und lege ihn auf den Nachtschrank. „Da du unsere Suche nach einer geeigneten Hochzeits-Location mittlerweile schon dreimal verschoben hast, bin ich mal so nett, dir auch diesen Druck zu nehmen.“

„Du löst unsere Verlobung?“ Erschrocken starrt er auf den Ring. „Einfach so?“

„Nein, Marc“, ich gehe einen Schritt auf ihn zu und hebe das Kinn, „nicht einfach so. Ich habe mich lange gegen diese Entscheidung gewehrt, aber inzwischen habe ich begriffen, dass es die einzig richtige ist.“

Ich schließe den Koffer und packe ihn am Griff. „Den Rest hole ich in den nächsten Tagen ab.“

Er möchte etwas antworten, doch ich ertrage es nicht, ihm auch nur eine weitere Sekunde zuzuhören. Alles in mir schreit nach Flucht.

Nur weg von hier. Weg von der Illusion einer Liebe, die ohnehin schon lange keine mehr ist. Selbst wenn es mir das Herz bricht.

 

Kapitel 2

 

 

Drei Jahre später

Gegenwart

 

Marc

 

Als ich den Wagen am Ende der Garageneinfahrt zum Stehen bringe und aussteige, halte ich einen kurzen Moment lang inne.

Die gewaltige Kastanie, deren Äste bis über das Hausdach ragen, hat einen bunten Blätterteppich auf den Pflastersteinen hinterlassen, der in der Mittagssonne in den schillerndsten Herbstfarben schimmert. Für einen flüchtigen Augenblick werden die altvertrauten Kindheitserinnerungen wach und erfüllen mich mit Wehmut.

Ich schaue zu dem roten Volvo meiner Mutter, der in der offenen Garage steht. Sie ist also zu Hause. Aber warum geht sie dann nicht ans Telefon?

Wahrscheinlich hat sie ihr Handy wieder mal einfach nur verlegt, wie so oft.

Das zweistöckige Backsteinhaus mit den schneeweißen Fensterläden und der kleinen grauen Gartenbank neben der breiten Eingangstür hat sich in den letzten Jahren kein bisschen verändert. Wie oft habe ich ihr angeboten, sie finanziell bei einer Renovierung zu unterstützen und immer wieder dieselbe Antwort erhalten?

Ich möchte, dass das Haus auch nach dem Tod deines Vaters sein Andenken bewahrt. Er hat es geliebt – so, und nicht anders.

Zwei Jahre ist es her, dass der Krebs ihn uns genommen hat. Zwei Jahre, in denen sie nicht die kleinste Veränderung am und ums Haus zugelassen hat.

Ich atme kurz durch, dann nehme ich den engen Kieselweg, der direkt am Haus entlang zur Eingangstür führt.

„Mama?“ Ich öffne die Tür und lasse meinen Blick durch den dunklen Flur wandern. Hier und da stiehlt sich ein Lichtstrahl durch eine der offenen Türen, doch die Stille ist dafür umso unheimlicher.

„Wo steckst du denn? Ich konnte dich nicht erreichen.“ Ich betrete die Küche und schaue mich suchend um. „Ich wollte in den Supermarkt und dich fragen, ob ich dir Getränke mitbringen soll“, ich gehe zurück in den Flur, „nicht, dass du die schweren Kisten wieder alleine schleppst.“

Als ihre Antwort noch immer ausbleibt, überkommt mich langsam eine böse Ahnung.

Wäre sie wie neulich bei der Gartenarbeit umgeknickt, hätte ich sie draußen sehen müssen. Und außerdem hätte mich dann längst ihre Nachbarin angerufen. Aber wo steckt sie dann? Hat sie einen Spaziergang ins Dorf gemacht?

„Hey!“ Ich betrete die ersten Stufen der Treppe. „Bist du oben?“

Noch immer keine Antwort.

Meine Sorge wächst. Für gewöhnlich macht jeder von uns beiden sein eigenes Ding. Niemand ist selbstständiger als meine Mutter. Aber dass sie einfach nicht erreichbar ist? Seit Stunden?

Wollte sie vielleicht einfach nur ein wenig Ruhe haben, weil sie Papas zweiten Todestag gestern nicht allzu gut verkraftet hat?

Als ich die offene Badezimmertür sehe, jagt mich plötzlich ein Anflug von Panik. Schon während ich mich nähere, sehe ich sie auf dem Boden liegen.

„Mama!“, brülle ich, während ich mich auf die Fliesen kniee und nach ihrer Hand greife.

Sie so hilflos hier liegen zu sehen, lässt sie noch schmaler als sonst erscheinen. Das kurze dunkle Haar ist zerzaust, fast so, als wäre sie gerade erst aufgestanden.

Ihr Körper ist noch warm, trotzdem rechne ich mit dem Schlimmsten.

Auf dem Waschbeckenrand entdecke ich eine leere Pillendose, die auf die Seite gefallen ist.

Was zum Teufel ...

„Mama!“ Ich packe sie an den Schultern und schüttele sie panisch.

Das kann nicht wahr sein. Sie ist die Letzte, die so etwas tun würde. So etwas passiert anderen, aber nicht uns.

„Komm schon, wach auf!“

Ich spüre, wie mir das Blut aus dem Gesicht weicht. Instinktiv und doch voller Angst wandert mein Finger an ihre Halsschlagader, um ihren Puls zu fühlen.

 

 

*

 

 

Marc

 

An der gegenüberliegenden Wand fange ich mein Gesicht in dem bunt-verspiegelten Deko-Streifen auf, der dem trüben Krankenhausweiß vermutlich etwas Leben einhauchen soll.

Ich hätte mich rasieren sollen. Aber wer konnte schon ahnen, dass ich heute noch in einem Krankenhaus sein werde?

Meine Wangen sind farblos, das dunkle Haar fällt mir in wirren Strähnen in die Stirn, als wäre ich gerade einen Marathon gelaufen. Der sonst so trainierte Oberkörper wirkt eingefallen wie der eines gebrochenen Mannes. Alles an diesem Spiegelbild ist mir fremd.

Wer ist dieser Mann? Und wie konnte ihm entgehen, dass es der eigenen Mutter derart schlecht geht?

„Herr Strauss?“

Wie wach geworden erhebe ich mich von der Besucherbank und starre den Arzt an. Ein blonder Hüne mit schmalen Schultern und unerschütterlichem Blick.

„Ja“, stammele ich nervös, „ich bin Marc Strauss. Ich bin ... ähm ... der Sohn von Caroline Strauss. Geht es ihr gut? Wird sie wieder gesund? Kann ich zu ihr?“

„Sie ist stabil.“ Er legt die Hand auf meine Schulter. „Zumindest das kann ich ihnen schon sagen.“

Er ist höchstens zwei, drei Jahre älter als ich. Schätzungsweise Anfang dreißig, trotzdem strahlt er eine Kompetenz und Ruhe aus, die sofort auf mich abfärbt.

Er deutet mit einer Handbewegung zu der Besucherbank und setzt sich neben mich.

„Haben Sie ihren Magen ausgepumpt?“, frage ich. „Wann kann ich zu ihr?“

„Ja, ihr Magen ist leer. Aber sie braucht jetzt Ruhe, Herr Strauss. Ganz viel Ruhe.“

Die Unterhaltung hat etwas Surreales an sich. Letzte Woche habe ich mich noch mit ihr auf einen Kaffee getroffen. Alles war wie immer.

„Aber ich muss zu ihr. Sie hat doch niemanden mehr. Seitdem mein Vater gestorben ist, ist sie ...“ Meine Gedanken geraten ins Stocken. Papas Todestag. War das etwa der Auslöser?

„Im Moment helfen Sie Ihrer Mutter am ehesten, wenn Sie mir sagen, was sie dazu verleitet haben könnte.“

„Ich habe keine Ahnung.“ Ich lehne mich verwirrt zurück. „Der Tod meines Vaters hat sie ziemlich mitgenommen. Sie waren seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr ein Paar.“

„Wie lange ist sein Tod her?“

„Zwei Jahre.“ Ich senke den Blick auf meine ineinander gefalteten Hände. „Aber gestern war sein Todestag.“

Er hebt die Augenbrauen. „Der Todestag mag der Tropfen gewesen sein, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat, aber die Depression, die dieser Entscheidung vorausgegangen sein muss, entwickelt sich nicht innerhalb eines Tages.“ Er legt den Kopf schräg. „Hat sie sich in der letzten Zeit verstärkt zurückgezogen? War sie weniger kommunikativ als sonst?“

Ich fahre mir mit den Händen durchs Gesicht, während das Chaos in meinem Kopf jeden klaren Gedanken schwermacht.

„Sie wirkte etwas müde“, sage ich in mechanischem Tonfall. „Aber sie meinte, dass sie noch mit den Nachwirkungen einer Grippe zu kämpfen hat.“

Er legt die Stirn in Falten. „Hatten Sie den Eindruck, dass sie sich weniger als sonst bei Ihnen meldet? Haben Sie sich seltener als früher gesehen?“

Ich versuche, mich zu erinnern, doch mit jedem neuen Gedanken wird mir unbegreiflicher, wie mir ihr Zustand entgehen konnte.

„Mir ist wirklich nichts aufgefallen“, sage ich. „Alles hat sich angefühlt wie immer.“

„Nun“, er wendet den Blick von mir ab, „das ist keine Seltenheit. Depressive Menschen machen ihren eigenen Schmerz oft mit sich selbst aus, während sie ihrem Umfeld vormachen, dass alles in Ordnung sei.“

Depressive Menschen? Wie kommt er nur darauf, ausgerechnet meine Mutter depressiv zu nennen? Das mit den Tabletten muss ein Missverständnis sein. Sie würde niemals ...

Doch je mehr ich mich dagegen wehre, desto klarer wird mir, dass ich meine Mutter gar nicht kenne. Nicht mehr.

 

Kapitel 3

 

 

Sechs Wochen später

 

Lory

 

Als ich den Buchladen betrete, ist außer Kyra, die hinter der Kasse steht, niemand zu sehen. Seufzend stelle ich die Tüte mit den Muffins auf dem Tresen ab.

Es ist die typische Mittagsleere. Eine Leere, die sich mittlerweile auf den ganzen Tag ausgebreitet hat.

„Wie viele Leute waren in der letzten Stunde hier?“, frage ich, während ich meine Jacke von den Schultern streife.

Kyra trägt das platinblonde Haar zu einem frechen Pferdeschwanz. Die roten Creolen passen perfekt zu ihrem rot-weiß-gestreiften Kleid, das kurz über ihren schlanken Waden endet. Alles an ihr strahlt pure Lebensfreude aus – bis auf den Blick, mit dem sie mich betrachtet.

„Na ja, da war so eine ältere Dame, die nach Romanen aus der Region gefragt hat.“

„Die war schon hier, bevor ich in die Stadt gefahren bin“, antworte ich. „War sonst keiner da?“

Kyra zuckt resigniert mit den Schultern. „Nein, nicht in der letzten Stunde.“

Wieder packt mich die altvertraute Lethargie, während ich mich auf dem Stuhl neben ihr fallen lasse.

„Und?“, hakt sie nach. „Wie ist das Gespräch gelaufen?“

„Wie erwartet.“ Ich atme tief ein. „Die Mietpreise in der Innenstadt sind einfach viel zu hoch.“

„Aber dafür hätten wir doch sicherlich auch viel mehr Kunden als hier am Stadtrand. Auf die Dauer gleicht sich das doch sicher aus, oder?“

Ich greife in die Tüte und beiße frustriert in einen der Muffins.

„Trotzdem müssten wir erst mal in Vorleistung gehen“, antworte ich. „Und es wäre ein Risiko, Kyra. Ein Risiko, von dem ich nicht weiß, ob es so klug ist, es einzugehen.“

„Na ja, aber ist es nicht ein viel größeres Risiko, einen Laden zu betreiben, der manchmal zwei Stunden lang nicht einen einzigen Kunden hat?“

Ich hasse es, wenn sie derart unsanft den Finger in die Wunde legt. Aber wie immer hat sie recht.

„Hör zu, Lory.“ Sie legt die Hand auf meinen Unterarm. „Das Angebot meines Schwagers steht nach wie vor. Ich kann halbtags in seinem Restaurant aushelfen, dann sparst du schon mal das Geld für mein Gehalt.“

Ich schaue zu Boden. „Ich würde nur ungern darauf zurückkommen, aber so, wie die Dinge momentan laufen, kann ich froh sein, wenn ich dich überhaupt noch beschäftigen kann.“

Für eine Weile sitzen wir schweigend nebeneinander und starren ins Leere.

Drei Jahre ist es her, dass ich mir diesen Traum verwirklicht habe. Soll es das schon gewesen sein? Nach all den Jahren, die ich dafür gekämpft habe, es endlich wahrzumachen?

„Ich hätte von Anfang an wissen müssen, dass uns diese Stadtlage kein Glück bringt.“ Ich seufze. „Vermutlich fehlt mir wirklich der Geschäftssinn.“

„Hey.“ Sie streichelt meine Wange. „So schnell geben wir nicht auf, Süße. Es gibt immer eine Lösung.“

Wie aufs Stichwort öffnet sich in genau diesem Moment die Ladentür. Mehrere junge Mädchen treten hinein und verströmen sich aufgeregt in verschiedene Richtungen.

Ein kleines Lächeln stiehlt sich auf meine Lippen.

Ja, vielleicht gibt es sie wirklich, diese eine Lösung. Vermutlich brauche ich nur ein wenig Geduld.

 

Kapitel 4

 

 

Marc

 

Ich brauche eine Weile, um den Laden zu betreten. Eine gefühlte Ewigkeit stehe ich draußen vor der Eingangstür und betrachte sie aus der Ferne, wie sie einem Mädchen Fragen zu einem Buch beantwortet.

Sie trägt das Haar mittlerweile länger. In weichen Wellen fällt es ihr ins schmale Gesicht. Selbst von hier aus kann ich ihre wohlgeformten Lippen erkennen. Ihre schlanke Taille kommt in den engen Jeans und dem himmelblauen Top besonders schön zur Geltung.

Augenblicklich schleichen sich die Erinnerungen in mein Bewusstsein: Ihre samtige Haut unter meinen Fingern. Ihr süßer Atem, der meine Wangen streift, während wir eins miteinander werden.

Die alte Erregung packt mich selbst nach drei Jahren noch mit derselben Macht wie damals.

Reiß dich zusammen, du Idiot! Deine Gefühle haben hier nichts verloren. Du brauchst einen klaren Kopf.

Doch sie zu sehen, wühlt mich mehr auf, als ich erwartet hatte.

Als ich beobachte, wie sich das Mädchen wieder von ihr entfernt, atme ich tief durch und betrete schließlich den Laden.

Gedankenverloren steht sie vor einem Regal und stellt ein Buch zurück an seinen Platz, während ich mich ihr langsam von hinten nähere.

„Hallo Lory“, sage ich schließlich mit einem Räuspern.

---ENDE DER LESEPROBE---