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Dieses E-Book entspricht 192 Taschenbuchseiten ... Als Christiane gleichzeitig Mann und Job verliert, zieht sie sich in das Tiny House ihres Vaters zurück. Frustriert macht sie ihrem Unmut über romantische Gefühlsduselei auf einer Hochzeit Luft. Klar, dass der Blog des selbst ernannten Romantik-Gurus Guzman bei ihr für Empörung sorgt. Doch dann kommt ihr ein reizvoller Gedanke: Was, wenn es ihr gelänge, aus diesem Kerl den perfekten Dom zu machen? Christiane und Guzman einigen sich auf gegenseitige Lektionen in BDSM und Romantik. Sehr schnell werden aus Trockenübungen fesselnde Spiele ... Diese Ausgabe ist vollständig, unzensiert und enthält keine gekürzten erotischen Szenen.
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Seitenzahl: 251
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Impressum:
Do-it-yourself-Dom | Erotischer SM-Roman
von Starla Bryce
Starla Bryce wurde im Herbst 1992 in Niedersachsen geboren. Hier lebt sie mit Mann und Kind auch heute noch. Nach einigen Veröffentlichungen in anderen Genres hat Starla nun den erotischen Roman für sich entdeckt. Das tabulose Beschreiben sinnlicher Szenen bereitet ihr genauso viel Freude wie das Erschaffen realitätsnaher Charaktere. Privat hält sie sich gern in der Natur auf – ob beim Genießen der ersten Frühlingssonnenstrahlen im Garten oder beim Spaziergang durch den leuchtend bunten Herbstwald.
Lektorat: Ulrike Maria Berlik
Originalausgabe
© 2021 by blue panther books, Hamburg
All rights reserved
Cover: © LightField Studios @ shutterstock.com
Umschlaggestaltung: MT Design
ISBN 9783750702998
www.blue-panther-books.de
Verheiratet und Single
»Wer heiratet denn bitte im September?« Christiane Riedel griff nach dem Weinglas, in dem sich bloß noch ein Rest Weißwein befand. Ihr Blick glitt in Richtung Tanzfläche, auf der das mittlerweile gut angetrunkene Brautpaar deutlich weniger zurückhaltend tanzte als noch zu Beginn. Der DJ war längst bei den Party-Songs angekommen. Gerade lief Die Nacht von Freitag auf Montag. Doch Feierlaune wollte sich bei Christiane an diesem Samstagabend nicht breitmachen. Das eng anliegende atlantikblaue Chiffonkleid betonte ihre blauen Augen, die von vollen Augenbrauen gekrönt waren. Christianes blonde Haare fielen in stufigem Schnitt über ihre Schultern. Die langen nachtblauen Nägel waren künstlich. Nicht aus Eitelkeit oder um Aufsehen zu erregen, sondern nur, weil Christiane sich somit das Nägelkauen verkneifen konnte. Mit 181 Zentimetern Körpergröße gehörte Christiane zu den Frauen, die auf High Heels verzichteten, um nicht noch größer zu wirken.
»Sei nicht so böse. Es gibt auch noch Leute, die nicht mit der Liebe abgeschlossen haben und den Herbst durchaus romantisch finden.« Christianes Zwillingsbruder, als dessen Begleitung sie heute Abend hier war, verpasste ihr einen Stups mit dem Ellenbogen. Christoph war ebenso blond wie Christiane, doch sein Körperbau war im Laufe der Jahre deutlich in die Breite gegangen.
Er hatte ja recht: Sie hätte sich zumindest ein bisschen für ihre alte Schulkameradin freuen können. Stattdessen drehten sich ihre Gedanken bloß um ihr eigenes Leben, das Christiane im Moment wie der allerletzte Schrottplatz vorkam. Sie hatte gedacht, mit sechsunddreißig Jahren ihren Platz gefunden zu haben und nicht noch einmal von vorne beginnen zu müssen. Und schon gar nicht, ihren Müll bei ihren Eltern zu entsorgen. Christiane warf einen kurzen Blick auf das beinahe schon debil lächelnde Brautpaar und dachte an ihre eigene Hochzeit. Damals hatten sie im Juli geheiratet. Die typische Sommerhochzeit. Christianes Kleid war schlicht cremefarben gewesen. Satin. A-Linie. Ohne Schnickschnack. Jetzt befanden sich die Überbleibsel des Kleides in einem gelben Sack, der irgendwann von der Müllabfuhr abgeholt werden würde. Christiane hatte mit Edding sämtliche Beschimpfungsvokabeln, die ihr eingefallen waren, auf den Stoff geschrieben und diese dann mit der bereits leicht rostigen Küchenschere ausgeschnitten. Eine scheiß Arbeit – aber immerhin ein kleines bisschen befriedigend. Hinterher hatte sich Christiane gefragt, ob es besser gewesen wäre, das Kleid in einen Altkleidercontainer zu werfen, damit irgendeine Braut-in-spe es noch verwenden konnte. Aber so, wie ihre Beziehung sich entwickelt hatte, wollte sie keiner Frau dieses Unglückskleid antun.
»Ich mag den Herbst nicht«, sagte Christiane und warf einen missmutigen Blick in ihr nun leeres Weinglas, ehe sie über den Tisch griff, um sich nachzuschenken.
»Der Herbst kann auch nichts dafür, dass Sebastian so ein Arsch ist!«
Sebastian. Allein der Name reichte aus, um Anspannung in Christianes Kreislauf zu pumpen. Moschusduft zog in Christianes Nase. Sein Parfum. Hero in spotlight. Genauso hatte sich Sebastian Riedel sicher gefühlt, als er zum ersten Mal mit seiner jungen Kollegin gefickt hatte.
»Bitte erwähne nicht mehr seinen Namen!«, zischte Christiane.
»Wir reden hier nicht von Lord Voldemort, sondern von deinem idiotischen Fast-Ex-Mann!«, stellte Christoph klar. »Ich finde, wir sollten über ihn reden, bis du alles soweit verdaut hast, dass sein Name gar nichts mehr in dir auslöst.«
»Findest du? Ich finde, du solltest einfach ruhig sein. Es ist nicht dein Ex, der demnächst mit seiner Neuen nach Galway fliegt! Eine Reise, die wir beide letztes Jahr zusammen geplant haben!«
»Trauerst du ihm doch noch hinterher, Schwesterlein?«
»Wieso sollte ich?«
»Ihr wart immerhin fünf Jahre verheiratet.«
»Genau! Es waren bloß fünf Jahre Ehe. Plus zuvor zwei Jahre Beziehung. Manche Leute müssen fünfundzwanzig Jahre Ehe verarbeiten, wenn sich der andere Partner plötzlich trennen will. Fünf sind da noch ganz human.« Christiane war klug genug, zu wissen, dass sie Sebastian selbst nicht so richtig vermisste, eher die Dinge, die er mit ihr gemacht hatte, wenn es mal wieder Zeit zum Spielen gewesen war. Christiane dachte an die Latexhöschen, die so eng an ihrem Körper gesessen hatten. Bei Bedarf hatte Sebastian einfach nur den Reißverschluss aufmachen müssen. Er war ein guter Dom gewesen, doch als Mensch eine Katastrophe. Anfang letzten Jahres war Sebastian mit einer Einkaufstasche voller Weihnachtsservietten nach Hause gekommen und hatte stolz verkündet, dass jedes Paket bloß zehn Cent gekostet habe. Also hatte es zu Ostern bei Riedels Weihnachtsservietten gegeben. Bei Streitigkeiten war Sebastian nicht selten einfach weggefahren, weil er angeblich Dringendes im Reisebüro zu tun hatte. Oder er hatte sich zum Dartspielen ins Gartenhäuschen des Reihenhauses verdrückt, in dem sie gemeinsam gewohnt hatten. Ob Anna jetzt in ihrem Bett schlief? Christiane versuchte, den Gedanken wegzuschieben. Doch drei Monate waren nicht wirklich viel Zeit, um sich an den Umstand zu gewöhnen, durch eine Jüngere ersetzt worden zu sein. Wieso gerade Anna? Als die Arbeit bei Riedel Reisen ihnen beiden über den Kopf gewachsen war, hatte sich Christiane um Verstärkung gekümmert. Sie hatte beim Arbeitsamt inseriert. Sie hatte sich jede einzelne Bewerbung angesehen und sie hatte sich schließlich für Anna Büsing entschieden. Siebenundzwanzig Jahre alt, silberblond gefärbte Haare, vom Verhalten her eher Teenie als Frau. Kein Püppchen mit zeigefreudigen Klamotten, eher lässig gekleidet. Obwohl ihr Kichern ziemlich nervig sein konnte, hatte Christiane sie in ihr Herz geschlossen. Sebastian offenbar noch mehr. Er hatte sich vor knapp zehn Jahren in einem kleinen, leerstehenden Laden nahe der Innenstadt selbstständig gemacht. Als Christine angefangen hatte, bei ihm zu arbeiten, war schnell mehr daraus geworden. Dass er diese Tradition fortführen würde, war ihr nicht in den Sinn gekommen. Sebastian Riedel hatte nicht bloß regelmäßig das Finanzamt mit falschen Rechnungen beschissen, sondern auch sie.
Bis es zur Scheidung kam, würde es noch dauern. Das Trennungsjahr hatte gerade erst begonnen. Jedes Mal, wenn Christiane etwas unterschrieb, musste sie ihre Motorik im Griff haben, um nicht mit ihrem Mädchennamen Klus, sondern mit Riedel zu unterzeichnen. Noch trug sie Sebastians Namen, ob sie wollte oder nicht.
»Ihr sitzt ja immer noch hier! So kann das ja heute Abend nichts werden!« David Schulze, den sowohl Christiane auch als Christoph seit der Schulzeit als besten Freund ansahen, war soeben von der Tanzfläche gekommen und nahm nun neben Christiane Platz. Auf seiner Glatze schimmerten kleine Schweißperlen. David war optisch ganz und gar nicht der Typ Frauenaufreißer, dennoch kam er mit seinem breiten Grinsen gut bei der Damenwelt an. Dass er aus gegebenem Anlass heute einen Anzug tragen musste, spielte ihm in die Karten. Ansonsten traf man den Freigeist eher in Bioladen-Schürze oder kunterbunten Kimonos. Wie das mit seinem Frauenverschleiß zusammenpasste, war Christiane bis heute ein Rätsel.
»Schlepp du mal schön ab, was nicht bei drei die Wände hochgeklettert ist, und überlass uns das Schmollen!«, antwortete Christiane.
David schüttelte den Kopf. »So läuft das hier nicht, Madame Schmollmaus! Du fängst jetzt bitte an, wieder zu leben. Sieh deine kaputte Ehe einfach als Lehre an. Heiraten ist Mist! Auch wenn es gerade eine ordentliche Gegenbewegung gibt.«
»Gegenbewegung? Mit Demonstrationen und so?«, fragte Christoph. Christiane war nicht entgangen, dass er ein Auge auf eine der Brautjungfern geworfen hatte. Doch ohne sie lange beobachtet zu haben, ahnte Christiane, dass die schlanke Brünette zu selbstbewusst und zu oberflächlich war, um etwas mit jemandem wie Christoph anzufangen. Christoph war schon lange Single und auch David machte keine Anstalten, sich auf Dauer zu binden. Christiane war die Einzige aus ihrer kleinen Gruppe, die verheiratet war. Und nun war sie beides: verheiratet und dabei Single.
»Demos? Wer geht denn heute noch auf die Straße! Heutzutage läuft doch alles online ab. Petitionen hier, Petitionen da. Aber das meine ich gar nicht.« David zückte sein Handy, kontrollierte kurz sein Spiegelbild und begann dann, laut vorzulesen: »Mehr Romantik für die Welt. Hiesiger Blogger setzt sich für mehr Gefühle ein.«
»Romantik? Geh mir bloß damit weg!«, verlieh Christiane ihrem gerade einsetzenden Brechreiz Ausdruck.
»Der Kerl bekommt momentan echt viel Aufmerksamkeit von den Medien. Wenn ich dann noch besser bei den Mädels ankomme, erstelle ich mir auch einen Blog! Aber der Name müsste stylisch sein. Der Romantik-Typ nennt seinen Blog Gefühlserguz. Klingt ziemlich möchtegern-cool, denn Erguss schreibt er am Ende mit G, U und Z.«
Christoph schüttelte den Kopf. »Spinner.«
»Der Blog Gefühlserguz soll vor allem eines tun: Die Leute davon überzeugen, wie wichtig und wertvoll Romantik ist, so G., der Blogger, der anonym bleiben möchte«, las David weiter. »Gerade in der heutigen Zeit wird Romantik ziemlich stiefmütterlich behandelt. Viele Menschen sind auf schnelle Nummern und Abenteuer aus und auch bei einigen Paaren kehrt die Romantik bloß zum Valentinstag ein.«
»Was will er denn machen? Die Welt mit rosa Herzchen und Plüschbären überschütten?«, fragte Christiane.
»Ich lese euch mal vor, was der Kerl so auf seinem Blog postet: Bin ich ein Alien? Ein weltfremdes Geschöpf? Bloß, weil ich der Meinung bin, dass auch Männer eine romantische Ader haben und diese ausleben sollten? In den vergangenen Jahren waren spöttische Kommentare keine Seltenheit. Von anderen Männern und auch von Frauen. Doch ich bleibe dabei: Auch Männer haben eine weiche Seite. Auch Männer dürfen an die wahre Liebe glauben. Ja, Männer sollen romantisch sein! Romantik ist männlich.«
»Gib her!«, sagte Christiane und griff sich mit einer raschen Handbewegung Davids Handy. Die Website war schlicht gehalten. Christiane entdeckte weder Rosa noch Teddybären. Sie scrollte nach unten auf die Seite, wo sie, wie erwartet, das Kontaktformular fand. Sogleich tippte sie los:
Hey Mister Love,
hier schreibt Ihnen die unromantischste Frau, die dieser Planet je gesehen hat. Glauben Sie den Schwachsinn, den Sie da auf Ihrem Blog schreiben, eigentlich selbst? Vielleicht gibt es in Ihrer Aschenbrödel-Glitzer-Welt so etwas wie Probleme und Scheidungen nicht. In meiner und der Welt vieler anderer Leute schon! Tun Sie mir und den anderen realistischen Menschen einen Gefallen und löschen Sie ihren rosaroten Blog! Niemand möchte immer nur von Rosenblättern und Zärtlichkeit lesen!
Christiane (vollkommen unromantisch – und das ist auch gut so!)
»Du hast zu viel Langeweile, oder?«
Christiane schaute ihren Bruder an, als würde sie ihm nur zu gerne den Hals umdrehen. »Wieso? Wir leben in einem freien Land, da wird man ja wohl seine Meinung äußern dürfen? Und schau mir nicht über die Schulter, während ich am Handy schreibe!«
»An einem fremden Handy, wohlgemerkt!«
»Hey!«, protestierte Christiane. Sie hatte es gerade noch geschafft, ihre Mail-Adresse in das Feld einzutragen und auf Abschicken zu drücken, ehe David ihr das Handy aus der Hand schnappte.
»Ich hoffe, du hast nichts geschrieben, was du morgen bereust«, sagte David mit einem Grinsen im Gesicht.
»Eher wird dieser Kerl es bereuen, so einen Schwachsinn zu verbreiten!«
Karibischer Kurztrip
Was tat sie hier? In vergangene Tage flüchten? Sich selbst etwas beweisen? Christiane wusste es selbst nicht so genau. Es war kurz nach zwei Uhr nachts. Normalerweise schlief Christiane jetzt. Und eigentlich hatte sie derzeit nicht mal die fünf Euro Eintrittsgeld über. Als sie die Tür zum Heaven’s Palace durchschritten hatte, war all das, was sie hier erlebt hatte, innerhalb weniger Sekunden auf sie eingeprasselt. Diesen Swinger Club hatte sie regelmäßig mit Sebastian besucht. Eine Zeit lang waren sie so oft hier gewesen, dass Christiane sich bereits heimisch gefühlt hatte. In der Umkleide zog sie ihr blaues Kleid aus und hängte es in einen freien Spind. Die dunkelblauen Ballerinas mit Schnalle waren schick genug für diesen Anlass. Ebenso das schwarze Unterwäscheset, bestehend aus einem Spitzen-BH und einem Brazilian Slip. Christiane hatte es sich gekauft, kurz nachdem sie von Sebastians Fremdvögelei erfahren hatte. Ein sexy Wäscheset, das bisher noch kein Mann an ihr gesehen hatte. Manche Frauen ließen sich nach einer Trennung die Haare abschneiden, andere kauften sich Schuhe, Notizbücher oder eben Unterwäsche.
Mit leichtem Lächeln ging Christiane den langen Flur im Dämmerlicht entlang. Vorbei an dem Gynäkologen-Raum und dem Dark Room. Und auch vorbei an den drei BDSM-Spielräumen. Es war verlockend … aber nein! Sie wusste, sie würde es bereuen, sich irgendeinem Möchtegern-Dom auszuliefern! Trotz des Alkohols, dessen Anwesenheit sie deutlich in ihrem Körper spürte, würde sie ihre Vagina heute keinem Fremden zur Verfügung stellen. Gewiss, die Vorstellung hatte ihren Reiz. Ein fremder, harter Schwanz in ihrer Muschi, die sich so sehr danach sehnte, endlich wieder bespielt zu werden. Doch Vorstellungen waren meist tausend Mal besser als die Realität. Ein junges Paar kam Christiane entgegen. Sie, dunkelhaarig, mit bravem Mittelscheitel und Pferdeschwanz, in einem weiß-durchsichtigen Babydoll, das ihre prallen Brüste betonte. Er mit freiem Oberkörper und einer einfachen, aber schicken schwarzen Boxershorts, die eng an seinem Körper anlag. Diese beiden beim Sex zu beobachten, wäre sicher reizvoll.
Christiane folgte ihnen unter dem Bambusvorhang in den Karibik-Raum hinein. Kokosduft zog in Christianes Nase, gemischt mit dem Geruch von Sex, der aus diversen Körpergerüchen resultierte. Das weitläufige Zimmer war erfüllt von Paaren. Ineinander. Aufeinander. Nebeneinander. Christiane kam bei ihrer schnellen Zählung auf insgesamt vier Paare. Plus drei Männer, die am Rand der Matratzen standen und warteten, dass sie aufgefordert wurden, mitzumachen. Ihre Pussy reagierte sogleich. Hier gab es keine Wahl: Einmal einen der Räume betreten, war man seinem Verlangen hilflos ausgeliefert.
An der breiten Wand, auf die man beim Eintreten schaute, war eine Fototapete angebracht. Ein Blick vom Balkon auf das blaue Meer. In der Ferne Palmen und ein paar wenige weiße Wölkchen. Wenigstens ein Hauch von Urlaub nach diesem schrecklichen Abend mit lauter glücklich tanzenden Hochzeitsgästen! Zu Sebastian-Zeiten hatte Christiane diesen Raum selten betreten. Er wurde mit seinen vielen Matten vorwiegend als Orgienraum genutzt, doch es gab auch eine Matratze für Solo-Frauen, die sich den Herren präsentieren wollten, ohne gleich überfallen zu werden. Würde der junge Mann mit der engen Boxershorts seine Freundin anderen Männern zur Verfügung stellen? Der Gedanke jagte Christiane einen ekstatischen Schauer über den Rücken. Und tatsächlich: Das Paar ließ sich auf einer der Matratzen nieder, auf der bereits ein Paar mitten im Liebesspiel war. Während der Herr mit grauem Haar seine Partnerin von hinten nahm, verströmte ihr Mund eine Art von Stöhnen, die andeutete, dass sie bereits in anderen Sphären weilte. Christiane legte sich auf die Matte für Solo-Frauen, extra mit einem Schild versehen, das einem Straßenschild in halber Höhe ähnelte. Nur für Damen! stand darauf. Christianes Beine spreizten sich, weiter, als sie es normalerweise taten, wenn sie sich selbst befriedigte. Doch die Lust hatte sich ihrer angenommen und duldete kein allzu langes Vorspiel. Unter genauem Beobachten des jungen Paares schob Christiane ihren String beiseite und rieb an ihrem Kitzler. Ohne ihr Zutun war er praller geworden. Christianes Pussy war blank rasiert, mit Ausnahme eines geraden dunkelblonden Streifens, der ihren Venushügel zierte. Der junge Mann widmete sich seiner Partnerin, indem er sich zwischen ihre Beine kniete und ihr Babydoll nach oben schob. Kein Stückchen Stoff verdeckte die intimste Stelle der jungen Brünetten. Die Zunge des Mannes umspielte die Schamlippen seiner Partnerin. Nicht eine Sekunde ließ Christiane die Bewegungen seiner Zunge aus den Augen. Er leckte die Muschi seiner Freundin mit geschlossenen Augen. Langsam, ganz langsam, als hätte er eine exquisite Köstlichkeit vor sich liegen, die mit besonderer Achtsamkeit verspeist werden musste. Die Frau stöhnte leise und auch Christiane atmete allmählich schneller. Dann endlich, aus Christianes Wahrnehmung nach einer quälend langen Zeitspanne, zog der Mann seine Boxershorts aus und drang in die Pussy seiner Freundin ein, die er zuvor so ausgiebig mit der Zunge befeuchtet hatte.
Das Stöhnen der Brünetten wurde lauter. Christiane ließ Mittel- und Zeigefinger gleichzeitig in ihr feuchtes Loch tauchen und stellte sich dabei vor, anstelle der jungen Frau zu sein. Fühlte sich der Schwanz ihres Partners schön hart an? Wie eng war ihr Loch? Gedehnt von der Lust oder aufgrund ihres jungen Alters noch besonders eng? Christianes Stöhnen vermischte sich mit den Lustgeräuschen der anderen Besucher. Sie kam. Aber nicht auf die Art, die sie gewohnt war. Es befand sich kein Schwanz in ihr, weder in ihrem Mund noch in ihrer Muschi oder in ihrem Po. Kein Mann, der ihr Anweisungen gab, was sie zu tun hatte. Keiner, der sie bestrafte oder sie mit Spielzeugen oder spontanen Sextreffen überraschte. Das war einmal gewesen. Christianes Muschi zuckte vor Wonne. Der Orgasmus hatte ihren Körper erfüllt, wenn sie auch nicht komplett befriedigt worden war. Einfach vor dem nächstbesten Kerl die Beine breitzumachen, entsprach nicht ihrer Natur. Dazu hätte sie heute jede Menge Gelegenheiten gehabt. Viele Männer gingen alleine in Swingerclubs und hofften darauf, eine Frau zu finden, mit der sie all das tun konnten, was ihnen sonst verwehrt blieb. Wieder einmal merkte Christiane, wie gerne sie hier war. Das hier war ein Ort der Lust und sie würde nicht zulassen, dass Sebastian ihr auch das hier wegnahm!
»Lust auf einen weiteren Höhepunkt?«, fragte der Mann mittleren Alters, der bis eben an der Wand gestanden und an seinem halbsteifen Schwanz gespielt hatte.
»Klar. Aber nicht mit dir«, konterte Christiane. Der Mann brummte etwas und verzog sich. Beim Aufstehen spürte Christiane die Nachwirkungen des Orgasmus, die sich mit denen des Alkohols vermischten. Sie hatte heute zu tief ins Glas geschaut, eindeutig! Während sich Christiane ein Taxi rief, schwor sie sich zwei Dinge: Erstens nie wieder so viel zu trinken und zweitens nicht eher wieder mit einem Mann zu ficken, bis sie den perfekten Dom gefunden hatte! Zur Not musste sie sich eben selbst einen basteln.
Nicht alles rosarot
Offiziell heißt es Vorspiel, doch es ist so viel mehr als das, was vor dem eigentlichen Akt passiert. Diese innigen Momente entscheiden darüber, wie intensiv das Liebesspiel wird. Viele Männer überspringen das Vorspiel gerne – es sei denn, es ist ein Blowjob in Aussicht. Doch für Frauen ist es umso wichtiger. Beim Vorspiel entsteht Nähe, Intimität. Die Frau erfährt hierbei, was sie vom Mann erwarten kann. Ist er liebevoll? Nimmt er sich Zeit, um auf ihre Bedürfnisse einzugehen?
Wir Männer sollten uns nicht fragen, wie wir schnell ans Ziel gelangen können, sondern wie wir unserer Partnerin zeigen können, dass sie unsere Königin ist, und wir sie auf Händen tragen.
Guzman nahm die Finger von der Laptoptastatur. Der Text gefiel ihm nicht. Lag es daran, dass er zu förmlich klang? Aber gerade gab es in seinem Leben nichts, worüber es sich zu berichten lohnte. Da war keine große Liebe, die nachmittags, wenn er von der Arbeit nach Hause kam, auf ihn wartete. Nicht mal eine Frau, mit der es etwas Ernstes werden könnte. Guzman hatte überlegt, sich einen Hund anzuschaffen, vielleicht einen Border Collie, damit es in der Altbauwohnung nicht ganz so leise war. Doch er war zu dem Entschluss gekommen, dass er dafür zu wenig Zeit hatte. Eine leichte Brise wehte durch die Bäume, deren Blätter erst langsam begannen, sich der Jahreszeit entsprechend zu färben. Die Sonnenstrahlen verfingen sich in den Ästen. Für einen Moment schloss Guzman die Augen und atmete die würzige Waldluft ein. Er hatte nicht auf die Uhr gesehen, doch er vermutete, bereits seit ungefähr einer Stunde hier auf der Bank zu sitzen. Selbst im Sitzen wirkte Guzman mit seinen 196 Zentimetern noch beeindruckend groß. Während ihm die Haare in dunklen Strähnen in die Stirn fielen, mischten sich in seinen Augen helle Blau- und Grüntöne. Der Mund wurde von einem Dreitagebart umrahmt. Guzman trug heute zum ersten Mal seit dem letzten Herbst seinen schwarzen Trenchcoat, dazu ein Paar Herrenschuhe. Jeden Tag in Lederschuhen zu arbeiten hätte bei einigen Leuten dazu geführt, sich auf Sneakers und Co. zu freuen. Bei Guzman war das Gegenteil der Fall. Mittlerweile kam er sich blöd vor in Sneakers, so gewollt jugendlich. Mit vierunddreißig Jahren gehörte Guzman noch nicht zum alten Eisen, aber er hatte vermutet, in diesem Alter bereits ein paar Jährchen verheiratet zu sein. Vielleicht auch Vater. Haus bauen und Baum pflanzen standen hingegen nicht auf seiner Liste. Er war ganz zufrieden in seiner Wohnung, in der er nun schon seit bereits zwölf Jahren lebte. Es würde eng werden, sobald Zuwachs kam, aber seine Mutter und er waren auch mit wenig Platz zurechtgekommen.
Guzman klappte seinen Laptop zu. Vielleicht sollte er die Arbeit vorerst beenden und ein bisschen laufen, um den Kopf frei zu bekommen? Guzman packte den Laptop in die Tasche, die vor ihm auf dem Blätterteppich des Vorjahres lag. Dass er heute offenbar einen der weniger kreativen Tage hatte, ärgerte ihn. Er hatte seinen Lesern versprochen, jeden Sonntag einen neuen Artikel zu veröffentlichen. Als er vor knapp einem Jahr mit dem Blog startete, hätte er nicht gedacht, damit tatsächlich so viele Menschen zu erreichen. Mittlerweile hatten sogar die hiesigen Medien Interesse bekundet und schon den einen oder anderen Artikel geschrieben. Zugegeben, jetzt kam ihm der Blog-Name ziemlich idiotisch vor, doch damals war es ein Spaß gewesen, als sein bester Kumpel Adrian gemeint hatte: »Bei all der Romantik, die dir durch die Adern fließt, solltest du deinen Gefühlsergüssen freien Lauf lassen und ein Buch darüber schreiben!« Herausgekommen war die Idee, einen Blog unter folgendem Namen zu schreiben: Gefühlserguz.
Guzman ging in Richtung des Parkplatzes, wo sein schwarzer Nissan Almera stand. Weg mit dem Laptop und wieder rauf auf den Wanderweg, der an diesem Sonntag trotz des sonnigen Wetters recht leer war. Während er einen Fuß vor den anderen setzte, dachte er an diese Nachricht, die ihm heute in seinem E-Mail-Postfach förmlich entgegengesprungen war. Christiane, die unromantischste Frau der Welt. Er hatte bereits einige böse Nachrichten bekommen, doch die Mail dieser Frau nahm ihn besonders mit. Durch ihren Text hindurch meinte er, eine große Verbitterung zu spüren. Was war ihr widerfahren, dass sie so wütend auf diese Welt war und jegliche Romantik ausmerzen wollte? Guzman kannte derartige Mails eher von Männern, die meinten, echte Kerle zu sein, und ihn als eine Schande für ihre Spezies ansahen. Mehrfach schon hatte Guzman darüber nachgedacht, was er dieser Frau antworten sollte. Und noch immer bastelte sein Kopf an einer Antwort herum. Als Guzman seinen Spaziergang beendet hatte, fuhr er nicht sofort los, sondern klappte, im Auto sitzend, seinen Laptop auf. Anscheinend war er heute doch nicht so unkreativ wie befürchtet, denn ihm war eingefallen, was er dieser Christiane schreiben konnte.
Hallo Christiane, oder soll ich Sie lieber Grinch nennen?
Ich denke, auch in Ihnen verbirgt sich ein Funken Romantik, der wachgekitzelt werden möchte. Natürlich sind mir Scheidungen und andere Probleme in dieser Welt nicht unbekannt. Auch bei mir läuft nicht alles rosarot. Aber ist es nicht umso wichtiger, sich im Leben auf die schönen Seiten zu konzentrieren und nicht zu resignieren? Wie wäre es, wenn ich Ihnen einen kleinen Kurs zum Thema Romantik gebe? Kostenlos und ganz unverbindlich, natürlich.
Liebe Grüße von G.
Ein Kurs in Romantik? Was dachte er sich dabei? Wollte er wirklich mit so einer Zicke Zeit verbringen? Auch wenn es bloß ein Live-Chat oder ein Telefonat sein würde. Sicher, diese Frau hatte gewiss das eine oder andere Problem, aber er war nicht ihr Therapeut oder ihr Vater. Guzman legte den Laptop auf den Beifahrersitz und startete den Wagen.
(K)Ein triftiger Grund
»Herr Schneemann, bitte!« Ehe Christiane den Herrn fragen konnte, wie man sich fühlte, wenn man mit diesem Nachnamen in einer Klimazone lebte, in der Schnee einem Einhorn gleichkam, war der ältere Herr aufgestanden und folgte einer dezent lächelnden Blondine in ihr Büro. Christiane drehte Däumchen und las sich die Titel der Broschüren auf dem kleinen Tisch neben sich durch. Ein Berufsabschluss bringt Sie weiter! Geringfügige Tätigkeiten sind nicht weniger wert!
Die Tür mit der Zimmernummer 117 öffnete sich. Hier in diesem Raum sollte Christianes Termin stattfinden. Ein großer dunkelhaariger Mann, etwa in Christianes Alter, trat auf den Flur. Einen Arbeitsamtsmitarbeiter hatte sich Christiane anders vorgestellt. Weniger attraktiv. Deutlich weniger attraktiv! Bisher kannte Christiane bloß Frau Weberknecht. Diese blöde Kuh hatte wenig Verständnis dafür aufgebracht, dass Christiane ihren Job gekündigt hatte, ohne etwas Neues in Aussicht zu haben. Private Situation hin oder her.
»Frau Riedel?«, fragte der Mann im Anzug und schaute Christiane mit seinen blau-grünen Augen an.
»Ja, noch«, gab Christiane zurück.
»Sie heiraten?«
Christianes Mundwinkel zuckten. »Nein, ich lasse mich scheiden.«
»Oh … dann spreche ich wohl keine Glückwünsche aus …« Der Mann wirkte ein wenig zerknirscht. Dabei konnte er am wenigsten dafür, dass Christiane in der Vergangenheit ein so schlechtes Händchen für Männer gehabt hatte. An die Zukunft wollte sie gar nicht erst denken. Auch wenn sie wusste, dass sie mit ihren sechsunddreißig Jahren so attraktiv wie nie zuvor aussah, war es nun einmal Fakt, dass ein Großteil der Männer in ihrem Alter bereits verheiratet war. Auch wenn nicht alle glücklich waren, so dachte doch nur ein geringer Teil an Scheidung. Die meisten Männer Ende dreißig waren höchstens auf der Suche nach einem Abenteuer für eine Nacht. Wenn Christiane auch gerade nicht wusste, wie ihr neues Leben nach dieser Umbruchsphase aussehen würde, wusste sie immerhin, dass wahlloses Rumgebumse mit diversen Männern nicht auf ihrer To-do-Liste stand.
»Bitte!« Der Amtsmitarbeiter, dessen Namensschild ihn als Herrn Drever outete, wies sie an, einzutreten. Der Raum bot das typische Bild: Ein Schreibtisch mit Computer, an der Wand jede Menge Akten und Bücher, in denen sicher lauter Fachchinesisch stand. Der Teppich grau wie ein Novemberregentag. Wie konnte man hier sein Leben lang arbeiten? Diese Atmosphäre schrie doch geradezu nach Depressionen!
»Sonst war das hier das Büro von Frau Weberknecht. Sind Sie jetzt für mich zuständig?«, fragte Christiane, nachdem sie sich auf den Stuhl gesetzt hatte. Sie hatte wenig Lust auf diese Art von Gespräch. Doch das Leben war kein Wunschkonzert und möglicherweise würde dieser Kerl hier ja mehr Mitgefühl haben als seine Vorgängerin.
Herr Drever nahm hinter seinem Schreibtisch Platz. »Ja, das bin ich. Jedenfalls übergangsweise, da meine Kollegin aus gesundheitlichen Gründen eine ganze Weile ausfallen wird.«
Haben meine Flüche doch etwas bewirkt!, dachte Christiane und musste sich zusammenreißen, um das Lächeln zu unterdrücken. Sie wünschte niemandem etwas Schlechtes, doch über diese Frau konnte man sich nur aufregen.
»Okay«, sagte Christiane nur. Sie fühlte sich einen Tick besser als noch eben auf dem Flur.
»Sie sind heute hier, weil ich mit Ihnen Ihre berufliche Situation besprechen möchte.« Standardsatz. Die Attraktivität, die Christiane eben noch bewundert hatte, bekam einen Riss. Lernten die Mitarbeiter monotone Gesprächsführung in der Ausbildung?
»Ihre Kollegin hat mir eine viermonatige Sperrzeit verpasst. Ich habe Einspruch erhoben, doch bisher ist noch nichts passiert.«
Herr Drever überlegte, das war ihm deutlich anzusehen. »Ich schau schnell nach.« Er tippte auf seiner Tastatur. Christiane hätte ihm gerne über die Schulter geschaut. Was notierten sich die Mitarbeiter so? Stand dort auch, dass Christiane bei ihrem letzten Termin etwas lauter geworden war?
»Ja, jetzt sehe ich das Problem. Sie haben Ihren Job ohne triftigen Grund gekündigt und haben seitdem noch keinen neuen Job gefunden.« Herr Drever strich sich durch die Haare und schaute Christiane an. Nicht vorwurfsvoll, eher fragend.
»Hat Ihre Kollegin nicht notiert, wieso ich gekündigt habe?«
»Bloß, dass kein triftiger Grund vorliegt und somit für die Zeit von vier Monaten kein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht.«
Christiane stieß den Atem aus. Lauter, als sie es eigentlich gewollt hatte. Dabei schien dieser Kerl durchaus human zu sein und nicht, wie seine Kollegin, davon auszugehen, dass alle Leute, die einen Besuch beim Arbeitsamt nötig hatten, idiotische, arbeitsscheue Nichtsnutze waren.
»Ich habe es Frau Weberknecht bereits erklärt. Es lag sehr wohl ein Grund vor. Würden Sie gerne mit Ihrer zukünftigen Ex-Frau zusammenarbeiten, wenn Sie diese mit dem neuen Kollegen beim … in einer eindeutigen Situation erwischen?« Gerade konnte sich Christiane noch davon abhalten, das Wort ficken zu benutzen. Obwohl … es wäre sicher interessant gewesen, zu sehen, wie Herr Drever darauf reagierte. Nahm er solche Wörter privat in den Mund? War er eher der dominante oder der devote Part? Oder einer von denen, die gleichberechtigten Sex wollten? Was in Christianes Augen zwar kein richtiger Sex war, aber jeder hatte bekanntlich andere Vorlieben. In seinem Anzug wirkte Herr Drever wie der perfekte Dom. Jedenfalls optisch. Da sollte sich dieser Romantik-Spinner mit seinem Blog mal eine Scheibe von abschneiden! Der lief sicher mit Leinenhosen und Socken in Sandalen rum. Batik-Hemden und Patchwork-Jacken nicht zu vergessen! Allein seine blöde Antwort gestern … einen Kurs in Romantik wollte er ihr geben! Christiane hatte lange gerätselt, ob es bloß ein salopper Spruch sein sollte, doch wer als Mann einen romantischen Blog schrieb, dem war alles zuzutrauen.
»Das klingt wirklich nicht besonders schön, auch wenn ich keine Frau habe und mich deshalb nicht hundertprozentig in Ihre Situation hineinversetzen kann.«
Keine Frau? Christiane wurde hellhörig. »Es war nicht schön, nein. Und ich hatte nicht vor, auch noch einen Tag mit den beiden zusammenzuarbeiten. Wenn das kein triftiger Grund ist, dann weiß ich auch nicht.«
»Da gebe ich Ihnen recht. Allerdings liegt es nicht allein in meiner Hand. Ich würde sagen, ich leite den Vorfall an meinen Vorgesetzten weiter, sodass er die Sache noch einmal prüfen kann.«
Christiane schluckte. Wie lange sollte das dauern? Die letzten Wochen hatte sie dank ihrer Reisekasse gut überbrücken können. Aber allzu lange würde sie sich finanziell nicht über Wasser halten können. Und irgendwen anzubetteln, kam für Christiane nicht infrage. Reichte schon, dass sie ihre Eltern nach einer Wohnmöglichkeit hatte fragen müssen. Christoph hätte ihr sicher geholfen, aber Christiane wusste, dass er als Altenpfleger nicht gerade mit Geld um sich werfen konnte.
Herr Drever schien ihre Unzufriedenheit bemerkt zu haben. »Ich werde mich telefonisch bei Ihnen melden, sobald ich Neuigkeiten habe, ja?«
Christiane nickte. Sie wollte zur Abwechslung mal wieder jemandem vertrauen. Zumindest ein kleines bisschen. »Es ist nicht so, dass ich nicht versucht hätte, einen neuen Job zu finden.« Wie viele Bewerbungen hatte sie während der letzten Zeit geschrieben? Sie wusste es nicht mehr. Doch viele der Reisebüros, an die sie eine Initiativbewerbung geschickt hatte, hatten gar nicht reagiert. Christiane vermutete, dass die Konkurrenz noch immer wütend auf sie war, weil Riedel Reisen kürzlich durch verschiedene Angebote die Kunden gelockt und starken Umsatz gemacht hatte. Im Gegensatz zu einigen anderen Reisebüros. Auch als Verkäuferin an der Supermarktkasse oder als Reinigungskraft hatte es bisher nicht geklappt. Kamen wirklich so viele Bewerberinnen auf eine einzige Stelle? Christiane erzählte Herrn Drever von ihren vergeblichen Bemühungen.