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»Was war das für ein Schrei?«, fragte Coco alarmiert und starrte auf die Felskette vor ihnen, auf die ihr Jeep zuhielt. Links davon lag die grün schimmernde Fläche des Toten Meeres.
»Hat gar nichts zu bedeuten«, versicherte ihr Fahrer. »Hier überall Verrückte, die grünen Stern anbeten oder versuchen, ihn herabzuholen. Verrückte viel schreien.«
Dorian blickte über die Nickelbrille zu Unga. »Das ist Kampflärm«, stellte er sachlich fest und holte wie nebenbei seinen Kommandostab hervor, der mit der magischen Kraft des Hermes Trismegistos aufgeladen war. »Ist es noch weit bis zum Lager?«
»Nicht mehr weit«, versicherte der Fahrer. Er schien die Geräusche nun ebenfalls zu hören und wiederholte: »Hat alles nichts zu bedeuten ...«
Dorian, Coco und Unga folgen der Spur des janusköpfigen Vago in ein Zeltlager, in dem Forscher das Geheimnis des grünen Fanals untersuchen - und dabei reihenweise Vagos Fluch zum Opfer fallen!
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Was bisher geschah
DER SCHWARZE WÜRGER
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
mystery-press
Vorschau
Impressum
Der ehemalige Reporter Dorian Hunter hat sein Leben dem Kampf gegen die Schwarze Familie der Dämonen gewidmet, seit seine Frau Lilian durch eine Begegnung mit ihnen den Verstand verlor. Seine Gegner leben als ehrbare Bürger über den Erdball verteilt. Nur vereinzelt gelingt es dem »Dämonenkiller«, ihnen die Maske herunterzureißen.
Bald kommt Dorian seiner eigentlichen Bestimmung auf die Spur: In einem früheren Leben schloss er als Baron Nicolas de Conde einen Pakt mit dem Teufel, der ihm die Unsterblichkeit sicherte. Um für seine Sünden zu büßen, verfasste de Conde den »Hexenhammer« – jenes Buch, das im 16. Jahrhundert zur Grundlage für die Hexenverfolgung wurde. Doch der Inquisition fielen meist Unschuldige zum Opfer; die Dämonen blieben ungeschoren. Als de Conde selbst der Ketzerei angeklagt und verbrannt wurde, ging seine Seele in den nächsten Körper über. So ging es fort bis in die Gegenwart. Dorian Hunter begreift, dass es seine Aufgabe ist, de Condes Verfehlungen zu sühnen und die Dämonen zu vernichten.
Als Rückzugsort in seinem Kampf bleibt Dorian neben der Jugendstilvilla in der Baring Road in London noch das Castillo Basajaun in Andorra, in dem er seine Mitstreiter um sich sammelt – darunter die ehemalige Hexe Coco Zamis, die aus Liebe zu Dorian die Seiten gewechselt hat. Kurz nach der Geburt ihres gemeinsamen Sohnes Martin versteckt Coco diesen zum Schutz vor den Dämonen an einem Ort, den sie selbst vor Dorian geheimhält.
Bald darauf veranlassen die Erinnerungen an seine Existenz als Michele da Mosto Dorian, nach der Mumie des Dreimalgrößten Hermes Trismegistos zu forschen. Er findet jedoch »nur« den Steinzeitmenschen Unga, der Hermon einst gedient hat und der sich nach seinem Erwachen schnell den Gegebenheiten der Gegenwart anpasst.
Auf Island gewinnt Dorian den Kampf um das Erbe des Hermes Trismegistos und richtet sich in dessen Tempel ein. Wie es sein Vorgänger Grettir prophezeit hat, verspürt Dorian schon bald keinen Drang mehr, in sein altes Leben zurückzukehren, zumal er von seinen Freunden seit Monaten für tot gehalten wird: Nur Coco, die einen Doppelgänger von Dorian vernichtet hat und seitdem als seine Mörderin gilt, weiß, dass Dorian, ausgestattet mit den Kräften des Hermes Trismegistos, die Gestalt des harmlosen Richard Steiner angenommen hat.
Kurz darauf erwachen in Dorian Erinnerungen an sein fünftes Leben als Tomotada: Wie es aussieht, ist der »Samurai des Teufels« in der Gegenwart auf einmal wieder aktiv. Auf der Suche nach Tomotada stoßen Dorian, Coco und Unga auf eine geheimnisvolle Puppe, die O-toku-San, in deren Kopf sich sieben Goldbarren verbergen. Darin sind Informationen über den Kokuo no Tokoyo alias Olivaro gespeichert, dem Dorian in seinem Leben als Tomotada gedient hat. Die Barren führen Dorian, Coco und Unga nach Israel, auf die Spur des Januskopfes Vago, der die Informationen offenbar nutzen will, um Olivaro zu schaden ...
DER SCHWARZE WÜRGER
von Ernst Vlcek
Bei den Bewohnern der Westküste Japans pflegt man immer etwas zu bewahren, was man in anderen Ländern unbedenklich fortwirft.
Den Hozo-no-o, den »Blumenstängel« des Lebens, die Nabelschnur des Neugeborenen.
Sorgsam wird sie in viele Hüllen gewickelt, und auf die oberste schreibt man den Namen von Vater, Mutter und Kind und Datum und Tag der Geburt.
Dann verwahrt man sie im Familien-O-mamori-bukuro.
Vermählt sich die Haustochter, nimmt sie sie mit in ihr neues Heim. Für den Sohn wird sie von den Eltern aufbewahrt. Sie wird mit dem Toten beerdigt, und stirbt man in einem fremden Land oder ereilt einen der Tod auf dem Meer, so wird sie anstelle des Körpers begraben.
Jim Bogard betrachtete durch den Feldstecher die sieben Gestalten, die einige Hundert Meter vor den beiden Jeeps durch den Sand stapften. Vom Himmel strahlte immer noch das unerklärliche Leuchtgebilde. Dieses Fanal tauchte die Gegend um das Tote Meer herum in ein unheimliches grünes Licht und machte die Nacht zum Tag. Es hatte Wissenschaftler, Okkultisten und Angehörige der verschiedensten Sekten aus allen Ländern angezogen. Die Wissenschaftler sprachen von einer Luftspiegelung, die Sektenjünger prophezeiten den Weltuntergang – aber eine befriedigende Erklärung fand niemand für dieses Phänomen.
Jim Bogard machte sich überhaupt keine Gedanken darüber. Er hatte einen Auftrag auszuführen, alles andere war ihm egal.
»Was ist, Boogie?«, fragte der Araber, der neben ihm auf dem Rücksitz des Jeeps saß. »Erkennst du irgendetwas Besonderes an den Kerlen?«
»Das geht dich nichts an«, schnauzte Bogard ihn an und wandte sich an den Fahrer. »Überhole sie rechts, Shmuel, aber komm ihnen nicht zu nahe!«
Der Fahrer nickte wortlos und gab etwas Gas. Der Jeep wurde schneller und überholte die Gruppe der sieben seltsamen Wanderer in hundert Meter Entfernung.
»Gut so«, sagte Jim Bogard. Er hob das Fernglas wieder an die Augen. Obwohl er nun einen günstigeren Blickwinkel hatte, konnte er noch immer keine Einzelheiten erkennen. Die Gestalten waren dermaßen verhüllt, dass er nicht einmal feststellen konnte, welches Geschlecht sie hatten.
Sie bewegten sich steif und ungelenk, einige humpelten und knickten immer wieder ein. Überhaupt machten sie den Eindruck, als wären sie am Ende ihrer Kräfte.
»So geht das nun schon fünf Stunden im Schneckentempo dahin«, sagte der Mann neben dem Fahrer gähnend. »Warum laden wir diese Klumpfüße nicht einfach auf die Wagen und fahren sie ans Ziel. Dadurch würden wir viel Zeit gewinnen.«
»Das würde gegen die Abmachung verstoßen«, sagte Shmuel, der Fahrer. »Unser Auftrag lautet, dass wir ihnen nur Begleitschutz geben sollen.«
»Aber wozu so umständlich?«
»Die Gründe können uns egal sein«, erwiderte Shmuel. »Hauptsache, die Kasse stimmt.«
Jim Bogard erkannte, dass die sieben Gestalten die Arme abgewinkelt hatten, so als trügen sie etwas in ihren Händen. Doch es schien sich um keine große, schwere Last zu handeln. Was immer sie auch trugen, es verschwand fast in ihren Handflächen. Einmal glaubte er, etwas metallisch aufblitzen zu sehen.
Er wartete, bis eine der Personen ihre Last so hielt, dass er Genaueres erkennen konnte. Wieder schimmerte es metallen, und jetzt erkannte er, dass der Gegenstand die Form und Größe eines Goldbarrens hatte.
Waren das Goldschmuggler? Unsinn! Wenn jede der Personen nur einen Barren bei sich hatte, so war das ganze Gold nicht so viel wert, wie er für diesen Auftrag kassierte. Es musste also etwas anderes dahinterstecken.
Jim Bogard betrachtete die Hände genauer, die diese Barren wie Heiligtümer hielten.
Im selben Moment konnte er einen Blick in das Gesicht einer der Gestalten werfen. Es war ein Totenschädel, von dem Hautlappen hingen.
In den tiefen Augenhöhlen lagen blicklose Augen. Die Hände waren knochig, hautlos und wurden nur noch von Sehnen und zerfressenen Muskelsträngen zusammengehalten.
Bogard setzte den Feldstecher ab.
»Was ist, Boogie?«, fragte der Mann neben ihm und umfasste sein Schnellfeuergewehr fester.
»Abstand halten!«, sagte der Söldnerführer nur.
Jim Bogard hatte geglaubt, alle Schrecken des Lebens zu kennen. Er war ein Killer, der für Geld alles tat, ohne sich nach den Motiven zu erkundigen. Er hatte schon auf allen Kontinenten gemordet. Zuletzt hatte er sich im Libanon als Kopfgeldjäger seine Brötchen verdient. Aber das hier überstieg alles bisher Erlebte.
Zum ersten Mal begann er sich über das leuchtende Fanal am Himmel Gedanken zu machen. Stand es mit diesen sieben wandelnden Toten in irgendeinem Zusammenhang? Waren es wirklich Tote, die da zu unheimlichem Leben erweckt worden waren?
Bogard blickte wieder durch den Feldstecher. Er sah nun einen der Totenschädel deutlich vor sich. Die blicklosen Augen waren direkt auf ihn gerichtet. Nein, das waren keine Masken!
»He, Boogie!« Sein Nebenmann stieß ihn an. »Was ist los? Was machst du für ein Gesicht?«
Der Killer wurde einer Antwort enthoben, als sich aus dem Walkie-Talkie einer der Männer des zweiten Jeeps meldete. »Boogie! Vor uns eine israelische Patrouille!«, kam es aufgeregt aus dem Lautsprecher des Funksprechgerätes. »Wir sind mit dem Jeep gerade in einer Bodensenke, sodass man uns noch nicht entdeckt hat. Aber unsere Schützlinge wurden bemerkt.«
»Verhaltet euch ruhig!«, befahl Bogard.
Er gab seinen Leuten ein Zeichen, und sie sprangen aus dem langsam dahinrollenden Jeep.
Bogard warf sich in den Sand und robbte zur Kuppe einer Düne hinauf. Als er über die Düne blickte, sah er drei Soldaten, die sich keine fünf Meter vor den sieben Wanderern aufgepflanzt hatten. Die Gewehre hielten sie schussbereit.
»Halt! Hände über die Köpfe!«, riefen die Soldaten auf Englisch.
Aber die sieben Wanderer reagierten überhaupt nicht. Noch einmal wurden sie auf Arabisch und Israelisch zum Stehenbleiben aufgefordert. Wieder zeigten die sieben Gestalten keine Reaktion.
Da begannen die Schnellfeuergewehre zu rattern. Bogard sah die Mündungsfeuer, und wie die sieben Gestalten von der Wucht der Geschosse durcheinandergewirbelt wurden. Zwei wurden zu Boden geschleudert, aber sie erhoben sich gleich wieder. Der Kugelhagel schien ihnen überhaupt nichts auszumachen. Jetzt setzten sie sich wieder in Bewegung, erreichten die Soldaten und rannten sie einfach um.
Obwohl Bogard keine Anzeichen von Gewaltanwendung erkennen konnte, hallten gleich darauf die Todesschreie der Israelis schaurig durch die Nacht. Als wieder Stille einkehrte, waren die sieben Wanderer bereits weitergezogen.
»Was – was war das?«, fragte einer von Bogards Leuten.
»Mir scheint, unsere Schützlinge können sich selbst ganz gut helfen«, meinte Bogard. »Kehrt zum Wagen zurück! Ich komme gleich nach.«
Er erhob sich und lief zu den drei reglos am Boden liegenden Soldaten.
Sie boten einen entsetzlichen Anblick. Ihre Glieder waren unnatürlich verrenkt, so als wären ihre Knochen verformt worden. Ihre Uniformen waren zerrissen. Darunter kamen blutige Wunden zum Vorschein. Ein entsetzlicher Verwesungsgeruch breitete sich aus.
Bogard kehrte zum Jeep zurück. Seine Leute bestürmten ihn mit Fragen, aber er sagte nur: »Macht euch auf das Schlimmste gefasst! Ihr habt geschworen, weder Tod noch Teufel zu fürchten. Vielleicht bekommt ihr Gelegenheit, zu beweisen, dass ihr das wörtlich nehmen müsst.«
Sie erreichten die Felsen am Toten Meer und mussten kapitulieren.
»Mit den Jeeps kommen wir hier nicht mehr weiter«, sagte einer.
»Ist auch nicht nötig. Wir sind am Ziel.«
»Was ist, Boogie, müssen wir denen weiterhin Geleitschutz geben?«
Der Mann, der das fragte, deutete den steil ansteigenden Geröllhang hinauf, wo die sieben vermummten Wanderer gerade zwischen Felsblöcken verschwanden.
»Es hat geheißen, dass wir bei ihnen bleiben sollen, bis sie ihr Ziel erreicht haben«, sagte Bogard. »Erst wenn sie in einer der Höhlen verschwunden sind, ist der Auftrag erledigt. Dann bekommen wir neue Befehle.«
Er bestimmte zwei Männer, die als Wachen bei den Jeeps zurückbleiben sollten. Mit den anderen sechs begann er den Aufstieg.
Als sie die Anhöhe erreichten, sahen sie die sieben Gestalten gerade eine relativ steile Felswand erklimmen. Sie brauchten dazu nicht ihre Hände. Mit diesen hielten sie weiterhin die goldschimmernden Barren fest.
Sie kamen nur langsam voran. Manchmal schien es, als würde der eine oder andere das Gleichgewicht verlieren und in die Tiefe stürzen. Doch solche Befürchtungen erwiesen sich immer wieder als grundlos.
Als die Vermummten durch eine schmale Schlucht verschwanden, folgte ihnen Bogard an der Spitze seiner Leute.
»Möchte bloß wissen, wozu das alles gut sein soll«, maulte einer der Männer. »Ebenso gut könnten wir es uns hier unten gemütlich machen. Hier droht keine Gefahr mehr.«
»Die Männer sicher ans Ziel zu bringen, ist nur der erste Teil unseres Auftrages«, erklärte Bogard.
Er hatte den Einstieg in die Schlucht erreicht. Die Felsen vor ihnen verloren sich in der Dunkelheit. Bis hierher drang das Licht des grün leuchtenden Fanals nicht. Sie mussten sich ihren Weg ertasten. Als jemand eine Taschenlampe einschaltete, schlug Bogard sie ihm aus der Hand.
»Kein Licht! Das wurde uns ausdrücklich befohlen.«
»Da vorne sind sie!«, meldete Shmuel, der Bogards Jeep gesteuert hatte.
Der Weg stieg etwas an. Als Bogard über einen Felsbrocken kletterte, erblickte er keine dreißig Meter vor sich eine Höhle. Er entdeckte sie deshalb sogleich, weil der Zugang im grünen Schein lag. Der letzte Vermummte verschwand gerade in der Höhle.
»Und jetzt?«, fragte einer der Männer.
»Ihr bleibt hier!«, befahl Bogard. »Ich werde ihnen allein in die Höhle folgen.«
Bogard übergab sein Gewehr einem seiner Männer. In der Höhle wäre ihm die sperrige Waffe nur hinderlich gewesen. Dafür steckte er einen Dolch in den Gürtel und eine Pistole mit zwei Schachteln Munition in die Tasche seines schwarzen Burnusses. Dann rückte er den breitkrempigen Hut zurecht und überprüfte den Sitz seiner schwarzen Handschuhe. Das war so eine Art Zeremoniell, das er vor jedem entscheidenden Einsatz vornahm.
»Wann ist eigentlich Auszahlung?«, fragte einer der Männer.
Bogard drehte sich um. Der Sprecher war Ulad Hanifa, ein Beduine, den er in der Nähe von Jericho angeworben hatte.
»Ihr bekommt euer Geld wie vereinbart«, sagte Bogard gedehnt. »Nach Erledigung des Auftrags. Oder traust du mir nicht, Hanifa?«
»Das gerade nicht«, erwiderte der Beduine, »aber ich frage mich, warum du allein in die Höhle gehst. Hat sie vielleicht einen zweiten Ausgang?«
Bogard schlug ihm den Handrücken ins Gesicht. Die Bewegung hatte spielerisch gewirkt, aber hinter dem Schlag steckte so viel Kraft, dass es den Beduinen von den Beinen riss.
»Du wirst mich begleiten, Hanifa«, entschied Bogard.
Er nahm dem Beduinen das Gewehr aus der Hand, den Dolch ließ er ihm, und gab ihm durch einen Wink zu verstehen, dass er sich vor ihm der Höhle nähern sollte.
»Du bist völlig humorlos«, sagte Ulad Hanifa und rieb sich die gerötete Gesichtshälfte.
»Stimmt«, bestätigte Bogard. Sie erreichten die Höhle, und der Killer schaltete eine Stablampe ein. »Aber dafür bin ich nicht nachtragend. Ich will deine Bemerkung vergessen.«
»Dann brauche ich dich nicht zu begleiten?«, fragte der Beduine hoffnungsvoll.
»Das habe ich wieder auch nicht gesagt.« Bogard leuchtete in die Höhle und gab dem anderen einen Stoß, dass er hineinstolperte.
Die Höhle weitete sich hinter dem Eingang zu einem gewaltigen Gewölbe. Im Hintergrund waren über ein Dutzend Öffnungen zu sehen, groß genug, um einen ausgewachsenen Mann hindurchschlüpfen zu lassen.
»Welche Abzweigung sollen wir nehmen?«, fragte Ulad Hanifa.
Bogard deutete auf den Boden, wo in unregelmäßigen Abständen feuchte Fußabdrücke zu sehen waren. Gelegentlich waren auch Brocken einer weichen, dunklen Masse zu erkennen.
»Was ist das?«, fragte der Beduine und folgte der Spur zu einer der Felsöffnungen mit deutlichem Unbehagen.
»In Verwesung begriffenes Menschenfleisch, nehme ich an«, sagte Bogard leichthin. »Es fällt den sieben Boten förmlich von den Knochen.«
»Was?«
Der Beduine wich erschrocken zur Seite, aber Bogard stieß ihn wieder vorwärts. »Du wolltest mich ja unbedingt begleiten, Hanifa«, sagte er. »Jetzt gibt es kein Zurück mehr.«
»Bei Allah, du treibst üble Scherze mit mir, Boogie!«, sagte Ulad Hanifa und lachte gekünstelt. Er zögerte, bevor er durch den schmalen Durchlass kletterte. Dahinter wurde die Höhle wieder größer. Sie kamen in einen Gang, in dem sie aufrecht gehen konnten. Immer wieder fanden sie die Abdrücke nackter Füße, die schwärzliche Rückstände hinterließen, und es sah tatsächlich so aus, als wäre den Typen vor ihnen das Fleisch der Fußsohlen auf dem Boden kleben geblieben.
Sie kamen noch zu einigen Abzweigungen, doch konnten sie der Spur der Untoten mühelos folgen.
Der Beduine blieb plötzlich stehen. Bogard wäre beinahe gegen ihn geprallt.
»Da – da!«, stammelte Ulad Hanifa, und dann sprudelte unverständliches Zeug in seiner Muttersprache aus seinem Mund.
Bogard holte schon zum Schlag aus, um ihm einen Denkzettel zu verpassen, als er den Grund für die Verstörtheit des Beduinen erkannte.